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31. Dezember 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Karlsplatz - „der logische Ort“ fürs Wien Museum

Die Enquete „Wien Museum Neu“ brachte ein eindeutiges Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der echten Fachleute sprachen sich für den Karlsplatz aus. Dennoch zögert der Kulturstadtrat.

Die Enquete „Wien Museum Neu“ brachte ein eindeutiges Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der echten Fachleute sprachen sich für den Karlsplatz aus. Dennoch zögert der Kulturstadtrat.

Am 16. Oktober fand im Architekturzentrum eine von der Stadt Wien organisierte Enquete statt. An die 40 Personen, darunter Architekten, Stadtplaner und Museumsberater, taten ihre Meinung zu den beiden möglichen Standorten für das unter eklatanter Platznot leidende Wien Museum kund. Soll es am Karlsplatz bleiben und einen (wie auch immer gearteten) Zubau erhalten? Oder soll es an den Hauptbahnhof übersiedeln - auf ein von Bürotürmen umzingeltes Grundstück der Ersten Bank?

Wolfgang Kos, der Direktor des Wien Museums, fühlte sich durch die Enquete bestätigt: Zwei Drittel hätten sich für den Karlsplatz ausgesprochen. Doch die Dokumentation jenes 16. Oktober blieb unter Verschluss. DER STANDARD erhielt nun die Möglichkeit, sie einzusehen. Was sofort auffällt: Eingeladen wurden nicht nur unabhängige Fachleute, sondern auch involvierte Personen - und mit Wolfgang Rosam ein einflussreicher Lobbyist. Er forderte „Andreas“ und „Maria“, also SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und die Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, auf, „Mut“ zu zeigen und ein „Bekenntnis“ zum neuen Stadtteil abzulegen.

Wenig verwunderlich plädierten nicht nur Architekt Albert Wimmer, der den Masterplan mitentwickelte, und Christoph Gollner, zuständig für Stadterneuerung in Favoriten, für den Hauptbahnhof. Agnes Husslein, Direktorin des Belvedere, sprach von einer „Jahrhundertchance“: Zusammen mit dem 21er-Haus und dem Wien Museum könnte ein zweites MQ, ein „Quartier Belvedere“, entstehen. Stadtbaudirektorin Brigitte Jilka ergänzte: „Das Wien Museum thematisiert gesellschaftliche, kulturelle, urbane Veränderungen, und es gibt keinen besseren Ort in Wien, der das widerspiegelt, als die Gegend des Quartier Belvedere.“

Einige, darunter die Architekten Rüdiger Lainer, Wolf D. Prix und Andras Palffy, äußerten sich „ambivalent“. Dietmar Steiner, Chef des Architekturzentrums, übte Kritik: „Ich halte das hier nicht für eine Fach-Enquete, denn was wir an Informationen bekommen haben, war eher auf einem touristischen Niveau.“ Architektonische Hoffnungen habe er für keinen der beiden Standorte.

Die meisten aber sprachen sich mehr oder weniger „eindeutig für den Standort Karlsplatz“ aus, darunter der deutsche Stadtplaner Tom Sieverts, der Architekt Christoph Luchsinger (Professor für Städtebau an der TU Wien) und sein Kollege Rudolf Scheuvens (Professor für örtliche Raumplanung): Einen besseren Ort als jenen, an dem die „Verwerfungslinien aus der Geschichte dieser Stadt zusammentreffen“, könnte man kaum finden - noch dazu an der Wien, wie die Architektin Maria Auböck ergänzte. Zum Karlsplatz bekannten sich auch der Wiener Raumplaner Kurt Puchinger, der in Berlin lebende Architekt Günter Zamp-Kelp, Friedrich Dahm (Bundesdenkmalamt) sowie die Soziologen Jens Dangschat und Kenan Güngör.

Für Max Hollein, Museumsdirektor in Frankfurt, ist der Karlsplatz „der logische Ort“. Selbst Franz Kobermaier von der Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) sieht „die Vorteile mehr beim Karlsplatz“. Die Architektin Martha Schreieck, die sich mit beiden Orten beschäftigt hatte, meinte, dass jener beim Bahnhof „äußerst kritisch zu sehen“ sei: Das ganze Areal müsse neu gedacht, ein Brückenschlag nach Favoriten geschaffen werden. Simone Raskob, Kulturdezernentin in Essen, macht sich um die Stadtentwicklung am Bahnhof keine Sorgen: „Die funktioniert auch ohne Museum.“ Und der Museumsberater Dieter Bogner warnte die Politiker: „Am Bahnhof planen Sie einen Misserfolg!“ Für Museen gäbe es die Regel, dass sie zum Publikum gehen müssten - und nicht umgekehrt. „Der Erfolg des MQ hat das gezeigt.“

Mailath-Pokorny war über die vielen Plädoyers pro Karlsplatz doch ein wenig verwundert, hielt aber an der „einmaligen Chance“ Bahnhof fest.

Der Standard, Mo., 2012.12.31

05. Dezember 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Viele Fachleute pro Karlsplatz

Standort des Wien Museums wird noch heuer entschieden

Standort des Wien Museums wird noch heuer entschieden

Der Morzinplatz wurde kürzlich als Standort für das Wien Museum ausgeschieden. Die Entscheidung fällt also zwischen dem Karlsplatz und dem Hauptbahnhof. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) hatte zwar versprochen, den Entscheidungsprozess transparent zu gestalten; Informationen über den gegenwärtigen Stand der Dinge erhält man aber keine: Laut seinem Büro gäbe es nichts Berichtenswertes.

Wie berichtet, plädiert Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums, für den bisherigen Standort, eben den Karlsplatz. Das Gebäude, zu klein und nicht mehr besucheradäquat, solle eine unter- und oberirdische Erweiterung bekommen. Mailath-Pokorny hingegen kämpft um den Standort Hauptbahnhof: Das Museum könnte in eine Immobilie der Erste Bank einziehen.

Eine Entscheidungshilfe sollte eine nicht öffentliche Enquete mit 40 Fachleuten bilden, die am 16. Oktober stattfand. Gerüchteweise hätten sich mehr als zwei Drittel, darunter Max Hollein, für den Standort Karlsplatz ausgesprochen. Das Büro von Mailath-Pokorny übermittelte dem Standard weder eine Liste der Redner noch eine Zusammenfassung.

Klar ist nur, dass der Stadtrat die Entscheidung zusammen mit den anderen Parteien treffen will. Isabella Leeb, Kultursprecherin der Wiener VP, findet die Vorgangsweise gut: „Das ist ein teures Zukunftsprojekt, das von allen mitgetragen werden muss.“ Gegenwärtig werden die beiden möglichen Standorte von Architekturbüros noch einmal geprüft: Querkraft beschäftigt sich mit dem Hauptbahnhof, Kuehn Malvezzi (Berlin) mit dem Karlsplatz.

So lange die Ergebnisse nicht vorliegen, will Leeb keinen Standort präferieren. Klaus Werner-Lobo hingegen, Kultursprecher der Grünen, bevorzugt den Karlsplatz: „Ein Wien Museum muss ein öffentlicher Ort sein - für alle Wiener und nicht nur für kulturinteressierte Menschen, die sich eine Ausstellung anschauen. Dafür ist der Karlsplatz weit besser geeignet.“ Für Erheiterung sorgt im Rathaus, dass auch SP-Kultursprecher Ernst Woller für den Karlsplatz ist - und damit auf Konfrontationskurs zu seinem Parteikollegen Mailath-Pokorny gehe.

Die endgültige Entscheidung soll, wie der Standard erfuhr, noch in diesem Jahr fallen.

Der Standard, Mi., 2012.12.05

16. Juni 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Günther Domenig 1934-2012

Günther Domenig, Mitbegründer der Grazer Architekturschule, starb 77-jährig. Er brach mit seinen genialen, revolutionären Entwürfen Sehgewohnheiten auf.

Günther Domenig, Mitbegründer der Grazer Architekturschule, starb 77-jährig. Er brach mit seinen genialen, revolutionären Entwürfen Sehgewohnheiten auf.

Günther Domenig grantelte gerne. Er rauchte wie ein Schlot. Er fuhr Sportwägen. Und er war seit Mitte der 1960er-Jahre einer der stilbildenden Architekten Österreichs. Bis zum Schluss ging er bei seinen Projekten immer von einer künstlerischen Idee aus: Er entwarf seine Architekturen nicht am Computer, sondern am Skizzenblock. So entstand auch sein letzter großer Solitär (2004, in Zusammenarbeit mit Hermann Eisenköck, einem hervorragenden Umsetzer von Domenigs genialen Entwürfen): das weithin sichtbare, an ein riesiges Schiff erinnernde T-Center in Wien-St. Marx.

Domenig, geboren am 6. Juli 1934 in Klagenfurt, studierte von 1953 bis 1959 Architektur in Graz. Die steirische Landeshauptstadt wurde nicht nur Wahlheimat, sondern auch Hauptwirkungsstätte. Mit seinen ersten großen Projekten, der Pädagogischen Akademie (1964, mit Eilfried Huth) und dem Mehrzwecksaal der Schulschwestern Eggenberg (1972) in Graz erregte Domenig Aufsehen: Damals war Beton das Material der Stunde. Und schon damals baute Domenig keine plumpen Kisten.

Man musste sich an Domenigs Visionen jedoch erst gewöhnen: Die Fassade seines Hochhauses in Leoben (ehemaliges Forschungs- und Rechenzentrum der Montan-Uni, 1970-1973) bestand aus verrosteten Metallplatten und wurde von der Bevölkerung seinerzeit als Scheußlichkeit empfunden.

Und dann brach Domenig eine Fassade auf - beziehungsweise befreite er sie aus dem Gefängnis des Rasters und gestaltete sie als biomorphes Wesen mit Knochen und Schuppen: Bis heute gilt die Zentralsparkasse in der Wiener Favoritenstraße (1975-1979) als eines der wichtigsten Bauwerke der österreichischen Nachkriegsmoderne. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Steinhaus: 22 Jahre Bauzeit

Von 1980 an lehrte Domenig Architektur an der Grazer TU; und von da an arbeitete er auch konsequent an seinem privaten Lieblingsprojekt, dem vielteiligen, verschachtelten Steinhaus in Steindorf. Das expressionistische Gebäude, direkt am Ufer des Ossiacher Sees errichtet, polarisierte die Bevölkerung über Jahre hinweg. Es ist eine spektakuläre, in Beton und Stahl gegossene Gebäudelandschaft aus Fluchten und Schluchten, aus Felsen und Höhlen, an der er mehr als zwei Jahrzehnte arbeitete. Domenigs Opus magnum, das heute einhellig als Meisterwerk gilt, ist öffentlich zugänglich und wird regelmäßig von internationalen Architekturschulen und Unternehmen als Kultur- und Seminarstätte genutzt.

Durchaus mit Stolz erfüllte Domenig, der mit Huth spektakuläre Entwürfe für Bauwerke der Olympischen Spiele 1972 in München geliefert hatte, dass er die von Albert Speer errichtete Kongresshalle am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu einem NS-Dokumentationszentrum (1998-2001) umbauen durfte: Hier konnte er sich am Nationalsozialismus abarbeiten. Oder - wie er seinen dekonstruktivistischen Entwurf kommentierte: „Ich schieße einen Speer in den Speer hinein.“

Zu den großen Gebäuden, die Domenig realisierte, gehören auch das ehemalige Hauptgebäude der Z-Bank bei Wien Mitte (in das DER STANDARD mit Jahresende einziehen wird), das gut 400 Meter lange ReSoWi-Zentrum der Uni Graz (1993-96) sowie das Landeskrankenhaus Graz West (1998-2000).

Domenig, der auch Bühnenbilder für Opern entwarf und 2004 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde, starb am Freitagmittag in seiner Wohnung. Wie die Familie mitteilte, habe er den Wunsch geäußert, in seiner Heimat begraben zu werden. Am liebsten wäre ihm natürlich das Steinhaus gewesen.

Der Standard, Sa., 2012.06.16



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Domenig Günther [der 2012 verstorbene Domenig]

26. Mai 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Richtungsstreit um Zukunft des Wien-Museums

Der Kulturstadtrat ist vom Zentralbahnhof fasziniert, der Direktor möchte aber am Karlsplatz bleiben

Der Kulturstadtrat ist vom Zentralbahnhof fasziniert, der Direktor möchte aber am Karlsplatz bleiben

Vor sieben Jahren, 2005, hätte sich Wolfgang Kos, der Direktor des Wien-Museums, vorstellen können, das Künstlerhaus gegenüber mit einer Dauerausstellung zu Wien um 1900 zu bespielen. Doch dann nahm er von der Idee Abstand: Die Chancen auf einen Neubau oder zumindest Zubau wären gegen null gesunken.

Tatsache ist: Das Gebäude am Karlsplatz von Oswald Haerdtl aus dem Jahr 1959 entspricht längst nicht mehr den Erfordernissen eines zeitgemäßen Museumsbetriebes. Es gibt viel zu wenig Platz für die Sammlungen, und die Publikumsbereiche sind ungenügend. Zudem ist der Nachkriegsbau sanierungsbedürftig.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) versprach, bis Ende 2010 die Frage, wo ein neuen Wien-Museum errichtet werden soll, geklärt und die Grundlagen für einen internationalen Architekturwettbewerb vorbereitet zu haben. Doch bis jetzt wurden keine Entscheidungen gefällt.

Den Vorwurf der Untätigkeit weist der Stadtrat im STANDARD-Interview von sich. In der von ihm eingesetzten Arbeitsgruppe hätten sich drei Standorte herauskristallisiert: Schwedenplatz, Zentralbahnhof und Karlsplatz.

Wenn man eine „Signalarchitektur“ realisieren will, für die Kos plädiert, ist der Schwedenplatz, wie Mailath-Pokorny eingesteht, „sicher der attraktivste Standort“. Die Realisierungschancen sind allerdings minimal: „Es gibt ungelöste Probleme hinsichtlich Statik, Widmungen und Möglichkeiten, die Bebauung zu verdichten. Die Wiener Linien müssten umgeleitet werden, man müsste den offenbar sehr lukrativen Standort einer Tankstelle ablösen etc.“

Der Stadtrat schwärmt unüberhörbar für den Zentralbahnhof: „Wir sind mit dem Liegenschaftseigentümer, der Erste Bank, in tiefgehenden Gesprächen, wie diese Partnerschaft aussehen könnte. Beim Projekt Donauplatte wurde die Kultur nicht von Anfang an mitgedacht. Hier ist es anders. Zudem kann man an vorhandene Einrichtungen anbinden.“ Unter dem Arbeitstitel „ Quartier Belvedere“ könne ein neuer Kulturbezirk entstehen: „Das ist faszinierend. Er bestünde aus dem Belvedere, dem 21er-Haus, dem Wien- Museum und dem Heeresgeschichtlichen Museum. Es gibt zudem Überlegungen, rund um die Piazza zwischen Gürtel und Bahnhof auch noch andere Kulturinstitutionen einzubeziehen.“

Kos: „Fehler rächen sich“

Kos ist vom Zentralbahnhof aber nicht begeistert. Das Museum wäre von Hochhäusern umzingelt. Und auch der Museumsfachmann Dieter Bogner bestätigte ihm, dass die zentrale Lage gerade für ein Museum, das die Stadt zum Thema hat, von entscheidender Bedeutung ist. „Direktoren und Inhalt kann man ändern“, sagt Kos, „den Standort nicht. Museen sind Jahrhundertprojekte, bei denen sich Fehler in der Zukunft unerbittlich rächen.“

Er bliebe lieber am Karlsplatz. Mailath-Pokorny verhehlt nicht, dass sich dort neue Möglichkeiten aufgetan hätten: „Das Winterthur-Gebäude zwischen Wien-Museum und Karlskirche kann mitgedacht werden. Man könnte das Gebäude redimensionieren, das würde die Freistellung der Karlskirche ermöglichen. Den Platz, den man verliert, müsste man irgendwo dazugewinnen - unterirdisch oder oben drauf. Das Projekt böte die Chance, am Standort zu bleiben, der natürlich der beste ist.“

Kos wartet zudem mit einer Überraschung auf: Laut einer Bebauungsstudie von Lakonis, eines in Wien auf stadträumliche Fragen spezialisierten Büros, wäre ein solitärer Neubau 20 Meter neben dem unter Denkmalschutz stehenden Haerdtl-Museum möglich. Die Sicht auf die Karlskirche wäre von keinem Punkt aus eingeschränkt, zwischen den beiden Museumsflügeln würde ein Vorplatz entstehen - und unter diesem könnte, als Verbindungselement, eine große Ausstellungshalle errichtet werden. Der Direktor sieht alle Vorgaben erfüllt. Und er weist auf den spannenden Dialog zwischen Neu und Alt hin: „Die Kunst besteht im Weiterschreiben wichtiger historischer Bauten in der Architektursprache der Gegenwart und Zukunft.“

Die Diskussion wird weitergehen. Wenigstens ist die Entscheidung für ein neues Depot gefallen. „Bei der Unterbringung von mehr als einer Million Objekte war tatsächlich Gefahr in Verzug, wie das Kontrollamt festgestellt hat“, sagt Mailath-Pokorny. „Das Museum wird demnächst die Mietverträge für ein neues Zentraldepot unterfertigen.“ Kos bestätigt dies - und hat eine Sorge weniger.

Der Standard, Sa., 2012.05.26

21. September 2011Thomas Trenkler
Der Standard

Kein Geld fürs 21er-Haus

Wien - Man könnte von einem Schildbürgerstreich sprechen: Um knapp 32 Millionen Euro wurde das ehemalige 20er-Haus in den letzten vier Jahren renoviert...

Wien - Man könnte von einem Schildbürgerstreich sprechen: Um knapp 32 Millionen Euro wurde das ehemalige 20er-Haus in den letzten vier Jahren renoviert...

Wien - Man könnte von einem Schildbürgerstreich sprechen: Um knapp 32 Millionen Euro wurde das ehemalige 20er-Haus in den letzten vier Jahren renoviert und ausgebaut; Geld für den Betrieb des gläsernen Pavillons, der nun 21er-Haus heißt, hat man aber bisher nicht eingeplant. Den möglichen Fragen der Journalisten stellte sich Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) nicht: Obwohl es sich „um eines der größten Kulturinfrastrukturprojekte der letzten Jahrzehnte“ gehandelt habe, sagte sie die Teilnahme an der Pressekonferenz am Dienstag kurzfristig ab - wegen eines anderen Termins.

Belvedere-Chefin Agnes Husslein, die Hausherrin, und Architekt Adolf Krischanitz ließen sich die Laune dennoch nicht verderben. Sie bejubelten die Fertigstellung der Bauarbeiten just an jenen Tag, an dem vor 49 Jahren Karl Schwanzers Pavillon für die Brüsseler Weltausstellung 1958 als Museum moderner Kunst im Schweizer Garten eröffnet worden war. Die Aura blieb erhalten, auch wenn die Treppen aus Brandschutzgründen eingehaust werden mussten.

Die offizielle Eröffnung erfolgt erst am 15. November - mit der Ausstellung Schöne Aussichten. Dann soll auch der neue Büroturm verglast und das Restaurant eingerichtet sein. Ob es auch 2012 Ausstellungen geben wird können, ist fraglich. Die jährlichen Kosten beziffert Husslein mit 4,3 Millionen Euro. Schöne Aussichten also.

Der Standard, Mi., 2011.09.21



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21er Haus

12. November 2010Thomas Trenkler
Der Standard

Ein Glaspalast für die Gegenwartskunst

Die erste Bauphase ist abgeschlossen: Am Mittwoch wurde das 20er-Haus dem Belvedere übergeben. Nun folgt der Innenausbau. Im September 2011 soll der Pavillon wiedereröffnet werden.

Die erste Bauphase ist abgeschlossen: Am Mittwoch wurde das 20er-Haus dem Belvedere übergeben. Nun folgt der Innenausbau. Im September 2011 soll der Pavillon wiedereröffnet werden.

1958 für die Weltausstellung in Brüssel nach den Plänen von Karl Schwanzer errichtet, war der gläserne Pavillon im Schweizergarten von 1962 bis 2001 als 20er-Haus das erste Museum moderner Kunst des Bundes. Seit 2002, nach dem Umzug des Mumok in das Museumsquartier, gehört das unter Denkmalschutz stehende Gebäude zum Belvedere.

Es konnte aber, dringend sanierungsbedürftig, nicht genutzt werden. Erst nach jahrelangen Verhandlungen schrieb die Burghauptmannschaft, für den Pavillon zuständig, einen Wettbewerb aus. Adolf Krischanitz, ein Schüler von Schwanzer, gewann ihn. Doch die Finanzierung, vor allem des neuen Büroturms, blieb weiter ungeklärt. Erst im Juni 2008 konnte mit dem Umbau begonnen werden. Das Wirtschaftsministerium steuerte für die erste Phase 11,3 Millionen Euro bei, das Kulturministerium 2,7 Millionen und die Wotruba-Stiftung, die mit ihrem Archiv und ihrer Sammlung einziehen wird, eine Million Euro.

Die unterirdisch gelegene Nutzfläche wurde von 1100 auf 5000 Quadratmeter erweitert, die Dach- und Fassadenflächen, die Stahltragwerkskonstruktion sowie die Ver- und Entsorgungseinrichtungen wurden saniert, zwei Flucht-Stiegenhäuser eingebaut.

Die erste Bauphase ist nun abgeschlossen. Am Mittwoch übergab die Burghauptmannschaft den Rohbau an Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco. In der zweiten Phase folgt der Innenausbau. Viel Zeit bleibt aber nicht: Husslein-Arco will die Dependance, die sich der österreichischen Kunst seit 1945 im internationalen Kontext widmen wird, am 20. September 2011 mit einer Ausstellung eröffnen, die sich künstlerisch mit der Geschichte des Pavillons beschäftigt: Genau 49 Jahre zuvor, am 20. September 1962, war das 20er-Haus seiner Bestimmung übergeben worden.

Für den Innenausbau sind etwa 16 Millionen Euro vonnöten. Deren sechs sind vorhanden, die fehlenden zehn Millionen wurden zwar zugesagt, aber noch nicht zugesichert. Husslein ist aber zuversichtlich: „Kulturministerin Claudia Schmied betonte mehrfach, wie wichtig ihr das Projekt ist.“

Nicht inkludiert in den Kosten ist der Bau des Büroturms: Das Belvedere hat ihn über Sponsoring zu finanzieren. Husslein-Arco glaubt, bis zur Eröffnung zumindest die Fassade realisieren zu können: „Das 20er-Haus braucht ein Zeichen.“ Ein Eyecatcher ist der Büroturm schon jetzt. Denn Marko Lulic erklärte das Gebäude in großen Lettern zum Museum of Revolution (siehe O-Ton). Des Widerspruchs, dass ein Museum der Gegenwartskunst im 21. Jahrhundert „20er-Haus“ heißt, ist sich die impulsive Direktorin bewusst. Die Marke sei aber sehr stark - und werde daher wohl nicht geändert.

Zur Verfügung stehen künftig 6825 Quadratmeter. Neben der Wotruba-Stiftung wird auch die Artothek des Bundes einziehen. Aber allein die reine Ausstellungsfläche für das Belvedere beträgt 2275 Quadratmeter. Diese zu bespielen kostet viel Geld. Zudem ist Miete zu zahlen. Husslein-Arco hofft daher auf eine Erhöhung der Basisabgeltung. Derzeit schaut es aber schlecht aus: Schmied gab bekannt, dass die Subvention 2011 nicht erhöht werden könne.

Der Standard, Fr., 2010.11.12



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05. März 2010Thomas Trenkler
Der Standard

Raimund Abraham 76-jährig gestorben

Der austro-amerikanische Architekt, bekannt durch den Bau des Kulturforums in New York, starb bei einem Autounfall in L.A.

Der austro-amerikanische Architekt, bekannt durch den Bau des Kulturforums in New York, starb bei einem Autounfall in L.A.

Bereits 1984 hatte Peter Marboe, damals Leiter des Kulturinstituts in New York, einen Neubau vorgeschlagen, weil ihm eine Sanierung des alten, asbestverseuchten Hauses in der 52. Straße nicht sinnvoll erschien. Und tatsächlich wurde vom Außenministerium ein offener Wettbewerb ausgelobt. Als Sieger ging aber nicht Hans Hollein hervor, wie es erwartet worden war, sondern ein ziemlicher Nobody: Raimund Abraham.

Der Osttiroler, 1933 in Lienz geboren, hatte von 1952 bis 1958 an der TU in Graz studiert. Zwischen 1960 und 1964 arbeitete er als freischaffender Architekt in Wien, danach war er Professor an der Rhode Island School of Design in Providence. 1971 übersiedelte er nach New York, wo er als Adjunct Professor am Pratt Institute und als Gastdozent an der Cooper Union for Advancement of Science and Art tätig war.

Realisiert hatte Abraham bis 1992 nicht viel, nur ein paar Häuser. Bei den wirklich großen Wettbewerben (z.B. Centre Pompidou oder Bastille-Oper in Paris) war er immer nur Zweiter geworden. Damit hatte der gedrungene Mann mit dem mächtigen Schnurrbart und dem weißen Hut aber kein Problem: Abraham verstand sich eher als Theoretiker und beschäftigte sich vor allem mit „imaginärer Architektur“ . Diese sei, sagte er, viel besser als gebaute, wenn sie schlecht ist. Der Titel seiner Monografie, 1996 erschienen, hieß daher treffend [UN]BUILT.

Die Pläne für das in „Kulturforum“ umgetaufte Institut hingegen versprachen eine nachgerade exemplarische Architektur: Seit dem Seagram Building des Mies van der Rohe habe es kein vergleichbares Werk mehr in der Stadt gegeben, lobten die Kritiker.

Bis zur Realisierung des Miniwolkenkratzers mit der wasserfallartigen Glas-Alu-Fassade - rund 20 Stockwerke hoch bei einer Gebäudebreite von nur 7,6 Metern - brauchte es aber Jahre. Zuerst verweigerte der damalige Finanzminister Andreas Staribacher die Mittel, dann pfuschten die Baufirmen, schließlich gab es auch noch Umplanungen.

Das Haus wurde nicht, wie einst vorgesehen, als Höhepunkt des österreichischen Millenniums 1996 eröffnet. Und die Kosten explodierten von projektierten 13 auf 33 Millionen Dollar.

Im April 2002 konnte das Kulturforum schließlich feierlich eröffnet werden. Der Baukünstler war sichtlich stolz. Die Freude der Regierungsvertreter aber ein wenig getrübt: Raimund Abraham, der sich nie den Mund verbieten ließ, hatte aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung um die US-Staatsbürgerschaft angesucht. Er erhielt sie - kurz vor der Eröffnung. Österreicher blieb er dennoch.

Am 4. März kurz nach Mitternacht starb Abraham in Downtown Los Angeles bei einem Autounfall: er stieß mit einem Autobus zusammen. Wie das österreichische Generalkonsulat mitteilte, hatte Abraham nur wenige Stunden zuvor noch einen Vortrag am Southern California Institute of Architecture (SCI-Arc) gehalten. Dessen Direktor Eric Owen Moss beschrieb ihn in einer ersten Reaktion als „unersetzbare Kraft in der Architektur“. Das Institut veranstaltet am Freitag um 13.00 Uhr eine Zusammenkunft im Gedenken an Abraham.

Der Standard, Fr., 2010.03.05



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14. April 2009Thomas Trenkler
Der Standard

Pritzker-Preis 2009 für den Schweizer Peter Zumthor

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in...

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in...

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in Basel geboren, auch den Pritzker-Preis für Baukunst 2009. Die Entscheidung der neunköpfigen Jury unter dem Vorsitz von Lord Peter Palumbo wurde am Montag in Los Angeles bekanntgegeben. Die Überreichung findet am 29. Mai in Buenos Aires statt.

Der Pritzker-Preis, dotiert mit 100.000 Dollar, wird seit 1979 vergeben und ist die weltweit höchste Auszeichnung für Architekten. Er wurde von dem Chicagoer Unternehmer Jay A. Pritzker gestiftet. Die Familie besitzt u. a. die Hyatt-Hotelkette. Mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet wurden etwa Hans Hollein (1985), Frank O. Gehry (1989), Renzo Piano (1998), Rem Koolhaas (2000), Zaha Hadid (2004) und Jean Nouvel (2008).

Der bei Chur lebende Zumthor ist - zusammen mit Jacques Herzog und Pierre de Meuron, den Pritzker-Preisträgern 2001 - einer der renommiertesten Schweizer Architekten. International bekannt wurde er mit der Therme Vals (1996) und dem Kunsthaus Bregenz (1997). Zumthor baute auch den Schweizer Klangkörper-Pavillon für die Expo 2000 in Hannover. Zuletzt, 2007, wurde das Kunstmuseum Kolumba des Erzbistums Köln fertiggestellt.

Der Standard, Di., 2009.04.14



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Zumthor Peter

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31. Dezember 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Karlsplatz - „der logische Ort“ fürs Wien Museum

Die Enquete „Wien Museum Neu“ brachte ein eindeutiges Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der echten Fachleute sprachen sich für den Karlsplatz aus. Dennoch zögert der Kulturstadtrat.

Die Enquete „Wien Museum Neu“ brachte ein eindeutiges Ergebnis: Mehr als zwei Drittel der echten Fachleute sprachen sich für den Karlsplatz aus. Dennoch zögert der Kulturstadtrat.

