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22. März 2008Peter Zumthor
Neue Zürcher Zeitung

In der Lehre

Der Handarbeitsunterricht in der Schule war eigentlich kein Unterricht. Man konnte in der Stunde machen, was man wollte, und die Note, die man dafür im...

Der Handarbeitsunterricht in der Schule war eigentlich kein Unterricht. Man konnte in der Stunde machen, was man wollte, und die Note, die man dafür im...

Der Handarbeitsunterricht in der Schule war eigentlich kein Unterricht. Man konnte in der Stunde machen, was man wollte, und die Note, die man dafür im Zeugnis erhielt, zählte nicht. Während meine Mitschüler diese kaum brauchbaren, seltsam gerundeten und geschweiften Minimöbel schreinerten, gelang mir ein schöner Fisch aus massivem Nussbaumholz. Er lag gut in der Hand und hatte einen fein geschwungenen, glatt polierten Leib. Ein Fisch in Bewegung. Mit der elegant gegabelten Schwanzflosse war ich zufrieden. Probleme hatte ich mit dem Kopf, dem Maul, den Augen. Ich hätte den Rat gebraucht, auf Mund und Augen zu verzichten, es allenfalls mit Andeutungen bewenden zu lassen, um den Fluss der Linien nicht zu stören. Aber da war kein Lehrer für solche Dinge weit und breit.

Vom Montag bis Samstag

Mein Vater, dem der Fisch auf Anhieb gut gefiel, wollte mir helfen. Er spannte ihn in seine Hobelbank ein, legte sich verschiedene kleine Feilen und Raspeln zurecht, die er sorgfältig aus einem Tuch wickelte, und begann, walfischbartartige Verzierungen in den halbgeöffneten Fischmund einzufeilen. Alles in mir zog sich zusammen, als ich daneben stand und ihm zuschaute.

Bald danach war ich bei meinem Vater in der Schreinerlehre. Dass ich als ältester Sohn Schreiner werden sollte und er mich in seinem Betrieb ausbilden würde, lag auf der Hand. Die Freude, nun zur Arbeitswelt der Erwachsenen zu gehören, war bald vorbei. Die Arbeit als Lehrling war über weite Strecken eintönig, die Arbeitszeiten vom Montagmorgen um sieben in der Früh bis weit in den Samstagnachmittag hinein waren lang, Ferien gab es drei Wochen im Jahr, Lob selten. Und die Möbel und Einrichtungen, die wir, meist von meinem Vater gezeichnet, für private Kunden in den neuen Einfamilienhäusern und Villen in der Umgebung von Basel anfertigten, fand ich schrecklich.

Bei der Arbeit und auf Kundschaft trug ich das traditionelle Schreinergewand mit den feinen hellen und blauen Längsstreifen. Manchmal, wenn ich mich in diesem Überkleid in der Öffentlichkeit zeigen musste, habe ich mich geschämt. Ich war nicht stolz, Schreinerlehrling zu sein, und beneidete meinen Freund, der mit seinen Lehrern am Gymnasium über Literatur und Kunst sprechen konnte. In der Schreinerei arbeitete ich mit der Zeit immer schlechter, machte Fehler, die ins Geld gingen, schnitt immer wieder Werkstücke zu kurz ab, 69 Zentimeter lang anstatt 96, bohrte Tablarösen in Bücherwänden nicht spiegelbildlich ein, so dass wir die Hälfte der Werkstücke nochmals neu herstellen mussten. Mein Vater, mein Lehrmeister, packte mich immer härter an und bestrafte mich mehrere Male grausam. Meine Fehlerquote stieg. Ich igelte mich ein.

Früher, als Knabe, als mein Vater neben seiner damaligen Arbeit als Vorarbeiter in Basel zu Hause arbeitete, um etwas dazuzuverdienen, durfte ich, ohne zu fragen, seine Hobelbank, alle seine Werkzeuge, seine Hölzer und Materialien gebrauchen und damit Dinge herstellen. Er hatte im Keller des Einfamilienhauses, von dem er vieles eigenhändig gebaut hatte, eine kleine Werkstatt eingerichtet. Nie schimpfte er mit mir, ich hätte ihm gutes Material verbraucht oder ein Werkzeug verdorben. Erst viel später wurde mir bewusst, dass er, der auf gute Werkzeuge Wert legte und jedes kleine Stück Holz aufbewahrte, um es später vielleicht noch zu verwenden, mir hier viel Raum gab und die Möglichkeit, Dinge herzustellen, die mir fehlten: Schiffe, Flugzeuge, ein Monopolyspiel, einen Tischfussballkasten.

Ich habe ihm damals auch gerne beim Arbeiten zugeschaut, und ich glaube, er hatte mich als kleinen Buben auch gerne dabei. Ich fühlte mich gut in seiner Nähe, wenn er arbeitete. Wenn ich mir die Bilder von damals vergegenwärtige, sehe ich seine ruhigen, überlegten Bewegungen vor mir. Die Arbeit ging ihm leicht von der Hand, seine Konzentration auf das, was er tat, wirkte natürlich, und in seinen scheinbar mühelosen Bewegungen war ein grosser, kraftvoller Schwung, der aus dem ganzen Körper kam.

Einmal beobachtete ich, wie er innehielt und ruhig dastand. Seine hellen blauen Augen blickten über die Hobelbank hinweg zum Kellerfenster hinaus in die Ferne. Da war nichts zu sehen. Aber er strahlte, und auf seinem Gesicht lag der Ausdruck einer stolzen Zuversicht und Freude.

Dieses Leuchten in seinen Augen sah ich später wieder, wenn private Kunden oder Architekten ihm ein fachliches Problem vortrugen, ihn nach Ideen und Lösungsmöglichkeiten fragten und er begann, nach Antworten zu suchen. Nie habe ich ihn sagen hören, etwas sei unlösbar. Er liebte schwierige Aufgaben. Stiess er auf eine fachliche Herausforderung, begann er sofort zu überlegen, zu skizzieren, suchte und fand eine Lösung, am liebsten an der Grenze des Machbaren, die er einem anschaulich aufzeichnete und erklärte und später in der Werkstatt gekonnt und perfekt umsetzte.

Die unbeschwerte Leichtigkeit des Arbeitens, die ich als Bub an ihm erlebt hatte, sah ich als Lehrling in seinem Handwerksbetrieb, der ihm viel abverlangte, nur selten. Einmal waren wir Lehrlinge und Gesellen an den sechs Hobelbänken damit beschäftigt, etwas auf einen bestimmten Zeitpunkt hin fertigzustellen. Wir arbeiteten wie wild, wir schwitzten. Der älteste Geselle, ein tüchtiger junger Schreiner namens Erb, war der Schnellste von uns. Als der Termin näher rückte, ging auch mein Vater an seine Bank, von der aus er uns alle überblickte, und half mit. Er war sofort schneller als wir, bewegte sich ohne Hast und Schweiss. Da waren sie wieder, diese präzisen Gesten der Arbeit. Auf seinem Gesicht lag ein kaum merkliches Lächeln.

Mit Ach und Krach

Am Ende der vierjährigen Lehrzeit bestand ich den praktischen Teil der Lehrabschlussprüfung mit Ach und Krach. Meinen Vater, den Lehrmeister und Fachschullehrer, hat dies schwer getroffen. Er war sehr wütend auf mich und strafte mich mit einer lange anhaltenden Verachtung. Aber ich war mit dem Kopf schon lange anderswo, blickte hoffnungsvoll Richtung Kunstgewerbeschule, trug einen grünen Manchesteranzug und einen US-Army-Mantel. Einige Jahre später, zu zweit unterwegs im Auto von New York nach Montreal – er hatte mir nach meinem Abschluss an der Kunstgewerbeschule aus freien Stücken etwas Geld gegeben, damit ich in New York Interior Design und Industrial Design studieren konnte –, sagte er mir: «Weisst du, damals, als du die Lehre bei mir anfingst, nach dem ersten halben Jahr, da habe ich mir gedacht, das gibt den besten Schreiner, den ich je ausgebildet habe, so gut hast du alles angepackt.»

