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Bauwerke

Artikel 12

06. Februar 2022Duygu Özkan
Spectrum

Bernardo Bader: „Für mich gibt es keine Abkürzungen“

Der internationale gefeierte Architekt Bernardo Bader gestaltet die Vorarlberger Baulandschaft aktiv mit. Gerade in alpinen Gegenden, aber auch im Wohnbau...

Der internationale gefeierte Architekt Bernardo Bader gestaltet die Vorarlberger Baulandschaft aktiv mit. Gerade in alpinen Gegenden, aber auch im Wohnbau...

Der internationale gefeierte Architekt Bernardo Bader gestaltet die Vorarlberger Baulandschaft aktiv mit. Gerade in alpinen Gegenden, aber auch im Wohnbau passiere im selbst ernannten Architekturland viel „Beschämendes“, sagt er. Und Investoren würden die Entwicklung in eine falsche Richtung lenken. Ein Gespräch über Sinne und Dichte.

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren viel Zeit zu Hause verbracht. Was machen diese Tage mit einem Architekten, zumal Sie Ihr Haus selbst gebaut haben? Fallen dann Dinge auf, die sonst der Alltag schluckt?

Bernardo Bader: Während der Pandemie bin ich jeden Wochentag zur Arbeit gefahren, ich war meist allein im Büro. Ich mag die Distanz zwischen Arbeiten und Wohnen. Und die Dualität von Stadt und Land. Meine Art zu arbeiten braucht viel Zeit, manchmal zum Leidwesen meiner Mitarbeiter und meiner Frau. Am eigenen Haus habe ich ewig herumgeknetet und unzählige Modelle gebaut. Aber wenn es dann einmal gut ist, ist es gut, dann kann ich loslassen.

Sie haben Ihre Studienzeit in Innsbruck so aufgeteilt, dass Sie die Hälfte der Woche trotzdem zu Hause im Bregenzerwald waren. Beide Orte haben Sie ausgebildet. Wie?

Ich habe die akademische Ausbildung sehr geschätzt, aber es war mir unter dem Strich zu wenig. Ich möchte nicht zu stark im Intellektuellen verhaftet sein. Für mich hat Bauen ganz viel mit dem Ansprechen von allen Sinnen zu tun, mit dem starken Dialog von Ort und Mensch. Das sind Themen, die auf einer Architekturschule eher wenig vermittelt werden.

Was Sie also in Innsbruck nicht gelernt haben, haben Ihnen der Schreiner und Handwerker zu Hause beigebracht?

Das stimmt sicher. Hier gibt es eine handwerkliche Stringenz, das hemdsärmelige Herangehen. Das war mir immer wichtig. Mir ist es aber zu wenig, die Sachen technisch perfekt zu machen, was wiederum für einen Tischler vielleicht genügt. Aber für den Architekten soll es eine weitere Dimension geben, und für mich ist das die menschliche Wahrnehmung. Das sind Sachen, die man schwer erklären kann, es ist sehr intuitiv. Das intuitive Arbeiten verlinkt Nutzer und Gestalter stärker und bringt die Architektur etwas weg von dieser ideologischen Ebene.

Sie haben von den Sinnen gesprochen. Wie kann beispielsweise Beton alle meine Sinne ansprechen?

Ich würde die sinnliche Erfahrung ganz unabhängig vom Material sehen. Und oft sind es nicht die Materialien selbst, sondern wie sie miteinander arrangiert sind, wie sie zusammenkommen. Für mich müssen vor allem Innenräume einen Nachhall haben: Wenn mich der Raum körperlich berührt und mehrere Sinne anspricht, wenn die Gesamtkomposition stimmt, dann ist es gelungen: Es wurde ein Körper geformt, der für andere Körper bestimmt ist. So etwas kann man nicht schnell mit einer Liste abarbeiten. Es ist ein langes Arbeiten, und für mich gibt es da keine Abkürzungen. Vielleicht liegt dies auch daran, dass ich stark analog arbeite.

Wenn wir bei den Sinnen bleiben: Architektur erschließt sich uns zunächst über die visuelle Wahrnehmung.

