Details

Architektur
Yoshio Taniguchi
Mitarbeit Architektur
Shinsuke Takamiya, Brian Aamoth
Bauherrschaft
MoMA
Maßnahme
Erweiterung
Wettbewerb
1997
Ausführung
2000 - 2004

Publikationen

Links

MoMA Expansion Overview
http://moma.org/expansion/overview.html

Presseschau

20. November 2004Samuel Herzog
Neue Zürcher Zeitung

Diskret erregter Schwindel

(SUBTITLE) Das New Yorker Museum of Modern Art wird neu eröffnet

Nach dreijähriger Bauzeit wird heute das neu gestaltete New Yorker Museum of Modern Art wieder eröffnet. Der japanische Architekt Yoshio Taniguchi hat für die wohl bedeutendste Moderne-Sammlung ein zurückhaltendes Heim geschaffen.

Nach dreijähriger Bauzeit wird heute das neu gestaltete New Yorker Museum of Modern Art wieder eröffnet. Der japanische Architekt Yoshio Taniguchi hat für die wohl bedeutendste Moderne-Sammlung ein zurückhaltendes Heim geschaffen.

Museen sind hollywoodianische Orte. Es sind Tempel, die man wie die grossen Filmtheater betritt, um den trockenen Alltag hinter sich zu lassen und einzufliessen in eine Welt des etwas Schöneren, etwas Besseren und bei allem Illusionismus doch hoffentlich auch etwas Wahreren. Die meisten Museumsneubauten der letzten Jahre stellen solche Zauberwelten dar: Frank Gehrys funkelndes Guggenheim-Museum in Bilbao ebenso wie Peter Zumthors weisser Wunderwürfel in Bregenz oder das Schaulager von Herzog & de Meuron bei Basel, dieses aus den Fugen geratene Erdmännchen-Heim. Auch die Neue Galerie in Graz, das Lentos-Kunstmuseum in Linz oder die Pinakothek der Moderne in München betritt man wie Alice das Märchenland der Kunst.

Auf Entführung in andere Welten sind ebenso die meisten New Yorker Museen aus: So saugt uns etwa das Guggenheim durch seine Spirale ein, und beim Metropolitan müssen wir uns über eine gigantische Treppenanlage die Höhen der Kunst erkeuchen. Da wäre es wohl naheliegend gewesen, auch für den Umbau des Museum of Modern Art (von den New Yorkern zärtlich MoMA genannt) einen Architekten zu engagieren, der mitten in der etwas gesichtslosen Welt der Bürotürme von Midtown Manhattan einen spektakulären Akzent gesetzt, einen verführerischen Kunstkörper hingezaubert hätte. Herzog & de Meuron, Rem Koolhaas oder auch Frank Gehry hätten an dieser Stelle sicher für Aufsehen gesorgt.

Keine Entführung in die Kunstwelt

Der Architekt jedoch, der nach einem in mehreren Etappen durchgeführten Wettbewerb 1997 zur Überraschung vieler Beobachter mit der Aufgabe betraut wurde, ist einen anderen Weg gegangen: Yoshio Taniguchi (geb. 1937), der zuvor hauptsächlich in Japan tätig war (Tokyo Sea Life Park, Toyota Museum of Art), hat einen Gebäudekomplex geschaffen, der sich geradezu unauffällig in die Umgebung einfügt. Die Fassade ist eher diskret - nur die edlen Materialien und die handwerkliche Perfektion vieler Details lassen erahnen, dass dies ein ganz besonderes Haus für eine ganz besondere Sammlung ist. Der wesentlichste Unterschied zu vielen anderen Museen aber besteht darin, dass Taniguchi einen Bau geschaffen hat, der den Besucher eben gerade nicht in eine andere Welt entführt, nie vollständig in die Kunst eintauchen lässt - im Gegenteil: Immer wieder werden wir hier daran erinnert, dass wir mitten in Manhattan sind.

Das beginnt schon mit der Eingangshalle, die sich neu auf die 52. und die 53. Strasse hin öffnet und also wie ein Durchgang funktioniert. Damit tut sich das Museum nicht nur symbolisch für die Menschenmassen auf, die täglich durch Manhattan strömen - denn nichts hindert Passanten daran, diese Halle als Abkürzung vom Büro zum Deli, vom «Starbucks» zur Subway zu nutzen. Über ein paar Stufen gelangt man zu einer gläsernen Wand, vor der sich der 1953 von Philip Johnson entworfene und 1984 von Cesar Pelli aufpolierte Skulpturengarten ausbreitet - dieses Fenster ist allerdings so gross angelegt, dass auch die Bürotürme mit zum «Bild» gehören. Eine Rolltreppe führt in das erste Stockwerk und damit in das riesige Atrium, das Zentrum des Neubaus: Um diese von oben und von der Seite mit Tageslicht beleuchtete Halle sind die fünf Ausstellungsgeschosse angelegt. Auch das Atrium selbst dient als Schauraum für besonders grossformatige Werke aus der Sammlung wie Claude Monets rund zwanzig Meter lange «Wasserlilien» oder den «Broken Obelisk» von Barnett Newman.

Im Übergangsbereich zwischen dem neuen Museumsteil und den sorgfältig renovierten Bauten von Goodwin & Stone und Johnson sind die Lifte und Rolltreppen eingerichtet. Von diesem selbst völlig kunstfreien Verteiler aus kann jede Sektion des Museums separat angesteuert werden. Der Bereich ist etwas düster geraten - umso heller und freundlicher empfindet man das direkte Tageslicht, wenn man seine Visite im sechsten und obersten Stockwerk beginnt. Von hier aus tut sich ein schwindelerregender Blick in das Atrium auf. Über eine Art Passerelle, wo ein spätes Triptychon von Francis Bacon sehr effektvoll in Szene gesetzt ist, gelangt man in den Ausstellungsraum. Die riesige und sehr flexibel unterteilbare Halle soll dereinst für Wechselausstellungen genutzt werden.

Im fünften Stock präsentiert das MoMA in einer Suite von mittelgrossen Sälen einen Querschnitt durch seine Reichtümer im Bereich der klassischen Moderne - die MoMA-Kollektion gilt als die grösste und exklusivste Moderne-Sammlung der Welt. Mehr oder weniger chronologisch werden hier zunächst hauptsächlich die künstlerischen Heldentaten der Europäer vom Postimpressionismus bis zum Zweiten Weltkrieg vorgeführt - fast ausnahmslos Werke, die Kunstgeschichte geschrieben haben. So sind zum Beispiel in einem Raum Bilder aus verschiedenen Schaffensperioden von Picasso rund um die «Demoiselles d'Avignon» versammelt, diese Inkunabel des Kubismus. Ein anderer Saal ist Henri Matisse gewidmet - und auch hier stossen wir auf Schlüsselwerke des Fauvismus wie das «Rote Studio» von 1911. Die Futuristen, die Surrealisten und die Maler der Neuen Sachlichkeit haben einen eigenen Saal - Marcel Duchamp ist recht geschickt mit russischen Konstruktivisten und kleineren Werken von Jean Arp, Max Ernst und Man Ray kombiniert.

Grosse und kleine Klassiker

Wie auf allen Etagen stossen wir auch hier immer wieder auf raumhohe Fenster mit leicht getöntem Glas, die den Blick auf die umstehenden Hochhäuser freigeben und mitunter gar Einblicke in Büros bieten. Aus der heroischen Geschichte der Moderne werden wir so immer wieder in die prosaische Gegenwart zurückgeholt, wo Geschäftsleute gähnend Sitzungen abhalten und Sekretärinnen Berge von Akten kopieren. Da und dort haben die Ausstellungsmacher auch sehr schöne Bezüge zu dieser Aussenwelt hergestellt: So treffen wir vor einem Fenster zum Beispiel auf Umberto Boccionis Bronzeplastik «Entwicklung einer Flasche im Raum» von 1912 - und dahinter schiessen in einer ganz ähnlichen Dynamik die Hochhäuser New Yorks in einen elektrifizierten Himmel, wie ihn sich die Futuristen wohl selbst in ihren kühnsten Träumen nicht ausgemalt haben.