Die Werkstatt meines Vaters besuchte ich später nur noch als Gast. Mit meiner Frau aus Amerika, die er gut mochte, schaute ich bei ihm vorbei, und wir verabschiedeten uns draussen vor der Tür, bevor wir in unseren weissen Mini Cooper stiegen. Wie damals oft wirkte er bedrückt, als wir uns zum Abschied die Hände reichten, und ich fühlte für einen Moment einen kleinen Verrat, als ich mitten im Tag einfach davonfuhr. Was ihn bedrückte, habe ich nie genau erfahren. Ich habe ihn nicht danach gefragt. Er starb in den Bergen, wie er sich das immer gewünscht hatte. Früh. So alt, wie ich heute bin, wurde er nie.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2008.03.22

15. Dezember 2001Peter Zumthor
zuschnitt

Ganzheit aus Alt und Neu

1994 wurde der Zubau an einen alten Hof in Graubünden von Peter Zumthor realisiert. Der Neubau sollte den Erben ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und dennoch die Atmosphäre des kleinen Blockhauses erhalten. Unter einem neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Die Räume sollten innen wie außen eine Einheit erkennen lassen. Von der Fassadenstruktur unterscheidet sich der Holzbau zwar, farblich wird er sich aber immer mehr dem Altbau anpassen. Peter Zumthor wollte die Spuren der Abnutzung, die der alte Hof aus dem Jahre 1760 an allen Ecken zeigt, erhalten und »die Dinge erzählen lassen«. Mit den Jahren wird auch der Neubau zu sprechen beginnen. Holz als Verbindung zwischen Alt und Neu.

1994 wurde der Zubau an einen alten Hof in Graubünden von Peter Zumthor realisiert. Der Neubau sollte den Erben ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und dennoch die Atmosphäre des kleinen Blockhauses erhalten. Unter einem neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Die Räume sollten innen wie außen eine Einheit erkennen lassen. Von der Fassadenstruktur unterscheidet sich der Holzbau zwar, farblich wird er sich aber immer mehr dem Altbau anpassen. Peter Zumthor wollte die Spuren der Abnutzung, die der alte Hof aus dem Jahre 1760 an allen Ecken zeigt, erhalten und »die Dinge erzählen lassen«. Mit den Jahren wird auch der Neubau zu sprechen beginnen. Holz als Verbindung zwischen Alt und Neu.

»Der kleine Hof, schmale Existenzgrundlage einer Bergbauernfamilie über Generationen (der Stubenteil datiert von 1760), war für die Erben so zu erneuern, dass er zeitgemäß bewohnt werden kann, ohne seinen Zauber zu verlieren - den Zauber seiner abgeschiedenen Lage am Nordhang (gugalun = den Mond anschauen), die Natürlichkeit des Fußpfades, der als einzige Erschließung zum Haus hinabführt, die Spuren des Alters: des schmalbrüstigen, auf schlechtem Fundament schief gewordenen Stubenteils mit seinen zahlreichen Flickstellen im Holzwerk, die erkennen lassen, wie klein die Fenster und wie niedrig die Decken und Türen ursprünglich waren. Der Entwurf respektiert diese Dinge. Unter einem gemeinsamen neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Dabei haben wir versucht, darauf zu achten, dass eine neue Ganzheit entsteht, in der Alt und Neu aufgehen. In zehn Jahren, wenn die Sonne die neuen Holzbalken geschwärzt hat, wird man sehen, wie dieses Ziel erreicht wurde.«

»So besteht für mich die Suche nach dem neuen Objekt, das ich entwerfen und bauen will, zu einem großen Teil darin, darüber nachzudenken, wie wir die vielen Orte unseres so unterschiedlichen Wohnens in der Welt wirklich erfahren - im Wald, am Fluss, auf der Brücke, auf dem Platz, im Haus, im Zimmer, in deinem Zimmer, im Sommer, am Morgen, in der Dämmerung, im Regen. Ich höre das Geräusch der Autos, die vorbeifahren, die Stimmen der Vögel und die Schritte der Passanten. Ich sehe das angerostete Metall der Tür, das Blau der Hänge im Hintergrund, das Flirren der Luft über dem Asphalt. Ich spüre die Wärme, die abstrahlt von der Mauer in meinem Rücken. Die Vorhänge in den schlanken Fensternischen bewegen sich leicht im Wind. Die Luft riecht feucht vom gestern gefallenen Regen, dessen Wasser im Erdreich des Pflanzentroges gespeichert ist. Alles, was ich sehe, die Platten aus Zement, welche die Erde halten, die Drähte des Spaliers, die gedrechselten Stäbe des Geländers auf der Terrasse, der verputzte Bogen über dem Durchgang - alles zeigt Spuren der Abnutzung, des Gebrauchs, zeigt Spuren des Wohnens.

Und wenn ich genau hinsehe, beginnen mir die Dinge etwas zu erzählen über ihr Wozu und Warum und über die Art, wie sie hergestellt wurden. Denn all dies tritt in ihrer Form und Präsenz zutage oder liegt in ihrer Form und Präsenz verborgen.«

zuschnitt, Sa., 2001.12.15



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Publikationen

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Bauwerke

Artikel 12

30. Juni 2019Sabine von Fischer
Neue Zürcher Zeitung

Peter Zumthor: «Die Frage nach der Grösse hat mich nie beeindruckt»

Der Architekt Peter Zumthor reflektiert im Gespräch mit Sabine von Fischer seine Arbeitsweise und erzählt, wie er seine Qualitätsansprüche in den Prozessen der amerikanischen Bauindustrie aufrechterhält und wo er seinen 80. Geburtstag feiern wird.

Der Architekt Peter Zumthor reflektiert im Gespräch mit Sabine von Fischer seine Arbeitsweise und erzählt, wie er seine Qualitätsansprüche in den Prozessen der amerikanischen Bauindustrie aufrechterhält und wo er seinen 80. Geburtstag feiern wird.

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26. April 2013Claudia Schwartz
Neue Zürcher Zeitung

Mit leiser Wucht

Er ist eine Leitfigur der Bündner Architektur und einer, dessen Entwürfe die Idee vom originären Schweizer Bauen über die Landesgrenzen hinaustrugen. Und er liess sich nie von Modeströmungen verbiegen: Am 26. April feiert Peter Zumthor seinen 70. Geburtstag.

Er ist eine Leitfigur der Bündner Architektur und einer, dessen Entwürfe die Idee vom originären Schweizer Bauen über die Landesgrenzen hinaustrugen. Und er liess sich nie von Modeströmungen verbiegen: Am 26. April feiert Peter Zumthor seinen 70. Geburtstag.

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28. Mai 2009Caspar Schärer
TagesAnzeiger

«Immer dieses Jammern, alles werde schlechter und schlechter!»

Freitag wird dem Schweizer Peter Zumthor in Buenos Aires die höchste Auszeichnung für Architektur überreicht, der Pritzker-Preis. Wir haben ihn getroffen.

Freitag wird dem Schweizer Peter Zumthor in Buenos Aires die höchste Auszeichnung für Architektur überreicht, der Pritzker-Preis. Wir haben ihn getroffen.

