Details

Adresse
Albertinaplatz 1, 1010 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur
J. Nachbaur-Sturm(Pl); M. Bauer, J. Burtscher, U. Caglar, Ch. Dansco, R. Dünser, A. Fink, E. Gehrke, H. Gruber, S. Gruber, B. Heger, B. Neuhoeffer, M. Lorbek, P. Prinz-Sobre, Ph. Schüssling, S. Wörter
Bauherrschaft
Burghauptmannschaft Österreich
Landschaftsarchitektur
Günther Vogt
Planung
1993
Ausführung
1998 - 2002

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

08. August 2003Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Heitere Metamorphose

(SUBTITLE) Die Umgestaltung der Albertina in Wien

Erweiterungen von historischer Bausubstanz stellen oft Probleme denkmalpflegerischer Art. Neu hinzugefügte Bauteile sollten das Bestehende weder beeinträchtigen noch übertrumpfen und dennoch als Interventionen erkennbar sein. Die Umgestaltung des Albertina-Palais in Wien erfüllt diese Ansprüche auf überzeugende Weise.

Erweiterungen von historischer Bausubstanz stellen oft Probleme denkmalpflegerischer Art. Neu hinzugefügte Bauteile sollten das Bestehende weder beeinträchtigen noch übertrumpfen und dennoch als Interventionen erkennbar sein. Die Umgestaltung des Albertina-Palais in Wien erfüllt diese Ansprüche auf überzeugende Weise.

Der Umgang mit wertvoller historischer Bausubstanz - handle es sich dabei um Einzelbauten oder gewachsene Ensembles - stellt seit der Renaissance eine ganz besondere Herausforderung an die Architekten dar. Doch erst in jüngster Zeit sind Erweiterungsbauten zu einem prestigeträchtigen baukünstlerischen Thema geworden, zu dem fast jede Stadt Beispiele vorweisen kann. So besitzt Zürich mit der Villa Bleuler ein Objekt, welches das Zusammengehen von Alt und Neu auf geradezu exemplarische Weise veranschaulicht: Zehn Jahre ist es her, seit das Zürcher Architekturbüro Marbach & Rüegg den 1888 vollendeten Neurenaissancebau des Semper-Schülers Alfred Friedrich Bluntschli zum neuen Sitz des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft umgebaut und erweitert hat. Dabei wurden die Prunkräume renoviert, die Wohn- und Dachgeschosse behutsam in Büroräume umgestaltet und das grosse Volumen der Bibliothek so in die von einer monumentalen Stützmauer gehaltene Terrasse der Vorfahrt eingegraben, dass die wertvolle Parkanlage von Fröbel & Mertens unberührt blieb. Nur ein linsenförmiges Oberlicht aus Glas und Stahl, das wie eine minimalistische Skulptur durch das Rasenrondell der Vorfahrt dringt, sowie kleine Öffnungen in der Stützmauer zeugen vom unterirdischen Eingriff. Zeichenhaft sichtbar wird die Erweiterung erst im ausserhalb des Parks gelegenen Restaurierungsatelier, welches dezent dem industriellen Formenvokabular des benachbarten Autospritzwerks antwortet.


Verwandlungen eines Stadtpalastes

Vor ähnlichen Problemen stand man in Wien, als es darum ging, das für seine Grafiksammlung weltbekannte Albertina-Palais zu erweitern. Dieses erhebt sich neben der Hofburg auf dem letzten Überrest der nach den Türkenkriegen angelegten Basteien, unter welchem Fragmente der mittelalterlichen Stadtmauer verborgen liegen. Auf diesem Augustinerbastei genannten Bollwerk entstand um 1650 der kaiserliche Bauhof, der später von Graf Sylva-Tarouca, dem Statthalter der Niederlande, zum Palais erweitert und schliesslich von dessen Nachfolger Herzog Albert von Sachsen-Teschen übernommen wurde. Dieser liess den Bau von Louis de Montoyer um einen 180 Meter langen, zum Burggarten hin orientierten Westflügel mit 33 Fensterachsen erweitern und Räumlichkeiten des angrenzenden Augustinerklosters für die von ihm angelegte Grafiksammlung umgestalten. Sein Alleinerbe, Erzherzog Carl, betraute 1822 den grossen Wiener Klassizisten Josef Kornhäusel mit dem Umbau der Erschliessungs- und Repräsentationsräume. Nach der Schleifung der meisten Basteien in den 1850er Jahren erhob sich nun das kurz darauf in seiner äusseren Erscheinung den historistischen Formen des Ringstrassenstils angepasste Albertina-Palais einsam und nur über zwei lange Rampen erreichbar auf seiner elf Meter hohen Bastei. Die schweren Kriegsschäden aus dem Jahre 1945 nahm man deshalb zum Anlass, die Rampe zur Augustinerstrasse durch eine kurze, steile Treppe zu ersetzen, die neue Stützmauer zur Strasse hin als Sockelgeschoss der Ostfassade zu gestalten und hier, im einstigen Kellerbereich, den neuen Haupteingang zu schaffen - eine Lösung, die nie befriedigen konnte, weil sie das Erscheinungsbild des Palais stark verzerrte.

Nach dem Brand der Hofburg im November 1992, der auch die dort gelagerten Schätze der Albertina bedrohte, beschloss man eine grosse Metamorphose, welche die Albertina erweitern und zugleich wieder in den Zustand von 1867 zurückverwandeln sollte. Sie setzte 1993 mit dem Wettbewerb für die neuen Studien- und Speichergebäude und die damit verbundene Restaurierung der Albertina ein und kann vermutlich noch dieses Jahr mit der Installierung von Hans Holleins Flugdach über dem wiederhergestellten alten Eingang auf der Bastei abgeschlossen werden.

Dank einer ausgesprochen intelligenten Lichtführung gestattete es das Siegerprojekt von Erich Steinmayr und Friedrich Mascher, die neuen Bauten von aussen fast unsichtbar in den zum Burggarten hin orientierten Erdkörper der Bastei einzugraben. Dabei brachten die beiden Mittfünfziger, die sich bisher vor allem mit Bauten in Vorarlberg hervorgetan hatten, das Studiengebäude in einem viergeschossigen Neubau unter. Dieser ist auf ein Atrium mit reflektierendem Wasserbassin hin ausgerichtet, das - angrenzend an das Palmenhaus des Burggartens und den Sitz der Bundesgartenverwaltung - tief in die Bastei abgesenkt wurde. Ein schmaler Lichthof bringt zusätzlich Helligkeit ins Zentrum des Studiengebäudes, in dem (wie an der gläsernen Atriumsfassade abzulesen ist) zuoberst die zusätzlich von einem Oberlicht erhellten Studienräume, in der Mitte die Restaurierungsateliers, auf Höhe des Innenhofs die Bibliothek und darunter der Bücherspeicher untergebracht sind. Kann man hier durch eine Glaswand einen 1999 freigelegten Turm der mittelalterlichen Stadtmauer erkennen, so scheinen die historischen Schichten beim Blick vom Atrium hinauf zur historistischen Fassade des Albertina- Palais und zum gotisch-neugotischen Turm der Augustinerkirche wie auf den Kopf gestellt.

An das Studiengebäude schliessen sich nach Süden die für die Albertina-Sammlung bestimmten Depoträume an, die wegen der fehlenden computertechnischen Erschliessung noch lange nicht bezogen werden können. Das zusätzliche Reservelager wurde nach der Übergabe der Albertina-Direktion an Klaus Albrecht Schröder im Jahre 1999 in einen 800 Quadratmeter grossen unterirdischen Ausstellungsraum umgewandelt. Müssen doch die österreichischen Bundesmuseen infolge ihrer Entlassung in die Eigenwirtschaftlichkeit vermehrt Gelder durch Veranstaltungen und Sponsoring selbst beschaffen. Die neue Situation bedingte weitere Projektänderungen: So bauten Steinmayr & Mascher die Pfeilerhalle mit dem Portikus im Westflügel der Albertina in eine zeitgemässe Ausstellungshalle um, richteten - als Gegenstück zu den prachtvoll restaurierten Prunksälen im Piano nobile - die «Propter Homines»-Ausstellungsräume ein, überdachten den zentralen Innenhof und gestalteten den einstigen Eingangsbereich an der schmalen, im Krieg zerstörten Südfassade völlig neu. Dieser Zugang machte einen behindertengerechten Aufgang auf die Bastei nötig. Für diesen wurde Ende 2000 ein Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem sich Hans Hollein mit der architektonischen Geste eines weit ausholenden Flugdaches gegen die Konkurrenz von Coop Himmelb(l)au, Zaha Hadid sowie Steinmayr & Mascher durchsetzen konnte.


Wege durch das Museum

Seit der Eröffnung der neuen Albertina im vergangenen März (NZZ 15. 3. 03) gelangt man nun gleichsam durch die Stützmauern der Bastei hinauf zum Museumseingang. Dazu wurde zwischen dem 1864 von Moritz von Löhr entworfenen Danubius-Brunnen und Holleins neuster Wiener Bar ein Hohlraum in der Bastei geschaffen, von dem aus ein gläserner Aufzug und eine Rolltreppe hinauf zum Reiterstandbild Erzherzog Albrechts führen, welches den neu-alten Eingang des Albertina-Palais bis zur Fertigstellung von Holleins Flugdach noch allein markiert. Dieses Dach wird dereinst zusammen mit der ebenfalls von Hollein umgestalteten und mit postmodern anmutenden Wülsten und Bullaugen versehenen Sockelzone am Albertina-Platz dem historischen Bau einen starken zeitgenössischen Akzent verleihen. - Durch das von Steinmayr & Mascher minimalistisch gestaltete Portal betritt man die fast schon ägyptisch strenge Eingangshalle, von der man in den überdachten und sorgsam in den Zustand von 1822 zurückversetzten Innenhof der Albertina gelangt. Dieser wurde von den beiden Vorarlbergern geschickt zum Scharnier der erschliessungstechnisch höchst komplexen Palastanlage bestimmt. Rechts gelangt man in den von Callum Lumsden eingerichteten Museumsshop, links in das vom jungen Wiener Architekten Arkan Zeytinoglu gestaltete Café und geradeaus in die Minervahalle, die den Auftakt zu Kornhäusels Erschliessungssystem bildet. Hier teilen sich erneut die Wege: Links führen Rolltreppen einer leuchtenden Glaswand entlang hinunter in den von Steinmayr & Mascher als flexiblen White Cube konzipierten Ausstellungssaal in der Bastei. Nach vorn schliesst an die Minervahalle der Säulengang an, auf den sich links ein weiterer Ausstellungsraum, die grosse Pfeilerhalle, öffnet. Über die Sphinxstiege erreicht man das Piano nobile, wo rechts der Ausstellungsparcours der Propter-Homines-Säle beginnt, während zur Linken Kornhäusels Musensaal lockt: das von Apoll und den Musen des Canova-Schülers Josef Klieber bevölkerte Herzstück der Prunkräume.

Von hier geht der Ausblick auf die geometrisch heitere, die Basteiterrasse weiterführende Dachlandschaft des bereits erwähnten Studiengebäudes von Steinmayr & Mascher, das selbst noch in der Aufsicht viel von seiner formalen Klarheit, konstruktiven Einfachheit und materiellen Reduktion verrät - Eigenschaften die das dem Publikum nicht zugängliche Gebäude zu einem der bedeutenden Neubauten Wiens machen. So besitzt die Albertina heute zwar mit dem Studiengebäude ein nahezu unsichtbares Meisterwerk sowie neue Ausstellungsbereiche und renovierte Repräsentationsräume. Aber die Sammlung selbst, deren sichere Unterbringung 1992 den Anstoss zum Umbau gegeben hatte, lagert weiterhin nicht wirklich optimal in der Hofburg.

19. März 2003Jan Tabor
Falter

Besuch in der alten Dame

Viele Veränderungen, einige Verbesserungen und keine nennenswerten Verschlechterungen: Der zweite Um- und Neubau der Albertina innerhalb von fünfzig Jahren ist gelungen, aber noch unvollendet.

Viele Veränderungen, einige Verbesserungen und keine nennenswerten Verschlechterungen: Der zweite Um- und Neubau der Albertina innerhalb von fünfzig Jahren ist gelungen, aber noch unvollendet.

Noch ähnelt die Albertina Lady Godiva: halb enthüllt, halb verhüllt. Noch sind die Rekonstruktionsarbeiten an den Fassaden nicht beendet. Die bereits enthüllte Hälfte der neu-alten Nobelherberge für feine Kunst ist die Seite zum Albertinaplatz hin. Hier fallen einige Veränderungen auf: Die ursprüngliche Fassade, die im Zuge des Umbaues von 1954 modernisiert - das heißt: teils abgeschlagen und teils neu gestaltet - wurde, wurde nun teils rekonstruiert und teils neu gestaltet. Rekonstruiert wurde, so tief es geht: bis zum Sockel, der ein Werk der Architekten des ersten Umbaues, Otto Nobis und Alfred Dreier, ist.