Der vierte Stock ist den Klassikern der Nachkriegskunst gewidmet - auch hier jagt ein Höhepunkt den nächsten. Da durchschreiten wir einen Raum mit lauter «Drip-Paintings» von Jackson Pollock, und nebenan heizt uns Barnett Newman mit seinem tiefroten Riesengemälde «Vir Heroicus Sublimis» von 1950/51 ein. Erhabenes bieten auch Mark Rothko, Cy Twombly und Clifford Still - nationale Symbole greifen Jasper Johns und Robert Rauschenberg auf. In einem besonders originellen Saal sind Gesten und Konzepte versammelt, treffen sich Yves Klein, Piero Manzoni, Lucio Fontana, John Chamberlain, Günter Uecker und Dieter Roth. Klassischer kommt da die Gruppe der Minimal-Künstler oder die der Pop-Artisten daher.

Architektur und Design teilen sich den dritten Stock - hier geht es selbstverständlich ebenso gediegen zu. Vom Thonet-Stuhl über den «Side Chair» von Charles Rennie Mackintosh bis zur «Chaise Longue» von Charles Eames reicht etwa das Spektrum der Sitzmöbel. Da gibt es kleine Klassiker wie die Minox-Kamera oder das «Ericofon» - und grössere wie das rote Rennauto «Cisitalia» von Pininfarina oder einen Helikopter von Arthur Young. Bei der Architektur gibt es Klassiker von heute zu sehen - wunderbare Entwurfszeichnungen etwa von Ludwig Mies van der Rohe, Raimund Abraham oder Louis Kahn. Und Klassiker von morgen wie zum Beispiel das Modell für das kupferne Stellwerk von Herzog & de Meuron in Basel. Halb im «Altbau» sind auf dieser dritten Etage auch ein Zeichnungskabinett und eine mittelgrosse Fotogalerie eingerichtet.

Auf Etage zwei schliesslich befinden sich die «Contemporary Galleries», in denen das MoMA zeigt, was es an neuester Kunst gesammelt hat. Im Unterschied zu den klassischeren Galerien, die uns recht schlüssig und anregend durch die künstlerischen Gedankenwelten der Moderne und Nachmoderne schreiten lassen, herrscht hier eine gewisse Ratlosigkeit. Das hat vermutlich damit zu tun, dass offenbar ganz unterschiedliche Kriterien das Zusammenspiel der Exponate bewirkt haben: Einmal waren es die Inhalte, dann eher Material oder Form, dann wieder Zeitgenossenschaft oder schlicht Grösse der Kunstwerke, die ausschlaggebend waren. Die Namen sind allesamt wohlbekannt, sie reichen in der älteren Generation von Richard Serra über Robert Gober bis zu Gordon Matta-Clark und Martin Kippenberger, in der jüngeren von Matthew Barney über Chris Ofili bis zu Toba Khedoori. Ungenügend ist sicher auch die angeschlossene Galerie für neue Medien - steht dieser kleine Raum doch in keinem Verhältnis zu der Bedeutung, die elektronische Bilder heute haben. Doch das wird sich sicher noch ändern lassen, so wie sich alles bei diesem Museum ständig verändern soll und wird - sofern das in den letzten Jahren etwas statisch gewordene Haus seine ursprüngliche Bestimmung wieder aufzunehmen bereit ist. Wurde das MoMA doch vor 75 Jahren als ein Laboratorium gegründet, als ein Ort für die aktuellen Bewegungen der Kunst und die Veränderungen, die wir bei der Beschäftigung mit ihr erfahren.

20. November 2004Michael Freund
Der Standard

Die Leichtigkeit eines Monuments

Die Kathedrale der Moderne steht wieder ohne Gerüst. New Yorks MoMA hat durch den japanischen Architekten Yoshio Taniguchi eine Erweiterung und Aufwertung zugleich erfahren. Aus New York berichtet Michael Freund.

Die Kathedrale der Moderne steht wieder ohne Gerüst. New Yorks MoMA hat durch den japanischen Architekten Yoshio Taniguchi eine Erweiterung und Aufwertung zugleich erfahren. Aus New York berichtet Michael Freund.

Yoshio who? Vor acht Jahren, als er den Zuschlag bekam, war der Architekt Taniguchi nur Insidern als Schöpfer von mehreren beachtlichen Museumsbauten in seinem Heimatland Japan bekannt. Doch jetzt, wo die Eröffnung des von ihm erweiterten und neu gestalteten New Yorker Museum of Modern Art über die Bühne gegangen ist (am heutigen Samstag kann das Publikum es endlich stürmen), jetzt wird er als Liebling seiner Auftraggeber gefeiert. Er habe tatsächlich das Museum wieder in den Hintergrund treten lassen, „als ob es sich in dünne Luft auflösen würde“, wie die New York Times schwärmte. Und Glenn D. Lowry, MoMA-Chef und Auftraggeber, legte noch eins drauf: „Yoshio hat einen nahtlosen Fluss zwischen dem öffentlichen und dem Museumsraum geschaffen.“

Das stimmt Gott sei Dank nur zum Teil. Denn schon in sich ist der Bau nicht ohne Nähte und Brüche und sollte es auch gar nicht sein. Die Moderne, die er enthält und zur Diskussion stellt, ist nicht zuletzt durch das Widersprüchliche, Ungleichzeitige, Gebrochene gerade in einer Stadt wie New York charakterisiert.

Die Baugeschichte des MoMA reflektiert das. Als ob es ein Gesetz wäre, wird es ungefähr alle 20 Jahre generalüberholt und erweitert. 1964 ergänzte Philip Johnson seine erste eigene Heimstatt (zuvor hauste das vor genau 75 Jahren eröffnete Museum in Provisorien). 1984 setzte Cesar Pelli einen langweiligen Wolkenkratzer drauf, dessen Vermietung allerdings für ein beträchtliches Jahreseinkommen sorgt. Die nunmehrige Ergänzung belässt Stile und Materialien in ihrer teilweisen Dissonanz nebeneinander, ergänzt sie durch neue (perfekt glatter schwarzer Granit, grau und weiß quer gestreiftes Glas, geripptes Aluminium) und schafft so eine Galerie der Lesarten, eine Geschichte moderner Architektur - ohne Postmoderne, da hat sich Taniguchi bewusst zurückgenommen (siehe Interview).

Und er hat die ganze Anlage neu konfiguriert, indem er den Skulpturengarten zum Mittelpunkt zwischen Education-Wing, sechsstöckigem Galerienbau und Restaurant gemacht und zur benachbarten 54. Straße hin geöffnet hat, die früher hinter hohen Mauern nur als Lärm präsent war. Nun kann man bereits von hier aus das legendäre Pininfarina-Coupé Cisitalia, einziges Auto der Designsammlung, hinter Glas im zweiten Stock rot leuchten sehen - ebenso wie die Besucher durch Skylights, schräge Öffnungen und überraschende Durchreichen auf den Trump Tower blicken können, auf die St.-Thomas-Kirche, alte Brownstone-Gebäude oder das kecke Chippendale-Häubchen von Johnsons AT&T-Hochhaus.