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23. Mai 2009Wojciech Czaja
Der Standard

Gänsehaut . . . das ist mein Honorar

Von der Hektik der großen Welt da draußen hat sich Peter Zumthor noch nie beeindrucken lassen. Kommenden Freitag wird dem stillen Schweizer Architekten der Pritzker-Preis überreicht.

Von der Hektik der großen Welt da draußen hat sich Peter Zumthor noch nie beeindrucken lassen. Kommenden Freitag wird dem stillen Schweizer Architekten der Pritzker-Preis überreicht.

Eine Landschaft, als wäre eben erst Heidi durchs Bild gehüpft. Stallaromen kitzeln in der Nase, unbekümmert stehen Traktor und Heuwagen am Wegesrand, pure Bergidylle. Kaum einer würde vermuten, dass sich hier, im netten Alpendörfchen Haldenstein, eine der bekanntesten und erfolgreichsten Architekturschmieden Europas befindet. Aus aller Welt kommen sie herangereist, die potenziellen Bauherren, und rennen dem Meister die Stube ein.

Galt Peter Zumthor vor einigen Jahren noch als Geheimtipp unter NZZ-Lesern, füllen sich seine Auftragsbücher nun schneller, als ihm lieb ist. Im Bregenzerwald entsteht ein Werkraumhaus für Tischler, im niederländischen Leiden wird ein alter Mehlspeicher in ein Kulturzentrum verwandelt und in Doha (Katar) zeichnet Zumthor im Auftrag des Scheichs gerade an einem Masterplan für eine Wohngegend.

Aufregendstes Projekt, erst vor wenigen Tagen skizzenhaft dem Bauherrn präsentiert, ist ein Hotel in der Atacama-Wüste in Chile. Alles streng geheim, nur so viel sei verraten: Sollte James Bond in zehn Jahren noch im Dienste Ihrer Majestät durch die Weltgeschichte jetten, wissen wir jetzt schon, wohin die Reise gehen wird.

Nächsten Freitag wird Peter Zumthor in Buenos Aires den heurigen Pritzker-Preis entgegennehmen.

der Standard: Was bedeutet der Pritzker-Preis für Sie?

Peter Zumthor: Schön, so eine Auszeichnung! Besonders freut mich der Preis natürlich insofern, als ich ja kein Netzwerk-Architekt bin, sondern einfach nur meine Arbeit mache. Das gibt mir und all den jungen Architekten, die auf ähnliche Weise arbeiten wie ich, viel Hoffnung. Offenbar wird diese stille Arbeit in der Öffentlichkeit erkannt und wertgeschätzt.

der Standard: Im Juryprotokoll steht, Ihr Werk sei fokussiert, kompromisslos und außergewöhnlich entschlossen. Erkennen Sie sich in der Begründung wieder?

Zumthor: Eher spüre ich mich in den Worten der Jury, wo es heißt, dass der ganzheitliche Aspekt meiner Arbeit gewürdigt werde. Nicht unwesentlich ist wahrscheinlich die Tatsache, dass ich in einem sehr überschaubaren Rahmen arbeite. Vor sieben oder acht Jahren wäre es vermutlich undenkbar gewesen, jemandem wie mir den Pritzker-Preis zu geben. Damals würdigte man eher die großen globalen Player. Zu mir hätte man wahrscheinlich gesagt: „Du, Zumthor, nichts für ungut, aber du bist eine aussterbende Rasse.“

der Standard: Ihr Fortbestand ist nun gesichert.

Zumthor: Ich glaube, es ist ein Umdenken im Gang. Man will offenbar darauf hinweisen, welche Arbeitsweisen es in der Architektur sonst noch gibt, und zwar abseits des Mainstreams. Lustig, dass sich nach Bekanntgabe der Pritzker-Sache einige meiner ehemaligen Kollegen wieder bei mir rühren und sagen: "Ja grüezi, Zumthor, wir sind doch alte Freunde! Am liebsten erinnere ich mich an eine zufällige Begegnung mit Wolf Prix in einem Restaurant in Chur, als er mich seiner Begleitung vorstellte und meinte: Der Zumthor, das ist einer vom anderen Lager, aber von denen der Beste! (Erinnere ich mich da richtig, Prix?)

der Standard: Was ist das eine, was das andere Lager?

Zumthor: Prix setzt Zeichen in der Landschaft und in der Architekturszene. Meine Architektur jedoch ist fokussiert auf den Gebrauch und auf den Ort. Wenn ich mich entschließe, ein Projekt zu machen, dann können die Bauherren mächtig und reich sein - oder arm. Das spielt keine Rolle. Das einzig Wichtige ist, dass ich Freude an der Arbeit habe, dass die Bauaufgabe sinnvoll ist und dass meine Bauherren gerne mit mir zusammenarbeiten wollen. Wenn das zutrifft, dann ist das ein cooles Projekt.

der Standard: Erachten Sie sich dem Bauherrn gegenüber als Dienstleister?

Zumthor: Als Dienstleister führt man vorgegebene Inhalte aus. Das bin ich nicht und das will ich nicht. Ich bin eher eine Art Autor. Gern vergleiche ich mich auch mit einem Komponisten und Dirigenten. Ich liefere die Partitur, doch ohne meine 100 bis 500 Supersolisten komme ich nicht weit. Was ich damit sagen will: Schlussendlich ist das, was ich mache, eine baukünstlerische Arbeit.

der Standard: Führt das nicht regelmäßig zu Überraschungen?

Zumthor: Da eilt mir wohl ein nicht korrekter Ruf voraus: Der Zumthor, der macht, was er will! Das Gegenteil ist der Fall. Meine Bauherren wissen genau, was sie kriegen. Es gibt einen sehr guten und wertschätzenden Dialog. Manchmal kommt es auch vor, dass ein Bauherr im Prozess eine bessere Idee hat als ich. Dann muss ich die übernehmen, oder? Und wenn es umgekehrt ist und ich die bessere Idee habe, dann muss der Bauherr eben mir vertrauen. So einfach ist das.

der Standard: Wann ist ein Projekt zu Ende gedacht?

Zumthor: Wenn die Entscheidung Bestand hat. Vorausgehend ist das permanente Abwägen zwischen Sicherheit und Unsicherheit. Es ist ein ständiges Hin und Her, ein Pingpong-Spiel, ein ewiges Trial-and-Error. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, wo alles stimmig ist. Ich spüre das. Sie müssen sich vorstellen: Ich bin jemand, der seine Häuser sieht, bevor sie gebaut sind. Wenn ich beispielsweise in der Früh unter der Dusche stehe, mache ich einen virtuellen Spaziergang durch das Haus, an dem ich gerade arbeite. Ich schlendere hindurch und sehe mir alle Ecken und Nischen an. Und manchmal passiert es, dass ich einen Kameraschwenk mache und plötzlich etwas entdecke, wo ich mir denke: Oh Mist, da stimmt etwas nicht. Da hilft nur virtuelles Abbrechen und Neubauen.

der Standard: Passiert das manchmal auch, wenn ein Projekt schon in Bau ist?

Zumthor: Das ist mir ein einziges Mal passiert, und zwar beim Kolumba-Museum in Köln. In den virtuellen Spaziergängen, die ich so oft unternommen habe, aber auch in den Zeichnungen und Modellen war alles ganz klar und stimmig. Und als ich dann im Rohbau stand, verdammt noch mal, ist mir aufgefallen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Im obersten Stock saß ein Durchgang an der falschen Stelle. Der Raumkörper war geschwächt. Also holte ich die Bauherren und sagte: Schauen Sie sich das an! Wir waren alle einer Meinung, und die Tür wurde um drei Meter versetzt.

der Standard: Sind Sie einer, der die Baukosten einhält?