Ich glaube, dass Architektur heute immer mehr nur für das Auge und die Kamera gemacht wird. Für Instagram. Das finde ich sehr schade, denn Architektur sollte Körper und Geist ansprechen. Wir haben zum Beispiel Kindergärten geschaffen, und da kann es nicht darum gehen, lediglich dem baulichen Rahmen eine gute Hülle zu verpassen. Wie können die Kinder ganzheitlich angesprochen werden? Es geht dabei um Lichtstimmungen, um Weite und Dichte im Raum, um die haptischen Erfahrungen. Wenn Architektur erlebt wird, erschließt sie sich erst vollumfänglich. Das bloß Ausgedachte ist nicht mein Anspruch. Wenn ich sehe, wie die Kinder die Räume benutzen, dann habe ich die Bestätigung, dass wir etwas Sinnstiftendes erarbeitet haben.

Heute brauchen immer mehr Menschen schneller Wohnraum. Ist Ihr Ansatz kompatibel mit dieser Schnelllebigkeit?

Ja, heute sind Lösungen gefragt, ohne groß zu hinterfragen. So wie das schnelle Bild gefragt ist. Für manche Aufgaben sind wir einfach die Falschen. Wir sehen Architektur nicht als kommerzielle Tätigkeit oder Wirtschaftszweig. Natürlich gibt es auch Momente, in denen wir Kompromisse eingehen, aber wir planen keine Bauten, bei denen es vorrangig um Investment geht.

Gerade in Vorarlberg passiert da viel. Wohnen ist wahnsinnig teuer geworden, wenn man Wohnraum kaufen will, muss man fast die Seele verkaufen. Und dann sind die Bauten oft leblose Klötze in der Landschaft.

Durch Corona hat sich das nochmals potenziert. In Vorarlberg gibt es sowohl beim Wohnbau als auch bei Investorenprojekten im alpinen Bereich schwere Versäumnisse. Beim Wiener Wohnbau hab ich manchmal auch Schwierigkeiten, aber dort ist der Zugang deutlich innovativer. Es ist beschämend, wie Investorenprojekte und zu großen Teilen auch der Wohnbau im selbst ernannten Architekturland Vorarlberg funktioniert. Hier sollte etwa das Modell der Errichtergemeinschaft wiederbelebt werden. In den 1970ern und 1980ern haben sich Menschen zusammengetan, Grundstücke gekauft und Wohnprojekte gemeinsam realisiert. Da gab es sehr vorbildliche Sachen, und die Bauten sind noch immer in Familienbesitz. Natürlich ist die Ressource Boden knapp, aber die öffentliche Hand hätte noch Spielraum, um solche Projekte zu initiieren. Sie tut sich ja auch nichts Gutes, wenn Wohnquartiere errichtet werden, die lediglich der Geldanlage dienen und später zu sozialen Brennpunkten werden.

Wird nachhaltiges, intelligentes Bauen noch mehr ein Minderheitenprogramm für Menschen mit Geld und Zeit?

Architekturqualität ist zuerst eine Haltungsfrage. Wir bauen nicht nur für Leute, die viel Geld haben. Nur wenn jemand keine Zeit hat, dann wird es schwierig, aber mit dem Geld, das ist nicht so dramatisch. Aber natürlich ist es auch ein Minderheitenprogramm.

Der Autor Arno Ritter hat über Ihre Bauten geschrieben, dass diese in Würde altern können. Das klingt sehr simpel, ist gleichzeitig aber ein Maximalanspruch an einen Bau. Was muss ein Gebäude erfüllen, damit genau das passiert?

Ich muss das Gebäude über einen Lebenszyklus betrachten: Hier wird gelebt, geheizt usw. Und: Wenn ein Haus unseren Geist und unsere Sensorien anregt, wenn es zeitlos konzipiert ist, dann wird es sehr lang einen guten Dienst tun. Bei uns im Bregenzerwald stehen solche alten Häuser, die haben heute noch einen unglaublichen Charme, und sie lassen sich auch in unsere Zeit transformieren. Weil es hier eine Stimmigkeit und ein gutes Fundament gibt. Diese Häuser werden nicht so schnell niedergerissen, weil sie den Leuten nicht mehr gefallen oder weil sie einer Mode nicht entsprechen.

Nun ist Wohnbau der eine Teil der Entwicklung, der andere ist, wie in Vorarlberg innovative Symbiosen entstehen. Man kann live dabei zusehen, wie Architekten gemeinsam mit der Bevölkerung eine eigene Baukunst erschaffen.