Austausch in der Tat, und Taniguchi hat diese Idee in den Galeriestockwerken fortgesetzt, wo nun quer durch das enorm hohe Atrium Perspektiven und Bezüge möglich werden, die in der linearen Einkastelung des Vorgängerbaus nicht gelingen konnten. Die Sammlung ist luftiger geworden. Die Architektur auch, wie MoMA-Architekturkurator Terence Riley im Gespräch mit dem STANDARD betonte: „Es ging darum, den Bau quasi zu dematerialisieren. Je weniger man sah, umso teurer wurde es. Zum Beispiel hat Yoshio die Böden bzw. Decken schmäler werden lassen, indem er die Stahlträger anbohrte und daher bestimmte Leitungen durch sie statt unter sie legen konnte.“ Riley, der mit dem Architekten eng zusammenarbeitete, schätzt dessen „Abstraktheit“ („wie bei Italo Calvino: eine verschwindende Leichtigkeit“) und vergleicht sie mit der eher erdigen, schwereren Herangehensweise von Tadao Ando.

Leichtigkeit kann man dem neuen MoMA dennoch nicht wirklich attestieren. Eher strahlt es mehr noch als bisher aus, was zu seiner Rolle geworden ist: Powerhouse und Schiedsrichter der modernen Kunst zu sein und über den Dingen zu stehen. Von den Materialien über die grafische Identität bis zu der für amerikanische Verhältnisse ungewöhnlich hohen Verarbeitungsqualität im Detail sagt der Neubau über sich: „Du sollst keinen Zweiten neben mir haben.“ Und das mitten im Chaos von Midtown statt auf einem hehren Hügel und ohne billige Angebergeste: Das ist der eigentliche Kunstgriff des Architekten.

Yoshio Taniguchi (67), Sohn und Enkel von Architekten, Architekturstudium in Harvard, doch in Tokio verwurzelt, wirkt auch nicht wie jemand, der sich zu hochtrabender Expressivität hinreißen lässt. Eher führt er sie auf Augenhöhe zurück. „Wir haben keine Kinder“, sagt er. „Es ist, als wäre das MoMA-Projekt meine Tochter.“

20. November 2004Thomas Burmeister
Salzburger Nachrichten

„Ein Werk in dauernder Veränderung“

Nach umfangreichen Aus- und Umbauten wird in New York das „Museum of Modern Art“ neu eröffnet

Nach umfangreichen Aus- und Umbauten wird in New York das „Museum of Modern Art“ neu eröffnet

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20. November 2004Eva Male
Die Presse

Grande Dame, geliftet

In New York eröffnet das umgebaute „Museum of Modern Art“. Dessen Architektur wird rundum bejubelt.

In New York eröffnet das umgebaute „Museum of Modern Art“. Dessen Architektur wird rundum bejubelt.

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14. November 2004Gerhard Mack
Neue Zürcher Zeitung

Der teuerste Umbau der Welt

Das Museum of Modern Art in New York wird neu eröffnet und bekräftigt seinen Führungsanspruch für die Kunst der letzten hundert Jahre.

Das Museum of Modern Art in New York wird neu eröffnet und bekräftigt seinen Führungsanspruch für die Kunst der letzten hundert Jahre.

„Manhattan is Modern again. The Museum of Modern Art“. Mit dem Slogan wirbt die Bank JP Morgan Chase derzeit auf Stadtbussen der Metropole für sich selbst und für das weltbekannte Museum. Wenn dieses am 20. November seine Tore öffnet, ist New York um einen Superlativ reicher.

858 Millionen US-Dollar hat die teuerste Museumserweiterung der letzten hundert Jahre gekostet. Die Ausstellungsfläche ist von 8000 auf 11 600 Quadratmeter gewachsen, die gesamte Nutzfläche hat sich fast verdoppelt. Trotz 11. September 2001 und Wirtschaftskrise hat das MoMA in der zurzeit ansonsten eher zaghaften Museumswelt ein stolzes Zeichen der Hoffnung gesetzt, das daran erinnert, dass es sich als führende Institution auf dem Gebiet der Kunst des 20. Jahrhunderts versteht.

Immerhin ist seine Geschichte seit der Gründung vor 75 Jahren durch drei Damen der Gesellschaft eine beispiellose Erfolgstory. Gründungsdirektor Alfred H. Barr hat es nach einer Visite am Bauhaus interdisziplinär angelegt - als Institut für kulturelle Objekte von der Kaffeetasse bis zum Gemälde. Zu seiner Kunstsammlung gehören zahllose Ikonen der Moderne. Von Cézanne, van Gogh und Gauguin über Matisse, Picasso, Braque und den Surrealismus bis hin zum Siegeszug der amerikanischen Kunst in der zweiten Jahrhunderthälfte ist die Entwicklung der Kunst des letzten Jahrhunderts in einsamer Qualität gegenwärtig. Die Flaggen-Bilder von Jasper Johns, Jackson Pollocks Drippings, die Pop Art von Warhol und Lichtenstein sind nur einige der vielen hochkarätigen Werke, die - oft durch private Initiative - ins Museum gekommen sind. Hier auszustellen, ist für viele Künstler immer noch der Höhepunkt ihrer Karriere. Ein Gerhard Richter hat nicht gezögert, seinen bedeutenden Gemäldezyklus zur RAF ans MoMA zu geben. Als Andreas Gursky und Thomas Ruff hier Einzelausstellungen hatten, war der Siegeszug der Düsseldorfer Fotografie beglaubigt. Welchen Ruf das Museum geniesst, machten zuletzt die über eine Million Besucher deutlich, die in Berlin für eine Auswahl seiner Sammlung Schlange standen.

Ein eingezwängtes Haus

Das Haus, in dem der Mythos der Moderne seinen Sitz hat, war bisher allerdings alles andere als Weltklasse. Anders als das Metropolitan Museum oder die Guggenheim-Spirale Frank Lloyd Wrights liegt es weder am Central Park noch an einer grossen Avenue. Eingezwängt zwischen zwei Querstrassen, erzählte es von seinen Erweiterungen. Das historische Stadthaus, in dem das Museum 1932 eigenes Quartier bezog, wurde 1939 für einen Neubau der Architekten Goodwin and Stone abgebrochen; diesen erweiterte Philip Johnson 1967. 1984 kam ein Turm von César Pelli hinzu. Dem Stückwerk von aussen entsprach im Innern eine Raumstruktur, die sich eher für Pfadfinderspiele anbot. Die Räume selbst waren so niedrig und klein, dass manche Besucher sich an die Atmosphäre von Kaufhäusern erinnert fühlten.

Als 1996 die internationale Crème der Architekten zu einem mehrstufigen Wettbewerb eingeladen wurde, bestand die Aufgabe darin, den Auftritt in der Stadt und die Infrastruktur im Innern zu verbessern, also dem Mythos endlich ein würdiges Domizil zu geben. Mit dem Japaner Yoshio Taniguchi entschied sich der Museumsvorstand für einen weithin unbekannten Vertreter der Moderne, der in seinen Entwürfen stets das klassische Bauhauserbe mit japanischer Eleganz und Perfektion verband. Diskretion ist das Kennzeichen seiner Bauten. Für das Museum of Modern Art versprach er, noch einen Schritt weiter zu gehen. Längst legendär ist sein Versprechen: „Wenn ihr mir viel Geld gebt, bekommt ihr gute Architektur, wenn ihr mir sehr viel Geld gebt, lasse ich die Architektur verschwinden.“

So war von Taniguchi von vornherein kein Wahrzeichen zu erwarten, das der Sammlung ihr Haus als eigene Ikone zur Seite stellen würde. Das neue MoMA glänzt mit edlen Materialien in hervorragender Verarbeitung: samtiger schwarzer Granit aus Simbabwe, der in Italien geschnitten wurde, dünne, handgeschmiedete Stahlrahmen für die Glasfassaden, innen Türrahmen aus weisser Bronze. Städtebaulich sucht die Erweiterung die unvorteilhafte Lage zwischen zwei Avenues nicht durch einen spektakulären Auftritt zu kompensieren, sondern nutzt sie als Erlaubnis, sich ganz darauf zu konzentrieren, aus dem Konglomerat von Bauten ein zusammenhängendes Ensemble zu schaffen, dessen Teile gleichwohl für sich zur Geltung kommen dürfen. So sind die beiden Bauten von Goodwin and Stone und von Johnson aufs Edelste renoviert, und die einzelnen Etappen bleiben auf der bisherigen Eingangsseite an der 53. Strasse auch ablesbar. Verbindend wirkt, dass Taniguchi den rechteckigen Fassadenraster der bestehenden Bauten auch für die neu von ihm hinzugefügten aufgreift und sich auf die Materialien Granit, Glas und Metall beschränkt.