Der Umbau, der ein Wiederaufbau nach schweren Kriegsschäden von März 1945 war, kann als eine Aufstockung des Kellers bezeichnet werden. Ursprünglich steckten die beiden Kellergeschoße hinter einer langen Rampe, die zur Basteiterrasse führte, wo sich der Eingang befand. Um einem neuen Eingang direkt von der Straße aus Platz zu machen, wurde die Rampe abgetragen und durch eine kurze, steile Stiege ersetzt. Die beiden Kellergeschoße wurden freigelegt und zum Sockel gemacht: Aus dem drei Etagen zählenden Palais war ein „fünfgeschossiges Zinshaus“ geworden, wie Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder treffend bemerkt hat. Der neue Eingang wurde mit einem monumentalen Balkon aus Stein markiert, dessen Brüstung den Staatswappenadler darstellte: Damit sollte vermutlich symbolisiert werden, was Bert Brecht von der Kulturpolitik verlangte: Nicht die Kunst, der Zugang zur Kunst muss demokratisiert werden.

Nach dem Brand der Redoutensäle 1992 hatte die Republik 1993 einen Wettbewerb ausgeschrieben: In dem verwinkelten engen Gebäude sollte ein geräumiger Hochsicherheitstrakt samt Depot, Restaurierwerkstätten und Studienräumen untergebracht werden. Den schwierigen Wettbewerb gewannen die Architekten Erich G. Steinmayr und Friedrich H. Mascher mit einer kühnen Idee: Die Raumvolumina sollten unsichtbar in die Bastei auf der Burggartenseite verlegt werden.

1999 - die unterirdische Erweiterung war weitgehend fertig - wurde der Direktor gewechselt. In einem fünfstöckigen Zinshaus pflegt ein Mann wie Klaus Albrecht Schröder nicht zu residieren. Er proklamierte: Was rekonstruiert werden kann, wird rekonstruiert; was renoviert werden kann, wird renoviert; alles, was neu gemacht werden muss, darf, wenn es nicht anders geht, neu aussehen. Allerdings nur so weit neu, dass das Alte nicht gestört wird - das ist wohl ein Grund, weshalb mit der Neugestaltung der äußeren Erscheinung der Altmeister der österreichischen Postmoderne, Hans Hollein, beauftragt wurde. Der andere Grund ist die Befindlichkeit der edlen Förderer: Mit einem Stararchitekten lassen sich Sponsorengelder leichter auftreiben.

Nachdem sich Schröders Wunsch, die Rampe zu rekonstruieren, als unfinanzierbar erwiesen hatte, hat Hollein den Sockel postmodern barockisiert: Die rekonstruierte obere Altfassade samt einem alt-neuen Beletagebalkon wird von der Kellersockelfassade unten durch 14 mit Steinmanschetten umrahmte Okuli (Rundfenster) getrennt. Die horizontale Anschwellung in der Form eines abgerundeten Gesimses - ein alter barocker Trick - simuliert den Druck der Baumasse und versinnbildlicht so das Gewicht der Kunstinstitution Albertina. Vorläufig sieht alles vortrefflich gemacht aus, der Umbau ist aber noch nicht vollendet. Es fehle Geld, erklärt Hans Hollein, ein Sponsor habe abgesagt. Die monumentalen, aber zwecklosen Fenster aus den Fünfzigerjahren sollen unter einer homogenen Sandsteinverkleidung verschwinden, die durch schräg nach unten verlaufende Wellen geformt ist.

Die wichtigste Verbesserung für die Öffentlichkeit ist die Verlegung des Haupteinganges auf die Terrasse. Auch hier ist noch viel zu tun: Das Flugdach aus Titan fliegt noch nicht. Es gebe keine Schwierigkeiten mit der Konstruktion, sondern lediglich „offene Fragen bezüglich der Kosten- bzw. Herstellungsvarianten“, erklärt Hollein die Verzögerung. Das als Wahrzeichen der neuen Umstände vorgesehene Dachobjekt ist zwar völlig überflüssig, aber unverzichtbar: als Ersatz für den demolierten Staatsbalkon.

Die Albertina ist eine Architekturcollage. Der Umbau von 1954 war eine bemerkenswert qualitätsvolle Lösung. Dies wird nicht nur dadurch anerkannt, dass wesentliche Bestandteile erhalten geblieben sind. Die Architektur des neuen Foyers (Steinmayr/Mascher), zu dem der nun verglaste Innenhof gehört, sowie die des Restaurants (Arkan Zoytinnoglu) und des Museumsshops (Callum Lumsden) schließen bewusst an die Ästhetik der Fünfzigerjahre an.

Eine Veränderung, die keine Verbesserung ist, ist eine Verschlechterung, meinte einst Adolf Loos. Die Architekten des zweiten Umbaues, Schröder inbegriffen, haben in und an der Albertina zahlreiche kleine und fundamentale Veränderungen vorgenommen. Keine nennenswerte Verschlechterung, nirgends. Lauter Verbesserungen. Ein neuer, brauchbarer und durch die beinahe labyrinthische Gliederung der vielen mittelgroßen Räume ungemein spannender Ausstellungssaal im historischen Gebäude. Der Basteisaal ist mit Abstand der beste unter den zahlreichen Ausstellungsräumen, die in Wien in letzter Zeit neu errichtet wurden.

Das Einzige an und in der neuen Albertina, worüber man fast so vortrefflich wie über den Geschmack streiten könnte, sind die Farben. Das neumodische Dunkelbraun der Eichenholz-Parkettböden in den Ausstellungssälen. Das altmodische Damenunterwäsche-Rosarot der Innenhoffassade. Das Jugendstilmuster der Marmorbodenbeläge. Die synthetische Buntheit der seidenen Wandbespannungen. Ästhetik für jedermann, strapazierbare Eleganz: ein Ausstellungshaus für den Massenandrang. Ab jetzt sollen, Schröders Ehrgeiz folgend, jährlich 800.000 Füße durch die Albertina trampeln.

Man könnte meinen, aus der vornehm verstaubten Graphischen Sammlung sei ein Disneyland der Kunst geworden. Man kann aber auch mit Brecht vermuten: Klaus Albrecht Schröder ist in Wirklichkeit ein heimlicher 68er, der nicht anders kann, als die Massen und die Kunst zusammenzuführen. In Wirklichkeit hat er die Albertina demokratisiert. Der neue Eingang ist über das Massenverkehrsmittel Rolltreppe bequem erreichbar.

17. März 2003ORF.at

Altes und Neues

Ein Rundgang durch die neue Ausstellungshalle, das Restaurant und den neuen Albertina-Shop.

Ein Rundgang durch die neue Ausstellungshalle, das Restaurant und den neuen Albertina-Shop.

Vom Empfang in der Albertina kommt man direkt in den „Harriet Hartman Court“, benannt nach Sponsorin Harriet Hartman, der Begründerin der Frantschach AG, wie an noblen Goldlettern abzulesen ist. Noch um 1800 fuhr man hier in der Kutsche vor.

Da die Besucher heute zumeist mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen, wurde der Hof mit einem Glasdach zum Innenraum gemacht. Von hier aus gelangt man in jenen Teil, der von Josef Kornhäusl im Biedermeier monumental umgestaltet wurde.


Kombination Altes und Neues

Und von dort geht es auch zu der neuen, unterirdischen Ausstellungs-Halle. In diesem Teil wurde ein interessanter Übergang zwischen Alt und Neu geschaffen: Eine doppelte Rolltreppe bringt die Besucher von der Kornhäusl-Inszenierung in den „White Cube“ der neuen Ausstellungshalle.

Vorbei an hinterleuchteten Glaswänden, die die Passanten gleich auf die künstliche Lichtwelt der Halle, die unter der Bastei versteckt ist, einstimmen. In der Ausstellungshalle, die als Großraum funktioniert, sind acht variable Leitwandsysteme vorgesehen, die für jede Wechsel-Ausstellung ein anderes Hänge-System ermöglichen.


Boulevard mit Restaurant

Darüber, auf der Bastei, soll in den kommenden Wochen eine Linden-Allee gepflanzt werden, wie sie dort schon in den Urzeiten der Albertina stand. Später einmal könnte dieser Bereich als Boulevard dienen, an dessen Rand man in einem Schanigarten mit Blick auf das Palmenhaus und auf die Nationalbibliothek in der Sonne sitzen kann.

Das dazugehörende Restaurant hat Arkan Zeytinoglu entworfen. Beeindruckend ist ein gewaltiger rot-grüner Stein - der türkische Levanto Rosso in einem dreieinhalb-Tonnen-Stück - der den Raum teilt und gleichzeitig als Theke und überlanger Esstisch funktioniert.


Albertina-Shop

Auch der neue Albertina-Shop wurde separat vergeben: an das Londoner Büro Lumsden Design Partnership, das erst kürzlich den Shop in der Tate Modern gestaltet hat.

Rado Iliev erklärt, die Gestalter hätten sich am Schauplatz Wien inspiriert und alles in Kirschholz gehalten, um die traditionellen Bösendorfer Klaviere zu zitieren.


Tiefenspeicher 2009 fertig

Diese Teile konnten nun bis zur Eröffnung fertig gestellt werden. Der Tiefenspeicher allerdings, als Tresor für die Schätze der Albertina der eigentliche Anlass für den Neubau, ist noch nicht fertig.

Bis zur Fertigstellung des Tiefenspeichers im Jahr 2009 wird also das Gros der Albertina-Sammlung noch in den Speichern der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt.

17. März 2003ORF.at

Juwel in neuem Glanz

Die Baugeschichte des klassizistischen Palais liest sich wie ein Krimi - bis hin zum (künftigen) Titanflügel Hans Holleins.

Die Baugeschichte des klassizistischen Palais liest sich wie ein Krimi - bis hin zum (künftigen) Titanflügel Hans Holleins.

Auf dem Weg zur Pressekonferenz am Donnerstagvormittag, bei der die „Albertina neu“ präsentiert wurde, stolperten die Journalisten aus aller Welt zwar noch über Baukabel und -materialien, doch wer einmal in die kaiserlichen Prunkräume vorgedrungen war, blieb nicht unbeeindruckt: Hier glänzen 20 Kilometer Goldleisten in neuem Albertinagold, die Wandbespannungen sind originalgetreu aus Seide. Mit 17 Millionen Euro an Privat-
Sponsorgeldern wurden alle 18 Räume fertig renoviert.


Holleins Titanflügel

Nicht fertig wurde das Aushängeschild für das zeitgenössische Aussehen der Albertina: der von Hans Hollein entworfene Titanflügel über dem Haupteingang.

Dieser Eingang war nach einem Masterplan des Architekturbüros Steinmayr/Mascher wieder an dieselbe Stelle zurückverlegt worden, wo er sich 250 Jahre lang befunden hatte: an die Südseite auf der Bastei (die ein Rest der alten Befestigungsanlage Wiens ist). Dies war nur ein Nebenprodukt des Konzeptes der Architekten, die 1993 den Wettbewerb gewannen.


Holleins Eingangsbereich

Den Wettbewerb um die Neugestaltung des Eingangsbereiches hat Hans Hollein gegen die Konkurrenz von Architekten wie Wilhelm Holzbauer, Zaha Hadid oder Coop Himmelb(l)au für sich entscheiden können.

Hollein legte einen Entwurf vor, der die alte Bausubstanz nicht in Mitleidenschaft zog. Er konnte sich noch aus seiner Kindheit an den Bombentreffer in der Albertina erinnern und wusste, dass unter einem Teil der Bastei ein Schutthaufen verborgen war. An diese Stelle sollte nun nach Holleins Entwurf eine Rolltreppe kommen, die die Besucher ohne Anstrengung - als dynamisches Element - auf die Bastei zum neuen Haupteingang befördern wird.

Mehr dazu in kultur.ORF.at


Auslöser Hofburg-Brand

Als eigentliche Initialzündung für den Neubau der Albertina nennt Friedrich Mascher den Brand in der Hofburg, der deutlich machte, dass auch die Albertina extrem brandgefährdet war.

So entschloss man sich, einen brandsicheren Tiefenspeicher zu konstruieren, in dem die Schätze der Albertina sicher verwahrt werden können. Mascher unternahm eigens zu diesem Zweck Studienreisen zu den Schweizer Wertpapier-Depots, um Anleihen in der Sicherheitstechnik zu nehmen.


Speicher und Forschungszentrum

Nun gibt es den Speicher - im Rohbau ist er bereits fertig - unterirdisch versteckt in der Bastei. Zusätzlich konstruierten Steinmayr/Mascher ein Studien- und Forschungszentrum mit einer Fläche von 3.500 Quadratmetern, das von außen ebenso wenig sichtbar wird wie der Speicher.