Ja, und diese Entwicklung in ein paar Sätzen zu erklären ist schwierig. Man kann über eine ländliche Region nicht eine Glashaube stülpen und sagen: Hier darf keine Entwicklung stattfinden. Das wird in einigen Schweizer Bergdörfern gemacht. Dann trockne ich alles aus, und die Gegend wird museal. Der Bregenzerwald ist das nicht. Hier kann man sehr gut wohnen, hier gibt es Entwicklung, aber sie passiert nicht zu rasant oder zu einseitig orientiert wie zum Beispiel im Montafon oder in Tirol, wo ganze Talschaften ausschließlich vom Tourismus dominiert werden. Wir haben im Bregenzerwald junge Menschen, die studieren gehen, aber wieder zurückkommen. Welche ländliche Gegend kann das von sich behaupten? Aber auch bei uns dominieren leider immer mehr das externe Interesse und das Verlangen nach Investment, dem „Betongold“. Dieses Investoren-Unding müssen wir möglichst rasch wieder loswerden.

Sie haben die Kapelle Salgenreute und den Islamischen Friedhof in Altach gebaut. Worauf haben Sie sich bei diesen religiösen Bauten besonnen?

Das sakrale Bauen will möglichst viele Sinne ansprechen, das haben beide Projekte gemeinsam. Beim Friedhof war die Sorge, dass etwas mit Kuppeln und Minaretten entstehen wird. Damals war ja die große Minarett-Diskussion im Gange. Wir haben das Anlegen der Grabfelder sehr landschaftlich konzipiert. Ein pragmatischer, einfacher Zugang. Ich war mir nicht sicher, ob die Ideen die Erwartungen erfüllen, aber der Sprecher des Trägervereins sagte zu mir: „Bernardo, wir sind Vorarlberger Muslime, wir mögen es pragmatisch.“ Wir haben sehr handwerklich und landschaftsbezogen gearbeitet, es ist ein sehr direkter Bau, der viel Licht durchlässt. Es vermittelt das Gefühl der Vergänglichkeit. Sowohl der Friedhof als auch die Kapelle haben sehr viel mit dem Dialog zwischen einem Ort und den dazugehörigen Menschen zu tun.


Herr Bader, darf man Sie auch fragen . . .

1 . . . welche Region Sie architektonisch anregt?
Zunächst die skandinavischen Länder, die Arbeiten von Alvar Aalto begeistern mich. Jørn Utzon hat auf Mallorca ein Ferienhaus gemacht, das Can Lis, da würde ich gern wohnen. Da muss man sich zuerst bei einer Stiftung bewerben, da bin ich dran. Sonst interessiert mich Brasilien, die Bauten von Oscar Niemeyer und Paulo Mendes da Rocha. Insgesamt ist Italien sicher das mit Abstand reichste Land für einen Architekten. Leider ist es mir kaum erklärlich, warum dort heute wenig Gutes passiert.

2 . . . wie es für Sie ist, in Deutschland zu bauen?
In Deutschland wird ein Haus gebaut wie ein Auto. Da muss alles geprüft und 25 Mal nachgewiesen werden. Das lähmt ein Land, und das sieht man auch. Dort entsteht zwar auch Gutes, aber vergleichsweise wenig und mit viel höherem Aufwand. Niemand will eine Entscheidung treffen, weil er meint, er macht einen Fehler. Architektur machen bedeutet aber entscheiden.

Steckbrief

1974 wird Bernardo Bader in Lingenau im Bregenzerwald geboren. 1993 bis2001 studiert Bader Architektur in Innsbruck. Tätigkeit bei Dietmar Feichtinger Architectes in Paris. 2003 gründete Bader in Dornbirn sein eigenes Büro, das mittlerweile in Bregenz residiert.

Zu seinen Bauten zählen der Islamische Friedhof in Altach, die Lourdeskapelle Salgenreute, mehrere Kindergärten, die Neugestaltung des Gasthofs Krone in Hittisau sowie die Skihütte Wolf in Lech.

Träger zahlreicher Architekturpreise, beispielsweise des Aga Khan Award for Architecture sowie des International Architecture Award.

Die renommierte spanische Architekturzeitschrift „El Croquis“ widmete Bader 2019 eine eigene Ausgabe. Die aktuelle Ausgabe des japanischen a+u Magazins (Architecture and Urbanism Magazine) ist ebenfalls Bader gewidmet.

11. Juli 2020Maik Novotny
Der Standard

Das Werk der Hände

Der Bregenzerwälder Bernardo Bader hat in jungen Jahren schon eine Fülle von Architekturpreisen gesammelt. Er baut lokal, aber sein Ruhm reicht weit über Land und Ländle hinaus. Warum ist das so? Ein Hausbesuch in Vorarlberg.