Am 16. Oktober fand im Architekturzentrum eine von der Stadt Wien organisierte Enquete statt. An die 40 Personen, darunter Architekten, Stadtplaner und Museumsberater, taten ihre Meinung zu den beiden möglichen Standorten für das unter eklatanter Platznot leidende Wien Museum kund. Soll es am Karlsplatz bleiben und einen (wie auch immer gearteten) Zubau erhalten? Oder soll es an den Hauptbahnhof übersiedeln - auf ein von Bürotürmen umzingeltes Grundstück der Ersten Bank?

Wolfgang Kos, der Direktor des Wien Museums, fühlte sich durch die Enquete bestätigt: Zwei Drittel hätten sich für den Karlsplatz ausgesprochen. Doch die Dokumentation jenes 16. Oktober blieb unter Verschluss. DER STANDARD erhielt nun die Möglichkeit, sie einzusehen. Was sofort auffällt: Eingeladen wurden nicht nur unabhängige Fachleute, sondern auch involvierte Personen - und mit Wolfgang Rosam ein einflussreicher Lobbyist. Er forderte „Andreas“ und „Maria“, also SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und die Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, auf, „Mut“ zu zeigen und ein „Bekenntnis“ zum neuen Stadtteil abzulegen.

Wenig verwunderlich plädierten nicht nur Architekt Albert Wimmer, der den Masterplan mitentwickelte, und Christoph Gollner, zuständig für Stadterneuerung in Favoriten, für den Hauptbahnhof. Agnes Husslein, Direktorin des Belvedere, sprach von einer „Jahrhundertchance“: Zusammen mit dem 21er-Haus und dem Wien Museum könnte ein zweites MQ, ein „Quartier Belvedere“, entstehen. Stadtbaudirektorin Brigitte Jilka ergänzte: „Das Wien Museum thematisiert gesellschaftliche, kulturelle, urbane Veränderungen, und es gibt keinen besseren Ort in Wien, der das widerspiegelt, als die Gegend des Quartier Belvedere.“

Einige, darunter die Architekten Rüdiger Lainer, Wolf D. Prix und Andras Palffy, äußerten sich „ambivalent“. Dietmar Steiner, Chef des Architekturzentrums, übte Kritik: „Ich halte das hier nicht für eine Fach-Enquete, denn was wir an Informationen bekommen haben, war eher auf einem touristischen Niveau.“ Architektonische Hoffnungen habe er für keinen der beiden Standorte.

Die meisten aber sprachen sich mehr oder weniger „eindeutig für den Standort Karlsplatz“ aus, darunter der deutsche Stadtplaner Tom Sieverts, der Architekt Christoph Luchsinger (Professor für Städtebau an der TU Wien) und sein Kollege Rudolf Scheuvens (Professor für örtliche Raumplanung): Einen besseren Ort als jenen, an dem die „Verwerfungslinien aus der Geschichte dieser Stadt zusammentreffen“, könnte man kaum finden - noch dazu an der Wien, wie die Architektin Maria Auböck ergänzte. Zum Karlsplatz bekannten sich auch der Wiener Raumplaner Kurt Puchinger, der in Berlin lebende Architekt Günter Zamp-Kelp, Friedrich Dahm (Bundesdenkmalamt) sowie die Soziologen Jens Dangschat und Kenan Güngör.

Für Max Hollein, Museumsdirektor in Frankfurt, ist der Karlsplatz „der logische Ort“. Selbst Franz Kobermaier von der Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) sieht „die Vorteile mehr beim Karlsplatz“. Die Architektin Martha Schreieck, die sich mit beiden Orten beschäftigt hatte, meinte, dass jener beim Bahnhof „äußerst kritisch zu sehen“ sei: Das ganze Areal müsse neu gedacht, ein Brückenschlag nach Favoriten geschaffen werden. Simone Raskob, Kulturdezernentin in Essen, macht sich um die Stadtentwicklung am Bahnhof keine Sorgen: „Die funktioniert auch ohne Museum.“ Und der Museumsberater Dieter Bogner warnte die Politiker: „Am Bahnhof planen Sie einen Misserfolg!“ Für Museen gäbe es die Regel, dass sie zum Publikum gehen müssten - und nicht umgekehrt. „Der Erfolg des MQ hat das gezeigt.“

Mailath-Pokorny war über die vielen Plädoyers pro Karlsplatz doch ein wenig verwundert, hielt aber an der „einmaligen Chance“ Bahnhof fest.

Der Standard, Mo., 2012.12.31

05. Dezember 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Viele Fachleute pro Karlsplatz

Standort des Wien Museums wird noch heuer entschieden

Standort des Wien Museums wird noch heuer entschieden

Der Morzinplatz wurde kürzlich als Standort für das Wien Museum ausgeschieden. Die Entscheidung fällt also zwischen dem Karlsplatz und dem Hauptbahnhof. Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) hatte zwar versprochen, den Entscheidungsprozess transparent zu gestalten; Informationen über den gegenwärtigen Stand der Dinge erhält man aber keine: Laut seinem Büro gäbe es nichts Berichtenswertes.

Wie berichtet, plädiert Wolfgang Kos, Direktor des Wien Museums, für den bisherigen Standort, eben den Karlsplatz. Das Gebäude, zu klein und nicht mehr besucheradäquat, solle eine unter- und oberirdische Erweiterung bekommen. Mailath-Pokorny hingegen kämpft um den Standort Hauptbahnhof: Das Museum könnte in eine Immobilie der Erste Bank einziehen.

Eine Entscheidungshilfe sollte eine nicht öffentliche Enquete mit 40 Fachleuten bilden, die am 16. Oktober stattfand. Gerüchteweise hätten sich mehr als zwei Drittel, darunter Max Hollein, für den Standort Karlsplatz ausgesprochen. Das Büro von Mailath-Pokorny übermittelte dem Standard weder eine Liste der Redner noch eine Zusammenfassung.

Klar ist nur, dass der Stadtrat die Entscheidung zusammen mit den anderen Parteien treffen will. Isabella Leeb, Kultursprecherin der Wiener VP, findet die Vorgangsweise gut: „Das ist ein teures Zukunftsprojekt, das von allen mitgetragen werden muss.“ Gegenwärtig werden die beiden möglichen Standorte von Architekturbüros noch einmal geprüft: Querkraft beschäftigt sich mit dem Hauptbahnhof, Kuehn Malvezzi (Berlin) mit dem Karlsplatz.

So lange die Ergebnisse nicht vorliegen, will Leeb keinen Standort präferieren. Klaus Werner-Lobo hingegen, Kultursprecher der Grünen, bevorzugt den Karlsplatz: „Ein Wien Museum muss ein öffentlicher Ort sein - für alle Wiener und nicht nur für kulturinteressierte Menschen, die sich eine Ausstellung anschauen. Dafür ist der Karlsplatz weit besser geeignet.“ Für Erheiterung sorgt im Rathaus, dass auch SP-Kultursprecher Ernst Woller für den Karlsplatz ist - und damit auf Konfrontationskurs zu seinem Parteikollegen Mailath-Pokorny gehe.

Die endgültige Entscheidung soll, wie der Standard erfuhr, noch in diesem Jahr fallen.

Der Standard, Mi., 2012.12.05

16. Juni 2012Thomas Trenkler
Der Standard

Günther Domenig 1934-2012

Günther Domenig, Mitbegründer der Grazer Architekturschule, starb 77-jährig. Er brach mit seinen genialen, revolutionären Entwürfen Sehgewohnheiten auf.

Günther Domenig, Mitbegründer der Grazer Architekturschule, starb 77-jährig. Er brach mit seinen genialen, revolutionären Entwürfen Sehgewohnheiten auf.

Günther Domenig grantelte gerne. Er rauchte wie ein Schlot. Er fuhr Sportwägen. Und er war seit Mitte der 1960er-Jahre einer der stilbildenden Architekten Österreichs. Bis zum Schluss ging er bei seinen Projekten immer von einer künstlerischen Idee aus: Er entwarf seine Architekturen nicht am Computer, sondern am Skizzenblock. So entstand auch sein letzter großer Solitär (2004, in Zusammenarbeit mit Hermann Eisenköck, einem hervorragenden Umsetzer von Domenigs genialen Entwürfen): das weithin sichtbare, an ein riesiges Schiff erinnernde T-Center in Wien-St. Marx.

Domenig, geboren am 6. Juli 1934 in Klagenfurt, studierte von 1953 bis 1959 Architektur in Graz. Die steirische Landeshauptstadt wurde nicht nur Wahlheimat, sondern auch Hauptwirkungsstätte. Mit seinen ersten großen Projekten, der Pädagogischen Akademie (1964, mit Eilfried Huth) und dem Mehrzwecksaal der Schulschwestern Eggenberg (1972) in Graz erregte Domenig Aufsehen: Damals war Beton das Material der Stunde. Und schon damals baute Domenig keine plumpen Kisten.

Man musste sich an Domenigs Visionen jedoch erst gewöhnen: Die Fassade seines Hochhauses in Leoben (ehemaliges Forschungs- und Rechenzentrum der Montan-Uni, 1970-1973) bestand aus verrosteten Metallplatten und wurde von der Bevölkerung seinerzeit als Scheußlichkeit empfunden.

Und dann brach Domenig eine Fassade auf - beziehungsweise befreite er sie aus dem Gefängnis des Rasters und gestaltete sie als biomorphes Wesen mit Knochen und Schuppen: Bis heute gilt die Zentralsparkasse in der Wiener Favoritenstraße (1975-1979) als eines der wichtigsten Bauwerke der österreichischen Nachkriegsmoderne. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.

Steinhaus: 22 Jahre Bauzeit

Von 1980 an lehrte Domenig Architektur an der Grazer TU; und von da an arbeitete er auch konsequent an seinem privaten Lieblingsprojekt, dem vielteiligen, verschachtelten Steinhaus in Steindorf. Das expressionistische Gebäude, direkt am Ufer des Ossiacher Sees errichtet, polarisierte die Bevölkerung über Jahre hinweg. Es ist eine spektakuläre, in Beton und Stahl gegossene Gebäudelandschaft aus Fluchten und Schluchten, aus Felsen und Höhlen, an der er mehr als zwei Jahrzehnte arbeitete. Domenigs Opus magnum, das heute einhellig als Meisterwerk gilt, ist öffentlich zugänglich und wird regelmäßig von internationalen Architekturschulen und Unternehmen als Kultur- und Seminarstätte genutzt.

Durchaus mit Stolz erfüllte Domenig, der mit Huth spektakuläre Entwürfe für Bauwerke der Olympischen Spiele 1972 in München geliefert hatte, dass er die von Albert Speer errichtete Kongresshalle am Reichsparteitagsgelände in Nürnberg zu einem NS-Dokumentationszentrum (1998-2001) umbauen durfte: Hier konnte er sich am Nationalsozialismus abarbeiten. Oder - wie er seinen dekonstruktivistischen Entwurf kommentierte: „Ich schieße einen Speer in den Speer hinein.“

Zu den großen Gebäuden, die Domenig realisierte, gehören auch das ehemalige Hauptgebäude der Z-Bank bei Wien Mitte (in das DER STANDARD mit Jahresende einziehen wird), das gut 400 Meter lange ReSoWi-Zentrum der Uni Graz (1993-96) sowie das Landeskrankenhaus Graz West (1998-2000).

Domenig, der auch Bühnenbilder für Opern entwarf und 2004 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet wurde, starb am Freitagmittag in seiner Wohnung. Wie die Familie mitteilte, habe er den Wunsch geäußert, in seiner Heimat begraben zu werden. Am liebsten wäre ihm natürlich das Steinhaus gewesen.

Der Standard, Sa., 2012.06.16



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Domenig Günther [der 2012 verstorbene Domenig]

26. Mai 2012Thomas Trenkler
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Richtungsstreit um Zukunft des Wien-Museums

Der Kulturstadtrat ist vom Zentralbahnhof fasziniert, der Direktor möchte aber am Karlsplatz bleiben

Der Kulturstadtrat ist vom Zentralbahnhof fasziniert, der Direktor möchte aber am Karlsplatz bleiben

Vor sieben Jahren, 2005, hätte sich Wolfgang Kos, der Direktor des Wien-Museums, vorstellen können, das Künstlerhaus gegenüber mit einer Dauerausstellung zu Wien um 1900 zu bespielen. Doch dann nahm er von der Idee Abstand: Die Chancen auf einen Neubau oder zumindest Zubau wären gegen null gesunken.

Tatsache ist: Das Gebäude am Karlsplatz von Oswald Haerdtl aus dem Jahr 1959 entspricht längst nicht mehr den Erfordernissen eines zeitgemäßen Museumsbetriebes. Es gibt viel zu wenig Platz für die Sammlungen, und die Publikumsbereiche sind ungenügend. Zudem ist der Nachkriegsbau sanierungsbedürftig.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) versprach, bis Ende 2010 die Frage, wo ein neuen Wien-Museum errichtet werden soll, geklärt und die Grundlagen für einen internationalen Architekturwettbewerb vorbereitet zu haben. Doch bis jetzt wurden keine Entscheidungen gefällt.

Den Vorwurf der Untätigkeit weist der Stadtrat im STANDARD-Interview von sich. In der von ihm eingesetzten Arbeitsgruppe hätten sich drei Standorte herauskristallisiert: Schwedenplatz, Zentralbahnhof und Karlsplatz.

Wenn man eine „Signalarchitektur“ realisieren will, für die Kos plädiert, ist der Schwedenplatz, wie Mailath-Pokorny eingesteht, „sicher der attraktivste Standort“. Die Realisierungschancen sind allerdings minimal: „Es gibt ungelöste Probleme hinsichtlich Statik, Widmungen und Möglichkeiten, die Bebauung zu verdichten. Die Wiener Linien müssten umgeleitet werden, man müsste den offenbar sehr lukrativen Standort einer Tankstelle ablösen etc.“

Der Stadtrat schwärmt unüberhörbar für den Zentralbahnhof: „Wir sind mit dem Liegenschaftseigentümer, der Erste Bank, in tiefgehenden Gesprächen, wie diese Partnerschaft aussehen könnte. Beim Projekt Donauplatte wurde die Kultur nicht von Anfang an mitgedacht. Hier ist es anders. Zudem kann man an vorhandene Einrichtungen anbinden.“ Unter dem Arbeitstitel „ Quartier Belvedere“ könne ein neuer Kulturbezirk entstehen: „Das ist faszinierend. Er bestünde aus dem Belvedere, dem 21er-Haus, dem Wien- Museum und dem Heeresgeschichtlichen Museum. Es gibt zudem Überlegungen, rund um die Piazza zwischen Gürtel und Bahnhof auch noch andere Kulturinstitutionen einzubeziehen.“

Kos: „Fehler rächen sich“

Kos ist vom Zentralbahnhof aber nicht begeistert. Das Museum wäre von Hochhäusern umzingelt. Und auch der Museumsfachmann Dieter Bogner bestätigte ihm, dass die zentrale Lage gerade für ein Museum, das die Stadt zum Thema hat, von entscheidender Bedeutung ist. „Direktoren und Inhalt kann man ändern“, sagt Kos, „den Standort nicht. Museen sind Jahrhundertprojekte, bei denen sich Fehler in der Zukunft unerbittlich rächen.“

Er bliebe lieber am Karlsplatz. Mailath-Pokorny verhehlt nicht, dass sich dort neue Möglichkeiten aufgetan hätten: „Das Winterthur-Gebäude zwischen Wien-Museum und Karlskirche kann mitgedacht werden. Man könnte das Gebäude redimensionieren, das würde die Freistellung der Karlskirche ermöglichen. Den Platz, den man verliert, müsste man irgendwo dazugewinnen - unterirdisch oder oben drauf. Das Projekt böte die Chance, am Standort zu bleiben, der natürlich der beste ist.“

Kos wartet zudem mit einer Überraschung auf: Laut einer Bebauungsstudie von Lakonis, eines in Wien auf stadträumliche Fragen spezialisierten Büros, wäre ein solitärer Neubau 20 Meter neben dem unter Denkmalschutz stehenden Haerdtl-Museum möglich. Die Sicht auf die Karlskirche wäre von keinem Punkt aus eingeschränkt, zwischen den beiden Museumsflügeln würde ein Vorplatz entstehen - und unter diesem könnte, als Verbindungselement, eine große Ausstellungshalle errichtet werden. Der Direktor sieht alle Vorgaben erfüllt. Und er weist auf den spannenden Dialog zwischen Neu und Alt hin: „Die Kunst besteht im Weiterschreiben wichtiger historischer Bauten in der Architektursprache der Gegenwart und Zukunft.“

Die Diskussion wird weitergehen. Wenigstens ist die Entscheidung für ein neues Depot gefallen. „Bei der Unterbringung von mehr als einer Million Objekte war tatsächlich Gefahr in Verzug, wie das Kontrollamt festgestellt hat“, sagt Mailath-Pokorny. „Das Museum wird demnächst die Mietverträge für ein neues Zentraldepot unterfertigen.“ Kos bestätigt dies - und hat eine Sorge weniger.

Der Standard, Sa., 2012.05.26

21. September 2011Thomas Trenkler
Der Standard

Kein Geld fürs 21er-Haus

Wien - Man könnte von einem Schildbürgerstreich sprechen: Um knapp 32 Millionen Euro wurde das ehemalige 20er-Haus in den letzten vier Jahren renoviert...

Wien - Man könnte von einem Schildbürgerstreich sprechen: Um knapp 32 Millionen Euro wurde das ehemalige 20er-Haus in den letzten vier Jahren renoviert...

Wien - Man könnte von einem Schildbürgerstreich sprechen: Um knapp 32 Millionen Euro wurde das ehemalige 20er-Haus in den letzten vier Jahren renoviert und ausgebaut; Geld für den Betrieb des gläsernen Pavillons, der nun 21er-Haus heißt, hat man aber bisher nicht eingeplant. Den möglichen Fragen der Journalisten stellte sich Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) nicht: Obwohl es sich „um eines der größten Kulturinfrastrukturprojekte der letzten Jahrzehnte“ gehandelt habe, sagte sie die Teilnahme an der Pressekonferenz am Dienstag kurzfristig ab - wegen eines anderen Termins.

Belvedere-Chefin Agnes Husslein, die Hausherrin, und Architekt Adolf Krischanitz ließen sich die Laune dennoch nicht verderben. Sie bejubelten die Fertigstellung der Bauarbeiten just an jenen Tag, an dem vor 49 Jahren Karl Schwanzers Pavillon für die Brüsseler Weltausstellung 1958 als Museum moderner Kunst im Schweizer Garten eröffnet worden war. Die Aura blieb erhalten, auch wenn die Treppen aus Brandschutzgründen eingehaust werden mussten.

Die offizielle Eröffnung erfolgt erst am 15. November - mit der Ausstellung Schöne Aussichten. Dann soll auch der neue Büroturm verglast und das Restaurant eingerichtet sein. Ob es auch 2012 Ausstellungen geben wird können, ist fraglich. Die jährlichen Kosten beziffert Husslein mit 4,3 Millionen Euro. Schöne Aussichten also.

Der Standard, Mi., 2011.09.21



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12. November 2010Thomas Trenkler
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Ein Glaspalast für die Gegenwartskunst

Die erste Bauphase ist abgeschlossen: Am Mittwoch wurde das 20er-Haus dem Belvedere übergeben. Nun folgt der Innenausbau. Im September 2011 soll der Pavillon wiedereröffnet werden.

Die erste Bauphase ist abgeschlossen: Am Mittwoch wurde das 20er-Haus dem Belvedere übergeben. Nun folgt der Innenausbau. Im September 2011 soll der Pavillon wiedereröffnet werden.

1958 für die Weltausstellung in Brüssel nach den Plänen von Karl Schwanzer errichtet, war der gläserne Pavillon im Schweizergarten von 1962 bis 2001 als 20er-Haus das erste Museum moderner Kunst des Bundes. Seit 2002, nach dem Umzug des Mumok in das Museumsquartier, gehört das unter Denkmalschutz stehende Gebäude zum Belvedere.

Es konnte aber, dringend sanierungsbedürftig, nicht genutzt werden. Erst nach jahrelangen Verhandlungen schrieb die Burghauptmannschaft, für den Pavillon zuständig, einen Wettbewerb aus. Adolf Krischanitz, ein Schüler von Schwanzer, gewann ihn. Doch die Finanzierung, vor allem des neuen Büroturms, blieb weiter ungeklärt. Erst im Juni 2008 konnte mit dem Umbau begonnen werden. Das Wirtschaftsministerium steuerte für die erste Phase 11,3 Millionen Euro bei, das Kulturministerium 2,7 Millionen und die Wotruba-Stiftung, die mit ihrem Archiv und ihrer Sammlung einziehen wird, eine Million Euro.

Die unterirdisch gelegene Nutzfläche wurde von 1100 auf 5000 Quadratmeter erweitert, die Dach- und Fassadenflächen, die Stahltragwerkskonstruktion sowie die Ver- und Entsorgungseinrichtungen wurden saniert, zwei Flucht-Stiegenhäuser eingebaut.

Die erste Bauphase ist nun abgeschlossen. Am Mittwoch übergab die Burghauptmannschaft den Rohbau an Belvedere-Direktorin Agnes Husslein-Arco. In der zweiten Phase folgt der Innenausbau. Viel Zeit bleibt aber nicht: Husslein-Arco will die Dependance, die sich der österreichischen Kunst seit 1945 im internationalen Kontext widmen wird, am 20. September 2011 mit einer Ausstellung eröffnen, die sich künstlerisch mit der Geschichte des Pavillons beschäftigt: Genau 49 Jahre zuvor, am 20. September 1962, war das 20er-Haus seiner Bestimmung übergeben worden.

Für den Innenausbau sind etwa 16 Millionen Euro vonnöten. Deren sechs sind vorhanden, die fehlenden zehn Millionen wurden zwar zugesagt, aber noch nicht zugesichert. Husslein ist aber zuversichtlich: „Kulturministerin Claudia Schmied betonte mehrfach, wie wichtig ihr das Projekt ist.“

Nicht inkludiert in den Kosten ist der Bau des Büroturms: Das Belvedere hat ihn über Sponsoring zu finanzieren. Husslein-Arco glaubt, bis zur Eröffnung zumindest die Fassade realisieren zu können: „Das 20er-Haus braucht ein Zeichen.“ Ein Eyecatcher ist der Büroturm schon jetzt. Denn Marko Lulic erklärte das Gebäude in großen Lettern zum Museum of Revolution (siehe O-Ton). Des Widerspruchs, dass ein Museum der Gegenwartskunst im 21. Jahrhundert „20er-Haus“ heißt, ist sich die impulsive Direktorin bewusst. Die Marke sei aber sehr stark - und werde daher wohl nicht geändert.

Zur Verfügung stehen künftig 6825 Quadratmeter. Neben der Wotruba-Stiftung wird auch die Artothek des Bundes einziehen. Aber allein die reine Ausstellungsfläche für das Belvedere beträgt 2275 Quadratmeter. Diese zu bespielen kostet viel Geld. Zudem ist Miete zu zahlen. Husslein-Arco hofft daher auf eine Erhöhung der Basisabgeltung. Derzeit schaut es aber schlecht aus: Schmied gab bekannt, dass die Subvention 2011 nicht erhöht werden könne.

Der Standard, Fr., 2010.11.12



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05. März 2010Thomas Trenkler
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Raimund Abraham 76-jährig gestorben

Der austro-amerikanische Architekt, bekannt durch den Bau des Kulturforums in New York, starb bei einem Autounfall in L.A.

Der austro-amerikanische Architekt, bekannt durch den Bau des Kulturforums in New York, starb bei einem Autounfall in L.A.

Bereits 1984 hatte Peter Marboe, damals Leiter des Kulturinstituts in New York, einen Neubau vorgeschlagen, weil ihm eine Sanierung des alten, asbestverseuchten Hauses in der 52. Straße nicht sinnvoll erschien. Und tatsächlich wurde vom Außenministerium ein offener Wettbewerb ausgelobt. Als Sieger ging aber nicht Hans Hollein hervor, wie es erwartet worden war, sondern ein ziemlicher Nobody: Raimund Abraham.

Der Osttiroler, 1933 in Lienz geboren, hatte von 1952 bis 1958 an der TU in Graz studiert. Zwischen 1960 und 1964 arbeitete er als freischaffender Architekt in Wien, danach war er Professor an der Rhode Island School of Design in Providence. 1971 übersiedelte er nach New York, wo er als Adjunct Professor am Pratt Institute und als Gastdozent an der Cooper Union for Advancement of Science and Art tätig war.

Realisiert hatte Abraham bis 1992 nicht viel, nur ein paar Häuser. Bei den wirklich großen Wettbewerben (z.B. Centre Pompidou oder Bastille-Oper in Paris) war er immer nur Zweiter geworden. Damit hatte der gedrungene Mann mit dem mächtigen Schnurrbart und dem weißen Hut aber kein Problem: Abraham verstand sich eher als Theoretiker und beschäftigte sich vor allem mit „imaginärer Architektur“ . Diese sei, sagte er, viel besser als gebaute, wenn sie schlecht ist. Der Titel seiner Monografie, 1996 erschienen, hieß daher treffend [UN]BUILT.

Die Pläne für das in „Kulturforum“ umgetaufte Institut hingegen versprachen eine nachgerade exemplarische Architektur: Seit dem Seagram Building des Mies van der Rohe habe es kein vergleichbares Werk mehr in der Stadt gegeben, lobten die Kritiker.

Bis zur Realisierung des Miniwolkenkratzers mit der wasserfallartigen Glas-Alu-Fassade - rund 20 Stockwerke hoch bei einer Gebäudebreite von nur 7,6 Metern - brauchte es aber Jahre. Zuerst verweigerte der damalige Finanzminister Andreas Staribacher die Mittel, dann pfuschten die Baufirmen, schließlich gab es auch noch Umplanungen.

Das Haus wurde nicht, wie einst vorgesehen, als Höhepunkt des österreichischen Millenniums 1996 eröffnet. Und die Kosten explodierten von projektierten 13 auf 33 Millionen Dollar.

Im April 2002 konnte das Kulturforum schließlich feierlich eröffnet werden. Der Baukünstler war sichtlich stolz. Die Freude der Regierungsvertreter aber ein wenig getrübt: Raimund Abraham, der sich nie den Mund verbieten ließ, hatte aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung um die US-Staatsbürgerschaft angesucht. Er erhielt sie - kurz vor der Eröffnung. Österreicher blieb er dennoch.

Am 4. März kurz nach Mitternacht starb Abraham in Downtown Los Angeles bei einem Autounfall: er stieß mit einem Autobus zusammen. Wie das österreichische Generalkonsulat mitteilte, hatte Abraham nur wenige Stunden zuvor noch einen Vortrag am Southern California Institute of Architecture (SCI-Arc) gehalten. Dessen Direktor Eric Owen Moss beschrieb ihn in einer ersten Reaktion als „unersetzbare Kraft in der Architektur“. Das Institut veranstaltet am Freitag um 13.00 Uhr eine Zusammenkunft im Gedenken an Abraham.

Der Standard, Fr., 2010.03.05



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14. April 2009Thomas Trenkler
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Pritzker-Preis 2009 für den Schweizer Peter Zumthor

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in...

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in...

Im Herbst 2008 hatte Peter Zumthor den Praemium Imperiale, den „Nobelpreis der Künste“, zuerkannt bekommen - nun erhält der Schweizer Architekt, 1943 in Basel geboren, auch den Pritzker-Preis für Baukunst 2009. Die Entscheidung der neunköpfigen Jury unter dem Vorsitz von Lord Peter Palumbo wurde am Montag in Los Angeles bekanntgegeben. Die Überreichung findet am 29. Mai in Buenos Aires statt.

Der Pritzker-Preis, dotiert mit 100.000 Dollar, wird seit 1979 vergeben und ist die weltweit höchste Auszeichnung für Architekten. Er wurde von dem Chicagoer Unternehmer Jay A. Pritzker gestiftet. Die Familie besitzt u. a. die Hyatt-Hotelkette. Mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet wurden etwa Hans Hollein (1985), Frank O. Gehry (1989), Renzo Piano (1998), Rem Koolhaas (2000), Zaha Hadid (2004) und Jean Nouvel (2008).

Der bei Chur lebende Zumthor ist - zusammen mit Jacques Herzog und Pierre de Meuron, den Pritzker-Preisträgern 2001 - einer der renommiertesten Schweizer Architekten. International bekannt wurde er mit der Therme Vals (1996) und dem Kunsthaus Bregenz (1997). Zumthor baute auch den Schweizer Klangkörper-Pavillon für die Expo 2000 in Hannover. Zuletzt, 2007, wurde das Kunstmuseum Kolumba des Erzbistums Köln fertiggestellt.

Der Standard, Di., 2009.04.14



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26. November 2005Thomas Trenkler
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Orchideenzucht im Barockpalais

Die Österreichische Nationalbibliothek verfügt ab nun über einen weiteren Standort: Im restaurierten wie auch modernisierten Palais Mollard in der Herrengasse sind das Globenmuseum, die Musiksammlung und das Esperantomuseum untergebracht.

Die Österreichische Nationalbibliothek verfügt ab nun über einen weiteren Standort: Im restaurierten wie auch modernisierten Palais Mollard in der Herrengasse sind das Globenmuseum, die Musiksammlung und das Esperantomuseum untergebracht.