Billige Nachkriegs-Renovierung

Wie Architekt Friedrich Mascher meint, haben auch andernorts die Wiederaufbau-Arbeiten der 50er Jahre das Barock-Palais einiges an Substanz gekostet. So ist die Bausubstanz in den unteren Etagen durchwegs sehr gut und verweist auf eine 800-jährige Baugeschichte.

In den oberen Bereichen wurde der Bombentreffer aus den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 in den 50er und 60er Jahren allerdings zum Teil mit sehr billigen Materialien renoviert - was nach Maschers Ansicht zu einem „seltsamen“ Aussehen führte.

14. März 2003ORF.at

Kunst am Bau

Kurz vor der Neueröffnung der Albertina präsentierte sich das renovierte Museumsjuwel noch als Baustelle.

Kurz vor der Neueröffnung der Albertina präsentierte sich das renovierte Museumsjuwel noch als Baustelle.

Geschäftiges Treiben kurz vor der Albertina-Neueröffnung: Eine Hundertschaft von Bauarbeitern versucht, den Gebäudekomplex im ersten Wiener Bezirk nach den Um- und Ausbauplänen der Architekten Erich Steinmayr und Friedrich Mascher noch rechtzeitig zu dem Vorzeigemuseum zu machen, das es gern sein möchte.


Elf Meter über der Straße

Die Front zierten bis kurz vor dem Eröffnungstermin noch eingehüllte Fassaden, und auch am von Hans Hollein neu gestalteten Eingangsbereich wurde kräftig gebastelt. Dabei soll gerade dieser Teil eines der Aushängeschilder der neuen Albertina sein.

Hollein versetzte den Eingang dorthin, wo er ursprünglich, vor den Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg, war: Mit Lift oder Rolltreppe legt man die elf Meter von der Straßenebene durch die Bastei zum neuen Haupteingang zurück.


Titandach erst im Herbst

Das gigantische Flugdach aus Titan, das Hollein über dem Eingang schweben lassen will, gibt es allerdings noch nicht: Es wird in einem russischen Raumfahrtunternehmen produziert und soll im Herbst angebracht werden.

Im Gebäudeinneren bot sich ein ähnlich unfertiges Bild: Maler und Maurer, Restauratoren und Ausstellungskuratoren eilten durch das teilweise noch sehr halb fertig wirkende Museum.


Prunkvolle Luster

Kein ungewöhnliches Bild in den letzten Tagen: Drei Männer schleppten einen opulenten Kristallluster quer durch den dritten Stock - vorbei an einer Vorabführung für Presse und Kulturvermittler durch die Edvard-Munch-Eröffnungsausstellung, in die Prunkräume auf der anderen Seite des Hofs, wo er dann aufgehängt wurde.

Neben den drei Eröffnungsschauen werden diese 18 habsburgischen Prunkräume, an deren Renovierung auch kurz vor der Eröffnung noch fleißig gearbeitet wurde, als eine Hauptattraktion der neuen Albertina gepriesen.


Renovierung bis zuletzt

Die Räumlichkeiten wurden aufwendig in ihren Originalzustand versetzt - für die Neubespannung der Wände ließ Hausherr Klaus Albrecht Schröder die Seidentapeten nach historischen Mustern und Farben rekonstruieren und in Venedig nachweben.

Kurz vor der Eröffnung störten allerdings noch Malerutensilien und auf Arbeitstischen verteilte Inneneinrichtung diesen Prunk.


Innere Werte

Bei weitem weniger roh wirkten die Erweiterungen im Inneren des Komplexes: Steinmayr & Mascher überdachten den Innenhof und entwarfen das unterirdisch in der Bastei gelegene Studiengebäude und den Tiefspeicher.

Futuristische Rolltreppen führen in eine neu erbaute, minimalistisch-flexible Ausstellungshalle. Klassische Moderne, zeitgenössische Kunst und Fotografie sollen in diesem „White Cube“ gezeigt werden.


„Demnächst“ fertig

„Wir sind fertig geworden“, freute sich Direktor Schröder bei einer Pressekonferenz am Donnerstag - trotz Bauarbeiten an allen Ecken und Enden.

Er musste aber einräumen, dass noch einiges zu tun ist: 14 Tage benötige man noch für die endgültige Fertigstellung der Innenräume, ein bis eineinhalb Monate rechne man für die Außenarbeiten, das Restaurant werde Ende April eröffnet.

Kulturministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) nahm es gelassen: „Es ist halt wie immer kurz vor einer Eröffnung: Überall wird noch gearbeitet. Und wenn noch nicht alles fertig ist, dann wird's halt demnächst fertig“ - mehr dazu in kultur.ORF.at.


Kein Chaos im Shop

Zumindest der Shop präsentierte sich kurz vor der Eröffnung betriebsbereit. Callum Lumsden, der schon den Museumsshop der Tate Modern gestaltet hat, war für das Design zuständig.

Während in vielen anderen Teilen der neuen Albertina noch das Bauchaos regierte, wurden hier schon fleißig die Bücher eingeräumt, die ab Freitag an den Mann oder die Frau gebracht werden sollen. Weitere Bilder in wien.ORF.at.

14. März 2003ORF.at

Mehr Geld, mehr Museum

Die Sanierung der Albertina hat mehr gekostet als geplant. Und auch für den Tagesbetrieb ist ein höheres Budget notwendig.

Die Sanierung der Albertina hat mehr gekostet als geplant. Und auch für den Tagesbetrieb ist ein höheres Budget notwendig.

Während bei der Präsentation des Albertina-Umbaus im Jahr 2001 Gesamtkosten von 87 Millionen Euro genannt wurden, belaufen sich die Aufwendungen für die Sanierung laut Direktor Klaus Albrecht Schröder inzwischen auf 100 Millionen, berichtete das Nachrichtenmagazin „profil“ vor der Eröffnung.

Die zusätzlichen Mittel kommen von der Stadt Wien und von privaten Sponsoren.


Geldverschwendung?

Die Kostensteigerung hatte im Vorfeld zu einer Unstimmigkeit zwischen Schröder und dem für die Bausubstanz zuständigen Burghauptmann Wolfgang Beer geführt.

Beer warf dem Museumschef Geldverschwendung vor, schwächte das später aber als Missverständnis ab. Das Projekt sei nicht teurer geworden, sondern erweitert worden.

Sein einziger Vorwurf: „Man hätte zum Zeitpunkt, als Schröder mit seinen Erweiterungsplänen angetreten ist, eine Denkpause machen und nicht während des Baus das Projekt verbessern sollen.“ Man habe gebaut und gleichzeitig geändert, erklärte Beer. „Das ist nicht gescheit.“


Bundesmittel blieben gleich

Kulturministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) hat mit den höheren Kosten kein Problem. Sie verwies bei einer Pressekonferenz am Donnerstag darauf, dass die Summe der beim Albertina-Ausbau eingesetzten Bundesmittel mit derzeit rund 80 Mio. Euro nicht höher wäre als 1994 geschätzt. „Das ist eine ganz enorme Leistung.“

Wenn es Diskussionen über einzelne Kostensteigerungen gebe, sei dabei auch zu bedenken, dass man „um dieses Geld enorm viel mehr gemacht“ habe.


Schröder will höhere Zuschüsse

Um das „Museumsjuwel“ (Gehrer) nun auch entsprechend bespielen zu können, forderte Schröder bereits vor der Eröffnung eine Budgetspritze.

Im „Standard“ erklärte er am vergangenen Wochenende, die derzeitigen Bundesmittel von etwa fünf Mio. Euro jährlich müssten erhöht werden.

„Die Albertina benötigt zur Durchführung ihres kulturpolitischen Auftrages eine um 40 Prozent erhöhte Subvention, sprich 2,1 Mio. Euro mehr“, so Schröder.


Keine Zusage

Eine fixe Zusage über ein erhöhtes künftiges Betriebsbudget wollte Gehrer aber auch am Donnerstag nicht machen: „Das ist ein Entwicklungsprozess. Mein Anliegen ist es, dass der Betrieb und die Ausstellungen in der Grundtendenz gesichert sind. Über spezielle Bedürfnisse muss geredet werden. Aber jetzt feiern wir erst einmal die Eröffnung.“

14. März 2003ORF.at

Alter Glanz und verborgene Räume

Überzeugende Bauleistung von Steinmayr & Mascher, Warten auf Holleins „Wahrzeichen“.

Überzeugende Bauleistung von Steinmayr & Mascher, Warten auf Holleins „Wahrzeichen“.

Die neue Albertina ist eine architektonische Meisterleistung.

Während sich aber die Aufmerksamkeit auf den Shop von Callum Lumsden und das Restaurant von Arkan Zeytinoglu sowie das geplante Flugdach-Wahrzeichen von Hans Hollein konzentriert, geht das Bravourstück der Um- und Ausbauarchitekten Erich Steinmayr und Friedrich Mascher etwas unter. Zu Unrecht.


Unsichtbare Innenausbauten

Steinmayr & Mascher haben es geschafft, das Wiener Klassizismus-Juwel zu neuem Glanz zu bringen und durch großteils unsichtbare Innenausbauten neue Ausstellungs-, Depot- und Büroflächen zu schaffen.

So verfügt die Albertina jetzt über einen großzügigen Tiefspeicher (in und unter der Bastei) sowie neue Restaurierungswerkstätten, Digitalstudios, Lesesäle und eine Bibliothek.

Ebenfalls in der Bastei entstand ein knapp 1.000 m² großer Ausstellungsraum, ein weiterer kam durch die Zusammenlegung der alten Depots zu Stande.

Durch die Überdachung des ungenutzten Innenhofes entstand ein neuer Eingangsbereich.

Den Auftrag erhielten Steinmayr & Mascher 1992, die Umbauarbeiten begannen aber erst 1999.


Sonderwettbewerb für Bastei

Den Zuschlag für die Neugestaltung des Albertina-Aufgangs bekam aber 2001 Hans Hollein, der gemeinsam mit Zaha Hadid, Coop Himmelb(l)au und Wilhelm Holzbauer zu einer Bewerbung eingeladen worden war.

Zur Begründung der Wettbewerbsausschreibung hieß es, das neu eröffnete Museum solle wieder über den ursprünglich Eingang hinter dem Reiterstandbild Erzherzog Albrechts betreten werden.


Titan-Flugdach als Wahrzeichen?

Während Hollein letztlich mit einer Bastei-Rolltreppe und einem in Richtung Hrdlicka-Mahnmal auskragenden Dach aus Titan als neuem Albertina-Wahrzeichen punkten konnte, schlugen Coop Himmelb(l)au einen Schrägaufzug und eine lange Rampe vor.

Hadid entwarf lang gezogene Rolltreppen, und Holzbauer kombinierte eine Treppe mit einem Aufzug.


Titanische Verzögerung

Während die Rolltreppe in der Bastei termingerecht eingebaut wurde, muss auf das darüber liegende Hollein-Flugdach weiter gewartet werden.

Es werde jetzt mit Titan aus dem Ural in einem Raumfahrtunternehmen nahe Moskau gefertigt und erst im Spätsommer angeliefert, hieß es in der Albertina. Kritiker vermuten bereits jetzt „bauunübliche Kosten“.


Umstrittene Bullaugen

Bereits fertig wurden neue runde Fenster im Gebäudesockel hin zur Augustinerstraße. Die ersten Reaktionen fallen zwiespältig aus: „Der Standard“ meint, man könne über sie streiten, „Die Zeit“ nennt die Idee schlicht „plump, direkt dem verstaubten Spielkasten der Postmoderne entnommen“.

14. März 2003Werner Thuswaldner
Salzburger Nachrichten

Albertina fast ganz neu

Heute, Freitag, wird in Wien mit einem großen Festakt die Albertina nach zehn Jahren wieder eröffnet. In dieser Zeit hat sie sich sehr stark verändert.

Heute, Freitag, wird in Wien mit einem großen Festakt die Albertina nach zehn Jahren wieder eröffnet. In dieser Zeit hat sie sich sehr stark verändert.

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08. März 2003Thomas Trenkler
Der Standard

„Hundert Prozent Seide“

Marmor, Granit, Travertin. Palisander, Kirsch- und Eichenholz. Gold, Seide und satiniertes Glas: Für die Renovierung der Albertina, die am 14. März wiedereröffnet wird, wurden nur die edelsten Materialien verwendet. Und kein Wellblech. Denn das Palais ist keine Hütte.

Marmor, Granit, Travertin. Palisander, Kirsch- und Eichenholz. Gold, Seide und satiniertes Glas: Für die Renovierung der Albertina, die am 14. März wiedereröffnet wird, wurden nur die edelsten Materialien verwendet. Und kein Wellblech. Denn das Palais ist keine Hütte.