Zumthor: Den Ruf, dass man sich nicht um die Baukosten kümmert, hat man als Architekt natürlich sehr schnell. Ein einziges Mal sind die Kosten ausgeufert, und zwar vor Ewigkeiten beim Projekt „Topographie des Terrors“ in Berlin. Die Wunschliste war lang, das Budget war klein. Und irgendwann ist alles explodiert. Doch die Regel ist, dass wir das Budget einhalten wollen und dass uns dies meistens auch gelingt. Therme Vals, Kolumba-Museum, die Kapelle in der Eifel - alles war im Rahmen.

der Standard: Und der wäre?

Zumthor: Auf den Kubikmeter umbauten Raum runtergebrochen, befindet sich das Kolumba-Museum irgendwo im oberen Drittel des Durchschnitts der neuen europäischen Museen. Anderes Beispiel: Das Thermalbad in Vals hat 26 Millionen Schweizer Franken gekostet. Das ist alles nicht exorbitant viel. Aber Sie haben schon recht: Mit Low Budget hat diese Art des Bauens nichts zu tun. Wenn ich meine Architektur mit einem Auto vergleiche, so hoffe ich doch sehr, dass ich Ihnen in der Regel einen Mercedes anbieten kann, mit dem Sie unbekümmert ein paar hunderttausend Kilometer fahren können.

der Standard: Mercedes? Ihre Details sind Handarbeit und Einzelanfertigung. Wir reden hier von Aston Martin.

Zumthor: Es sieht aus wie ein Aston Martin, und es funktioniert vielleicht wie ein Aston Martin, aber es kostet so viel wie ein Mercedes. Ich bin nicht einer von diesen Bentley-Manufaktur-Fans, der auf weiße Zwirnhandschuhe und Lederköfferchen abfährt. Das, was Sie sehen, ist das Engagement meiner 20 Mitarbeiter im Büro und der vielen Leute, die für uns arbeiten.

der Standard: Woher schöpfen Sie Ihre Inspiration?

Zumthor: Die Ideen kommen einfach, und ich weiß nicht woher. Das ist ein großes Geschenk. Eigentlich ist das ganze Leben Inspiration. Die Musik, die Literatur, einfach alles. Das Wichtigste ist, diesen Inspirationen zu vertrauen und nicht sofort alles zu zerreden.

der Standard: In Ihren Texten und Vorträgen vergleichen Sie sich immer wieder mit Peter Handke. Warum?

Zumthor: Ich mag dieses poetische Prinzip der genauen Beobachtung, das er in seinen frühen Werken verkörpert hat. Da geht es nicht um Symbolismus und um Zeichen, sondern nur um Beobachtung, mit viel Geduld und viel Genauigkeit.

der Standard: Ihr aktuelles Projekt?

Zumthor: Es werden immer mehr! Erst vorigen Montag war ein chilenischer Bauherr bei mir, ich habe ihm das Konzept für ein Hotel in der Atacama-Wüste präsentiert. Wir alle lieben dieses Projekt. Das Hotel sieht aus wie ein riesiges präkolumbianisches Tongefäß. Ich hoffe, das wird eine Referenz an Oscar Niemeyer. Jedenfalls können Sie sich nicht vorstellen, wie aufgeregt dieser Mann war. Später dann sagte er zu mir, dass er so nervös war, weil er nicht wusste, wie er reagieren sollte, falls ihm der Entwurf nicht gefiele. Daraufhin hat er die Ärmel hochgekrempelt und hat auf seine Gänsehaut gedeutet: „Look at this, it doesn't lie!“ Ein schönes Kompliment. Besser als jedes Honorar.

der Standard: Abschlussfrage zum Pritzker-Preis: Wissen Sie schon, was Sie mit den 100.000 Dollar Preisgeld vorhaben?

Zumthor: Ich habe gerade ein privates Projekt am Laufen. Hoch oben in den Bergen sind zwei Holzhäuser für mich und meine Frau entstanden. Wir haben uns etwas verausgabt. Die Graubündner Kantonalbank wartet schon auf das Geld.

Ich bin jemand, der seine Häuser sieht, bevor sie überhaupt gebaut sind. Wenn ich in der Früh unter der Dusche stehe, mache ich einen virtuellen Spaziergang durchs Projekt.

15. April 2009Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Spirituelle Baukunst

Zu den Künstlern unter den heutigen Architekten zählt Peter Zumthor. Er baut nur wenig, doch jedes Gebäude ist ein Meisterwerk. Für seine ganz aus dem Ort heraus entwickelten Arbeiten wird er nun mit dem Pritzkerpreis, der weltweit wichtigsten Architekturauszeichnung, geehrt.

Zu den Künstlern unter den heutigen Architekten zählt Peter Zumthor. Er baut nur wenig, doch jedes Gebäude ist ein Meisterwerk. Für seine ganz aus dem Ort heraus entwickelten Arbeiten wird er nun mit dem Pritzkerpreis, der weltweit wichtigsten Architekturauszeichnung, geehrt.

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15. April 2009Ute Woltron
Der Standard

Der Mönch vom Heiligen Berg

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor wird Pritzker-Preisträger

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor wird Pritzker-Preisträger

Schmal und steil führt der Weg hinauf in das Schweizer Alpendorf Haldenstein, wo die Klause des Peter Zumthor (65) steht. Dort lebt und arbeitet der in Basel geborene Architekt, umgeben von einer Mitarbeiterschar von nie mehr als 20 Jüngern - ein kleines Architekturbüro, das seit 1979 besteht und nur wenige Projekte umsetzt, doch jedes einzelne davon vom großen Atem der Ewigkeit beseelt. In dieser von Alpengipfeln umsäumten Einsamkeit empfängt Zumthor Bauherren aus aller Welt. Die reisen an wie Pilger, um von ihm die Absolution in Form exquisiter Architektur zu erlangen. Denn Zumthor kann sich mittlerweile aussuchen, für wen er baut, und nur Auserwählte erhört der asketische, bescheiden lebende Baumeister.

Zum Beispiel die Bauern aus dem deutschen Mechernich. Die kamen mit der Bitte um eine Kapelle für den heiligen Bruder Klaus. Zumthor schichtete über hundert schwere Baumstämme auf einem Feld zu einem rohen Turm übereinander, ließ die Bauern einen Monat lang Tag für Tag eine Schicht Beton auftragen, fackelte schließlich die Baumstämme im Inneren bedächtig drei Wochen lang ab, sodass schließlich eine rohe Betonhöhlung entstand. Auf dem Boden eine Schicht geschmolzenen Bleis, oben eine Kreisöffnung, durch die Licht und Regen fallen.

Für Weihestätten wie diese ist der Schweizer berühmt. Selbst sein bekanntestes Werk, die Therme in Vals (1996), geriet zu einer Art Sakralraum für Wasser und Verinnerlichung. Für die nur wenige Zentimeter hohen Quarzitblöckchen, die das Gebäude auskleiden, ließ er exakte Verlegepläne zeichnen. Denn die Seele des Materials ist Zumthor heilig.

Eigentlich hat er das Tischlerhandwerk gelernt, bevor er Architekt wurde. Präzision, Materialtreue sowie ein schlafwandlerisches Gespür für Raum sind sein Kapital. Das stellte er auch mit dem Kunsthaus Bregenz (1997) unter Beweis: ein kantiger Betonkern, umhüllt von transluzentem Glas, ein kostbarer Schrein für die Kunst. Zumthor arbeitet abseits jeder Mode, jedes Gags. Er ist eigentlich ein Relikt einer bereits untergegangen geglaubten Zeit. Wer zu ihm kommt, will Architektur, die für die Ewigkeit gemacht scheint.