Granit, Metall und Glas

Vor allem aber inszeniert der Architekt den berühmten Skulpturengarten zur 54. Strasse als Herzstück der Anlage. Die Längsseite hat ein Facelifting erhalten. An den Schmalseiten fassen ihn zwei neue Bauten ein, von denen einer die Abteilung Bildung und Forschung aufnimmt, während der andere den Grossteil der Ausstellungsräume beherbergt. Beide Gebäude lassen ihre Dächer wie schützende Mützen in den Garten hineinragen und öffnen sich zu ihm mit transparenten Glasfassaden, während sie zur Strasse mit schwarzem Granit und opakem Glas abgegrenzt sind. So können nun Motorrad und Sportwagen aus der Designabteilung im dritten Stock unmittelbar mit den Skulpturen im Hof wetteifern.

Im Innern hat Taniguchi das Museum vor allem auf die Stadt hin geöffnet. Eine mit Kunst nicht verstellte, öffentlich zugängliche Lobby erstreckt sich über siebzig Meter quer durch den Block. Viele Räume bieten teilweise spektakuläre Ausblicke auf Manhattan und zeigen das Hochhausgewirr als das vielleicht gewaltigste Kunstwerk der Moderne. Um ein Atrium von 33 Metern Höhe führen Brücken in die Ausstellungssäle, die den Besuchern keinen fixen Parcours vorgeben. Wer will, kann die Kubisten rechts liegen lassen.

Vor allem jedoch hat Taniguchi der Gegenwartskunst Platz geschaffen, mit der sich das Museum bisher schwer tat. Die Räume waren für die intimeren Formate der klassischen Moderne, gerade noch für die Malerei von Pollock, Newman & Co. geschaffen. Installationen waren oft zu gross, für schwere Skulpturen waren die Decken zu schwach, Videos schallten durch alle Räume, bei Wechselausstellungen war die Gegenwart ohnehin ins Depot verbannt. Nun ist die Kunst seit 1970 gleich im Piano nobile zu sehen. Besucher, die zu den Ikonen der klassischen Moderne wollen, müssen sie zumindest passieren. Denn jene residieren im vierten und fünften Stock. Das kann man zwar als Kaufhaustaktik verstehen, das Begehrteste so zu präsentieren, dass man zuerst an allem anderen vorbeikommt. Die neue Anordnung kehrt jedoch auch den Blick um: Er richtet sich nicht mehr von den gesicherten Werten auf eine unüberschaubare Gegenwart. Vielmehr prägen die tastenden Setzungen der aktuellen Kunst, ihr offener Horizont den Blick in die Vergangenheit und machen dort deutlich, dass der vermeintliche Königsweg der Kunstentwicklung, als dessen Hüter das MoMA lange galt, ein verschlungenes Wegenetz mit vielen Kehren und Sackgassen darstellt.

So beeindruckend, wie sich die superbe Sammlung nun präsentiert, ist auch die Finanzierung, welche die Erweiterung möglich gemacht hat. Wie die „New York Times“ zuletzt ausführte, hat Direktor Glenn D. Lowry alle Register gezogen. Bonds für über 300 Millionen Dollar wurden aufgelegt, der Museumsvorstand um „mehr als eine Handvoll“ Milliardäre erweitert, zu Immobilienhändlern und dem Finanzhaus Goldman Sachs bestehen erstklassige Kontakte. Die Führung des Museums wurde nach Managementprinzipien umgestaltet. Allein aus dem Vorstand kamen über 500 Millionen Dollar, zwei Spender gaben je 65, einer 75 Millionen, wofür im Gegenzug Gebäudeteile nach ihnen benannt sind. Neben David Rockefeller figuriert auch Donald Marron von der UBS.

Bleibt zu hoffen, dass der neue Supertanker der Museumswelt sich nicht nur nach finanziellen Gesichtspunkten bewegt. Die Fahrrinne ist eng. Statt 1,6 sollen es künftig 2,6 Millionen Besucher im Jahr sein, und das Ticket kostet stolze 20 Dollar. Dafür darf man eine Menge spannende Kunst erwarten.

29. Oktober 2004Andreas Tölke
Der Standard

König Kunst regiert Manhattan

Am 20. November eröffnet der Neubau des New Yorker Museums of Modern Art. Sein Direktor, Glenn Lowry, über die Neuorientierung eines der weltweit wichtigsten Kunsthäuser, die Pläne für Ground Zero, den deutschen Einfluss im MoMA, rote Socken und was ein gutes Museum ausmacht.

Am 20. November eröffnet der Neubau des New Yorker Museums of Modern Art. Sein Direktor, Glenn Lowry, über die Neuorientierung eines der weltweit wichtigsten Kunsthäuser, die Pläne für Ground Zero, den deutschen Einfluss im MoMA, rote Socken und was ein gutes Museum ausmacht.

Seit 1995 ist Glenn Lowry Direktor des Metropolitan Museums of Modern Art in New York. Der 48-jährige Harvard-Absolvent übernahm als sechster Direktor das MoMa in seiner schwierigsten Phase seit der Gründung: Das Gebäude an der 53rd Street in Manhattan wurde 2002 abgerissen, der Neubau wird am 20. November eröffnet. Neben seiner Tätigkeit als Museumsdirektor hat Glenn Lowry als Kunstgeschichtler bis- her 28 Bücher (mit)herausgegeben und geschrieben. Glenn Lowry führt wirtschaftlich erfolgreich das privat finanzierte MoMA. Er hat innerhalb von vier Jahren 800 Millionen Dollar akquiriert. Wie er das macht, ist nicht unumstritten, die New York Times nannte ihn ob seines Führungsstils „Robespierre“ Lowry. Sein Privatleben hält er unter Verschluss. Lowry ist verheiratet und hat zwei Kin- der.

DER STANDARD: Sie sprechen Deutsch?
Glenn Lowry: Ein bisschen. (weiter auf Englisch) Ich hatte Deutsch im College. Jetzt träume ich davon, einmal drei Monate in Deutschland zu leben und den passiven Sprachschatz in einen aktiven umzuwandeln.