Ein Museum mit Weltgeltung nach einem Jahrzehnt bloß wiederzueröffnen, wäre wohl unter der Würde eines Klaus Albrecht Schröder. Der Direktor spricht daher immerzu von einer - mehr oder weniger - „Neugründung der Albertina“. Lautet doch sein Motto, mit dem er, in erhabene Pose geworfen (Stand- und Spielbein, den einen Arm ganz locker auf die Türschnalle gelegt, den anderen noch lockerer in der Hosentasche versenkt), Printwerbung für einen Versicherungskonzern macht: „Vor mir die Kunst, Großes noch größer zu machen.“ Und die Albertina ist ziemlich groß. Mit über einer Million Drucke und Hunderttausenden Zeichnungen die größte Institution ihrer Art.

Dass die Albertina am 14. März wiedereröffnet wird: Daran besteht kein Zweifel. Auch wenn selbst eine Woche vor dem Staatsakt auf der Augustinerbastei das pure Chaos herrscht. Allerorts werken Tischler, Maurer und Monteure, Glaser, Tapezierer und Restauratoren. Viele werden auch danach weiterarbeiten. Denn trotz der Verschiebung der Eröffnung um ein halbes Jahr wird so manches Vorhaben nicht rechtzeitig umgesetzt sein. Wer sich dieser Tage der Albertina nähert, glaubt sogar ein Manifest der Niederlage erkennen zu können. Die Burggartenseite des Palais ist eingerüstet. Von Schanigarten keine Spur. Er müsse auch künftig Druck machen, sagt Schröder, „extremen Druck“. Denn spätestens Anfang April haben die 45 Zwerglinden gepflanzt zu sein.

Die dem Hrdlicka-Mahnmal zugewandte Seite hingegen ist zwar so gut wie fertig. Aber doch ganz anders, als es sich Schröder erträumt hatte. Denn der Direktor wollte den klassizistischen Zustand wiederhergestellt wissen. Und der besagt, dass entlang der Augustinerstraße eine Rampe auf die Bastei führt. Sie war, obwohl nicht beschädigt, nach dem Weltkrieg abgetragen worden. Von dieser Idee hatte sich Schröder schon bald verabschieden müssen. Auch aufgrund der enormen Kosten. Die ursprüngliche Gliederung der Fassade hingegen brachte er durch. Und statt des massiven Balkons aus Beton, den man in den 50er-Jahren fälschlicherweise im Erdgeschoß des Palais angebracht hatte, gibt es nun wieder einen originalgetreu rekonstruierten aus geschmiedetem Eisen - im mondänen Piano nobile.

Ob der fehlenden Rampe lagen in den letzten Jahrzehnten die beiden Kellergeschoße bloß. Sie liegen es auch jetzt. Wenn auch anders: Hans Hollein markierte die Trennungslinie zum Palais mit einem schweren Gesims. Und schnitt darunter eine Reihe plumper Bullaugen ins Mauerwerk. Dass ihm diese Lösung widerstrebt, würde der Direktor öffentlich nie zugeben. Das Bundesdenkmalamt hätte auf dieser Lösung bestanden. Und er, Schröder, sei der Letzte, der nicht zu der Entscheidung steht.

Immerhin betritt man die Albertina jetzt wieder durch den Haupteingang auf der Bastei. Und nicht durch den Keller. Beziehungsweise: Man durchstößt die Bastei mit Lift oder Rolltreppe, um die Albertina durch den Haupteingang betreten zu können. Und wird selbst bei Regen nicht nass werden: Denn weit über die Bastei hinaus soll ein Flugzeugflügel-ähnliches Dach aus Titan kragen, das Hollein gestaltete. Doch das Wunderwerk der Technik, 64 Meter lang, ließ sich bisher nicht realisieren. Es werde nun in Russland produziert, sagt man, und soll ab Herbst über der Bastei schweben.


Zu Schröders Ärger hat der Burghauptmann kein Geld für die Bepflasterung springen lassen. Billiger Asphalt umgibt das Reiterstandbild von Erzherzog Albert, dem Gründer der Albertina. Und auf billigem Asphalt muss man sich dem Tempel der Musen nähern. Doch dann, hat man den gläsernen Windfang passiert, steht man inmitten der Pracht. Inmitten der „kostbarsten, wertvollsten Materialien“, sagt Schröder. „Wir haben uns auch bei der zeitgenössischen Architektur“ - der Direktor betont immer das Zeitgenössische der Architektur - „am Anspruch des Palais mit seinen Prunkräumen orientiert. Und greifen nicht zurück auf Wellblech.“ Die Albertina ist schließlich keine Hütte. Daher schwarzer Granit aus China, laut Schröder der „nero assoluto“. Zudem grün-roter Marmor aus Ostanatolien, der „rosso levante“. Und das 15 Meter lange Foyer - man könnte auch Schlauch sagen - ist ausgekleidet mit hellem Travertin. 28 Tonnen Stein hat man insgesamt verarbeitet.

Am Ende des Tunnels (neu errichtet, da dieser Teil beim Bombenangriff 1945 völlig zerstört wurde) wartet das Licht: Den Innenhof, Schröder nennt ihn „Court“, hat man überdacht und in den Zustand von 1850 gebracht. Nun herrscht wieder die alte Anordnung der kleinteiligen Fenster, selbst die Farben, Apricot und Elfenbein, seien originalgetreu.

Linkerhand gelangt man ins Do&Co-Restaurant. Arkan Zeytinoglu, von dem die Bar Italia stammt, hat es designt. Ein mächtiger Palisander, in Scheibchen geschnitten (insgesamt 600 Quadratmeter), bildet die Oberfläche der Bar, der Wände, der Toiletten. „Das schönste Restaurant von Wien“, sagt Schröder. Es lebe der Superlativ. Vis-à-vis der Museumsshop des britischen Innenarchitekten Callum Lumsden. Die Möbel sind aus Kirschholz, schwarz lasiert, und rosa Glas. „Sehr elegant“, sagt Schröder.

Geradeaus geht es in die ovale Minerva-Halle, 1822 von Joseph Kornhäusel errichtet. Ab der Göttin der Weisheit, die selbstbewusst in einer Nische thront, schreitet man auf weißem Marmor zu den Ausstellungsbereichen. Eine Rolltreppe führt hinunter in die neue Basteihalle. „Convenience ist alles“, sagt Schröder. „Die Rolltreppe habe ich gewollt und geplant.“ Das Design zumindest stammt von den Architekten Erich G. Steinmayr und Friedrich H. Mascher: Der Schacht ist mit Milchglasscheiben - Schröder sagt natürlich „satiniertes Glas“ - verkleidet, hinter denen Batterien von Neonröhren leuchten. Eine Himmelfahrt in den Untergrund. Dort geht es weiter auf Eichenparkett: „Dunkel gebeizt, raffiniert verlegt, extrem widerstandsfähig“, sagt Schröder. Der White Cube mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten ist groß. Wie groß? „1000 m²“, sagt Schröder. „800 Quadratmeter“, sagen die Architekten.

Von der Minerva-Halle kann man aber auch geradeaus weitergehen: durch den Säulengang bis zur Sphinxstiege. Dabei passiert man die Pfeilerhalle. Hier hätte ursprünglich der Lift eingebaut werden sollen. Als Schröder im Herbst 1999 zum Direktor berufen wurde, war der Schacht bereits ausgehoben. Welch Frevel! Schröder ließ ihn zuschütten, um die Halle in ihrer Integrität zu erhalten. Nun nutzt er sie für Wechselausstellungen. Nebenan das Kinderatelier mit fünf Räumen: Gleichzeitig können mehrere Schulklassen betreut werden. „Das hat kein anderes Museum“, sagt Schröder.

Über die viergeschossige Sphinxstiege führt der Weg ins Piano nobile mit den restaurierten Prunkräumen. Kurioserweise ist die Innenausstattung älter als der Gebäudetrakt: Sie war 1780 für Schloss Laecken angefertigt worden. Und Erzherzog Albert nahm sie mit, als er 1792 vor den Franzosen floh. Nun strahlen diese Räume wieder, die jahrzehntelang auch als Depots genutzt worden waren. 32 Kilometer Leisten wurden restauriert und vergoldet. Und die Wandbespannungen konnten perfekt rekonstruiert werden. Denn in jedem Saal hätten sich Reste von diesen erhalten gehabt. Daher konnte man sie wie einst von Rubelli in Venedig weben lassen. „Hundert Prozent Seide“, sagt der Direktor. „Mit der originalen Musterung.“

Dass die Albertina „das schönste klassizistische Palais Mitteleuropas“ ist: Wer würde das infrage stellen? Das Vestibül. Das Konversations- oder Kaminzimmer. Die Garderobe von Erzherzog Carl, dann dessen Schlafzimmer, das Goldkabinett, der Teesalon, das Billardzimmer. Der Musensaal, der allein zwei Millionen Euro kostete. „Ich bin sehr stolz“, sagt Schröder. Das Lesezimmer, in Gelb gehalten. „In Gold“, verbessert Schröder. Der Audienzsaal in Purpur. „In Kardinalsrot“, sagt Schröder. „Das ist schon eine Pracht.“ Dann das Rokokozimmer, das so heißt, weil die Einrichtung jüngeren Datums ist: Mathilde, die Tochter von Albrecht, rauchte heimlich, fing Feuer wie Paulinchen und verendete kläglich. Die Wände sind daher nicht mit Seide ausgekleidet, sondern mit Satin. Zum Schluss das Wedgwoodkabinett in Lila und das Spanische Appartement.

Die Klimaanlagen, die 400 Kilometer Lichtwellenleiterverkabelung: alles versteckt in Wandnischen und Kaminen. „Wir haben ein Palais des 18. Jahrhunderts auf dem technischen Stand des 21. Jahrhunderts“, sagt Schröder. Nagelneu auch die Propter-Homines-Halle im Augustinerkloster, eigentlich ein Rundgang mit zehn Sälen. „Radikale Modernisierung“, sagt Schröder immer wieder. Das gilt ganz besonders für diesen Bereich: Der Direktor ließ Kaminmauern und Bibliotheksgang niederreißen, um Platz für die Wechselausstellungshalle zu schaffen. Wie groß sie ist? „Knapp 1000 Quadratmeter“, sagt Schröder. „Rund 800 Quadratmeter“, sagen die Architekten.

08. März 2003Ute Woltron
Der Standard

Bravouröses Architekturpuzzle

Wie man uneitel, funktional und sehr spannend neue Architektur in würdigen Altbestand einfügt

Wie man uneitel, funktional und sehr spannend neue Architektur in würdigen Altbestand einfügt

Architektonisch betrachtet können Umbau sowie Revitalisierung der Albertina als ausgesprochen gelungen bezeichnet werden. Die Architekten Erich Steinmayr und Friedrich Mascher haben nicht nur vorzügliche - und stille - Arbeit geleistet. Sie haben auch das Durchhaltevermögen bewiesen, das für ein sowohl technisch, administrativ als auch entwerferisch derart schwieriges Bauvorhaben nötig ist. Die Albertina hat im Laufe ihrer über 200-jährigen Geschichte viele Umbauten und Stilwechsel durchgemacht. Heute zeigt sie sich prächtig wie nie, und sie zeigt sich als feudales großstädtisches Museum auf dem Letztstand der Technologie und der Architektur.

Der Bestand wurde bis zur letzten Intarsie sorgfältig restauriert und - was die Bauaufgabe so kompliziert machte - im großen Maßstab mit den Mitteln zeitgenössischer Baukultur erweitert. Diese Erweiterungen, es handelt sich um Studientrakte und Ausstellungshallen, sind von außen kaum sichtbar. Genau das gilt manchen als Kritikpunkt: Würde sich doch das Neue im Alten verstecken. Doch das Endresultat spricht für sich. Den Architekten gelang hier das Unwahrscheinliche - sie bauten in ein altes Stadtpalais feinste neue Architektur ein, banden sie funktional klug an den Bestand an, und dass etwa die hinter Stahl und Glas hochmodern untergebrachten Restaurierwerkstätten von außen nicht einsichtig sind, stört absolut nicht.

Die Albertina steht erhöht über dem eigentlichen Stadtboden, was den Umbau, sprich die Fundierungen, erschwerte. Steinmayr und Mascher machten aus der Not eine Tugend und gruben ihre neuen Gebäudeteile bis zum festen Terrain ein. Ein beachtlicher Tiefspeicher sorgt erstmals in der Geschichte der renommierten Sammlung für ordentliche Aufbewahrung der Kunstwerke, die neuen Ausstellungshallen, also jene Teile, die die Besucher zu Gesicht bekommen werden, sind reduzierte, vernünftige Angelegenheiten, die bestens bespielbar sein sollten. Die bereits erwähnten Werkstätten erstrecken sich über vier Geschoße, sie sind trotzdem dank ausgeklügelt angelegter Lichthöfe hell, freundlich und bis zuunterst lichtdurchflutet.