Ende Mai wird Zumthor, der Hohepriester der raffinierten Einfachheit und der materialgewordenen Kontemplation, in Buenos Aires den Pritzker-Preis und damit die mit Abstand renommierteste Auszeichnung für Architektur entgegennehmen. Dann wird er sogleich wieder in sein Alpendorf zurückkehren.

14. April 2009Thomas Trenkler
Der Standard

Pritzker-Preis 2009 für den Schweizer Peter Zumthor

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in...

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in...

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in Basel geboren, auch den Pritzker-Preis für Baukunst 2009. Die Entscheidung der neunköpfigen Jury unter dem Vorsitz von Lord Peter Palumbo wurde am Montag in Los Angeles bekanntgegeben. Die Überreichung findet am 29. Mai in Buenos Aires statt.

Der Pritzker-Preis, dotiert mit 100.000 Dollar, wird seit 1979 vergeben und ist die weltweit höchste Auszeichnung für Architekten. Er wurde von dem Chicagoer Unternehmer Jay A. Pritzker gestiftet. Die Familie besitzt u. a. die Hyatt-Hotelkette. Mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet wurden etwa Hans Hollein (1985), Frank O. Gehry (1989), Renzo Piano (1998), Rem Koolhaas (2000), Zaha Hadid (2004) und Jean Nouvel (2008).

Der bei Chur lebende Zumthor ist - zusammen mit Jacques Herzog und Pierre de Meuron, den Pritzker-Preisträgern 2001 - einer der renommiertesten Schweizer Architekten. International bekannt wurde er mit der Therme Vals (1996) und dem Kunsthaus Bregenz (1997). Zumthor baute auch den Schweizer Klangkörper-Pavillon für die Expo 2000 in Hannover. Zuletzt, 2007, wurde das Kunstmuseum Kolumba des Erzbistums Köln fertiggestellt.

13. April 2009Claudia Elmer
Kurier

Pritzker-Preis für Peter Zumthor

Die als Nobelpreis für Architektur angesehene Auszeichnung geht an den Schweizer, der mit der Therme Vals Weltruhm erlangte.

Die als Nobelpreis für Architektur angesehene Auszeichnung geht an den Schweizer, der mit der Therme Vals Weltruhm erlangte.

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13. April 2009Rico Bandle
TagesAnzeiger

«Bei mir bewerben sich fast nur Ausländer»

Peter Zumthor erhält mit dem Pritzker-Preis die weltweit höchste Auszeichnung für Architekten. Im Interview spricht er über sein als schwierig geltendes Image, faule Kompromisse und fehlende Schweizer Mitarbeiter.

Peter Zumthor erhält mit dem Pritzker-Preis die weltweit höchste Auszeichnung für Architekten. Im Interview spricht er über sein als schwierig geltendes Image, faule Kompromisse und fehlende Schweizer Mitarbeiter.

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12. April 2009Vincenzo Capodici
TagesAnzeiger

Zumthor erhält Nobelpreis der Architekten

Der renommierte Pritzker-Preis 2009 geht an den Schweizer Architekten Peter Zumthor. Die Therme Vals haben ihn weltberühmt gemacht.

Der renommierte Pritzker-Preis 2009 geht an den Schweizer Architekten Peter Zumthor. Die Therme Vals haben ihn weltberühmt gemacht.

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14. März 2009Bernhard Flieher
Salzburger Nachrichten

Ein Wolkenkratzer hat im Kopf nicht Platz

Der Schweizer Peter Zumthor erhält für seine Besinnung auf das Wesentliche den wichtigsten Preis der Architekturwelt.

Der Schweizer Peter Zumthor erhält für seine Besinnung auf das Wesentliche den wichtigsten Preis der Architekturwelt.

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17. September 2008Neue Zürcher Zeitung

Peter Zumthor erhält Praemium Imperiale

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor gehört zu den Preisträgern des internationalen Kunst- und Kulturpreises Praemium Imperiale 2008 des japanischen Kaiserhauses. Die mit rund 160'000 Franken dotierte Auszeichnung wird auch als «Nobelpreis der Künste» bezeichnet.

Der Schweizer Architekt Peter Zumthor gehört zu den Preisträgern des internationalen Kunst- und Kulturpreises Praemium Imperiale 2008 des japanischen Kaiserhauses. Die mit rund 160'000 Franken dotierte Auszeichnung wird auch als «Nobelpreis der Künste» bezeichnet.

(sda/dpa) Der Praemium Imperiale wird am 15. Oktober in Tokio vom japanischen Kaiserpaar verliehen, wie Otto Graf Lambsdorff als internationaler Berater des Preises in Berlin mitteilte.

Die Jury würdigt den 65-jährigen Peter Zumthor als «Ausnahmeerscheinung unter den Architekten», er wolle «stets etwas sozial und kulturell Wertvolles schaffen».

Eigenwillig und renommiert

Zumthor gilt als einer der eigenwilligsten und umstrittensten und doch auch renommiertesten Schweizer Architekten mit internationalem Ruf. Die Auszeichnung mit dem Praemium Imperiale ist für den 65-Jährigen auch eine Genugtuung für den Streit um sein gescheitertes Projekt «Topographie des Terrors». Die Dokumentationsstätte sollte auf dem Gelände der früheren Gestapo-und SS-Zentrale in Berlin entstehen. Sein Entwurf wurde nicht realisiert, weil zu kostspielig und zu kompliziert, wie das Land Berlin und der Bund als gemeinsamer Bauherr befanden.
Eine von Peter Zumthors berühmten Bauten: die Therme Vals.
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Der 1943 als Sohn eines Schreinermeisters in Basel geborene Zumthor gründete 1979 sein eigenes Architekturbüro in HaldensteinGR. Sein minimalistischer Stil brachte mehrere Auszeichnungen, darunter 1992 den Internationalen Architekturpreis für Neues Bauen in den Alpen.

Zu Zumthors Werken gehören die Therme Vals und das Kunsthaus Bregenz, dessen strenger Kubus von manchen auch als Meilenstein zeitgenössischer Architektur angesehen wird. Zumthor baute auch den Schweizer Pavillon für die Weltausstellung Expo 2000 in Hannover und den Neubau des Diözesanmuseums in Köln.

Weitere Preisträger

Die anderen Preisträger sind der britische Maler Richard Hamilton, das amerikanische Konzeptkünstlerpaar russischer Herkunft Ilya und Emilia Kabakov, der indische Dirigent Zubin Mehta und der japanische Kabuki-Schauspieler Sakata Tojuro.

Die Arbeiten des Malers Richard Hamilton spiegeln nach Ansicht der Jury die Kultur der Massenmedien und der Konsumgesellschaft wieder. Er habe sich als «Gründervater der Pop-Art» etabliert.

Die Konzeptkünstler Ilya und Emilia Kabakov seien Schöpfer der «Total Installations», meinte die Jury. «Sie reflektieren und ironisieren in Wort, Bild, Ton und Raum die Welt der ehemaligen Sowjetunion.»

Der 72-jährige Dirigent Zubin Mehta sei «einer der weltbesten Dirigenten». Er leitet das Israel Philharmonic Orchestra als Musikdirektor auf Lebenszeit. Der japanische Schauspieler Sakata Tojuro sei der führende Kabuki-Künstler der Gegenwart. In Japan werde er zum «lebenden nationalen Kulturgut» gezählt. Herausragende Verdienste

Preisträger des Praemium Imperiale waren bisher unter anderem die Dirigenten Daniel Barenboim und Claudio Abbado, die Künstler Christo & Jeanne-Claude und Anselm Kiefer, die Architekten Norman Foster und Frank Gehry, der Filmregisseur Ken Loach und der Maler Georg Baselitz.

