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15. Dezember 2010Eva Guttmann
zuschnitt

Sachlich bis heiter

2009 wurde in Taufkirchen an der Pram, einer Marktgemeinde im Innviertel, ein neues, heiter-urban anmutendes Schulgebäude eröffnet. Aus einem von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb war mit Dietmar Feichtinger ein Architekt als Sieger hervorgegangen, dessen Arbeiten für ihre technische Ausgereiftheit und visuelle Leichtigkeit bekannt sind.

2009 wurde in Taufkirchen an der Pram, einer Marktgemeinde im Innviertel, ein neues, heiter-urban anmutendes Schulgebäude eröffnet. Aus einem von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb war mit Dietmar Feichtinger ein Architekt als Sieger hervorgegangen, dessen Arbeiten für ihre technische Ausgereiftheit und visuelle Leichtigkeit bekannt sind.

Das Grundstück für das Schulzentrum liegt südwestlich des Ortskerns von Taufkirchen zwischen der Bundesstraße Richtung Schärding im Norden und dem Flüsschen Pram im Süden. Der Neubau schließt im Westen an den bestehenden Kindergarten an und besteht aus einem parallel zur Straße liegenden, dreigeschossigen, lang gestreckten Baukörper, in dem Hauptschule, Musikschule, Turnsaal und Heimatmuseum untergebracht sind, sowie einem eingeschossigen, von großzügigen Terrassenflächen umgebenen Pavillon südlich davon, der die Volksschule beherbergt. Damit ist das Schulzentrum einerseits vom Verkehr im Norden abgeschirmt, andererseits konnte eine Öffnung der Klassenzimmer zum Naturraum der Pram erreicht werden. Diese Differenzierung ist auch an den Fassaden deutlich ablesbar: Während an der Nordseite eine ruhige, geschlossene Schindel- bzw. Glasfassade die Ansicht vom Ort bzw. der Bundesstraße aus dominiert, öffnet sich das Gebäude nach Süden hin und schafft mittels beschattenden Dachüberständen, Balkonen und durchgehenden raumhohen Glaselementen eine starke Verbindung zum Außenraum.

Der gesamte Neubau ist hell und transparent: Elemente wie der Stahl-Glas-Kubus, der zwischen die drei Baukörper eingeschoben ist und als Foyer die einzelnen Funktionen miteinander verbindet, der durchgehende Glasstreifen, der das zurückversetzte Erdgeschoss von den Obergeschossen trennt, oder die stirnseitige Verglasung des zweigeschossigen Pausenbereichs tragen ebenso zu diesem Eindruck bei wie die Schindelfassade, welche die Enden des Gebäudes als dünne Scheibe überragt und dadurch besonders klare Kanten formuliert, die von der Fassade übers Dach gezogenen Verglasungen, die damit zugleich als Oberlichten dienen, und der leichte Knick des nach Süden hin auskragenden Daches mit seiner Holzuntersicht.

Grundlage für all diese gestalterischen Maßnahmen ist das konstruktive Konzept, dessen Ausgangspunkt im Turnsaal zu finden ist. Dieser wurde ins Untergeschoss abgesenkt, um entsprechende wärme- und schalltechnische Vorteile ausnützen zu können. Das stützenfreie Volumen reicht über eine Höhe von zwei Geschossen und hat eine Spannweite von 40 Metern. Um darüber zwei Vollgeschosse errichten zu können und dennoch eine leichte Wirkung zu erzielen, wird der Turnsaal in seiner Mittelachse von einem Stahlfachwerkträger überspannt, in den die beiden Obergeschosse eingeschoben wurden. Daraus resultiert das System, das im gesamten Gebäude umgesetzt wurde: Ein Stahlskelett bildet die Tragkonstruktion, Massivholzelemente aus Brettsperrholz wurden für die ausfachenden Teile, Decken und Fassaden verwendet. So konnten eine zarte Tragstruktur und trotz großer Spannweiten – diese betragen etwa in den Klassenräumen bis zu 10 Meter in Querrichtung – vergleichsweise niedrige Konstruktionshöhen umgesetzt werden, wodurch die für den Architekten maßgebliche Leichtigkeit und Transparenz erreicht wurde.

Atmosphärische Gründe standen bei der Entscheidung im Vordergrund, die Konstruktionsmaterialien nach Möglichkeit sichtbar zu belassen. So sind der Stahlbeton des Gebäudesockels und des Erschließungskerns ebenso zu sehen wie das Stahlskelett und die flächigen Massivholzteile. Diese tragen ganz wesentlich zur sachlich-freundlichen Ausstrahlung des Schulzentrums bei, verfügen über große haptische und raumklimatische Vorteile und stellen eine Verbindung zum umgebenden Naturraum her. Darüber hinaus waren die Möglichkeit der Vorfertigung und die damit verbundene kurze Bauzeit ausschlaggebende Gründe, großflächig mit Holz zu bauen.
Die Detaillösungen in den Anschlussbereichen zwischen Holz und Stahl wurden so einfach wie möglich gehalten – eine Herangehensweise, die nicht nur wirtschaftlich ist, sondern aufgrund der guten Kombinierbarkeit beider Materialien auf der Hand lag. So wurden im Bereich des lang gestreckten Baukörpers die Holzdecken einfach zwischen die Stahlträger eingelegt, im Volksschul-Pavillon hingegen darunter abgehängt, um größere Maßtoleranzen zu erlauben. Um trotz der Sichtoberflächen den Brandschutzbestimmungen zu entsprechen, wurde eine technische Zulassung (Abbrandnachweis der die Stahlträger abdeckenden Dreischichtplatten über 30 bzw. 60 Minuten) für das Deckensystem erreicht, die Stahlträger wurden, sofern sichtbar verbleibend, zusätzlich mit einem brandhemmenden Anstrich (EI 30 bzw. EI 60) versehen. Die Schule verfügt über keine Sprinkleranlage, Hauptgänge werden mit Brandmeldern überwacht, darüber hinaus waren herkömmliche Brandabschnitte und Fluchtwege ausreichend. Problematischer war es, die hohen Schallschutzanforderungen zu erfüllen: Die für die Minderung der Schallübertragung aus Körperschall notwendige Masse wurde durch eine auf den Leichtbau abgestimmte präzise kalkulierte Schüttung auf den Geschossdecken erreicht. Die Leichtigkeit der Konstruktion wurde dadurch jedoch ebenso wenig in Mitleidenschaft gezogen wie ihre Schönheit.

zuschnitt, Mi., 2010.12.15



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15. Dezember 2008Eva Guttmann
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Methoden der Fälschung

Seit wann wird was von wem, wie und warum imitiert? Die Antworten auf diese einfachen Fragen sind alles andere als einfach. Faktum ist, dass die Imitation...

Seit wann wird was von wem, wie und warum imitiert? Die Antworten auf diese einfachen Fragen sind alles andere als einfach. Faktum ist, dass die Imitation...

Seit wann wird was von wem, wie und warum imitiert? Die Antworten auf diese einfachen Fragen sind alles andere als einfach. Faktum ist, dass die Imitation schon in der Natur Vorbilder hat. Mimikry, eine angeborene Form der Tarnung im Tier- und Pflanzenreich, bei der Gestalt, Färbung oder Zeichnung anderer Lebewesen zum Zweck des Selbstschutzes, des Anlockens von Beute oder der Vermehrung angenommen werden, gehört zu den bekanntesten.

Doch auch Holz wird seit Langem imitiert bzw. herangezogen, um andere Materialien zu imitieren. Eine Sonderform ist die Imitation von Holz durch Holz – also die visuelle Aufwertung einer Holzart durch bestimmte Techniken wie bemalen oder furnieren.

Wolfgang Baatz, Leiter des Instituts für Konservierung und Restaurierung an der Akademie der bildenden Künste Wien erzählt, dass bereits in der Antike mit Malereien bestimmte räumliche Wirkungen und verschiedene Materialien nachgeahmt wurden. Meist handelte es sich um konstruktive Elemente, wie etwa beim Grab der Valerier im 2. Jh. n. Chr. in Rom, in dem eine »Holzkassettendecke« aus Stuck erhalten ist. Warum das so ist, kann heute allerdings nicht mehr entschlüsselt werden.

Im Lauf der Zeit entwickelte das Malerhandwerk Methoden und Techniken des »Täuschens«, die zur Zeit des Historismus im 19. Jh. einen Höhepunkt erreichten. Damals gab es ähnliche Gründe wie heute, Holz nachzuahmen oder als Trägermaterial zu verwenden. So war es naheliegend, billiges, leicht verfügbares Holz zu bemalen, um eine edlere bzw. seltene Holzart vorzutäuschen. Ebenso verfiel man auf die Idee, Kassettendecken zu »basteln«, indem man einfache Leisten als »Feldbegrenzungen« auf eine simple Holzbalkendecke mit Bretteruntersicht nagelte. Elaborierter war da schon die Methode, echte Wurzelholzmöbel durch korrigierende Bemalung noch kostbarer zu machen und »Fehler« der Natur zu retuschieren.

Ein anderer Grund für die Imitation im 19. Jh. waren vor- bzw. frühindustrielle Methoden der Massenproduktion von Stuckleisten und -formen. Diese konnten viel schneller produziert und montiert werden als echtes Holz, und der Ehrgeiz der Maler bezog sich nicht nur auf eine perfekte Illusion, sondern auch auf die Geschwindigkeit, mit der diese erzeugt wurde. Dieser handwerkliche Aspekt existiert heute nicht mehr und kaum ein Maler und Anstreicher ist noch in der Lage, unterschiedliche Holzarten zu »malen«.

Ein besonders bizarres Beispiel für eine Holzimitation befindet sich auf Kreta: Anfang des 20. Jhs. leitete Sir Arthur Evans die Ausgrabungen in Knossos, wobei viele verschiedene Zeitschichten freigelegt und für die Besucher gestalterisch dargestellt wurden. In diesem Zusammenhang wurde ein ursprünglich in Holz befundetes Tor aus Beton nachgebaut und dieser mit einem Holzimitationsanstrich versehen. Inzwischen ist die Farbe weitgehend abgewittert, und so steht nun ein ehemals braun gestrichenes Betontor inmitten antiker Ausgrabungen.

Heute wird mehr Holz gefälscht denn je. Die Motive haben sich kaum verändert, wohl aber die Techniken. Nicht mehr handwerkliche Virtuosität steht im Vordergrund, sondern industrielle Produktion, und manche aufmerksame Leserin erinnert sich vielleicht an die schöne Internetseite It's (K)not Wood aus Zuschnitt 27, auf der ausschließlich »Fakes« zu sehen sind.

Die »Fälschungen« gingen jedoch in beide Richtungen. Ein besonders anschauliches Beispiel ist das Palais Epstein an der Wiener Ringstraße. Hier gibt es nicht nur Stuckdecken, die Holzdecken täuschend ähnlich sehen (s. Seite 8), sondern auch Türen mit Holzfüllungen, die aus Malachit zu sein scheinen. Dabei beruhen die Techniken des Maserierens und des Marmorierens auf demselben Prinzip: Auf eine hellere Grundierung wird eine Lasur in gewünschter Farbe und Struktur aufgetragen und zuletzt die Oberfläche mit einem schützenden Lack überzogen.

zuschnitt, Mo., 2008.12.15



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15. Dezember 2008Eva Guttmann
zuschnitt

Botschaft Holz

Botschaften zu bauen ist nicht leicht. So gibt etwa die schwedische Regierung Richtlinien für die Gestaltung und den Auftritt ihrer Auslandsvertretungen...

Botschaften zu bauen ist nicht leicht. So gibt etwa die schwedische Regierung Richtlinien für die Gestaltung und den Auftritt ihrer Auslandsvertretungen...

Botschaften zu bauen ist nicht leicht. So gibt etwa die schwedische Regierung Richtlinien für die Gestaltung und den Auftritt ihrer Auslandsvertretungen heraus, um die Stärken und Vorzüge des Landes sichtbar zu machen und es damit zu »bewerben«.

Als naheliegendes Baumaterial für das »House of Sweden« in Washington bot sich Holz an. Kein anderer Werkstoff ist geeigneter, Tradition, Gegenwart und Zukunft eines skandinavischen Staates zu transportieren. Dennoch sahen die Architekten schon bald nach Beginn des Wettbewerbs davon ab, Holz als wichtigstes konstruktives Material einzusetzen, da sich das Grundstück auf einer Halbinsel, die von zwei Flüssen begrenzt wird, befindet. Neben dem in Washington ohnehin heißen und feuchten Wetter sprachen die regelmäßigen Überschwemmungen der Halbinsel gegen den Einsatz von Holz in größerem Maßstab.

Trotzdem spielt Holz eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des 2006 eröffneten Bauwerks der Architekten Gert Wingårdh und Tomas Hansen. Um Holz jedoch nicht nur im Inneren einzusetzen, sondern auch von außen sichtbar zu machen, war es ursprünglich die Absicht der Architekten, die Glasbrüstungen der beiden auskragenden »Balkongürtel« mit Holzfurnieren zu beschichten. Sie entschieden sich aus zwei Gründen für die »Fälschung«: erstens, da der hohe Feuchtigkeitsgehalt die Dauerhaftigkeit der Beschichtung gefährdet hätte, und zweitens, weil aus der Distanz betrachtet die »echten« Furniere eher den Eindruck von Malerei als von »natürlichem« Holz erweckt hätten.

Wenn das Ziel also war, Holz auszudrücken, dann musste es sublimiert werden. Der Stellvertreter würde näher an der Idee sein als das Material selbst, und so begann man damit, Muster zu entwerfen, die das Holz nicht imitieren, sondern illustrieren würden. Die Methode der »Fälschung« hat in Schweden lange Tradition. In den Zeiten, als das Land zu den ärmsten in Europa gehörte, wurden kostbare Materialien vor allem in Kirchen und repräsentativen Gebäuden systematisch »dargestellt«, wobei man bald den naturalistischen Anspruch aufgab und stattdessen einen künstlerischen Ausdruck anstrebte, der mit dem Original nur mehr wenig zu tun hatte. Im Fall der schwedischen Botschaft wurden also sechs verschiedene computergenerierte Bilder von überlebensgroßen Holzmaserungen im Siebdruckverfahren auf die Glasplatten gedruckt. Diese sind hinterleuchtet, um am Abend und in der Nacht das »nordische Licht in die dunkle, südliche Nacht« zu tragen. Das Gebäude leuchtet nun wie eine Laterne und spiegelt sich im Wasser, während das Innere hell und transparent die Werte der schwedischen Gesellschaft nach außen trägt.

zuschnitt, Mo., 2008.12.15



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16. September 2008Eva Guttmann
Anne Isopp
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Brettsperrholz

Vor fast dreißig Jahren tauchte das Wort erstmals – wenn auch in anderem Zusammenhang als heute gebräuchlich – in der Fachliteratur auf. Zwanzig Jahre...

Vor fast dreißig Jahren tauchte das Wort erstmals – wenn auch in anderem Zusammenhang als heute gebräuchlich – in der Fachliteratur auf. Zwanzig Jahre...

Vor fast dreißig Jahren tauchte das Wort erstmals – wenn auch in anderem Zusammenhang als heute gebräuchlich – in der Fachliteratur auf. Zwanzig Jahre später, nämlich 1998, wurden sowohl in Deutschland als auch in Österreich die ersten bauaufsichtlichen Zulassungen für jene flächigen, lastabtragenden, mehrschichtigen Massivholzplatten vergeben, die heute v. a. unter dem Namen Brettsperrholz (BSP) bekannt sind.

Das Produkt selbst war nicht neu: Tischlerplatten, Sperrholzplatten, Furnierschichtholz – sie alle funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Neu war die Dimension, in der die Platten produziert wurden und die sie als tragende Elemente erst verwendbar machte. Die Idee kam ursprünglich aus den Sägebetrieben, die eine Möglichkeit suchten, aus der sogenannten »Seitenware« – die aufgrund der Dimension oder Qualität etwa zur Herstellung von stabförmigen Holzwerkstoffen wie Brettschichtholz (BSH) nicht verwendet werden kann – ein hochwertiges Produkt zu kreieren. Inzwischen ist BSP seit zehn Jahren auf dem Markt und stellt in Form der Holzmassivbauweise eine wichtige Ergänzung zum »herkömmlichen« Holzbau dar.
Platten basteln

Brettsperrholz besteht üblicherweise aus drei bis sieben kreuzweise miteinander verklebten Nadelholz-Brettlagen, deren Einzelbretter der Länge nach mit Keilzinken kraftschlüssig verbunden sind. Es wird in Industrie- oder in Sichtqualität angeboten. Je nach Produktionsweise werden zuerst Einschichtplatten erzeugt, indem die einzelnen Bretter an ihren Schmalseiten miteinander verleimt und die so entstandenen Brettlagen zu Mehrschichtplatten »gestapelt« werden. Andere Hersteller legen die einzelnen Holzlamellen ohne Schmalseitenverklebung nebeneinander und leimen Lage für Lage übereinander. Über die Vor- und Nachteile der Schmalseitenverklebung gibt es geteilte Meinungen. Ein Hauptargument dafür ist die Winddichtigkeit des Produkts, ein Argument dagegen die möglicherweise größere Schwindrissbildung, was bei Sichtoberflächen ohne zusätzlich aufgebrachte Sichtlage eine Rolle spielen kann. Gesichert ist allerdings, dass Platten ohne Schmalseitenverleimung keine schlechteren Trageigenschaften haben als solche mit.
Die guten ins Töpfchen, die schlechten auch

Für BSP wird üblicherweise Holz der Festigkeitsklasse S10 gemäß ÖNorm din 4074 verwendet, lediglich ca. 10% entsprechen der Festigkeitsklasse S7. Bei Holzmerkmalen wie Ästen werden die Bretter in der Produktion gekappt und mittels Keilzinkung bis zur gewünschten Länge addiert. Normalerweise kommt die Seitenware in die Mittellage(n) der BSP-Platte, während die Decklagen aus optisch hochwertigeren Brettern hergestellt werden. Gibt es hohe visuelle Anforderungen, dann bieten manche Hersteller Platten mit eigens aufgebrachten Sichtlagen an.
Was BSP kann – und was nicht

Durch die kreuzweise Verleimung der einzelnen Brettlagen wird aus dem gerichteten Werkstoff Holz ein Material mit Platten- bzw. Scheibenwirkung, das als Wand, Decke und Dach, aber auch für Bodenplatten von Brücken o. Ä. eingesetzt werden kann. Ein wesentlicher Vorteil ist die Maßhaltigkeit des Produkts. Die absperrende Wirkung der Verleimung gewährleistet eine hohe Formstabilität, genaue Schwind- bzw. Quellmaße werden produktspezifisch von den einzelnen Herstellern angegeben, wobei die jeweiligen Werte zwischen 0,01% und 0,025% in Längs- bzw. Querrichtung pro geändertem Prozent Holzfeuchte liegen. Weiters lassen sich bei entsprechender Verbindungstechnik aus Brettsperrholz Gebäude von hoher Steifigkeit errichten, eine Eigenschaft, die auch in Hinblick auf erdbebensicheres Bauen, wie es in Italien oder Japan Thema ist, viel Potenzial beinhaltet.

Je nachdem, ob ein Wand- oder ein Deckenelement hergestellt wird, sind (außer im Fall spezieller statischer Anforderungen) die Querlagen bzw. die Längslagen an den Außenseiten der Platten. Die industrielle Produktion von BSP ermöglicht einen besonders hohen Vorfertigungsgrad bis hin zum Abbund mit bereits eingefrästen Fenster- und Türöffnungen, wobei alle Fertigungsschritte von Anfang an computergesteuert ablaufen und kaum Eingriffe in der Herstellung erfordern. Großes Augenmerk kommt der Logistik beim Verladen der fertigen Elemente zu, deren Reihenfolge beim Montieren unbedingt berücksichtigt werden muss.

BSP eignet sich für Konstruktionen in den Nutzungsklassen 1 und 2* mit vorwiegend ruhenden Verkehrslasten, nicht jedoch an bewitterten Stellen. Daher ist bei Einsatz im Freien unbedingt auf sorgfältigen konstruktiven Holzschutz zu achten, da andernfalls die Tragfähigkeit der Elemente nicht gewährleistet ist.
Die nächsten zehn Jahre

Wohnbauten, Geschossbauten, öffentliche Bauten, Industrie- und Hallenbauten sind ideale Bauaufgaben für die Verwendung von BSP. Steigende Nachfrage im In- und Ausland und neue Anbieter gestalten derzeit den Markt, wobei diese sowohl in Österreich als auch in Deutschland, den beiden wichtigsten Herstellerländern, bisher nur über firmenspezifische Einzelzulassungen verfügen, was eine gewisse Unübersichtlichkeit für Architektinnen und Fachplaner zur Folge hat. Daher gibt es aktuelle Bestrebungen, entsprechende Regelwerke zu schaffen, um – ähnlich wie beim Brettschichtholz – verbindliche Standards festzulegen und das Brettsperrholz zu einem auch hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen eindeutig definierten Produkt zu machen.

* Nutzungsklassen 1 bzw. 2: Feuchtegehalt in den Baustoffen, der einer Temperatur von 20°C und einer relativen Luftfeuchte der umgebenden Luft entspricht, die nur für einige Wochen pro Jahr einen Wert von 65% bzw. 85% übersteigt, wobei eine mittlere Gleichgewichtsfeuchte von 12% bzw. 20% in den meisten Nadelhölzern nicht überschritten wird.

zuschnitt, Di., 2008.09.16



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zuschnitt 31 Massiv über Kreuz

16. Juni 2008Eva Guttmann
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Hoch entwickelt

Naturgegeben strebt die Schweiz nach Höherem. Unter anderem mit der Errichtung eines Schutzhauses in den Walliser Alpen, das heuer gebaut wird und dessen Entwicklung vier Jahre in Anspruch genommen hat.

Naturgegeben strebt die Schweiz nach Höherem. Unter anderem mit der Errichtung eines Schutzhauses in den Walliser Alpen, das heuer gebaut wird und dessen Entwicklung vier Jahre in Anspruch genommen hat.

Die Ansprüche, die die ETH Zürich und der Schweizer Alpen-Club (SAC) an die Neue Monte Rosa-Hütte haben, sind hoch: Ein Gebäude auf 2883 m und für 120 Gäste, das (ohne die Energie zum Kochen) zu 90 Prozent energieautark ist, dessen Errichtung und Betrieb unter strengsten Nachhaltigkeitskriterien erfolgen sollen, das in Form und Materialität optimiert ist und als eine der wichtigsten Hütten des sac würdiger Nachfolger sein soll für das alte Schutzhaus von 1895, das Generationen von AlpinistInnen beherbergt hat und nun abgerissen wird.

Studio Monte Rosa

Grundlage der Kooperation zwischen ETH Zürich und SAC ist das »Studio Monte Rosa«, das am Departement Architektur unter der Leitung von Andrea Deplazes mit dem Ziel eingerichtet wurde, Studierende mit der Planung eines baureifen Entwurfs unter besonderen technischen Anforderungen zu konfrontieren. Begleitet wurde das Unterfangen von ExpertInnen des sac und weiterer Fachgebiete der ETH im Rahmen eines F+E-Projekts.

Energie beim Bau

Sowohl Errichtung als auch Nutzung des Schutzhauses werden im Energiekonzept berücksichtigt. So spielen bei der Konzeption die Baustellenlogistik (auch die kurze, auf den Hochsommer beschränkte Bauzeit muss bedacht werden) und die graue Energie bzw. der Primärenergieinhalt der zum Einsatz kommenden Materialien eine maßgebliche Rolle – Parameter, die jeweils für Holz als Konstruktionsmaterial sprechen: Durch den hohen Vorfertigungsgrad und die im Verhältnis zum Gewicht große Tragfähigkeit können Anzahl der Hubschraubertransportflüge und Bauzeit minimiert werden; dass das verwendete heimische Fichten- und Buchenholz über ausgezeichnete bauphysikalische Eigenschaften verfügt und in der Herstellung wenig graue Energie benötigt, liegt auf der Hand.