Ebenfalls restauriert wurden die völlig überalterten Räumlichkeiten des gleichfalls in der Albertina beheimateten Filmmuseums, das nunmehr auch über eine neue Vorführ- und Soundanlage verfügt. Ein Umbau des Kinosaales wird im Sommer erfolgen, eine kleine Bar sowie ein Shop im ganz neu gestalteten Eingangsbereich werden ebenfalls zur Zeit geplant.

Der Albertina-Umbau ist trotz Eröffnung noch nicht ganz vollzogen, was sich vor allem fassadenseits bemerkbar macht: Etwa Hans Holleins „Welle“ unter den neuen runden Fenstern - über die man streiten kann - steht noch aus, ebenso sein Flugdach über dem Eingangsbereich. Museumsshop und Café sind Kapitel für sich, die DER STANDARD gesondert besprechen wird. Zusammenfassend lässt sich jedenfalls sagen, dass das Gesamtkonzept von Steinmayr und Mascher, also die Komposition von Alt und Neu samt der schwierigen Gebäudelogistik (Wegeführung etc.) einen erfreulichen Meilenstein der zeitgenössischen Wiener Architektur darstellt.

23. Dezember 2002ORF.at

„Österreichs modernstes Museum“

Provisorium statt Holleins Titan-Flügel

Provisorium statt Holleins Titan-Flügel

„Wir werden die Eröffnung am 14. März schaffen!“ Nach Jahren des Planens, Bauens und Termin-Verschiebens hat diese Ansage von Klaus Albrecht Schröder in der Woche vor Weihnachten Gewicht. Dennoch gibt es für den Albertina-Direktor in den kommenden drei Monaten bis zum Auftakt mit einer international beachteten Schau über den norwegischen Maler Edvard Munch vermutlich kaum eine ruhige Minute mehr. „Das Ganze wird sehr knapp, keine Frage“, meint Schröder gegenüber der APA.

Für eine Nervenprobe sorgte etwa die Entdeckung, dass die Prunkstiege einsturzgefährdet war und nun im Schnelltempo gänzlich neu errichtet werden muss. Auch der Umstand, dass man für die endgültige Fertigstellung der Fassaden noch eine zweiwöchige durchgängige Periode mit Temperaturen über fünf Grad Celsius benötigt, trägt nicht zur Beruhigung bei.


Wettergott muss mitspielen

„Der Wettergott muss immer mitspielen“, so Schröder, „Wenn nicht jedes Detail fertig ist, wird das aber nicht entscheidend sein bei einem 100-Millionen-Euro-Investment.“ Keineswegs ein Detail ist jedoch der geplante, weit über die Bastei hinausragende Titan-Flügel von Hans Hollein. Dieses neue Wahrzeichen der Albertina wird man zur Eröffnung vergeblich suchen.


Flügel wird nicht fertig

„Hier hat es technische Schwierigkeiten bei den Firmen gegeben“, erklärt Schröder beim APA-Lokalaugenschein auf der Baustelle. „Hollein hat eine Herausforderung vorgelegt, die man erst bewältigen muss.“ Immerhin habe der filigrane Flügel eine Länge von 64 Metern. Auch Firmen, die ihre Technologieerfahrungen aus der Weltraumfahrt beziehen, seien damit befasst.

Während es noch völlig unklar ist, wann und in welcher Technik das Flugdach errichtet werden kann, ist entschieden, dass es zur Eröffnung ein von Hollein gestaltetes provisorisches Element geben wird. Es soll den über eine Rolltreppe auf Basteihöhe gelangenden Besuchern Wetterschutz gewähren, ehe sie durch den wieder aktivierten alten Eingang die Albertina betreten.


Glasfaser-Verkabelung

„Österreichs modernstes Museum“ (Eigenwerbung) soll mindestens 350.000 Besucher jährlich in die drei vollklimatisierten Ausstellungshallen und die penibel renovierten Prunkräume des Palais locken. Und auch das, was der Normalbesucher gar nicht zu sehen bekommt, etwa das neu errichtete mehrgeschossige Studiengebäude inklusive Tiefspeicher oder die Glasfaser-Verkabelung der neuen Räumlichkeiten, ist vom Feinsten und Modernsten.

Kein Wunder, dass Schröder von einem „Meilenstein in der Geschichte der Bundesmuseen“ spricht, von der „Verwirklichung eines historischen Traums“. Wiener wie Touristen dürfen sich außerdem über die Rückeroberung eines versteckten Stadt-Winkels auf der Bastei freuen und auf das „schönste Restaurant Wiens“ (Schröder) mit einem Schani-Garten, bei dem man förmlich aus einer Loge direkt über den Volksgarten blickt.

20. April 2002Liesbeth Waechter-Böhm
Spectrum

Zwei Fassaden, ein Gebäude

Ein in die Erde versenkter vierstöckiger Neubau, in den bis ins unterste Geschoß Tageslicht fällt, und das in einem streng denkmalgeschützten Ensemble: das „unsichtbare“ Studiengebäude der Wiener Albertina. So heikel die Aufgabe war, so brillant fiel die Lösung von Erich Steinmayr und Friedrich Mascher aus.

Ein in die Erde versenkter vierstöckiger Neubau, in den bis ins unterste Geschoß Tageslicht fällt, und das in einem streng denkmalgeschützten Ensemble: das „unsichtbare“ Studiengebäude der Wiener Albertina. So heikel die Aufgabe war, so brillant fiel die Lösung von Erich Steinmayr und Friedrich Mascher aus.

Wie die Zeit vergeht. Nicht zu glauben, daß der Wettbewerb für die Sanierung und Erweiterung der Wiener Albertina schon neun Jahre zurückliegt. Nächstes Jahr, wenn das Gesamtprojekt abgeschlossen und eröffnet werden wird, ist es dann also ein rundes Jahrzehnt. Dabei wird beim Bauen keineswegs getrödelt: Seit Beginn der Bauarbeiten im Frühjahr 1999 schreitet das Vorhaben zügig voran. Es war die Phase vor der eigentlichen Realisierung, die sich so lang hingezogen hat. Ein Jahr vor der Eröffnung ist daher erst ein Bauabschnitt wirklich abgeschlossen. Der allerdings ist architektonisch vom Feinsten.

Die Intelligenz des Projekts von Erich G. Steinmayr und Friedrich Mascher hat schon seinerzeit, im Wett-bewerbsjahr 1993, bestochen. Die Idee, ein „unsichtbares“ Studiengebäude in die Erde zu versenken, in das aber trotzdem Tageslicht einfällt und das sogar über einen absolut sehenswerten Ausblick verfügt, war immer schon brillant. Jetzt sieht man, daß sie auch entsprechend umgesetzt wurde.

Nur: Daß man es sieht, wenn man es sehen möchte, das ist gar nicht so leicht. Weil es eben ein „unsichtbares“ Gebäude ist, eines mit nur zwei Fassaden: dem Dach und jener Fassade Richtung Nationalbibliothek, die sich gläsern aus der Erde herausschiebt, orientiert auf einen gar nicht so kleinen, einfachen, kontemplativen Hof.

Die Dachfläche des Neubaus ist ganz eben, aber strukturiert. Es gibt in der Fläche sitzende Lichtampeln, beschattet durch einen simplen Raster aus Alu-LKW-Brettern, dazwischen fast schwarze, verblechte Dachflächen. Schwarz - in der Architektur bei vielen Leuten sehr ungeliebt - gehört zum Material-, Oberflächen- und Farb-konzept, das sich ganz stringent durch dieses Gebäude durchzieht.

Die Hauptfassade zum Hof ist in der Tat überraschend: Einmal sitzt die Verglasung außenbündig, also ganz vorne in der Fläche, dann springt sie plötzlich zurück, die Verglasung ist innenbündig angebracht und ein fixer Alu-Beschattungsraster davor montiert, unten sitzt sie wieder außenbündig in der Fläche. Das ist eigenartig. Und es ist eigenartig, wie unterschiedlich die Fassaden-teilung ausgefallen ist. Denn da tauchen in schöner Regelmäßigkeit auch hohe schmale Glaselemente auf, die ausschauen, als wären sie Türen, vor denen man den Balkon vergessen hat. Hat man aber nicht. Es sind die Brandrauchklappen, die sich hier im Fassadenbild zeigen.

Wir reden von einem vierstöckigen Neubau, in dem sich - von oben nach unten - ein öffentlich zugänglicher Studiensaal mit dreißig Arbeitsplätzen und einem erhöhten Bereich mit Computer-Arbeitsplätzen befindet, darunter sind die Werkstätten für die Papier-restaurierung. Wieder darunter ist ein interner Studiensaal mit angeschlossenem Photostudio auch für Digital-kameras und einer Verbindung zum untersten Geschoß mit der Bibliothek.

Das ganze Gebäude hat eine Raumtiefe von ungefähr dreißig Metern, dort ist dann eine Art Lichtschleuse, ein verglaster Lichthof eingeschoben, über den selbst an einem ganz trüben Tag Tageslicht bis auf die unterste, die Bibliotheksebene einfällt.

Übrigens wird das Studiengebäude vor der Eröffnung im nächsten Jahr nicht öffentlich zugänglich sein. Denn Sinn macht es nur, wenn der Tiefspeicher fertig und der Zugriff auf die Bestände der Albertina gewährleistet ist. Und das ist ein ziemlich komplexes Unterfangen. Der Zugriff auf die Sammlung wird in Zukunft geschoßweise, mechanisch und automatisch erfolgen. Es werden in jedem Geschoß sogenannte Ausgabegeräte installiert, in die man seine Wünsche eingibt und die den ganzen Vorgang des Heraus-suchens und Anlieferns selbsttätig erledigen. Das ist zwar ungemein aufwendig, aber in dieser Möglichkeit liegt gewissermaßen der „politische“, der „demokratische“ Aspekt des gesamten Albertina-Projekts: Er macht diesen Sammlungsbestand für eine Öffentlichkeit, die aus Wissenschaftlern, Forschern, Studierenden besteht, wirklich zugänglich. Und das war zuvor auf dieser breiten Basis nicht möglich.

Was das Projekt von Steinmayr und Mascher seit der ersten Stunde so überzeugend gemacht hat, ist die Logik der Lösung. Was es gebraucht hat, war eine ungemein diffizile städtebauliche Lösung für diesen „unsichtbaren“ Neubau im zu Recht unverletzbaren, strengstens denkmalgeschützten Bereich zwischen Augustinerstraße, Burggarten und Hofburg; es hat eine sinnvolle interne Verknüpfung zwischen dem Altbau, und den Neubauteilen, also Studiengebäude, Tiefspeicher und Ausstellungshalle gebraucht; und all das hat zwingend nach einer angemessenen formalen Umsetzung verlangt, die dem Standort und der Albertina gerecht wird.

Letzteres ist beim Neubau schon dadurch bewältigt, daß man mit einem Minimum an Material ausgekommen ist: Es gibt Sichtbeton in durchaus brauchbarer Qualität, es gibt schwarzen Fließterrazzo, es gibt Aluminium - eloxiert oder pulverbeschichtet -, es gibt Glas von transparent bis transluzent, und dann gibt es auch noch Holz, und zwar Eiche. Als Parkett auf dem Boden, auch als relativ stark geflammtes, aber durch die Logik der Verlegetechnik wieder beruhigtes Furnier auf Wandpaneelen. Und was das alles vom Kritikerstandpunkt aus so einsichtig macht: Die Dinge haben ihre Begründung, sie sind nicht bloß Willkürakt. Daß im Studiensaal trotz Tageslicht von oben eine Glasfassade ist, hat mit dem psychischen Wohlbefinden zu tun, das sich einstellt, wenn man nach draußen schauen kann; daß im Werkstättengeschoß über die Fassade für eine optimale, aber steuerbare Belichtung gesorgt ist, hat mit den konkreten Anforderungen zu tun. Und so weiter. Bis hinunter zur Bibliothek, wo man dann halt bei Tageslicht nachschauen kann, ob das Buch, das man sich aus dem Kompaktregal geholt hat, wirklich das richtige ist.

Die funktionelle Verknüpfung der verschiedenen Einheiten untereinander kann man zum jetzigen Zeitpunkt nur teilweise nachvollziehen. Der alte Portikus steht wieder da; die Holleinsche Rolltreppe ist in einem frühen Realisierungsstadium; der in Zukunft glasüberdachte Albertina-Hof wird einmal die entscheidende Verteilerfunktion im Komplex übernehmen. Man sieht, wie die neue Ausstellungshalle in etwa dimensioniert sein wird - und man sieht, daß sie eine massive Decke hat. Das ist ein bißchen unbegreiflich, wenn man weiß, daß die Architekten ursprünglich eine Lichtdecke dafür entwickelt haben. Auch wenn die Albertina-Lichtdecke nur halb so gut gewesen wäre wie jene, die Renzo Piano für die Sammlung Beyeler bei Basel entwickelt hat, wäre sie immer noch eine Sensation im Vergleich zu dieser Bunkerlösung.