Orchideen scheinen überall wachsen zu können. Bisher war das Esperantomuseum in der Hofburg ziemlich versteckt unter der Michaelerkuppel untergebracht: Man brauchte schon einen gewissen Expeditionsgeist, um zu ihm zu gelangen. Und man stieß auf eine Einrichtung, die an das Bezirksmuseum eines Dorfes hinter dem Eisernen Vorhang anno '78 erinnerte.

Johanna Rachinger, die Generaldirektorin der Nationalbibliothek, vertrieb die Esperantisten nun aus deren Elfenbeinturm in die Niederungen der Realität: Das Museum (samt der weltgrößten Sammlung für Plansprachen, darunter auch das „Klingonisch“ aus Star Trek) befindet sich im Erdgeschoß des Palais Mollard, Herrengasse 9. Ob es paradoxerweise dennoch einen „enormen Aufstieg“ genommen hat, wie Rachinger bei der Eröffnung am Freitag meinte, darf bezweifelt werden: Man fällt eben nicht von der U3-Station direkt in die schlauchartigen, eher drückenden Räume, sondern muss ziemlich weit nach hinten, in den zweiten Hof gehen, und von dort wieder zurück.

Bunte Glaspaneele

In rund zweieinhalb Jahren wurde das barocke Palais Mollard, in dem bis 1999 das Niederösterreichische Landesmuseum untergebracht war, von der Burghauptmannschaft um 10,7 Millionen Euro für die ÖNB restauriert und umgebaut: Architekt Gerhard Lindner überdachte den zweiten Hof für die Serviceeinrichtungen (Garderobe, Info-Desk) und zog dort ein Stiegenhaus mit Liftanlage und Wandverkleidung beziehungsweise Raumteiler aus bunten Glaspaneelen hoch. Auch wenn es gute Gründe - wie den Denkmalschutz - dafür gab: Die Erschließung des Gebäudes über den letzten Winkel, der im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war, erscheint ziemlich kontraproduktiv.

Helle Lesesäle

Und auch von der Ästhetik her enttäuscht die Lösung ein wenig: Über den Köpfen ragt ein fensterloser Betonkubus in den Innenhof, der als vollklimatisiertes Depot für die bisher in der Albertina geduldete Musiksammlung dient. Diese ist insgesamt wohl der größte Gewinner der Konzentration von drei ÖNB-Standorten auf einen: Die sehr hellen, benutzerfreundlichen Lesesäle und die große Phonoabteilung im dritten Stock atmen Weite.

Direkt darunter liegt die Beletage mit den prunkvollen, sorgfältig wiederhergestellten Sälen Hoboken, Coronelli und Clary - sie werden für Veranstaltungen vermietet und dienen unter anderem für die von der ÖNB konzipierten Musik-wie Literatursalons.

Im ersten Stock schließlich wurde auf 323 Quadratmetern das Globenmuseum neu aufgestellt (siehe Bericht unten). Dessen alte Räumlichkeiten am Josefsplatz erhält die aus allen Nähten platzende Kartensammlung. Der Umbau ist das nächste Vorhaben von Rachinger, die in den letzten Jahren unter anderem die Ausleihe und die Lesesäle am Heldenplatz völlig modernisierte.

Für die Einrichtung des Palais Mollard erhielt die ÖNB vom Bildungsministerium ein Sonderbudget von 2,6 Millionen Euro; und für den Betrieb erhält sie jährlich 176.000 Euro. Das ansonsten weiterhin gedeckelte Gesamtbudget beträgt daher 20,8 Millionen.

Die Musiksammlung ist bereits zugänglich, die Museen sind ab 1. Dezember geöffnet: von Montag bis Mittwoch, Freitag und Samstag 10-14 Uhr, Donnerstag 15-19 Uhr.
www.onb.ac.at

Der Standard, Sa., 2005.11.26



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ÖNB - Ausstellungsteil Esperantomuseum

05. November 2005Thomas Trenkler
Der Standard

„Denkanstöße für die Zukunft“

Eva-Maria Höhle, Generalkonservatorin des Bundesdenkmalamts, über die Unterschutzstellung von NS-Objekten

Eva-Maria Höhle, Generalkonservatorin des Bundesdenkmalamts, über die Unterschutzstellung von NS-Objekten

Volkstheaterdirektor Michael Schottenberg ließ die Holztäfelungen des 1938 eingerichteten Hitlerzimmers abmontieren, obwohl er damit bewusst gegen Auflagen des Denkmalamtes verstieß. Warum hatte das Denkmalamt kein Einsehen? Der Raum war ohnedies nicht zugänglich.
Eva-Maria Höhle: Die öffentliche Zugänglichkeit ist kein Kriterium für den Denkmalschutz. Denken Sie an private Schlösser, Bauerhäuser, Klöster! Das Volkstheater steht mit allen späteren Veränderungen unter Denkmalschutz. Man nennt so etwas den „gewachsenen Zustand“. Also inklusive des Hitlerzimmers, auch wenn dieses im Denkmalschutzbescheid nicht expressis verbis erwähnt ist. Bei der Generalsanierung 1981 gelangte man mit der damaligen Theaterleitung zur Auffassung, dass das Hitlerzimmer als Jahresring des Hauses zu erhalten ist.

Der Wiener SP-Planungsstadtrat Rudolf Schicker stellte sich hinter Schottenberg: „Ein Zimmer, das zu Hitlers Ehre errichtet wurde, aus genau diesem Grund als erhaltenswert einzustufen ist skurril und gefährlich.“ Das grenze an „Revisionismus“. Es sei auch Aufgabe des Denkmalamtes, die politische Dimension zu sehen.
Höhle: Wir sehen sehr wohl diese politische Dimension! Jedes Objekt ist ein Zeugnis seiner Zeit. Wir erhalten auch die Hofburg - und zwar nicht, weil wir glühende Monarchisten wären. Man muss sich zu seiner Geschichte bekennen. Bauwerke aus einer Zeit, die man eigentlich nicht gerne in Erinnerung hat, haben daher umso mehr Bedeutung. Wenn Objekte aus der NS-Zeit unter Schutz gestellt werden, dann nicht zuletzt deshalb, weil damit auch Denkanstöße für die Zukunft erhalten werden. Schottenberg hat mit dem Abriss dieses Zimmers genau das Gegenteil dessen getan, was er erklärtermaßen tun wollte, denn er verhindert mit der Vernichtung die Erinnerung für die Zukunft. Lenin-Denkmäler wurden vom Sockel gekippt, die Berliner Mauer wurde geschleift. Das passiert als spontane Reaktion und darf nicht verwechselt werden mit Maßnahmen, die Jahrzehnte später gesetzt werden sollen im Sinne einer Geschichtskorrektur. Denn dann gehören die Objekte bereits zur Geschichte dazu. Dieser Unterschied dürfte Schottenberg nicht klar sein.

Schicker führt als weiteres „bedenkliches“ Beispiel das Wartehäuschen vor dem Hotel Bristol an, das unlängst mit der Begründung, es sei das erste öffentliche Gebäude nach der Machtergreifung, unter Schutz gestellt wurde.
Höhle: Das ist nicht korrekt. Es wurde unter Schutz gestellt, weil es sich um ein architektonisch charakteristisches Objekt aus der Zwischenkriegszeit handelt. Die Begründung hat rein gar nichts mit der NS-Zeit zu tun. Ein Foto beweist, dass es das Häuschen bereits 1928 gab.

Das Denkmalamt sprach sich gegen eine Aufstockung des Flakturms im Augarten aus, der als Datenspeicher verwendet werden soll. Das Bildungsministerium als übergeordnete Dienststelle billigt das Vorhaben. Sind Sie enttäuscht?
Höhle: Es ist noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Denn es fehlt z. B. die Baubewilligung. Ich halte die Flaktürme für wesentliche Monumente der NS-Zeit. Es geht uns darum, die Identität der Bauwerke als Mahnmale zu erhalten. Zubauten können zu einer sehr starken Identitätsänderung dieser Objekte führen.

Der Standard, Sa., 2005.11.05



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05. November 2005Thomas Trenkler
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Die letzten Burgen des Abendlandes

Der Umgang mit den sechs Wiener Flaktürmen sorgt schon seit den 60er-Jahren für Diskussionen

Der Umgang mit den sechs Wiener Flaktürmen sorgt schon seit den 60er-Jahren für Diskussionen

Ab 1942 wurden in Wien, weil Hitler das Stadtzentrum als „eines der wertvollsten in Deutschland“ erachtete, in Windeseile sechs „Fliegerabwehrtürme der Deutschen Wehrmacht“ errichtet. Friedrich Tamms, bis 1940 Autobahnarchitekt, hatte diese groben Klötze zuerst für Hamburg und Berlin konstruiert: zehn, elf Stockwerke hoch und Eisenbeton pur, bis zu drei Meter dicke Außenmauern, fensterlos kahl. Bei allen führt rund zehn Meter unter dem Plateau eine Galerie mit weit ausgreifenden Erkern, verniedlichend „Schwalbennester“ genannt, rundum, die herabzustürzen und den Betrachter zu begraben drohen.

Zusammen gehören jeweils ein quaderförmiger Feuerleitturm, auf dem die „Nürnberger Riesen“, das Pendant zum Radar, installiert waren, und ein Geschützturm. Jener besonders plumpe im Arenbergpark, so groß wie der Arc de Triomphe in Paris, ist noch der Prototyp. Die anderen beiden in der Stiftskaserne und im Augarten sind 16-eckig, fast rund. Die Türme verfügten, wie Tamms 1965 schrieb, „über Eigenbrunnen, eigene Kraftwerke und waren gegen Kampfgase sowie Sprengstoffe vollkommen abgeschirmt. Sie waren in jeder Weise gegenüber der damaligen Waffentechnik autark.“ Und damit die letzten Burgen des Abendlandes: In ihnen befanden sich Schutzräume für die Bevölkerung, Krankenhäuser, Lagerhallen. Sie waren vollklimatisiert, bis ins letzte Detail durchdacht.

Auch ihre Standorte hatte Tamms nicht dem Zufall überlassen: Die trigonometrische Anordnung umschließt die Altstadt innerhalb des Rings. Zudem achtete er auf städtebauliche Gegebenheiten: Der Geschützturm in der Stiftskaserne bildet den Abschluss des streng symmetrisch angelegten Kaiserforums. Otto-Wagner-Schüler Hans Mayr beispielsweise hatte 1902 für diesen markanten Punkt auf dem Spittelberg eine Kathedrale entworfen. Und auch Tamms, der die Flaktürme euphemistisch „Schieß-Dome“ nannte, hatte Ähnliches im Sinn: Nach dem Endsieg sollte der Zweckbau in den Kreis der „Totenburgen“ eingegliedert werden, die Wilhelm Kreis, Generalbaurat für die Gestaltung deutscher Kriegerfriedhöfe, ersann. Entlang der äußersten Kante der Plattform wäre der Turm mit schwarzem Marmor ummantelt worden. „Die Steine werden reden, wenn auch die Menschen längst verstummt sind“, schrieb Tamms in der NS-Zeit. Aber auch der nackte Stahlbeton redet. Über Schrecken, Hunger und Tod.

Den Geschützturm im Arenbergpark nutzt MAK-Chef Peter Noever, der ihn gerne zum „Contemporary Art Tower“ ausbauen würde, als Depot und Ausstellungshalle, jener in der Stiftskaserne dient dem Bundesheer als Datenzentrale, die dazugehörige Leitstelle im Esterházypark beherbergt ein Aquarium. Die drei weiteren, desolat und geplündert, stehen leer.

Seit Jahrzehnten überlegt man, was zu machen sei mit den „grässlichen Ungetümen einer fürchterlichen Zeit“. Immer wieder meldeten sich Sprengmeister, die vorgaben, die Flaktürme atomisieren zu können, ohne die Umgebung mit in die Luft zu jagen, und eine Schweizer Firma bot an, den Beton mit Laserkanonen zu zerschneiden. 1976 wollte Christo den Esterházy-Turm „einpacken“, denn es reizte ihn, „die schwere und massive Struktur zum Verschwinden zu bringen“. Er meinte, für Wien wäre es sehr nett, bliebe der Turm möglichst lange verpackt. Den gegenteiligen Weg wählte Lawrence Weiner: Sein Schriftzug „Smashed to Pieces (In the Still of the Night)“ aus dem Jahr 1991 nimmt direkt Bezug. Erst nach Interventionen wurde der Kommentar in diesem Frühjahr restauriert.

Neben Künstlern (aber auch Malern und Anstreichern) waren es vor allem Architekten, die sich mit den Kolossen beschäftigten und sie, wie manch Teilnehmer des Wettbewerbes „Skyscraper für Wien“ (1986), als Sockel verwenden wollten: Hans Hollein setzte Anfang der 60er-Jahre spielerisch Büro-Würfel auf, zuletzt (ab 1997) plante Wilhelm Holzbauer für Arcotel ein Luxushotel als Bekrönung des Esterházy-Turms. Die zwingendste Idee hatten 1964 Johannes Spalt/Friedrich Kurrent für ein „Wien der Zukunft“: Sie wollten das Zentrum durch riesige Aufbauten optisch fixieren (ähnlich den radialen Wolkentürmen für Moskau).

Doch für die meisten waren die Türme zwar markante, aber hässliche Klötze. Also wurde in den Köpfen eifrig ummantelt, umbaut und seitlich von der Plattform abgehängt. Verdrängung ist schließlich des Österreichers liebstes Spiel. Entstanden wären um die Betonkerne Stadthotels, Geschäftszentren, Studentenhäuser für Musikbeflissene. Carl Auböck zum Beispiel schlug 1971 für den Flakturm Esterházypark eine Parkgarage samt Erholungszentrum und Hubschrauberlandeplatz vor. Ummantelungen werden aber seit jeher von Architekturkritikern missbilligt. Bereits 1962 wehrte sich Friedrich Achleitner vehement gegen ein 400-Gar¸connieren-Projekt, das unter dem Deckmantel der Stadtverschönerung präsentiert worden war.

Auch die unterschiedlichsten Nutzungen wurden überlegt: als Standort für den Versuchsreaktor der Atomenergiegesellschaft, für eine Champignonzucht, als Museen (Haus der Geschichte, Holocaust-Museum), als Kommunikationszentren und Discotheken. 1987 vereinigte die Architektin Dietlind Erschen all die archivierten Ideen zu einem Konzept (Kulturzentrum, Fitnesscenter mit Sauna, Hallenbad und Turnsälen, Forschungszentrum, Museum für Zeitgeschichte und ein Notspital). Viele weitere Vorschläge brachte 2003 ein Wettbewerb der Kronen Zeitung: Die Leser schlugen Spielkasinos, Planetarien, Seilbahnstationen, Sprungschanzen vor. Nichts wurde realisiert.

Seit 2002 will die Firma DCV den aufgrund einer Explosion nach dem Krieg ramponierten Geschützturm im Augarten als Datenspeicher verwenden. Eine Baugenehmigung gibt es noch nicht. Zum Glück. Denn, wie schon Johannes Spalt 1987 sagte: „Die Flaktürme sollen so erhalten bleiben, wie sie sind, selbst wenn sie keinem Zweck dienen, sie sind einfach schön und imponierend, sie sind Denkmale.“

Der Standard, Sa., 2005.11.05



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Dossier NS-Architektur

23. Oktober 2004Thomas Trenkler
Der Standard

Schausbergers Genugtuung

Schuld waren eigentlich die Casinos Austria. Wollten doch die Glücksritter über das Jahr 1999 hinaus, in welchem der Mietvertrag auslief, auf Schloss Kleßheim...

Schuld waren eigentlich die Casinos Austria. Wollten doch die Glücksritter über das Jahr 1999 hinaus, in welchem der Mietvertrag auslief, auf Schloss Kleßheim...

Schuld waren eigentlich die Casinos Austria. Wollten doch die Glücksritter über das Jahr 1999 hinaus, in welchem der Mietvertrag auslief, auf Schloss Kleßheim residieren - und nicht wieder zurück ins Café Winkler am Mönchsberg. Sie boten daher an, den Umbau des architektonisch missglückten 70er-Jahre-Baus mitzufinanzieren.

Hinzu kam, dass ein Guggenheim-Museum im Berg, für das Hans Hollein bereits 1990 seine Pläne präsentiert hatte, aufgrund Naturschutz- und Kostengründen nicht so leicht umzusetzen schien: 1996 beteuerte Franz Schausberger, damals VP-Landeshauptmann, er hätte Guggenheim zwar nie aufgegeben, aber „wir haben auf dem Mönchsberg eine Ruine. Die wäre für eine kulturelle Nutzung möglich.“

Und er trug Klaus Albrecht Schröder, damals Leiter des Kunstforums in Wien, auf, eine Museumsordnung für Salzburg zu entwickeln. Kernstück des im Februar 1997 präsentierten Konzeptes war ein neues Museum für moderne Kunst samt Ausstellungshalle: Das Rupertinum sollte nur mehr die Grafik und die Fotosammlungen beherbergen, der Rest zusammen mit Privatsammlungen (darunter jene des Liechtensteiner Ehepaars Herbert und Rita Batliner) auf den Mönchsberg wandern.

In der Folge wurde ein von Schröder betreuter Architekturwettbewerb ausgeschrieben: Die Substruktionen sollten erhalten bleiben, die Baumassen des bestehenden Gebäudes nicht verändert werden. Die Kostenobergrenze lag bei 21,8 Millionen Euro.

Ende Juni 1998 war der Wettbewerb, an dem sich 145 Architekten(teams) beteiligt hatten, entschieden - zugunsten von Stefan Zwink, Stefan Hoff und Klaus Friedrich aus München. Das Siegerprojekt zeichne sich, so die Jury, durch präzise Bezugnahme auf den Ort aus. Dies äußere sich sowohl im Panoramafenster des Restaurants hin auf die Altstadt als auch in der Bedachtnahme auf den historischen Wasserturm.

Im Februar 1999 war die Finanzierung gesichert: Je 8,72 Millionen Euro würden das Land Salzburg und der Bund beisteuern, die restlichen 4,36 Millionen diverse Sponsoren. Der Baubeginn sollte 2000 erfolgen, die Eröffnung 2002.

Nach wie vor wurde am Plan festgehalten, die Sammlung Batliner zu zeigen, da die Bestände des Rupertinums nicht geeignet seien, zumindest 100.000 Besucher pro Jahr anzulocken. Batliner war aber wiederholt mit dem Verdacht der Geldwäsche in Verbindung gebracht worden: Die Grüne verlangten daher eine Nachdenkpause - und plädierten für die Realisierung des Guggenheim-Museums.

Schausberger beteuerte, an diesem sehr wohl interessiert zu sein, das Museum am Berg war ihm aber weit wichtiger: Es sei kein Gegenprojekt zu jenem im Berg, aber ein realitätsbezogenes und vor allem finanzierbares. Eine Diskussion über ein zusätzliches Museum (zusammen das „Kunstzentrum Mönchsberg“) sei nur dann sinnvoll, wenn die Stadt definitiv ein Drittel der Kosten übernimmt - und wenn verbindliche Beschlüsse über die Widmung (u. a. Raumordnung und Baurecht) vorliegen.

Die Stadt legte sich dennoch quer: Das Land musste erst drohen, alle Pläne fallen zu lassen, wenn sich der Baubeginn weiter verzögere. Im August 2001 wurde schließlich die Bewilligung erteilt, im Frühjahr 2002 mit dem Abriss des Café Winkler begonnen.

Anfang März 2004 verlor Schausberger die Landtagswahlen. Aber er hatte seine Genugtuung: Der Kostenrahmen (22 Mio. Euro) wurde eingehalten, die Voreröffnung des Museums fand im Sommer statt. Guggenheim hingegen bleibt ein Luftschloss.

Der Standard, Sa., 2004.10.23



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Museum der Moderne

12. April 2004Thomas Trenkler
Der Standard

Roland Rainer (1910-2004)

Der unbequeme Architekt, Stadtplaner und Theoretiker Roland Rainer starb am Samstag, wenige Tage vor seinem 94 Geburtstag

Der unbequeme Architekt, Stadtplaner und Theoretiker Roland Rainer starb am Samstag, wenige Tage vor seinem 94 Geburtstag

Rainer plädierte für „direkte“ Architektur, die der Funktion dient, und einen menschengerechten Wohnbau: Das Hochhaus war ihm verhasst.

Wien - Vor knapp vier Jahren, am 27. April 2000, feierte die Architektenschaft ihren Doyen: Man pries Roland Rainer, der vier Tage später, am 1. Mai, 90 Jahre alt wurde, mit unendlich vielen Worten in der Halle E der Wiener Stadthalle, die er 1954 bis 1958 erbaut hatte. Und der alte Herr, dem Eitelkeit zuwider war, schien glücklich. Nicht der Standing Ovations wegen: Seine Lieblingshalle war restauriert worden. Und in seiner Rede, denkbar knapp, sagte er gerührt, sie sei noch nie so schön gewesen: „Man hat mich verstanden. Kein Klimbim. Keine Späße. Schönheit.“

Doch das sollte nicht generell für die Stadthalle gelten, deren klare Form das Logo bildet: Die Betreiber modernisierten den Bau, tauschten die schlichten Sessel gegen samtgepolsterte Stühle in Pink und Altgold aus; die Garderobeständer landeten beim Sperrmüll, wo sie von einigen, die den Wert erkannten, herausgefischt wurden - im Herbst 2003 zahlte jemand bei Sotheby's in London 5600 Euro dafür. „Ich wollte mit meinen Möbeln nicht repräsentieren“, klagte Rainer gegenüber dem STANDARD. Seine Intentionen wurden zerstört: „Mich hat keiner je kontaktiert.“

Vielleicht hat man Rainer doch nicht verstanden. Oder wollte es nicht. Denn immer trat er für ein menschengerechtes Wohnen ein. In anderen Bereichen (Büro, Hotel, Krankenhaus) sei das Stapeln von Stockwerken durchaus zweckmäßig, aber „zum Wohnen braucht der Mensch Ruhe, Geborgenheit, Intimität, einen Garten“, sagte er. „Es ist eine Tatsache, dass die Mehrzahl im Einfamilienhaus die gewünschte Wohnform sieht.“ Doch dies werde nicht respektiert, nur Hochhäuser brächten Renommee: „Damit steht man groß da. Jeder will den Knalleffekt - aber lauter Knalleffekte haben keine Wirkung.“

Sich anbiedern, Kompromisse eingehen, nach Effekten schielen, modisch sein: Das war nie sein Weg. 1935 dissertierte Rainer, 1910 in Klagenfurt geboren, an der Technischen Hochschule in Wien über den Karlsplatz, dessen problematische Gestaltung ihn jahrzehntelang beschäftigte. 1937 ging er nach Berlin zur Deutschen Akademie für Städtebau. Nach dem Kriegsdienst übersiedelte er 1945 zurück nach Österreich. Seine an der TU eingereichte Habilitationsschrift Die Behausungsfrage wurde 1946 mit der Begründung abgelehnt, es handle sich um eine „sozialpolitische Propagandaschrift“.

Planung mit Weitsicht

1956, nach drei Jahren als Ordinarius an der TU von Hannover, übernahm er an der Akademie der bildenden Künste eine Meisterklasse für Architektur, die er bis 1980 leitete. Und 1958 wurde er zum Stadtplaner von Wien berufen - er legte einen Entwicklungsplan vor, der zu den fortschrittlichsten in Europa zählte und in Grundzügen (Schaffung der Donauinsel und neuer Stadtzentren) verwirklicht werden sollte. Aber aus Protest gegen politische Verhinderungen trat er 1963 zurück. Das bedeutete auch das Ende der Architektentätigkeit im Auftrag der Stadt Wien.

Doch er baute das ORF-Zentrum. Und von 1963 an entstand bei Linz die Gartenstadt Puchenau: Rainer erbrachte den Nachweis, dass mit dem verdichteten Flachbau - niedrige Verbauung in Terrassen, abgeschlossene, intime Gartenbereiche - „grüne“ Gesinnung kostengünstig und Flächen sparend umgesetzt werden kann. Sowohl das ORF-Zentrum als auch die Gartenstadt, der weitere folgten (z. B. 1990-92 in der Tamariskengasse in Wien), begleiteten ihn sein weiteres Leben: Puchenau wuchs in Etappen auf eine autofreie Stadt mit zwei Kilometer Länge und 1000 Wohnungen an; und vor drei Jahren entstand am Küniglberg ein Zubau, ein dreigeschoßiger Bürotrakt aus Stahl und Glas mit einer Dachterrasse.

Bei anderen Gebäuden war ihm hingegen nicht dasselbe Glück beschieden: Das Domes-Lehrlingsheim in Wien wurde abgerissen und durch ein Kulturheim im „Funktionärsbarock“, so ein Lieblingsausdruck von Rainer, ersetzt. In Kötschach-Mauthen steht eine Kirche, die er als „kein Werk von mir“ bezeichnet, weil sie kurz vor der Fertigstellung stark verändert wurde. Und auch das Haus, das er für Franz Morak plante, sei keines: Der Staatssekretär soll zu massiv eingegriffen haben. Doch zumindest das 1958 fertig gestellte Böhler-Bürohaus gegenüber der Akademie am Schillerplatz mit seiner Glas-Aluminium-Fassade, das jahrelang leer stand, wurde gerettet: Komplett saniert, dient es heute als Nobelhotel.

Im Jahr 2000 antwortete Rainer auf die Frage, ob er jemals zu arbeiten aufhören werde: „Zur Ruhe legen werde ich mich wohl eines Tages müssen, zur Ruhe setzen nie.“ Am vergangen Samstag legte sich Rainer zur Ruhe.

Der Standard, Mo., 2004.04.12



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Rainer Roland

31. Dezember 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Retortenstadt eines Pharmakonzerns

Novartis errichtet bei Basel einen „Campus des Wissens“, Adolf Krischanitz baut mit

Novartis errichtet bei Basel einen „Campus des Wissens“, Adolf Krischanitz baut mit

Der Schweizer Pharmakonzern Novartis (78.500 Mitarbeiter in 140 Ländern) plant, sein Werkareal in St. Johann bei Basel sukzessive in einen „Campus des Wissens“ zu verwandeln: Die Produktionsstätten werden ausgelagert, auf einem 30 Fußballfelder großen Gelände sollen Kommunikations-, Administrations- und Forschungseinrichtungen in einer stadtähnlichen Struktur - samt Allee, Arkaden und Piazza - errichtet und mit Restaurants, Fitnesscenters und Geschäften ergänzt werden. 2008 dürften bereits 6000 Mitarbeiter Platz gefunden haben, der „Idealzustand“ wird aber erst in 20 oder 30 Jahren realisiert sein.

Den Masterplan für diesen „Denkort“ mit rund 30 Gebäuden entwickelte Vittorio Magnago Lampugnani. Die Architekten der ersten vier Neubauten wurden bereits in geladenen Wettbewerben entschieden: Diener & Diener bauen die Hauptverwaltung, Peter Märkli und Kazuyo Sejima/ Ryue Nishizawa zwei Bürogebäude. Den Wettbewerb für das Forschungs- und Entwicklungszentrum „WSJ-150“ konnte der Wiener Architekt Adolf Krischanitz für sich entscheiden. Er setzte sich, obwohl er bisher keine Erfahrung im Laborbau hatte, unter anderem gegen Gigo & Guyer, The Stubbins Associates und Harry C. Wolf durch.

Das 55 mal 35 Meter große, pavillonartige Gebäude beherbergt zu ebener Erde Büros und einen Veranstaltungssaal, darüber liegen vier dreischiffige Geschosse mit flexibel nutzbaren und leicht veränderbaren Labors. Die Kosten schätzt Krischanitz auf 40 bis 45 Millionen Euro. Der Baubeginn erfolgt im ersten Quartal 2005, Ende 2006 soll das Gebäude bezogen werden.

Der Standard, Mi., 2003.12.31



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23. Oktober 2003Thomas Trenkler
Der Standard

„Die Räume sind eine Herausforderung“

Als Intendant des Landesmuseums Joanneum ist Peter Pakesch auch Chef des Kunsthauses. Über die Tücken der „blauen Blase“ und die ersten Ausstellungen, die im Konnex mit der Architektur stehen, sprach er mit Thomas Trenkler.

Als Intendant des Landesmuseums Joanneum ist Peter Pakesch auch Chef des Kunsthauses. Über die Tücken der „blauen Blase“ und die ersten Ausstellungen, die im Konnex mit der Architektur stehen, sprach er mit Thomas Trenkler.

Standard: Die Architektur des Grazer Kunsthauses wurde in den Medien großteils sehr negativ beurteilt, vor allem was die Ausgestaltung der Innenräume anbelangt. Und gerade die müssen Sie als Chef des Kunsthauses bespielen. Kein leichtes Unterfangen, oder?

Pakesch: Aber eine große Herausforderung - und von Tag zu Tag spannender! Bisher lassen die Räume sehr viel Spielraum zu und eröffnen ungewohnte Möglichkeiten. Ich glaube, wir können für Überraschungen sorgen.

STANDARD: Inwiefern? Um Tafelbilder präsentieren zu können, brauchen Sie doch Stellwände, weil es keine einzige plane Wand gibt. Wie viele Laufmeter mussten Sie denn für die erste Ausstellung in den Kuppelsaal und die darunter liegende Ebene aufstellen?