... und bei der Nutzung

Das Gebäude selbst wird über eine Photovoltaikanlage zur Stromversorgung verfügen, überschüssige Energie soll in Akkus gespeichert werden. Als ergänzende Stromquelle ist ein rapsölbetriebenes Blockheizkraftwerk geplant. Kontrollierte Lüftung wird für ausreichend Frischluft, eine Wärmerückgewinnungsanlage für eine komfortable Raumtemperatur sorgen, wobei die Wärmeabgabe durch Personen einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Heizbedarfs leisten wird, zusätzlich stehen Solarkollektoren zur Warmwassergewinnung zur Verfügung. Das gesamte Energiemanagement soll durch eine »model predictive control« überwacht und gesteuert werden, die dynamische Randbedingungen wie Wetterprognose und Anzahl der Gäste berücksichtigt. Insgesamt werden die CO2-Emissionen pro Übernachtung im Vergleich zur alten Hütte um mehr als zwei Drittel gesenkt.

Form und Konstruktion

Die Studierenden entwickelten ein fünfgeschossiges Gebäude mit polygonalem Grundriss, dessen Wände zuerst vertikal, dann in verschiedenen Höhen nach innen geneigt sind, wodurch ein kristalliner Baukörper entsteht und die Trennung von Fassade und Dach aufgehoben wird. Daraus ergibt sich ein günstiges Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Erschlossen wird das Gebäude über eine entlang der Außenwand laufende Treppe, die kontinuierlich Aussicht auf die Umgebung ermöglicht. Die Schlafräume für drei bis acht Personen verfügen über kleine Fenster, das Restaurant über eine große strukturelle Öffnung. Der Holzbau aus 50 Raumzellen in Modulbauweise wird auf ein Stahlfundament gesetzt. Alle Bauteile sind so leicht wie möglich, um ressourcenschonend zu agieren und die Zahl der Transportflüge möglichst gering zu halten.

Digitale Kette

Der gesamte Gestaltungs- und Herstellungsprozess wurde u.a. von der Professur für CAAD begleitet und mit Hilfe einer »digitalen Kette« optimiert. Damit lassen sich am Computer die unterschiedlichsten relevanten Parameter mit dem Entwurf verknüpfen und verändern. Resultate dieser Vorgangsweise betrafen etwa die Holzkonstruktion: Um – aus Kosten- und Gewichtsgründen – die beste Struktur zu finden und Überdimensionierungen zu vermeiden, wurden die zu erwartenden Belastungen simuliert und die Gebäudeform unter den topografischen Gegebenheiten einem Strömungstest unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass durch die hohen Querbelastungen die momentfreie Struktur eines Fachwerks konstruktiv optimal und im Vergleich zur Ständerbauweise eine Halbierung des Gewichts ohne Leistungseinbußen möglich ist. Der Vielfalt der Konstruktionsteile wird mit einer vollautomatischen Produktion begegnet, bei der die Daten direkt vom Computer an die Abbundmaschine übertragen werden, was bis zum materialgerechten und ökonomischen Einsatz von traditionellen Schwalbenschwanz- und Keilzinkverbindungen führt.

zuschnitt, Mo., 2008.06.16



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zuschnitt 30 Holz bauen Energie sparen

16. Juni 2008Eva Guttmann
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Heiße Häuser

Italien ist super. Milde Winter, warme Sommer, blaues Meer und das beste Eis. Damit das so bleibt, müssen Anstrengungen unternommen werden, die nicht zuletzt...

Italien ist super. Milde Winter, warme Sommer, blaues Meer und das beste Eis. Damit das so bleibt, müssen Anstrengungen unternommen werden, die nicht zuletzt...

Italien ist super. Milde Winter, warme Sommer, blaues Meer und das beste Eis. Damit das so bleibt, müssen Anstrengungen unternommen werden, die nicht zuletzt das Bauwesen betreffen.

Lange galt Italien als klimatisch privilegiert. Energieeffizienz war kein Thema und der heißesten Zeit des Jahres begegneten die Italiener mit Siesta und Ferragosto. Inzwischen machen sich aber auch hier Globalisierung und Klimawandel bemerkbar:

Die Mittagspause wurde abgeschafft, die Sommer werden heißer, Klimaanlagen erobern Büros und Wohnungen. Die Folgen davon sind erhöhter Strombedarf inklusive Versorgungszusammenbrüche, finanzielle Belastung durch gestiegene Energiepreise für die Bevölkerung und eine 20-prozentige Übersteigung der im Kyoto-Protokoll festgehaltenen Ziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Dazu kommt, dass Italien kaum Energieressourcen hat und auf Importe angewiesen ist.

Baulobby bremst

Ihre Zuspitzung erfährt die Situation im Bauwesen, das einen Großteil der vorhandenen Energie benötigt und wo nun versucht wird, binnen kürzester Zeit Anschluss an Mitteleuropa zu finden. Aber Italien hinkt hinterher. Es gibt zwar eine nationale Wärmeschutzverordnung, doch diese entspricht nicht den europäischen Standards, außerdem bremst die starke Baulobby und es fehlt vielfach an Know-how und Transparenz bei der Qualitätssicherung.

Rettung naht

Parallel dazu gibt es jedoch Initiativen wie die KlimaHaus Agentur, die durch Information der Bevölkerung und Ausbildungsangebote an Planer und Ausführende einen Umschwung sowohl bei Neubauten wie im Bereich der Sanierung herbeiführen will. Deren Geschäftsführer Norbert Lantschner betont, dass dieser Umschwung nicht allein durch geänderte Gesetze, sondern vor allem durch Initiierung eines dynamischen Prozesses in Gang gesetzt wurde und die Nachfrage nach energiesparenden Gebäuden – im Interesse der Bevölkerung und mit Unterstützung von Verbraucherverbänden – stark zunimmt. Als Ziele nennt er die verbreitete Errichtung von Niedrig- und Nullenergiehäusern, langfristig auch von Plusenergiehäusern und – als wichtigsten Punkt – dass Italien aus seinem energiepolitischen Dornröschenschlaf erwacht.

zuschnitt, Mo., 2008.06.16



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zuschnitt 30 Holz bauen Energie sparen

16. März 2008Eva Guttmann
zuschnitt

Ring House

Eine Restfläche am »Owners Hill«: Schattig und feucht, steil, dicht bewachsen, ohne Aussicht und an zwei Seiten von einer Straße begrenzt. So lässt sich...

Eine Restfläche am »Owners Hill«: Schattig und feucht, steil, dicht bewachsen, ohne Aussicht und an zwei Seiten von einer Straße begrenzt. So lässt sich...

Eine Restfläche am »Owners Hill«: Schattig und feucht, steil, dicht bewachsen, ohne Aussicht und an zwei Seiten von einer Straße begrenzt. So lässt sich das Grundstück beschreiben, an dem TNA-Architekten (Makoto Takei und Chie Nabeshima) ein Wochenendhaus gebaut und damit einen freundlich-verwunschenen Ort geschaffen haben.

Sommer in Japans Hauptstadt: das bedeutet Hitze und Smog. Wer es sich leisten kann, der hat ein Ferienhaus in einem der kühlen, schattigen Wälder außerhalb, am besten in der Umgebung von Karuizawa, dem Bad Ischl von Tokio, mit dem Shinkansen in eineinhalb Stunden erreichbar. Hier befindet sich auch das »Owners Hill«-Resort, ein bewaldetes Gebiet, in dem hunderte von Wochenend- oder Ferienhäusern locker verteilt zwischen den Bäumen stehen. Die meisten der Grundstücke verfügen über eine gute Aussicht, viel Ruhe und waren binnen kürzester Zeit verkauft. Eines blieb aufgrund seiner Lage und Topografie jedoch übrig, weshalb der Developer die TNA-Architekten mit dem Bau eines Wochenendhauses beauftragte, in der – wie sich herausstellte, berechtigten – Hoffnung, dann einen Käufer dafür zu finden.

Die jungen Architekten errichteten einen Turm aus Glas und Holz, eine horizontal geschichtete Struktur aus transparenten und opaken Bändern, die übereinander zu schweben scheinen. Keine vertikalen Elemente sind auf den ersten Blick sichtbar, keine Geschosse unmittelbar unterscheidbar. Das Gebäude ist eine transparente, visuell aufgelöste Hülle auf einer quadratischen Grundfläche von ca. 6 mal 6 Metern und wurde an der höchstmöglichen zur Bebauung geeigneten Stelle des Grundstücks so positioniert, dass lediglich drei Bäume gefällt werden mussten. Durch den Bau eines Turms erreichten die Architekten nicht nur, dass kaum Grundfläche verbraucht wurde, sondern auch, dass das Gebäude – zugleich hermetisch in seiner Form und völlig offen in seiner Durchsichtigkeit – ganz selbstverständlich zwischen den Bäumen steht, als eines von vielen vertikalen Elementen am Grundstück, dessen »Erklimmen« parallel zu den Stämmen möglich ist. Der Wald ersetzt die fehlende Aussicht, der durch nichts unterbrochene Rundumblick in die Baumkronen eine nutzbare Freifläche.

Neben den Materialien unterstützen die Farben Schwarz und Weiß die Gesamtwirkung des Gebäudes: Durch die dunklen »Holzringe« und die Spiegelung des Glases bei Tag verschmilzt der Baukörper mit seiner Umgebung, die hellen Oberflächen im Inneren treten in den Hintergrund. Am Abend reflektiert die weiße Innenseite der Fassadenbänder das Licht im Haus wie der Schirm einer Lampe – das Gebäude wird zur Laterne im Wald.

Die Konstruktion des Ring-Hauses zielt darauf ab, den sehr reduzierten, schwebenden Eindruck der einander abwechselnden Schichten möglichst ohne störende Elemente umzusetzen. Daher werden alle Funktionen wie Küchenzeile, Geschossdecken, Treppenpodeste oder Sanitäreinheiten hinter den aus Brettschichtholz vorgefertigten, je nach dahinterliegender Funktion unterschiedlich hohen Vierendeelträgern verborgen. Diese sind ohne zusätzliche Diagonalaussteifung biegesteif mit den schlanken Stehern verschraubt, außen gedämmt und mit einer dunklen Zedernholzschalung verkleidet. Die rundumlaufenden Glasbänder werden pro Geschoss von zwei bis drei Lüftungsflügeln unterbrochen, welche den Gesamteindruck einer extrem reduzierten Fassade jedoch kaum beeinträchtigen. Sowohl die Rahmen der beweglichen Fenster als auch die Scheiben der Fixverglasungen sind oben direkt in die genuteten Brettschichtholzträger und unten auf die Wetterschenkel geklebt. Die Lastabtragung erfolgt über eine Klotzung unter den Wetterschenkeln, die ihrerseits mit den Vierendeelträgern verschraubt sind.

Ein massiver Sockel trägt das dreistöckige Bauwerk, das über eine Brücke im ersten Geschoss erschlossen wird, welche im Inneren des Gebäudes in eine frei eingehängte, leichte Treppe übergeht. Diese führt bis aufs begehbare Dach, wo man endgültig auf Augenhöhe ist mit den Bäumen.

zuschnitt, So., 2008.03.16



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Ring House in Karuizawa



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zuschnitt 29 Holz und Glas

16. März 2008Eva Guttmann
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Nach außen offen

Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden...

Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden...

Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden sollte. Und während der eine von seiner Karriere als Bundeskanzler träumte, wollte der andere dezidiert Tischler werden. Doch Christian Walch ist heute nicht nur Tischler, sondern auch Zimmermann und Architekt, Erfinder und Visionär. Diese Entwicklung war wohl immer schon absehbar, hat jedoch auch einen konkreten Beginn: Anfang der 90er Jahre nahm sich Christian Walch ein Jahr Auszeit, das er dazu nutzen wollte, zu recherchieren, zu lernen und zu forschen, um danach »große Möbel«, also Häuser bauen zu können. Aus dem einen wurden drei Jahre und die Studien umfassten vor allem die Auseinandersetzung mit den Themen Holz, Ökologie, Energie, aber auch Technik, Konstruktionssysteme und – als zweites wichtiges, weil im Hausbau unumgängliches Material – Glas.

Das erste Projekt nach dem »Wiedereinstieg« war ein Einfamilienhaus in Nüziders und zugleich wurden damit die Maßstäbe seines Anspruchs festgelegt: Die Pläne waren gezeichnet, die Baubewilligung erteilt, als Walch den Umsetzungsprozess stoppte, den Entwurf völlig überarbeitete und erst dann das Haus baute, das schließlich zum Sieger des damals zum ersten Mal veranstalteten Vorarlberger Holzbaupreises in der Kategorie Einfamilienhäuser gekürt wurde. Diese Geschichte sagt viel über die Persönlichkeit Christian Walchs aus, die sich durch Anspruch, Leidenschaft und Konsequenz auszeichnet, getrieben von der Überzeugung, eine Idee auch umsetzen zu können. Eine Lebenseinstellung, die sich in seinen Entwürfen widerspiegelt.

Zu einer der ältesten Visionen Christian Walchs gehörte die Idee vom Holzfenster, das sich, wie früher üblich, nach außen öffnet und trotzdem allen bauphysikalischen und technischen Anforderungen gerecht wird. Vorbilder gab es in Skandinavien, daneben die Vorstellung von einem Raum, der nicht durch einen nach innen aufschwingenden Flügel beeinträchtigt wird. Als im Zusammenhang mit einer konkreten Bauaufgabe keine der angefragten Fensterfirmen in der Lage war, so ein Produkt zu liefern, übernahm Walch diese Aufgabe selbst und entwickelte in jahrelanger Pionierarbeit ein eigenes Ganzglasfenster: Die Glasscheibe klebt außen am Holzrahmen und deckt diesen ab, wodurch er vor Bewitterung geschützt und nahezu wartungsfrei ist. Die Konstruktion wird insgesamt schlanker, die Glasfläche im Verhältnis größer. Das Fenster, das 2007 mit dem Adolf Loos-Staatspreis für Design und dem red dot award/best of the best ausgezeichnet wurde, kann fassadenbündig montiert und nach außen geöffnet werden. Parallel dazu entstanden Beschläge, eine entsprechende Fertigungstechnologie sowie ein Fassadensystem, das nach demselben Prinzip funktioniert. Die technischen Lösungen gehen einher mit einer eleganten, reduzierten, anspruchsvollen Gestaltung, die einen achtsamen und sehr frei gedachten Zugang vermittelt.

Begleitet man Christian Walch durch seinen Betrieb, dann spürt man diese Achtsamkeit, den Idealismus und die Liebe zum Holz, die hinter allem steht. Er selbst spricht vom »tiefen Wunsch, in Holz zu den-ken und zu fühlen und die Entwicklung, die Bauherren entlang einer Entwurfs- und Umsetzungsphase machen, mitzuerleben«. Die Produktionshalle ist groß, aber nicht riesig. Sie reicht gerade dazu aus, den aktuellen Auftrag – 10.000 m² Ganzglasfassade auf geräuchertem Lärchenholz in sechs Meter hohen Einzelelementen – produzieren zu können. Manches wird außer Haus erledigt und es gibt die – teilweise schon umgesetzte – Idee für zwei weitere Hallen.

»Das Risiko muss man eigentlich ausblenden, aber trotzdem habe ich viele schlaflose Nächte hinter mir«, antwortet Christian Walch auf die Frage nach der finanziellen und emotionalen Belastung, die er zu tragen hat. Die Verantwortung für eine Firma mit inzwischen 25 Mitarbeitern ist groß, ebenso wie die Erschöpfung nach jahrelanger Pionierarbeit. Unterstützung fand und findet Christian Walch bei Partnerfirmen aus der Industrie sowie bei Institutionen aus den Bereichen der Wissenschaft und der Lehre. Er ist eingebunden in ein Netzwerk aus Forschern, dennoch hat man das Gefühl, dass er ein Einzelkämpfer ist. Dies hat wohl auch damit zu tun, dass er selbst für den Markt »erfindet« und nicht durch eine Institution oder die Entwicklungsabteilung eines großen Betriebs abgesichert ist – die Wirtschaftlichkeit muss immer wesentlicher Parameter sein. Das ist anstrengend, verleiht der Firma aber zugleich die Geschwindigkeit und Flexibilität, marktnah zu sein, auf Anforderungen rasch reagieren, auch einmal einen Schritt zurücktreten und neu beginnen zu können.

Ideen und Pläne hat Christian Walch viele, doch die meisten liegen noch in der Schublade. Zur Zeit ist er damit beschäftigt, die Fenster- und Fassadenproduktion zu optimieren, um wirtschaftlich und in großem Maßstab produzieren zu können, denn die Nachfrage ist da und gemeinsame Projekte mit Architekten wie Bothe Richter Teherani oder Delugan Meissl bestätigen ihn in seinem Weg.

Mittelfristig soll aber Ruhe einkehren, soll wieder Platz sein für Ideen und Experimente, Kreativität und auch für »große Möbel«, denn: »Architektur geht mir gut von der Hand und ist eine große Freude.«

zuschnitt, So., 2008.03.16



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Presseschau 12

15. Dezember 2010Eva Guttmann
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Sachlich bis heiter

2009 wurde in Taufkirchen an der Pram, einer Marktgemeinde im Innviertel, ein neues, heiter-urban anmutendes Schulgebäude eröffnet. Aus einem von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb war mit Dietmar Feichtinger ein Architekt als Sieger hervorgegangen, dessen Arbeiten für ihre technische Ausgereiftheit und visuelle Leichtigkeit bekannt sind.

2009 wurde in Taufkirchen an der Pram, einer Marktgemeinde im Innviertel, ein neues, heiter-urban anmutendes Schulgebäude eröffnet. Aus einem von der Gemeinde ausgeschriebenen Wettbewerb war mit Dietmar Feichtinger ein Architekt als Sieger hervorgegangen, dessen Arbeiten für ihre technische Ausgereiftheit und visuelle Leichtigkeit bekannt sind.

Das Grundstück für das Schulzentrum liegt südwestlich des Ortskerns von Taufkirchen zwischen der Bundesstraße Richtung Schärding im Norden und dem Flüsschen Pram im Süden. Der Neubau schließt im Westen an den bestehenden Kindergarten an und besteht aus einem parallel zur Straße liegenden, dreigeschossigen, lang gestreckten Baukörper, in dem Hauptschule, Musikschule, Turnsaal und Heimatmuseum untergebracht sind, sowie einem eingeschossigen, von großzügigen Terrassenflächen umgebenen Pavillon südlich davon, der die Volksschule beherbergt. Damit ist das Schulzentrum einerseits vom Verkehr im Norden abgeschirmt, andererseits konnte eine Öffnung der Klassenzimmer zum Naturraum der Pram erreicht werden. Diese Differenzierung ist auch an den Fassaden deutlich ablesbar: Während an der Nordseite eine ruhige, geschlossene Schindel- bzw. Glasfassade die Ansicht vom Ort bzw. der Bundesstraße aus dominiert, öffnet sich das Gebäude nach Süden hin und schafft mittels beschattenden Dachüberständen, Balkonen und durchgehenden raumhohen Glaselementen eine starke Verbindung zum Außenraum.

Der gesamte Neubau ist hell und transparent: Elemente wie der Stahl-Glas-Kubus, der zwischen die drei Baukörper eingeschoben ist und als Foyer die einzelnen Funktionen miteinander verbindet, der durchgehende Glasstreifen, der das zurückversetzte Erdgeschoss von den Obergeschossen trennt, oder die stirnseitige Verglasung des zweigeschossigen Pausenbereichs tragen ebenso zu diesem Eindruck bei wie die Schindelfassade, welche die Enden des Gebäudes als dünne Scheibe überragt und dadurch besonders klare Kanten formuliert, die von der Fassade übers Dach gezogenen Verglasungen, die damit zugleich als Oberlichten dienen, und der leichte Knick des nach Süden hin auskragenden Daches mit seiner Holzuntersicht.

Grundlage für all diese gestalterischen Maßnahmen ist das konstruktive Konzept, dessen Ausgangspunkt im Turnsaal zu finden ist. Dieser wurde ins Untergeschoss abgesenkt, um entsprechende wärme- und schalltechnische Vorteile ausnützen zu können. Das stützenfreie Volumen reicht über eine Höhe von zwei Geschossen und hat eine Spannweite von 40 Metern. Um darüber zwei Vollgeschosse errichten zu können und dennoch eine leichte Wirkung zu erzielen, wird der Turnsaal in seiner Mittelachse von einem Stahlfachwerkträger überspannt, in den die beiden Obergeschosse eingeschoben wurden. Daraus resultiert das System, das im gesamten Gebäude umgesetzt wurde: Ein Stahlskelett bildet die Tragkonstruktion, Massivholzelemente aus Brettsperrholz wurden für die ausfachenden Teile, Decken und Fassaden verwendet. So konnten eine zarte Tragstruktur und trotz großer Spannweiten – diese betragen etwa in den Klassenräumen bis zu 10 Meter in Querrichtung – vergleichsweise niedrige Konstruktionshöhen umgesetzt werden, wodurch die für den Architekten maßgebliche Leichtigkeit und Transparenz erreicht wurde.

Atmosphärische Gründe standen bei der Entscheidung im Vordergrund, die Konstruktionsmaterialien nach Möglichkeit sichtbar zu belassen. So sind der Stahlbeton des Gebäudesockels und des Erschließungskerns ebenso zu sehen wie das Stahlskelett und die flächigen Massivholzteile. Diese tragen ganz wesentlich zur sachlich-freundlichen Ausstrahlung des Schulzentrums bei, verfügen über große haptische und raumklimatische Vorteile und stellen eine Verbindung zum umgebenden Naturraum her. Darüber hinaus waren die Möglichkeit der Vorfertigung und die damit verbundene kurze Bauzeit ausschlaggebende Gründe, großflächig mit Holz zu bauen.
Die Detaillösungen in den Anschlussbereichen zwischen Holz und Stahl wurden so einfach wie möglich gehalten – eine Herangehensweise, die nicht nur wirtschaftlich ist, sondern aufgrund der guten Kombinierbarkeit beider Materialien auf der Hand lag. So wurden im Bereich des lang gestreckten Baukörpers die Holzdecken einfach zwischen die Stahlträger eingelegt, im Volksschul-Pavillon hingegen darunter abgehängt, um größere Maßtoleranzen zu erlauben. Um trotz der Sichtoberflächen den Brandschutzbestimmungen zu entsprechen, wurde eine technische Zulassung (Abbrandnachweis der die Stahlträger abdeckenden Dreischichtplatten über 30 bzw. 60 Minuten) für das Deckensystem erreicht, die Stahlträger wurden, sofern sichtbar verbleibend, zusätzlich mit einem brandhemmenden Anstrich (EI 30 bzw. EI 60) versehen. Die Schule verfügt über keine Sprinkleranlage, Hauptgänge werden mit Brandmeldern überwacht, darüber hinaus waren herkömmliche Brandabschnitte und Fluchtwege ausreichend. Problematischer war es, die hohen Schallschutzanforderungen zu erfüllen: Die für die Minderung der Schallübertragung aus Körperschall notwendige Masse wurde durch eine auf den Leichtbau abgestimmte präzise kalkulierte Schüttung auf den Geschossdecken erreicht. Die Leichtigkeit der Konstruktion wurde dadurch jedoch ebenso wenig in Mitleidenschaft gezogen wie ihre Schönheit.

zuschnitt, Mi., 2010.12.15



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15. Dezember 2008Eva Guttmann
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Methoden der Fälschung

Seit wann wird was von wem, wie und warum imitiert? Die Antworten auf diese einfachen Fragen sind alles andere als einfach. Faktum ist, dass die Imitation...

Seit wann wird was von wem, wie und warum imitiert? Die Antworten auf diese einfachen Fragen sind alles andere als einfach. Faktum ist, dass die Imitation...