Die Albertina ist zum jetzigen Zeitpunkt eine der aufregendsten Baustellen Wiens. Abenteuerlich. Da überschneiden sich unterschiedlichste Bauetappen, und bei den verschiedenen Niveaus, die nun sichtbar sind, wird es ganz schwer, sich überhaupt noch zu orientieren. Unbeschreiblich aufregend, die alten Klostergewölbe zu sehen, wo der „Albertina-Keller“ lange Zeit sein Weinlager hatte und wo man jetzt, wenn man hinauf schaut, die massiven Träger sieht, mit denen die notwendige Unterfangung eines Teils der Albertina bewältigt wurde.

Eine vielleicht kuriose Anmerkung zum Schluß: Ursprünglich hatte die Albertina-Rampe eine Steigung von sechs Prozent, jetzt hat sie neun Prozent. Denn die Begrenzungsmauer der Rampenkehre - übrigens mit den al-ten Zwanzig-Zentimeter-Massivblöcken realisiert - mußte durch den Neubau um dreißig Meter vorverlegt werden. Selbst als Wiener, der die Situation gut kennt, fällt einem praktisch nicht auf, daß die Rampe jetzt steiler ist. Es ist schon komisch, wie das in der Architektur mit dem Gedächtnis funktioniert: Manches bewahrt sich ganz lange, sogar jahrhundertelang. Und dann gibt es aber auch Dinge, die sind gleich vergessen.

02. April 2002ORF.at

Hier sind Sie sicher

Maximale Sicherheit für die Kunstwerke und maximale Besucherzufriedenheit sind die Parameter der Renovierung der Albertina.

Maximale Sicherheit für die Kunstwerke und maximale Besucherzufriedenheit sind die Parameter der Renovierung der Albertina.

Aufgerissene Böden, Scharen von Handwerkern, Gerüste und Staubwolken in den Räumen: So sieht es derzeit noch im Inneren der Wiener Albertina, einer der weltweit bedeutendsten Kunst-Sammlungen, aus. Es wird fieberhaft an der Restaurierung - der ersten seit über 100 Jahren - gearbeitet. Denn im März 2003 soll die Albertina wiedereröffnet werden.

„Die öffentlich zugänglichen Bereiche werden sicher in einem Jahr fertig sein. Die Verzögerungen, die wir in Kauf nehmen mussten - ich stehe voll hinter der Burghauptmannschaft, die diese Entscheidungen getroffen hat - sind auf archäologische Funde zurückzuführen gewesen. Sie wurden dort gemacht, wo sich heute die unterirdische Wechsel-Ausstellungshalle befindet“, erklärt Direktor Schröder im Gespräch mit kultur.ORF.at zur aktuellen Bausituation der Albertina.


Baustopp nötig

„Es war klar, dass nur ein völliger Baustopp eine umsichtige und wissenschaftlich seriöse archäologische Ausgrabung dieser 130 Gräber mit Goldfunden aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert ermöglichen konnte“, so Schröder.


Prunkräume für Rahmen-Programm

In den historischen Prunkräume der Albertina werden künftig keine Ausstellungen mehr stattfinden. Sie sollen in Zukunft für verschiedene Veranstaltungen wie z.B. für Lesungen, Vorträge oder Konzerte genutzt werden. Nach Fertigstellung werden sie erstmals auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein.


Goldkabinett

Einer der prunkvollsten, wenn auch nicht größten Räume des Palais, das etwa acht Quadratmeter große Goldkabinett - mit Gold und Spiegeln ausgelegt - ist bereits fertig restauriert. Auch dieser Raum wird künftig für Veranstaltungen - wie die anderen Prunkräume - gemietet werden können.

Für die Vergolderarbeiten im Palais wird übrigens bis heute eine eigens gemischte Legierung verwendet: das so genannte Albertina-Gold. Diese 24-karätige „Spezial-Mischung“ besteht aus 23 Karat reinem Gold sowie einem Karat Silber und Kupfer.


Aufwändige Restaurierung

Wie aufwendig manche Arbeiten sind, beleuchtet ein Beispiel: so benötigt mitunter die völlige Restaurierung nur einer Fenster-Verschallung - von der Abnahme der Ornamente bis zur Neuvergoldung - etwa zwei Monate. Kostenpunkt: etwas mehr als 10.000 Euro.


Notwendige Adaptierung

Die Albertina ist aber nicht nur eine Sammlung, sondern auch ein Museum: "Die Besucher-orientierte Ausstellungs-Politik bedarf eben auch einer Adaptierung im Gebäude. Es gibt zwei, drei große flexible und unterschiedlich zugeschnittene Ausstellungshallen.


Rekonstruierte Fassaden von 1865

Nun werden auch die Fassaden des Albertina-Palais' aus dem Jahr 1865 rekonstruiert. Damit wird die stark vereinfachte Beton-Architektur der 50er Jahre mit ihren massiven Balkonen entfernt und die ursprüngliche Geschoss-Einteilung des historischen Baus wieder sichtbar gemacht.

Der Eingang in das Palais wird wieder auf die Bastei - in das eigentliche Erdgeschoss - verlegt. Im Rahmen der Arbeiten werden u.a. auch die Balkone ihre ursprüngliche Dimension und Lage zurück erhalten.


Holleins modernes Entree

Zum anfänglich umstrittenen neuen Albertina-Eingang, den Schröder als „Landmark“ sieht, meint er: „Ich bin guter Dinge, da dieses Bauwerk jetzt schon von vielen heftig akklamiert und als eines seiner wichtigsten Projekte angesehen wird. Übrigens wird es ja zur Gänze privat finanziert. Es fließen also keine öffentlichen Mittel in den modernen Albertina-Zugang Holleins.“


Unterirdische Erweiterungsbauten

Die Besiedlung des bereits fertig gestellten neuen Studiengebäudes der Architekten Erich Steinmayr und Friedrich Mascher, einem „unsichtbaren“ viergeschoßigen Bau, der in die einstige Bastei hineinversetzt wurde, beginnt hingegen bereits Ende April.

Denn die Albertina thront als größtes ehemaliges habsburgisches Wohnpalais Wiens auf einer Bastei der mittelalterlichen Stadtmauer.


Depot und Halle

In diese Reste der Stadtmauer wurden anschließend an das Studiengebäude auch ein Hochsicherheitsdepot sowie eine ebenfalls unterirdisch liegende Ausstellungs-Halle gebaut.

Das 3.500 Quadratmeter große Studiengebäude ist - obwohl in die Erde „eingegraben“ - bis ins vierte Untergeschoss mit Tageslicht durchflutet. Es hat einen großzügigen Innenhof sowie eine raffinierte Glas-Überdachung, die das Tageslicht blendungsfrei bis zum eigentlichen Bodenniveau leitet.


Moderne & Mittelalter

Im neuen Studiengebäude werden die Restaurierwerkstätten, die Bibliothek, die Buchbinderei, die Repro- und die Fotografie-Abteilung sowie der externe und der interne Studiensaal untergebracht sein.

Und auch ein Stück mittelalterliches Wien ist hier - allerdings nicht öffentlich zugänglich - zu entdecken: der erhaltene Augustinerturm wurde in den Bau integriert.

23. Februar 2002Ute Woltron
Der Standard

Elegante Lofts im Kellergeschoß

Wie man mit guter Planung Tageslicht ins Kellerdunkel bringt: Das unterirdische Studiengebäude für die Wiener Albertina von den Architekten Mascher und Steinmayr wird dieser Tage übergeben.

Wie man mit guter Planung Tageslicht ins Kellerdunkel bringt: Das unterirdische Studiengebäude für die Wiener Albertina von den Architekten Mascher und Steinmayr wird dieser Tage übergeben.

Im Zuge der zu Beginn der 90er-Jahre in Angriff genommenen und voraussichtlich im März 2003 abgeschlossenen Generalsanierung des historischen Albertina-Gebäudes hinter der Wiener Staatsoper veranstaltete man 1993 einen Architekturwettbewerb, um die besten Erweiterungsvorschläge für das morsche und zu beengte Gemäuer zu finden.

Das geforderte Programm stellte eine ausgesprochen schwierige Intervention in einer komplizierten gewachsenen Substanz dar. Die Architekten Friedrich Mascher und Erich Steinmayr konnten das Verfahren mit einem sehr einfachen und gerade deshalb überzeugend raffinierten Projekt für sich entscheiden.

Die Bauarbeiten sind nun fertig gestellt, der neue Albertina-Trakt, bestehend aus einem riesigen unterirdischen Betoncontainer für die Albertina-Sammlung sowie einem Studiengebäude für Lehre und Forschung, kann dieser Tage übergeben werden.

Die neuen Werkstätten, Studiensäle, Büroräume und Restaurierungslabors graben sich, wie auch das Hochsicherheitsdepot gleich daneben, im Bereich der Bastei tief in den Erdboden hinein, beide Baukörper sind von außen so gut wie unsichtbar. Dass trotzdem reichlich Tageslicht bis in das unterste Geschoß in immerhin dreißig Metern Tiefe sickern kann, verdankt der Zubau geschickt angeordneten Lichtschlitzen, einem gerade und unkapriziös gehaltenen, demnächst japanisch bepflanzten Innenhof, sowie dem großzügigen Einsatz des Materials Glas.

Das gesamte Bauunternehmen war sowohl planerisch als auch konstruktiv eine Herausforderung der Ingenieurintelligenz, weshalb die Architekten zwei Generalunternehmer durchsetzen konnten: Die Porr war Bauverantwortliche, für die Stahl- und Glaskonstruktionen zeichnete das Unternehmen Alu-Sommer verantwortlich.

Die Nettoherstellungskosten des neuen, über fünf Geschoße mächtigen Albertina-Speichers sowie des angeschlossenen Studiengebäudes betrugen rund 13 Mio. EURO (180 Mio. öS), zuzüglich Planungs-und Finanzierungskosten ergibt sich eine Gesamtsumme von 18,2 Mio. EURO.

Die Architekten Mascher und Steinmayr schufen unaufwändig überraschend angenehme und moderne räumliche Atmosphären. In den durchwegs hellen, luftigen Räumen kommt man kaum je auf die Idee, sich eigentlich weit unter Straßen- und Basteiniveau zu befinden. Das Licht rieselt indirekt ein, es wurde für die dort getätigten wissenschaftlichen Arbeiten an kostbaren Kunstwerken, denen nur Feuchtigkeit noch mehr schaden kann als pralle Sonne, optimal eingefangen.

Die vorherrschenden Materialien sind - fast überall auffällig gut gearbeiteter - Sichtbeton, das bereits erwähnte Glas, das auch als Raumtrenner eingesetzt wurde, und Eichenholz in Form von Parketten und Wandverkleidungen: gelungene und unaufdringliche Architektur.

23. Februar 2002Ute Woltron
Der Standard

Minotaurus im Baustellenlabyrinth

Die Wiener Albertina war ein morsches Haus und eine gut unter Verschluss gehaltene Grafik-sammlung. Bis Klaus Albrecht Schröder kam, eine Vision hatte und sie wahr zu machen begann.

Die Wiener Albertina war ein morsches Haus und eine gut unter Verschluss gehaltene Grafik-sammlung. Bis Klaus Albrecht Schröder kam, eine Vision hatte und sie wahr zu machen begann.

Klaus Albrecht Schröder hat die Sache in die Hand genommen. Man sieht es, man hört es, man riecht es sogar. Nach über fünfzig Jahren gemütlich stillen Vorsichhinrottens rumort es plötzlich heftig in der alten Albertina. Im grauen, auch bei eingehender Betrachtung ausgesprochen unansehnlichen Haus hinter der Staatsoper wird gestemmt und in Betonbottichen gerührt, dass Staub und Zement nur so fliegen und man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Allerorten stehen Gerüste und klaffen Durchbrüche, neue Mauern werden hoch-, Stahlträger eingezogen, Parketten geschliffen, Goldpinsel geschwungen. Der Umbau ist gewaltig, die eingesetzten Mittel enorm, der Weg noch weit. Und überhaupt: Wohin wird er führen?

Schröder trat im vergangenen Jahr dynamisch als Leiter der Graphischen Sammlung an, gerufen hat ihn Ministerin Elisabeth Gehrer. Der Mann ist schließlich bekannt dafür, Visionen zu haben, die auch umzusetzen, und die Museumsmilliarde ist ja auch noch irgendwo vorhanden. Das „kleine Denken“ ist dem Kunstmanager, wie er selbst betont, zuwider, angehen müsse man die Dinge, und das, ohne lange zu fragen oder gar zu zagen. Deshalb wird die Albertina, traditionell ein Hort besinnlich genauer wissenschaftlicher Betrachtungen und Studien, nicht länger in der Stille verharren, sondern zu einem Museum umfunktioniert, zu einem Kunstbetrieb mit Wechselausstellungshallen, Shop und Cafeteria. Wie man das halt so macht, heutzutage.