Pakesch: Leider habe ich die genaue Zahl nicht parat. Der untere Raum wird durch die Wände strukturiert. Im oberen Raum kommen wir mit ganz wenig Elementen aus. Dieser Bereich eignet sich ohnehin mehr für Skulpturen und Rauminstallationen. Glücklicherweise haben wir für die erste Ausstellung spektakuläre große Werke von Liz Larner, Anthony Caro und Ernesto Neto bekommen können.

STANDARD: Das Kunsthaus sollte eigentlich eine semitransparente Hülle haben. Doch der Kuppelsaal ist alles andere denn lichtdurchflutet: Trotz der „Nozzles“, die den Raum dominieren, herrscht eine recht düstere Stimmung vor.

Pakesch: Ja, ohne zusätzliche Beleuchtung geht es nicht. Das Kunsthaus ist kein Tageslichtmuseum. Eine transparente Hülle hätte kein akzeptables Raumklima gestattet. Und die Bauzeit hätte viel länger sein müssen. Technologisch war man offenbar noch nicht so weit. Und man hätte sich noch weiter von einer Verwendbarkeit des Raumes für Ausstellungen entfernt.

STANDARD: Gerade der „space 01“ soll in der Anfangsphase von Künstlern wie Sol LeWitt vermessen bzw. erprobt werden. Welche Erkenntnisse schweben Ihnen denn vor?

Pakesch: Sol LeWitt wird eine große Skulptur oder Installation schaffen. Er ist zeitlich durchaus mit der Idee der Architekten verbunden, aber er besetzt nicht eine idealistisch-utopistische Position, sondern eine sehr pragmatische, fast materialistische. Für beide Ebenen gilt, dass ich den Künstlern und ihren Werken besonders vertraue. Derzeit kann man erleben, wie sehr sich der Raum durch die Präsenz von Liz Larners 2001 verändert hat. Hier spielt eine große Skulptur die Decke an die Wand. Für den unteren Raum erhalten wir in Einbildung mit den Bildern von Sarah Morris, Richard Kriesche, Bridget Riley und einer Installation von Angela Bulloch bestimmte Durchblicke, die den Raum richtig verändern. Das soll sich danach mit der Personale Vera Lutter fortsetzen: Ihre raumgroßen Lochkamera-Fotos geben der Architektur neue Dimensionen.

STANDARD: In der Ausstellung „Einbildung“ werden auch Werke der im Jahr 2001 verstorbenen Helga Philipp zu sehen sein, die seit den 60er-Jahren ihrem Weg treu blieb. Wollen Sie mit dieser Op-Art auch eine Verbindung zur Architektur herstellen, die ebenfalls auf Konzepten der 60er fußt?

Pakesch: Natürlich gibt es hier eine starke Verbindung zu den 60er-Jahren. Das wird von der Architektur vorgegeben, aber auch von der Logik der Grazer Kunstsituation. Mit Wilfried Skreiner, dem langjährigen Leiter der Neuen Galerie, und vor allem mit seiner Ausstellung trigon'67 wurden wichtige Schritte in die Internationalität gesetzt. Ganz stolz bin ich darauf, dass wir den spazio elastico von Gianni Colombo aus der trigon'67 rekonstruieren konnten. Dabei handelt es sich um ein ganz bedeutendes Werk. Von hier die Verbindung zu den Jungen wie Esther Stocker, Olafur Eliasson, Sarah Morris und so weiter zu schließen ist spannend.

STANDARD: Sie erhalten 4,2 Millionen Euro jährlich vom Land Steiermark und der Stadt Graz - für alles: Gebäudeerhaltung, Betriebskosten, Personal und Ausstellungen. Wird das Budget ausreichen?

Pakesch: Bezüglich der Betriebskosten gibt es zwar recht präzise Schätzungen, aber natürlich noch einige Unsicherheitsfaktoren. Wenn wir eine gute Zahl an Sponsoren finden, wird das Budget ausreichen. Ich würde mir wünschen, ich hätte in den anderen Abteilungen des Joanneums ähnliche finanzielle Möglichkeiten und einen ähnlichen Zugang zu Sponsoren.

STANDARD: Die Kinderzone „space 03“ ist ein mit dunklem Kunststoffboden ausgelegtes, beinahe fensterloses und recht niedriges „Loch“. Werden genervte Eltern ihren Kindern künftig nicht drohen: „Wenn du schlimm bist, kommst du ins Kunsthaus!“?

Pakesch: Ich glaube, es wird das Gegenteil der Fall sein: „Wenn du schlimm bist, darfst du nicht ins Kunsthaus!“ Der Raum bietet ein hohes Maß an Geborgenheit, viele Besucher sind begeistert. Wir sind eben dabei, diesen Bereich einzurichten und eigene Programme zu entwickeln. Für Kinder gibt es aber auch einiges in der Ausstellung Einbildung zu sehen und zu entdecken.

STANDARD: Mit Peter Weibel, dem Chefkurator der Neuen Galerie, kuratieren Sie eine Schau über kinetische Kunst.

Pakesch: Ja, für den Herbst 2004 als zweite große Ausstellung über beide Ebenen in Zusammenarbeit mit dem Musée Jean Tinguely in Basel: Nach der Wahrnehmung wird es um die Bewegung gehen. Wir wollen einen Bogen von den späten 60ern bis in die Gegenwart spannen und haben bereits einige Künstler mit Projekten beauftragt, zum Beispiel Thomas Baumann und Jeppe Hein. Aber natürlich wird Tinguely eine wichtige Rolle spielen. Parallel dazu ist auch eine Ausstellung zum Thema in der Neuen Galerie geplant.

Der Standard, Do., 2003.10.23



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Kunsthaus Graz

29. September 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Zangengeburt eines Außerirdischen

Am Freitag wurde die Fertigstellung des Grazer Kunsthauses gefeiert

Am Freitag wurde die Fertigstellung des Grazer Kunsthauses gefeiert

Mit dem Grazer Kunsthaus, das in Windeseile fertig gestellt und am Freitag mit zwei Pressekonferenzen, die Festakten glichen, eröffnet wurde, sei er, sagte der Architekt Colin Fournier, „zu 80 Prozent“ zufrieden. Und im Flüsterton gestand der eine oder andere ein, dass Ute Woltron mit ihrer harschen Kritik am Bauwerk (siehe ALBUM vom 20. September) durchaus auch Recht habe. Aber mehr sei, meinte Herfried Peyker vom Team Architektur Consult, das mit der Planung beauftragt worden war, nicht möglich gewesen: „Schwadronieren über Utopien ist leicht, sie umzusetzen jedoch nicht.“

Im April 2000 hatte die Jury einstimmig die „Blaue Blase“ zum Sieger des Architekturwettbewerbs gekürt. Und was Cook/Fournier damals versprachen, klang überwältigend: Das Material der Haut könne je nach Bedarf das Licht einlassen oder aussperren, wie ein Chamäleon die Farbe wechseln. Zu ebener Erde werde es eine „unendliche Bar“ geben, in der bekrönenden „Needle“ ein Restaurant.

Doch nichts davon wurde Wirklichkeit (auch wenn der Pressetext nach wie vor behauptet, die Tageslichtöffnungen, „Nozzles“, würden für eine „optimale Beleuchtungssituation“ sorgen). Denn für reale Probleme wie Rauchabzug, Fluchtwege, Brandschutz hatten die britischen Architekten keine Lösungen parat. Und so konnten die Erwartungen, die sie geschürt hatten, nicht ganz erfüllt werden. Angesichts der „Zangengeburt“ (Peyker) sei das Ergebnis aber hervorragend. Zumal die Kosten so gut wie nicht überschritten wurden: Das Kunsthaus wird maximal 40,5 Millionen Euro gekostet haben.

Die Misstöne überhörte man daher wohlgelaunt. Frau Landeshauptfrau Waltraud Klasnic sprach von einem „Meisterwerk der Architektur“, das noch viele Generationen begeistern werde, Bürgermeister Siegfried Nagl (VP) von einem „idealen Experimentierfeld“ für Künstler und Kuratoren. Den Begriff „Bubble“ findet er nicht völlig geglückt, weil eine Blase theoretisch auch platzen könne: Er spricht lieber von einer „Kunstwolke“, die sich auf Graz gelegt habe und befruchtenden Regen bringe.

Die Sozialdemokraten propagieren hingegen den Ausdruck „Kunst-Igel“: Sie hießen in Inseraten das Kunsthaus „Willkommen“ - obwohl sie 2001 die Finanzierung des Bauwerks im Gemeinderat ablehnten (zusammen mit den meisten Freiheitlichen).

Eberhard Schrempf, Vizeintendant von Graz 2003, wiederum sprach freudig vom „Friendly Alien“, das gelandet sei. Und Fournier zeigte sich zufrieden, dass diese Bezeichnung, die von ihm und Cook stammt, breit angenommen wurde. Er dankte für die Courage und Graz 2003, denn ohne das Kulturhauptstadtjahr wäre das Kunsthaus wohl nicht realisiert worden.

Auch der Wiener Museumsexperte Dieter Bogner, der als Berater fungierte, lobte das Gebäude: Es ziehe die Menschen an, ziehe sie herein - und der „Travellator“, das Laufband, ziehe sie hinauf zu den Ausstellungsebenen. Diese zu bespielen stelle eine Herausforderung dar, sagte Peter Pakesch, der als Intendant des Landesmuseums Joanneum auch Chef des Kunsthauses ist. Ob er dieser gewachsen ist, zeigt sich am 25. Oktober mit der Eröffnung der Themenschau Einbildung.

Nicht am Podium sitzen durfte bei der Pressekonferenz Christine Frisinghelli, die mit ihrer Camera Austria ebenfalls ins Kunsthaus, in das Eiserne Haus, einzieht. Sie lächelte. Denn sie hat nicht nur den schönsten Raum, sondern eröffnet bereits am 3. Oktober - mit Positionen japanischer Fotografie, einer Koproduktion mit Graz 2003.

Dieses Wochenende steht das Kunsthaus der Bevölkerung offen. Aber nur jenen 10.800, die ein Gratis-Zeitticket ergattern konnten.

Der Standard, Mo., 2003.09.29



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Kunsthaus Graz

07. August 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Kristall - und eine Wolke der Zukunft

In Lyon baut die Coop Himmelb(l)au ab Oktober 2004 das „Musée des Confluences“

In Lyon baut die Coop Himmelb(l)au ab Oktober 2004 das „Musée des Confluences“

Lyon/Wien - Der spektakuläre Kristallpalast in Dresden, ein im März 1998 eröffnetes Filmcenter mit acht Sälen für 2600 Besucher, das unverkennbar die Handschrift von Wolf D. Prix und Helmut Swiczinsky trägt, nimmt sich im Vergleich fast mickrig aus: Nach den Plänen von Coop Himmelb(l)au wird am Zusammenfluss von Rhône und Saone, einem ehemaligen Industriegebiet Lyons, um 56 Millionen Euro das Musée des Confluences errichtet. Mit einer Nettogeschoßfläche von 24.600 Quadratmetern wird es ebenso groß sein wie das Guggenheim-Museum in Bilbao und sich mit den Themen Technik, Biologie und Ethik auseinander setzen: Ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Informationsgesellschaft, soll es aktuelle Wissensinhalte für eine breite Öffentlichkeit - man rechnet mit jährlich einer halben Million Besuchern - zugänglich und erlebbar machen.

Den vom Département du Rhône ausgelobten Wettbewerb um das Science-Museum hatte die Wiener Architektengemeinschaft im Februar 2001 gewonnen. Die Entwurfsplanung ist nun abgeschlossen, mit dem Bau wird kommendes Jahr begonnen. Die Fertigstellung ist für September 2007 vorgesehen.

Die Coops kombinierten für dieses Science-Museum zwei architektonische Körper, den „Crystal“ und die „Cloud“, miteinander: Der sich zur Stadt hin erhebende Kristall dient als urbanes Forum und Eingangshalle. Seine klaren, ablesbaren Formen sollen für die gegenwärtige Welt stehen. Die im Inneren veränderbare Wolke hingegen, ein „weicher Raum aus verborgenen Strömen und unzähligen Übergängen“, birgt das Wissen der Zukunft. Die Landschaft aus Rampen und Ebenen soll die Grenze zwischen innen und außen auflösen.

Der Standard, Do., 2003.08.07



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Musée des Confluences

02. August 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Ein überdimensionales Spiegelkabinett

Soeben enthüllt: „Die gespiegelte Stadt“ von Alexander Kada auf dem Freiheitsplatz in Graz

Soeben enthüllt: „Die gespiegelte Stadt“ von Alexander Kada auf dem Freiheitsplatz in Graz

Der Titel rührt zwar noch aus einer Zeit, als alles möglich schien in der Kulturhauptstadt, so auch eine Gespiegelte Stadt. Doch dann kürzte der Bund seine Zuwendung um 20 Prozent, sprich 3,6 Millionen Euro, und der Europäischen Union war Graz 2003 nur mehr die Hälfte der erwarteten Summe wert. Ein herber Schlag für die Kulturhauptstadtmacher, die einige Projekte absagen, andere zusammenstutzen mussten, darunter auch die Intervention im öffentlichen Raum von Alexander und Klaus Kada: Eigentlich müsste sie jetzt „Der gespiegelte Platz“ heißen.

Eindrucksvoll ist das Ergebnis aber alleweil: Der international erfolgreiche Designer, Buchgestalter und Bühnenbildner Alexander Kada (sein Vater, der Architekt, stellte die Infrastruktur zur Verfügung) verwandelte den Freiheitsplatz in ein überdimensioniertes Spiegelkabinett, in dem man allerlei Überraschungen erleben kann - mit sich selbst als Hauptdarsteller eines Bilderkontinuums. Denn die um rund eine Million Euro errichtete Installation (64 Spiegelelemente mit insgesamt 1300 Quadratmetern Fläche) ermöglicht ungeahnte Sichtweisen, verbindet Details wie Fassaden und Dachlandschaften zu einer dreidimensionalen Collage und hebt die Grenzen zwischen realer und imaginärer Architektur auf.

Der besondere Gag liegt darin, dass der Platz leicht abschüssig ist, die Spiegelwände aber die gleiche Oberkante haben. Zudem ist die 3,20 bis 4,60 Meter hohe Installation mit ihrer betont klaren Struktur kein Labyrinth: Je nach Standpunkt kann sie monumental erscheinen - oder auch völlig unscheinbar. Und nicht nur die Statue von Kaiser Franz I. inmitten des Platzes wird mannigfaltig in die Unendlichkeit gespiegelt: Um noch weitere illusionistische Effekte zu ermöglichen, ließ Kada eine zehn Meter lange „Wand“ aus Bambuspflanzen errichten. Das Meer allerdings, das mittels Standleitung von Triest auf einen 15 Quadratmeter großen LED-Bildschirm übertragen wird, war ausdrücklicher Wunsch von Intendant Wolfgang Lorenz. Für ihn spiegelt es die Sehnsucht wider.

Alexander Kada kann mit dieser zusätzlichen Videoinstallation, die es wohl nicht unbedingt gebraucht hätte, (inzwischen) gut leben. Und enthält sich vornehm jedweden Kommentars. Er ließ hingegen die blau-weißen Parkplatzmarkierungen erneuern, da sie, wie sich herausstellte, faszinierende grafische Muster erzeugen. Dass der Platz den Autos gehören solle, wollte Kada damit aber nicht ausdrücken: Ihm wäre sehr daran gelegen, wenn die Gespiegelte Stadt nicht, wie geplant, nach dem 31. Oktober abgebaut würde, sondern längerfristig bestehen bliebe. Zumal die Spiegelwände winterfest seien und die Stadt beabsichtige, den Freiheitsplatz künftig freizuhalten von Fahrzeugen, da ohnedies in nächster Nähe eine neue Tiefgarage in Betrieb genommen wird.

Der Unterstützung durch Graz 2003 darf sich Alexander Kada gewiss sein: Finanzchef Manfred Gaulhofer betont zwar, dass die Gespiegelte Stadt als temporäres Projekt angelegt wurde, kann dem Nachhaltigkeitsgedanken aber durchaus etwas abgewinnen. Nicht nur in Bezug auf diese Intervention: Auch der Marienlift von Richard Kriesche könnte theoretisch über 2003 in Betrieb gehalten werden. Für den Uhrturmschatten von Markus Wilfling am Schlossberg auf Dauer bräuchte es allerdings Genehmigungen vom Denkmalamt wie der Naturschutzbehörde. Und damit Vito Aconcis Murinsel weiter wie ein Blob im Wasser liegen kann, sei ein Gemeinderatsbeschluss notwendig.

Der Standard, Sa., 2003.08.02

21. Juli 2003Thomas Trenkler
Der Standard

„Weltmeister des Raumflusses“

Ein „Fest für Günther Domenig“ - mit hitziger Diskussion über Architektur heute

Ein „Fest für Günther Domenig“ - mit hitziger Diskussion über Architektur heute

Aus einem Rennen zwischen Klaus Kada (BMW M5) und Günther Domenig (roter Ferrari) von Graz nach Mürzzuschlag wurde es nichts: Obwohl die beiden miteinander diskutieren sollten, wollte es die Dramaturgie, dass der eine, der „Klausi“, im Grazer Schlossbergstollen, der andere hingegen, der „Gigi“, im kunsthaus muerz saß.

Denn dort läuft die von Domenig kuratierte Ausstellung Architektur als ästhetische Organisation. Und am Samstag präsentierte der aus Klagenfurt gebürtige Baukünstler in der Galerie nebenan Skizzen und Pläne zum Steinhaus, einer metallisch-vertrackten „Plastik mit Klo“, an der „Dämonig“ (wie Domenig, sichtlich stolz, von einer Gastwirtin in der Umgebung genannt wird) seit 1986 allen Widerständen zum Trotz arbeitet.

Damit dieses „Fest für Günther Domenig“ ein Projekt der Kulturhauptstadt sein konnte, musste es eine Vernetzung mit Graz geben: Die von STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl moderierte Diskussion wurde als Videokonferenz gestaltet. Auf der Leinwand glich Kada allerdings einem Apollo-Astronauten vor vielleicht 35 Jahren. Das grünliche Bild stockte und flimmerte: Graz war unendlich weit weg.

„Wer braucht neue Architektur?“, lautete das Thema. Und aus den Antworten war leichte Resignation ablesbar. Denn in der Regel würde sich niemand für Architektur interessieren, sagte Kada, weder die Politik, noch die Bauherren: Sie habe einfach keinen Stellenwert. „Wir sind in der Zwickmühle: Einerseits wollen wir gute Architektur produzieren, andererseits müssen wir unser Büro über die Runden bringen. Wir müssen immer zuerst rechnen, ob wir es uns überhaupt leisten können, Visionen zu entwickeln.“

Wolf D. Prix, der eine Laudatio auf Domenig gehalten hatte („Weltmeister des Raumflusses“), stimmte zu: Die Wettbewerbe würden viel Geld verschlingen, die Architekten müssten sich schon in jungen Jahren verschulden, um teilnehmen zu können. Eine Theorieschule sei aufzubauen, um die österreichische Architektur international zu verankern und die Jugend zu pushen, war man sich einig.

Kein Konsens hingegen herrschte bei der Frage, ob Architekten Künstler seien. Prix sagte dezitiert Ja, Domenig wollte sehr wohl zwischen einem künstlerischen Architekten und einem echten Künstler unterscheiden - und Kada meinte, Architektur sei nicht nur das Umsetzen von Funktionen, sondern habe einen Mehrwert und könne daher mit künstlerischer Arbeit verwechselt werden. Es sei aber immer gefährlich, wenn Architekten von sich selbst sagen, sie seien Künstler.

Der Standard, Mo., 2003.07.21

11. Juli 2003Thomas Trenkler
Der Standard

„Heiterer Dekonstruktivismus und anarchische Präzision“

Die Münchner Akademie wird erweitert - nach Plänen der Coops

Die Münchner Akademie wird erweitert - nach Plänen der Coops

München/Wien - 1992, als Wolf D. Prix, Helmut Swiczinsky und Partner den Wettbewerb um den Erweiterungsbau für die Akademie der bildenden Künste in München für sich entschieden (unter 178 Teilnehmern), nannten sich die Wiener Architekten noch „Coop Himmelblau“. Selbstbewusst klammerten sie dann das „l“ ein. Denn ihre gewagten Projekte wurden tatsächlich gebaut. Wenn auch nicht immer gleich: Der Spatenstich für das Münchner Projekt erfolgte erst vor wenigen Tagen.

Der Denkmalschutz - immerhin stellt der Neubau den denkbar größten Kontrast zum Hauptgebäude aus dem Jahr 1876 her - war aber nicht der Grund für die Verzögerung: „Unser Projekt hat gepasst“, sagt Prix. Nachsatz: „Obwohl es nicht angepasst ist.“ Die Realisierung scheiterte bisher nur an der Finanzierung. Erst durch die Gründung der „Stiftung Kunstakademie“ im Jahr 1999 wurden die Mittel (19,7 Millionen Euro) aufgebracht. Und bereits 2005 soll das Gebäude fertig gestellt sein:

Vorgesehen ist ein fünfgeschoßiger Bau an der Westseite der Akademie, dessen diagonale Rampen und Stege die einzelnen Bereiche miteinander vernetzen: Die Ateliers der Bildhauer liegen ebenerdig in zwei Bauteilen und erweitern sich über Terrassen zum Park, jene der Maler sind in den oberen Geschoßen angeordnet und haben Verbindung zu den Dachterrassen. Der Sitzungssaal und die Räume des Rektors sind über Stege mit den Verwaltungsräumen verbunden. Durch die Überdachung des zentralen Innenhofs entsteht ein halböffentlicher Raum, der die Bauteile zu einer Einheit zusammenfügt.

Die zwei- bis viergeschoßigen Baukörper werden in Stahlbetonbauweise errichtet, die auskragenden Bauteile als Stahlfachwerkkonstruktion. Die Nutzfläche umfasst 5670 Quadratmeter, die Bruttogeschoßfläche 9900 und der umbaute Raum 44.760 Quadratmeter. Laut Akademierektor Ben Willikens besteche das Gebäude durch „heiteren Dekonstruktivismus und anarchische Präzision“.

Und die Coop Himmelb(l)au baut eifrig weiter: Im Frühjahr 2004 soll mit der Errichtung des Museums für Menschheitsgeschichte in Lyon begonnen werden. Das Gebäude ist immerhin so groß wie das Guggenheim-Museum in Bilbao, wie Wolf D. Prix nicht ohne Stolz feststellt.

Der Standard, Fr., 2003.07.11



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Akademie der Bildenden Künste - Erweiterungsbau

03. Juli 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Eine liegende Skulptur, die abhebt

Derzeit ist das Areal rund um den ehemaligen Schlachthof St. Marx ziemlich devastiert. Aber nicht mehr lang: Derzeit wird am Rennweg das beeindruckende T-Center errichtet, das als Initialprojekt für die Revitalisierung gilt.

Derzeit ist das Areal rund um den ehemaligen Schlachthof St. Marx ziemlich devastiert. Aber nicht mehr lang: Derzeit wird am Rennweg das beeindruckende T-Center errichtet, das als Initialprojekt für die Revitalisierung gilt.

Der mächtige „Flügel“, eine Konstruktion aus Stahl und Glas, die über 800 Tonnen wiegt, ragt zwar noch nicht aus dem Gebäude am Rennweg, das gegenwärtig als das größte Bürohausprojekt von Wien bezeichnet wird. Aber auch ohne diesen schräg aufsteigenden Baukörper wirkt das T-Mobile-Center, das in rund einem Jahr fertig gestellt sein soll, durchaus imposant.

Schließlich wurden auf einer Grundstücksfläche von 26.000 Quadratmetern bisher 80.000 Kubikmeter Beton und 8000 Tonnen Stahl verbaut. Die neue Zentrale des Mobilfunkunternehmens ist aber kein Hochhaus (auch wenn es mit seinen elf Stockwerken laut Bauordnung als solches gilt): Günter Domenig, dem Architekten, schwebte eine „liegende Skulptur“ vor - als Gegensatz zu den Wolkenkratzern auf der Donauplatte, die er leicht abfällig als „Projekte der Eitelkeit“ bezeichnet.

Eigentlich ist dieses zwar riesige, aber doch verwinkelte und zum Teil auf Gabelstützen stehende Gebäude eine Gemeinschaftsarbeit zusammen mit Hermann Eisenköck, seinem Partner, der den Auftrag an Land zog. Aber von Domenig, dem alten Fuchs aus Kärnten, der seit den 60er-Jahren mit seinen Entwürfen Furore macht (beispielsweise das Z-Gebäude in der Favoritenstraße), stammt die genialische Skizze. Und daher sagt er stolz: „Dieser Flieger gehört mir!“ Denn eine Wirkung durch Höhe zu erzielen sei einfach; schwierig hingegen sei es, eine ähnliche in der Horizontalen hervorzurufen.


220 Millionen Euro

Und man glaubt es kaum: Das Gebäude - die Gesamtkosten inklusive Grundstück, Planung und Errichtung liegen bei rund 220 Millionen Euro - kommt trotz der architektonischen Besonderheiten nicht teurer als ein massiver Turm. Denn es sind weder platzraubende Versorgungsschächte noch aufwändige Brandschutzmaßnahmen nötig. Daher setzen die Bauherrn den Entwurf auch ohne Veränderungen um: Die Architekten zollten ihnen für den Mut bei der Pressebegehung, die am Dienstag stattfand, hohes Lob.

Das T-Center soll aber nicht nur eine Büroburg (58.000 Quadratmeter, 3000 Arbeitsplätze) sein: Geplant sind auch ein Hotel, Geschäfte und andere öffentliche Einrichtungen. Für Eisenköck war es wichtig, „urbanen Raum“ zu schaffen. Denn direkt hinter der Skulptur mit seiner innenliegenden Plaza liegt die gusseiserne Schlachthofhalle St. Marx, die gegenwärtig ein Bild des Jammers bietet. Diese zu revitalisieren ist ein Anliegen der Stadt - und die Zentrale von T-Mobile dient sozusagen als Initialzündung für die Aufwertung des gesamten Areals.

Dem Megaprojekt stand man daher von Anfang an (2000) äußerst positiv gegenüber: Domenig und Eisenköck sind noch immer verwundert, wie schnell alles ging: „Die Verhandlungen waren im Zeitraum, den man in der Regel für ein Einfamilienhaus benötigt, abgeschlossen.“

Auch für St. Marx haben sich die beiden Gedanken gemacht (Indoor-Flaniermeile mit Shops und Büros). Eine Entscheidung steht aber noch aus. Den Vorwurf, man habe die Halle wegen des T-Centers zu zerstören begonnen, weist Eisenköck zurück: Abgerissen werden sollte nur die zwei Jahrzehnte später errichtete Erweiterung. „Es war an sich akkordiert, die Halle auf die originalen Proportionen von 1892 zurückzuführen.“ Die ersten Achsen waren ohnedies der Südosttangente zum Opfer gefallen.

Der Standard, Do., 2003.07.03



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T-Center St. Marx

04. Juni 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Startschuss für das Gironcoli-Museum

Eröffnung Ende 2004 geplant

Eröffnung Ende 2004 geplant

Nicht erst die Nominierung von Bruno Gironcoli als Teilnehmer Österreichs bei der Biennale Venedig, die am 15. Juni eröffnet wird, gab den Ausschlag. Und wieder einmal war es Emil Breisach, kürzlich 80 Jahre alt gewordener Gründungspräsident des Forum Stadtpark, Mentor der Kunst und Initiator der Ausstellung Meisterwerke der Steirischen Moderne (siehe Seite 21), der die Idee lieferte: Im Park des oststeirischen Schlosses Herber- stein wird, wie bereits kurz berichtet, ein Museum für die Skulpturen des 1936 in Villach geborenen Bildhauers errichtet.

Es besteht aus zwei verschränkten Teilen, wie Architekt Hermann Eisenköck erklärt: Die 450 Jahre alte, unter Denkmalschutz stehende Tenne (800 Quadratmeter) soll in den nächsten Monaten adaptiert und bis zum Spätherbst 2004 durch einen zweigeschoßigen Neubau mit rund 1200 Quadratmetern (inklusive Skulpturengarten und eines Raums für Grafik bzw. Wechselausstellungen) ergänzt werden. 20 bis 30 Großplastiken dürften Platz finden.

Die jahrelange Suche nach einem dauerhaften Präsentationsort für die Werke des Plastikers hat damit ein überraschendes Ende gefunden: Erst vor wenigen Tagen war das Projekt einer „Gironcoli-Kunsthalle“ in Bad Bleiberg gescheitert. Für VP-Kunststaatssekretär Franz Morak stellt das Museum in Herberstein als einen „Paradefall“ dar, da einerseits eine „wichtige Kunstinitiative“ in den Bundesländern gestartet worden sei und andererseits das propagierte Modell einer Public-Private-Partnership zum Tragen käme. Denn je eine Million Euro steuern der Bund (der sich bisher angefallene Lagerkosten für die Skulpturen des Akademieprofessors erspart), das Land Steiermark und Andrea Herberstein bei.

Die Schlossherrin, die einen über die Region hinaus bekannten Tierpark betreibt, verpflichtete sich zudem, das Museum ohne Subventionen zu führen. Mit Gironcoli wurde ein Leihvertrag für zunächst zehn Jahre - mit Option auf Verlängerung - abgeschlossen.