Seit wann wird was von wem, wie und warum imitiert? Die Antworten auf diese einfachen Fragen sind alles andere als einfach. Faktum ist, dass die Imitation schon in der Natur Vorbilder hat. Mimikry, eine angeborene Form der Tarnung im Tier- und Pflanzenreich, bei der Gestalt, Färbung oder Zeichnung anderer Lebewesen zum Zweck des Selbstschutzes, des Anlockens von Beute oder der Vermehrung angenommen werden, gehört zu den bekanntesten.

Doch auch Holz wird seit Langem imitiert bzw. herangezogen, um andere Materialien zu imitieren. Eine Sonderform ist die Imitation von Holz durch Holz – also die visuelle Aufwertung einer Holzart durch bestimmte Techniken wie bemalen oder furnieren.

Wolfgang Baatz, Leiter des Instituts für Konservierung und Restaurierung an der Akademie der bildenden Künste Wien erzählt, dass bereits in der Antike mit Malereien bestimmte räumliche Wirkungen und verschiedene Materialien nachgeahmt wurden. Meist handelte es sich um konstruktive Elemente, wie etwa beim Grab der Valerier im 2. Jh. n. Chr. in Rom, in dem eine »Holzkassettendecke« aus Stuck erhalten ist. Warum das so ist, kann heute allerdings nicht mehr entschlüsselt werden.

Im Lauf der Zeit entwickelte das Malerhandwerk Methoden und Techniken des »Täuschens«, die zur Zeit des Historismus im 19. Jh. einen Höhepunkt erreichten. Damals gab es ähnliche Gründe wie heute, Holz nachzuahmen oder als Trägermaterial zu verwenden. So war es naheliegend, billiges, leicht verfügbares Holz zu bemalen, um eine edlere bzw. seltene Holzart vorzutäuschen. Ebenso verfiel man auf die Idee, Kassettendecken zu »basteln«, indem man einfache Leisten als »Feldbegrenzungen« auf eine simple Holzbalkendecke mit Bretteruntersicht nagelte. Elaborierter war da schon die Methode, echte Wurzelholzmöbel durch korrigierende Bemalung noch kostbarer zu machen und »Fehler« der Natur zu retuschieren.

Ein anderer Grund für die Imitation im 19. Jh. waren vor- bzw. frühindustrielle Methoden der Massenproduktion von Stuckleisten und -formen. Diese konnten viel schneller produziert und montiert werden als echtes Holz, und der Ehrgeiz der Maler bezog sich nicht nur auf eine perfekte Illusion, sondern auch auf die Geschwindigkeit, mit der diese erzeugt wurde. Dieser handwerkliche Aspekt existiert heute nicht mehr und kaum ein Maler und Anstreicher ist noch in der Lage, unterschiedliche Holzarten zu »malen«.

Ein besonders bizarres Beispiel für eine Holzimitation befindet sich auf Kreta: Anfang des 20. Jhs. leitete Sir Arthur Evans die Ausgrabungen in Knossos, wobei viele verschiedene Zeitschichten freigelegt und für die Besucher gestalterisch dargestellt wurden. In diesem Zusammenhang wurde ein ursprünglich in Holz befundetes Tor aus Beton nachgebaut und dieser mit einem Holzimitationsanstrich versehen. Inzwischen ist die Farbe weitgehend abgewittert, und so steht nun ein ehemals braun gestrichenes Betontor inmitten antiker Ausgrabungen.

Heute wird mehr Holz gefälscht denn je. Die Motive haben sich kaum verändert, wohl aber die Techniken. Nicht mehr handwerkliche Virtuosität steht im Vordergrund, sondern industrielle Produktion, und manche aufmerksame Leserin erinnert sich vielleicht an die schöne Internetseite It's (K)not Wood aus Zuschnitt 27, auf der ausschließlich »Fakes« zu sehen sind.

Die »Fälschungen« gingen jedoch in beide Richtungen. Ein besonders anschauliches Beispiel ist das Palais Epstein an der Wiener Ringstraße. Hier gibt es nicht nur Stuckdecken, die Holzdecken täuschend ähnlich sehen (s. Seite 8), sondern auch Türen mit Holzfüllungen, die aus Malachit zu sein scheinen. Dabei beruhen die Techniken des Maserierens und des Marmorierens auf demselben Prinzip: Auf eine hellere Grundierung wird eine Lasur in gewünschter Farbe und Struktur aufgetragen und zuletzt die Oberfläche mit einem schützenden Lack überzogen.

zuschnitt, Mo., 2008.12.15



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15. Dezember 2008Eva Guttmann
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Botschaft Holz

Botschaften zu bauen ist nicht leicht. So gibt etwa die schwedische Regierung Richtlinien für die Gestaltung und den Auftritt ihrer Auslandsvertretungen...

Botschaften zu bauen ist nicht leicht. So gibt etwa die schwedische Regierung Richtlinien für die Gestaltung und den Auftritt ihrer Auslandsvertretungen...

Botschaften zu bauen ist nicht leicht. So gibt etwa die schwedische Regierung Richtlinien für die Gestaltung und den Auftritt ihrer Auslandsvertretungen heraus, um die Stärken und Vorzüge des Landes sichtbar zu machen und es damit zu »bewerben«.

Als naheliegendes Baumaterial für das »House of Sweden« in Washington bot sich Holz an. Kein anderer Werkstoff ist geeigneter, Tradition, Gegenwart und Zukunft eines skandinavischen Staates zu transportieren. Dennoch sahen die Architekten schon bald nach Beginn des Wettbewerbs davon ab, Holz als wichtigstes konstruktives Material einzusetzen, da sich das Grundstück auf einer Halbinsel, die von zwei Flüssen begrenzt wird, befindet. Neben dem in Washington ohnehin heißen und feuchten Wetter sprachen die regelmäßigen Überschwemmungen der Halbinsel gegen den Einsatz von Holz in größerem Maßstab.

Trotzdem spielt Holz eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des 2006 eröffneten Bauwerks der Architekten Gert Wingårdh und Tomas Hansen. Um Holz jedoch nicht nur im Inneren einzusetzen, sondern auch von außen sichtbar zu machen, war es ursprünglich die Absicht der Architekten, die Glasbrüstungen der beiden auskragenden »Balkongürtel« mit Holzfurnieren zu beschichten. Sie entschieden sich aus zwei Gründen für die »Fälschung«: erstens, da der hohe Feuchtigkeitsgehalt die Dauerhaftigkeit der Beschichtung gefährdet hätte, und zweitens, weil aus der Distanz betrachtet die »echten« Furniere eher den Eindruck von Malerei als von »natürlichem« Holz erweckt hätten.

Wenn das Ziel also war, Holz auszudrücken, dann musste es sublimiert werden. Der Stellvertreter würde näher an der Idee sein als das Material selbst, und so begann man damit, Muster zu entwerfen, die das Holz nicht imitieren, sondern illustrieren würden. Die Methode der »Fälschung« hat in Schweden lange Tradition. In den Zeiten, als das Land zu den ärmsten in Europa gehörte, wurden kostbare Materialien vor allem in Kirchen und repräsentativen Gebäuden systematisch »dargestellt«, wobei man bald den naturalistischen Anspruch aufgab und stattdessen einen künstlerischen Ausdruck anstrebte, der mit dem Original nur mehr wenig zu tun hatte. Im Fall der schwedischen Botschaft wurden also sechs verschiedene computergenerierte Bilder von überlebensgroßen Holzmaserungen im Siebdruckverfahren auf die Glasplatten gedruckt. Diese sind hinterleuchtet, um am Abend und in der Nacht das »nordische Licht in die dunkle, südliche Nacht« zu tragen. Das Gebäude leuchtet nun wie eine Laterne und spiegelt sich im Wasser, während das Innere hell und transparent die Werte der schwedischen Gesellschaft nach außen trägt.

zuschnitt, Mo., 2008.12.15



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16. September 2008Eva Guttmann
Anne Isopp
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Brettsperrholz

Vor fast dreißig Jahren tauchte das Wort erstmals – wenn auch in anderem Zusammenhang als heute gebräuchlich – in der Fachliteratur auf. Zwanzig Jahre...

Vor fast dreißig Jahren tauchte das Wort erstmals – wenn auch in anderem Zusammenhang als heute gebräuchlich – in der Fachliteratur auf. Zwanzig Jahre...

Vor fast dreißig Jahren tauchte das Wort erstmals – wenn auch in anderem Zusammenhang als heute gebräuchlich – in der Fachliteratur auf. Zwanzig Jahre später, nämlich 1998, wurden sowohl in Deutschland als auch in Österreich die ersten bauaufsichtlichen Zulassungen für jene flächigen, lastabtragenden, mehrschichtigen Massivholzplatten vergeben, die heute v. a. unter dem Namen Brettsperrholz (BSP) bekannt sind.

Das Produkt selbst war nicht neu: Tischlerplatten, Sperrholzplatten, Furnierschichtholz – sie alle funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Neu war die Dimension, in der die Platten produziert wurden und die sie als tragende Elemente erst verwendbar machte. Die Idee kam ursprünglich aus den Sägebetrieben, die eine Möglichkeit suchten, aus der sogenannten »Seitenware« – die aufgrund der Dimension oder Qualität etwa zur Herstellung von stabförmigen Holzwerkstoffen wie Brettschichtholz (BSH) nicht verwendet werden kann – ein hochwertiges Produkt zu kreieren. Inzwischen ist BSP seit zehn Jahren auf dem Markt und stellt in Form der Holzmassivbauweise eine wichtige Ergänzung zum »herkömmlichen« Holzbau dar.
Platten basteln

Brettsperrholz besteht üblicherweise aus drei bis sieben kreuzweise miteinander verklebten Nadelholz-Brettlagen, deren Einzelbretter der Länge nach mit Keilzinken kraftschlüssig verbunden sind. Es wird in Industrie- oder in Sichtqualität angeboten. Je nach Produktionsweise werden zuerst Einschichtplatten erzeugt, indem die einzelnen Bretter an ihren Schmalseiten miteinander verleimt und die so entstandenen Brettlagen zu Mehrschichtplatten »gestapelt« werden. Andere Hersteller legen die einzelnen Holzlamellen ohne Schmalseitenverklebung nebeneinander und leimen Lage für Lage übereinander. Über die Vor- und Nachteile der Schmalseitenverklebung gibt es geteilte Meinungen. Ein Hauptargument dafür ist die Winddichtigkeit des Produkts, ein Argument dagegen die möglicherweise größere Schwindrissbildung, was bei Sichtoberflächen ohne zusätzlich aufgebrachte Sichtlage eine Rolle spielen kann. Gesichert ist allerdings, dass Platten ohne Schmalseitenverleimung keine schlechteren Trageigenschaften haben als solche mit.
Die guten ins Töpfchen, die schlechten auch

Für BSP wird üblicherweise Holz der Festigkeitsklasse S10 gemäß ÖNorm din 4074 verwendet, lediglich ca. 10% entsprechen der Festigkeitsklasse S7. Bei Holzmerkmalen wie Ästen werden die Bretter in der Produktion gekappt und mittels Keilzinkung bis zur gewünschten Länge addiert. Normalerweise kommt die Seitenware in die Mittellage(n) der BSP-Platte, während die Decklagen aus optisch hochwertigeren Brettern hergestellt werden. Gibt es hohe visuelle Anforderungen, dann bieten manche Hersteller Platten mit eigens aufgebrachten Sichtlagen an.
Was BSP kann – und was nicht

Durch die kreuzweise Verleimung der einzelnen Brettlagen wird aus dem gerichteten Werkstoff Holz ein Material mit Platten- bzw. Scheibenwirkung, das als Wand, Decke und Dach, aber auch für Bodenplatten von Brücken o. Ä. eingesetzt werden kann. Ein wesentlicher Vorteil ist die Maßhaltigkeit des Produkts. Die absperrende Wirkung der Verleimung gewährleistet eine hohe Formstabilität, genaue Schwind- bzw. Quellmaße werden produktspezifisch von den einzelnen Herstellern angegeben, wobei die jeweiligen Werte zwischen 0,01% und 0,025% in Längs- bzw. Querrichtung pro geändertem Prozent Holzfeuchte liegen. Weiters lassen sich bei entsprechender Verbindungstechnik aus Brettsperrholz Gebäude von hoher Steifigkeit errichten, eine Eigenschaft, die auch in Hinblick auf erdbebensicheres Bauen, wie es in Italien oder Japan Thema ist, viel Potenzial beinhaltet.

Je nachdem, ob ein Wand- oder ein Deckenelement hergestellt wird, sind (außer im Fall spezieller statischer Anforderungen) die Querlagen bzw. die Längslagen an den Außenseiten der Platten. Die industrielle Produktion von BSP ermöglicht einen besonders hohen Vorfertigungsgrad bis hin zum Abbund mit bereits eingefrästen Fenster- und Türöffnungen, wobei alle Fertigungsschritte von Anfang an computergesteuert ablaufen und kaum Eingriffe in der Herstellung erfordern. Großes Augenmerk kommt der Logistik beim Verladen der fertigen Elemente zu, deren Reihenfolge beim Montieren unbedingt berücksichtigt werden muss.

BSP eignet sich für Konstruktionen in den Nutzungsklassen 1 und 2* mit vorwiegend ruhenden Verkehrslasten, nicht jedoch an bewitterten Stellen. Daher ist bei Einsatz im Freien unbedingt auf sorgfältigen konstruktiven Holzschutz zu achten, da andernfalls die Tragfähigkeit der Elemente nicht gewährleistet ist.
Die nächsten zehn Jahre

Wohnbauten, Geschossbauten, öffentliche Bauten, Industrie- und Hallenbauten sind ideale Bauaufgaben für die Verwendung von BSP. Steigende Nachfrage im In- und Ausland und neue Anbieter gestalten derzeit den Markt, wobei diese sowohl in Österreich als auch in Deutschland, den beiden wichtigsten Herstellerländern, bisher nur über firmenspezifische Einzelzulassungen verfügen, was eine gewisse Unübersichtlichkeit für Architektinnen und Fachplaner zur Folge hat. Daher gibt es aktuelle Bestrebungen, entsprechende Regelwerke zu schaffen, um – ähnlich wie beim Brettschichtholz – verbindliche Standards festzulegen und das Brettsperrholz zu einem auch hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen eindeutig definierten Produkt zu machen.

* Nutzungsklassen 1 bzw. 2: Feuchtegehalt in den Baustoffen, der einer Temperatur von 20°C und einer relativen Luftfeuchte der umgebenden Luft entspricht, die nur für einige Wochen pro Jahr einen Wert von 65% bzw. 85% übersteigt, wobei eine mittlere Gleichgewichtsfeuchte von 12% bzw. 20% in den meisten Nadelhölzern nicht überschritten wird.

zuschnitt, Di., 2008.09.16



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16. Juni 2008Eva Guttmann
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Hoch entwickelt

Naturgegeben strebt die Schweiz nach Höherem. Unter anderem mit der Errichtung eines Schutzhauses in den Walliser Alpen, das heuer gebaut wird und dessen Entwicklung vier Jahre in Anspruch genommen hat.

Naturgegeben strebt die Schweiz nach Höherem. Unter anderem mit der Errichtung eines Schutzhauses in den Walliser Alpen, das heuer gebaut wird und dessen Entwicklung vier Jahre in Anspruch genommen hat.

Die Ansprüche, die die ETH Zürich und der Schweizer Alpen-Club (SAC) an die Neue Monte Rosa-Hütte haben, sind hoch: Ein Gebäude auf 2883 m und für 120 Gäste, das (ohne die Energie zum Kochen) zu 90 Prozent energieautark ist, dessen Errichtung und Betrieb unter strengsten Nachhaltigkeitskriterien erfolgen sollen, das in Form und Materialität optimiert ist und als eine der wichtigsten Hütten des sac würdiger Nachfolger sein soll für das alte Schutzhaus von 1895, das Generationen von AlpinistInnen beherbergt hat und nun abgerissen wird.

Studio Monte Rosa

Grundlage der Kooperation zwischen ETH Zürich und SAC ist das »Studio Monte Rosa«, das am Departement Architektur unter der Leitung von Andrea Deplazes mit dem Ziel eingerichtet wurde, Studierende mit der Planung eines baureifen Entwurfs unter besonderen technischen Anforderungen zu konfrontieren. Begleitet wurde das Unterfangen von ExpertInnen des sac und weiterer Fachgebiete der ETH im Rahmen eines F+E-Projekts.

Energie beim Bau

Sowohl Errichtung als auch Nutzung des Schutzhauses werden im Energiekonzept berücksichtigt. So spielen bei der Konzeption die Baustellenlogistik (auch die kurze, auf den Hochsommer beschränkte Bauzeit muss bedacht werden) und die graue Energie bzw. der Primärenergieinhalt der zum Einsatz kommenden Materialien eine maßgebliche Rolle – Parameter, die jeweils für Holz als Konstruktionsmaterial sprechen: Durch den hohen Vorfertigungsgrad und die im Verhältnis zum Gewicht große Tragfähigkeit können Anzahl der Hubschraubertransportflüge und Bauzeit minimiert werden; dass das verwendete heimische Fichten- und Buchenholz über ausgezeichnete bauphysikalische Eigenschaften verfügt und in der Herstellung wenig graue Energie benötigt, liegt auf der Hand.

... und bei der Nutzung

Das Gebäude selbst wird über eine Photovoltaikanlage zur Stromversorgung verfügen, überschüssige Energie soll in Akkus gespeichert werden. Als ergänzende Stromquelle ist ein rapsölbetriebenes Blockheizkraftwerk geplant. Kontrollierte Lüftung wird für ausreichend Frischluft, eine Wärmerückgewinnungsanlage für eine komfortable Raumtemperatur sorgen, wobei die Wärmeabgabe durch Personen einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Heizbedarfs leisten wird, zusätzlich stehen Solarkollektoren zur Warmwassergewinnung zur Verfügung. Das gesamte Energiemanagement soll durch eine »model predictive control« überwacht und gesteuert werden, die dynamische Randbedingungen wie Wetterprognose und Anzahl der Gäste berücksichtigt. Insgesamt werden die CO2-Emissionen pro Übernachtung im Vergleich zur alten Hütte um mehr als zwei Drittel gesenkt.

Form und Konstruktion

Die Studierenden entwickelten ein fünfgeschossiges Gebäude mit polygonalem Grundriss, dessen Wände zuerst vertikal, dann in verschiedenen Höhen nach innen geneigt sind, wodurch ein kristalliner Baukörper entsteht und die Trennung von Fassade und Dach aufgehoben wird. Daraus ergibt sich ein günstiges Verhältnis von Oberfläche zu Volumen. Erschlossen wird das Gebäude über eine entlang der Außenwand laufende Treppe, die kontinuierlich Aussicht auf die Umgebung ermöglicht. Die Schlafräume für drei bis acht Personen verfügen über kleine Fenster, das Restaurant über eine große strukturelle Öffnung. Der Holzbau aus 50 Raumzellen in Modulbauweise wird auf ein Stahlfundament gesetzt. Alle Bauteile sind so leicht wie möglich, um ressourcenschonend zu agieren und die Zahl der Transportflüge möglichst gering zu halten.

Digitale Kette

Der gesamte Gestaltungs- und Herstellungsprozess wurde u.a. von der Professur für CAAD begleitet und mit Hilfe einer »digitalen Kette« optimiert. Damit lassen sich am Computer die unterschiedlichsten relevanten Parameter mit dem Entwurf verknüpfen und verändern. Resultate dieser Vorgangsweise betrafen etwa die Holzkonstruktion: Um – aus Kosten- und Gewichtsgründen – die beste Struktur zu finden und Überdimensionierungen zu vermeiden, wurden die zu erwartenden Belastungen simuliert und die Gebäudeform unter den topografischen Gegebenheiten einem Strömungstest unterzogen. Dabei stellte sich heraus, dass durch die hohen Querbelastungen die momentfreie Struktur eines Fachwerks konstruktiv optimal und im Vergleich zur Ständerbauweise eine Halbierung des Gewichts ohne Leistungseinbußen möglich ist. Der Vielfalt der Konstruktionsteile wird mit einer vollautomatischen Produktion begegnet, bei der die Daten direkt vom Computer an die Abbundmaschine übertragen werden, was bis zum materialgerechten und ökonomischen Einsatz von traditionellen Schwalbenschwanz- und Keilzinkverbindungen führt.

zuschnitt, Mo., 2008.06.16



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16. Juni 2008Eva Guttmann
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Heiße Häuser

Italien ist super. Milde Winter, warme Sommer, blaues Meer und das beste Eis. Damit das so bleibt, müssen Anstrengungen unternommen werden, die nicht zuletzt...

Italien ist super. Milde Winter, warme Sommer, blaues Meer und das beste Eis. Damit das so bleibt, müssen Anstrengungen unternommen werden, die nicht zuletzt...

Italien ist super. Milde Winter, warme Sommer, blaues Meer und das beste Eis. Damit das so bleibt, müssen Anstrengungen unternommen werden, die nicht zuletzt das Bauwesen betreffen.

Lange galt Italien als klimatisch privilegiert. Energieeffizienz war kein Thema und der heißesten Zeit des Jahres begegneten die Italiener mit Siesta und Ferragosto. Inzwischen machen sich aber auch hier Globalisierung und Klimawandel bemerkbar:

Die Mittagspause wurde abgeschafft, die Sommer werden heißer, Klimaanlagen erobern Büros und Wohnungen. Die Folgen davon sind erhöhter Strombedarf inklusive Versorgungszusammenbrüche, finanzielle Belastung durch gestiegene Energiepreise für die Bevölkerung und eine 20-prozentige Übersteigung der im Kyoto-Protokoll festgehaltenen Ziele zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Dazu kommt, dass Italien kaum Energieressourcen hat und auf Importe angewiesen ist.

Baulobby bremst

Ihre Zuspitzung erfährt die Situation im Bauwesen, das einen Großteil der vorhandenen Energie benötigt und wo nun versucht wird, binnen kürzester Zeit Anschluss an Mitteleuropa zu finden. Aber Italien hinkt hinterher. Es gibt zwar eine nationale Wärmeschutzverordnung, doch diese entspricht nicht den europäischen Standards, außerdem bremst die starke Baulobby und es fehlt vielfach an Know-how und Transparenz bei der Qualitätssicherung.

Rettung naht

Parallel dazu gibt es jedoch Initiativen wie die KlimaHaus Agentur, die durch Information der Bevölkerung und Ausbildungsangebote an Planer und Ausführende einen Umschwung sowohl bei Neubauten wie im Bereich der Sanierung herbeiführen will. Deren Geschäftsführer Norbert Lantschner betont, dass dieser Umschwung nicht allein durch geänderte Gesetze, sondern vor allem durch Initiierung eines dynamischen Prozesses in Gang gesetzt wurde und die Nachfrage nach energiesparenden Gebäuden – im Interesse der Bevölkerung und mit Unterstützung von Verbraucherverbänden – stark zunimmt. Als Ziele nennt er die verbreitete Errichtung von Niedrig- und Nullenergiehäusern, langfristig auch von Plusenergiehäusern und – als wichtigsten Punkt – dass Italien aus seinem energiepolitischen Dornröschenschlaf erwacht.

zuschnitt, Mo., 2008.06.16



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16. März 2008Eva Guttmann
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Ring House

Eine Restfläche am »Owners Hill«: Schattig und feucht, steil, dicht bewachsen, ohne Aussicht und an zwei Seiten von einer Straße begrenzt. So lässt sich...

Eine Restfläche am »Owners Hill«: Schattig und feucht, steil, dicht bewachsen, ohne Aussicht und an zwei Seiten von einer Straße begrenzt. So lässt sich...

Eine Restfläche am »Owners Hill«: Schattig und feucht, steil, dicht bewachsen, ohne Aussicht und an zwei Seiten von einer Straße begrenzt. So lässt sich das Grundstück beschreiben, an dem TNA-Architekten (Makoto Takei und Chie Nabeshima) ein Wochenendhaus gebaut und damit einen freundlich-verwunschenen Ort geschaffen haben.