Irgendwo steht da auch ein Haus, in das die ehrgeizigen Pläne des Klaus Albrecht Schröder hineingepresst werden sollen und das sich nun quasi vor dem Inhalt zu verbeugen hat. Ein Haus mit bewegter Geschichte, mit vielen Um-Ein-Neubauten, mit wertvollen Interieurs und einer tatsächlich grausam vernachlässigten, jahrzehntelang verschlampten Substanz. Wo Ende des 17. Jahrhunderts das Hofbauamt residierte, entstand ein Wohnpalais für Graf Sylva-Tarouca, Lois von Montoyer baute um und vieles Schöne ein, schließlich beauftragte Erzherzog Carl Josef Kornhäusl, noch einmal ordentlich Hand anzulegen. 1945 krachte eine Bombe in das höfische Ensemble, es wurde wieder aufgebaut und sodann dem Verfall überlassen.

Um einen derartigen Riesen wiederzubeleben, bedarf es wahrlich archaischer Kräfte, und Schröder stampft durch die verschlungenen Irrgänge des großen Hauses wie der Minotaurus durch sein Labyrinth. Seine ehrgeizigen Pläne als Verirrung zu bezeichnen, wäre freilich vermessen und unangebracht. Kaum ein anderer Charakter hätte die behäbigen Beamtenmaschinerien rascher unter Dampf setzen, hätte mehr Geldsummen auftreiben können als der gebürtige Linzer. Zwar war die architektonische Erweiterung des Hauses durch einen unterirdischen Speicher sowie ein von den Architekten Friedrich Mascher und Erich Steinmayr geplantes gelungenes Studiengebäude mit Werkstätten, Restaurierungsabteilungen und Bibliothek schon zu Vor-Schröder-Zeiten abgesegnet und in Bau (siehe Immobilien), doch dazu kamen nun eine weitere Ausstellungshalle, eine neue, zeitgenössische Erschließung der Bastei, die Rekonstruktion der straßenseitigen Fassaden sowie die Renovierung der historischen Prunkräume.

Wohlfeil ist hier naturgemäß gar nichts. Das Wirtschaftsministerium lässt insgesamt - derweilen - 51,83 Millionen Euro (713 Millionen Schilling) springen. Für den Rest hat sich Schröder private Sponsoren gesucht und mit Hannes Androsch als einem der „Förderer der Albertina“ einen finanztechnisch ausgefuchsten Verbündeten geangelt. Hans Holleins Bastei-Eingang, das Produkt eines geladenen Wettbewerbes, wird von der Familie Soravia bezahlt, eine Ausstellungshalle von der Stiftung Propter Homines des Fürstentums Liechtenstein. Die mit 4,66 Millionen Euro veranschlagte Renovierung der Prunkräume übernimmt kostenseits zur Hälfte die Gemeinde Wien, der Rest wird privatsponsorenmäßig aufgestellt. Gesetzt den Fall, alles wurde hier richtig ausgerechnet und auch eingenommen, will Schröder sein Reich am 17. März kommenden Jahres feierlich der Öffentlichkeit präsentieren.

Der Vorwurf, man hätte es sodann nicht mehr mit der Albert-, sondern mit der Albrechtina zu tun, wird dennoch allerorten laut. Denn Schröders erstaunliches Durchsetzungsvermögen setzt nun nicht nur das ebenfalls in der Albertina zur Miete befindliche Filmmuseum, dessen marode Räumlichkeiten vom Umbau angeknabbert werden, unter Druck, sondern sogar das mächtige Bundesdenkmalamt. Ein negativer Bescheid, was die Umbauten im dritten Stockwerk anbelangt, wurde vom Ministerium aufgrund „öffentlichen Interesses“ aufgehoben, die Fassadenrückführung auf den Zustand von 1865 wird nicht nur in Fachkreisen als zumindest fragwürdig angesehen.

Doch wo gehobelt wird, fallen Späne, und wenn nach Abschluss der Sanierungsarbeiten das 24-karätige Albertinagold über Kultursponsoren aller Art schimmert, wenn der Grafik-Schatz im sicheren - was die Maschinerie betrifft, allerdings noch nicht finanzierten - Speicher lagert, wenn Ausstellungen und Cocktails eröffnet sind, dann werden Staub und Kämpfe vergessen sein. Bleibt zu hoffen, dass Schröders Macher-Mentalität nicht die ebenso ambitionierten, wenn auch kleineren Institutionen im Haus wie das Filmmuseum zermalmt.

20. Februar 2002Ute Woltron
Der Standard

Umbaustaub für alle!

Klaus Albrecht Schröder stampft energisch eine neue Albertina aus morschem Gemäuer. Das ebenfalls dort untergebrachte Filmmuseum schluckt derweilen den Staub und die Erkenntnis, dass für die Sanierung seiner Räumlichkeiten niemand zuständig sein will.

Klaus Albrecht Schröder stampft energisch eine neue Albertina aus morschem Gemäuer. Das ebenfalls dort untergebrachte Filmmuseum schluckt derweilen den Staub und die Erkenntnis, dass für die Sanierung seiner Räumlichkeiten niemand zuständig sein will.

Die Wiener Albertina wird derzeit mit großem Aufwand und erheblichen Kostenentwicklungen saniert, ihr neuer Chef Klaus Albrecht Schröder legt den Elan und das Tempo eines Zentauren vor, Architekten, Baufirmen, Restauratoren und nicht zuletzt Sponsoren versuchen dem hurtigen Schritt des Museumsmachers durch die angemorschten Prachthallen zu folgen. Im März kommenden Jahres will der Kunstmanager 18.000 Museumsquadratmeter in neuem Glanze eröffnen.

Auf vergleichsweise bescheidenen 377 Quadratmetern liegt inmitten dieser güldenen Fassung mit dem Filmmuseum eine beliebte Wiener Institution eingebettet, die, derzeit etwas angealtert, zu einem Schmuckstein im Gesamtensemble herausgeputzt werden könnte.

Doch hier verlieren sich die Zuständigkeiten in einem Irrgarten der Bürokratien und direktoralen Machtbegehrlichkeiten. Schröder würde das Kino am liebsten samt Sammlung und Personal in sein Reich eingemeinden, was freilich einer Entmündigung des ebenfalls ambitionierten, aber auf anderen Parketten heimischen Filmmuseum-Chefs Alexander Horwath samt Mitarbeitern gleichkäme. Zur optimalen Sanierung der seit 1963 hier angesiedelten Filmmuseum-Räume bedarf es etwa 1,8 Millionen Euro, im Vergleich zur Gesamtbausumme von geschätzten 60 Mio EURO ein Klacks.

Horwath hat sein Amt Anfang dieses Jahres angetreten, da bröselte bereits Schröders Umbaustaub in seine Anlagen, und obwohl es wiederholt Gespräche zwischen den beiden gab, konnte kein gemeinsames tragendes Gerüst für den letztlich minimalen Eingriff gefunden werden. Schröder wirft Horwath nun „kleines Denken“ und einen „Mangel an Visionen“ vor und will aufgrund der Planungs-und Einreichfristen gleich gar keine Lösung mehr sehen.

Dem widerspricht Burghauptmann Wolfgang Beer. Als Gebäudeverwalterin ist die Burghauptmannschaft das den Umbau exekutierende Organ. Beer empfindet es als „absurd“, ein paar Räume von der Sanierung auszusparen, und entwirrt die Zuständigkeiten. Obwohl das Filmmuseum ins Ressort von Franz Morak fällt, meint er: „Wenn das Unterrichtsministerium eine einmalige zweckgebundene Subvention bewilligt, sind wir sofort bereit, die Sache in Angriff zu nehmen.“


Ein Fall für Gehrer

Der Ball liegt also wieder bei Elisabeth Gehrer, die vergangene Woche ohnehin ihrer Freude Ausdruck verlieh, hier ein Projekt in einem Aufwaschen vollständig durchführen zu können. Da die Albertina aber ein Haus mit mehreren Mietern ist, erstreckt sich diese Vollständigkeit nun einmal nicht nur auf einen Macher wie Schröder, so dynamisch er auch sein mag. Immerhin wird das Filmmuseum durch seine Pläne in Mitleidenschaft gezogen, Foyerfläche geht durch die Eingangsverlegung, Licht durch neue, runde Fenster verloren.

Bei vernünftiger Absprache könnten jetzt oder nie synergetische Effekte erzielt werden, ansonsten droht eine künftige neue Baustelle. Was das operative Geschäft anbelangt, so konnte Horwath Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny und Staatssekretär Franz Morak von seinen „Visionen“ sehr wohl überzeugen: Die Stadt hat eine Subvention von jährlich 508.900 Euro zugesagt, die gleiche Summe erhofft man sich nun vom Bund.

29. Mai 2001Günther Frohmann
Salzburger Nachrichten

Der Zeitplan stimmt

Wie die neue Albertina ausschauen soll, wenn sie am 15. März 2003 eröffnet wird, ist zum ersten Mal in einer „Gesamtansicht“ in Wien zu sehen.

Wie die neue Albertina ausschauen soll, wenn sie am 15. März 2003 eröffnet wird, ist zum ersten Mal in einer „Gesamtansicht“ in Wien zu sehen.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Salzburger Nachrichten“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

28. Mai 2001Sabine Oppolzer
ORF.at

Umbau auf Raten

Die Ausstellung „Projekt Albertina“

Die Ausstellung „Projekt Albertina“

In der Albertina wird wieder auf Hochtouren gearbeitet. Erst kürzlich musste der geplante Termin zur Wiedereröffnung von September 2002 auf März 2003 verschoben werden. Der Fund eines römischen Gräberfeldes mit 130 Gräbern und Goldbeigaben hatte einen 5-monatigen Baustopp bewirkt. Der neue Termin 2003 kann auf jeden Fall eingehalten werden, ist sich Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder sicher. Es gibt im verbleibenden Ausbaubereich keinerlei Baumaßnahmen mehr, bei denen auf weitere archäologische Funde gestoßen werden könnte.

Der Grund: Gebaut wird in der verbleibenden Zeit nur mehr in jenem Bereich, der durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört wurde.


Holleins Flugdach

Vor einem Monat war der Architektenwettbewerb zur Gestaltung des Haupteingangs entschieden worden. Beteiligt hatten sich international renommierte Architekten wie Zaha Hadid, Wilhelm Holzbauer, Hans Hollein und Coop Himmelblau. Die Wahl fiel auf das Projekt Hollein, der die Überwindung des Niveauunterschiedes mittels einer Rolltreppe und eines Liftes löste.

Mit dem Flugdach aus Titan wird hier ein architektonisch signifikanter Bau entstehen, der Eingang zur neuen Albertina wird wie bis zum Krieg wieder auf der Bastei selbst sein. (Während ein Großteil der Albertina 1945 bei einem Bombenangriff zerstört wurde, fiel die ehemalige Auffahrtsrampe den Verkehrskonzepten der 50er Jahre zum Opfer: Die Augustiner Straße sollte beschleunigt werden.) Von diesem neuen Eingang gelangt der Besucher in den ovalen Lichthof, der, mit Glas überdacht, künftig als Foyer dienen wird. Hier werden die Kassen und der Infocounter untergebracht.


Erweiterung

Die attraktive Gestaltung der Eingangsituation sowie die Renovierung des ehemals Habsburgischen Wohnpalais sind Ausweitungen der Bauprojekte, die Klaus Albrecht Schröder bei seinem Amtsantritt 1999 vornahm. Bereits davor hatte man mit der unterirdischen Erweiterung der Albertina begonnen: Von den Architekten Steinmayr und Macher geplant, entstanden ein 3000qm großer Tiefenspeicher und ein viergeschossiges Studiengebäude.

Die Baukörper werden in die Bastei eingegraben, wodurch sie das Stadtbild nicht beeinflussen. Klaus Albrecht Schröder plante zusätzlich eine 900qm große Halle in der Bastei, sowie eine Ausstellungsfläche von 850qm durch die Zusammenlegung ehemaliger Depoträume.

Mit diesen zwei Ausstellungshallen („Bastei-Halle“ und „Propter Homines-Halle“- Anm: einer der Sponsoren) wird man es aber künftig vermeiden können, das Haus wegen Umbauarbeiten zu schließen. Die Sammlungsgegenstände der Albertina erlauben keine Dauerausstellungen, da sowohl die Graphik- und Fotografie-Bestände, aber auch die gesammelten Architekturzeichnungen extrem lichtempfindlich sind.


960 Millionen Schilling

Die Finanzierung der modernen Zubauten trägt der Bund mit 680 Millionen Schilling - die Investitionen innerhalb der Albertina muss das Haus selbst aufbringen, wie etwa die Rekonstruktion der Fassade oder die Renovierung der historischen Prunkräume, die jahrzehntelang als Studienzimmer genutzt wurden.