Der Bildhauer wünscht sich genug Raum für die Skulpturen - und eine Architektur, die sich zurückhält. Eisenköck will den Wünschen entsprechen: Die neue Halle wird zum Teil unteriridisch errichtet und über eine lange Glasfront verfügen. Das Budget bezeichnet er als ein „sportliches“. Realisiert werden könne das Projekt nur durch viele Sponsoren, die bereits ihre Unterstützung zugesichert hätten.

Nicht Teil der Präsentation in Herberstein sind jene Werke, die der Kärntner Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner auf der Wiener Donauplatte aufstellen möchte.

Der Standard, Mi., 2003.06.04



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Gironcoli Museum im Tier- und Naturpark Schloss Herberstein

06. Mai 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Ein Pionier im Museumsquartier

Ende Juni feiert das Architekturzentrum Wien sein zehnjähriges Bestehen. Trotz internationaler Reputation, die sein Haus erlangen konnte, legt Gründungsdirektor Dietmar Steiner die Stirn in Sorgenfalten: Der Bund unterstützt das AzW nicht im einst vereinbarten Ausmaß.

Ende Juni feiert das Architekturzentrum Wien sein zehnjähriges Bestehen. Trotz internationaler Reputation, die sein Haus erlangen konnte, legt Gründungsdirektor Dietmar Steiner die Stirn in Sorgenfalten: Der Bund unterstützt das AzW nicht im einst vereinbarten Ausmaß.

Im Frühjahr 1992 kamen Ursula Pasterk, damals Kulturstadträtin von Wien, und Rudolf Scholten, zu jener Zeit Kunstminister, überein, den Vorschlag von Dietmar Steiner, ein Architekturzentrum zu gründen, aufzugreifen. Und sie beschlossen, sagt Steiner, dass die Stadt zwei Drittel der Kosten übernimmt, der Bund ein Drittel.

Im Juni 1993 wurde das Architekturzentrum Wien als eine der Pionierinstitutionen im Museumsquartierareal eröffnet. Als Provisorium: Die Büros waren in Baucontainern untergebracht. Die Stadt zahlte umgerechnet rund 364.000 Euro, der Bund die Hälfte davon (182.000 Euro).

Seither hat sich das AzW gemausert - und respektabel vergrößert: Es verfügt nun über 2000 Quadratmeter Nutzfläche. Seit 1993 organisiert man jährlich den Wiener Architektur Kongress, 1995 wurde mit dem Aufbau der Datenbank Architektur Archiv Austria (AAA) begonnen, die seit 1997 über das Internet abrufbar ist.

1999 erwarb die Stadt Wien das Archiv des Architekturtheoretikers Friedrich Achleitner, eine Dokumentation der österreichischen Baugeschichte des 20. Jahrhunderts mit mehr als 20.000 erfassten Objekten, und übertrug sie dem AzW zur Weiterentwicklung. Seit dem April 2000 wird zudem die Theoriezeitschrift hintergrund herausgegeben.

Allwöchentlich werden Diskussionen und Exkursionen veranstaltet, man präsentiert neue Architekturpositionen genauso wie die Projekte arrivierter Baukünstler. Am Mittwoch z. B. wird um 19 Uhr die Schau Frische Fische aus dem Architektenpool über die junge Grazer Szene eröffnet.

Und im „Oktogon“, der ehemaligen Ponyreithalle, die Ende des 19. Jahrhunderts angeblich auf Wunsch von Kaiserin Sisi errichtet wurde, ist die erste öffentlich zugängliche Architekturbibliothek Österreichs untergebracht: Sie umfasst rund 2000 Titel und 80 Architekturzeitschriften aus aller Welt.

Die Stadt vervierfachte bis heute die Subvention: auf 1,45 Millionen Euro. Aber der Bund verdoppelte seine nur: auf 364.000 Euro. Und steuert damit bloß ein Fünftel bei - statt einem Drittel. Die mannigfaltigen Aufgaben aber kosten Geld: Laut Steiner seien 2,9 Millionen Euro notwendig. „Alles darunter führt zu Leistungseinschränkungen. Ich verlange vom Bund, dass er Verantwortung übernimmt. Die Stadt Wien kann nicht die Hauptlast für eine Institution tragen, die eine für Österreich relevante Arbeit erbringt.“

Konkret sieht sich Steiner gezwungen, vom Konzept, die beiden je 300 Quadratmeter großen Hallen permanent mit Wechselausstellungen zu bespielen, abzukehren: Die „neue Halle“ soll künftig eine semipermanente Schausammlung beherbergen. Was, wie Steiner hofft, zur Folge haben müsste, dass sein AzW als „Museum“ anerkannt wird - und Subventionen von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer erhält. Seine Probleme mit ihr zu erörtern, sei ihm leider bisher nicht möglich gewesen: „Wir kriegen seit zwei Jahren keinen Termin.“


Immer wieder Ärger

Ärgern muss sich Steiner auch immer wieder über Wolfgang Waldner, den Chef des Museumsquartiers. Denn die blauen Hartschaumliegen, die auch im Staatsratshof als „Sommermöblierung“ aufgestellt wurden, passen seiner Meinung nach überhaupt nicht zur laufenden Ausstellung über den tschechischen Jugendstil-Architekten Jan Kotera (1871-1923).

Und noch immer empfindet er es als reine Schikane, dass die Büros im ersten Stock nicht ineinander übergehen: Ein Lager der MQ-Betriebsgesellschaft trennt die Verwaltungsräume in zwei Teile, die daher nur über verschiedene Stiegenhäuser zu erreichen sind. Steiner hat daher schon vor zwei Jahren einen Tausch der Räume vorgeschlagen - bisher erfolglos. Auf Anfrage des STANDARD erklärte Waldner, dass man über einen solchen sehr wohl reden könne.

Der Standard, Di., 2003.05.06

17. April 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Die erste Zacke in der Stadtkrone Berlins

Am Alexanderplatz von Berlin soll ein pompöser Warenhauspalast entstehen, dessen 150 Meter hoher Turm Teil der künftigen Stadtkrone sein wird. Das Gutachterverfahren entschieden die Architekten Ortner&Ortner für sich: eine Genugtuung nach dem Aus für Wien-Mitte.

Am Alexanderplatz von Berlin soll ein pompöser Warenhauspalast entstehen, dessen 150 Meter hoher Turm Teil der künftigen Stadtkrone sein wird. Das Gutachterverfahren entschieden die Architekten Ortner&Ortner für sich: eine Genugtuung nach dem Aus für Wien-Mitte.

Nach gut zwölf Jahren Planung kam das Aus: 1990 hatten die Architekten Laurids und Manfred Ortner den Wettbewerb um die Bebauung von Wien-Mitte gewonnen, im März 2003 wurde, wie berichtet, das zwischenzeitlich mehrfach abgeänderte Projekt von den Investoren, dem Bauträger Austria Immobilien (B.A.I) zusammen mit Sonae Immobiliária aus Portugal, aufgegeben. Denn die Türme mit einer Höhe bis zu 97 Metern gerieten plötzlich ins Schussfeld der Kritiker. Und der Stadt drohte, ihren Status als „Weltkulturerbe“ aberkannt zu bekommen.

Groß enttäuscht sein müssen Ortner&Ortner aber nicht: Sie entschieden zusammen mit dem englischen Shoppingcenter-Spezialisten RTKL ein Berliner Gutachterverfahren für sich. Die Aufgabenstellung war eine zu Wien-Mitte durchaus vergleichbare gewesen. Galt es doch, für ein Grundstück mit 27.000 Quadratmetern nächst dem Alexanderplatz, das aufgrund seiner gekrümmten Form im Volksmund „Banane“ genannt wird und bisher als Parkplatz diente, ein Geschäftszentrum mit Büros und 800 exklusiven Wohneinheiten zu entwerfen.

Kurioserweise ist einer der zwei Investoren auch einer der beiden in Wien: Sonae Imobiliária. Was für die Gebrüder Ortner kaum ein Vorteil gewesen sein dürfte. Denn erst der Berliner Senat, der auch in der Jury unter dem Vorsitz des Architekten Hans Kollhoff vertreten war, hatte sie als sechste Teilnehmer in das Verfahren hineinreklamiert. Nicht ohne Grund: Nach den Plänen der in Berlin sehr aktiven Ortners, die laut BauNetz-Ranking international auf Platz 9 liegen (Platz 16 für Coop Himmelb(l)au, Platz 27 für Hans Hollein, Platz 60 für Jabornegg/Pálffy), wurden unter anderem die ARD-Hauptstadtstudios realisiert.

Darüber hinaus übertrifft das Berliner Projekt mit einer Geschossfläche von 220.000 Quadratmetern das Wiener nicht nur um rund 90.000, sondern auch um Längen: Wahrzeichen des kompakten Ensembles, das aus fünf autonomen, durch ein Glasdach verbundene Gebäudeteilen besteht, soll ein 150 Meter hoher Büroturm sein. Dieser ist einer von insgesamt zehn Wolkenkratzern, die nach dem Konzept der Stadtplaner einmal die „Stadtkrone“ von Berlin bilden werden.

Befürchtungen, das Vorhaben könnte wie jenes in Wien scheitern, hegt Manfred Ortner gegenüber dem STANDARD keine: Sowohl der Senat als auch die Investoren (der zweite ist die Wohnungsbaugesellschaft Degewo) hätten großes Interesse an der Realisierung bekundet, eine „Skurrilität“ wie die Weltkulturerbe-Diskussion sei undenkbar, zudem würde der 40-stöckige Turm eine Sogwirkung für die weiteren Großprojekte rund um den „Alex“ entwickeln.


500-Millionen-Projekt

Anzumerken bleibt aber, dass mit dem Hochziehen der ersten Stadtkronenzacke erst dann begonnen wird, wenn die Rentabilität gesichert ist, sprich: genügend Mieter gefunden wurden. Der Spatenstich für das „Alexandria“-Einkaufszentrum samt Kino, Fitnesscenter, Restaurants und einem glänzenden Dach aus goldeloxiertem Aluminium, mit dem die Ortners an die Warenhauspaläste der Jahrhundertwende erinnern wollen, soll hingegen bereits 2004 erfolgen. Verkaufsfläche: 36.000 Quadratmeter. Geplanter Eröffnungstermin: 2006. Investitionssumme: 300 Millionen Euro. Die Kosten für den Turm mit einer 15 Meter hohen gläsernen Kuppel und ein Hotel, das noch nicht konkret ist: weitere 200 Millionen.

Wie es mit dem Wiener Projekt weitergehen wird, weiß Ortner nicht. Alle denkbaren Varianten seien bereits durchgespielt worden. Eine Redimensionierung sei natürlich immer möglich. Nur müsse diese jemand bezahlen. Wenn sie von jemandem bezahlt wird, dann könne man auch „bis runter auf null“ gehen. Und einen Park anlegen.

Der Standard, Do., 2003.04.17



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18. März 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Durch die Brille des Architekten

Gustav Peichl ist 75 Jahre alt

Gustav Peichl ist 75 Jahre alt

Als Ironimus kommentiert er das Weltgeschehen und die Innenpolitik mit feinem Strich und ebensolchem Humor: Seine kreisrunden Brillen, mit denen er seine Umgebung betrachtet, fungieren quasi als Brennglas. Aber in erster Linie ist Gustav Peichl, der ganz schön granteln (er ist schließlich ein echter Wiener), aber auch loben kann, Architekt. Einer von internationalem Ruf. Und das seit Jahrzehnten. Der hoch dekorierte Professor und ehemalige Rektor der Akademie der bildenden Künste, wo er von 1949 bis 1953 die Meisterklasse von Clemens Holzmeister besuchte, hat mit vergleichsweise wenigen Projekten stets beispielgebende Bauten ersonnen. Zu den wohl bekanntesten zählen die einst futuristisch anmutenden ORF-Landesstudios, die als „Peichl-Torten“ in die Geschichte eingingen, der Millennium-Tower am Wiener Handelskai, die Bonner Kunsthalle, das Karikaturmuseum in Krems - und ganz besonders die Erdfunkstelle Aflenz. Heute, Dienstag, feiert Peichl seinen 75. Geburtstag. Ihn darauf hinzuweisen, wird er vielleicht sogar als Bösartigkeit interpretieren. Aber Ehre, wem Ehre gebührt.

Der Standard, Di., 2003.03.18

08. März 2003Thomas Trenkler
Der Standard

„Hundert Prozent Seide“

Marmor, Granit, Travertin. Palisander, Kirsch- und Eichenholz. Gold, Seide und satiniertes Glas: Für die Renovierung der Albertina, die am 14. März wiedereröffnet wird, wurden nur die edelsten Materialien verwendet. Und kein Wellblech. Denn das Palais ist keine Hütte.

Marmor, Granit, Travertin. Palisander, Kirsch- und Eichenholz. Gold, Seide und satiniertes Glas: Für die Renovierung der Albertina, die am 14. März wiedereröffnet wird, wurden nur die edelsten Materialien verwendet. Und kein Wellblech. Denn das Palais ist keine Hütte.

Ein Museum mit Weltgeltung nach einem Jahrzehnt bloß wiederzueröffnen, wäre wohl unter der Würde eines Klaus Albrecht Schröder. Der Direktor spricht daher immerzu von einer - mehr oder weniger - „Neugründung der Albertina“. Lautet doch sein Motto, mit dem er, in erhabene Pose geworfen (Stand- und Spielbein, den einen Arm ganz locker auf die Türschnalle gelegt, den anderen noch lockerer in der Hosentasche versenkt), Printwerbung für einen Versicherungskonzern macht: „Vor mir die Kunst, Großes noch größer zu machen.“ Und die Albertina ist ziemlich groß. Mit über einer Million Drucke und Hunderttausenden Zeichnungen die größte Institution ihrer Art.

Dass die Albertina am 14. März wiedereröffnet wird: Daran besteht kein Zweifel. Auch wenn selbst eine Woche vor dem Staatsakt auf der Augustinerbastei das pure Chaos herrscht. Allerorts werken Tischler, Maurer und Monteure, Glaser, Tapezierer und Restauratoren. Viele werden auch danach weiterarbeiten. Denn trotz der Verschiebung der Eröffnung um ein halbes Jahr wird so manches Vorhaben nicht rechtzeitig umgesetzt sein. Wer sich dieser Tage der Albertina nähert, glaubt sogar ein Manifest der Niederlage erkennen zu können. Die Burggartenseite des Palais ist eingerüstet. Von Schanigarten keine Spur. Er müsse auch künftig Druck machen, sagt Schröder, „extremen Druck“. Denn spätestens Anfang April haben die 45 Zwerglinden gepflanzt zu sein.

Die dem Hrdlicka-Mahnmal zugewandte Seite hingegen ist zwar so gut wie fertig. Aber doch ganz anders, als es sich Schröder erträumt hatte. Denn der Direktor wollte den klassizistischen Zustand wiederhergestellt wissen. Und der besagt, dass entlang der Augustinerstraße eine Rampe auf die Bastei führt. Sie war, obwohl nicht beschädigt, nach dem Weltkrieg abgetragen worden. Von dieser Idee hatte sich Schröder schon bald verabschieden müssen. Auch aufgrund der enormen Kosten. Die ursprüngliche Gliederung der Fassade hingegen brachte er durch. Und statt des massiven Balkons aus Beton, den man in den 50er-Jahren fälschlicherweise im Erdgeschoß des Palais angebracht hatte, gibt es nun wieder einen originalgetreu rekonstruierten aus geschmiedetem Eisen - im mondänen Piano nobile.

Ob der fehlenden Rampe lagen in den letzten Jahrzehnten die beiden Kellergeschoße bloß. Sie liegen es auch jetzt. Wenn auch anders: Hans Hollein markierte die Trennungslinie zum Palais mit einem schweren Gesims. Und schnitt darunter eine Reihe plumper Bullaugen ins Mauerwerk. Dass ihm diese Lösung widerstrebt, würde der Direktor öffentlich nie zugeben. Das Bundesdenkmalamt hätte auf dieser Lösung bestanden. Und er, Schröder, sei der Letzte, der nicht zu der Entscheidung steht.

Immerhin betritt man die Albertina jetzt wieder durch den Haupteingang auf der Bastei. Und nicht durch den Keller. Beziehungsweise: Man durchstößt die Bastei mit Lift oder Rolltreppe, um die Albertina durch den Haupteingang betreten zu können. Und wird selbst bei Regen nicht nass werden: Denn weit über die Bastei hinaus soll ein Flugzeugflügel-ähnliches Dach aus Titan kragen, das Hollein gestaltete. Doch das Wunderwerk der Technik, 64 Meter lang, ließ sich bisher nicht realisieren. Es werde nun in Russland produziert, sagt man, und soll ab Herbst über der Bastei schweben.


Zu Schröders Ärger hat der Burghauptmann kein Geld für die Bepflasterung springen lassen. Billiger Asphalt umgibt das Reiterstandbild von Erzherzog Albert, dem Gründer der Albertina. Und auf billigem Asphalt muss man sich dem Tempel der Musen nähern. Doch dann, hat man den gläsernen Windfang passiert, steht man inmitten der Pracht. Inmitten der „kostbarsten, wertvollsten Materialien“, sagt Schröder. „Wir haben uns auch bei der zeitgenössischen Architektur“ - der Direktor betont immer das Zeitgenössische der Architektur - „am Anspruch des Palais mit seinen Prunkräumen orientiert. Und greifen nicht zurück auf Wellblech.“ Die Albertina ist schließlich keine Hütte. Daher schwarzer Granit aus China, laut Schröder der „nero assoluto“. Zudem grün-roter Marmor aus Ostanatolien, der „rosso levante“. Und das 15 Meter lange Foyer - man könnte auch Schlauch sagen - ist ausgekleidet mit hellem Travertin. 28 Tonnen Stein hat man insgesamt verarbeitet.

Am Ende des Tunnels (neu errichtet, da dieser Teil beim Bombenangriff 1945 völlig zerstört wurde) wartet das Licht: Den Innenhof, Schröder nennt ihn „Court“, hat man überdacht und in den Zustand von 1850 gebracht. Nun herrscht wieder die alte Anordnung der kleinteiligen Fenster, selbst die Farben, Apricot und Elfenbein, seien originalgetreu.

Linkerhand gelangt man ins Do&Co-Restaurant. Arkan Zeytinoglu, von dem die Bar Italia stammt, hat es designt. Ein mächtiger Palisander, in Scheibchen geschnitten (insgesamt 600 Quadratmeter), bildet die Oberfläche der Bar, der Wände, der Toiletten. „Das schönste Restaurant von Wien“, sagt Schröder. Es lebe der Superlativ. Vis-à-vis der Museumsshop des britischen Innenarchitekten Callum Lumsden. Die Möbel sind aus Kirschholz, schwarz lasiert, und rosa Glas. „Sehr elegant“, sagt Schröder.

Geradeaus geht es in die ovale Minerva-Halle, 1822 von Joseph Kornhäusel errichtet. Ab der Göttin der Weisheit, die selbstbewusst in einer Nische thront, schreitet man auf weißem Marmor zu den Ausstellungsbereichen. Eine Rolltreppe führt hinunter in die neue Basteihalle. „Convenience ist alles“, sagt Schröder. „Die Rolltreppe habe ich gewollt und geplant.“ Das Design zumindest stammt von den Architekten Erich G. Steinmayr und Friedrich H. Mascher: Der Schacht ist mit Milchglasscheiben - Schröder sagt natürlich „satiniertes Glas“ - verkleidet, hinter denen Batterien von Neonröhren leuchten. Eine Himmelfahrt in den Untergrund. Dort geht es weiter auf Eichenparkett: „Dunkel gebeizt, raffiniert verlegt, extrem widerstandsfähig“, sagt Schröder. Der White Cube mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten ist groß. Wie groß? „1000 m²“, sagt Schröder. „800 Quadratmeter“, sagen die Architekten.

Von der Minerva-Halle kann man aber auch geradeaus weitergehen: durch den Säulengang bis zur Sphinxstiege. Dabei passiert man die Pfeilerhalle. Hier hätte ursprünglich der Lift eingebaut werden sollen. Als Schröder im Herbst 1999 zum Direktor berufen wurde, war der Schacht bereits ausgehoben. Welch Frevel! Schröder ließ ihn zuschütten, um die Halle in ihrer Integrität zu erhalten. Nun nutzt er sie für Wechselausstellungen. Nebenan das Kinderatelier mit fünf Räumen: Gleichzeitig können mehrere Schulklassen betreut werden. „Das hat kein anderes Museum“, sagt Schröder.

Über die viergeschossige Sphinxstiege führt der Weg ins Piano nobile mit den restaurierten Prunkräumen. Kurioserweise ist die Innenausstattung älter als der Gebäudetrakt: Sie war 1780 für Schloss Laecken angefertigt worden. Und Erzherzog Albert nahm sie mit, als er 1792 vor den Franzosen floh. Nun strahlen diese Räume wieder, die jahrzehntelang auch als Depots genutzt worden waren. 32 Kilometer Leisten wurden restauriert und vergoldet. Und die Wandbespannungen konnten perfekt rekonstruiert werden. Denn in jedem Saal hätten sich Reste von diesen erhalten gehabt. Daher konnte man sie wie einst von Rubelli in Venedig weben lassen. „Hundert Prozent Seide“, sagt der Direktor. „Mit der originalen Musterung.“

Dass die Albertina „das schönste klassizistische Palais Mitteleuropas“ ist: Wer würde das infrage stellen? Das Vestibül. Das Konversations- oder Kaminzimmer. Die Garderobe von Erzherzog Carl, dann dessen Schlafzimmer, das Goldkabinett, der Teesalon, das Billardzimmer. Der Musensaal, der allein zwei Millionen Euro kostete. „Ich bin sehr stolz“, sagt Schröder. Das Lesezimmer, in Gelb gehalten. „In Gold“, verbessert Schröder. Der Audienzsaal in Purpur. „In Kardinalsrot“, sagt Schröder. „Das ist schon eine Pracht.“ Dann das Rokokozimmer, das so heißt, weil die Einrichtung jüngeren Datums ist: Mathilde, die Tochter von Albrecht, rauchte heimlich, fing Feuer wie Paulinchen und verendete kläglich. Die Wände sind daher nicht mit Seide ausgekleidet, sondern mit Satin. Zum Schluss das Wedgwoodkabinett in Lila und das Spanische Appartement.

Die Klimaanlagen, die 400 Kilometer Lichtwellenleiterverkabelung: alles versteckt in Wandnischen und Kaminen. „Wir haben ein Palais des 18. Jahrhunderts auf dem technischen Stand des 21. Jahrhunderts“, sagt Schröder. Nagelneu auch die Propter-Homines-Halle im Augustinerkloster, eigentlich ein Rundgang mit zehn Sälen. „Radikale Modernisierung“, sagt Schröder immer wieder. Das gilt ganz besonders für diesen Bereich: Der Direktor ließ Kaminmauern und Bibliotheksgang niederreißen, um Platz für die Wechselausstellungshalle zu schaffen. Wie groß sie ist? „Knapp 1000 Quadratmeter“, sagt Schröder. „Rund 800 Quadratmeter“, sagen die Architekten.

Der Standard, Sa., 2003.03.08



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Albertina

13. November 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Kindertheater soll nun erst 2004 eröffnen

Günstiger Mietvertrag mit Museumsquartier

Günstiger Mietvertrag mit Museumsquartier

Im April dieses Jahres hatten Bürgermeister Michael Häupl und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) die Eröffnung des Kindertheaterhauses für den Herbst 2003 angekündigt. Zu früh, wie sich herausstellte: Der Umbau des ehemaligen Residenz-Kinos, das um ein Foyer im Klosterhof des Museumsquartiers ergänzt wird, beginnt nun erst im Frühjahr 2003. Den Betrieb soll die neue Spielstätte im Sommer 2004 aufnehmen.

Die Kindertheaterhaus-GmbH, der Bauherr, konnte letzte Woche einen unbefristeten Mietvertrag mit der Museumsquartier Betriebsgesellschaft abschließen: Sie wird lediglich 1,50 Euro pro Quadratmeter zahlen. „Ein Entgegenkommen des Bundes“, so MQ-Chef Wolfgang Waldner.

Geschäftsführer Christian Pronay bezeichnete die Miete für das 950 Quadratmeter große Theater als „sehr günstig“. Die Herstellungskosten inklusive Einrichtung und Technik beziffert er mit insgesamt 3,6 Millionen Euro. Sie werden von der Stadt übernommen.

Am Projekt selbst hat sich seit dem Jahr 2000 nichts geändert. Nach den Plänen von Architekt Willi Frötscher soll das Residenz-Kino, das bereits 1997 vom damaligen Kulturstadtrat Peter Marboe (VP) als Standort des Kindertheaterhauses ausgewählt worden war, rund 140 Zuschauern Platz bieten. Im Fischer-von-Erlach-Trakt wird eine vielfältig nutzbare „Black Box“ (für 70 bis 80 Personen) und ein Seminarraum errichtet, der auch als Bibliothek oder Archiv verwendet werden kann.

Die künstlerische Leitung will Mailath „so bald als möglich“ bestellen. Rund 50 Bewerbungen, davon zwei Drittel aus Österreich, seien bis zur Frist 4. November eingegangen. Eine fünfköpfige Jury soll eingesetzt werden. Dass die Ausschreibung auf Stephan Rabl (Szene Bunte Wähne) zugeschnitten sei, stellte Pronay in Abrede.

Der Standard, Mi., 2002.11.13



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Dschungel Wien

27. September 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Das Daumenkino der Architekturlandschaft

Verein Architekturtage & art:phalanx (Hrsg.) Architektur 2002 Verlag Anton Pustet Salzburg 2002 368 Seiten, 5 EURO

Verein Architekturtage & art:phalanx (Hrsg.) Architektur 2002 Verlag Anton Pustet Salzburg 2002 368 Seiten, 5 EURO

Im Wiener Museumsquartier stößt man auf etliche leuchtend rosa lackierte Automaten, aus denen sich zwar keine Zigarettenschachtel ziehen lässt, aber ein Büchlein in der gleichen Größe: Ortner & Ortner. the architecture of the MQ, um vier Euro äußerst wohlfeil, besteht aus Plänen, Skizzen, Infos, einem Abriss und Hunderten Fotos über die Entstehung des im Sommer 2001 eröffneten Kulturareals. Ein überraschendes, aufwändig gestaltetes Bilderbuch also, das von der Gruppe art:phalanx im Triton-Verlag herausgegeben wurde - in einer Auflage von 20.000 Stück.

Das Team Heide Linzer und Hans-Peter Wipplinger hatte erstmals 1999 auf sich aufmerksam gemacht, als sie diese Automaten, aufgestellt in der Wiener Innenstadt, mit eigens angefertigten Multiples von zum Teil renommierten Künstlern (wie Peter Kogler, Manfred Erjautz, Eva Schlegel und der Boygroup Gelatin) bestückten. Logischerweise wies auch der Katalog zu diesem arttraffic-Projekt die Ausmaße einer Zigarettenschachtel auf.

Nun, anlässlich der Architekturtage, die heute, Freitag, und morgen österreichweit stattfinden, erschien unter dem Titel Architektur 2002 der dritte Band der austrian snapshots pocket catalogues. Der Schriftsteller Franzobel stellt ein paar ironisch-grundsätzliche Fragen („Welches Bauwerk Ihrer Umgebung ist besonders gelungen? Wo sind darin die Orte, in denen man Liebe machen kann?“) - und die Architekturhäuser und -institutionen des Landes präsentieren sich, indem sie diese mit wenigen Worten und vielen Illustrationen beantworten: hintergründig oder oberflächlich, ausführlich oder gar nicht. Entstanden ist ein kunterbuntes Regenbogenfarben-Daumenkino. Dass der praktische Nutzen eher marginal ist, stört keineswegs.

Der Standard, Fr., 2002.09.27

16. September 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Festspielhaus-Odyssee

Kahn spendet 4,36 Millionen für den Umbau

Kahn spendet 4,36 Millionen für den Umbau

Salzburg - Der seit 1985 in Salzburg lebende New Yorker Verleger Donald Kahn spendet 4,36 Millionen Euro für den Umbau des Kleinen Festspielhauses. Ein diesbezüglicher Vertrag mit den Salzburger Festspielen wurde am Sonntag unterzeichnet. Falls das rund 30 Millionen Euro teure Projekt scheitert, muss das Geld zurückbezahlt werden.

In der Kuratoriumssitzung am Freitag wurde, wie in einem Teil der Wochenendausgabe des STANDARD berichtet, keine Entscheidung gefällt, welches der vier im Rennen befindlichen Teams den Zuschlag erhalten soll. Die Situation ist, seit sich der Architekt Valentiny von seinen Partnern Wimmer und Zaic trennte (mit denen er den Wettbewerb gewann) und zum Kontrahenten Wilhelm Holzbauer überwechselte, noch verworrener:

Wimmer/Zaic, die vom Verfahren aus formalen Gründen ausgeschlossen wurden, glauben, dass ihre Ideen in das neue Projekt von Holzbauer/ Valentiny eingeflossen seien, was diese aber bestreiten. Um nicht in einen Rechtsstreit verwickelt zu werden, will das Direktorium klären lassen, wer Recht hat. Zudem gibt es auch bezüglich der anderen Projekte offene Fragen. Die Entscheidung soll am 10. Oktober gefällt werden.