Der Bregenzerwälder Bernardo Bader hat in jungen Jahren schon eine Fülle von Architekturpreisen gesammelt. Er baut lokal, aber sein Ruhm reicht weit über Land und Ländle hinaus. Warum ist das so? Ein Hausbesuch in Vorarlberg.

Hand aufs Holz. „Schau diese schönen Schindeln an!“, ruft Bernardo Bader. „Die sind über 50 Jahre alt und funktionieren noch tadellos!“ Bernado Bader ist sicher schon zahllose Male an diesem alten Bauernhaus vorbeigegangen, aber er ist immer noch begeistert wie ein kleiner Junge.

Geht man von diesem Haus ein Stück über die Wiese, sieht man ein spitzes, steiles Satteldach, eine fast abstrakte Kirchensilhouette, die die sanft talwärts abfallende Baumreihe auf dem Bergrücken wie eine Buchstütze abschließt. Die kleine Kapelle Salgenreute, sie wurde 2016 anstelle der früheren Kapelle errichtet. Auch sie ist mit Holzschindeln verkleidet, die sich inzwischen schon je nach Himmelsrichtung verfärbt haben. Entworfen von Bader, ist sie das Ergebnis einer gemeinsamen Arbeit von Bewohnern und Handwerkern, die das Gotteshaus mit minimalem Budget realisierten.

Dennoch ist es alles andere als ein gebauter Kompromiss, es trägt eine klare, entschlossene Handschrift. „Ich muss überzeugt sein, dass es ein starkes Ding ist“, sagt Bader. „Dann versuche ich, das umzusetzen. Aber um der Provokation willen jemandem etwas aufzudrängen interessiert mich nicht. Für mich hat Architektur mit Akzeptanz zu tun.“ Wenn er einen Kindergarten baut, sagt Bader, erklärt und erzählt er vor der Übergabe an die Benutzer diesen noch einmal das Haus. Wie man sorgsam mit ihm umgeht, und dass man durchaus einen Nagel ins Holz schlagen darf, wenn man weiß, wo das Holz das verträgt.

Ein Haus am Moor

Drei Kurven und zwei Hügel weiter steht das eigene Haus des Architekten. 37 Meter lang, am Rande eines Moors. Täuschend einfach von außen, im Inneren warmes, weiches Holz und kühler Beton. Nur zwei Bäume wurden für den Holzboden verwendet, dafür aber komplett. Da ist es von Vorteil, wenn man weiß, was eine Holzliste ist, denn eine solche braucht der Holzfäller, um die Bäume im Wald richtig abzulängen. Bader weiß, was eine Holzliste ist, und das sagt viel über seine Wertschätzung für das Material. Er hält es, sagt er, kaum aus, wenn andere Architekten dauernd über Handwerker schimpfen.

Man redet viel über Wertschätzung, wenn man mit Bader unterwegs ist, und darin spiegelt sich sein Charakter und jener der Gegend. Der Bregenzerwald ist nicht vom Tourismus dominiert wie Tirol. Er ist eine produktive Landschaft des Machens und Herstellens, in osmotischer Beziehung zum Rheintal, eine Synthese von Industrie und Handwerk. Wenn ein Bursche oder Mädchen hier, sagt Bader, eine Stelle in einem Betrieb annimmt, sei das kein Zeichen, dass es zum Studieren nicht reicht, sondern werde mit Anerkennung belohnt. Man denkt an das britische Arts and Crafts Movement, das im 19. Jahrhundert das Handwerk als Gegenmittel zur Entfremdung der industriellen Produktion propagierte. Der Bregenzerwald lässt ahnen, wie jener Traum aussehen könnte, wenn er sich durchgesetzt hätte.

Ein Turm in Schruns

Hand auf Stein. Das neue Alpinsportzentrum im Zentrum von Schruns. Eine raue, archaische Steinfassade, breite, grob verputzte Fugen. Ein viergeschossiger Turm, zwei Seiten leicht konkav, zwei Seiten leicht konvex geknickt. Geschosshohe Fenster, scheinbar zufällig verteilt, gerahmte Blicke. Innen duftet es angenehm nach Holz, die Proportionen der Räume sind genau richtig, man fühlt sich darin geborgen.