130 der 280 Millionen Schilling hat Direktor Klaus Albrecht Schröder dafür schon aufgetrieben, unter anderem von Sponsoren wie Hanno und Erwin Soravia. Zur vollständigen Finanzierung fehlen demnach noch 150 Millionen Schilling, auf die er noch bis zur Eröffnung hofft.


[Tipp:
Die Schau Projekt Albertina ist in der Wiener Albertina vom 29. Mai bis zum 29. Juni zu sehen
(Mo - Fr: 10.00 - 18.00 Uhr).]

02. Mai 2001Matthias Dusini
Falter

Das Flugdach ist gelandet/Albertina neu: Sponsoren verzweifelt gesucht

Als Klaus Albrecht Schröder im August 1999 seine Stelle als Direktor antrat, hieß es, die Albertina werde generalsaniert. Schröder stellte jedoch bald...

Als Klaus Albrecht Schröder im August 1999 seine Stelle als Direktor antrat, hieß es, die Albertina werde generalsaniert. Schröder stellte jedoch bald...

Als Klaus Albrecht Schröder im August 1999 seine Stelle als Direktor antrat, hieß es, die Albertina werde generalsaniert. Schröder stellte jedoch bald fest, dass das Geld gerade mal für die Errichtung eines Tiefspeichers und eines Studiengebäudes in der ausgehöhlten Bastei reichte. Das kann nicht alles sein, sagt sich Schröder und beschloss, die Prunkräume des Palais zu renovieren, die Innenhöfe und die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Fassade zu rekonstruieren - und Raum für Wechselausstellungen zu schaffen.

Nachdem die Depots der Albertina infolge des Hofburgbrandes aufgrund mangelnder Brandschutzvorkehrungen geräumt werden mussten, wurde plötzlich sichtbar, wie viele Räume im Palais, aber auch in dem zur Albertina gehörenden Augustinerkloster leer standen - freilich in einem desolaten Zustand. „Wir mussten dringend im Palais einen Ausstellungsraum schaffen, damit überhaupt begründet werden kann, warum man am Ort der Albertina so kostenintensive Tiefbaumaßnahmen vornimmt“, sagt Schröder im Falter-Gespräch.

Mit der Sanierung der als Depots genutzten Prunkräume wurde bereits begonnen. Einen Teil der Räume widmete Schröder in eine kleine Ausstellungshalle von 800 Quadratmetern um - niedrige Räume für kleinformatige Werke. Was aber tut man mit den großen Formaten, etwa den drei mal zwei Meter großen Radierungen von Richard Serra? Schröder sah die Baugruben in der Bastei und kam auf die Idee, neben dem Studiengebäude und dem Tiefspeicher eine zweite, vollklimatisierte Halle zu errichten, die geräumig genug ist, um für Kunsttransportwagen passierbar zu sein und auch große Bilder fassen zu können.

Über Tag wird der ursprüngliche Eingang zur Albertina auf der Bastei durch einen neuen, von Hans Hollein gestalteten Aufgang erschlossen (siehe nebenstehenden Artikel von Jan Tabor). Die im Krieg zerbombten Innenhöfe sollen restauriert werden. Die Möblierung wurde von den Habsburgern nach 1919 abtransportiert. Mit dem Ankauf historischer Objekte, die zum historischen Interieur passen, wurde bereits begonnen.

Von Anfang an stand fest, dass der Bund nur die unterirdischen Erweiterungsbauten mit 680 Millionen Schilling finanziert. Die Gesamtkosten einer Generalsanierung machen jedoch 1,1 Milliarden Schilling aus. Der Rest muss privat über Sponsoren finanziert werden. Kein leichtes Spiel, denn Anfang 2003 soll eröffnet werden, und von den 400 benötigten Millionen an Sponsorengeldern sind erst 100 aufgestellt, weitere 180 Millionen glaubt Schröder aufbringen zu können. Bleibt ein „Loch“ von 120 Millionen.

„Ich werde 400 Millionen nicht schaffen. Nur weil die öffentliche Hand nicht imstande ist, ein Palais der Habsburger zu renovieren, werde ich mit Sicherheit nicht 400 Millionen auftreiben.“ Mit den Sponsorengeldern soll zunächst das Palais renoviert, eingerichtet, die Fassade rekonstruiert und der neue Zugang gebaut werden. Wofür sich jedoch kein Sponsor finden wird, ist die Ausstattung des Tiefspeichers; lediglich der Rohbau wurde vom Bund finanziert.

Die eine Million Exponate umfassende Sammlung lagert mittlerweile in der Nationalbibliothek und wird bis auf weiteres dort bleiben. Doch auch wenn die Sammlung eines Tages im neuen Tiefspeicher untergebracht sein wird, steht sie nur einer kleinen Zahl von Wissenschaftlern zur Verfügung. Einzelne der sehr lichtempfindlichen Blätter können im Rahmen von Wechselausstellungen besichtigt werden. „Diese Ausstellungen sollen daher so intelligent wie möglich sein und eine größtmögliche Öffentlichkeit erreichen, damit es sich lohnt, sie einige Wochen dem schädigenden Licht auszusetzen“, erklärt Schröder.

Der Schwerpunkt wird daher auf den Wechselausstellungen liegen, wobei die Grafik von anderen Medien wie Malerei, Fotografie oder Film ergänzt werden soll. In den Albertina-Depots selbst lagern eine Fotografie- und eine Architektursammlung (unter anderem der Nachlass Adolf Loos'). Im März 2003 wird das neu renovierte Haus mit einer Schau des Malers Edward Munch eröffnet, der auch ein genialer Druckgrafiker war.

Schröder fühlt sich von den zahlreichen anstehenden Aufgaben nicht überfordert: „Ich wache auf und denke an die Albertina, und ich gehe ins Bett und denke immer noch an die Albertina. Ich werde nicht dafür entlohnt, dass ich eine 60- bis 70-Stunden-Woche mache.“

22. März 2001Kristina Pfoser
ORF.at

10 Jahre Umbau

Kristina Pfoser über Baufortschritt und Konflikte rund um die Albertina.

Kristina Pfoser über Baufortschritt und Konflikte rund um die Albertina.

Die Albertina ist mehr als das Palais in der Wiener Augustinerstraße, in dem auch das Filmmuseum haust. Tatsächlich umfasst die Albertina eine Fläche von über 17.000 Quadratmetern, in einem kompliziert verzahnten Komplex von Einzelgebäuden. Nach zehn Jahren der Schließung soll in eineinhalb Jahren das habsburgische Wohnpalais erstmals zur Gänze der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und die Sammlungen in Ausstellungen präsentiert werden - unter dem Motto „Albertina in neuem Glanz“.

Der Architekt Friedrich Mascher über das künftige Erscheinungsbild: „Es wird den Museumseingang geben auf der Bastei, dann gehen Sie in den neu überglasten Albertinahof. Von dort gibt es die Entscheidung hinunter in die Wechselausstellungshalle in der Bastei oder Sie gehen in die von Kornhäusl inszenierte Sphinxallee und haben die Prunkräume vor sich. Oder Sie erreichen die obere Ausstellungshalle.“


Stufenplan

In drei Stufen soll das Bauvorhaben abgewickelt werden: Nach der Erweiterung in den unterirdischen Bereich der Bastei soll in einer zweiten Phase das Palais im Inneren wie im Äußeren erschlossen und in Phase drei der historische Bestand rekonstruiert und renoviert werden. Mit den Erweiterungsbauten ist man im Plan. Jetzt ist es bei der Ausschreibung der zweiten Phase zu Verzögerungen gekommen.

Albertina-Direktor Klaus-Albrecht Schröder meint dazu: „Wir sind tatsächlich an einem sehr kritischen Zeitpunkt angekommen, um den Termin September 2002 einhalten zu können. Die Verzögerungen liegen zum Teil an mittelalterlichen und archäologischen Römerfunden, über die wir uns natürlich sehr freuen, aber die naturgemäß Planungsänderungen mit sich gebracht haben.“


Finanzierungsproblem

Zum anderen liegen die Verzögerungen auch daran, dass die mit dem Ministerium ausverhandelten Mittel nicht rechtzeitig verfügbar waren. Neben dem Termin ist die Finanzierung des Projektes nach wie vor ein Problem. Ein Viertel des gesamten Bauvolumens (250 Millionen Schilling) muss privat durch Drittmittel von Sponsoren und Mäzenen finanziert werden. Derzeit fehlen noch 180 Millionen, um dem Haus - wie Schröder sagt - ein adäquates Gesicht zu geben.

Für die Erweiterung soll das Wirtschaftsministerium aufkommen. Für die zweite Ausstellungshalle im historischen Bestand und für die Renovierung der Prunkräume stehen - ebenso wie für die Rekonstruktion der Fassade - keine öffentlichen Mittel zur Verfügung.


Arbeiter-Barock

Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg waren die Wiederherstellungsarbeiten mehr von finanziellen als von architektonischen Überlegungen ausgegangen - diese „Betonarchitektur“ der 50er Jahre soll jetzt rückgebaut werden.

Direktor Schröder: „Mit dem Denkmalamt haben wir eine Zeit lang eine sehr fruchtbare Diskussion darüber gehabt, ob das, was in den 50er Jahren der Albertina angetan wurde (ich bezeichne es als Arbeiter-Barock) als Denkmal erhaltenswert wäre, oder ob diese Vereinfachungen auf Sparmaßnahmen der Nachkriegszeit zurückzuführen sind und nicht charakteristischer Ausdruck der 50er Jahre waren.“


Prunkräume ohne Fußboden

Erstmals seit 100 Jahren müssen auch die historischen Prunkräume renoviert werden, mit ihren Vergoldungen, kostbaren seidenen Wandbespannungen und den intarsierten Böden. Es ist eine 120 Meter lange Zimmerflucht, die nach der Renovierung zum ersten Mal für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Seit dem Auszug der letzten habsburgischen Bewohner waren die Räume als Lager und Bibliothek genutzt worden.

Architekt Mascher: „Es lässt sich von der heiteren Seite nehmen, dass in historischen Räumen unter den Kästen nicht einmal ein Fußboden ist. Da können Sie wahrlich sagen, so etwas wie ein Sparbudget wurde nicht erst heute erfunden.“

Dass Direktor Schröder womöglich voreilig mit dem 27. September 2002 ein Datum für die Wiedereröffnung genannt hat, glaubt Mascher nicht. Eine Terminsetzung sei ein kluger und richtiger Schritt, denn nur unter Termindruck - meint Mascher - lasse sich hier zu Lande etwas in Bewegung bringen.


Interne Reibungsflächen

In Bewegung und unter Druck sieht sich auch die Belegschaft der Albertina. Im Februar hatten Mitarbeiter anonyme Faxe verschickt, in denen der neue Direktor denunziert worden war. Anfang März hat sich dann der Betriebsrat bereits in einer Aussendung an die Öffentlichkeit gewandt, in der er sich gegen „verbale Rundumschläge der Geschäftsführung mit Vorwürfen gegen die Mitarbeiter“ zur Wehr setzt, speziell gegen den Vorwurf Schröders wegen zu laxer Arbeitsmoral.

Begonnen hat der Konflikt mit einem Gespräch im Jänner, in dem Schröder seinen Unmut artikuliert hatte. Seit damals verkehren Direktor und Betriebsrat nur mehr via Presseaussendungen. Betriebsratsvorsitzender Helmut Myslik: „Er hat das Gespräch am 23. Jänner mit uns abgebrochen und seither nicht mehr mit uns gesprochen.“


Debatte zur Wirtschaftlichkeit

Über das interne Kommunikationsproblem hinausgehend hat der Betriebsrat in seiner Aussendung auch die Befürchtung formuliert, Schröder werde die Albertina wie das Kunstforum der Bank Austria führen, das er bis vor kurzem geleitet hat. Der Kurator Christian Benedik, Betriebsrat der Albertina, meint dazu: „Es ist etwas befremdlich, wenn man Aussagen der Direktion hört, dass nur mehr rein wirtschaftliche Kriterien zählen sollten.“

Dazu kontert Klaus Albrecht Schröder: „Es gibt die Meinung des Betriebsrates, der naturgemäß mit der Geschwindigkeit der Sanierung nicht d'accord geht, als solche nehme ich sie zur Kenntnis. Ich lasse mich aber nicht abhalten davon, dass wir die Wiedereröffnung der Albertina zum prioritären Ziel erklären.“

Ob dieses prioritäre Ziel auch tatsächlich am 27. September 2002 erreicht werden kann, das ist Mittwoch Abend unter anderem auch Thema bei einem Podiumsgespräch im Depot im Wiener Museumsquartier zum Thema: das „Architekturprojekt Albertina“.

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