Sommer in Japans Hauptstadt: das bedeutet Hitze und Smog. Wer es sich leisten kann, der hat ein Ferienhaus in einem der kühlen, schattigen Wälder außerhalb, am besten in der Umgebung von Karuizawa, dem Bad Ischl von Tokio, mit dem Shinkansen in eineinhalb Stunden erreichbar. Hier befindet sich auch das »Owners Hill«-Resort, ein bewaldetes Gebiet, in dem hunderte von Wochenend- oder Ferienhäusern locker verteilt zwischen den Bäumen stehen. Die meisten der Grundstücke verfügen über eine gute Aussicht, viel Ruhe und waren binnen kürzester Zeit verkauft. Eines blieb aufgrund seiner Lage und Topografie jedoch übrig, weshalb der Developer die TNA-Architekten mit dem Bau eines Wochenendhauses beauftragte, in der – wie sich herausstellte, berechtigten – Hoffnung, dann einen Käufer dafür zu finden.

Die jungen Architekten errichteten einen Turm aus Glas und Holz, eine horizontal geschichtete Struktur aus transparenten und opaken Bändern, die übereinander zu schweben scheinen. Keine vertikalen Elemente sind auf den ersten Blick sichtbar, keine Geschosse unmittelbar unterscheidbar. Das Gebäude ist eine transparente, visuell aufgelöste Hülle auf einer quadratischen Grundfläche von ca. 6 mal 6 Metern und wurde an der höchstmöglichen zur Bebauung geeigneten Stelle des Grundstücks so positioniert, dass lediglich drei Bäume gefällt werden mussten. Durch den Bau eines Turms erreichten die Architekten nicht nur, dass kaum Grundfläche verbraucht wurde, sondern auch, dass das Gebäude – zugleich hermetisch in seiner Form und völlig offen in seiner Durchsichtigkeit – ganz selbstverständlich zwischen den Bäumen steht, als eines von vielen vertikalen Elementen am Grundstück, dessen »Erklimmen« parallel zu den Stämmen möglich ist. Der Wald ersetzt die fehlende Aussicht, der durch nichts unterbrochene Rundumblick in die Baumkronen eine nutzbare Freifläche.

Neben den Materialien unterstützen die Farben Schwarz und Weiß die Gesamtwirkung des Gebäudes: Durch die dunklen »Holzringe« und die Spiegelung des Glases bei Tag verschmilzt der Baukörper mit seiner Umgebung, die hellen Oberflächen im Inneren treten in den Hintergrund. Am Abend reflektiert die weiße Innenseite der Fassadenbänder das Licht im Haus wie der Schirm einer Lampe – das Gebäude wird zur Laterne im Wald.

Die Konstruktion des Ring-Hauses zielt darauf ab, den sehr reduzierten, schwebenden Eindruck der einander abwechselnden Schichten möglichst ohne störende Elemente umzusetzen. Daher werden alle Funktionen wie Küchenzeile, Geschossdecken, Treppenpodeste oder Sanitäreinheiten hinter den aus Brettschichtholz vorgefertigten, je nach dahinterliegender Funktion unterschiedlich hohen Vierendeelträgern verborgen. Diese sind ohne zusätzliche Diagonalaussteifung biegesteif mit den schlanken Stehern verschraubt, außen gedämmt und mit einer dunklen Zedernholzschalung verkleidet. Die rundumlaufenden Glasbänder werden pro Geschoss von zwei bis drei Lüftungsflügeln unterbrochen, welche den Gesamteindruck einer extrem reduzierten Fassade jedoch kaum beeinträchtigen. Sowohl die Rahmen der beweglichen Fenster als auch die Scheiben der Fixverglasungen sind oben direkt in die genuteten Brettschichtholzträger und unten auf die Wetterschenkel geklebt. Die Lastabtragung erfolgt über eine Klotzung unter den Wetterschenkeln, die ihrerseits mit den Vierendeelträgern verschraubt sind.

Ein massiver Sockel trägt das dreistöckige Bauwerk, das über eine Brücke im ersten Geschoss erschlossen wird, welche im Inneren des Gebäudes in eine frei eingehängte, leichte Treppe übergeht. Diese führt bis aufs begehbare Dach, wo man endgültig auf Augenhöhe ist mit den Bäumen.

zuschnitt, So., 2008.03.16



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Ring House in Karuizawa



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zuschnitt 29 Holz und Glas

16. März 2008Eva Guttmann
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Nach außen offen

Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden...

Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden...

Was haben Alfred Gusenbauer und der Vorarlberger Christian Walch gemeinsam? Sie wussten schon im Kindergartenalter ganz genau, was aus ihnen einmal werden sollte. Und während der eine von seiner Karriere als Bundeskanzler träumte, wollte der andere dezidiert Tischler werden. Doch Christian Walch ist heute nicht nur Tischler, sondern auch Zimmermann und Architekt, Erfinder und Visionär. Diese Entwicklung war wohl immer schon absehbar, hat jedoch auch einen konkreten Beginn: Anfang der 90er Jahre nahm sich Christian Walch ein Jahr Auszeit, das er dazu nutzen wollte, zu recherchieren, zu lernen und zu forschen, um danach »große Möbel«, also Häuser bauen zu können. Aus dem einen wurden drei Jahre und die Studien umfassten vor allem die Auseinandersetzung mit den Themen Holz, Ökologie, Energie, aber auch Technik, Konstruktionssysteme und – als zweites wichtiges, weil im Hausbau unumgängliches Material – Glas.

Das erste Projekt nach dem »Wiedereinstieg« war ein Einfamilienhaus in Nüziders und zugleich wurden damit die Maßstäbe seines Anspruchs festgelegt: Die Pläne waren gezeichnet, die Baubewilligung erteilt, als Walch den Umsetzungsprozess stoppte, den Entwurf völlig überarbeitete und erst dann das Haus baute, das schließlich zum Sieger des damals zum ersten Mal veranstalteten Vorarlberger Holzbaupreises in der Kategorie Einfamilienhäuser gekürt wurde. Diese Geschichte sagt viel über die Persönlichkeit Christian Walchs aus, die sich durch Anspruch, Leidenschaft und Konsequenz auszeichnet, getrieben von der Überzeugung, eine Idee auch umsetzen zu können. Eine Lebenseinstellung, die sich in seinen Entwürfen widerspiegelt.

Zu einer der ältesten Visionen Christian Walchs gehörte die Idee vom Holzfenster, das sich, wie früher üblich, nach außen öffnet und trotzdem allen bauphysikalischen und technischen Anforderungen gerecht wird. Vorbilder gab es in Skandinavien, daneben die Vorstellung von einem Raum, der nicht durch einen nach innen aufschwingenden Flügel beeinträchtigt wird. Als im Zusammenhang mit einer konkreten Bauaufgabe keine der angefragten Fensterfirmen in der Lage war, so ein Produkt zu liefern, übernahm Walch diese Aufgabe selbst und entwickelte in jahrelanger Pionierarbeit ein eigenes Ganzglasfenster: Die Glasscheibe klebt außen am Holzrahmen und deckt diesen ab, wodurch er vor Bewitterung geschützt und nahezu wartungsfrei ist. Die Konstruktion wird insgesamt schlanker, die Glasfläche im Verhältnis größer. Das Fenster, das 2007 mit dem Adolf Loos-Staatspreis für Design und dem red dot award/best of the best ausgezeichnet wurde, kann fassadenbündig montiert und nach außen geöffnet werden. Parallel dazu entstanden Beschläge, eine entsprechende Fertigungstechnologie sowie ein Fassadensystem, das nach demselben Prinzip funktioniert. Die technischen Lösungen gehen einher mit einer eleganten, reduzierten, anspruchsvollen Gestaltung, die einen achtsamen und sehr frei gedachten Zugang vermittelt.

Begleitet man Christian Walch durch seinen Betrieb, dann spürt man diese Achtsamkeit, den Idealismus und die Liebe zum Holz, die hinter allem steht. Er selbst spricht vom »tiefen Wunsch, in Holz zu den-ken und zu fühlen und die Entwicklung, die Bauherren entlang einer Entwurfs- und Umsetzungsphase machen, mitzuerleben«. Die Produktionshalle ist groß, aber nicht riesig. Sie reicht gerade dazu aus, den aktuellen Auftrag – 10.000 m² Ganzglasfassade auf geräuchertem Lärchenholz in sechs Meter hohen Einzelelementen – produzieren zu können. Manches wird außer Haus erledigt und es gibt die – teilweise schon umgesetzte – Idee für zwei weitere Hallen.

»Das Risiko muss man eigentlich ausblenden, aber trotzdem habe ich viele schlaflose Nächte hinter mir«, antwortet Christian Walch auf die Frage nach der finanziellen und emotionalen Belastung, die er zu tragen hat. Die Verantwortung für eine Firma mit inzwischen 25 Mitarbeitern ist groß, ebenso wie die Erschöpfung nach jahrelanger Pionierarbeit. Unterstützung fand und findet Christian Walch bei Partnerfirmen aus der Industrie sowie bei Institutionen aus den Bereichen der Wissenschaft und der Lehre. Er ist eingebunden in ein Netzwerk aus Forschern, dennoch hat man das Gefühl, dass er ein Einzelkämpfer ist. Dies hat wohl auch damit zu tun, dass er selbst für den Markt »erfindet« und nicht durch eine Institution oder die Entwicklungsabteilung eines großen Betriebs abgesichert ist – die Wirtschaftlichkeit muss immer wesentlicher Parameter sein. Das ist anstrengend, verleiht der Firma aber zugleich die Geschwindigkeit und Flexibilität, marktnah zu sein, auf Anforderungen rasch reagieren, auch einmal einen Schritt zurücktreten und neu beginnen zu können.

Ideen und Pläne hat Christian Walch viele, doch die meisten liegen noch in der Schublade. Zur Zeit ist er damit beschäftigt, die Fenster- und Fassadenproduktion zu optimieren, um wirtschaftlich und in großem Maßstab produzieren zu können, denn die Nachfrage ist da und gemeinsame Projekte mit Architekten wie Bothe Richter Teherani oder Delugan Meissl bestätigen ihn in seinem Weg.

Mittelfristig soll aber Ruhe einkehren, soll wieder Platz sein für Ideen und Experimente, Kreativität und auch für »große Möbel«, denn: »Architektur geht mir gut von der Hand und ist eine große Freude.«

zuschnitt, So., 2008.03.16



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zuschnitt 29 Holz und Glas

16. März 2008Eva Guttmann
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Kleben statt klotzen

Vom Auto zum Haus

Das Verkleben von Holz und Glas ist eigentlich nichts Neues. Wenn der Glaser die zu Bruch gegangene Scheibe eines gewöhnlichen Kastenfensters...

Vom Auto zum Haus

Das Verkleben von Holz und Glas ist eigentlich nichts Neues. Wenn der Glaser die zu Bruch gegangene Scheibe eines gewöhnlichen Kastenfensters...

Vom Auto zum Haus

Das Verkleben von Holz und Glas ist eigentlich nichts Neues. Wenn der Glaser die zu Bruch gegangene Scheibe eines gewöhnlichen Kastenfensters ersetzt, dann »klebt« er das neue Glas mit Fensterkitt in den Rahmen. Erst seit dem Aufkommen moderner Isolierverglasungen und Fensterprofile wird Kitt nur mehr für Reparaturen oder Sanierungen verwendet.

Die heutige Klebetechnologie wurde jedoch zuerst für den Fahrzeugbau entwickelt und die Scheiben von Bussen, später auch Waggons, Autos, LKWs etc., mit der Karosserie elastisch verklebt, wodurch die Anschlussstellen dauerhaft abgedichtet waren, Korrosionsanfälligkeit und Gewicht gesenkt werden konnten und – vor allem – die Gesamtsteifigkeit der Karosserie deutlich erhöht wurde. Grund dafür ist die hohe Druckbelastbarkeit von Glas, die dann ihre Wirkung entfaltet, wenn die Lasteinleitung nicht punktförmig, sondern linear über den gesamten Glasrand erfolgt.

Fenster ohne Aussicht?

Die statischen Eigenschaften von Glas sind jedoch nicht nur im Fahrzeugbau von Vorteil, sondern können auch bei Fenstern, Fassaden und Balken »zum Tragen« kommen. Der Impuls, entsprechenden Möglichkeiten nachzugehen, kam ursprünglich von den Holzfensterherstellern: Mit einem Anteil von ca. 30% spielt das Holz- bzw. Holz-Alufenster in Österreich zwar eine im Vergleich mit anderen europäischen Ländern relativ bedeutende Rolle, trotzdem gehen die Marktanteile seit Jahren konstant zurück. Die Fensterindustrie reagierte auf diese Entwicklung mit Innovationsschüben und brachte z.B. Produkte mit höherer Dauerhaftigkeit und/ oder verbessertem Wärme- und Oberflächenschutz in neuartigen Materialkombinationen heraus, die jedoch auch Mehrkosten bedingten. Mit der Adaptierung der Klebetechnologie für den Fensterbau eröffnen sich nun unter gestalterischen und produktionstechnischen sowie wirtschaftlichen Aspekten neue Aussichten für die Fenstererzeuger und ihre Kunden.

Die Technologie

Um Glas in einem Holzrahmen zu verkleben, können elastische und semielastische Ein- und Zweikomponentenklebstoffe etwa auf der Basis von Silikonen, Polyurethanen und Acrylaten verwendet werden. Die Wahl des Klebesystems muss der jeweiligen Anwendung entsprechen. Dabei spielen u.a. die Lage der Klebstofffuge innerhalb der Fenster-/ Fassadenkonstruktion, die statische Beanspruchung, die Verträglichkeit mit den umgebenden Materialien und die Fertigungsbedingungen (v.a. die Aushärtungscharakteristik) eine große Rolle. Die Anforderungen an den Klebstoff beinhalten außerdem die Aufnahme von Winddruck- und -sogkräften, Haftfestigkeit auf verschiedenen Untergründen (unterschiedliche, behandelte oder unbehandelte Holzarten), Beständigkeit in Bezug auf mechanische, chemische und klimatische Bedingungen (Luftfeuchtigkeit, Temperatur, uv-Strahlung) sowie – falls erforderlich – die Abtragung des Eigengewichts der Scheibe bzw. der Bauteilaussteifung.

Fenster am Markt

Bisher stellen geklebte Konstruktionen im Bereich des Fensterbaus eine von den Regelwerken noch nicht beschriebene Variante dar. Trotzdem sind bereits mehrere, im Detail unterschiedlich gelöste, geprüfte Produkte auf dem Markt. Sie alle funktionieren auf Basis einer in den Glasfalz oder auf den Flügelteil geklebten Glasscheibe, die dadurch sowohl das Holz vor Bewitterung schützt als auch die Aussteifung des Rahmens in Flügelebene übernehmen kann, weshalb einfachere Flügeleckverbindungen möglich werden. Daneben ersetzt die Klebetechnik Aufgaben, die bisher durch Klotzung, mechanische Befestigung und Abdichtung erfüllt wurden, wodurch das »Klebefenster« ein im Vergleich einfacher, kompakter Bauteil mit bauphysikalischen Vorteilen ist. Formale Folgen sind geringere Rahmenbreiten, also größere Glasflächen und mehr Transparenz sowie die Möglichkeit einer fassadenbündig gesetzten Glasebene.
Forschungsfeld Fassaden

Wie oben beschrieben, wird Glas als Aussteifungselement seit langem erfolgreich in der Autoindustrie eingesetzt. Diese Technik kann direkt auf den Holzskelettbau übertragen werden und zusätzliche Windverbände oder massive (Holz)Wandscheiben zur Gebäudeaussteifung überflüssig machen. Durch die linienförmige Lasteintragung ist das elastische Kleben die optimale Verbindungsmethode zur statisch wirksamen Integrierung einer Scheibe in eine Primärkonstruktion aus Holz. Die Kraftübertragung erfolgt gleichmäßig, Bauteilquerschnitte werden nicht durch Bohrungen o.ä. geschwächt. Da es jedoch bisher – abgesehen von vereinzelten Bauwerken mit behördlicher Sondergenehmigung – keine ausreichenden Erfahrungen in der baupraktischen Anwendung von aussteifenden Glasfassaden gibt, hat die Holzforschung Austria auf Grundlage vorhandener Ergebnisse der fh Bern und des ift bzw. der fh Rosenheim ein Forschungsprojekt zum Thema umgesetzt. Dabei kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass die Holz-Glas-Verbundbauweise zur Aussteifung von Wintergärten und großen Fassaden unter Verwendung elastischer und semi-elastischer Klebesysteme geeignet ist und im Holzhausbau angewendet werden kann. Weitere Untersuchungen bezüglich statischer Bemessung, Langzeitverhalten der Verklebung und Einfluss klimatischer Randbedingungen laufen derzeit.

Der durchsichtige I-Träger

Eine andere Einsatzmöglichkeit eines geklebten Holz-Glas-Verbundes wurde an der ETH Lausanne entwickelt. Dabei handelt es sich um I-Träger mit Holzgurten und einem Glassteg, die einerseits materialsparend sind, andererseits weitgehend transparente Tragsysteme erlauben. Die Wissenschaftler können für ihre Untersuchungen auf ein realisiertes Projekt zurückgreifen: Das Hauptgebäude des Hotel Palafitte in Monruz wurde mit Holz-Glas-Verbundträgern realisiert und dient als Grundlage für Erkenntnisse über die mögliche Biegebeanspruchung von vorgespanntem, mit Holz »bewehrtem« Glas.

zuschnitt, So., 2008.03.16



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15. Dezember 2007Eva Guttmann
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Temporäre Architektur

Der Herbst ist die richtige Jahreszeit, um sich auf die Suche zu begeben nach den leichten Gebilden, die unscheinbar und unendlich fragil an Bäumen, unter...

Der Herbst ist die richtige Jahreszeit, um sich auf die Suche zu begeben nach den leichten Gebilden, die unscheinbar und unendlich fragil an Bäumen, unter...

Der Herbst ist die richtige Jahreszeit, um sich auf die Suche zu begeben nach den leichten Gebilden, die unscheinbar und unendlich fragil an Bäumen, unter Dachüberständen, an grob geputzen Mauern oder auf Dachböden hängen. Hat man schließlich eines gefunden, dann tut man – sofern es noch bewohnt wird – gut daran, den Rückzug anzutreten, um später wiederzukommen. Ist es jedoch bereits verlassen, dann kann man es – mit großer Vorsicht – abnehmen, nach Hause tragen und den staunenden Kindern zeigen.

Die Rede ist von Wespennestern, genauer von den Nestern der staatenbildenden Langkopfwespen, die ihre Behausungen nicht unterirdisch, sondern an geschütz- ten Stellen hängend bauen. Diese Nester bestehen aus Papier, das im Wesentlichen gleich produziert wird wie von uns Menschen: Die Insekten zerkleinern mit ihren Mundwerkzeugen weiche, meist morsche Holzstückchen und zerlegen sie in ihre Faserbestandteile. Zugleich werden diese mit Speichel als Bindemittel vermischt, sodass ein Brei entsteht, der zu Waben geformt wird, in welche die Königin Eier ablegt und so einen Wespenstaat gründet. Solange das Volk klein ist, bleibt das Nest – Wabe an Wabe – flach. Mit wachsender Einwohnerzahl werden neue Ebenen hinzugefügt und der Bau erhält seine kugelförmige, mit Belüftungskaminen und einem Flugloch an der tiefsten Stelle versehene Gestalt.

Je nach Wespenart entsteht auf diese Weise eine Behausung für bis zu 8000 Individuen; ein perfekter Mikrokosmos für eine Saison. Denn mit dem Ende des Sommers naht auch das Ende des Volkes. Die Insekten sterben ab und nur eine Königin überwintert an geschütztem Ort und mit gefüllter »Samentasche«, um im folgenden Jahr mit dem Bau einer neuen »ersten Wabe« zu beginnen und damit die Basis für ein neues Volk zu schaffen.

zuschnitt, Sa., 2007.12.15



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zuschnitt 28 Papier ist Holz

15. September 2007Eva Guttmann
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Konstruktiv assoziativ

Einer der überraschendsten Aspekte beim Haus Fischer ist seine Ausstrahlung. Es ist ein kleines Haus, ein Feriendomizil am Grundlsee, unauffällig in die...

Einer der überraschendsten Aspekte beim Haus Fischer ist seine Ausstrahlung. Es ist ein kleines Haus, ein Feriendomizil am Grundlsee, unauffällig in die...

Einer der überraschendsten Aspekte beim Haus Fischer ist seine Ausstrahlung. Es ist ein kleines Haus, ein Feriendomizil am Grundlsee, unauffällig in die Landschaft gesetzt, flach, im Vorbeifahren kaum wahrnehmbar und inzwischen dreißig Jahre alt. Trotzdem vermittelt es nach wie vor eine aufgeweckte Inspiriertheit, Freude am Experiment, am Konstruieren und daran, an die Grenzen zu gehen.

Im Jahr seiner Fertigstellung schrieb Florian Beigel in der Bauwelt: »Das Ergebnis ist zweifelhaft. Es gibt Anlaß zu einer Anzahl unterschiedlicher, bildhafter Ideenverbindungen. Die Nachbarn können es nicht leiden; die höflichste Bezeichnung ist „Wildfütterung“, die auch durch Verkleidung mit Gold oder Elfenbein nicht besser werden könnte. Andere haben es Eisenbahnwagen genannt, eine Forschungsstation auf dem Mond, eine militärische Kommandostelle, einen Stall, eine Schlangenfarm, eine Fledermaus oder einen Vogel (…). Ein befreundeter Architekt, der Häuser gern mit Gestalteigenschaften bezeichnet, findet es beunruhigend. Das liegt auf der gleichen Linie wie das Fledermaus-Bild. Welches Bild auch immer, die Bedeutung liegt in der Tatsache, daß das Haus Assoziationen hervorruft, und zwar verschiedene bei verschiedenen Leuten. Man kann sagen: Es unterhält sich mit den Leuten.«

Woher bezieht dieses kleine, fast bescheidene Haus nun seine Wirkung? Die Entstehungsgeschichte ist komplex und von verschiedensten Einflüssen geprägt: Die Bauherren, eine Familie, die in London lebte, wünschte sich ein Ferienhaus, »etwas Skandinavisches«, und beauftragte die befreundeten Architekten Frey und Beigel mit der Planung. Diese hatten, nach gemeinsamen Jahren bei Ove Arup, kurz zuvor ein eigenes Büro in London gegründet und interessierten sich besonders für die konstruktiv-geometrischen sowie für die energietechnischen Aspekte des Bauens. Hintergrund dafür war unter anderem die Ölkrise von 1973. Die finanziellen Mittel, die zur Verfügung standen, waren begrenzt, umso besser traf es sich, dass Konrad Frey im Lauf der Planungszeit nach Österreich zurückgekehrt und Mitarbeiter am Institut für Umweltforschung in Graz (dem heutigen Joanneum Research) geworden war. So konnten Forschungsgelder sowie eine Förderung vom Österreichischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung lukriert und umfassende Studien und Recherchen finanziert werden.

Die Entscheidung für eine Holzkonstruktion fiel sowohl aus ökologischen als auch aus Gründen des Standorts. Holz schien das für die Region geeignete Material zu sein, und so wurde mit der Ausführung auch ein Zimmermeister aus Grundlsee beauftragt, zugleich Bürgermeister der Ortschaft, der dadurch zum Teil heftige Interessenkonflikte zu bewältigen hatte.

Ziel der Architekten war die Entwicklung einer Konstruktion, die maximales Volumen bei minimalem Materialbedarf unter Berücksichtigung der Schneelast von – damals noch – 450kN/m² und minimaler Biegebeanspruchung bewältigen würde. Beraten von Ted Happold entwickelten und prüften Frey und Beigel sechs verschiedene Tragstrukturen, bevor sie sich für ein hauptsächlich druck- und zugbelastetes räumliches Stamm-Ast-System entschieden, das schließlich von Anton Riedlbauer gerechnet wurde. Das Dach wird nun von verzweigten Baumstützen getragen, die eine Spannweite im Raster von 3,60 Metern erlauben und mittels herkömmlicher Zimmermannsarbeit hergestellt werden konnten.