Der Standard, Mo., 2002.09.16



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

17. August 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Ein Korsett mit fatalen Folgen

Das Kulturforum in New York wird erheblich mehr gekostet haben als ursprünglich angenommen. Die Verwunderung darüber verwundert aber: Dass das Gebäude von Raimund Abraham mit seiner auffälligen Fassade nicht billig kommen würde, war bekannt.

Das Kulturforum in New York wird erheblich mehr gekostet haben als ursprünglich angenommen. Die Verwunderung darüber verwundert aber: Dass das Gebäude von Raimund Abraham mit seiner auffälligen Fassade nicht billig kommen würde, war bekannt.

Wien - Bereits 1992, als das Außenministerium den Architekturwettbewerb auslobte, muss klar gewesen sein, dass der Neubau des Kulturforums in New York eine kostspielige Angelegenheit werden würde. Denn die Bebauungsvorschriften auf Manhattan lassen keinen großen Spielraum zu: Hofseitig haben die Geschoße über dem Parterre sechs Meter zurückzuspringen, straßenseitig darf das Gebäude längs der Häuserzeile maximal 27,5 Meter hoch sein. Darüber muss die Fassade gestaffelt oder schräg zu einer Profillinie folgen. Was bedeutet, dass die Nutzfläche pro Geschoß nach oben hin immer mehr abnimmt.

Bei einer Grundstücksbreite von nur 7,6 Metern und einer Tiefe von 25 Metern hat dieses Korsett fatale Folgen. Weil die Infrastruktur - Treppenhäuser, Liftanlagen, Leitungen, Rohre - nach oben hin einen permanent steigenden Prozentsatz der Fläche frisst. Daher ist der Gebäudehöhe neben den Vorschriften (die Profillinie und jene der Rückseite laufen aufeinander zu) noch ein zweites Limit gesetzt: durch die Wirtschaftlichkeit.

Dieser wurde damals aber keine Beachtung geschenkt: Fast alle 226 Wettbewerbsteilnehmer schlugen einen Turm vor. Und keinen kompakten Block. Einerseits, weil sie sonst nicht alle Vorgaben des Außenministeriums hätten erfüllen können. Und andererseits, weil die Situation in der 52. Straße nahe der Fifth Avenue ein starkes architektonisches Zeichen verlangte. Und ein solches ist das Gebäude von Raimund Abraham.

Dieses durchaus reizvolle Missverhältnis von Gebäudehöhe zur -breite verlangte zudem eine Errichtung mit Stahlbeton. Die ortsübliche Stahlbauweise hätte nämlich unzählige Querverstrebungen benötigt, um die Stabilität des Turms zu gewährleisten, der auch als Solitär wie ein Fels in der Brandung stehen muss.

Das geriet in der Tat teuer. Noch dazu, weil erst das dritte Bauunternehmen in der Lage war, die Qualitätsnormen zu erfüllen. Dadurch kam es zu Verzögerungen. Und die Firma Manhattan Concrete, der die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in der Not den Auftrag entzog, klagte eine Entschädigung von 1,33 Millionen Dollar ein. Von einem Schiedsgericht wurden ihr zwar nur 517.000 zugesprochen, dennoch stiegen die Baukosten erheblich an.


„Ungelöste Probleme“

Und nicht nur deshalb. Das Außenministerium bestätigte nun, von der BIG die vorläufige Endabrechnung erhalten zu haben. In dieser werden penibel die Gründe aufgelistet, warum die Kosten von 23,31 Millionen Dollar, so das ursprüngliche Angebot, um 37,4 Prozent auf 31,02 Millionen explodierten: Rund 5,5 Millionen der Mehrkosten gingen zulasten des Außenministeriums und des Architekten.

Die von Abraham angeordneten Änderungen seien „großteils aufgrund der im Zuge der Detailplanung zutage tretenden und bis dahin ungelösten Probleme“ und „in der Planung nicht beachteten behördlichen Vorschriften“ notwendig geworden. Sie betrafen so gut wie alle Bereiche: von der Balustrade bis zu den Aufzügen, von der Fassade bis zum Wassertank, von der Lobby bis zur Sprinkler- und Fensterreinigungsanlage.


Viele Sonderwünsche

Zu diesen „chance orders“ und den damit verbundenen Verzögerungen kamen Sonderwünsche des Außenamts im Wert von 1,82 Millionen - bezüglich des Theaters und des Computerraums, der Sicherheitstechnik und des Penthouses für den Direktor Christoph Thun-Hohenstein.

Der heikelste Punkt betrifft Abrahams Honorar. Denn der Architekt pocht auf den Satz von elf Prozent der Bausumme. Und das wären 3,29 Millionen Dollar. Der Prozentsatz geht an und für sich in Ordnung: Er liegt, wie das Außenamt mitteilt, unter der Richtgröße von zwölf bis 14 Prozent. Zudem sei der Vertrag in Absprache mit der Finanzprokuratur sowie dem Wirtschaftsministerium abgeschlossen worden. Und er sähe „einen Degressionsabzug bei genehmigten Kostensteigerungen vor“. Was zwar logisch ist, Abraham aber bisher nicht wahrhaben wollte: Er fordert zu den 2,54 Millionen, die er erhielt, weitere 750.000 Dollar. Der Fairness halber sei aber erwähnt: Als Generalplaner musste Abraham, der auch die wenig praktikable Inneneinrichtung entwarf (wofür er gesondert bezahlt wurde), mit dem Honorar auch seine gesamte Mannschaft bezahlen.

Weder die BIG noch das Ministerium sollen aber gewillt sein, seine Forderungen zu erfüllen. Bezüglich der weiteren Faktoren stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Die BIG will wiederholt auf die Kostensteigerungen hingewiesen haben. Und im Ministerium schweigt man, bis die Abrechnung geprüft ist. Klar ist aber: Die monatlichen Rückzahlungen werden steigen. Oder dauern länger.

Der Standard, Sa., 2002.08.17



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Österreichisches Kulturinstitut

05. Juli 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Das Ende eines Kunstzentrums

Holleins Architektur im Mönchsberg soll nun doch Museum werden

Holleins Architektur im Mönchsberg soll nun doch Museum werden

Salzburg - Die Studie über die Nutzung des geplanten Museums im Mönchsberg (MiM), die Wilfried Seipel, Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums, im Auftrag der Stadt Salzburg erstellte, ist mehr oder weniger Makulatur. Denn Seipel hatte Anfang 2002 plädiert, Hans Holleins Architektur, ursprünglich als Filiale für den Guggenheim-Konzern vorgesehen, in ein „Kunst- und Ausstellungszentrum“ zu verwandeln.

Der Bund sieht sich aber, wie berichtet, außer Stande, Kunsthallen mitzufinanzieren. Und so kehren die Projektbetreiber nun zur hauptsächlichen Verwendung als Museum zurück. Das bedeutet, dass der Bau über eine permanente Sammlung, über Restaurierungswerkstätten und Depots verfügen muss.

Bei einem Gipfelgespräch vor wenigen Tagen zwischen Stadt und Land Salzburg wurde das Kunsthistorische Museum, Guggenheim und die Eremitage St. Petersburg gebeten, eine schriftliche Kooperationsvereinbarung bezüglich des MiM abzuschließen und rechtzeitig vor den Finanzierungsverhandlungen mit dem Bund vorzulegen. Diese sollen noch vor dem 30. August aufgenommen werden. Angepeilt wird eine Drittelfinanzierung. Zudem wurde die Stadt gebeten, eine Errichtergesellschaft zu gründen, um einen Ansprechpartner für ebendiese Verhandlungen zu haben.

Landeshauptmann Franz Schausberger (VP) betonte, nach wie vor an der Errichtung interessiert zu sein. Das Museum am Berg, das derzeit vom Land realisiert wird, sehe eine direkte Anknüpfung an das MiM vor, zudem seien bereits rund 18 Millionen Euro für den Bau vorgesehen.

Gegenüber Februar veränderten sich aber die Kosten entschieden: Waren die Projektbetreiber nach der von Hollein vorgenommenen Redimensionierung von 56 Millionen Euro für die Errichtung ausgegangen, ermittelten nun zwei externe Betriebsberater einen Bedarf von deren 69 Millionen. Auch der von Seipel ermittelten benötigten Subvention schenkte man keinen Glauben: Statt maximal 4,5 Millionen Euro jährlich dürfte der Bedarf bei 8,2 Millionen in den ersten Jahren liegen, danach bei 6,2 Millionen. Diese Zahlen erscheinen realistischer - einst hatte man jährliche Kosten von 12,3 Millionen errechnet.

Der Standard, Fr., 2002.07.05



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Guggenheim Salzburg

25. Mai 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Forum Alpbach: Architektur ist wieder Thema

Alpbach - Die letzten Sommer erstmals abgehaltenen, kurzfristig konzipierten Alpbacher Architekturgespräche stellten sich als sinnvolle Ergänzung heraus...

Alpbach - Die letzten Sommer erstmals abgehaltenen, kurzfristig konzipierten Alpbacher Architekturgespräche stellten sich als sinnvolle Ergänzung heraus...

Alpbach - Die letzten Sommer erstmals abgehaltenen, kurzfristig konzipierten Alpbacher Architekturgespräche stellten sich als sinnvolle Ergänzung heraus - und verlangten nach einer Fortsetzung: Sie finden auch heuer im Rahmen des Europäischen Forums statt, gleich zu Beginn der zweiwöchigen Tagung (15.-31. August), die sich mit dem Thema „Kommunikation und Netzwerke“ auseinander setzt.

Christoph Achammer vom Planungsbüro Achammer-Tritthart & Partner, das zusammen mit Swarovski als Veranstalter fungiert, konnte für Netzwerk und Architektur eine Riege von Stars verplichten: Sir Peter Hall (London), Hartmut Häussermann (Berlin) und William J. Mitchell (Boston) werden am 16. August die Impulsreferate halten, tags darauf finden Diskussionen unter anderem mit Peter Cook (London), Raimund Abraham (New York) und Wolf D. Prix statt. Im Mittelpunkt stehen ästhetische und städteplanerische Fragen. An Studenten werden 40 Aufenthaltsstipendien (im Wert von je 270 Euro) vergeben.

Der Standard, Sa., 2002.05.25

04. Mai 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Neue Suche nach einem Wahrzeichen

Hochfliegende Pläne fürs Museumsquartier

Hochfliegende Pläne fürs Museumsquartier

Der Leseturm als architektonisches Wahrzeichen für das Museumsquartier ist längst Geschichte. Auch der Laserturm, dessen Strahlen nachts den Weg zum Kulturareal weisen, wird es bald sein: Die Installation soll noch im Juni abgebaut werden.

Ein weithin sichtbares Signal aber brauche es, meint Edelbert Köb, der neue Direktor des Museums moderner Kunst. Denn wer ahne schon, was sich hinter der Fassade der ehemaligen Hofstallungen verstecke. Flugs flogen seine Gedanken hoch: Köb träumte von einem riesigen Spiegel über der Szenerie. Diesen an einem Kran zu montieren scheiterte aber: Weil die Decke der Tiefgarage keine großen Lasten verträgt.

Köb beauftragte daraufhin Michelangelo Pistoletto - und was dem 1933 in Turin geborenen Universalkünstler, der schon öfters mit Spiegeln gearbeitet hat, einfiel, liegt nahe: Er lässt den Spiegel an einem Ballon, rund wie das MQ- Logo, in die Lüfte schweben.

Wolfgang Waldner, der Chef des Quartiers, meint, er sei für alle guten Ideen zu haben. Die technische Machbarkeit müsse allerdings erst einmal geprüft werden. Demnächst will er eine Konferenz der Nutzer einberufen, um mögliche Signale zu diskutieren. Kostenschätzung für die Installationgibt es noch keine.

Der Standard, Sa., 2002.05.04



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MuseumsQuartier Wien - MQ

20. April 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Ein Fest mit vielen Vätern

„Ich will jetzt mein Gebäude zelebrieren“, sprach Architekt Raimund Abraham: Weitgehend ungestört von Rechungshof-Kritik und FP-Schelte ging am Donnerstag die Eröffnung des Österreichischen Kulturforums in New York über die Bühne.

„Ich will jetzt mein Gebäude zelebrieren“, sprach Architekt Raimund Abraham: Weitgehend ungestört von Rechungshof-Kritik und FP-Schelte ging am Donnerstag die Eröffnung des Österreichischen Kulturforums in New York über die Bühne.

Im Kulturforum hatte man eisernes Stillschweigen bewahrt: Bereits seit einer Woche war den Mitarbeitern bekannt gewesen, dass Finanzminister Karl-Heinz Grasser das neue Gebäude besichtigen werde - eine Stunde vor der lang erwarteten „Morning Dedication Ceremony“. Doch das Hofieren von Grasser und Gefolgschaft sollte nichts mehr bewirken: Unmittelbar nach der feierlichen Eröffnung langten aus Wien per Fax Zeitungsberichte ein, in denen sich Grasser sehr negativ über die hohen Errichtungskosten von 30 Millionen Dollar und Raimund Abraham, den Architekten, äußert.

Abraham, der die Fertigstellung nach den vielfachen Problemen bei der Realisierung als „Erlösung“ empfindet, war naturgemäß verärgert. Man müsse die Relationen beachten: Der Prada-Shop, den Rem Kohlhaas mit geradezu atemberaubender Eleganz just für jenes Storehouse am Broadway entwarf, in dem zuvor das Guggenheim SoHo untergebracht gewesen war, hätte weit mehr gekostet als das Kulturforum.

Auch zu seinem Entschluss, die amerikanische Staatsbürgerschaft anzunehmen, wollte Abraham kein Wort mehr verlieren: „Ich will jetzt mein Gebäude zelebrieren.“

„Zelebrieren“ ist wohl das richtige Wort: Im Kulturforum wird Abraham mehr oder weniger liebevoll nur mehr „der Papst“ genannt. Der Architekt wollte, dass jeder Einrichtungsgegenstand mit seiner Architektur harmoniert. Und so entwarf er viele der nicht immer zweckmäßigen Möbel. Auch verwehrte er sich dagegen, dass Christof Cargnelli und Peter Szely für ihre Soundinstallation am Abend der Eröffnung Kabel verlegten, Mikrofone und Lautsprecher montierten. Dieses Equipment hätte, so Abrahams Argumentation, seine architektonische Skulptur empfindlich gestört.

Statt über fünf Ebenen flossen die Töne, gesampelte City-Sounds kombiniert mit Geräuschen aus dem Kulturforum, nur mehr über deren zwei. Überhaupt ging am Eröffnungstag nicht alles so über die Bühne des holzgetäfelten Auditoriums, wie man es sich vielleicht erträumt hatte. Der Feierstunde wohnten in erster Linie Beamte und Diplomaten aus Österreich bei. Und nur auf der „Resteliste“ standen jene Persönlichkeiten, auf deren Erscheinen man hoffte, auch wenn sie abgesagt hatten: Vito Acconci, Hillary Clinton, Frank Gehry, Helmut Lang, Norman Mailer, Kurt Masur, Arnold Schwarzenegger, Joe Zawinul etc.

Auf dieser Liste wurde auch Michael Bloomberg, der Bürgermeister von New York, geführt. Aber der empfing eben just zu dieser Stunde den österreichischen Finanzminister - und übermittelte lediglich eine Grußbotschaft: eine Proklamation, nach der dieser 18. April der Tag des österreichischen Kulturforums sei. Dafür gab es eifrig Applaus.


Moraks Version . . .

Die eigentliche Eröffnung des „Kulturleuchtturmes“ nahm Staatssekretär Franz Morak vor. Der Text, den der ehemalige Burg-Schauspieler auf Englisch rezitierte, stieß bei manchen auf leichtes Unverständnis. Denn Morak bezeichnete Exaußenminister Alois Mock, der eigens angereist war, und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, den Bundeskanzler, als die „Väter dieses Hauses“; die früheren Direktoren des Kulturforums, Peter Marboe und Wolfgang Waldner, hätten als „Sachwalter dieser Idee“, das asbestverseuchte Gebäude durch einen Neubau zu ersetzen, fungiert.

Marboe, der das Projekt initiiert und hartnäckig betrieben hatte, nahm es gelassen: Er freute sich, wie Waldner, über die hymnischen US-Kritiken.

Für die New York Verdana etwa stellt das Kulturforum das „signifikanteste Stück moderner Architektur“ in N.Y. seit dem Guggenheim Museum 1959 dar. Sie lobte vergangenes Wochenende das Engagement Österreichs, sein Image aufzupolieren - um im gleichen Atemzug fehlende Auslandskulturaktivitäten der USA massiv zu kritisieren.

Kulturforumsleiter Christoph Thun-Hohenstein weiß: „Wir müssen jetzt diesen Vertrauensvorschuss einlösen: mit dem Programm, das wir anbieten.“ Und dieses müsse gleich zu Beginn ein „irres“ sein: Die kommenden drei Monate werden daher kaum Verschnaufpausen gönnen. Transforming Modernity nennt sich das vielschichtige Eröffnungsprogramm, das Thun-Hohenstein um rund 0,5 Millionen Euro konzipierte.

Einen ersten Vorgeschmack gab es bereits bei der Eröffnungsfeier: Das Klangforum Wien brachte poly rendering von Franz Hackl, eine Verschmelzung von Barockmusik und Jazzelementen, zur Uraufführung. Und auch der Abend stand im Zeichen der zeitgenössischen Musik. Wie hatte Morak gemeint: „An diesem zentralen Punkt unserer Welt“ - er meinte New York - „erkennt das österreichische Kulturforum seine wesentliche Aufgabe der Vermittlung von Kunst und Kultur jenseits aller Österreich-Klischees.“

Der Standard, Sa., 2002.04.20



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Österreichisches Kulturinstitut

18. April 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Freudentränen und Wermutstropfen

Heute, rund zehn Jahre nach dem Architekturwettbewerb, wird das neue Kulturforum in New York eröffnet. Die Freude über den Mini-Wolkenkratzer in der 52. Straße von Manhattan - die wasserfallartige Fassade von Raimund Abraham sorgte bereits im Modell für einhelliges Lob der Kritik - ist aber ein wenig getrübt. Und auch der Rechnungshof bemängelt: Die Errichtungskosten explodierten.

Heute, rund zehn Jahre nach dem Architekturwettbewerb, wird das neue Kulturforum in New York eröffnet. Die Freude über den Mini-Wolkenkratzer in der 52. Straße von Manhattan - die wasserfallartige Fassade von Raimund Abraham sorgte bereits im Modell für einhelliges Lob der Kritik - ist aber ein wenig getrübt. Und auch der Rechnungshof bemängelt: Die Errichtungskosten explodierten.

Nichts ist geworden aus dem ursprünglichen Plan, das neue Kulturinstitut 1996 im Rahmen der Feiern zu „1000 Jahre Österreich“ zu eröffnen. Gut Ding braucht eben, wie man leidvoll weiß, Weile. Aber nun ist es so weit: Die Mannschaft von Christoph Thun-Hohenstein, dem Leiter, hat den beeindruckenden Mini-Wolkenkratzer, entworfen von Raimund Abraham, Ende März bezogen.

Und heute, Donnerstag, findet die feierliche Eröffnung statt. Ohne Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, die in Wien Giscard D'Estaing, den Präsidenten des EU-Konvents, trifft. Was in der Kunstsektion des Außenamts als schmerzlich empfunden wird. Weil „alles ausgerichtet war auf die Frau Minister“. Auch Bundespräsident Thomas Klestil wird nicht kommen. Eine Eröffnung durch ihn sei nie vorgesehen gewesen, heißt es.


Drei Männer, ein Baby

Nicht nehmen lassen sich das Fest aber jene drei Männer, deren Baby dieses unlängst in „Kulturforum New York“ umbenannte, von der Architekturkritik bereits seit Jahren bejubelte Gebäude ist: Peter Marboe, der als Leiter des Kulturinstituts den Neubau bereits 1984 vorgeschlagen hatte, weil ihm eine Sanierung des alten, asbestverseuchten und viel zu kleinen Hauses in der 52. Straße nicht sinnvoll erschien. Ex-Außenminister Alois Mock, den Marboe für das Projekt, einen offenen Wettbewerb auszuloben, gewinnen konnte. Und Wolfgang Waldner, Marboes Nachfolger in New York, dem die Realisierung oblag - ohne in den Genuss zu kommen, die Früchte zu ernten: Im Sommer 1999 wurde er als KI-Leiter von Thun-Hohenstein abgelöst und ist seither Chef des Museumsquartiers in Wien.

Trotz all der Freudentränen angesichts der geglückten Architektur ist die Eröffnung nicht frei von Wermutstropfen. Dass Raimund Abraham, der gegen die schwarz-blaue Regierung Stellung bezog, unlängst die österreichische Staatsbürgerschaft gegen die amerikanische getauscht hat, wird ihm am Ballhausplatz schon ein wenig verübelt.

Zudem explodierten die Baukosten: Statt 24 Millionen Dollar, wie 1998 geschätzt, wird das Kulturforum zumindest deren 30 gekostet haben (die exakte Endabrechnung liegt noch nicht vor). Zudem stieg der Wert des Dollars in dieser Zeit beträchtlich. In einem Rohbericht kritisiert der Rechnungshof jetzt jedenfalls unüblich hohe Errichtungskosten: 15.000 Euro pro Quadratmeter. Botschafter Otto Ditz, im Außenministerium für die Bauangelegenheiten zuständig, will aber notfalls Einspruch erheben: Weil man der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), die das Projekt vorfinanziert hat, nur das bezahlen möchte, was vereinbart war: 24 Millionen Dollar zum Kurs von 1998 und zusätzliche rund drei Millionen Dollar zum aktuellen Kurs für audiovisuelle und Sicherheitseinrichtungen. An den kostenintensiven Verzögerungen beim Bau trage man keine Schuld.

Marboe ist trotzdem „froh und erleichtert“. Man müsse in größeren Dimensionen denken: „Die Verteuerung und die Verzögerungen werden dadurch aufgewogen, dass hier in New York ein kleines Land Architekturgeschichte schrieb.“ Das Außenministerium muss der BIG monatlich rund 120.000 Euro zahlen. In vielleicht zwei Jahrzehnten gehört ihm dann auch das Gebäude. Noch fließt kein Geld: Weil, so Otto Ditz, die Baumängel nicht behoben sind.

Der Standard, Do., 2002.04.18



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Österreichisches Kulturinstitut

09. März 2002Thomas Trenkler
Der Standard

Ein Mann mit Hut, Bart und Rückgrat

Jetzt US-Staatsbürger: der österreichische Architekt Raimund Abraham.

Jetzt US-Staatsbürger: der österreichische Architekt Raimund Abraham.

Eigentlich war es ein Affront. Vor knapp zehn Jahren, im Dezember 1992, als man nicht Hans Hollein zum Sieger des Architekturwettbewerbs um den Neubau des österreichischen Kulturinstituts in New York kürte, sondern Raimund Abraham. Aber am Spruch der prominent besetzen Jury war nicht zu rütteln. Und Hollein, der Zweitplatzierte, beugte sich ihr. Etwas säuerlich.

Diskussionen gab es - anfänglich - trotzdem. Denn was hatte der Lienzer, 1933 geboren, schon realisiert? Nicht viel. Ein paar Häuser. Abraham war irgendwie ein Loser, zumindest bei den wirklich großen Wettbewerben, zum Beispiel um das Centre Pompidou oder die Bastille-Oper in Paris: Er wurde Zweiter.

Zudem ist Abraham, der an der TU Graz studierte und 1964 in die USA auswanderte, eher ein Theoretiker: Der Professor für Architektur an der Cooper Union und Adjunct Professor am Pratt Institute in New York City beschäftigte sich jahrzehntelang vor allem mit „imaginärer Architektur“. Denn die ist viel besser als gebaute, wenn sie schlecht ist.

Die Pläne für das neue, im Vorjahr in „Kulturforum“ umgetaufte Institut in der 52. Straße hingegen versprachen eine nachgerade exemplarische Architektur: Seit dem Seagram Building des Mies van der Rohe habe es kein vergleichbares architektonisches Werk mehr in der Stadt gegeben, lobten die Kritiker.

So begann der Miniwolkenkratzer mit der wasserfallartigen Glas-Alu-Fassade - rund 20 Stockwerke hoch bei einer Gebäudebreite von nur 7,6 Metern - langsam Tatsache zu werden. Und weil Abraham auch noch zwei Architekturen in den Städten der Geburt wie des Studiums realisierte, setzte er die Präposition im Titel seiner Monografie, 1996 bei Springer erschienen, in eckige Klammern: [UN]BUILT.

Doch nach all den Scherereien, die er im letzten Jahrzehnt mit dem Kulturinstitut hatte, wäre es ihm mitunter fast lieber ungebaut geblieben. Zuerst rückte der damalige Finanzminister Andreas Stari- bacher (SP) das Geld nicht heraus, dann pfuschten die New Yorker Baufirmen, was zu erheblichen Verzögerungen führen sollte. Nicht 1996, als Höhepunkt des österreichischen Millenniums, wurde das Haus eröffnet, auch nicht im Jahr 2000 oder im September 2001 (zum Glück nicht, wie sich herausstellte). Aber es wird: demnächst, im April.

Abraham schimpfte immer wieder. Über das Außenministerium. Über den Finanzminister. Über die Mafia. Den Mund ließ sich der gedrungene Mann mit dem mächtigen Schnurrbart und dem weißen Hut nie verbieten. Er ist eben ein Osttiroler.

Am meisten aber schimpfte Abraham im Frühjahr 2000. Über die Politik. Aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung suchte der Nach-wie-vor-Österreicher um die US-Staatsbürgerschaft an. Seit vorgestern mit Erfolg.

Der Standard, Sa., 2002.03.09

06. September 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Kleines Festspielhaus: Verfahren als „Farce“

Günther Domenig kritisiert Peter Ruzicka

Günther Domenig kritisiert Peter Ruzicka

Salzburg - Der renommierte Architekt Günther Domenig befürchtet, dass der geladene Wettbewerb zum Umbau des Kleinen Festspielhauses in Salzburg zur „reinen Farce“ zu werden droht. In einem Protestschreiben, das dem STANDARD vorliegt, fordert er Peter Ruzicka, den neuen Intendanten des Festivals, auf, sich wegen Befangenheit aus dem neunköpfigen Gutachtergremium zurückzuziehen.

Wie am 13. August berichtet, scheiterte der Plan von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, den Wiener Architekten Wilhelm Holzbauer mit dem Umbau zu betrauen, weil sich eine direkte Auftragsvergabe als nicht kompatibel mit den EU-Richtlinien erwiesen hatte. Der Holzmeister-Schüler, dessen detaillierte Vorschläge bereits seit dem Sommer 2000 vorliegen, muss sich daher vier anderen Architekten(teams) stellen, die aufgrund einer europaweiten Ausschreibung zum Wettbewerb eingeladen wurden.

Eine Bewertungskommission unter dem Vorsitz von Rabl-Stadler soll nun, am 21. September, dem Festspielkuratorium einen der fünf Entwürfe zur Umsetzung empfehlen. In diesem neunköpfigen Gremium sitzen auch die beiden Direktoren der Festspiele, Finanzchef Gerbert Schwaighofer und Ruzicka.

Der Intendant sprach sich kürzlich im Kurier für den Holzbauer-Entwurf aus, den er „faszinierend“ finde: „In Salzburg weiß man, dass Holzbauer die Gegebenheiten am besten kennt. Er hat am und im Haus gebaut, er kann am ehesten mit Unvorhergesehenem fertig werden.“

Domenig, der mit Hermann Eisenköck und Fritz Lorenz als Team eingeladen worden war, empfindet Ruzickas Aussagen als „ungeheuren Affront“ gegenüber den weiteren Teilnehmern: „Im Sinne eines fairen Verfahrens und um sich eine internationale Blamage zu ersparen, wäre es daher anständig, dass sich Mitglieder des Bewertungsgremiums, die sich ohne Kenntnisse der weiteren Beiträge bereits öffentlich zu einem Projekt deklarieren, aus dem Gutachtergremium zurückziehen.“

Ruzicka beteuert, er hätte keine Entscheidung vorwegnehmen wollen: „Das Verfahren wird selbstverständlich streng nach den bestehenden Vorschriften durchgeführt. Der Zuschlag ergeht nach einer demokratischen Juryentscheidung: Wer die Mehrheit der Jury mit geeigneten Planungen überzeugt, wird das Rennen machen.“ Sich aus dem Gremium zurückziehen will Ruzicka nicht.

Der Standard, Do., 2001.09.06



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

13. August 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Der Countdown für ein neues Festspielhaus

Über fünf Konzepte wird bald entschieden

Über fünf Konzepte wird bald entschieden

Salzburg - Der Plan ist alt: Spätestens im Mozart-Jahr 2006 soll das Kleine Festspielhaus - ein akustisch unbefriedigender Schlauch - in neuem baulichem Glanz erstrahlen. Das Direktorium der Salzburger Festspiele beauftragte daher schon vor längerer Zeit Wilhelm Holzbauer, Ideen zu liefern. Schließlich ist der Wiener Architekt ein Schüler von Clemens Holzmeister, der den Festspielbezirk (mit Ausnahme des Kleinen Hauses) über Jahrzehnte errichtet hatte.