Im MoMA ist ein starker deutscher Einfluss zu spüren. Woher kommt das - doch wohl nicht von ihren Sprachkenntnissen?
Lowry: Das würde nicht reichen. Nein, es ist in der Geschichte des MoMA begründet. 1927 hat eine Gruppe von New Yorkerinnen beschlossen, dass eine richtige Metropole ein Museum für zeitgenössische Kunst braucht. Sie engagierten einen jungen Mann - Alfred Barr - der in Harvard Kunstgeschichte studierte. Er wurde auf eine Reise nach Europa geschickt. Sozusagen eine Mission in Sachen Kunst. Den längsten Aufenthalt hatte er in Deutschland, und sein vorderstes Ziel war ein Bauhausbesuch. Er bereist danach noch Russland, wo zu diesem Zeitpunkt die post-revolutionären Künstler mit Malern wie Malevich gerade sehr aktiv waren. Er kam zurück nach New York mit einem klaren Konzept: Kunst im 20. Jahrhundert ist multi-disziplinär: Architektur, Design, Bildhauerei und klassische Malerei. Man könnte sagen, die Bauhaus Idee: Alle Künste werden gleichwertig behandelt. Und wenn man sich heute unsere Sammlung anschaut, sieht man gerade für die ersten Jahre des vergangenen Jahrhunderts die starke Präsenz europäischer Kunst. Das hat sich natürlich später etwas zugunsten amerikanischer Künstler verschoben, aber der Bauhausgedanke ist das Fundament.

Ist der Eurozentrismus denn in den Staaten auf Begeisterung gestoßen?
Lowry: Nein. Gerade in den 30ern und 40ern gab es heftige Diskussionen, ob das MoMa nicht zu wenig amerikanisch sei. Das korrigierte sich in den 50ern und 60ern von alleine, als eine neue Generation amerikanischer und lateinamerikanischer Künstler die wichtigsten Werke weltweit schufen.

Wie wählen Sie aus einem schier nicht zu bewältigenden Angebot moderner Kunst so aus, dass inhaltlich tragfähige Ausstellungen dabei rauskommen?
Lowry: Das MoMA hat sechs Abteilungen: Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Architektur, Design, Film & Video. Jede Abteilung hat einen verantwortlichen Kurator, wir treffen uns alle zwei bis drei Wochen und sprechen über die Ausstellungen, die wir gerne machen würden. Manchmal basieren die Ideen auf dem Interesse eines Kurators, manchmal ergeben sich Dinge, wie die Warhol-Ausstellung jetzt zur Neueröffnung.

Und wer entscheidet darüber, was dann umgesetzt wird?
Lowry: Die Entscheidung liegt völlig in den Händen des Direktors.
Also in Ihren Händen?
Lowry: Ja. Wobei sich das autokratischer anhört, als es ist. Wir diskutieren als Gruppe, und nur wenn es eine Patt-Situation gibt, entscheide ich. Sozusagen als Zünglein an der Waage.

Seit acht Jahren sind Sie Chef des MoMA und haben zu Anfang für heftige Aufregung gesorgt. Ihre Kritiker warfen ihnen hemmungslose Kommerzialisierung vor: Shops, Internet-Seiten mit Devotionalien. Wie kommt es, dass Sie scheinbar leichtfertig den Elfenbeinturm entstaubt haben?
Lowry: Aus Ignoranz. Wenn man noch nicht viel weiß, ist die Angst, etwas falsch zu machen, kleiner. Ich gehe unter der Prämisse „Was macht ein gutes Museum aus? - Gute Kunst!“ an die Sachen heran. Um gute Kunst kaufen zu können, braucht man Geld. Das heißt, ein Museum mit 600 Mitarbeitern, das im Jahr zwischen 30 und 50 Millionen Dollar für den Ankauf von Kunst ausgibt, ist ein Betrieb, der wettbewerbsfähig sein muss.

Berlins „Best of MoMA“ war in einem Mies van der Rohe-Gebäude, der ja auch dafür vorgesehen war, das Metropolitan Museum of Modern Art in New York zu bauen.
Lowry: Ironie der Geschichte, denn 1939, als das MoMA gebaut wurde, schien es den Verantwortlichen zu schwierig, mit einem europäischen Architekten zu arbeiten, obwohl er der Wunschkandidat war. Doppelte Ironie, denn ein kleinerer Teil der Ausstellung geht auch nach Houston, und das dortige Museum ist auch ein van der Rohe-Gebäude.

Wird der Neubau des MoMA jetzt eine Hommage an Mies van der Rohe?
Lowry: Ja und nein. Ja, was die Transparenz nach außen betrifft, nein, weil unser Architekt Yoshiu Taniguchi natürlich kein Plagiat abliefert, und nein, weil sich die Kunstszene seit den 30ern verändert hat und die Werke ein anderes Umfeld brauchen. Bis dato war die Entwicklung in der Kunst linear - eine Schule führte zur nächsten, und so waren auch Museen aufgebaut: Postimpressionismus, Kubismus, Modernismus . . . Mittlerweile ist Kunst ein Chaos der verschiedenen Stile und Ideen, die gegeneinander ankämpfen. Zum andern braucht Kunst heute viel mehr Raum. Anselm Kiefers Gemälde etwa sprengen jeden Rahmen.

Wie sieht das konkret aus?
Lowry: Das neue MoMA wird eine urbane Lunge. Bisher war das Museum nur zu einer Seite geöffnet, jetzt wird es zu beiden Seiten des Viertels große Glasflächen haben. Wir ziehen die Stadt in das Museum und beziehen die Stadt im Museum mit ein. Früher gab es Stufen zum Eingang. Das drückte das Noble der Kunst aus. Sozusagen den Aufstieg des Besuchers in den Olymp. Es zeigt aber auch den Abstand zur Straße - im doppelten Wortsinn. Der neue Eingang ist ebenerdig.

Das drückt auch den spielerischen Umgang der Amerikaner mit Kunst aus. In Deutschland ist Kunst oft noch mit „versteh ich nicht“ besetzt, was viele davon abhält, sich mit moderner Kunst zu beschäftigen.
Lowry: Ein sehr komplexes Feld. Amerikaner sind neugierig, reisen viel. Allerdings nur ein kleiner Teil. Wir haben das Glück, dass in New York viele Künstler leben und ein starkes Kunstinteresse da ist. Aber fahren Sie einmal in den Westen . . . Wir sind eine private Institution, die amerikanische Regierung unterstützt bildende Kunst überhaupt nicht. In Deutschland bin ich immer sehr erstaunt, wie viel Politiker von Kunst verstehen und wie umfassend die Unterstützung - im Verhältnis zu den USA - ist.

Was denken Sie über Daniel Liebeskind und seine Entwürfe für den Ground Zero?

Lowry: Ich finde, es ist ein beeindruckendes Projekt. Aber ich bin nicht wirklich überzeugt von seinem Vorschlag. Ich finde, er bemüht eine architektonische Sprache, die er hier - in Europa - entwickelt hat. Eine Sprache, die geprägt ist von dem Trauma, das der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat, und die geprägt ist von dem Sich-Erinnern. New York braucht Heilung, das Heilen einer Wunde, Zukunft, nicht Vergangenheit. Meine Bedenken gehen noch in eine andere Richtung. Ich habe nicht verstanden, warum so auf eine Neu-Bebauung gedrängt wurde. Dort sind 3000 Menschen begraben, es ist ein Friedhof. Ein Friedhof, der eine psychische Wunde gerissen hat, die sehr lange brauchen wird, bis sie verheilt. Und da verstehe ich den manischen Druck der Wiederbebauung nicht. Ich verstehe, dass man einen Ort der Erinnerung braucht, der den Familien hilft, über den Tod ihrer Männer, Frauen, Söhne und Töchter wegzukommen. Aber mir scheint, das kann nur in einzelnen Schritten passieren, und wahrscheinlich brauchen wir noch zwanzig, fünfzig Jahre, um darüber eine profunde Aussage machen zu können, wie man dort wieder arbeiten und leben kann.

Hat sich Ihr Geschmack in den fünf Jahren als Direktor des MoMA verändert?
Lowry: Geschmack ändert sich konstant. Aber ich bin privat nicht sklavisch der Museumsdirektor bei der Möbelwahl. Natürlich müssen Dinge Bestand haben - gute Materialien, ästhetischer Wert, interessanter Umgang damit. Und: Sie muss bequem sein.