Alle Entscheidungen betreffend Konstruktion, Materialwahl und Form wurden unter dem Aspekt der Material- und Energieersparnis getroffen. Das Haus folgt der Geländeneigung, indem es gestuft und leicht abgehoben auf Punktfundamenten in den Hang gesetzt wurde. Ausrichtung und Dachform berücksichtigen den Sonnenstand im Lauf des Jahres und zielen auf Maximierung der Beschattung im Sommer und des Lichteinfalls im Winter. Diese bekannten Maßnahmen wurden allerdings ergänzt durch Eingriffe, die völlig neu waren und das Haus als »erstes Sonnenhaus Österreichs« bekannt machten: Entlang der Südwand erstreckt sich eine massive, dunkle Speicherwand. Diese ist verglast und dient dazu, die Sonnen- in Wärmeenergie umzuwandeln und über ein Wasserrohrnetz, das mit einer Fußbodenheizung verbunden ist, in das Haus zu leiten. Der französische Ingenieur Félix Trombe hatte dieses System in den 1960er Jahren entwickelt. Bemerkenswert ist, wie die Hangneigung dazu ausgenutzt wurde, die Sonnenwand in die Südfassade zu integrieren, ohne diese formal zu dominieren.

Ein anderes Experiment war die Installierung von Solarkollektoren auf dem Dach für Brauchwasser und einen Heizungsanteil. Diese wurden damals aus Heizkörpern »gebastelt«, allerdings nach einigen Jahren als für ein Ferienhaus unwirtschaftlich wieder entfernt. Doch nicht nur die Energiemaßnahmen hatten Pioniercharakter. Auch die Wahl damals neuer Materialien (französisches billiges Kistensperrholz aus harzreicher Föhre, für die Außenfassade mit Silikon verfugt, grüne Bitumenschindeln auf dem Dach) und Grundriss waren geprägt von Fantasie und Innovationsgeist. Auf die Frage, was er heute anders machen würde, antwortet Konrad Frey: »Konstruktiv betrachtet ist die Holzknotenausbildung zu aufwendig. Es wäre besser gewesen, die schwierige Geometrie ausschließlich im Stahlknoten auszuführen und die Holzprofile rechtwinklig abzuschneiden. Die Holzträger, welche die Außenhaut durchdringen, hätten aus Leimholz sein müssen, denn so geht wegen der durchgehenden Schwindrisse viel Luftwärme verloren. Insgesamt wurden die Holzquerschnitte stärker dimensioniert, als das mit heutigen 3D-Berechnungsmethoden möglich wäre. Die Sperrholzfassade samt den Silikonfugen hat sich – mit mehreren Alkydharzanstrichen über dreißig Jahre – gut bewährt.« Inhaltlich beruft er sich auf die Zufriedenheit der Bauherren, die für die Beurteilung der Qualität des Hauses wohl ausschlaggebend sei, und erzählt, dass er gerade ein Nebengebäude und die Erweiterung eines der Schlafzimmer plant.

Für das Haus Fischer gibt es weder Vorbilder, noch scheint es selbst direkt zum Vorbild geworden zu sein. Trotzdem hat es Wirkung entfaltet, nicht zuletzt deshalb, weil es nach wie vor im ursprünglichen Sinn genutzt wird, immer noch zugleich bescheiden und selbstbewusst eine moderne Haltung transportiert und die Überlegungen, die vor über dreißig Jahren seine Entstehung bestimmt haben, heute zum Planungsalltag gehören

zuschnitt, Sa., 2007.09.15



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Haus Fischer am Grundlsee



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zuschnitt 27 Zweite Lesung

20. Dezember 2006Eva Guttmann
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An alles gedacht

Gemeindezentrum Ludesch als Praxistest für nachhaltiges und ökologisches Bauen

Gemeindezentrum Ludesch als Praxistest für nachhaltiges und ökologisches Bauen

In Ludesch, einer kleinen Vorarlberger Gemeinde nahe Bludenz, hat der Umweltgedanke Tradition: 1992 wurde der Verzicht auf PVC beschlossen, 1994 trat man dem Internationalen Klimabündnis bei, 1995 wurde eine Energiebilanz über Bauzustand und Energieverbrauch der Ludescher Gebäude erstellt, auf deren Grundlage 1997 ein Fördermodell für energiesparende Maßnahmen in Kraft trat. 1998 wurde Ludesch Mitglied im e5-Programm des Landes Vorarlberg, einer an Qualitätsmanagementsysteme in der Wirtschaft angelehnten Initiative zur Qualifizierung und Auszeichnung von energieeffizienten Gemeinden. Der Bedarf nach einem neuen Gemeinde- und Kommunikationszentrum wurde erstmals 1995 formuliert, 1998 kam es zur Bildung einer Arbeitsgruppe, 2000 wurde das Architekturbüro Hermann Kaufmann mit der Planung beauftragt. Ziele der Gemeinde waren die Schaffung eines baukulturell hochwertigen Ortszentrums mit verschiedenen Nutzungen, die Errichtung eines ökologischen Vorzeigeprojekts im Rahmen eines vertretbaren finanziellen Aufwands und die Beteiligung der Bürger am Entstehungsprozess.

Haus der Zukunft

Auf Ansuchen der Gemeinde wurde das Projekt in die Programmlinie „Haus der Zukunft“ im Rahmen des Impulsprogramms „Nachhaltig Wirtschaften“, das 1999 als Forschungs- und Technologieprogramm vom Bundesministerium für Verkehr, Innovationen und Technologie gestartet wurde, aufgenommen. Damit sollen, aufbauend auf der solaren Niedrigenergiebauweise und dem Passivhaus-Konzept eine bessere Energieeffizienz, verstärkter Einsatz erneuerbarer Energieträger, nachwachsender und ökologischer Rohstoffe sowie eine stärkere Berücksichtigung von Nutzungsaspekten und Nutzerakzeptanz bei konventionellen Bauweisen gegenüber vergleichbaren Kosten erreicht werden. Das Programm schreibt den Nachweis und die genaue Dokumentation all dieser Aspekte vor, um konkrete Informationen für innovatives Bauen weitergeben zu können.

Städtebauliches Konzept

Aufgrund der Kleinteiligkeit und Heterogenität des in letzter Zeit stark gewachsenen Straßendorfs war die Neuinterpretation der ortsräumlichen Situation wesentlich. Der zweigeschossige Neubau bildet nun eine dreiseitige Klammer, die nach Nordwesten offen ist und als Abschluss der Dorfstraße gelesen werden kann. So entsteht ein klar gefasster Außenraum, dessen hohes Kommunikationspotenzial durch Geschäfte, Amts- und Vereinslokale sowie eine gläserne Überdachung noch verstärkt wird. Jeder der drei Gebäudeflügel ist eine eigenständig organisierte Funktionseinheit, im Keller sind alle miteinander verbunden.
Planung und Konstruktion

Die höchstmögliche Vermeidung von Schadstoffen durch Energieoptimierung und umweltbewusste Materialwahl sollte die ökologische Nachhaltigkeit des Gemeindezentrums gewährleisten. Erreicht wurde die Energieoptimierung durch Minimierung der grauen Energie mittels entsprechender Materialwahl, Minimierung der Betriebsenergie mittels optimierter Gebäudehülle und Passivhaustechnologie sowie den Einsatz nachwachsender Energieträger und Umweltenergie.

Bezüglich der Materialwahl wurden folgende Kriterien berücksichtigt:

* Regionale Wertschöpfung, weitgehende Verwendung von heimischem Holz
* Konstruktiver Holzschutz, keine Holzanstriche
* Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen (z.B. Schafwolle)
* Verzicht auf PVC, auf Lösungsmittel, auf HFKW (Halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe) und auf formaldehydhaltige Werkstoffe.

Als Planungsinstrumente standen der „Ökoleitfaden Bau“ als Teil des ÖkoBeschaffungsService Vorarlberg (öbs) und der „ibo-Passivhaus-Bauteilkatalog“, der sowohl eine bauökologische als auch eine baubiologische Optimierung erlaubt, zur Verfügung.

Konkret wurde ein Holzbau aus Weißtanne auf einem Stahlbetonkellergeschoss umgesetzt. Das benötigte Konstruktions- und Fassadenholz konnte über die örtliche Agrargemeinschaft an Ort und Stelle bezogen werden, im Innenausbau kam Holz aus dem Schwarzwald (80%) und den Vogesen (20%) zum Einsatz, wobei durch unterschiedliche Bearbeitungsmethoden, die von sägerau über gebürstet bis zu gehobelt reichen, eine vielfältige gestalterische Differenziertheit erreicht wurde. Maßnahmen zur Verringerung des Energieverbrauchs lassen sich auch an der Gestaltung ablesen: So werden etwa maßhaltige Bauteile wie Fenster und Türen durch Vordächer in der Deckenebene und die Fassaden durch eine transluzente Platzüberdachung geschützt.

Die Holzkonstruktionen wurden von zwei heimischen Firmen in der Halle vorgefertigt und dann an Ort und Stelle zusammengebaut. Die Außenwanddämmung besteht aus Altpapierschnitzeln, in die Zwischenwände und -decken wurde Schafwolle eingelegt. Zur Montage wurden Betonanker, Schrauben und Klebebänder verwendet, um Leimverbindungen möglichst zu vermeiden. Hohe Aufmerksamkeit wurde außerdem auf die Dichtheit der Konstruktion sowie den Verzicht auf gesundheitsschädliche Stoffe, die sich negativ auf das Raumklima auswirken könnten, gelegt. Eine Folge dieser Bemühungen ist die Entwicklung PVC-freier Fugenbänder, die der Hersteller inzwischen in seinem Standardsortiment anbietet.

Die gesamte Materialwahl und -verwendung unterlag strengen, kontinuierlichen Kontrollen, ein Datenblatt für jedes der 214 eingesetzten Produkte gibt genau Bescheid über deren Zusammensetzung.

Passivhaus und Biomasse

Wesentlich für die Erfüllung der Ansprüche an ökologisches und nachhaltiges Bauen war die Errichtung des Gemeindezentrums als Passivhaus, wodurch sein Wärmebedarf unter 15 Kilowattstunden (kWh) pro Quadratmeter und Jahr liegt. Erreicht wurde dieser hervorragende Wert durch Drei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung, besonders gute Dämmung, hohe Dichtheit der Konstruktion sowie eine Lüftungsanlage für kontrollierte Be- und Entlüftung, die mit einer Grundwasserpumpe verbunden ist und alle Räume kontinuierlich und auf die jeweilige Nutzung abgestimmt, mit Frischluft versorgt. So wird die konstante Temperatur des Grundwassers im Winter zur Wärmegewinnung und im Sommer zur Kühlung genutzt, Wärmeverlust durch unsachgemäßes Lüften hingegen vermieden. Ebenso unterliegt die Luftfeuchtigkeit ständigen Messungen und, sollte sie zu niedrig sein, Korrekturen. Warmes Wasser liefert eine 30m² große thermische Solaranlage am Dach des Gebäudes. Wird mehr Heizenergie benötigt, wird diese vom nahen Biomasse-Fernheizwerk der Ludescher Agrargemeinschaft bereitgestellt. Insgesamt wird hier eine Fläche von 22 durchschnittlichen Einfamilienhäusern mit dem Energieaufwand zweier konventionell gebauter Einfamilienhäuser klimatisiert.

Die Kosten

Die Errichtung des Gemeindezentrums kostete netto 5,9 Mio Euro. Einen großen Teil des Planungs- und Umsetzungsprozesses nahm die Überwachung der anfallenden Kosten ein. Akribisch wurden alle Zahlen dokumentiert, doppelt – unter hochwertig herkömmlichen und ökologischen Kriterien – ausgeschrieben und Vergleichsanbote eingeholt. In Summe schlug sich die Verwendung ökologischer Materialien in der Konstruktion mit Mehrkosten von 83.000 Euro (1,9%) zu Buche. Mehrkosten verursachten auch die innovative Haustechnik (145.000 Euro) und die Photovoltaik-Anlage (210.000 Euro). In Hinblick auf Gesamtlebensdauer und niedrige Betriebskosten können diese jedoch vernachlässigt werden. Zudem konnten durch die ökologischen Maßnahmen Fördermittel von Land und Bund lukriert werden, wodurch sich der Mehraufwand bereits halbiert, dazu kommen noch Einnahmen aus Vermietung und Stromerzeugung.
Stromerzeugung

Mehrere Funktionen werden von der Platzüberdachung des Gemeindezentrums erfüllt: Neben der gestalterischen Wirkung und ihrer Schutzfunktion für Holzfassaden und Fenster vor direkter Bewitterung, dient die 350m² große Fläche aus durchsichtigen Photovoltaik-Elementen zur Erzeugung von jährlich 16.000kWh umweltfreundlichen Stroms, der in das Netz der Vorarlberger Kraftwerke eingespeist wird. Damit können fünf Haushalte mit Strom versorgt werden.

Zusammenfassung

Der Primärenergiebedarf für die Errichtung des Gemeindezentrums lag bei weniger als 18kWh pro Quadratmeter. Für die Herstellung der Baumaterialien wurde also bezogen auf die erwartete Lebensdauer des Gebäudes nur etwa die Hälfte jener Energie benötigt, die sonst üblich ist, das Treibhauspotenzial ist sogar um zwei Drittel geringer. Das Gemeindezentrum verfügt über Geschäfte, öffentliche Flächen und Vereinsflächen, womit eine wertvolle Nutzungsvielfalt und -flexibilität gewährleistet ist. Damit wurde der Anspruch, der sich aus der Idee nachhaltigen Bauens ableitet, dass das Gebäude gegenwärtigen Bedürfnissen optimal entsprechen sollte, ohne künftigen Generationen eine Nachnutzung aufzuzwingen oder Entsorgungsprobleme zu hinterlassen, in der Praxis umgesetzt und bewiesen, dass sich mit Hilfe vorhandener Planungsinstrumente ein gesamtökologischer und nachhaltiger Ansatz auch im öffentlichen Bauwesen ohne wesentliche Mehrkosten realisieren lässt.

zuschnitt, Mi., 2006.12.20



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zuschnitt 24 Nachhaltigkeit

22. Juni 2006Eva Guttmann
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Holzwerk mit Vergangenheit

Es gibt unzählige, bis weit in die Vergangenheit reichende Beispiele für ebenso einfache wie intelligente und funktionstüchtige Holzkonstruktionen am und im Wasser: Boote, Pfahlbauten, Brücken, Schwemmkanäle, Mühlen, Schleusen, Kanalsysteme sind seit jeher an Orten entstanden, wo Wasser und Holz verfügbar waren und aus unterschiedlichen Gründen die Sinnhaftigkeit ihrer Kombination bestand.

Es gibt unzählige, bis weit in die Vergangenheit reichende Beispiele für ebenso einfache wie intelligente und funktionstüchtige Holzkonstruktionen am und im Wasser: Boote, Pfahlbauten, Brücken, Schwemmkanäle, Mühlen, Schleusen, Kanalsysteme sind seit jeher an Orten entstanden, wo Wasser und Holz verfügbar waren und aus unterschiedlichen Gründen die Sinnhaftigkeit ihrer Kombination bestand.

Am Hallstättersee ist diese Sinnhaftigkeit besonders offensichtlich: Das Salz, welches im Bergwerk abgebaut wurde, musste in Ermangelung von Alternativen auf dem Wasserweg verfrachtet werden. Für die schwer beladenen Salzboote war es bei niedrigem Wasserstand kaum möglich, unbeschadet über die Untiefen am Ausfluss des Hallstättersees hinweg in die Traun zu kommen. Um den Schiffern genug Wasser zum Überwinden der seichten Stellen »mitzugeben«, errichtete der später für diese Leistung geadelte Thomas Seeauer 1511 eine 110 Meter lange »Klause«, die den Abfluss absperrt, das Wasser im See staut und erst dann frei gibt, wenn die Tore durch den »Klausschlag« geöffnet werden.

Über einen offen gelassenen Ausfahrtskanal am Westufer wurden auf diese Weise bis zu 1700 Boote jährlich in die Traun »geschwemmt«. Ihre Rückkehr erfolgte mit Hilfe der »Traunrösser«, schweren Arbeitspferden, welche die Schiffe auf »Treppelwegen« flussaufwärts bis zum heutigen Steegwirt zogen, wo die mitgeführten Waren umgeladen wurden.

Die Klause selbst besteht aus zwölf Kästen, den »Stuben«, die mit sich verkeilenden Kalksteinen gefüllt und mit starken Pfosten abgedeckt sind. Die Lücken zwischen den »Stuben« können durch Tore geöffnet oder verschlossen werden.

Nachdem das Wehr einige Male unterspült worden war, wurde die Anlage durch ein Gegenwehr ergänzt, das aus einer Reihe von schräg abgespreizten Rundhölzern (»Doggern«) auf einem am Grund verankerten »Doggerbaum« besteht und mit einfachen Planken abgesperrt werden kann. Sowohl Klause als auch »Doggerrechen« sind aus Lärchenholz, das früher in einem heute noch sichtbaren Wasserbecken gelagert wurde, um starkes Quellen nach dem Einbau zu verhindern. Die denkmalgeschützte Anlage ist nach wie vor funktionstüchtig und leistet gute Dienste bei der Regulierung des Wasserstands am Hallstättersee. Inzwischen erfolgt das Öffnen der Anlage elektrisch, geschlossen werden die Tore allerdings immer noch händisch mit einer Kurbel vom Boot aus. Ein Angestellter des Landes Oberösterreich wartet die Klause und führt kleinere Reparaturen durch; alle 25 bis 30 Jahre werden die Klausstuben erneuert, wofür immer noch unbehandeltes Lärchenholz verwendet wird, und es besteht kein Anlass daran zu zweifeln, dass die Seeklause auch in den nächsten 500 Jahren ihre Funktion erfüllen wird.

Gegenwehr aus abgespreizten »Doggern«, das mit einfachen Holzbrettern händisch geschlossen werden kann.Gegenwehr aus abgespreizten »Doggern«, das mit einfachen Holzbrettern händisch geschlossen werden kann.

zuschnitt, Do., 2006.06.22



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zuschnitt 22 Wasserkontakt

25. März 2006Eva Guttmann
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Dreifach geschützt

Der Bahnhof von Filisur ist ein wichtiger Knotenpunkt der Albulabahn in Graubünden. Um neben der Schönheit und Kraft der umgebenden Berglandschaft bestehen...

Der Bahnhof von Filisur ist ein wichtiger Knotenpunkt der Albulabahn in Graubünden. Um neben der Schönheit und Kraft der umgebenden Berglandschaft bestehen...

Der Bahnhof von Filisur ist ein wichtiger Knotenpunkt der Albulabahn in Graubünden. Um neben der Schönheit und Kraft der umgebenden Berglandschaft bestehen zu können, wurde für die neue Bahnsteigüberdachung ein ebenfalls kräftiger, körperhafter Entwurf angestrebt, der sich dem gewohnten Bild entzieht und eine starke, identitätstiftende Wirkung hat. Die Baukörper bestehen nun aus Scheibenstützen, Tragkörper und Dachflügel aus Brettschichtholz, deren Strenge und Geradlinigkeit sich gut in die Umgebung fügen und einen »entschleunigenden« Effekt auf die Reisenden haben, welche die kurvenreiche Strecke befahren.

Das statische System ist ein steifer Rahmen, Dachflügel und Tragbalken werden durch die paarweise gegenübergestellten und damit raumbildenden Scheibenstützen getragen. Damit die Konstruktion möglichst schlank bleibt, wurden die Stützen im Fundament und mittels einer im Tragkörper versenkten Stahlkrücke quer zur Längsrichtung eingespannt.

Das Holz wird auf mechanische, konstruktive und chemische Art geschützt. Das Hirnholz des Daches wurde mit einem zarten Stahlprofil abgedeckt, das Dach selbst, welches mit dem Tragkörper verschraubt ist, mit einem Kiesklebedach abgedichtet. Durch den großen Dachüberstand sind die Stützen vor Regen weitgehend geschützt, eine ins Hirnholz eingelassene Stahlplatte am Fußpunkt sorgt für Abstand zum Betonfundament und ermöglicht gutes Abtropfen, falls die Stelle doch einmal von Schlagregen erreicht werden sollte. Das Brettschichtholz wurde mit einem farblosen, wasserabweisenden Anstrich auf Nanotechnologiebasis versehen, wodurch auch mit einem verzögerten Einsetzen der natürlichen Vergrauung zu rechnen ist.

zuschnitt, Sa., 2006.03.25



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25. März 2006Eva Guttmann
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Jenseits der Farbe

Zuschnitt: Im letzten Zuschnitt haben wir die Markthalle in Aarau vorgestellt, wobei der Fokus in erster Linie auf die städtebauliche Situation und die...

Zuschnitt: Im letzten Zuschnitt haben wir die Markthalle in Aarau vorgestellt, wobei der Fokus in erster Linie auf die städtebauliche Situation und die...

Zuschnitt: Im letzten Zuschnitt haben wir die Markthalle in Aarau vorgestellt, wobei der Fokus in erster Linie auf die städtebauliche Situation und die Bedeutung eines »Stadtmöbels« im historischen Kern Aaraus gerichtet wurde. Heute interessiert uns die spezielle Oberfläche der Markthalle und Ihre Haltung zum Thema Oberfläche, auch Farbe, generell.

Miller: Im Wettbewerb hatten wir die Markthalle Aarau noch aus unbehandeltem Holz gedacht. Wir wollten ein Gebäude schaffen, ein Volumen, und haben uns für die Lamellenstruktur aus Holz entschieden, die zwischen Materialität und Immaterialität kippt. Zwischen dem Wettbewerb und der Realisierung sind fünf Jahre vergangen, in denen wir Versuche gemacht haben, die natürliche Verwitterung der Holzoberfläche zu beeinflussen, und feststellen mussten, dass einfach ein Zeitraum von zehn, zwanzig, dreißig Jahren für eine gleichmäßige Verwitterung nötig ist. Bis dahin wäre der Charakter des Gebäudes ein völlig falscher gewesen, daher haben wir nach Möglichkeiten gesucht, die Verwitterung vorwegzunehmen oder eine Verfremdung in unserem Sinne zu erzielen.

Haben Sie auch an einen Farbanstrich gedacht?

Nein, denn es war klar, dass ein Farbanstrich aus Gründen der kurzen Wartungsintervalle nicht in Frage kommt. Im Rahmen der Recherche sind wir dann auf die Tatsache gestoßen, dass man z.B. Fensterläden schon vor zweihundert Jahren mit Leinöl behandelt hat, um ihnen Haltbarkeit zu verleihen, und dass man das Leinöl auch pigmentieren bzw. firnissen kann. Daraus entstand die Idee, eine Beschichtung auf Leinölbasis zu finden, die keinen dichten Film bildet, sondern ein gewisses Maß an Offenporigkeit hat, die das Holz schützt und die Wartungsintervalle deutlich dehnt.

An wen konnten Sie sich wenden, um die nötigen Informationen zu erhalten?

Wir haben mit RestauratorInnen gesprochen, die sich ja laufend mit historischen Technologien beschäftigen und uns gut beraten konnten. Es war hingegen relativ schwierig, eine Firma zu finden, die bereit war, diese Technologie auch anzuwenden, und es war auch schwierig herauszufinden, welche Art von Pigmentierung eine Wirkung hervorruft, die uns für die Markthalle richtig erschien. Wir wollten dem Gebäude einen Charakter verleihen, der zwar Assoziationen an die ehemaligen Gewerbebauten an dieser Stelle hervorruft und auch seiner Nutzung entspricht, der aber nichts Schmuddeliges oder Abgegriffenes transportiert, sondern etwas Feines, fast Elegantes. Nach ungefähr fünfhundert Musterproben haben wir uns für eine Kupferpigmentierung entschieden, was einerseits mit der Farbigkeit am Ort zu tun hat und andererseits einen metallischen Effekt, ein Irisieren und Oszillieren, eine Abstraktion und Verfremdung des Holzes hervorruft.