Holzbauers Konzept, über das DER STANDARD im August 2000 exklusiv berichtet hatte, fand zwar viel Anklang. Eine direkte Auftragsvergabe erwies sich aber als nicht kompatibel mit den EU-Wettbewerbsrichtlinien. Man entschloss sich daher zu einer europaweiten Suche nach Teams (also Architekten und Technikern), und deren 20 meldeten sich.


Fünf illustre Bauanbieter

Fünf von ihnen wurden in der Folge von einer neunköpfigen Kommission unter dem Vorsitz von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler gebeten, detaillierte Vorschläge zu entwickeln: neben Holzbauer auch die Büros Günther Domenig aus Graz, Friedrich & Partner aus Hamburg, Betrix & Consolascio Architekten AG aus Erlenbach in der Schweiz und Hermann & Valentiny aus Salzburg.

Die Vorgaben lauteten: eine bessere Akustik, mehr Sitzplätze und diese womöglich ohne Sichtbehinderung. Es handle sich dabei um keine „Alibiausschreibung“, beteuert ihrerseits Rabl-Stadler: „Ich hätte Holzbauer zwar gerne direkt mit dem Umbau zum Mozart-Haus betraut, wenn es aber bessere Vorschläge geben sollte, würde es mich freuen.“

Die Architektenteams werden ihre Überlegungen am 24. August darlegen, am 21. September will die Kommission dem Festspielkuratorium eine Empfehlung abgeben. Laut Rabl-Stadler denkt man an einen Beginn der Bauarbeiten im Herbst 2002. Der Probebetrieb soll 2005 aufgenommen werden, die Eröffnung im Sommer 2006 wird voraussichtlich Nikolaus Harnoncourt mit einer Mozart-Oper bestreiten.

Die Kostenobergrenze liegt, so Rabl-Stadler, bei 400 Millionen Schilling: Je 75 Millionen kommen von der Stadt und dem Land Salzburg, 130 Millionen vom Bund. 60 Millionen steuert der in Salzburg wie Friedrich Dürrenmatts „Alte Dame“ hofierte US-Mäzen Alberto Vilar bei; dieselbe Summe haben die Festspiele mit einer Baustein-Aktion aus eigener Kraft aufzubringen. Sie werde, sagt die Präsidentin voll Zuversicht, im Jänner 2002 anlaufen. Der ORF habe seine Unterstützung bereits zugesichert.

Unterstützt wird das Renommierfestival künftig auch von Uniqa: Auf Betreiben von Rabl-Stadler fungiert die Versicherung ab Oktober 2001 als vierter Hauptsponsor - neben Nestlé, Audi und Siemens. Jedes dieser Unternehmen steuert sieben Millionen Schilling jährlich zum Budget der Festspiele bei. Der Anteil der Sponsorengelder betrage insgesamt, so die Präsidentin, derzeit 9,3 Prozent.

Der Standard, Mo., 2001.08.13



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

06. Juli 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Wie eine Muschel auf der Mur

Die „Murinsel“ von Vito Acconci, ein Leitprojekt der Kulturhauptstadt „Graz 2003“, erhitzt die Gemüter: Man kritisiert die Kosten von 70 Millionen Schilling - und plädiert für die Realisierung anderer Projekte. Zudem benötigen der „steirische herbst“ und die „styriarte“ ein Festivalzentrum, für das es kein Geld gibt.

Die „Murinsel“ von Vito Acconci, ein Leitprojekt der Kulturhauptstadt „Graz 2003“, erhitzt die Gemüter: Man kritisiert die Kosten von 70 Millionen Schilling - und plädiert für die Realisierung anderer Projekte. Zudem benötigen der „steirische herbst“ und die „styriarte“ ein Festivalzentrum, für das es kein Geld gibt.

Wolfgang Lorenz, Intendant der Kulturhauptstadt Graz 2003, hält an seinem Lieblingsprojekt, einer Insel in der Mur nach den Entwürfen des New Yorker Künstlers Vito Acconci, unbeirrt fest: Derzeit arbeitet man fieberhaft an der Einreichplanung, die bis Ende Juli abgeschlossen zu sein hat, um rechtzeitig die Genehmigung zum Bau erhalten zu können. Schließlich soll der Eyecatcher rechtzeitig zur Eröffnung von Graz 2003 fertig sein - und das bedingt eine Errichtung während der winterlichen Niedrigwasserphase.

Von „Insel“ ist aber längst keine Rede mehr: Aufgrund des mitunter reißenden Gewässers konstruiert man nun eine Art Floß, das mit Stahlseilen vertäut wird.

Trotz Lorenz' Versprechen, das muschelförmige Amphitheater werde einen enormen Werbefaktor darstellen, hält sich die Begeisterung für die „Murinsel“ in Grenzen. Die steirische Kulturzeitschrift Korso stellte unlängst die Frage: „Vom Leit- zum Leidprojekt?“ - und ein Gutteil der nicht involvierten Befragten äußerte sich skeptisch bis ablehnend. Hauptkritikpunkt ist der Mitteleinsatz von 70 Millionen Schilling, sprich: einem Siebtel des Budgets.


Widerstand wächst

Von politischer Seite schießen sich die KP und die Grünen auf das Projekt ein. Und die Plattform Architektur, der alle namhaften Architekturinstitutionen der Steiermark angehören, übt Kritik: Man fordert - mit Verweis auf die Insel - „eine qualifizierte Diskussion über die uns inhaltlich betreffenden Projekte und deren architektonische Relevanz“.

Selbst im Programmarbeitskreis von Lorenz (zehn Personen ohne Entscheidungskompetenz) gibt es einige, die mit der „Muschel“ unglücklich sind. Aber nur Peter Weibel von der Neuen Galerie hatte bisher den Mut, öffentlich (im STANDARD vom 29. März) Kritik zu üben: Aus Angst, als „Vernaderer“ beschimpft zu werden, schweigt man. Diese Erfahrung durfte Emil Breisach machen: Der Leiter der Akademie Graz hatte vorgeschlagen, die Insel nicht zu bauen - und stattdessen „andere für 2003 eingereichte Projekte zu fördern - etwa das abgelehnte Vorhaben einer Ausstellung der steirischen Moderne“.

Breisach bezieht sich auf ein Konzept, das Götz Pochat, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Grazer Uni, eingereicht hatte. Die Schau würde eine bisher „unbekannte Kunstlandschaft“ eröffnen, die „den Vergleich mit der Entwicklung der Malerei und Plastik seit der klassischen Moderne nicht zu scheuen“ brauche. Sie sei laut Pochat aber mit der Begründung, „trivial“ und „provinziell“ zu sein, abgelehnt worden.

Breisach trifft mit seiner Kritik einen wunden Punkt: Lorenz hatte die Grazer Kulturszene eingeladen, sich Gedanken zu machen, fand aber in der Folge nur einen Bruchteil der Projekte wert, sie zu realisieren. Etliche Vorhaben werden zudem von außen zugekauft, was man als Demütigung empfindet. Laut Hermann Candussi von den Grünen sei es geradezu „zynisch“ von Lorenz, 70 Millionen für die Insel zu verwenden - und die abgelehnten Projekte einfach an die Stadtväter weiterzuleiten, weil diese „auch etwas zu tun haben sollen“.

Unter den über hundert abgelehnten Projekten finden sich aber etliche, die über die geforderte Zeichenhaftigkeit verfügen und eine nachhaltige Wirkung hätten. Nikolaus Breisach, Leiter des Grazer Congress, hatte z. B. vier Künstler angeregt, die Kulturhauptstadt auf den Autobahnen in Richtung Graz zu thematisieren: Die Interventionen sollten neugierig machen und zur Abfahrt bewegen.

Abgelehnt wurde auch das Architekturprojekt von Konrad Frey, Gustav Troger und Erwin Wurm beziehungsweise die redimensionierte Variante für die Pfarre St. Lukas, die an der so genannten „Gastarbeiterroute“ liegt und noch stärker als bisher für Begegnungen positioniert werden soll: Sie wird 2003 zentraler Veranstaltungsort einer interreligiösen Konferenz sein.

Hier, an der Peripherie, hätte, so Architekt Frey, ein markantes Zeichen gesetzt werden können. Aber es gibt noch ein weiteres Projekt, das diese Vorgabe erfüllen würde: die Halle für die styriarte und den steirischen herbst.

Beide Festivals befinden sich permanent auf Wanderschaft. Da sich die Kosten für die Adaptierung temporärer Unterschlüpfe mit mehreren Millionen jährlich zu Buche schlagen, wünschen sich die Intendanten nun ein fixes Quartier: herbst-Chef Peter Oswald will eine „Kiste“, die bereits 2002 Verwendung finden sollte, Mathis Huber ein Konzerthaus für 1500 Personen, in dem Nikolaus Harnoncourt 2003 eine Offenbach-Oper zu dirigieren gedenkt. Und auch Lorenz benötigt dringend noch ein Veranstaltungszentrum - z. B. für die Ausstellung Sprachmusik.

Ein geeigneter Platz schien bereits gefunden worden zu sein: Das so gut wie nicht benutzte Park&Ride-Gelände hinter dem Bahnhof. Der Standort, verkehrstechnisch günstig gelegen, würde sich zudem für ein architektonisches Zeichen eignen. Das Problem allerdings: Es fehlt am Geld für den Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Bauwerks.

Der Standard, Fr., 2001.07.06



verknüpfte Bauwerke
Insel in der Mur

28. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Der Nutzungsmix

Museumsquartier Wien

Museumsquartier Wien

Die Sozialdemokraten, die der Vision Guggenheim auf der Donauplatte nachhingen, mussten 1994 wieder neu für das Museumsquartier begeistert werden - was Günter Bischof, dem Muqua-Chef, und Gerda Themel, seiner engsten Mitarbeiterin, auch gelingen sollte: Sie gewährten bis auf Widerruf neuen, kleinen Institutionen Platz. Zudem wurde ein Konzept verfasst, das Elisabeth Gehrer im Ministerrat vortrug: In diesem ist von einem „bunten Nutzungsmix“ und einem „offenen Besiedlungskonzept“ die Rede.

Jetzt galt es noch, die Zustimmung des Bundesdenkmalamtes zu erhalten. Waren das Nervenschlachten! Die Brüder Ortner gingen schließlich eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Denkmalschutzexperten Manfred Wehdorn ein, das Museumsquartier wurde wieder einmal neu geplant (vierte Redimensionierung). Denkmalamtspräsident Gerhard Sailer hielt Wort: Im Oktober 1997, wenige Wochen vor seiner Pensionierung, überreichte er den Bescheid. „Dem Antrag auf Veränderung des Gebäudekomplexes Museumsquartier wird stattgegeben.“ Mit der Umsetzung konnte begonnen werden.

Der Standard, Do., 2001.06.28



verknüpfte Bauwerke
MuseumsQuartier Wien - MQ

28. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Museumsquartier Wien (6)

Das Denkmalamt gibt grünes Licht

Das Denkmalamt gibt grünes Licht

September 1994 Kunstraum und Depot werden eröffnet.
November 1994 Erste Ausstellung des Kindermuseums Zoom.
März 1995 Public Netbase t0 bezieht Quartier.
April 1995 Elisabeth Gehrer löst Erhard Busek ab.
Mai 1995 Die Brüder Ortner gehen eine Arbeitsgemeinschaft mit Manfred Wehdorn ein. Die Neuplanung beginnt.
September 1995 Die Vorentwürfe für das neuerlich redimensionierte Projekt werden beim Bundesdenkmalamt eingereicht.
Dezember 1995 Die Kunsthalle eröffnet ihre Dependance.
März 1996 Das Denkmalamt lässt die Kubaturen der Neubauten mit Kränen simulieren. Der Beirat (Vorsitz: Gustav Peichl) empfiehlt mit 3:2 Stimmen die Umsetzung des Vorentwurfs.
Oktober 1996 Gehrer spricht sich im Ministerrat für einen „bunten Nutzungsmix“ und ein „offenes Besiedlungskonzept“ aus.
November 1996 Peter Marboe (VP) folgt Ursula Pasterk als Kulturstadtrat nach. Görg plädiert nun für eine rasche Umsetzung.
April 1997 Bischof regt ein Tanzhaus im Museumsquartier an.
Juni 1997 Die endgültigen Pläne werden eingereicht.
Juli 1997 Das Denkmalamt lehnt einen Glasvorbau für die Winterreithalle und einen Aufbau für die Kunsthalle ab.
Oktober 1997 Positiver Bescheid des Denkmalamts.

Der Standard, Do., 2001.06.28



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27. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Der Gartenzwerg

Museumsquartier Wien

Museumsquartier Wien

Da schien die schwerste Hürde genommen (mit dem Ankauf der Sammlung Leopold), doch wie aus dem Nichts tauchte schon wieder eine auf, und sie war, weil keiner der Museumsquartier-Errichter darauf vorbereitet war, um nichts weniger hoch. Vielleicht war sie sogar noch höher. Denn bezüglich Leopold waren sich die beiden großen Parteien einig. Nun aber brach die SP unvermutet den Pakt: Guggenheim klang viel verlockender.

Aber beide Projekte zu verwirklichen, dafür reichte das Geld nicht. Also musste das Museumsquartier madig gemacht werden: Damit es einen Grund gab, aus dem Vertrag auszusteigen, der Wien verpflichtete, sich am Bau der Kunst- und Veranstaltungshalle zu beteiligen. Die SP besorgte daher im Herbst/Winter 1994 das Geschäft der Freiheitlichen - sehr gründlich: Sie brachte den Turm zu Fall. Die Realisierung der Guggenheim-Dependance gelang ihr dennoch nicht.

Als Erste wandte sich Ursula Pasterk ab, die sich daran stieß, dass Busek die Verwendung des Symbols als Bibliothek aufgegeben und die Präsentation der Sammlung Essl befürwortet hatte: „Ich kann doch nicht zu einem Projekt stehen, dessen Inhalte sich jede Woche ändern.“

Zilk, gerade noch Bürgermeister, sprach sich für eine sanfte Renovierung aus: „Wenn der Turm nicht dort steht, stört das keinen.“ Nachfolger Michael Häupl: „Das Projekt von Ortner, der Leseturm, ist nicht Ausdruck sozialistischer Kulturpolitik, sondern Schrott.“ Und: „Ich will ihn nicht, weil mir niemand sagen kann, wofür er gut sein soll. Ich muss ja den Leuten erklären, wofür wir das Geld ausgeben.“ Allerdings: Die Errichtung des Turms um geschätzte 80 Millionen Schilling hätte der Bund gezahlt - und nicht die Stadt Wien.

Als Verteidiger des Turms traten die Liberalen auf - und die Grünen unter einem geläuterten Peter Pilz: Er forderte Pasterk auf, den Hut zu nehmen, und überreichte Häupl, der das Ortner-Projekt „entstellt und verstümmelt“ hätte, einen Gartenzwerg.

Aber der Leseturm lebt weiter: Er existiert in den Plänen zumindest als gestrichelte Linie.

Der Standard, Mi., 2001.06.27



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26. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Die Junktimierung

Museumsquartier Wien

Museumsquartier Wien

Rudolf Leopold betont es immer wieder, und er betonte es zuletzt in der Illustrierten News vom 21. Juni: „Ich habe fünf Milliarden hergeschenkt.“ Doch ist dem wirklich so?

1993 hing die Realisierung des Museumsquartiers trotz Redimensionierung an einem seidenen Faden: Sie war nur durchzuboxen, wenn die Krone, die gegen das „Museumsmonster“ anschrieb, ihren Widerstand aufgab. Und diesen würde sie - war jedenfalls die Einschätzung - nur dann aufgeben, wenn die Republik die Sammlung des Wiener Augenarztes erwirbt und nicht irgendwo, sondern bewusst im Messepalast unterbringt.

Die Junktimierung brachte natürlich Verzögerungen mit sich: Bevor umgeplant werden konnte, musste der Ankauf über die Bühne gegangen sein. Grundlage bildete ein Schätzgutachten, das von Herbert Giese und Gerbert Frodl erstellt wurde. Aufgrund des Zeitdrucks und der Platznot in Leopolds Grinzinger Winzerhaus kam es im Frühsommer 1994 zu einem nicht ganz unwesentlichen Fehler: Ein Meisterwerk von Egon Schiele wurde zweimal gelistet und unterschiedlich bewertet.

Für die 5300 Objekte errechnete man schließlich einen Gesamtwert von rund 7,7 Milliarden Schilling (ein anderes Gutachten kam auf 6,5 Milliarden): Es wurde jedes Kunstwerk einzeln bewertet - bei einem angenommenen Verkauf im Inland. Bei einer Veräußerung in Bausch und Bogen hingegen wäre dieser Wert nie erzielt worden, sind sich die Experten einig. Leopold schenkte daher keine fünf Milliarden her: Er erhält bis zum Jahr 2007 insgesamt 2,2 Milliarden Schilling von der öffentlichen Hand. Rund ein Drittel der Summe wendete er auf, um seine Bankschulden zu begleichen.

Im Sommer 1994 war der Deal perfekt, im August wurde die Sammlung abtransportiert. Die ganze Sammlung? Nein. Einige der besten Stücke (im Wert von 1,4 Milliarden Schilling) blieben in Grinzing. Weil sie nicht transportfähig gewesen seien.

Die Rechnung von Busek ging trotzdem nicht auf. Wie sich noch zeigen wird.

Der Standard, Di., 2001.06.26



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25. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Der „Kulturreaktor“

Museumsquartier Wien

Museumsquartier Wien

Aus einstigen Mitstreitern - sie kämpften Schulter an Schulter für die Erhaltung der Hainburger Au - wurden plötzlich, ab Mitte 1990, erbitterte Gegner: Der Biologe Bernd Lötsch begann, gegen das geplante Museumsquartier zu wettern, das Dieter Bogner, der Geschäftsführer der Errichtungsgesellschaft, zu verteidigen hatte.

Lötsch war um Vergleiche nicht verlegen. In der Krone bezeichnete er das Museumsquartier als „Tumor“, gegenüber dem Kurier sagte er: „Ein hochwertiges Ensemble soll durch Industrie-Architektur entstellt werden. Der Museumsklotz wird dem Messepalast brutal aufgepfropft.“ Und: „Das wird ein Kultur-AKH, welches mit großen Dimensionen zu imponieren versucht. Wenn jetzt ein hoch bezahlter Propaganda-Feldzug der Ortner-Partie über uns hereinbricht, ist das ein Missbrauch der Demokratie.“

Die Bürgerinitiative, unterstützt von der FPÖ, ließ keine Gelegenheit aus, gegen den „Kulturreaktor samt Schlot“ Stimmung zu machen: Sie überreichte Bogner (in Vertretung von Erhard Busek) die „goldene Spitzhacke“ - worauf dieser mit der Überreichung der „goldenen Scheuklappen“ konterte. Sie stellte Schautafeln auf, sie sammelten Unterschriften, sie wollten Klage einbringen . . .

Gegenüber standen sich die Verteidiger (u. a. Christian L. Attersee, André Heller, Fritz Muliar, Claus Peymann, Emmy Werner, Gustav Peichl, Roland Rainer) und die Verhinderer (u. a. Günther Nenning, Arik Brauer, Friedensreich Hundertwasser, Hermann Fillitz, Artur Rosenauer).

Einer der Gegner war der Anwalt Martin Eder. Nun sitzt er im Vorstand der Stiftung Leopold, deren Museum im September eröffnet wird. Auch Bernd Lötsch hat seine Attacken längst eingestellt: Seit März 1994 ist er Direktor des Naturhistorischen Museums.

Der Standard, Mo., 2001.06.25



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23. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Der „Bahnhof“

Die Geschichte des Museumsquartiers ist eine der permanenten Redimensionierungen.

Die Geschichte des Museumsquartiers ist eine der permanenten Redimensionierungen.

Die Geschichte des Museumsquartiers ist eine der permanenten Redimensionierungen: Der preisgekrönte Entwurf von Laurids und Manfred Ortner sah 1990 nicht nur einen, sondern sogar zwei Türme (einen schlanken mit elliptischem Grundriss für die Bibliothek und einen zylindrischen für Büros) vor. Errichtet wurde schließlich keiner: Der erste fiel noch im Herbst 1990, der zweite 1995. Und die Kubaturen der übrigen Solitärbauten wurden bis 1997 immer wieder verkleinert - wenn sie nicht überhaupt gestrichen wurden (wie im Fall des Medienzentrums).

Die „Schuld“ nur bei den Verhinderern der Moderne und den Denkmalschützern zu suchen greift allerdings zu kurz: Sowohl die Architekten als auch die Bauherrn hatten anfangs zu hoch fliegende Pläne. Denn schon in der Wettbewerbsunterlage aus 1986 heißt es: „Das Gebiet soll sich auch nach seiner Umgestaltung in die gegebene Stadtlandschaft einfügen; dies gilt insbesondere für die vorzuschlagenden Höhenentwicklungen.“

Fatale Folgen sollte die folgende Passage haben: „Die Zustimmung des Bundesdenkmalamtes zu einer Zerstörung oder Veränderung der im 19. Jahrhundert und bis 1918 errichteten Gebäude kann erwartet werden.“ Denn die meisten Architekten schlugen vor, die 1850/54 errichtete Winterreithalle abzutragen. Auch die Brüder Ortner.

Erst in der zweiten Phase des Wettbewerbs 1990 (sieben Teilnehmer) ließen die Ortners die Winterreithalle bestehen - und verwendeten sie als „Bahnhof“, als zentrales Foyer für die beiden Neubauten. Diese Einbeziehung der Halle war einer der Hauptgründe, warum die Ortners den Wettbewerb gewonnen haben dürften: Denkmalamtspräsident Gerhard Sailer soll in der Jurysitzung erklärt haben, dass er einem Abriss keine Zustimmung geben würde, dass die anderen Entwürfe daher ausscheiden müssten.

Das Denkmalamt bestand schließlich sogar auf eine hochwertige Nutzung: Jene eines Foyers wurde als zu minder erachtet. Und so wurde aus der Winterreit-die Veranstaltungshalle.

Der Standard, Sa., 2001.06.23



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22. Juni 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Der „Geniestreich“

Museumsquartier Wien

Museumsquartier Wien

Im April 1990 beugten sich vier Politiker - die Minister Erhard Busek (Wissenschaft) und Wolfgang Schüssel (Wirtschaft) sowie die Stadträte Ursula Pasterk (Kultur) und Hannes Swoboda (Planung) - über das siegreiche Modell, lobten die Architektenbrüder Laurids und Manfred Ortner über alle Maßen und erklärten, dass dieses Museumsquartier jenes ihrer Träume sei. Jurymitglied Werner Hofmann, Leiter der Hamburger Kunsthalle, bezeichnete das Projekt als „Geniestreich“: „Wenn Wien diesen Ort einmal hat, wird er enorme Anziehung entwickeln.“

Auch der Architekturkritiker Jan Tabor war euphorisch - und sollte Recht behalten, als er schrieb: „Nur eines stimmt verdächtig: Dass die Zustimmung zu dieser mutigen Gegenwartsarchitektur im heiligen Bezirk des Wiener Baukonservatismus so begeistert ist.“ Denn schon wenig später formierte sich eine Bürgerinitiative mit Bernhard Lötsch, Arik Brauer, Günther Nenning und einem Teil der Grünen. Die FPÖ eröffnete den Kulturkampf, die Kronen Zeitung schrieb gegen das „Monster“ an. Swoboda bekam kalte Füße, und Mitte der 90er-Jahre sprachen sich selbst Pasterk und Bürgermeister Michael Häupl gegen den „Leseturm“ aus.

Der Einzige, der dem Druck standhielt, war Busek, der auch von VP-Kollege Bernhard Görg angegriffen wurde. Die Kampagne, die Hans Dichands Blatt gegen ihn führte, änderte sich auch nicht, als er der Errichtung eines Leopold-Museums zustimmte: 1995 hatte Busek das Feld zu räumen. Nachfolgerin Elisabeth Gehrer war anfangs völlig ahnungslos: Auf die Frage, wie es mit dem Museumsquartier weiterginge, antwortete sie, dieses werde doch ohnedies schon gebaut. Dann machte sie sich mit den Fakten vertraut - und stellte sich hinter das Vorhaben. Bis zur Eröffnung sollte es aber noch ein weiter Weg sein . . .

Der Standard, Fr., 2001.06.22



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12. Mai 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Die Abrechnung

Günther Domenig rechnet mit seiner Universität ab. Und ist stolz auf sein Statement zur NS-Architektur.

Günther Domenig rechnet mit seiner Universität ab. Und ist stolz auf sein Statement zur NS-Architektur.

Eigentlich hätte es eine Geschichte über die „liegende Skulptur“ werden sollen, die Günther Domenig derzeit für max.mobil errichtet. Ein zwei-Milliarden-Schilling-Projekt immerhin. Aber wenn der Herr Professor, der mit fast 67 Jahren immer noch - pardon - so goschert redet, wie ihm der Kärntner Schnabel gewachsen ist, das Gespräch mit dem Satz beginnt: „Na, is eh besser, wenn S' drüber net schrei'm.“ Und wenn er plötzlich innehält, dann wird man einfach neugierig. Der alte Fuchs weiß das auch ganz genau: Er blinzelt listig, um schließlich wie beiläufig zu erwähnen, dass er er an der Grazer Architekturfakultät eine Abschiedsvorlesung halten wird.

„Mein Nachfolger hat sich das gewünscht. Na guat, jetzt sprech ich halt. Aber das wird kein Vortrag sein des Inhalts, wie guat ich doch bin. Ich erzähl überhaupt nix über mi, außer a paar Sachen natürlich. Sondern äußere mich kritisch über die Situation unserer Fakultät.“

„Wann?“ - „Waas i net.“ - „Und wo?“ - „Sie san schon a lästigs Mandl!“ Dann ruft er nach seiner Assistentin: „Sabine! Sie müssen mir a bissl zur Verfügung stehen. Der Trenkler ist mit mir allan net zufrieden. Zu ungenau, sagt er.“ - „Das stimmt nicht!“ - „Entweder Sie machn a Interview mit mir, oder Sie protestieren!“

Also: Am 16. Mai. Um 19 Uhr. Im Hösaal 1 des Instituts für Gebäudelehre und Wohnbau an der TU Graz, Lessingstrasse 25, 4. Stock. Titel: „Meine Abrechnung.“ Danach spricht Hrvoje Njiric: „Meine Anzahlung“.

Warum eigentlich eine Abrechnung? „Ich war 20 Jahre auf der Fakultät. Und ich habe feststellen müssen, dass sie durch die Verantwortlichen, sprich: hauptsächlich durch die Dekane, in den Keller geschossen wurde. Man hat nur die ganzen Verwaltungsbedingungen erfüllt. Die Dekane waren letztlich alle Paragrafen-Clochards. 1980, als ich an die Hochschule gekommen bin, gab es 1200 Studenten und 48 Lehrer inklusive der Assistenten. Jetzt gibt es über 2500 Studenten - und 50 Lehrer. Das heißt, wir haben zwei zusätzliche Assistenten geschenkt bekommen. Dieses Verhältnis von 1:50 kann nicht funktionieren, zumindest in der Architektur nicht. Ich wollte ja schon früher gehen, aber ich habe aus Intrigen-Gründen noch zwei Jahre anhängen müssen: Ich wollte meine Nachfolge regeln, obwohl man das offiziell ja nicht darf. Es ist mir aber gelungen. Und nun bin ich ausgestiegen.“

Er hat schließlich noch so manches zu realisieren „in meinem Leben knapp vor meinem Tod“. Oder fertig zu stellen. Das Steinhaus am Wörthersee zum Beispiel, an dem er seit den 80ern arbeitet. Domenig bezeichnet diese komplexe Plastik als das zentrale Projekt seines Lebens - zusammen mit dem Dokumentationszentrum für das Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. 1988 hatte man ihn nachträglich (als neunten) eingeladen, am Wettbewerb teilzunehmen, weil man von seiner geglückten Revitalisierung der aufgelassenen Erzproduktion in Hüttenberg (Kärntner Landesausstellung 1995) gelesen hatte. Und siehe da: Er sollte gewinnen.

„Dieses Projekt war für mich eine Gelegenheit, meine Geschichte aufzuarbeiten. Ich konnte mich von meiner Vergangenheit befreien, schöpferisch auf diesen Wahnsinn reagieren.“ Denn: "Ich bin radikal nationalsozialistisch erzogen worden. Mein Zwillingsbruder und ich haben nie etwas anderes gelernt als antisemitische Äußerungen. Mein Vater war in der Nazizeit Richter, er ist schließlich von Partisanen verschleppt und erschossen worden. Meine Mutter musste nach dem Krieg Schützengräben zuschaufeln - und wir haben immer noch antisemitisch reagiert. Dann hörten wir bei den Engländern In the Mood. Von der Mutter haben wir Watschen gefangen: „Negermusik!“ Aber uns hat sie gefallen. Auf der Hochschule bin ich drauf gekommen, dass ein Großteil der bedeutenden Architekten Juden sind. Ich fragte mich: Soll ich zu studieren aufhören? Oder was soll ich tun? Und dann habe ich begonnen, mich von meiner Erziehung zu lösen."