Wer hat sie in der letzten Zeit besonders beeindruckt?
Lowry: Zum Beispiel Ingo Maurer und seine Lichtinstallationen. Ich frage mich, wie er auf die Ideen kommt. Es gab eine Zeit, da war Philippe Starck faszinierend, jetzt macht er zu viel. Aber auch dieser Ansatz: Gutes Design, bezahlbar für die Massen ist spannend. Das, was dabei herauskommt, ist natürlich fragwürdig. Oft ist ja die Idee spannender als das, was dabei rauskommt.

Etwas ganz anderes. Sie tragen nur rote Socken, woher kommt das Faible?
Lowry: Ich habe vor drei Jahren damit angefangen. Es gibt keinen wirklichen Grund. Es ist kein Modestatement, sondern ein ganz persönliches. Wie gestalte ich mein Leben einfach? Ich muss nicht mehr auswählen, welche Farbe ich trage. Es hätte auch Blau oder Orange sein können.

Das gilt auch für Kunst und das Leben damit. Was macht gute Sammler aus?
Lowry: Dass sie selten sind. Ich bin oft bei Sammlern in deren Wohnungen. Da sind dann unglaubliche Kunstwerke, und die Besitzer sind eingerichtet, dass ich mich frage, was haben sie sich dabei gedacht. Ästhetik zieht sich durch alle Bereiche - wie ich mich einrichte, was ich trage, womit ich mich umgebe, wenn ich esse oder lese.

Das heißt, dass Sie sehr rigide bei der Auswahl der Dinge, die sie umgeben, sein müssen?
Lowry: Ich werde von meiner Frau zurückgehalten. Ich wäre sehr rigide, aber sie lässt es nicht zu. Ich habe mein Arbeitszimmer, das ist genau so, wie ich es wollte. Der Rest der Wohnung ist ein Kompromiss zwischen den Kindern, meiner Frau und mir. Unsere Lösung ist eine Wohnung mit zwei Flügeln: den Bereich für die Kinder und den für Erwachsene. Zentrum und Treffpunkt sind Küche und Esszimmer.

Als Museumsdirektor sind Sie bestimmt auch privat von Kunst umgeben. Gibt es noch etwas, wovon Sie träumen?
Lowry: Ich hätte gerne eine Videoinstallation, aber ich kann sie mir nicht leisten.

29. Oktober 2004Oliver Elser
Der Standard

Oase in der Hochhauswüste

Den Architekten des neuen MoMA kannten bislang nur Japaner. Für Yoshio Taniguchi ist es bereits das neunte Museum, aber der erste internationale Auftrag. Er will die Architektur zum Verschwinden bringen.

Den Architekten des neuen MoMA kannten bislang nur Japaner. Für Yoshio Taniguchi ist es bereits das neunte Museum, aber der erste internationale Auftrag. Er will die Architektur zum Verschwinden bringen.

Das Museum of Modern Art, kurz MoMA, ist zwar der Tempel, in dem der heilige Gral der Moderne gehütet wird. Aber wegen der Architektur des Hauses ist bisher niemand dorthin gepilgert. Das Museum ähnelte einem Maulwurfsbau. Zahllose An- und Umbauten hatten zwar mit Mühe die stetig wachsende Sammlung, nicht aber die Orientierung der Besucher in den Griff bekommen. 1997 wurden zehn Weltklassearchitekten zum Wettbewerb geladen, darunter Herzog & de Meuron, Steven Holl, Toyo Ito, Dominique Perrault und Rem Koolhaas, dessen intensive Beschäftigung mit New York ihn zum Favoriten machte. Doch den Zuschlag erhielt Yoshio Taniguchi, dessen Namen außerhalb Japans noch kaum jemand gehört hatte. Der 1937 geborene Architekt und Harvard-Absolvent überzeugte seine Auftraggeber, dass New York schon vertikal genug sei. Das neue MoMA hingegen folgt der Schwerkraft und entwickelt sich horizontal von der 53sten zur 54sten Straße.

Dort, wo bisher der berühmte Skulpturengarten das Ensemble abgeschlossen hat, wird der neue Haupteingang sein. „Gebt mir viel Geld, und ich werde das Museum zum Verschwinden bringen“, forderte Taniguchi seine Auftraggeber heraus. Das MoMA warf daraufhin seine Spendensammelmaschine an, um die Sonderwünsche des Architekten befriedigen zu können: Türrahmen aus weißer Bronze, handgeschmiedete Fensterrahmen, schwarzer Granit aus Simbabwe, der in Italien verarbeitet wurde.

Der Bau wird edel sein und vor allem groß. Eine gestalterische Handschrift ist eher im Detail als in den kubischen Volumen zu entdecken, mit denen Taniguchi das Ensemble neu gegliedert hat. Hätte Rem Koolhaas den Zuschlag bekommen, wäre es ein echter Koolhaas geworden, doch der Japaner hielt sich bescheiden zurück. Für sein neuntes Museum, das erste außerhalb Japans, ließ er der Kunst, vor allem aber den atemberaubenden Blicken in die New Yorker Stadtlandschaft den Vortritt. Dieses hohe Maß an Selbstdisziplin zeigte der Architekt auch im Umgang mit dem von Philipp Johnson im Jahre 1953 angelegten Garten, dem einzigen architektonischen Höhepunkt des bisherigen Museums. Die wie in einem Bild von Mondrian von Beeten und Wasser unterbrochenen Steinflächen wurden restauriert und mit der Terrasse eines Restaurants eingefasst, das zu den Top-Adressen der Stadt werden soll. Der Garten ist nicht mehr die dringend notwendige Verschnauffläche für erschöpfte Besucher am Ende eines langen Kunsttages, sondern ist zu einem zentralen Platz geworden.

Die Besucher sind nicht mehr gezwungen, den ganzen Parcours durch die Kunstgeschichte zu absolvieren wie den langen Marsch durch ein IKEA-Haus, sondern können sich das Programm häppchenweise vornehmen. Mit dem Umbau hat sich das Museum endgültig zu einer Stadt in der Stadt entwickelt.

01. Juli 2004Andrea Köhler
Neue Zürcher Zeitung

Museumslandschaften

(SUBTITLE) New York baut um

An das Provisorium hätte man sich gewöhnen können. Wie ein grosser blauer Schuhkarton liegt das Ausweichquartier des Museum of Modern Art (MoMA) im New...

An das Provisorium hätte man sich gewöhnen können. Wie ein grosser blauer Schuhkarton liegt das Ausweichquartier des Museum of Modern Art (MoMA) im New...

An das Provisorium hätte man sich gewöhnen können. Wie ein grosser blauer Schuhkarton liegt das Ausweichquartier des Museum of Modern Art (MoMA) im New Yorker Stadtteil Queens. Auf dem Dach stehen als überdimensionale Schornstein-Skulpturen die Buchstaben mit dem weissen Schriftzug des Museums, der sich erst bei Annäherung perspektivisch so verschiebt, das man ihn entziffern kann: MoMA QNS. Ende September wird das Provisorium geschlossen, bevor am 20. November 2004 das MoMA in Manhattan in neuer Pracht die Pforten seines renovierten und erheblich erweiterten Gebäudes in dem Block zwischen 53. und 54. Strasse sowie Fifth und Sixth Avenue wieder eröffnet.

Edle Materialien

425 Millionen Dollar haben sich die Betreiber das aufwendige Facelifting kosten lassen und dafür die Kapazität des alten Gebäudes nahezu verdoppelt. Auf sechs Etagen werden dann Räumlichkeiten für Ausstellungen, öffentliche Veranstaltungen, Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen. Um ein knapp 40 Meter hohes Atrium hat der japanische Stararchitekt Yoshio Taniguchi den Gebäudekomplex gestaltet, dessen elegante Fassade in schwarzem Granit, Aluminium und Glas Design-Elemente der vorhandenen Bausubstanz in das neue Outfit einpasst.