Warum bedienen Sie sich in Ihrer Architektur der Methode der Verfremdung, der Irritation?

Wir sind immer auf der Suche nach Aspekten der Verfremdung, weil wir glauben, dass die Architektur dadurch gewinnt, dass sie reicher und lesbarer, vielleicht auch gültiger wird. Wir wollen kontextuell gedachte Architektur schaffen, einen übergeordneten Zusammenhang herstellen und dadurch eine Vielschichtigkeit erreichen, die – über kulturelle und zeitliche Grenzen hinweg – mehrere Zugänge zu einem Bauwerk möglich macht. Vielschichtigkeit erhöht die Wachsamkeit und damit auch die Wahrnehmung. Man glaubt, etwas zu sehen, was man kennt. Gleichzeitig sind bestimmte Dinge aus dem Vertrauten »herausgeschoben«. So etwas irritiert, eröffnet aber auch Möglichkeiten in der Rezeption. Beispiel Markthalle: Man sieht eine Holzkonstruktion, erkennt aber zugleich, dass daran etwas ungewöhnlich ist. In diesem Augenblick ist die Wahrnehmung geschärft und bereit für viele Arten von Eindrücken und Erkenntnissen.

Wie haben Sie andere Oberflächen behandelt?

Es geht ja nicht direkt um die Oberfläche, uns interessiert die Anmutung einer Materialität. Es geht nicht um die oberste Schicht, sondern um die Gesamtheit. Es gibt Beispiele wie das Projekt »Villa Garbald«, wo es gar keine Farben gibt, nur Material. Dann gibt es etwa den Wohnbau Schwarzpark, wo eine perfekt fugenlose Betonstruktur gestrichen wurde, um den reinen Betoncharakter zu brechen und einen Bezug zur Baumrinde herzustellen.

Sie arbeiten »jenseits« der Farbe?

Beim Volta-Schulhaus in Basel gibt es Unterschiede in der Oberflächengestaltung der Klassenzimmer, der Erschließungsflächen und der vier Höfe, die in das Gebäude eingeschrieben sind. Dabei geht es um Stimmungen und innere Räumlichkeit, die wir nicht mit »Buntheit« totschlagen wollten. Wir haben uns in den Erschließungszonen für eine Farbe entschieden, die nicht bunt ist, sondern Material. Auf den grauen Grundton wurde zuerst ein silberpigmentierter und dann ein goldpigmentierter Lack aufgebracht, wobei die unterschiedliche Verarbeitungsrichtung der beiden Lasuren dem Anstrich einen textilen Effekt verleiht. Die Farbe wird zum Material, entfernt sich von jeder Art von Buntheit und verändert sich je nach Licht und Bewegung. Die Wände der Innenhöfe – eine hinterlüftete Fassadenkonstruktion mit Holzwerkstoffplatten – wurden mit Goldpigmentfarbe gestrichen und hochglanzlackiert. Wenn man in die Höfe schaut, hat man das Gefühl, als würde jeden Moment die Sonne durch den Nebel brechen, als würde die Wand sich auflösen, und auch hier wird die Farbe zum Material, zur Stimmung.

Für Holzschutz interessieren Sie sich nur im pragmatisch-technischen Zusammenhang des Bauens?

Da gibt es zwei Aspekte: Es gibt technische Randbedingungen und jede Idee muss durch die Kontrolle der Angemessenheit überprüft werden. In diesem Sinne betreiben wir natürlich auch Holzschutz und achten z.B. darauf, dass Teile aus Holz auch beim fertigen Gebäude erreicht und bei Bedarf ausgewechselt werden können. Holzschutz interessiert mich aber vor allem dann, wenn ich beeinflussen will, wie schnell ein Gebäude altert. Wir arbeiten mit Material, Proportion, Licht und wollen Emotionen auslösen. Da spielen Vergänglichkeit und Patina eine große Rolle und durch den mehr oder weniger sichtbaren Alterungsprozess eines Hauses kann eine übergeordnete Grundstimmung erzeugt werden, die wesentlich für den Charakter von Architektur ist. Das hat nichts zu tun mit historisierenden Elementen – wir bedienen uns nur zeitgenössischen Formenvokabulars –, sondern es hat zu tun mit Erinnerung, Vertrautheit, Assoziation und mit den kulturellen Wurzeln jedes einzelnen von uns.

zuschnitt, Sa., 2006.03.25



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25. März 2006Eva Guttmann
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Seriell und individuell

Zuschnitt: Holzschutz, Oberflächenbehandlung, Farbgestaltung – was assoziieren Sie mit diesen Begriffen?

Ernst Roth: In erster Linie assoziiere ich...

Zuschnitt: Holzschutz, Oberflächenbehandlung, Farbgestaltung – was assoziieren Sie mit diesen Begriffen?

Ernst Roth: In erster Linie assoziiere ich...

Zuschnitt: Holzschutz, Oberflächenbehandlung, Farbgestaltung – was assoziieren Sie mit diesen Begriffen?

Ernst Roth: In erster Linie assoziiere ich damit eine Reihe an Erfahrungen, die ich im Lauf der Zeit gemacht habe und durch die ich mir ein gewisses Repertoire an Oberflächengestaltung und -behandlung erarbeitet habe.

Welche Erfahrungen waren das?

Eine interessante Erfahrung gab es gleich beim ersten Haus, einem Einfamilienhaus aus dem Jahr 1991. Wir haben uns damals für eine Fassade aus Fichtenschalung entschieden, deren natürliche Farbe – ein heller, gelblicher Ton – mir überhaupt nicht gefallen hat. Also haben wir eine zarte Lasur aus Schwarz und Weiß mischen lassen und aufgebracht, um von Beginn an einen visuellen Vergrauungseffekt zu erreichen. Das hat sehr gut funktioniert, die Fassade wurde immer schöner, wobei an der Wetterseite das Grau intensiver wurde und an der Südseite, durch die erhöhte uv-Strahlung, ein sehr schöner Rot-Ton entstanden ist. Für die Bauherren war diese Unregelmäßigkeit jedoch ein Problem, weshalb das Haus dann deckend gestrichen und der Farbveränderungsprozess leider abgebrochen wurde.

Spielt die Farbe an sich für Sie eine Rolle in der Gestaltung?

Auf jeden Fall, aber es hängt auch immer von der Bauaufgabe ab. Bei den Fertighäusern etwa, die im Betrieb meines Vaters erzeugt werden, spielt Farbe eine große Rolle. So wurde z.B. 1992/93 ein Musterhaus entwickelt, für das ich die Farbgestaltung übernommen habe. Es stand dabei nicht zur Debatte, die Oberflächen einfach verwittern zu lassen, da es dafür am Fertighausmarkt einfach zu wenig Nachfrage gibt. Also wurde die Fichtenholzschalung mit dunkelgrauer Dünnschichtlasur gestrichen, was in Kombination mit den ebenfalls verwendeten grauen zementgebundenen Platten sehr schön war. Für dieses Musterhaus erhielten wir dann auch den Landesarchitekturpreis, aber außer Friedrich Achleitner und mir gefiel die Farbe wohl kaum jemandem, denn nach ein paar Jahren wollte man eine auffälligere Farbe, weil sich das graue Haus nicht gut verkaufte. Wir ließen das Grau abbeizen, worauf eine wunderschöne, inzwischen rötliche Fichtenholz-Oberfläche, durchzogen von feinen, grauen Streifen an den vertieften Stellen zum Vorschein kam, die aber leider nicht vervielfältigbar war und daher nicht so bleiben konnte. Das Musterhaus wurde dann in Anlehnung an skandinavische Eisenoxidfarben rot gestrichen.

Haben Sie bei Arbeiten, die nicht für eine Massenproduktion gedacht waren, jemals Dickschichtlasuren angewendet?

Nein, ich vermeide Dickschichtlasuren, weil einerseits die Gefahr von mechanischen Schäden im Bereich des Anstrichs besteht, wodurch dann Feuchtigkeit unter die Oberfläche gelangt, die nicht mehr entweichen kann, und andererseits die natürliche Oberflächenstruktur des Holzes verloren geht.

Wann setzen Sie chemischen Holzschutz ein?

Generell steht für mich der konstruktive Holzschutz an erster Stelle, erst dann kommt der chemische Holzschutz. Es gibt aber durchaus Situationen, wo chemischer Holzschutz notwendig und sinnvoll ist, und ich habe kein Problem damit, ihn dort auch einzusetzen. Bei meinem eigenen Haus kam es im Bereich der Seekiefernsperrholzplatte, welche die Untersicht des Vordachs bilden, zu Schimmelbildung. Hier steht die Luft, die Kondenswasserbildung ist durch die Wärme, die beim Öffnen der Haustür entweicht, beträchtlich, es herrscht immer eine hohe Luftfeuchtigkeit und so kam es zum Pilzbefall. In solchen Situationen, aber auch dort, wo tragende Holzteile bewittert sind, wie etwa bei Stehern im Außenbereich, verwende ich chemischen Holzschutz.

Wie werden Fertighäuser geschützt?

Früher wurden alle tragenden Teile chemisch geschützt, was zu Problemen mit Feuchtigkeit und zum Verziehen des Holzes geführt hat. Inzwischen ist man davon abgekommen und behandelt das Holz nur mehr im bewitterten Bereich mit Ausnahme der Schwelle, die mit chemischem Holzschutz oder aber mit Holz von hoher natürlicher Dauerhaftigkeit wie z.B. Lärchenkernholz auszuführen ist.[1]

Welcher Holzschutz scheint Ihnen in Bezug auf die Oberflächenbehandlung insgesamt der richtige zu sein?

Das ist eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Ich selbst habe sehr positive Erfahrungen mit Fassaden aus unbehandelter Lärchenholzschalung gemacht, die höchstens geölt wird, damit der Vergrauungsprozess zeitverzögert einsetzt. Das ist kostengünstig und technisch unkompliziert. Außerdem finde ich, dass die Veränderung des Holzes, die durch uv-Strahlung und Bewitterung entsteht, sehr reizvoll ist.

Wenn wir Platten verwenden, dann achten wir darauf, sie nur im geschützten Bereich einzusetzen, denn sonst müssen sie, auch an den Stirnseiten, sehr aufwändig und teuer behandelt werden, damit sie von vernünftiger Dauerhaftigkeit sind. Die Farbe selbst wird von uns als reines Gestaltungsmittel und meistens als Kontrast zu den bewitterten, unbehandelten Teilen eingesetzt, wobei die aktuellen Angebote der Farbenhersteller sehr gut und sehr bedarfsorientiert sind, man sich aber im Klaren darüber sein muss, dass solche Bauteile nach ein paar Jahren neu gestrichen werden müssen.
Welche Oberfläche würden Sie gern noch machen?

Ich würde sehr gern einmal etwas in Silbergrau machen, weil das gerade im Zusammenhang mit der Oberflächenstruktur von Holz sehr elegant ist. Derzeit ist es noch schwierig, weil z.B. Äste mit der Zeit durch die Farbe »durchschlagen«, aber da hoffe ich auf die zukünftige Entwicklung am Farbensektor.

zuschnitt, Sa., 2006.03.25



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25. März 2006Eva Guttmann
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Mehr als ein Anstrich

Zuschnitt: Sie haben bereits sehr früh begonnen, Holzbauten zu entwerfen, deren Farbigkeit eines ihrer wesentlichen Merkmale ist. Wem oder was verdanken...

Zuschnitt: Sie haben bereits sehr früh begonnen, Holzbauten zu entwerfen, deren Farbigkeit eines ihrer wesentlichen Merkmale ist. Wem oder was verdanken...

Zuschnitt: Sie haben bereits sehr früh begonnen, Holzbauten zu entwerfen, deren Farbigkeit eines ihrer wesentlichen Merkmale ist. Wem oder was verdanken Sie die »Entdeckung« der Farbe?

Marianne Burkhalter: Anfangs gab es den ganz pragmatischen Zugang, dass wir mit dem Anstrich die Holzkonstruktion schützen wollten. Bald aber begann eine konkrete Auseinandersetzung mit Farbe, deren Anlass der unwahrscheinlich inspirierende Pigmentfarben-Fächer von Le Corbusier war, der sich im Gegensatz zu anderen Farbkarten auf wesentliche Grundtöne beschränkt. Diese Farbkarten, die heute von der Firma kt.color in Uster hergestellt werden, und ihre Zusammenstellung haben uns sehr beeinflusst und sind nach wie vor unser wichtigstes Werkzeug bei der Auswahl.

Was bedeutet Farbe?

Die Bedeutung der Farbe geht weit über die eines bloßen Anstrichs hinaus. Farbe ist nicht nur Oberfläche, Farbe ist auch eine Art von Material, mit dem wir arbeiten. Es geht dabei um die Betonung von Räumlichkeit und Körperhaftigkeit, um Perspektive und Akzentuierung. Ganz am Anfang stand die Idee, die Körperlichkeit von Bauvolumen mit Farbe zu fassen, zu konkretisieren, zu betonen. Ein Beispiel dafür ist der Kindergarten in Lustenau aus dem Jahr 1994, dessen Fassaden generell rot, in den einspringenden Ecken jedoch weiß gestrichen sind. Mit Farben kann man Bauteile aber auch zusammenfügen oder trennen. Bei den Forstwerkhöfen in Rheinau, ebenfalls 1994 fertig gestellt, erkennt man im Grundriss drei Teile, die durch die Farbgebung zu einer Einheit zusammengefasst wurden, beim Altenwohnheim Multengut hingegen verleiht sie dem lang gestreckten Baukörper Struktur und Rhythmus.

Wann fällt die Entscheidung für eine Farbe?

Es gibt ein Farbkonzept, das immer im Zusammenhang mit der Umgebung und mit den eingesetzten Materialien steht. Die endgültige Entscheidung fällt aber meistens erst auf der Baustelle, kurz vor der Fertigstellung eines Gebäudes, wenn wir vor Ort unsere Vorstellungen überprüfen können. Es geht ja nicht um einen einfachen Anstrich, sondern um ein Gesamtkonzept, um die Auseinandersetzung mit Inhalten, Räumen und Körpern und da ist die gebaute Realität das richtige Maß für die richtige Farbe.

Wenn Sie Holzfassaden eine künstliche Farbigkeit geben – bleibt das Holz dann Holz oder wird es zu etwas anderem?

Das Holz bleibt Holz und transportiert nach wie vor die Ruhe, das Einfache und Unspektakuläre, das es in sich trägt. Aber wir verzichten ganz bewusst darauf, es in seiner Natürlichkeit zu zeigen und seine spezifische Materialität zu betonen, um stattdessen die Gebäude zu »entmaterialisieren« und ihnen dadurch eine vielschichtigere Bedeutung zu verleihen.

Es gibt Unterschiede in der Intensität der Verfremdung...

Sicher, denn wir wollen ja auch Unterschiedliches bewirken. Zum Beispiel ist der Pavillon im Park vom Stockalperpalast außen unbehandelt, denn er soll als Teil des Parks, als Teil der natürlichen, sich verändernden Umgebung gelesen werden. Die Farbe kommt erst im Inneren zum Einsatz und verleiht dem Raum die Tiefe und die Atmosphäre eines Futterals. In der Nacht wird das Gebäude selbst unsichtbar, es verschmilzt mit seiner Umgebung, während der Innenraum durch das künstliche Licht wie eine Laterne strahlt. Beim Expo-Pavillon Onoma in Yverdon-les Bains hingegen wurde die Oberfläche deckend silbrig gestrichen, um einen möglichst hohen Abstraktionsgrad zu erreichen. Die Körperhaftigkeit der Fassade trat in den Hintergrund, sie wurde kaum mehr als Holzkonstruktion wahrgenommen, sondern war in erster Linie neutrales Trägermaterial für die Beschriftung. Zudem wurde damit der Übergang ins Innere, das richtig bunt war, betont.

Zwischen diesen beiden Extremen gibt es unzählige Abstufungen und Varianten. Es bedeutet z.B. ganz was anderes, ob man eine vertikale oder eine horizontale Schalung färbt – das ist wie der Einsatz eines vertikalen oder horizontalen Striches in der Malerei. Wir arbeiten auch oft damit, dass große Flächen durch Farbe eine neue, abstrakte Dimension bekommen, sie werden zugleich tiefer und weiter – das kann mit einer natürlichen Holzoberfläche nicht erreicht werden.

2002 wurden mit dem Wohnbau Wehrenbachhalde in Zürich, dem Wohnbau Ziegelwies in Altendorf und dem Zweifamilienhaus Kind in Küsnacht drei Holzbauten fertig gestellt, deren Oberflächen unterschiedliche Färbungen und unterschiedliche Arten der Gliederung aufweisen. Welche Voraussetzungen haben zu diesen Ergebnissen geführt?

Für die Farbgebung war in erster Linie das jeweilige Umfeld ausschlaggebend. Der Wohnbau Wehrenbachhalde befindet sich zwar im Grünen, allerdings innerhalb eines urbanen Quartiers. Wir haben uns für das Rot als Komplementärfarbe zum Grün der unmittelbaren Umgebung entschieden, dazu kommt das Silber der Erschließungsteile. Damit wird ein Gegensatz betont, die Baukörper heben sich ab und sind in ihrer Signalhaftigkeit eindeutig identifizierbar.

Beim Wohnbau Ziegelwies gibt es eigentlich den umgekehrten Zugang: Die Anlage liegt am, fast im Wasser, im Schilf. Das Grün kann als Annäherung an diese natürliche Umgebung gesehen werden, als ein Sich-Anschmiegen an das Vorhandene, als ein Eins-Werden mit der Natur. Einen ähnlichen Chamäleon-Effekt gibt es beim Zweifamilienhaus Kind, das in einem sehr dicht bebauten, städtischen Gebiet steht und das wir mit seiner silbrigen Hülle zum Schweben bringen wollten, zum Verschwinden oder dazu sich aufzulösen, indem sich der Himmel und die Umgebung darin spiegeln. Und das funktioniert auch sehr gut: Obwohl ein Holzhaus an dieser Stelle ursprünglich schwer vorstellbar war, wirkt es durch die silberne Farbe edel und urban. Eine Vergrauung wurde vorweggenommen, die Oberfläche changiert mit den Tageszeiten und dem Wetter zwischen allen möglichen Blau-, Rosa- und Silbertönen. Im Inneren gibt es dann kräftiges Orange und auch wieder den Silberton, der das Orange widerspiegelt.

Was die Gliederung betrifft, so sind es drei Themen, die hier umgesetzt wurden: Das Thema des Schleiers beim Wohnbau Wehrenbachhalde, das Thema der Konstruktion beim Wohnbau Ziegelwies und das Thema der Hülle beim Zweifamilienhaus Kind. Der Schleier hat mit Offenheit und Geschlossenheit zu tun, mit dem Übergang zwischen öffentlich und privat und wird vor allem durch die langen Rollläden und die durchscheinenden Begrenzungen und Brüstungen aus horizontalen Holzlamellen definiert. In Altendorf sind Schichtung und Gliederung der Konstruktion deutlich herausgearbeitet. Dabei ist auch die Farbgebung in sich gegliedert und reicht vom künstlichen Weiß der Geschossdecken, über das der Umgebung angepasste Grün der Fassaden und – fast komplementär dazu – bis zum natürlichen Braun der Fenster- und Türrahmen.

Die Hülle des Zweifamilienhauses ist ruhig, großflächig, zurückhaltend, nur einfach gegliedert, um die Materialität des Gebäudes so weit wie möglich aufzuheben und es zum Schweben zu bringen.

Hat die Farbigkeit der Fassaden auch mit dem Thema der Vergänglichkeit von Holz zu tun?

Ja, das denke ich auf jeden Fall. Es gibt – besonders in der Stadt – Angst vor dem Verfall und die Künstlichkeit von Farbe ist ein Mittel, diesen Verfall nicht augenfällig zu machen. Vor kurzem haben wir das Haus Schwarzenbach gebaut, dessen Bauherrschaft zwar eine natürliche Holzoberfläche, jedoch keine natürliche, unregelmäßige Vergrauung wollte. Wir haben auf das Haus daher eine Nanobeschichtung aufgebracht, ich weiß aber noch nicht genau, wie sich die Oberfläche im Lauf der Zeit verändern wird, da das unsere erste Erfahrung mit Nanotechnologie ist.

Welche Aspekte der Farbgebung sind zur Zeit für Sie besonders interessant?

Nachdem wir viel mit allen möglichen Arten von Spiegelungen und Silbrigkeit gearbeitet haben, sind wir jetzt dazu übergegangen, künstliches und natürliches Licht durch farbige Glasflächen zu leiten und Innenräumen damit ganz besondere Stimmungen zu verleihen. Ein Beispiel dafür ist das Hotel, Restaurant und Theater Rigiblick in Zürich, das 2004 fertiggestellt wurde. Dort gibt es Naturholzoberflächen ebenso wie farbig gestrichene Bauteile, aber eben auch eine immaterielle Art von Farbe, die über Spiegelung hinausgeht, nämlich farbiges Licht, das über gelbe und rote Fenstergläser ins weiße Stiegenhaus dringt und sich über den Tag hinweg wunderbar verändert.

Sie verleihen Ihren Gebäuden und Räumen über die Farbgebung eine starke Charakteristik und Determiniertheit.

Ja, dafür sind wir bekannt, der sinnliche Zugang zur Architektur ist ein wichtiger Teil der Qualität unserer Arbeit.

zuschnitt, Sa., 2006.03.25



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18. Dezember 2005Eva Guttmann
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Good wood in Brentwood

Vancouver – einem Ranking zufolge die Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität – baut vor: Ziel aktueller stadtplanerischer Bemühungen ist es, einer...

Vancouver – einem Ranking zufolge die Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität – baut vor: Ziel aktueller stadtplanerischer Bemühungen ist es, einer...

Vancouver – einem Ranking zufolge die Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität – baut vor: Ziel aktueller stadtplanerischer Bemühungen ist es, einer unkontrollierten Ausbreitung des »urban sprawl« entgegenzuwirken und das Wachstum auf einige wenige neue Zentren rund um Vancouver zu konzentrieren. Parallel dazu wird an attraktiven öffentlichen Alternativen zum Individualverkehr – vor allem für die große Zahl an Pendlern – gearbeitet, um die Umweltbelastung so gering wie möglich zu halten und die Lebensqualität zu sichern.

Ein Teil dieses umfassenden Konzepts ist der Bau der »Millennium Line«, die mit dreizehn Bahnhöfen das zweite Netz des elektrischen Skytrain-Systems ist. Zwei dieser neuen Bahnhöfe wurden von Busby + Associates entworfen, einer davon – die »Brentwood Skytrain Station« – befindet sich in Burnaby, einem Vorort im Osten von Vancouver und gilt als Flaggschiff der neuen Linie.

Im Vorfeld seiner Planung wurden in einem öffentlichen Entscheidungsprozess die Aspekte der Erkennbarkeit, der Erreichbarkeit, der Sicherheit, des Komforts und der formalen Gestaltung als wesentlich erarbeitet und, im Sinne der Umweltverträglichkeit, die Verwendung rezyklierbarer Materialien mit niedriger Herstellungsenergie gewünscht. Unter diesen Voraussetzungen entwarfen Busby + Associates eine flache, ovale Scheibe mit einem ebenfalls ovalen, mittigen Oberlicht über ihre gesamte Länge, die über den Schienen schwebt, welche ihrerseits genau über einer Autobahn verlaufen. Die Maße des Bahnhofs ergeben sich aus Zuggrößen und Passagieraufkommen, seine gebauchte Form entstand durch die vertikalen Erschließungen, die jeweils in der Mitte der Längsseiten liegen. Der Baukörper selbst wirkt zweifach: am Tag und von außen als große, transparente Landmark auf einer die Autobahn überspannenden Stahlbetonkonstruktion, in der Nacht und in seinem Inneren warm leuchtend, schwebend wie ein freundliches ufo. Diesen einladenden Effekt verdankt der Bahnhof vor allem der Verwendung von Holz, das sowohl konstruktiv als auch sichtbar zum Einsatz kommen konnte, nachdem der Nachweis erbracht worden war, dass es normgemäß unbrennbaren Materialien entspricht. Während Unterkonstruktion, Brücken und Bahnsteige aus Stahlbeton sind, wurden für die konstruktiven Rippen der beiden Schalen zwei Baustoffe verwendet: »vandalensicherer« Stahl in den unteren Bereichen und – vor allem wegen des günstigen Verhältnisses von Eigengewicht zu Tragkraft – Leimholzträger weiter oben. Das Dach besteht aus wiederverwertetem bzw. heimischem Nadelholz, welches Kante an Kante nebeneinander gelegt und vernagelt wurde und so der doppelt geschwungenen Form optimal zu folgen vermag.