Der Preis würdigt Künstler aus aller Welt, «die sich international herausragende Verdienste bei der Förderung der Künste erworben haben». Die Auszeichnung wird in diesem Jahr zum 20. Mal von der Japan Art Association vergeben.

29. September 2006Christoph Affentranger
Neue Zürcher Zeitung

Bauen mit Holz

Architektonische und technisch-konstruktive Innovationen im Holzbau entstehen heute vor allem in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Früher hingegen...

Architektonische und technisch-konstruktive Innovationen im Holzbau entstehen heute vor allem in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Früher hingegen...

Architektonische und technisch-konstruktive Innovationen im Holzbau entstehen heute vor allem in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Früher hingegen kamen die Neuerungen oft aus Finnland: Alvar Aalto setzte Massstäbe im Umgang mit Holz - etwa mit der Villa Mairea (1939). Auch die nachfolgende Generation schuf international beachtete Werke: Kaija und Heikki Sirén die Kapelle in Otaniemi (1957) oder Kristian Gullichsen und Juhani Pallasmaa das Systemhaus «Module 225» (1968). Seit 1994 versucht die finnische Holzindustrie mit dem Finnischen Holzpreis, der dieses Jahr dem Geschäftshaus der Finnforest in Tapiola zugesprochen wird, das Bauen mit Holz zu fördern und die technischen und gestalterischen Möglichkeiten von Holzbauten dem Publikum bekanntzumachen.

Zudem wurde 1998 die Wood In Culture Association gegründet. Unterstützt von der finnischen Wald-Stiftung, vergibt sie alle zwei Jahre den mit 50 000 Euro dotierten Spirit of Nature Wood Architecture Award für das herausragende Werk eines Architekten im Kontext von ökologischem und nachhaltigem Bauen mit Holz. Nach Renzo Piano (2000), Kengo Kuma (2002) und Richard Leplastrier (2004) wurde gestern im Konzerthaus Sibelius in Lahti der Preis dem Schweizer Architekten Peter Zumthor überreicht. Geehrt wird damit ein Werk, das nicht zuletzt auch durch den schöpferischen Umgang mit Holz und das präzise Einfügen der Bauten in den Kontext brilliert. Die Reihe von Zumthors Arbeiten in Holz begann mit den Schutzbauten über römischen Ruinen in Chur (1986), setzte sich fort mit seinem eigenen Atelier in Haldenstein (1986), der Kapelle Sogn Benedetg in Sumvitg (1988) und der Ergänzung eines Bauernhauses in Gagalun (1994). Später kam der Klangkörper genannte Schweizer Pavillon an der Weltausstellung 2000 in Hannover dazu. Bei jedem dieser Werke setzte Zumthor Holz immer wieder anders und wegweisend neuartig ein. Bleibt zu hoffen, dass die notwendigen finanziellen Mittel zum Bau des Restaurants auf der Insel Ufenau im Zürichsee gefunden werden, damit diese Reihe herausragender Holzbauten ihre Fortsetzung finden kann.

Presseschau 12

22. März 2008Peter Zumthor
Neue Zürcher Zeitung

In der Lehre

Der Handarbeitsunterricht in der Schule war eigentlich kein Unterricht. Man konnte in der Stunde machen, was man wollte, und die Note, die man dafür im...

Der Handarbeitsunterricht in der Schule war eigentlich kein Unterricht. Man konnte in der Stunde machen, was man wollte, und die Note, die man dafür im...

Der Handarbeitsunterricht in der Schule war eigentlich kein Unterricht. Man konnte in der Stunde machen, was man wollte, und die Note, die man dafür im Zeugnis erhielt, zählte nicht. Während meine Mitschüler diese kaum brauchbaren, seltsam gerundeten und geschweiften Minimöbel schreinerten, gelang mir ein schöner Fisch aus massivem Nussbaumholz. Er lag gut in der Hand und hatte einen fein geschwungenen, glatt polierten Leib. Ein Fisch in Bewegung. Mit der elegant gegabelten Schwanzflosse war ich zufrieden. Probleme hatte ich mit dem Kopf, dem Maul, den Augen. Ich hätte den Rat gebraucht, auf Mund und Augen zu verzichten, es allenfalls mit Andeutungen bewenden zu lassen, um den Fluss der Linien nicht zu stören. Aber da war kein Lehrer für solche Dinge weit und breit.

Vom Montag bis Samstag

Mein Vater, dem der Fisch auf Anhieb gut gefiel, wollte mir helfen. Er spannte ihn in seine Hobelbank ein, legte sich verschiedene kleine Feilen und Raspeln zurecht, die er sorgfältig aus einem Tuch wickelte, und begann, walfischbartartige Verzierungen in den halbgeöffneten Fischmund einzufeilen. Alles in mir zog sich zusammen, als ich daneben stand und ihm zuschaute.

Bald danach war ich bei meinem Vater in der Schreinerlehre. Dass ich als ältester Sohn Schreiner werden sollte und er mich in seinem Betrieb ausbilden würde, lag auf der Hand. Die Freude, nun zur Arbeitswelt der Erwachsenen zu gehören, war bald vorbei. Die Arbeit als Lehrling war über weite Strecken eintönig, die Arbeitszeiten vom Montagmorgen um sieben in der Früh bis weit in den Samstagnachmittag hinein waren lang, Ferien gab es drei Wochen im Jahr, Lob selten. Und die Möbel und Einrichtungen, die wir, meist von meinem Vater gezeichnet, für private Kunden in den neuen Einfamilienhäusern und Villen in der Umgebung von Basel anfertigten, fand ich schrecklich.

Bei der Arbeit und auf Kundschaft trug ich das traditionelle Schreinergewand mit den feinen hellen und blauen Längsstreifen. Manchmal, wenn ich mich in diesem Überkleid in der Öffentlichkeit zeigen musste, habe ich mich geschämt. Ich war nicht stolz, Schreinerlehrling zu sein, und beneidete meinen Freund, der mit seinen Lehrern am Gymnasium über Literatur und Kunst sprechen konnte. In der Schreinerei arbeitete ich mit der Zeit immer schlechter, machte Fehler, die ins Geld gingen, schnitt immer wieder Werkstücke zu kurz ab, 69 Zentimeter lang anstatt 96, bohrte Tablarösen in Bücherwänden nicht spiegelbildlich ein, so dass wir die Hälfte der Werkstücke nochmals neu herstellen mussten. Mein Vater, mein Lehrmeister, packte mich immer härter an und bestrafte mich mehrere Male grausam. Meine Fehlerquote stieg. Ich igelte mich ein.

Früher, als Knabe, als mein Vater neben seiner damaligen Arbeit als Vorarbeiter in Basel zu Hause arbeitete, um etwas dazuzuverdienen, durfte ich, ohne zu fragen, seine Hobelbank, alle seine Werkzeuge, seine Hölzer und Materialien gebrauchen und damit Dinge herstellen. Er hatte im Keller des Einfamilienhauses, von dem er vieles eigenhändig gebaut hatte, eine kleine Werkstatt eingerichtet. Nie schimpfte er mit mir, ich hätte ihm gutes Material verbraucht oder ein Werkzeug verdorben. Erst viel später wurde mir bewusst, dass er, der auf gute Werkzeuge Wert legte und jedes kleine Stück Holz aufbewahrte, um es später vielleicht noch zu verwenden, mir hier viel Raum gab und die Möglichkeit, Dinge herzustellen, die mir fehlten: Schiffe, Flugzeuge, ein Monopolyspiel, einen Tischfussballkasten.