„Das Montafon ist besonders“, sagt Bader. „Es ist touristischer, hier baut man so, wie es die Gäste gern mögen, Event und Spektakel sind wichtig. Uns Bregenzerwäldern ist das eher fremd.“ Also recherchierte der Bregenzerwälder die Montafoner Geschichte, von den Hotelarchitekten der 1970er-Jahre bis zu Maurern, die früher aus Italien kamen. Beim Alpinsportzentrum kamen ebenfalls italienische Maurer zum Zug. Eine Wertschätzung, die nicht an der Grenze aufhört.

Denn auch wenn Baders Bauten in einem kleinen Radius entstehen, haben sie nichts mit Heimattümelei zu tun. Bestes Beispiel: der islamische Friedhof in Altach (2012), ähnlich wie die Kapelle Salgenreute ein Resultat gemeinsamer Kraftanstrengung. Hier begegneten sich verschiedene kulturelle Traditionen und Interpretationen in Holz und rotem Beton. Wertschätzung eben.

Beton in Bregenz

Eine Wertschätzung, die 2013 mit dem Aga Khan Award ausgezeichnet wurde, einem von vielen Preisen, die der 1974 geborene Bader schon gesammelt hat. Neu hinzugekommen: Die spanische Architekturmonografieserie El Croquis widmete ihm als erstem Österreicher überhaupt eine Ausgabe. Deren Auswahlkriterien: kontinuierliche Haltung und Qualität über mindestens zehn Bauten hinweg. Das kommt in der österreichischen Architektur zwar öfter vor, doch wenn man Bader zuhört, erkennt man den roten Faden klar: die Welt als Wille und Wertschätzung.

Hand auf Beton. Auf einem Restgrundstück in Bregenz, das sonst niemand wollte, steht seit 2019 ein dunkelgrauer Quader, darin Bernado Baders Büro. Kantig, monolithisch, zweifellos ein „starkes Ding“. Wo sich andere Architekten (Hallo, Schweiz!) mit einer Übung in kaltem Purismus begnügt hätten, macht Bader etwas anderes. Die großen, hohen Büroräume sind umlaufend mit weiß lasiertem Holz ausgekleidet, wie eine bergende Geste. Man spürt das Werk der Hände.

10. Dezember 2013Wojciech Czaja
Der Standard

Ein Botschafter auf dem Holzweg

Dem Vorarlberger Architekten Bernardo Bader geht es um den Fortbestand von Lokalkolorit und Bautradition. Kürzlich wurde er in Lissabon mit dem renommierten Aga-Khan-Preis 2013 ausgezeichnet

Dem Vorarlberger Architekten Bernardo Bader geht es um den Fortbestand von Lokalkolorit und Bautradition. Kürzlich wurde er in Lissabon mit dem renommierten Aga-Khan-Preis 2013 ausgezeichnet

Dornbirn - „Eigentlich wusste ich nie, was ich studieren soll“, meint der 39-jährige Vorarlberger Bernardo Bader, der, bevor er sich der Architektur zuwandte, eigentlich Jurist werden wollte. Von der frühen Skepsis ist heute nichts mehr zu spüren. Ganz im Gegenteil: Vor zwei Monaten wurde der Hobbymusiker, der sich in seiner Freizeit liebend gerne mit Gitarre, Folk-und Country-Songs zurückzieht, für den von ihm geplanten islamischen Friedhof in Altach mit dem renommierten Aga Khan Award 2013 ausgezeichnet.

„Ich werde ständig gefragt, was ich mit meinem Preisgeld machen werde“, sagt Bader. „Ich werde es investieren, um meine Vision weiterhin zu propagieren.“ Und diese lautet: Fortsetzung von Vorarlberger und vor allem Bregenzerwälder Bautradition und Lokalkolorit auf der Höhe der Zeit. „Schon seit den Vorarlberger Baukünstlern ist die Bauqualität im Ländle extrem hoch. Dieses Potenzial darf man einfach nicht verspielen.“

In die Kistenecke gestellt

Laut und auffällig sind die von Bader geplanten Häuser nur selten. Meist handelt es sich um stille, behutsam in die Landschaft komponierte Archetypen. „Von den Innerösterreichern (sic!) wird man als Vorarlberger immer nur in die Holz- und Kistenecke gestellt“, sagt Bader. „Aber das ist mir ziemlich wurscht. Die laute, schreierische, skulpturale Lösung ist halt nicht immer die beste.“

Zu den bisherigen Projekten des Realisten („Viele träumen davon, Museen, Kirchen und irgendwas auf dem Mond zu bauen, aber ich will einfach nur schöne Projekte realisieren.“) zählen Einfamilienhäuser, Cafés, Restaurants, Gewerbebauten, Schauräume, Schulbauten und Kindergärten. Die meisten Gebäude sind aus Holz, wobei Bader darauf achtet, das Material aus der Region zu beziehen und die Wertschöpfungskette bei klein- und mittelständischen Betrieben zu lassen.