Mit dem in diesem Zusammenhang zumindest ungewöhnlichen Einsatz von Holz erfüllten die Architekten die zentralen Forderungen der Bauherren. Die effiziente, wirtschaftliche Mischbauweise, die Verwendung eines ökologischen, wiederverwertbaren Baustoffs für große Teile des Bahnhofs, die Schaffung einer einladenden, sicheren Atmosphäre durch großzügige Raum- und Belichtungssituationen und durch die Beibehaltung von Holzsichtoberflächen im Inneren der Station tragen wesentlich dazu bei, die Attraktivität der öffentlichen Verkehrsmittel zu steigern und die langfristigen Umweltanliegen der Stadtverwaltung zu verwirklichen.

zuschnitt, So., 2005.12.18



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24. Juli 2005Eva Guttmann
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Getrennte Wege

Die Reininghausgründe sind ein ausgedehntes Areal im Herzen des „Stadtentwicklungsgebietes Graz-West“. Das Gelände der ehemaligen Brauerei ist Teil eines...

Die Reininghausgründe sind ein ausgedehntes Areal im Herzen des „Stadtentwicklungsgebietes Graz-West“. Das Gelände der ehemaligen Brauerei ist Teil eines...

Die Reininghausgründe sind ein ausgedehntes Areal im Herzen des „Stadtentwicklungsgebietes Graz-West“. Das Gelände der ehemaligen Brauerei ist Teil eines westlich des Hauptbahnhofs gelegenen breiten Industriegürtels, der im Lauf der Zeit immer lückenhafter wurde, heute die letzten, relativ zentral gelegenen, großen, unbebauten Flächen der Stadt enthält und im Zentrum der aktuellen stadtplanerischen Aufmerksamkeit liegt. Der Errichtung der Fachhochschule Joanneum im Jahr 1995 folgten in der näheren Umgebung weitere Ansiedlungen mit stark wirtschaftlich, wissenschaftlich und technologisch ausgerichteten Nutzungen, viel Geld fließt in moderne Bebauungs- und Infrastrukturpläne.

Im Bereich der Brauerei Reininghaus, deren Betrieb vollständig ausgelagert wurde, stehen sowohl ehemalige, zum Teil denkmalgeschützte Betriebsgebäude, die im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts saniert und adaptiert werden, als auch ausgedehnte Freiflächen zur Verfügung. Hier wurde in zwei Bauabschnitten das Impulszentrum, geplant von Architekt Hubert Rieß, in einer Bauzeit von eineinhalb Jahren errichtet. Ursprünglich als Projekt im Rahmen des Programms „Haus der Zukunft“ des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie geplant, wurde das Bauvorhaben schließlich in Zusammenarbeit mit der sfg, der Steirischen Wirtschaftsförderung, realisiert. Den Vorgaben dieser Ausgangslage entsprechend erfüllt das Gebäude, das als Beginn einer „Gründerstadt“ konzipiert ist, hohe Anforderungen an konstruktive, gebäudetechnische sowie inhaltliche Innovation und Nachhaltigkeit.

Grundidee ist die Schaffung von autonomen Basiseinheiten für Büro- bzw. Labor- oder Werkstättennutzung, die von Start-up-Firmen angemietet werden. Ein Büromodul ist ca. 80m² groß, über einen Fertigteilschacht infrastrukturell versorgt und damit technisch unabhängig. Die Größe der stützenfreien Labor- bzw. Werkstätteneinheiten im massiven Teil des Gebäudes beträgt zwischen 50m² und 200m². Je nach Bedarf ist die Belegung mehrerer Einheiten durch eine Firma möglich, die Unternehmen können sich Geräte und/oder Personal teilen.

Die Stärke dieses Systems liegt in erster Linie in der flexiblen Kombinierbarkeit einer fast beliebig großen Anzahl von Büros sowie in der Möglichkeit, mehrere Module zu Gruppenbüros zu koppeln. Das erlaubt große räumliche Vielfalt und unterstützt ein abwechslungsreiches, anregendes Arbeitsklima. Das Energiekonzept erfüllt die Standards eines Niedrigenergiehauses, besonderes Augenmerk liegt sowohl auf der Vermeidung eines großen Kühlenergiebedarfs durch ein modular aufgebautes, kombiniertes System von Fußbodenheizung und Deckenkühlung als auch auf einer Senkung des Energieverbrauchs durch entsprechendes Benutzerverhalten. Jede Büroeinheit kann heiz- und kühltechnisch separat angesteuert werden, die nötigen Haustechnikelemente sind im vertikalen Installationsschacht integriert.

Das Impulszentrum besteht aus zwei parallelen dreigeschossigen, unterkellerten Baukörpern, die an ihren Enden durch zweigeschossige Brückengebäude miteinander verbunden sind. Die außenliegenden Teile der beiden Zeilen sind aus Stahlbeton, an die zueinander gewendet die übereinander gestapelten Holzmodule paarweise andocken. Auch die Brücken enthalten jeweils zwei Büroeinheiten und eine Seminareinheit pro Geschoss, damit verfügt die gesamte Anlage über 40 Holzboxen mit jeweils einer Fensterreihe an ihrer Längsseite und sechs Höfe, die alle nach innen gerichtet sind.

Entscheidend für den Einsatz der Holz-Modulbauweise waren neben dem extrem hohen Vorfertigungsgrad die bauphysikalischen Vorteile, welche den erhöhten Materialaufwand durch doppelte Wand- und Decken- bzw. Fußbodenaufbauten durchaus wettmachen.
Die Holzmodule wurden vom Architekten, der Holzbaufirma und dem Statiker in mehrjähriger gemeinsamer Arbeit entwickelt, auf Brand-, Wärme- und Schallschutz (Luft- und Trittschallschutz) geprüft und optimiert. Sie bestehen aus mit gkf-Platten beplankten Kreuzlagenholz-Massivwänden, einer Dämmschicht, Winddichtungsfolie, Hinterlüftungsebene und einer unbehandelten Lärchenholzschalung, werden vollständig im Werk vorgefertigt und dann mit dem lkw verliefert. Die Boxen sind mit allen Anschlüssen, einer abgehängten Kühldecke, Fenstern, Fensterbänken und malerfertigen Gipskartonwänden ausgestattet. Aufgrund ihrer Größe wurden jeweils halbe Einheiten transportiert und erst auf der Baustelle aneinander gefügt.

Ein wichtiges Ziel – nicht zuletzt hinsichtlich einer Kostenoptimierung – war die Erfüllung der schalltechnischen Erfordernisse ohne wesentlichen konstruktiven Zusatzaufwand. Um jede Möglichkeit von Schallbrücken auszuschließen, sind die Einheiten horizontal und vertikal baulich so stark wie möglich voneinander entkoppelt. Die Module stehen punktuell auf Distanzhölzern mit genauestens einnivellierten Elastomerlagern. Zwischen unterer Decke und den Auflagern sorgen eine Trittschalldämmung und eine Weichfaserplatte für zusätzliche Masse und Elastizität. Eine großzügige Luftschicht, deren Stärke auch mit dem ebenen Anschluss an die Massivbauteile zusammenhängt, stellt eine weitere Barriere für etwaige Schallübertragungen nach unten dar. Zum Schallschutz zwischen den Wänden zweier Module wurde ein Mindestabstand von einem Zentimeter eingehalten. Diese knappe Luftschicht reicht aus, um den Anforderungen zu genügen und eine Schallpegeldifferenz von DnT,w = 62dB zu erreichen. Zuletzt wurden die Winddichtungen über die vertikalen Fugen hinweg verklebt, ein Deckbrett verbirgt Ungenauigkeiten und strukturiert die lärchenholzverschalte Fassade formal, ebenso wie die horizontalen Schürzen, die jeweils auf Höhe der Geschossdecken als Witterungsschutz angebracht wurden.

Bereits bei 1:1-Modellversuchen im Werk konnte mit der Summe dieser Maßnahmen eine Schallpegeldifferenz erreicht werden, die auch den Anforderungen im Wohnbau entspricht. Erste entsprechende Projekte wurden bereits umgesetzt bzw. sind zur Zeit in Planung: Beim dreigeschossigen „Mehrfamilienhaus Sigmund“ in Wien wurden auf ein massives Sockelgeschoss Holzmodule für insgesamt sechs Wohnungen gesetzt, die Wohnanlage „Mühlweg“, ebenfalls in Wien, funktioniert ähnlich wie das Impulszentrum: An einen zentralen Stahlbetonkern, der Erschließung, Nasszellen und Küchen enthält, docken beidseitig Holzmodule an, die zu unterschiedlich vielen bzw. großen Wohnräumen zusammengeschlossen werden und ihrerseits noch Holzbalkone tragen. Details sind aufgrund anderer Voraussetzungen, insbesondere was technische Infrastruktur sowie Raumgrößen und -höhen betrifft, anders gelöst, aber auch hier werden Schallbrücken durch sorgfältige Entkopplung der einzelnen Bauteile vermieden und die geforderten Schalldämmwerte erreicht.

zuschnitt, So., 2005.07.24



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24. Juli 2005Eva Guttmann
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Schallschutz macht Schule

Vergangenen September wurde die neue Volksschule von Wildon, einer kleinen Gemeinde in der südlichen Steiermark, eröffnet. Ihre nahe Verwandschaft zur Volksschule Karl-Morre in Graz ist unverkennbar. Nicht nur äußerlich ähneln die beiden Gebäude einander, auch konstruktive und bauphysikalische, besonders den Schallschutz betreffende Details, die für Karl-Morre entwickelt wurden, kamen in Wildon – zum Teil in verfeinerter Weise – zum Einsatz.

Vergangenen September wurde die neue Volksschule von Wildon, einer kleinen Gemeinde in der südlichen Steiermark, eröffnet. Ihre nahe Verwandschaft zur Volksschule Karl-Morre in Graz ist unverkennbar. Nicht nur äußerlich ähneln die beiden Gebäude einander, auch konstruktive und bauphysikalische, besonders den Schallschutz betreffende Details, die für Karl-Morre entwickelt wurden, kamen in Wildon – zum Teil in verfeinerter Weise – zum Einsatz.

Im Jahr 2000 ging das Architekturbüro Nussmüller als Sieger aus dem Wettbewerb um den Neubau von Hort und Volksschule Karl-Morre im Grazer Stadtteil Eggenberg, der hier von alten Arbeitersiedlungen geprägt ist, hervor. An der Ostseite des Grundstücks gibt es eine Hauptschule aus der Gründerzeit, früher, in einem Zubau rechtwinklig dazu, einen Turnsaal. Zunehmende Platznot führte in den fünfziger Jahren dazu, dass Ausweichbaracken für einzelne Klassenzimmer errichtet wurden, bis sich die Stadt Graz schließlich zum Abbruch der Provisorien und für die Ausschreibung eines Wettbewerbs zum Neubau einer achtklassigen Volksschule und eines Kinderhorts auf dem großen, fast quadratischen Grundstück entschloss.

Während der Hort als punktförmiger, formal völlig eigenständiger, massiver Baukörper in Form einer schiefen Wiese nun den westlichen Teil des Bauplatzes besetzt, schließt die Volksschule aus organisatorisch-funktionalen Gründen westseitig an den Bestand an. Die beiden langen, rechteckigen Gebäude bilden gemeinsam einen L-förmigen Grundriss, die Lage des Neubaus entspricht ungefähr der des ehemaligen Zubaus.

Wichtiger Entwurfsaspekt für die Volksschule war es, die Offenheit des Grundstücks zu bewahren und keine optischen Barrieren zu schaffen, sondern Blickbezüge in alle Richtungen zuzulassen. Daher wurde der östliche Teil des Baukörpers aufgeständert, der westliche hingegen sitzt zweigeschossig auf einem massiven, halb eingegrabenen Untergeschoss, in dem Turnsäle und entsprechende Nebenräume untergebracht sind. Erschlossen wird das Gebäude über einen leicht aus der Achse gedrehten Stiegenhauskubus, der wie ein Gelenk den Baukörper in Längsrichtung teilt bzw. die Funktionen spiegelt und von dem aus ein Gang an der Südfassade die östliche, ein Gang an der Nordseite hingegen die westliche Hälfte des Hauses auf kurzen Wegen erschließt. Diese Teilung setzt sich auch formal fort, je nach Nutzung und Ausrichtung ergeben sich an den Gebäudelängsseiten vier verschiedene Fassadengestaltungen: die Gangbereiche sind jeweils verglast, an der Südseite mit Holzlamellen als Sonnenschutz versehen, die regulären Klassenräume haben eine lebhafte Lochfassade, die Funktionsräume hingegen eine strenge, regelmäßige Fensteranordnung.
Das Holzgebäude ist ein Plattenscheibenbau mit tragenden Trennwänden aus Brettsperrholzelementen (klh-Platten), die sich in den Gangbereichen in Unterzüge mit Stützen auflösen. Die Fassaden sind in klassischer, verschalter Holz- bzw. verzinkter Stahlriegelleichtbauweise ausgeführt, letztere mit innenliegender Verglasung und an der Außenseite der Konstruktion an der Südfassade befestigten Konsolen als Auflager für die Holzlamellen. Decken aus Brettstapelplatten, die quer zum Baukörper gespannt sind, gewährleisten eine hohe Flexibilität der Grundrisse, während dem natürlichen Quell- und Schwindverhalten durch den Einsatz von Fremdfedern Rechnung getragen wurde. Deren Stärke beträgt über dem Erdgeschoss bei Spannweiten von bis zu siebeneinhalb Metern 23cm, im Obergeschoss reichen 18cm.

Vor allem aus atmosphärischen Gründen bestand von Anfang an die Absicht, sowohl die Deckenuntersichten als auch die Fußböden und so viele Wandflächen wie möglich mit Holzsichtoberflächen zu realisieren, wodurch besonderes Augenmerk auf Raum- und Bauakustik gerichtet wurde. Zwischen den Klassenräumen war die Standard-Schallpegeldifferenz Dn,Tw = 50 dB gefordert, an die Bauteile zwischen Klassenzimmern und Gang gab es keine speziellen Anforderungen. Problematisch war das weitgehende Fehlen von Erfahrungswerten für Klassentrennwände in dieser Sicht-Bauweise. Schließlich wurden auf den zwölf Zentimeter starken klh-Wänden nur einseitig Gipskartonvorsatzschalen, die an der Rückseite gelocht sind, mit Schwingbügeln befestigt. An den leichten Trennwänden zu den Gängen hin stehen raumseitig Sperrholz-Schränke, deren Flügeltüren aus Gründen der Raumakustik gelocht sind. Gangseitig wurden osb-Platten aufgebracht, in einem Fußbodenkanal aus dicht verklebten Blechwannen verläuft die Leitungsführung.

Eine ebenso große Herausforderung war es, die Decken schalltechnisch in den Griff zu bekommen, ohne auf deren Holzuntersicht verzichten zu müssen und auch ohne Estriche zu verwenden, um einen reinen Holzaufbau zu realisieren. Dabei kam die Höhe der Brettstapeldecken, die statisch ohnehin gefordert war, diesen Wünschen sehr entgegen. Auch hier fehlten jedoch Erfahrungswerte und Messungen, von industrieller Seite wurde den Planern unbedingt nahegelegt, abgehängte Akustikdecken einzusetzen. Schließlich entschied man sich in Absprache mit dem beteiligten Bauphysiker dafür, über den Holzdecken eine Splittschicht zur Erhöhung der Masse, zwei Lagen Trittschalldämmplatten und kreuzweise verleimte Spanplatten zu verlegen. Der Fußbodenbelag in den Klassenzimmern ist Massivparkett, in den Gängen Linoleum. Von außen kann man sehen, wie die Stirnseiten der Brettstapeldecken an die Gangfassaden heranreichen, der Kontrast zwischen Glas und massiver Holzdecke ist hier besonders reizvoll.

Sowohl bezüglich des Trittschalls als auch der Nachhallzeit haben die abschließenden Messungen Werte ergeben, die innerhalb der zulässigen Mindestanforderungen liegen, trotzdem wurden auf Empfehlung des Bauphysikers für die Volksschule in Wildon weitere Verbesserungen des Deckenaufbaus und der Anschlussdetails an flankierende Bauteile angestrebt.

Die Volksschule von Wildon funktioniert – mit geringen Unterschieden – nach dem gleichen, sichtbaren Konstruktionsprinzip wie Karl-Morre in Graz. In einem massiven Sichtbeton-Stirngebäude befinden sich Turnsaal und Funktionsräume der Schule, der zweigeschossige, schwebende Klassentrakt ist eine einhüftig erschlossene Holzkonstruktion mit transparentem, straßenseitigem Gangbereich und zum bewaldeten Berghang orientierten Klassenräumen, deren Fensterfassade mit unbehandeltem Lärchenholz verschalt wurde. Der Holzbaukörper ist über seine gesamte Länge parallel zur Bergflanke gekrümmt, der dadurch verkürzte Klassenteil überragt daher den Gangbreich am Ende des Gebäudes. Im Unterschied zu Graz konnten aufgrund geringerer Lasten sowohl die tragenden Klassentrennwände als auch die Brettstapeldecken geringer dimensioniert werden. Trotzdem gelang es, die Schallschutzanforderungen einzuhalten. Verbesserungen gab es im Bereich der Längsfugen zwischen den einzelnen klh-Platten, die zusätzlich silikoniert wurden, sowie im Anschluss zwischen Klassen- und Außenwand, um Längsschallwege zu vermeiden. Auch bei den Geschossdecken konnten Anschluss-Details optimiert werden.

Während die Volksschule Karl-Morre noch als schalltechnisches Experiment mit prototypischen konstruktiven Lösungen angesehen werden kann, wurden für Wildon die Erfahrungen von Graz herangezogen, Arbeitsabläufe und Details weiterentwickelt und optimiert. Beide Schulen können heute als gelungene Beispiele für modernen Holzbau bezeichnet werden, die alle Vorurteile widerlegen, nach denen Holzgebäude schalltechnische Problemfälle wären, und die zeigen, dass Holz das geeignete Material für innovative Planung ist.

zuschnitt, So., 2005.07.24



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24. Juli 2005Eva Guttmann
zuschnitt

Relevante Gefühle

Mehrgeschossige Wohnbauten in Holzbauweise sind zwar nach wie vor nicht in der Überzahl, ihre Menge nimmt jedoch – in der Schweiz ebenso wie in Österreich...

Mehrgeschossige Wohnbauten in Holzbauweise sind zwar nach wie vor nicht in der Überzahl, ihre Menge nimmt jedoch – in der Schweiz ebenso wie in Österreich...

Mehrgeschossige Wohnbauten in Holzbauweise sind zwar nach wie vor nicht in der Überzahl, ihre Menge nimmt jedoch – in der Schweiz ebenso wie in Österreich – kontinuierlich zu. Nach wie vor fehlen aber genaue Erfahrungswerte bezüglich der Wohnbefindlichkeit von Mietern und Eigentümern, obwohl entsprechende Untersuchungen und Veröffentlichungen sowohl für Architekten und Planer als auch für ausführende Firmen und Bewohner hilfreich wären und dazu beitragen könnten, den Standard von mehrgeschossigen Holzwohnbauten zu optimieren.

Mit dem Ziel, diese Lücke zumindest teilweise zu schließen, verfasste Iwan Besmer im Rahmen seines einjährigen Praktikums im Ingenieurbüro Pirmin Jung eine Diplomarbeit, die allerdings ausschließlich 21 mehrgeschossige Wohnbauprojekte des Ingenieurbüros Pirmin Jung erfasst und daher nicht als allgemeingültige Aussage zum mehrgeschossigen Holzbau gewertet werden kann.
Trotzdem können die Ergebnisse als generelle Gradmesser für die Wohnzufriedenheit von Mietern und Eigentümern in Holzwohnbauten betrachtet werden, wie sie auch für österreichische Verhältnisse gelten würden.

Die für die Arbeit angewandte Methodik einer Umfrage mittels Fragebogen zielte darauf ab, durch einfache Grundsatzfragen allgemeine Tendenzen und allfällige Schwachpunkte zu erkennen. Die Fragen betrafen die generelle Berechtigung des Einsatzes von Holz im Mehrfamilienhausbau, die subjektive Wohnbefindlichkeit sowie die Beurteilung von Schallschutz-, Lüftungs-, Energie- und Sicherheitsfragen, wobei eine ausgezeichnete Rücklaufquote von 75% der ausgesandten Fragebögen erreicht wurde und generell eine sehr positive Einstellung zu Holzwohnbauten ablesbar war. Besonders hervorzuheben ist die Beurteilung der Brandsicherheit: 95% aller Bewohner betrachten ihre Wohnung als ebenso brandsicher wie Wohnungen in Massivbauweise.
Der Schallschutz hingegen ist das wohl anspruchsvollste Teilgebiet im mehrgeschossigen Holzbau und wurde differenzierter bewertet.

* Luftschall: 87% der Befragten gaben an, das Sprechen ihrer Nachbarn nicht zu hören. Von den verbleibenden 13% empfanden 7% es als nicht störend, wobei es bei dieser Frage keine erkennbare Abhängigkeit des Resultats von den Objekten gab.
* Trittschall: 64% hören die Schritte ihrer Nachbarn. 34% fühlen sich dadurch nicht gestört, 8% jedoch sehr gestört. Bei der Untersuchung der Verbindung zwischen Antwort und Wohnobjekt konnte festgestellt werden, dass sich Bewohner von Häusern mit Holz-Beton-Verbunddecken weit weniger durch Trittschall belästigt fühlen, als solche von Häusern mit reinen Holzdecken. Allerdings relativierten viele der Befragten ihre Aussagen, indem sie angaben, sich „nur nachts“ oder „nur bei hüpfenden“ Kindern gestört zu fühlen bzw. sich trotz des Trittschalls in der Wohnung sehr wohl zu fühlen.
* Knarren: 87% nehmen beim Gehen kein Knarren wahr, 6% hören ein Knarren, fühlen sich davon aber nicht gestört. 7% fühlen sich gestört, wobei die Hälfte dieser Antworten aus einer einzigen Wohnanlage stammt, wo das Knarren weniger mit der Konstruktion der Holzdecke als vielmehr mit dem Unterlagsboden zu tun hat.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass im mehrgeschossigen Holzwohnbau das Schallproblem geringer als befürchtet, jedoch gerade bezüglich des Trittschalls durchaus vorhanden ist. Die Wahl geeigneter Deckenaufbauten und der Einsatz von Masse ist unter dem Aspekt des Schallschutzes sinnvoll, weitere Untersuchungen zur Erlangung von umfassenden Erfahrungswerten ebenso. Insgesamt wurde die Befindlichkeit in Holzwohnbauten mit 38% der Antwortenden, die sich in Holzbauten behaglicher und mit 33%, die sich in Holzbauten viel behaglicher als in Massivbauten fühlen, extrem positiv bewertet und der gerechtfertigte Trend zum mehrgeschossigen Holzwohnbau, der sich bereits auch in der Gesetzgebung niederschlägt, bestätigt.

zuschnitt, So., 2005.07.24



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15. März 2005Eva Guttmann
zuschnitt

Sportstadion St. Lambrecht

Guttmann
Das neue Sportstadion in St. Lambrecht besticht durch die Direktheit des Materialeinsatzes. Die Selbstverständlichkeit, mit der Beton, Stahl...