Ich habe ihm damals auch gerne beim Arbeiten zugeschaut, und ich glaube, er hatte mich als kleinen Buben auch gerne dabei. Ich fühlte mich gut in seiner Nähe, wenn er arbeitete. Wenn ich mir die Bilder von damals vergegenwärtige, sehe ich seine ruhigen, überlegten Bewegungen vor mir. Die Arbeit ging ihm leicht von der Hand, seine Konzentration auf das, was er tat, wirkte natürlich, und in seinen scheinbar mühelosen Bewegungen war ein grosser, kraftvoller Schwung, der aus dem ganzen Körper kam.

Einmal beobachtete ich, wie er innehielt und ruhig dastand. Seine hellen blauen Augen blickten über die Hobelbank hinweg zum Kellerfenster hinaus in die Ferne. Da war nichts zu sehen. Aber er strahlte, und auf seinem Gesicht lag der Ausdruck einer stolzen Zuversicht und Freude.

Dieses Leuchten in seinen Augen sah ich später wieder, wenn private Kunden oder Architekten ihm ein fachliches Problem vortrugen, ihn nach Ideen und Lösungsmöglichkeiten fragten und er begann, nach Antworten zu suchen. Nie habe ich ihn sagen hören, etwas sei unlösbar. Er liebte schwierige Aufgaben. Stiess er auf eine fachliche Herausforderung, begann er sofort zu überlegen, zu skizzieren, suchte und fand eine Lösung, am liebsten an der Grenze des Machbaren, die er einem anschaulich aufzeichnete und erklärte und später in der Werkstatt gekonnt und perfekt umsetzte.

Die unbeschwerte Leichtigkeit des Arbeitens, die ich als Bub an ihm erlebt hatte, sah ich als Lehrling in seinem Handwerksbetrieb, der ihm viel abverlangte, nur selten. Einmal waren wir Lehrlinge und Gesellen an den sechs Hobelbänken damit beschäftigt, etwas auf einen bestimmten Zeitpunkt hin fertigzustellen. Wir arbeiteten wie wild, wir schwitzten. Der älteste Geselle, ein tüchtiger junger Schreiner namens Erb, war der Schnellste von uns. Als der Termin näher rückte, ging auch mein Vater an seine Bank, von der aus er uns alle überblickte, und half mit. Er war sofort schneller als wir, bewegte sich ohne Hast und Schweiss. Da waren sie wieder, diese präzisen Gesten der Arbeit. Auf seinem Gesicht lag ein kaum merkliches Lächeln.

Mit Ach und Krach

Am Ende der vierjährigen Lehrzeit bestand ich den praktischen Teil der Lehrabschlussprüfung mit Ach und Krach. Meinen Vater, den Lehrmeister und Fachschullehrer, hat dies schwer getroffen. Er war sehr wütend auf mich und strafte mich mit einer lange anhaltenden Verachtung. Aber ich war mit dem Kopf schon lange anderswo, blickte hoffnungsvoll Richtung Kunstgewerbeschule, trug einen grünen Manchesteranzug und einen US-Army-Mantel. Einige Jahre später, zu zweit unterwegs im Auto von New York nach Montreal – er hatte mir nach meinem Abschluss an der Kunstgewerbeschule aus freien Stücken etwas Geld gegeben, damit ich in New York Interior Design und Industrial Design studieren konnte –, sagte er mir: «Weisst du, damals, als du die Lehre bei mir anfingst, nach dem ersten halben Jahr, da habe ich mir gedacht, das gibt den besten Schreiner, den ich je ausgebildet habe, so gut hast du alles angepackt.»

Die Werkstatt meines Vaters besuchte ich später nur noch als Gast. Mit meiner Frau aus Amerika, die er gut mochte, schaute ich bei ihm vorbei, und wir verabschiedeten uns draussen vor der Tür, bevor wir in unseren weissen Mini Cooper stiegen. Wie damals oft wirkte er bedrückt, als wir uns zum Abschied die Hände reichten, und ich fühlte für einen Moment einen kleinen Verrat, als ich mitten im Tag einfach davonfuhr. Was ihn bedrückte, habe ich nie genau erfahren. Ich habe ihn nicht danach gefragt. Er starb in den Bergen, wie er sich das immer gewünscht hatte. Früh. So alt, wie ich heute bin, wurde er nie.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2008.03.22

15. Dezember 2001Peter Zumthor
zuschnitt

Ganzheit aus Alt und Neu

1994 wurde der Zubau an einen alten Hof in Graubünden von Peter Zumthor realisiert. Der Neubau sollte den Erben ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und dennoch die Atmosphäre des kleinen Blockhauses erhalten. Unter einem neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Die Räume sollten innen wie außen eine Einheit erkennen lassen. Von der Fassadenstruktur unterscheidet sich der Holzbau zwar, farblich wird er sich aber immer mehr dem Altbau anpassen. Peter Zumthor wollte die Spuren der Abnutzung, die der alte Hof aus dem Jahre 1760 an allen Ecken zeigt, erhalten und »die Dinge erzählen lassen«. Mit den Jahren wird auch der Neubau zu sprechen beginnen. Holz als Verbindung zwischen Alt und Neu.

1994 wurde der Zubau an einen alten Hof in Graubünden von Peter Zumthor realisiert. Der Neubau sollte den Erben ein zeitgemäßes Wohnen ermöglichen und dennoch die Atmosphäre des kleinen Blockhauses erhalten. Unter einem neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Die Räume sollten innen wie außen eine Einheit erkennen lassen. Von der Fassadenstruktur unterscheidet sich der Holzbau zwar, farblich wird er sich aber immer mehr dem Altbau anpassen. Peter Zumthor wollte die Spuren der Abnutzung, die der alte Hof aus dem Jahre 1760 an allen Ecken zeigt, erhalten und »die Dinge erzählen lassen«. Mit den Jahren wird auch der Neubau zu sprechen beginnen. Holz als Verbindung zwischen Alt und Neu.

»Der kleine Hof, schmale Existenzgrundlage einer Bergbauernfamilie über Generationen (der Stubenteil datiert von 1760), war für die Erben so zu erneuern, dass er zeitgemäß bewohnt werden kann, ohne seinen Zauber zu verlieren - den Zauber seiner abgeschiedenen Lage am Nordhang (gugalun = den Mond anschauen), die Natürlichkeit des Fußpfades, der als einzige Erschließung zum Haus hinabführt, die Spuren des Alters: des schmalbrüstigen, auf schlechtem Fundament schief gewordenen Stubenteils mit seinen zahlreichen Flickstellen im Holzwerk, die erkennen lassen, wie klein die Fenster und wie niedrig die Decken und Türen ursprünglich waren. Der Entwurf respektiert diese Dinge. Unter einem gemeinsamen neuen Dach wurde dem Bestehenden nur das hinzugefügt, was ihm aus heutiger Sicht fehlte: eine moderne Küche, Bad und Toilette, zwei Kammern mit größeren Fenstern, eine zusätzliche Holzfeuerung. Dabei haben wir versucht, darauf zu achten, dass eine neue Ganzheit entsteht, in der Alt und Neu aufgehen. In zehn Jahren, wenn die Sonne die neuen Holzbalken geschwärzt hat, wird man sehen, wie dieses Ziel erreicht wurde.«

»So besteht für mich die Suche nach dem neuen Objekt, das ich entwerfen und bauen will, zu einem großen Teil darin, darüber nachzudenken, wie wir die vielen Orte unseres so unterschiedlichen Wohnens in der Welt wirklich erfahren - im Wald, am Fluss, auf der Brücke, auf dem Platz, im Haus, im Zimmer, in deinem Zimmer, im Sommer, am Morgen, in der Dämmerung, im Regen. Ich höre das Geräusch der Autos, die vorbeifahren, die Stimmen der Vögel und die Schritte der Passanten. Ich sehe das angerostete Metall der Tür, das Blau der Hänge im Hintergrund, das Flirren der Luft über dem Asphalt. Ich spüre die Wärme, die abstrahlt von der Mauer in meinem Rücken. Die Vorhänge in den schlanken Fensternischen bewegen sich leicht im Wind. Die Luft riecht feucht vom gestern gefallenen Regen, dessen Wasser im Erdreich des Pflanzentroges gespeichert ist. Alles, was ich sehe, die Platten aus Zement, welche die Erde halten, die Drähte des Spaliers, die gedrechselten Stäbe des Geländers auf der Terrasse, der verputzte Bogen über dem Durchgang - alles zeigt Spuren der Abnutzung, des Gebrauchs, zeigt Spuren des Wohnens.