Holz aus eigenem Besitz

Bei einem seiner letzten Projekte überzeugte Bader die Gemeinde Bludenz, den zweitgrößten Waldbesitzer Vorarlbergs, den Gemeindekindergarten mit Material aus dem eigenen Forstbestand zu errichten (siehe Foto links). „Das gesamte Holz für dieses Projekt stammt aus eigenem Besitz. Das war zwar ein organisatorischer Mehraufwand, aber unterm Strich war das Projekt keinen Cent teurer.“

Erstmals wagt sich Bader, der sonst nur in der Bodenseeregion tätig ist, über den Alpenraum hinaus. Gemeinsam mit Sven Matt plant er in Zagreb derzeit den Neubau der österreichischen Botschaft. Das Projekt, Resultat eines Wettbewerbs, ist auch in ganz anderer Hinsicht eine Botschaft - und zwar für nachhaltiges, unaufgeregtes Bauen in Holzbauweise und Passivhausstandard. Sämtliche Bauteile werden vorgefertigt und sollen vor Ort nur noch zusammengesteckt werden.

Gegen „langweilige Investorenarchitektur“

Für eines allerdings wird Bader niemals zu gewinnen sein: „Langweilige Investorenarchitektur, bei der es darum geht, billigen Wohnraum als Wertanlage zu schaffen ... Ich finde das entsetzlich. Zum Glück kann ich es mir leisten, die Finger davon zu lassen.“

Profil

Auszeichnungen

Baukulturpreis der Hypo Vorarlberg 2025, Preisträger, Wohnen am Bergäcker
Vorarlberger Holzbaupreis 2023, Anerkennung, Haus Iglasee
Vorarlberger Holzbaupreis 2023, Anerkennung, Gantner Innovation Tower
Constructive Alps 2020, Nominierung, Haus am Schopfacker
8. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2020, Preisträger, Atelier Klostergasse
Vorarlberger Holzbaupreis 2019, Preisträger, Haus am Schopfacker
Holzbaupreis Tirol 2019, Auszeichnung, Dorfhaus Steinberg am Rofan
ZV-Bauherrenpreis 2017, Preisträger, Kapelle Salgenreute
Constructive Alps 2017, Nominierung, Dorfhaus Steinberg am Rofan
Vorarlberger Holzbaupreis 2017, Nominierung, Skihütte Wolf
Vorarlberger Holzbaupreis 2017, Preisträger, Haus am Stürcherwald
ZV-Bauherrenpreis 2016, Nominierung, Dorfhaus Steinberg am Rofan
ZV-Bauherrenpreis 2016, Nominierung, Pfarrhaus Krumbach
Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen 2016, Anerkennung, Dorfhaus Steinberg am Rofan
Vorarlberger Holzbaupreis 2015, Auszeichnung, Haus in Meisten
Vorarlberger Holzbaupreis 2015, Preisträger, Pfarrhaus Krumbach
7. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2015, Preisträger, Islamischer Friedhof
7. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2015, Preisträger, Schule und Saal Laterns
ZV-Bauherrenpreis 2014, Nominierung, Kindergarten Susi Weigel
Aluminium-Architektur-Preis 2014, Lobende Erwähnung, Landesberufsschule Bludenz
Staatspreis Architektur 2014 für Tourismus und Freizeit, Sonderpreis, BUS:STOP Krumbach Zwing
ZV-Bauherrenpreis 2013, Preisträger, Islamischer Friedhof
6. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2010, Preisträger, Kindergarten Bizau
6. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2010, Auszeichnung, Gasthof Krone Hittisau
BTV-Bauherrenpreis für Tirol und Vorarlberg 2010, Anerkennung, Kindergarten Bizau
Vorarlberger Holzbaupreis 2009, Preisträger, Metzgerstüble
Vorarlberger Holzbaupreis 2009, Preisträger, Gasthof Krone Hittisau
5. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2005, Auszeichnung, Haus Salgenreuthe
Vorarlberger Holzbaupreis 2005, Preisträger, Haus Salgenreuthe

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