Guttmann
Das neue Sportstadion in St. Lambrecht besticht durch die Direktheit des Materialeinsatzes. Die Selbstverständlichkeit, mit der Beton, Stahl...

Guttmann
Das neue Sportstadion in St. Lambrecht besticht durch die Direktheit des Materialeinsatzes. Die Selbstverständlichkeit, mit der Beton, Stahl und Holz nebeneinander stehen und die Klarheit ihrer konstruktiven Entflechtung sind bemerkenswert. Vor welchem Hintergrund ist dieses Projekt so entstanden?

Mitterberger
Es war der Wunsch der Bauherren, für das Stadion in hohem Maße Holz zu verwenden. Diese Vorgabe war ganz in meinem Sinn, weil das Material charakteristisch für die Gegend ist. Wir haben uns dann für klh-Platten entschieden, um einen regionalen Betrieb einzubinden, außerdem war es mir ein Anliegen, die Holzplattenbauweise auszureizen. In einem Bauwerk, das – zumindest teilweise – nicht gedämmt werden muss, weil im Winter kein Betrieb ist, kann man dann wirklich mit 6cm starken Holzplatten eine Außenwand herstellen. Das finde ich interessant, weil man zeigen kann, wie dünn die Platten wirklich sind und wie leicht man sie verarbeiten kann. Man muss sie nur wirklich als Platten behandeln. Davon ausgehend wurden Beton und Stahl, einer technisch-konstruktiven Logik folgend, verwendet, aber auch jeweils im Zusammenhang mit ihren atmosphärischen Eigenschaften.

Guttmann
Wie schaut diese Logik beim Stadion in St. Lambrecht aus?

Mitterberger
Das Erdgeschoss steckt in der Erde und muss beheizbar sein, seine Decke ist begehbar und teilweise im Freien. Daher bestehen diese Teile aus Beton. Die Aufbauten für den Spielbetrieb – Kassa, WCs, Ausschank etc. sind aus klh-Elementen. Diese übernehmen die Rolle des Raumabschlusses, des Witterungsschutzes und des statischen Haupttragwerks: Zwei der Trennwände, die im rechten Winkel zur langen Rückwand stehen, wurden mit der Betondecke verschraubt und fungieren als aussteifende Querschotten. Stahl kommt dort zum Einsatz, wo die Konstruktion das noch erfordert hat bzw. optisch leicht sein sollte, so etwa als Tragwerk für das Dach. Leimbinder hätten doppelt so hoch sein müssen und den Zuschauerbereich viel zu sehr gedrückt.

Guttmann
Das sind dann schon die atmosphärischen Eigenschaften…

Mitterberger
Ja, da geht es um die Wahrnehmung. Eine Sportanlage soll für mich immer eine Art »Würstelbudenatmosphäre« haben, ich arbeite da bewusst auf einem materialtechnischen Lowlevel. Ich mag es, wenn beim Ausschank eine Klappe aufgemacht wird, ich mich dazu stellen kann, und das war es dann. Der rohe Beton, die Holzelemente mit ihrer Sichtoberfläche, die Stahlträger, alles unverkleidet, können das. Es hängt natürlich stark mit der Bauaufgabe zusammen, aber solche Oberflächen vertragen es, dass einmal jemand dagegen tritt, ohne dass etwas passiert, oder dass in der Kabine mit dem Ball herum geschossen wird, ohne dass eine weiß verputzte Wand gleich entsetzlich ausschaut.

Guttmann
Was in St. Lambrecht auffällt, ist die Art und Weise, wie die Materialien aufeinander stoßen, aneinander gefügt sind, ohne sich zu durchdringen. Welcher Anspruch steht da dahinter?

Mitterberger
Da ist einerseits der Anspruch, Übergänge wirklich auf das Notwendige zu reduzieren. Dort etwa, wo die Stahlkonstruktion, die das Dach trägt, an die Holzwand stößt, ist nur ein kleiner Flansch angeschweißt und ins Holz versenkt und das reicht. Andererseits gibt es auch ganz praktische Gründe: Wir wollten zum Beispiel unbedingt vermeiden, dass das Holz der Einbauten die Betondecke des Erdgeschosses berührt, weil die ja nass ist, wenn sie nach dem Spiel abgespritzt wird. Es gibt zwar ein Gefälle Richtung Spielfeld, aber wenn das Holz im Beton steckt und feucht wird, dann kann das Haupttragwerk einen unkontrollierbaren Schaden erleiden. Zugleich muss die ganze Horizontalkraft über zwei Schotten in die Betondecke abgeleitet werden. Daraus ist diese fast unsichtbare Lösung entstanden, die Querwände über Zugstäbe und Schubanker mit der Betondecke zu verspannen und damit den Abstand zwischen Holz und Beton halten zu können.

Guttmann
War es Absicht, nicht zu zeigen, wie Kräfte abgeleitet werden?

Mitterberger
Nein, überhaupt nicht. Deshalb mag ich auch diese Bauaufgaben so gern, bei denen man direkt arbeiten kann, wie eben Sportanlagen, deren Beanspruchungsgrad ein höherer ist. Wenn man etwas anschrauben muss, dann wird es eben angeschraubt und man muss überhaupt nicht so tun, als gäbe es keine Schrauben. Wichtig dagegen ist, dass die Schrauben richtig sitzen. Was ich grundsätzlich nicht mag, ist die Überinszenierung von Dingen. Eine Kraft gehört abgeleitet, was soll man sonst damit machen? Ich baue aber kein Haus, um zu zeigen, wie toll ich Kräfte ableiten kann, ein Haus hat für mich wirklich einen anderen Sinn.

Guttmann
Auch der Teil des Daches, der mit Kunststoff gedeckt ist, liegt einfach auf dem Holzdach auf...

Mitterberger
Ja, das ist ebenfalls ein völlig eindeutiges Element: Über den Holzboxen ist das Holzdach, der Übergang zur Rückwand ist ganz klar. Die Holzkonstruktion übernimmt damit die komplette horizontale Aussteifung der gesamten Dachfläche; Stahlkonstruktion und Polycarbonat sind daran angehängt. Vorne, über der Tribüne, und dort, wo sich die Zuschauer aufhalten, ist das Dach leicht, transparent und auch wieder aus einem billigen Industrieprodukt, einem »unveredelten« Material. Es liegt am Holz auf, das Wasser rinnt nach hinten ab. Hier gibt es also Holz, Polycarbonat und Stahl mit einer jeweils deutlich ablesbaren, konsequent getrennten Aufgabe, der optimal gerecht geworden wird.

Guttmann
Große Teile der Anlage sind im Freien – hat das diesen unmittelbaren Umgang mit den Materialien erleichtert?

Mitterberger
Ja schon, weil man die Dinge zeigen kann, wie sie sind. Eine Wand ist eine Wand, eine dünne Platte und nicht ein Produkt, das aus vielen Schichten besteht. Wo ich Glas brauche, klebe ich es hinein und der U-Wert ist uninteressant. Das hat mich an die Betonbauten aus den 30er Jahren erinnert, als 7 oder 8cm dünne Betonwände hergestellt wurden. Heute geht so etwas nicht mehr. Trotzdem war das »Raumklima« schon ein Thema, und da hat das Holz große Vorteile: Erstens sind die Massivholzplatten schalltechnisch günstig – da kann noch so laut herumgeschrieen werden, die unbehandelten Holzoberflächen absorbieren den Schall sehr gut. Zweitens bieten sie ausreichend Wärmeschutz weil sie nicht kalt abstrahlen. Die Behaglichkeit des Holzes spürt man sogar im Freien.

Guttmann
Die Holzplatten, die nicht durch das auskragende Dach geschützt sind, haben eine Lärchenholzstülpschalung erhalten. Das hat mit dem Ort zu tun?

Mitterberger
Genau. Mit der Lärchenholzschalung an der langen Rückwand und am Kopfgebäude kommt eine gewisse regionale Sprache ins Spiel. Mir war wichtig zu zeigen, das ist ein Holzgebäude, das sollte man von weitem sehen. In St. Lambrecht, zwischen den riesigen Wäldern, den Schluchten und Bergen, ist Holz das richtige Material und es ist zwar skurril, aber gerade dort, wo Holz so eine große Rolle spielt, muss man die ländliche Baukultur wieder ins richtige Licht rücken. Beim Sportstadion Bad Waltersdorf zum Beispiel, das völlig anders liegt, übernimmt Polycarbonat die Rolle des Witterungsschutzes für die Holzteile, hier osb-Platten. Da gibt es als Nachbarn eine Tennishalle mit Blechhaut, daneben fährt die Bahn vorbei, alles ist ganz eben, steppenhaft, gelb. Dort passt die Farbe der osb-Platten genau und damit das auch sichtbar bleibt, wurde das ganze Gebäude mit einer Kunststoffhaut überzogen. Der Reiz liegt in der Kombination billiger, industrieller Produkte, die genau ihre jeweilige Aufgabe erfüllen und in ihrem Zusammenspiel viel mehr können, nämlich auf den Ort eingehen. Der Kunststoff verleiht den Holzplatten einen Glanz, den man aus der Ferne überhaupt nicht deuten kann. Die Sonne spiegelt sich darin, die Haut korrespondiert ganz stark mit der Umgebung. Und auch das ist für mich Materialgerechtigkeit: den richtigen Baustoff am richtigen Ort einzusetzen. Da geht es um viel mehr als nur um Witterungsschutz. Auf der Tribüne ist das Holz dann wieder da. Trotz der Plastiksessel und der Blechverkleidung rundherum. Da brauche ich es wieder, damit eine angenehme Atmosphäre herrscht. Und das Atmosphärische, das ist ja eine der riesigen Stärken von Holz – das muss man auch sagen, logischerweise.

zuschnitt, Di., 2005.03.15



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15. März 2005Eva Guttmann
zuschnitt

Mischen possible Standard Solar I – IV ff

Ende der 1980er Jahre, als der Wintergarten-Boom seinen Höhepunkt erreichte und Wintergärten in den Wohnzeitschriften als Inbegriff ökologischen Bauens,...

Ende der 1980er Jahre, als der Wintergarten-Boom seinen Höhepunkt erreichte und Wintergärten in den Wohnzeitschriften als Inbegriff ökologischen Bauens,...

Ende der 1980er Jahre, als der Wintergarten-Boom seinen Höhepunkt erreichte und Wintergärten in den Wohnzeitschriften als Inbegriff ökologischen Bauens, Lösung aller energetischen Probleme gehandelt wurden, klein-handlich-selbstbaubar, endlich genug Platz für die Zimmerpflanzen, die perfekte Ergänzung zum Frühstücksmüsli, Ende der 1980er Jahre, als die Fertigteilhausindustrie Platz zu greifen begann und vorgefertigte Häuser in Bausparmagazinen als moderne, unkomplizierte und günstige Variante auf dem Weg zum Glück angepriesen wurden, Ende der 1980er Jahre, als sich der Gedanke des Umweltschutzes endgültig in weiten Teilen der Gesellschaft festgesetzt hatte und viele Willens waren, einen Beitrag zu leisten, Ende der 1980er Jahre also, planten Georg Driendl und Gerhard Steixner das erste Haus aus der »Standard Solar«-Serie, die anschließend von Steixner alleine fortgesetzt wurde.

»Standard Solar I« in Langenrohr in Niederösterreich ist ein Fertigteilhaus auf bestem bauphysikalischen und -biologischen Niveau, das als Niedrigenergiehaus mit passiver Sonnennutzung konzipiert wurde, energiesparend, umweltverträglich und mit hohen architektonischen Ansprüchen. Das Engagement der Planer verwandelte die zeitgeistigen Strömungen in ein Produkt, das bis heute Gültigkeit hat und am Beginn einer Entwicklung steht, deren vorläufig letztes Ergebnis das im Vorjahr fertig gestellte »art-for-art«-Bürogebäude in Haringsee in Niederösterreich ist.

Die »Standard Solar«-Häuser sind Beispiele hocheffizienter Klimaarchitektur, wie sie seit jeher selbstverständlich, in vielen Regionen der Erde absolut notwendig war und ist. Sie funktionieren – vereinfacht dargestellt – nach dem »Eisbärenprinzip«, dem klassischen Beispiel für eine optimale Anpassung an die Umgebung: Die Farbe des Fells der Eisbären ist eine optische Täuschung, die Haare erscheinen durch Reflexion des Sonnenlichts weiß. In Wirklichkeit sind sie durchsichtig und hohl, damit die Sonnenstrahlen bis auf die schwarze Haut geleitet und als Wärme gespeichert werden können.

Auf die klimatischen und baulichen Anforderungen unserer Breiten übertragen und mit dem Erfordernis eines hohen Vorfertigungsgrades kombiniert, leitet sich daraus unmittelbar eine Modul-Mischbauweise ab, in der jedes Material spezifische energie- und produktionstechnische Aufgaben übernimmt: Bei »Standard Solar« I und III im nördlichen Teil des Gebäudes, bei »Standard Solar« IV aus Platzgründen in der Mitte, befinden sich jeweils nach Süden ausgerichtete und mit dunklem Naturstein verkleidete Absorberwände. Sie sind Teil der massiven Kerne aus Stahlbeton, die sowohl tragende als auch aussteifende und speichernde Funktionen übernehmen. An diese Kerne docken Decken und Dächer aus Brettschichtholz sowie die Primärkonstruktionen der Leichtbauteile, zarter Pfosten-Riegelsysteme aus Holz bzw. Stahl an, deren Vorteile im hohen Vorfertigungsgrad, im maximalen Volumen bei minimalem Materialaufwand und in der kurzen Montagezeit liegen.

Großflächige Verglasungen an den Süd- bzw. Ostfassaden sowie zusätzlicher Sonneneintrag über nach Süden hochgestellte Sheddach-Bänder bewirken im Zusammenspiel mit der Trägheit der massiven Speicher eine Verkürzung der Heizperiode bis um die Hälfte. Hochwertiges Wärmeschutzglas und gute Außendämmung sorgen zusätzlich für einen niedrigen Energieverbrauch, Lüftungsklappen und innen- oder außenliegender Sonnenschutz regulieren das Klima im Sommer.

Der architektonische Zugang ist deutlich geprägt von der Beschäftigung mit den Themen der Moderne: Großzügigkeit, Transparenz, Offenheit der Grundrisse, die Bedeutung von Materialien, das Verhältnis von Raum und Fläche, von Innen und Außen. Besonders am Haus »Standard Solar III« in Kritzendorf ist das Prinzip ablesbar, nach dem die Beziehung der Bauelemente zueinander aufgehoben und neu gefügt wurde. Christian Kühn schrieb im Architektur & Bauforum: »Um das Haus zu verstehen, muss man seine Pläne lesen wie eine Partitur. Der Grundriss: eine Abfolge von Schichten. Die Fassaden: eine Überlagerung rhythmisch gesetzter Flächen und Linien. An der Südfassade wird dieses Thema am deutlichsten. Der Aufriss zeigt hier die Systematik der Liniennetze von Tragsystem und Ausfachung und die dagegen verschobenen Konstruktionselemente des Balkons. Hier stoßen Materialien unterschiedlicher Klangfarben – Holz, Stahl und Beton – deutlich aneinander. Die Holzsäulen der Primärkonstruktion stehen auf Stahlbetonpfeilern die dem Haus auf der unteren Ebene vorgesetzt sind. Die Pfeiler sind durch einen durchlaufenden Balken aus Stahlbeton verbunden, der zugleich die Balkonbrüstung bildet. An ihr sind winkelförmige Stahlträger befestigt, die einerseits nach oben geführt sind, um einen hölzernen Handlauf zu tragen, andererseits im rechten Winkel als Konsolen Richtung Fassade auskragen und den Bretterboden des Balkons unterstützen. Diese Konstruktion ist bezeichnend für das Kompositionsprinzip, das bei diesem Bau zur Anwendung gekommen ist: Die Beziehung der Bauelemente wird zuerst aufgebrochen und dann neu definiert.«

In der Abfolge der »Standard Solar«-Varianten ist eine Entwicklung von der flächigen in die vertikale Ausrichtung ablesbar. »Im Grunde geht es immer um das Verhältnis von Speichermasse zu Volumen, das mit jedem neuen Haus optimiert wurde – nicht auf dem Rechenweg, sondern empirisch«, sagt Gerhard Steixner. »In das ,art for art‘-Haus, das als erstes dieser vier Prototypen wirklich als Fertigteilhaus am Markt angeboten wird, sind – vor allem was die Konstruktion betrifft – die Erfahrungen der letzten fünfzehn Jahre in verdichteter Form eingeflossen.« Bei diesem Gebäude wurden Kosten-, Zeit- und Materialaufwand ein weiteres Mal minimiert, die Nutzungsmöglichkeiten hingegen vervielfacht, da es gelungen ist, den Leichtbauteil, der im Obergeschoss an die Speicherwand aus Stahlbeton dockt, auf eine Primärkonstruktion zu reduzieren und damit den gesamten Raum ohne Gliederung verfügbar zu machen.

Anhand des Fassadenschnittes ist die Optimierung des Materialeinsatzes exemplarisch nachvollziehbar: Die spezifische Ausformung der Schichtholzträger macht eine Sekundärkonstruktion überflüssig. Die Trag- ist zugleich Sekundärkonstruktion, Teil der Haut und enthält die gesamte technische Infrastruktur. Durch den Einsatz von Stahl sind große Spannweiten und Auskragungen bei geringer Konstruktionshöhe möglich. Die tragende, massive Schichtholzdecke aus Fichtenholz ist statisch wirksam, wärmedämmend und zugleich fertiger Fußboden. Der umlaufende Rundholz-Handlauf dient der Sicherheit und verkürzt die Knicklänge der Pfosten, die Lüftungselemente übernehmen bezogen auf die Verglasung konstruktive Aufgaben. Damit wird jeder Baustoff gemäß seiner Eigenschaften ganz selbstverständlich eingesetzt und die Feinheit der Konstruktion verbindet sich mit der Schönheit der unbehandelten oder mit natürlichen Mitteln vergüteten Materialoberflächen.

zuschnitt, Di., 2005.03.15



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15. Juni 2004Eva Guttmann
zuschnitt

Boden am Dach

Im Zuge eines Stadterneuerungsprojekts wurde von der Kopenhagener Regierung ein Wettbewerb zur Errichtung einer Anlage ausgeschrieben, die zwei Nutzungen...

Im Zuge eines Stadterneuerungsprojekts wurde von der Kopenhagener Regierung ein Wettbewerb zur Errichtung einer Anlage ausgeschrieben, die zwei Nutzungen...

Im Zuge eines Stadterneuerungsprojekts wurde von der Kopenhagener Regierung ein Wettbewerb zur Errichtung einer Anlage ausgeschrieben, die zwei Nutzungen beinhalten sollte, nämlich ein Jugendhaus und einen Segelclub. Ein Viertel des zur Verfügung stehenden Budgets war für die Reinigung des verschmutzten Strandes von Sundby Havn vorgesehen; es stellte sich allerdings heraus, dass der Strand mit Schwermetallen belastet war, die nicht nachhaltig entsorgt werden konnten. Daher entschlossen sich PLOT dazu, von dem für die Reinigung vorgesehenen Betrag ein Holzdeck über das gesamte Grundstück zu legen und damit die Bewegungsebene im Freien vom verschmutzten Untergrund abzuheben. Die Form des Decks entstand aus den gegensätzlichen Bedürfnissen der zukünftigen Nutzer:

Während für das Jugendhaus möglichst viel Spielflächen im Freien errichtet werden sollten, wünschten sich die Mitglieder des Segelclubs Platz, um ihre Boote unterzubringen. Das fertige Deck stellt nun die direkte Umsetzung dieser Vorgaben dar. Wo es sich aufwölbt, können unterhalb Boote eingestellt werden, zugleich ist seine Oberfläche abwechslungsreicher und vielfältiger Spielplatz für die Jugendlichen.

Als Holzart wählten PLOT zertifiziertes brasilianisches Massaranduba. Dabei handelt es sich um eine harte, extrem dauerhafte, rötlichbraune Holzart mit sehr guten Festigkeitseigenschaften sowie feiner und gleichmäßiger Strukturierung, die auch oft im Möbel-, Instrumenten- und Wasserbau eingesetzt wird.

Das Innere des Gebäudes ist ganz einfach und zurückhaltend gestaltet. Die harten Oberflächen – Stein, Beton und Glas – stellen einen bewussten Kontrast zur hölzernen Außenhaut her und sind eine Umdrehung der üblicheren Vorgehensweise, Holz im Inneren und (Kunst-)Stein im Freien anzuwenden. Damit soll auch vermittelt werden, dass den Außenaktivitäten im Maritime Youth House Priorität eingeräumt wird und dass die Nutzer tatsächlich in erster Linie das Holzdeck und nur bei Schlechtwetter das Innere des Gebäudes frequentieren.

zuschnitt, Di., 2004.06.15



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27. Mai 2004Eva Guttmann
Der Standard

Goldhaube oder Riesengolfball?

Zugang zur Architektur - im wörtlichen wie auch im metaphorischen Sinn - wollen die Architekturtage der Öffentlichkeit bieten.

Denn meist sind gerade...

Zugang zur Architektur - im wörtlichen wie auch im metaphorischen Sinn - wollen die Architekturtage der Öffentlichkeit bieten.

Denn meist sind gerade...

Zugang zur Architektur - im wörtlichen wie auch im metaphorischen Sinn - wollen die Architekturtage der Öffentlichkeit bieten.

Denn meist sind gerade die interessantesten Bauten normalerweise für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Eine der Touren führt in die Obersteiermark, wo neben dem Haus „Sonndorf“ von Marion Wicher-Scherübel und einem Wohnbau von Hubert Rieß auch die „earthDATAsafe“-Anlage der S-M-XL-Architekten (Christine und Werner Swoboda sowie Herwig Marx) in Kapfenberg besucht wird.

Ist das eine Radarstation?, wird sich mancher im Vorüberfahren schon gefragt haben.


Hochsicherheitstrakt

Das Ensemble ist in mehrfacher Hinsicht sehenswert. Der ungewöhnlichen Bauaufgabe - ein nach allen Regeln der Hochsicherheitstechnologie errichtetes Rechenzentrum für die Daimler Chrysler Consult Graz GmbH - begegneten die Architekten mit charmanter und überzeugend einfacher Architektur.

Ein weißer Ball mit runden Fenstern markiert den Eingang zu einem unterirdischen Stollensystem, das in den 40er-Jahren als Luftschutzkeller errichtet worden war.

Hier befinden sich auf 4000 Quadratmetern, die noch einmal um dieselbe Fläche erweiterbar sind, die eigentlichen Funktionsbereiche der Anlage: Rechner-, Zähler- und Sicherungsräume, die mit der gesamten Bandbreite an sicherheitstechnischer Ausrüstung - von Notstromaggregaten über Sicherheitscontainer auf schwingungsfreien Plattenfundamenten bis hin zu hochsensiblen Brandmeldeanlagen - ausgestattet sind.

Das kugelige Eingangsgebäude (eigentlich ein serienmäßig hergestellter Biogastank) ist die pneumatische Hülle für einen fünfeckigen Baukörper. Der Raum zwischen Betonkörper und Hülle wird zur begehbaren und transluzenten Fassade. Sie wird mit der übers Jahr gleichmäßig temperierten Luft aus dem Erdinneren befüllt.

In Zukunft soll die Kugel je nach Intensität der Rechenarbeit in einer anderen Farbe leuchten: Blau bei niedriger, Rot bei hoher Auslastung.

Die Führung findet am 5. Juni statt, eine Anmeldung im „Haus der Architektur“ in Graz ist wegen der Sicherheitsbestimmungen unbedingt notwendig.

Der Standard, Do., 2004.05.27

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