Auch im Inneren des Gebäudes kommen mit Marmor aus Georgia, grünem Schiefer, Glas und Stahl edle Materialien zum Einsatz. Zur Eröffnung wird Taniguchi mit einer Dokumentation seiner Museumsbauten aus den letzten 25 Jahren geehrt. Was die einzelnen Abteilungen des Museums sonst noch zu diesem Anlass planen, lässt sich wohl am besten mit einer aufwendigen Leistungsschau beschreiben. Die Departments von Malerei, Skulptur, Zeichnung, Druckgrafik, Fotografie und Design werden jedenfalls unter verschiedenen Aspekten Highlights ihrer jeweiligen Sammeltätigkeit präsentieren. So wird das MoMA an alter Stelle in neuem Gewand seine erfolgreiche Museumspolitik fortsetzen.
Hülle und Inhalt

Die Konkurrenz ist indes nicht untätig geblieben. Wie um ein altes Gesetz von Rivalität und Vorherrschaft zu bestätigen, kündigt das Guggenheim Museum just am selben Tag, da das MoMA die Presse anlässlich der bevorstehenden Wiedereröffnung in die neuen Räumlichkeiten bittet, seinerseits eine aufwendige Grundüberholung an. Die berühmte «Waschtrommel» von Frank Lloyd Wright, die nach Aussagen des Stiftungsrates selbst das Kronjuwel der gesamten Sammlung, die sie beherbergt, darstellt, soll in den nächsten zwei Jahren einer gründlichen Sanierung der Aussenfassade unterworfen werden. In der Tat gehört das auffallende Gebäude zu den prominentesten Sehenswürdigkeiten der Stadt und zieht nach Angaben des Museums mehr Besucher an, die sich für die architektonische Hülle interessieren als für deren Inhalte.

Die Aussenhaut der im Jahre 1959 eröffneten «Trommel» weist mittlerweile etliche Risse, Flecken und Stellen mit abgeplatztem Putz auf. Auch der Eingangsbereich ist renovierungsbedürftig. Daneben plant das Museum eine öffentliche Dachterrasse und ein Restaurant im neunten Stock. Damit könnte der Besucher nicht nur ein Auge auf dieses architektonische Kleinod werfen, sondern auch den spektakulären Panoramablick auf den Central Park, die Upper West Side und die Hochhauskulisse von Midtown geniessen. Mit beiden Bauvorhaben erobert sich die ohnehin schon reich bestückte New Yorker Museumslandschaft neues Terrain.

21. Februar 2004Salzburger Nachrichten

Die Kunst-Stadt in der Groß-Stadt

Der Umbau des New Yorker „MoMA“ soll bis zum Jahresende dauern. Dann wird es doppelt so viel Ausstellungsfläche bieten wie bisher.

Der Umbau des New Yorker „MoMA“ soll bis zum Jahresende dauern. Dann wird es doppelt so viel Ausstellungsfläche bieten wie bisher.

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04. April 2002Neue Zürcher Zeitung

Kunst im Bau

Das New Yorker MoMA zieht um

Das New Yorker MoMA zieht um

Die Menschenschlangen in der 53. Strasse West gehören für den kunstsinnigen New Yorker zum vertrauten Stadtbild. Besonders an Wochenenden stauen sich die Besucherreihen vor dem Museum of Modern Art (MoMA) bis weit in Richtung Fifth Avenue. Ab dem 21. Mai werden Baumaschinen die 53. Strasse verstopfen. Dann schliesst das MoMA, um nach drei Jahren an derselben Stelle in ein erweitertes Gebäude einzuziehen, das nach Plänen des japanischen Architekten Yoshio Taniguchi ab diesem Sommer errichtet wird. Das MoMA bezieht derweil ein Provisorium in einer ehemaligen, von Michael Maltzan umgebauten Fabrikhalle im Stadtteil Queens, wo sich am 29. Juni die Tore öffnen sollen. Dort werden Themenausstellungen und die wichtigsten Werke aus dem Bestand zu sehen sein. Von den insgesamt 35 Abteilungen des Museums ist bereits die Bibliothek umgezogen; Architektur, Design, Malerei und Skulptur sollen in den nächsten Monaten folgen. Der Erweiterungsbau wurde notwendig, weil die Sammlung des 1929 gegründeten Museums von 40 000 Kunstobjekten im Jahre 1970 auf derzeit über 100 000 angewachsen ist. So grosse Besucherzahlen, wie sie vor allem die noch bis zum 21. Mai laufende Gerhard-Richter-Retrospektive (NZZ 3. 4. 02) anzieht, werden in Queens allerdings nicht erwartet. Doch soll ein Shuttle-Bus eingerichtet werden, der zwischen der 53. Strasse und dem provisorischen Kunsthaus verkehrt. So wird die Anreise weiter und die Wartezeit kürzer, der Umweg aber lohnt sich in jedem Fall.

21. Februar 1998Gabriele Reiterer
Spectrum

Rechter Hand die Fifth

Chronischer Platzmangel begleitet das New Yorker Museum of Modern Art seit seiner Gründung im Jahr 1929. Die nun anstehende Erweiterung soll nicht bloß die Ausstellungsfläche vergrößern, sondern das MoMA als Institution für das nächste Jahrhundert neu erf

Chronischer Platzmangel begleitet das New Yorker Museum of Modern Art seit seiner Gründung im Jahr 1929. Die nun anstehende Erweiterung soll nicht bloß die Ausstellungsfläche vergrößern, sondern das MoMA als Institution für das nächste Jahrhundert neu erf

„International Style“: Museum of Modern Art, New York. Photo: Robert Damora Elf West, dreiundfünfzigste Straße. Rechter Hand die lärmtosende Fifth, links die westlichen Avenues. Dem Stadtunkundigen weisen die langen flatternden Fahnen an der Fassade den Weg. Wer sich immer noch nicht auskennt, kann ruhig nach dem Weg fragen. Oder sich an die Fersen der „culture vultures“, der Kulturgeier, heften, die tagtäglich in Scharen die Perle der New Yorker Museumslandschaft stürmen - das Museum of Modern Art.

Die New Yorker lieben ihre knapp 100 Museen, und besonderen Rang genießt das MoMA, ein sogenanntes „streetmuseum“: Es liegt im Block und nicht an einer großen Avenue wie die meisten anderen Museen der Stadt. Dieser Umstand ist „schuld“ am chronischen Problem des Hauses - Platzmangel.

Nach bereits mehreren An- und Umbauten in seiner 69jährigen Geschichte steht diesmal eine großangelegte Erweiterung und Renovierung bevor. Dabei - so der Chefkurator der Design- und Architekturabteilung, Terence Riley - geht es darum, „nicht nur die Ausstellungsfläche des Museums zu vergrößern, sondern das MoMA als Institution für das nächste Jahrhundert neu zu erfinden“.

Das Museum of Modern Art erfand in diesem Jahrhundert bereits einmal die Institution Museum neu. Als Raum der Begegnung mit zum Teil völlig neuen Inhalten, als Zentrum für Aktivitäten verschiedenster Art, Konferenzen, Filme, Diskussionen, als Ausstellungsort und Publikationsstätte hatte es von Anfang an nicht mehr viel mit den staatlichen europäischen Ausstellungstempeln gemein.