Das Dokumentationszentrum mit Wechselausstellungshalle, Studienforum und Kino - die Errichtungskosten liegen bei 100 Millionen Schilling - dürfte im Juni fertig gestellt sein, die Einweihung des Mahnmals ist rund um die Kristallnacht (9. November) geplant. Dem massiven Baukörper für 80.000 Zuschauer mit seinen rechten Winkeln und starren Achsen von Albert Speer, der sich am Colosseum orientiert hatte, hält Domenig ein filigranes, fast schwebendes Gebilde aus Stahl und Glas entgegen, das sich auf und im ehemaligen Standartenhof, einem der beiden Kopfbauten, ausbreitet. „Mein Ansatz war, mit meiner Architektur die Architektur Speers aufzuheben: Ich zerschieße diese Achsen.“ Mit einem „Pfahl“, wie es Domenig nennt. Oder eben mit einem Speer, der durch den Granit wie Butter gleitet: Von diesem Gang aus erhält man einen Überblick über das Manifest von Hitlers Größenwahn.

Der „Pfahl“ taucht immer wieder auf in Domenigs Werk. Auch der Zubau für das renovierte Stadttheater in Klagenfurt ist ein Pfahl. Und für die Kunsthochschule in Münster hatte er ebenfalls so einen Stachel vorgesehen. Er gewann zwar den Wettbewerb, musste sich dann aber selbst kastrieren: "Ein paar vertrottelte Professoren haben gesagt, „Domenig, wir unterrichten die Kunst, deshalb spiel Dich nicht als Künstler auf, sondern sei Architekt!“ Und sie haben verlangt, dass ich dieses skulpturalen Teil töte. Weil er ja sonst eine Konkurrenz ist."

Die kompaktere Zweitfassung mit einem Hörsaal statt der Bibliothek in der Mitte wurde schließlich auch gebaut: „Und ich muss zugeben: Es ist weit besser geworden. Weil das Gebäude mehr kann. Es ist eigentlich viel kommunikativer als das erste.“ Im Februar wurde die Kunsthochschule feierlich eingeweiht.

Ein Erfolgserlebnis jagt also das andere. In der Fertigstellung befindet sich zudem das Wasserkraftwerk Xerta (mit spacig-glänzenden Turbinenhäuschen) am Rio Ebro in Spanien. Und vor wenigen Tagen gewann Domenig - zusammen mit Hermann Eisenköck - die Ideenfindung für das „Kugelkreuz“ in Schwechat. Zuständig für die Tunnel-Ein- und Ausfahrten und die Brücken (die mit digitalen, die Verkehrsdichte visualisierenden Informationsfeldern versehen werden sollen) der Verbindungsautobahn B 301 zwischen Vösendorf und der A4, hatte Domenig auch die heikle Situation in Schwechat zu lösen. Und so schlug er ein Büro- und Geschäftsgebäude in Form eines Blitzes („zack-zack-zack“) vor. Die Gemeinde ist an der Umsetzung interessiert, zunächst steht aber das Finden von Investoren an: Die Realisierung kostet gut 300 Millionen.

Domenig blättert flink die Einreichbroschüre durch, erklärt die computergenerierten Images. „Dieses hätte ich gerne als JPG!“ - „Was is n des, a Tschepek? Sabine, kommen S, i bin ja arm! I verlang, dass Sie jetzt da bleiben!“ Assistentin Sabine hilft, klärt auf, verschwindet wieder.

„Ich gehöre zu den vermeintlichen Archaikern der Architektur. Jeder zweite Moslem hat a Händy, jeder dritte Zen-Buddhist fahrt an Toyota, und ich zeichne noch immer mit der Hand. Natürlich ist auch mein Büro hochtechnisiert, und wir haben alle digitalen Einrichtungen, wir kommunizieren mit der ganzen Welt über das Netz. Aber die Idee kannst du durch den PC nicht ersetzen! Dieses Entwerfen am PC ist eine Tendenz, die nicht aufzuhalten ist. Es wird aber eine Zeit der Besinnung kommen, in der man feststellen wird, dass wir praktisch uns selbst verloren haben.“

Eigentlich wollten wir uns ja über das max.mobil-Hauptquartier unterhalten. Immerhin ein zwei-Milliarden-Projekt, das in Wien zwischen Rennweg und Viehmarkt errichtet werden soll und neben Büros für über 2000 Mitarbeiter auch ein Geschäftszentrum und ein Hotel beinhaltet. Domenig überzeugte seine Bauherrn mit einer bestechenden „liegenden Skulptur“: Von der Süd-Ost-Tangente aus blickt man auf sie hinunter, am Rennweg blickt man auf sie hinauf. Zudem ist der zerklüftete Monolith ein schöner Gegensatz zu der Parade der Eitelkeiten auf der Donauplatte.

Baubeginn für den „Tomahawk“, wie Günther Domenig die Skulptur („aber das darf ich nicht so nennen, die anderen meinen, das passt nicht“) zu nennen pflegt, war im März. Ende 2003 soll „das Ganze“ übergeben werden. „Bitte vergessens ma nicht darauf: Es ist ein Projekt der Architektur Consult ZT, also Eisenköck-Peyker-Domenig.“ Nachsatz: „Aber unter meiner Stabsführung!“

Letzte Frage an den Professor: „Wann genau werden Sie eigentlich 70?“ - „Sabine, schmeiß ma ihn aussa?“ Das tut Domenig natürlich nicht. Er zündet sich noch eine Zigarette an. Und dann werden Architekten und Künstler ausgerichtet. Oder gelobt, wie Walter Pichler und Friedrich Achleitner. Irgendwann ist die Zeit zum Aufbruch gekommen. „Sagn S, wann erscheint denn Ihr Artikel?“ - „Am 12. Mai.“ - „Ah, das ist guat.“ - „Warum?“ - „Na, wegen dem 16. Mai. Dann ham sas scho glesen.“


[„Ich gehöre zu den vermeintlichen Archaikern der Architektur: Ich zeichne mit der Hand.“ ]

Der Standard, Sa., 2001.05.12

23. April 2001Thomas Trenkler
Der Standard

Eine architektonische Bravourleistung

Das neue österreichische Kulturinstitut in New York soll - nach langen Verzögerungen - am 4. Oktober eröffnet werden. Architekt Raimund Abraham führte Thomas Trenkler durch das Gebäude.

Das neue österreichische Kulturinstitut in New York soll - nach langen Verzögerungen - am 4. Oktober eröffnet werden. Architekt Raimund Abraham führte Thomas Trenkler durch das Gebäude.

Es ist halb zwölf zu Mittag. Ein Passant bleibt stehen, beobachtet die Bauarbeiten zu ebener Erde, sein Blick gleitet die wasserfallartige Fassade vis-à-vis hinauf. „Fantastic!“, ruft er mir zu. Dann geht er weiter. Minuten später bleibt ein anderer Mann stehen und bestaunt die Architektur. Er ist der Grazer Architekt Günther Domenig. Wir plaudern ein wenig. Schließlich sagt er: „Der Abraham führt mich um halb eins durchs Kulturinstitut. Wenn Sie wollen, nehm' ich Sie mit.“

Ich lehne dankend ab. Denn schon treffen der aus Lienz gebürtige, seit 1964 in den Vereinigten Staaten lebende Baukünstler Raimund Abraham und Christoph Thun-Hohenstein, der Leiter des Kulturinstitutes, ein. Führungen gibt es also schon im Stundentakt. Das Interesse ist enorm, sagt Thun-Hohenstein.

Das neue Kulturinstitut (KI) in der 52. Straße in Midtown Manhattan - zentral zwischen Fifth und Madison Avenue gelegen - wäre wohl ein mächtiger Geschlechterturm, stünde er für sich allein. Schließlich ist das Gebäude mit seinen insgesamt 23 Stockwerken nur 7,8 Meter breit.

Aber auch in New York, eingezwängt und umzingelt von weit höheren und imposanteren Wolkenkratzern, fällt das Kulturinstitut auf: Dank seiner ungewöhnlichen, von renommierten Architekturkritikern bereits vielgerühmten Fassade mit dem Vorbau auf halber Höhe, den Abraham als den „Kopf“ bezeichnet. In diesem wird sich einmal das Büro des KI-Chefs befinden. Und dort soll es unter dem Titel „Art Talk in the Tower“ regelmäßig Club 2-artige, via Internet und ORF übertragene Diskussionen geben.

Das Gebäude hätte eigentlich längst fertig gestellt sein sollen. Doch es kam mehrfach zu Verzögerungen. Zuletzt im Herbst 1999, weil man sich von dem für die Betonarbeiten zuständigen Subunternehmen trennen musste. Um die schräg abfallende Aluminium-Glas-Fassade, die bei GIG in Attnang-Puchheim hergestellt und in Panelen nach New York transportiert wurde, montieren zu können, lag die Toleranzgrenze bei sechs Millimeter. Der vom Construction-Manager beauftragte Subunternehmer hätte aber viel zu ungenau gearbeitet, berichtet Abraham.


Italienisches Kartell

„Die handwerkliche Fähigkeit schwindet natürlich mit der Kommerzialisierung des Bauens hier. Wenn Sie ein Pianist sind und ein Jahr nicht mehr üben, dann können Sie eben in der Carnegie Hall kein Konzert geben.“ Einen neuen Subunternehmer zu finden sei aber so gut wie unmöglich: „Wenn man sich von einer Firma trennt, bekommt man keine andere mehr. Es ist ein italienisches Kartell.“

Der Generalunternehmer Skanska sei in der Not selbst eingesprungen. Und nun werkt man fieberhaft an der Fertigstellung. Im August soll das Gebäude übergeben werden. Sagt man. Derzeit schaut es für den Laien aber nicht danach aus: Noch ist jedes Stockwerk Großbaustelle. Und noch ist jede Menge Vorstellungsvermögen gefragt.


Galerie und Theater

Durch das Foyer gelangt man in die weitläufige Galerie, die sich über Halbgeschoße und seitlich verlaufende Treppen auf insgesamt vier Ebenen - bis in den Keller - erstreckt. Eine architektonische Bravourleistung. Direkt darüber befindet sich das Theater (samt Automaten-Cafeteria) für rund 75 Personen, über ihm liegt die ebenfalls zweigeschoßige Bibliothek. Man betritt sie im oberen Stock, wo es zwei Kojen für die Bibliothekare geben wird, und schreitet über eine Treppe, deren Haus die Fassade unterhalb des „Kopfes“ durchstößt, hinab zu den rund 10.000 Büchern.

Nach oben hin folgen ein multifunktionales Stockwerk für Vorlesungen und Seminare, die Direktion, drei Bürogeschoße, ein Loft für Besprechungen und ein Technik-Stockwerk. Darüber befinden sich noch die Wohnungen - für den Hausmeister, für Gäste und den Chef. Den Abschluss bildet eine Aussichtsterrasse und ein Spitz, der eigentlich mit Sonnenkollektoren bestückt werden sollte. Diesen Plan ließ man aber wieder fallen, weil sich die Stromgewinnung als ineffizient herausstellte. Die Bekrönung, hinter der sich der obligatorische Wasserturm befindet, wird dennoch gebaut: für die Fensterwaschanlage.

Sehr viel Platz gibt es in keinem der Stockwerke. Nicht nur wegen der Schmalheit des Gebäudes: Die Bauordnung schreibt einerseits Rücksprünge vor, andererseits zwei voneinander unabhängige Treppenhäuser. Abraham verlegte diese an die Nordseite - in Form einer schmalen Scherenstiege: „Das ist die absolut ökonomischste Art. Dennoch könnten die Treppen auch eine zehnmal so große Fläche versorgen.“

Alle öffentlichen Geschoße sollen mit Blue Stone, einer Art Sandstein mit blau-grauem Schimmer aus New York, verlegt werden. Dieser würde nicht prätentiös wirken, sagt der Architekt. Das Theater erhält einen Holzboden, die Bestuhlung liefert Thonet. Aus Österreich kommen auch die maßgefertigten Möbel, entworfen von Abraham. Diese seien wesentlich billiger als amerikanische. Und zudem: Das Kulturinstitut ist ein „Gesamtbauwerk“. Beziehungsweise: ein Gesamtkunstwerk.

Der Standard, Mo., 2001.04.23



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Österreichisches Kulturinstitut

21. April 2001Thomas Trenkler
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Ein Dach für die Bastei

Hans Hollein gewinnt den Albertinaplatz-Wettbewerb

Hans Hollein gewinnt den Albertinaplatz-Wettbewerb

Wien - Im Zuge der laufenden Generalsanierung der Albertina wird der Haupteingang vom Kellergeschoß in der Augustinerstraße auf die Bastei verlegt, wo sich dieser bis zum Zweiten Weltkrieg befand. Eine alle Barrieren überwindende Aufstiegshilfe ist nun vonnöten. Zudem wünscht sich Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder ein „Wahrzeichen, das dem Ort und der Situierung Rechnung trägt“: Der Albertinaplatz solle wieder, wie früher, ein prominentes Tor in den ersten Bezirk werden.

Kurz vor Weihnachten 2000 schrieb die Graphische Sammlung daher gemeinsam mit den Sponsoren Erwin und Hanno Soravia einen baukünstlerischen Wettbewerb aus: Eingeladen wurden die Architekturbüros Coop Himmelb(l)au, Hans Hollein, Zaha Hadid und Wilhelm Holzbauer. Gestern, Freitag, tagte die Jury (unter dem Vorsitz von Architekt Carl Pruscha), dem Bezirksvorsteher Richard Schmitz, Stadtplaner Dieter Pal, Architekt Johann Kräftner, Erwin Soravia und Schröder angehörten.

Die Entscheidung fiel erst am späten Nachmittag - zugunsten von Hans Hollein: Der Wiener Stararchitekt schlägt vor, über die Bastei ein in den Stadtraum auskragendes, extrem dünnes Dach aus Titan zu legen, das von weitem als Signal - beziehungsweise als Pfeil hin zum Eingang - sichtbar ist. Direkt darunter, in der Bastei, führen eine leicht vorstehende Rolltreppe, die den Besucher förmlich zum Eingang ziehe, und ein gläserner Aufzug, der auch ganze Gruppen transportieren könne, auf das Plateau.

Die Architekten wählten sehr unterschiedliche Lösungen: Wilhelm Holzbauer z. B. stellt unmittelbar vor den Danubius-Brunnen ein 14 Meter hohes Tor, das eine Treppe und einen Aufzug beherbergt und mannigfaltige Möglichkeiten bietet, auf die Ausstellungen hinzuweisen.

Holzbauer vertritt die Meinung, dass man die nach den Bombenschäden im März 1945 abgerissene und durch eine Freitreppe ersetzte Rampe nicht mehr rekonstruieren könne. Coop Himmelb(l)au unternahm dennoch den Versuch: Das Team legte über die Treppe eine transparente Konstruktion aus Stahl und Glas, die das Ausmaß der ursprünglichen Rampe besitzt. In dem darunter entstehenden Raum könnten Café und Foyer des Filmmuseums untergebracht werden. Als zweites Element ist ein gläserner Schrägaufzug vorgesehen, der von der Hanuschgasse auf die Bastei führt.

Zaha Hadid wiederum plädierte für ein lineares Gespinst aus Stahl und Glas, das sich leichtfüßig hinauf zum Vorplatz und Haupteingang der Albertina schwingt. Dieses Bündel von Bewegungslinien würde den Aufstieg und Zugang zur Albertina veranschaulichen. Die Rolltreppe verlegte Hadid (wie Hollein) in das Innere der Bastei.

Der Standard, Sa., 2001.04.21

17. Oktober 2000Thomas Trenkler
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Metamorphose eines Grazer Kulturhauses

Graz - Ende des Jahres läuft der Vertrag mit Otto Breicha, dem Leiter des Grazer Kulturhauses, aus. Damit endet auch die 30-jährige Geschichte dieses Ausstellungsforums:...

Graz - Ende des Jahres läuft der Vertrag mit Otto Breicha, dem Leiter des Grazer Kulturhauses, aus. Damit endet auch die 30-jährige Geschichte dieses Ausstellungsforums:...

Graz - Ende des Jahres läuft der Vertrag mit Otto Breicha, dem Leiter des Grazer Kulturhauses, aus. Damit endet auch die 30-jährige Geschichte dieses Ausstellungsforums: Das Gebäude in der Elisabethstraße soll in zwei Etappen zum Literaturhaus und neuen Sitz des universitären Franz-Nabl-Instituts umgestaltet werden.

Phase eins erstreckt sich über das Kulturhauptstadt-Jahr hinaus bis in den Sommer 2004. Denn dann dürfte das Kulturamt, das seinen Sitz ebenfalls in der Elisabethstraße hat, in die Räumlichkeiten der Graz-2003-Organisationsgesellschaft übersiedeln. Bis dahin wird sozusagen eine Art Provisorium installiert: Im Erdgeschoß sollen die Bibliothek und ein Café mit dem Namen Trenta (abgeleitet von der Hausnummer 30) untergebracht werden, im ersten Stock die Veranstaltungsräume und Büros.

Erst danach folgen gröbere Veränderungen, für die das Architektenteam Riegler/ Riewe als Sieger des geladenen Wettbewerbs verantwortlich zeichnen wird: Der Kindergarten im Hof soll abgerissen und durch ein neues Gebäude ersetzt werden, das die Cafeteria beherbergt. Direkt darunter ist die Errichtung von zwei Sälen (für 60 bzw. 100 Personen) geplant. Zudem soll der Hof eine flexible Überdachung erhalten, um als „Arena“ für Veranstaltungen zu dienen: Er ist das verbindende Element zwischen dem denkmalgeschützen Palais und der nüchtern-modernen Architektur von Florian Riegler und Roger Riewe.

Aufgrund dieser beiden neuen Elemente wird im ehemaligen Kulturhaus viel Platz frei: Im Erdgeschoß denkt man ein „literarisches Fenster“ (Raum für Wechselausstellungen) einzupassen und die Büros unterzubringen, im ersten Stock die Bibliothek samt zwei Lesebereichen.

Die Stadt Graz will sich die Metamorphose 30 Millionen Schilling kosten lassen. Als Leiter ist weiterhin Gerhard Melzer im Gespräch: Er soll mit seinem Franz-Nabl-Institut in das Literaturhaus übersiedeln und dessen Agenden nebenbei führen.

Der Standard, Di., 2000.10.17



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Literaturhaus Graz / Franz - Nabl - Institut

16. August 2000Thomas Trenkler
Der Standard

Das Ende eines Vorstadtkinos

Spätestens für das Mozart-Jahr 2006 soll das Kleine Festspielhaus - ein akustisch miserabler Schlauch - umgebaut sein. Wilhelm Holzbauer gelingt in seiner Studie das fast Unmögliche: ein kompakter Raum durch eine Absenkung um fünf Meter in die Tiefe.

Spätestens für das Mozart-Jahr 2006 soll das Kleine Festspielhaus - ein akustisch miserabler Schlauch - umgebaut sein. Wilhelm Holzbauer gelingt in seiner Studie das fast Unmögliche: ein kompakter Raum durch eine Absenkung um fünf Meter in die Tiefe.

Der Sommer in Salzburg ist wohl ein atypischer. Die Festspiele sind zwar nicht so gut besucht, wie es das Direktorium kalkuliert hatte, aber auch nicht so schlecht, dass Krisenstimmung aufkommen würde. Es gibt zwar einige Zuschauer, die mit den Inszenierungen von Frank Castorf (Endstation Sehnsucht) und Hans Neuenfels (Così fan tutte) unzufrieden sind, aber zu einem Skandal reicht es nicht. Ein eher fader Sommer also.

Für Aufregung sorgen bloß Plastikkühe. 150 Stück, die zwei Monate auf den Almen der Altstadt, also in den Gassen und auf den Plätzen, dümmlich herumstehen oder -liegen, bemalt und verziert von „Künstlern“ im Auftrag der Gewerbetreibenden.


Danaergeschenk

Die Touristen tätscheln das mit Kratern übersäte „Mondkalb“, werfen Geld in eine Plexiglasbox, in der ein ausgewachsenes „Goldenes Kalb“ vor sich hin stiert, und fotografieren mit Begeisterung die „Trojanische Kuh“. Über diese kann sich Gerard Mortier, der Intendant der Festspiele, ganz besonders ärgern. Denn was hat ein Rindviech mit den Troyens zu schaffen, den einstigen Sorgenkindern, nun Musterschülern des heurigen Sommers? Eben. „Ein Königreich für ein Pferd!“, schallt es aus dem Festspielbezirk, aber die Kühe kennen kein Pardon.

Doch sonst stößt sich kaum einer an der Attraktion, einer Art Wanderzirkus, die von Zürich aus ihren Siegeszug um die Welt antrat. Man bastelt lieber an der Zukunft des Festivals, konkret am Umbau des Kleinen Festspielhauses. Alberto Vilar, der in Salzburg wie Dürrenmatts Alte Dame hofierte US-Mäzen, wird heute, Mittwoch, bei einem Galadinner der Festspielfreunde verkünden, dass er sich mit einer Fünf-Millionen-Dollar-Spende (75 Millionen Schilling) einzustellen bereit ist. Und Helga Rabl-Stadler, die Präsidentin, wird eine Bausteinaktion ins Leben rufen. Insgesamt will sie 60 Millionen auftreiben.

Diese sind auch dringend notwendig: Stadt und Land Salzburg steuern je 75 Millionen bei, die Kosten für das Projekt liegen aber bei deren 420. Und was den Bund anbelangt, befindet man sich zwischen Hoffen und Bangen: Aus Wien gibt es noch keine Zusage über eine Beteiligung.

Dabei weiß wohl jeder, der einmal einer Aufführung beiwohnte, dass der Zustand eher problematisch ist. Denn das Kleine Haus ist ein Schlauch, von einem Teil der Plätze sieht man nur schlecht (wenn überhaupt) auf die allzu weit entfernte Bühne, und die Akustik ist miserabel. „Es hat die Anmutung eines Vorstadtkinos“, sagt Wilhelm Holzbauer. „Höchstens!“


Bestechende Idee

Der Architekt, ein Schüler von Clemens Holzmeister, der den Festspielbezirk (mit Ausnahme des Kleinen Hauses) über Jahrzehnte errichtet hatte, war vom Direktorium beauftragt worden, Ideen für den Umbau zu liefern. Diese liegen vor - und bestechen. Denn Holzbauer versenkt Bühne wie Zuschauerraum um fünf Meter in den Grund. Dadurch lassen sich drei Ränge einziehen, und die Anzahl der Sitzplätze würde (wirtschaftlich sinnvoll) um rund 300 steigen, obwohl der Schlauch zum Saal verkürzt wird.


Almbach-Wasserfall

Die Folge wäre, dass es pro Besucher acht Kubikmeter Raum gäbe - und dadurch eine „ähnlich gute Akustik wie in Baden-Baden“, sagt Holzmeister, nach dessen Plänen das dortige Festspielhaus gebaut wurde. Seine Eingriffe hätten allerdings auch Auswirkungen auf die Fassade: Um für die Garderoben, die auf gleicher Höhe wie die Bühne zu liegen hätten („Eine Jessye Norman steigt vor dem Auftritt keine Stufen!“), Platz zu gewinnen, schlägt Holzbauer die Umleitung des derzeit unterirdisch laufenden Almbachs vor: Er würde als Wasserfall in den angrenzenden Toscanini-Hof plätschern.

Zudem erhielten die Arkaden am Max-Reinhardt-Platz eine dezente Verglasung. Einerseits, weil Fluchtwege vonnöten seien, die im Inneren des Gebäudes keinen Platz finden. Und andererseits, um eine Transparenz zu erzeugen: Das neue, hohe Foyer wäre von außen sichtbar.

Unlängst wurde Holzbauer beauftragt, seine Studien zu konkretisieren. Ob der Plan allerdings umgesetzt werden kann, ist noch nicht klar: Ein Gutachten hat die EU-Konformität des Unternehmens zu prüfen. Denn möglicherweise ist die Ausschreibung eines Wettbewerbs vonnöten - auch wenn kein anderer Architekt geeigneter ist, am Bauwerk Holzmeisters Hand anzulegen, als dessen einstiger Schüler. Dann allerdings käme man zeitlich in arge Not.

Der Standard, Mi., 2000.08.16



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Kleines Festspielhaus - Wettbewerb

08. April 2000Thomas Trenkler
Der Standard

Durchsichtige Haut, bekrönende Nadel

Peter Cook und Colin Fournier gewinnen den Grazer Kunsthaus-Wettbewerb. Entscheidung für das Projekt „Skin and pin“ fiel einstimmig

Peter Cook und Colin Fournier gewinnen den Grazer Kunsthaus-Wettbewerb. Entscheidung für das Projekt „Skin and pin“ fiel einstimmig

Schon vor zwei Jahren hatte sich das britische Architektenteam Peter Cook/ Colin Fournier am Wettbewerb für ein Grazer Kunsthaus (damals war der Standort im/ am Schloßberg auserkoren worden) teilgenommen. Doch das exzentrische Projekt fand keine Zustimmung der Jury. Auch die nachträglichen Interventionen von Peter Weibel, damals Direktor der Neuen Galerie, fruchteten nichts.

Nun aber, im Zuge des Kulturstadtjahres 2003, wurde ein neuer Anlauf unternommen, in Graz ein Kunsthaus zu errichten - diesmal auf der anderen Seite der Mur unter Einbeziehung des denkmalgeschützen Eisernen Hauses. Stararchitekt Cook und sein Partner versuchten ihr Glück erneut. Und hatten Erfolg: Die neunköpfige Jury unter dem Vorsitz von Volker Giencke wählte ihren Entwurf einstimmig zum Sieger.

Am Donnerstag hatte man aus den über 100 eingereichten Projekten die 16 besten bestimmt. Prominente österreichische Architekten wie Hans Hollein, Klaus Kada, Eilfried Huth und Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au vermochten mit ihren Vorschlägen nicht zu überzeugen. Am Freitag schließlich nominierte die Jury - u. a. Klaus Gartler, Kjetil T. Thorsen, Odile Decq, Harald Szeemann, Kasper König, Dieter Bogner, Wolfgang Lorenz und STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl - den Sieger und acht Ankäufe. Prominente Architekten wie Zaha Hadid und Tom Mayne gelangten in die letzte Auswahl.

Bei der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, an der auch Bürgermeister Alfred Stingl und Kulturstadtrat Helmut Strobl teilnahmen, lobte die französische Architektin Odile Decq die Stadt Graz „für den Mut, sowohl den Architekten als auch der Jury soviel Freiheit gegeben zu haben“. Daher sei eine hohe Qualität erzielt worden, was bei den letzten Wettbewerben auf europäischem Niveau nicht immer der Fall gewesen sei. Szeemann, der 1999 die Biennale in Venedig ausrichtete, betonte, das Cook-Projekt werde modernen Ausstellungserfordernissen gerecht.

Ein großer Vorteil des Entwurfes liegt darin, dass er sowohl mit den Raumvorgaben zurecht kommt, als auch im Kostenlimit von 280 Millionen bleibt. Das Projekt arbeitet mit modernster Baustofftechnologie und bietet als besonderen Gag ein Kaffeehaus an, das wie eine Nadel über das Eiserne Haus hinausragt.

Strobl gab bekannt, Landeshauptfrau Waltraud Klasnic habe mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vereinbart, dass der Bund für die Kulturhauptstadt definitiv 450 Millionen bereitstellen werde. Graz sollte nun, nach jahrelangen Querelen, wieder Teil der europäischen Architektur-und Kunsthauslandschaft werden.

Der Standard, Sa., 2000.04.08



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Kunsthaus Graz

31. Oktober 1997Thomas Trenkler
Der Standard

Das Ende einer unendlichen Geschichte

Das Denkmalamt stimmt der Realisierung des Museumsquartiers vorbehaltlos zu. Präsident Gerhard Sailer hat Wort gehalten: Wie versprochen, übergab er der Museumsquartier-Errichtungsgesellschaft noch im Oktober den Bescheid des Denkmalamtes. Dem Antrag auf Neugestaltung des Messepalast-Areals wird darin stattgegeben. Spatenstich ist am 8. Dezember.

Das Denkmalamt stimmt der Realisierung des Museumsquartiers vorbehaltlos zu. Präsident Gerhard Sailer hat Wort gehalten: Wie versprochen, übergab er der Museumsquartier-Errichtungsgesellschaft noch im Oktober den Bescheid des Denkmalamtes. Dem Antrag auf Neugestaltung des Messepalast-Areals wird darin stattgegeben. Spatenstich ist am 8. Dezember.

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MuseumsQuartier Wien - MQ

23. September 1997Thomas Trenkler
Der Standard

Boulevard noch nicht zerbrochener Kunst-Träume

Um dem Loop, dem trotz seiner exemplarischen Wolkenkratzer heruntergekommenen, festungsartig von einer Hochbahn umschlossenen (Alt-) Stadtzentrum von Chicago, neue Attraktivität zu verleihen, bestückte man ihn – erfolgreich – mit Kunst...

Um dem Loop, dem trotz seiner exemplarischen Wolkenkratzer heruntergekommenen, festungsartig von einer Hochbahn umschlossenen (Alt-) Stadtzentrum von Chicago, neue Attraktivität zu verleihen, bestückte man ihn – erfolgreich – mit Kunst...

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01. Februar 1997Thomas Trenkler
Der Standard

Die Machbarkeit eines Mauselochs

Die Realisierungschancen für eine Kunsthalle am Grazer Schloßberg schwinden

Die Realisierungschancen für eine Kunsthalle am Grazer Schloßberg schwinden

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