Und wenn ich genau hinsehe, beginnen mir die Dinge etwas zu erzählen über ihr Wozu und Warum und über die Art, wie sie hergestellt wurden. Denn all dies tritt in ihrer Form und Präsenz zutage oder liegt in ihrer Form und Präsenz verborgen.«

zuschnitt, Sa., 2001.12.15



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Profil

Peter Zumthor was born on April 26, 1943, the son of a cabinet maker, Oscar Zumthor, in Basel, Switzerland. He trained as a cabinet maker from 1958 to 1962. From 1963-67, he studied at the Kunstgewerbeschule, Vorkurs and Fachklasse with further studies in design at Pratt Institute in New York.

In 1967, he was employed by the Canton of Graubünden (Switzerland) in the Department for the Preservation of Monuments working as a building and planning consultant and architectural analyst of historical villages, in addition to realizing some restorations. He established his own practice in 1979 in Haldenstein, Switzerland where he still works with a small staff of fifteen.

Zumthor is married to Annalisa Zumthor-Cuorad. They have three children, all adults, Anna Katharina, Peter Conradin, and Jon Paulin, and two grandchildren.

Since 1996, he has been a professor at the Academy of Architecture, Universitá della Svizzera Italiana, Mendrisio. He has also been a visiting professor at the University of Southern California Institute of Architecture and SCI-ARC in Los Angeles in 1988; at the Technische Universität, Munich in 1989; and at the Graduate School of Design, Harvard University in 1999.

His many awards include the Praemium Imperiale from the Japan Art Association in 2008 as well as the Carlsberg Architecture Prize in Denmark in 1998, and the Mies van der Rohe Award for European Architecture in 1999. In 2006, he received the Thomas Jefferson Foundation Medal in Architecture from the University of Virginia. The American Academy of Arts and Letters bestowed the Arnold W. Brunner Memorial Prize in Architecture in 2008. In 2009 he receives The Pritzker Architecture Price.

In the recent book published by Barrons Educational Series, Inc. titled, Architectura, Elements of Architectural Style, with the distinguished architectural historian from Australia, Professor Miles Lewis, as general editor, the Zumthor’s Thermal Bath building at Vals is described as „a superb example of simple detailing that is used to create highly atmospheric spaces. The design contrasts cool, gray stone walls with the warmth of bronze railings, and light and water are employed to sculpt the spaces. The horizontal joints of the stonework mimic the horizontal lines of the water, and there is a subtle change in the texture of the stone at the waterline. Skylights inserted into narrow slots in the ceiling create a dramatic line of light that accentuates the fluidity of the water. Every detail of the building thus reinforces the importance of the bath on a variety of levels.“

In the book titled Thinking Architecture, first published by Birkhauser in 1998, Zumthor set down in his own words a philosophy of architecture. One sample of his thoughts is as follows: „I believe that architecture today needs to reflect on the tasks and possibilities which are inherently its own. Architecture is not a vehicle or a symbol for things that do not belong to its essence. In a society that celebrates the inessential, architecture can put up a resistance, counteract the waste of forms and meanings, and speak its own language. I believe that the language of architecture is not a question of a specific style. Every building is built for a specific use in a specific place and for a specific society. My buildings try to answer the questions that emerge from these simple facts as precisely and critically as they can.“ (from The Pritzker Architecture Price Mediatext)

Lehrtätigkeit

Gastprofessuren am Southern California Institute of Architecture, SCI-ARC, Los Angeles, 1988; an der Technischen Universität München, 1989, und an der Graduate School of Design, GSD, Harvard University, Boston, 1999. Von 1996-2008 Professor an der Accademia di architettura, Università della Svizzera italiana, Mendrisio.

Publikationen

Zumthor sehen, Köbi Gantenbein, Hochparterre AG, Scheidegger & Spiess
Therme Vals, Peter Zumthor, Scheidegger & Spiess
Zwischen Bild und Realität, , gta Verlag
Atmosphären, , Birkhäuser Verlag

Veranstaltungen

2018 Venice, La Biennale, XVI International Architecture Exhibition, group exhibition, „Dreams and Promises - Models of Atelier Zumthor“
2018 Dear to Me. Ausstellung von Peter Zumthor im Kunsthaus Bregenz zum 20-jährigen Jubiläum des Kunsthauses
2012 Venice, La Biennale, XII International Architecture Exhibition, group exhibition, „Common Ground“
2008 Peter Zumthor Bauten und Projekte 1986-2007, Kunsthaus Bregenz
2002 Venice, La Biennale, VIII International Architecture Exhibition, group exhibition, „Next“
2001 Peter Zumthor – studio exhibition at the Kolumba in Cologne
1999 Peter Zumthor - Bilder av Hélène Binet, Arkitekturmuseet, Stockholm
1998 Chur, Bündner Kunstmuseum, touring exhibition, „The Architecture of Peter Zumthor in Photographs by Hélène Binet“
1997 Lucerne, Architecture Gallery
1996 Zurich, Architekturforum
1996 Venice, La Biennale, VI International Architecture Exhibition, group exhibition, „Emerging Voices“
1996 Augsburg, Architekturmuseum Schwaben
1996 Ljubljana, Dessa Gallery
1996 London, Architectural Association, School of Architecture
1995 Berlin, Aedes West Gallery
1995 New York, Museum of Modern Art, group exhibition, „Light Construction“
1994 Austin Texas, University of Austin, group exhibition, „Construction Intention Detail“
1991 Biel, group exhibition, „Tabula Rasa, 25 Künstler im Stadtraum von Biel“
1990 Lausanne, Federal Institute of Technology
1989 Graz, Linz, Innsbruck, Bolzano
1988 Lucerne, Architecture Gallery

Auszeichnungen

2017 grosser BDA Preis des Bundes Deutscher Architekten
2013 Nike, Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten
2013 RIBA Royal Gold Medal, Royal Institute of British Architects
2009 Pritzker Architecture Prize
2008 DAM Preis für Architektur in Deutschland
2008 Praemium Imperiale, Japan Art Association
2006 Prix Meret Oppenheim, Schweiz
1998 Mies van der Rohe Award for European Architecture Barcelona, Spain
1998 Carlsberg Architectural Prize Copenhagen, Denmark

In nextroom dokumentiert:
7. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2015, Preisträger, Werkraum Bregenzerwald
ZV-Bauherrenpreis 2014, Preisträger, Werkraum Bregenzerwald
Brick Award 2008, Preisträger, Kolumba - Kunstmuseum des Erzbistums Köln

nextroom fragt

nextroom fragt: Peter Zumthor

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