Die Gründung des MoMA fiel in das Jahr 1929. Drei wohlhabende Kunstsammlerinnen hatten die Idee und auch den nötigen Einfluß zur Gründung eines Museums für moderne Kunst. Eine der drei Damen war Mrs. John D. Rockefeller Jr. Mit diesem und den Namen der reichsten Familien Amerikas war das Haus von nun an eng verknüpft. Sie begannen dem Museum die beste Sammlung moderner Kunst zu finanzieren.

Unter der Leitung von Alfred H. Barr Jr. fanden die ersten Aktivitäten in einigen wenigen angemieteten Räumen in Manhattan statt. Das MoMA markierte von Anbeginn an einen Wendepunkt in der amerikanischen Museumsgeschichte und begann sehr schnell eine führende Rolle einzunehmen: Es war das erste Museum, das Photographie, Film und Industriedesign ausstellte; Vorträge, Debatten, Filme und Radioprogramme bildeten einen wesentlichen Bestandteil der Museumsaktivitäten; die schicken, spektakulären Eröffnungen temporärer Ausstellungen waren „sophisticated“ und gesellschaftliche Ereignisse der anderen Art.

Der Schritt war ein riesiger: Die soziale und kulturelle Rolle des Museums wurde neu definiert. Das MoMA wurde zusehends zum „agressive tastemaker“ und hatte bald machtvollen Einfluß auf Kunst und - vor allem - Architektur. 1932 konfrontierte die Ausstellung „International Exhibition: Modern Architecture“ das Land mit der Architektur, die später als „Internationaler Stil“ bezeichnet werden sollte. Zusammen mit der berühmten Gemeinschaftspublikation „The International Style: Architecture since 1922“ von Henry-Russell Hitchcock und Philip Johnson wurde sowohl das Thema wie auch die neue Architektur an den Mann gebracht.

Bald darauf und ganz in neuer Linie wurde das Hauptgebäude des neuen Museums fertiggestellt. Die Architekten Philip Goodwin und Edward Durrel Stone hatten im „International Style“ gebaut. Die unteren drei Stockwerke des sechsstöckigen Gebäudes dienten als Ausstellungsfläche, der vierte Stock beherbergte die bereits umfangreiche Bibliothek. Einen Stock höher befanden sich Büros und zuoberst der Konferenzraum und ein Restaurant mit Dachterrasse. Im Souterrain war ein Auditorium für Filmvorführungen untergebracht. Der Skulpturengarten, von John McAndrew entworfen, erfreute sich schnell großer Beliebtheit - als Oase in den New Yorker Hitzemonaten.

Die verschiedenen Abteilungen verfügten bereits über umfangreiche und stetig wachsende Sammlungen. Die einzelnen „departments“ präsentierten ständig wechselnde Ausstellungen. 1941 zeigte das Department of Industrial Design die Schau „Organic Design in Home Furnishings“, eine der einflußreichsten frühen Designausstellungen.

1949 wurde René d'Harnoncourt, ein gebürtiger Wiener, zum Direktor des Hauses bestellt. Das Museum begann jetzt mit ernsthaften Platzproblemen zu kämpfen. Eine erste Erweiterung wurde Anfang der fünfziger Jahre vom Architekten und Leiter der Abteilung Architektur und Design, Philip Johnson, vorgenommen. 1958 brach während Renovierungsarbeiten ein Brand aus, der mehrere Meisterwerke der Gemäldesammlung beschädigte und zerstörte, darunter die „Seerosen“ von Monet. Eine Welle öffentlicher Sympathie ließ bei einem großangelegten „fundraising“ die Spenden fließen.

Eine nochmalige Erweiterung und mehrere Umbauten im Hauptgebäude nach Plänen Philip Johnsons begannen. Im Mai 1964 eröffnete das MoMA seine neuen Räumlichkeiten mit einer Serie von Ausstellungen. Da die Sammlungen beständig wuchsen, war bereits in den frühen siebziger Jahren das Platzproblem neuerlich virulent.

Doch diesmal hatte das MoMA ein zusätzliches Problem. Erstmals in der Geschichte der Institution war das Geld knapp geworden. Wie die meisten amerikanischen Museen war das Museum of Modern Art von privaten Geldern abhängig. Diese waren immer reichlich geflossen. Zum einen verdankte sich das großzügige Kunstsponsoring dem kulturellen Bewußtsein und nationaler Verpflichtung einer vermögenden Schicht. Die öffentliche Tat war jedoch für die Stifter und Sammler nicht zuletzt auch wegen der hohen steuerlichen Begünstigung sehr attraktiv.

Trotz erstmaliger öffentlicher Zuschüsse reichte jetzt das Geld nicht mehr aus, und das MoMA entschloß sich schließlich zu einem heftigst umstrittenen Schritt. In jener Zeit tauchte in New Yorks Immobilienkreisen eine Neuheit auf: In einer Stadt, wo Raum nicht mehr vorhanden war, mußte er neu definiert werden. In Manhattan begann zu dieser Zeit der Handel um die Luftraumrechte. Das Museum verkaufte für den damaligen Rekordpreis von 17 Millionen Dollar seine Luftrechte an einen privaten Interessenten, um damit die anstehende Erweiterung finanzieren zu können.

Über dem westlichen Erweiterungsflügel wurde ein 53stöckiger Apartmentturm errichtet. Das MoMA bezog die zehn unteren Stockwerke, der Rest sollte als Büro- und Wohnraum dienen. Der von Cesar Pelli geplante Turm wurde 1984 fertiggestellt. Den Verbindungspunkt zwischen den bestehenden Gebäuden und dem Neubau bildet eine riesige Treppenhalle mit Rolltreppen. Die gläserne Halle ist zum Garten gewandt, von hier aus werden sämtliche Bereiche begangen. Das Raumangebot des Museums verdoppelte sich, die Infrastrukturen konnten verbessert beziehungsweise erneuert werden.

Es sollte aber nicht lange dauern, bis das ständig expandierende und unter permanentem Platzmangel leidende Museum erneut handeln mußte. Im Februar 1996 kaufte es einige benachbarte Liegenschaften. Im Mai 1997 wurden die Ergebnisse eines Wettbewerbs zur Erweiterung und Renovierung in einer Ausstellung präsentiert.

Diesmal soll es die größte und umfassendste Erweiterung in der Geschichte des MoMA werden. Zehn internationale Architekten wurden zum Wettbewerb geladen, aus dem schließlich drei Finalisten hervorgingen: die Schweizer Jacques Herzog & Pierre de Meuron, Bernard Tschumi und der Japaner Yoshio Taniguchi. Herzog & de Meuron präsentierten gleich zwei Entwürfe, davon eine „Dachlandschaft“. Über die einzelnen Gebäude wird ein teilweise durchbrochenes Glasdach gesetzt. Tschumis Projekt spezifizierte vor allem den Weg im Museumsgelände, ohne die Formen der einzelnen Gebäude zu definieren. Yoshio Taniguchi entwarf eine „innenliegende Avenue“ zwischen 53. und 54. Straße und machte damit in dem mehrstufigen Wettbewerb das Rennen.

Der 1937 geborene Harvard- Absolvent ist vor allem durch seine Museumsbauten in Japan bekannt geworden. Die MoMA- Erweiterung ist sein erster internationaler Auftrag. Taniguchis Entwurf bringt einige grundsätzliche Veränderungen - so wird der Bau von 1939 nicht mehr zentral sein - , ist aber insgesamt sehr moderat konzipiert. Im Zuge der Erweiterung wird die originale Fassade des Baus von Goodwin und Stone wiederhergestellt werden. Von beiden Straßenseiten wird man in Zukunft das MoMA über eine neue Lobby, mit Öffnung zum Skulpturengarten, betreten können. Mit dem Bau wird voraussichtlich in zwei bis drei Jahren begonnen, das Museum möchte 2004 seine Pforten wieder öffnen

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