Pläne

Details

Adresse
Neuhaus 41, 9155 Neuhaus, Österreich
Tragwerksplanung
Werkraum Ingenieure
Lichtplanung
Klaus Pokorny
Fotografie
Lisa Rastl
Weitere Konsulent:innen
Haustechnik: Strabag Technik
Begleitende Kontrolle: fcp
Maßnahme
Neubau
Planung
2006
Ausführung
2007 - 2008
Bruttogeschossfläche
4.810 m²
Nutzfläche
4.400 m²
Umbauter Raum
32.100 m³

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Links

museumliaunig.at
http://www.museumliaunig.at

Presseschau

02. November 2015Wojciech Czaja
db

Das Museum der unsichtbaren Absichten

(SUBTITLE) Erweiterung des Museum Liaunig in Neuhaus (A)

Das bereits unter Denkmalschutz stehende Privatmuseum in Kärnten wurde um Präsentationsräumlichkeiten sowie zusätzliche Depotflächen erweitert. Allesamt liegen eingegraben unter der Erdoberfläche, weil sich dadurch Bau- und Unterhaltskosten minimieren ließen. Zudem bleibt das liebliche Landschaftsbild unangetastet. Durch Rohbaucharme und die Inszenierung natürlicher Lichtquellen entsteht ein höhlenartiger, archaischer, bisweilen sakraler Charakter, dessen Sinnhaftigkeit sich jedoch nicht überall erschließt.

Das bereits unter Denkmalschutz stehende Privatmuseum in Kärnten wurde um Präsentationsräumlichkeiten sowie zusätzliche Depotflächen erweitert. Allesamt liegen eingegraben unter der Erdoberfläche, weil sich dadurch Bau- und Unterhaltskosten minimieren ließen. Zudem bleibt das liebliche Landschaftsbild unangetastet. Durch Rohbaucharme und die Inszenierung natürlicher Lichtquellen entsteht ein höhlenartiger, archaischer, bisweilen sakraler Charakter, dessen Sinnhaftigkeit sich jedoch nicht überall erschließt.

Es ist, als würde man im römischen Pantheon stehen. Massiver Boden, massive Wände, massive Kuppelkonstruktion. In der Mitte der Decke ein rundes Loch, durch das ein kontrolliertes Bisschen Sonnenschein in den Raum fällt. Unweigerlich, als hätte man bereits eine Vorahnung, muss man in die Hände klatschen. Und dann zählen. Noch einmal. Diesmal laut schreien. Und zählen. Fünf Sekunden beträgt die Nachhallzeit. Sakrale, ja fast einschüchternd göttliche Dimensionen tun sich hier auf.

Umso erstaunlicher, dass der kreisrunde, archaisch betonierte Raum zunächst als privater Lagerraum für Plastiken und auch Landmaschinen genutzt wurde. Heute ist der einstige Abstellraum, dessen Geometrie und Bauweise 2010 im Rahmen einer »kleinen Erweiterung« traditionellen Gärungsbehältern nachempfunden wurde und der sich an der Oberfläche wie ein überdimensionaler Maulwurfshügel durch den Grasteppich wölbt, erstmals öffentlich zugänglich. Allerdings wagt man sich als Besucher kaum, das Skulpturendepot zu durchschreiten. Zu mächtig, zu erhaben stehen die bronzenen Figuren umher und beanspruchen die gesamte Halle als Aura für sich. Mit angehaltenem Atem versucht man, bloß nichts zu berühren.

Das 2008 eröffnete Museum Liaunig in der zweisprachigen Gemeinde Neuhaus/Suha in Kärnten, nur wenige Kilometer von der slowenischen Grenze entfernt, zählt zu den aufregendsten privaten Ausstellungsräumen Österreichs. Selten findet man ein Museum mit so viel nacktem, unbeschönigtem Beton, selten eine so kompromisslos zusammengestellte, auf österreichische Gegenwartskunst konzentrierte Privatsammlung wie die des Großindustriellen und Kunsthedonisten Herbert Liaunig. Das Projekt, Resultat eines geladenen Wettbewerbs, aus dem das Wiener Architekturbüro querkraft als Sieger hervorgegangen war, ging damals durch sämtliche Blogs und Gazetten. Und sogar für den Mies van der Rohe Award 2009 wurde es seinerzeit nominiert.

Nicht nur die Raumqualität, auch die ungewöhnliche Entscheidung, die Architektur in die Erde einzugraben und nur an ein paar Ecken ans Tageslicht treten zu lassen, machten den Bau zur Ikone. Das einprägsame Bild der stahlbekleideten Betonröhre, die aus dem Hang über die Bundesstraße B81 zischt, schaffte es als reduzierte Strichzeichnung sogar auf eine Briefmarke – in prominenter Gesellschaft mit dem Kunsthaus Bregenz (Peter Zumthor), dem Kunsthaus Graz (Peter Cook und Colin Fournier), dem Lentos Kunstmuseum in Linz (Weber & Hofer Architekten) und dem Schindler House in Los Angeles (Rudolph Schindler).

Im Dezember 2012 wurde das Museum, nur vier Jahre nach Fertigstellung, als jüngstes österreichisches Objekt aller Zeiten unter Denkmalschutz gestellt. Liaunig höchstpersönlich hatte sich um die Unterschutzstellung bemüht. »Schon beim Steinhaus von meinem mittlerweile verstorbenen Freund Günther Domenig war ich in Sorge, dass es verfallen und in Vergessenheit geraten könnte. Der Denkmalschutz ist ein gewisser Schutz, damit das nicht passiert, damit die Substanz erhalten bleibt. Eines Tages auch hier in Neuhaus.«

Im vorletzten Sommer wurden die Räumlichkeiten, auf die nun die Augen des Bundesdenkmalamts gerichtet sich, von 5 000 auf rund 7 500 m² vergrößert. Kein leichtes Unterfangen, bedenkt man die strengen behördlichen Auflagen, mit denen sich Hausherr Liaunig und querkraft Architekten auseinanderzusetzen hatten. Es sei schon ein eigenartiges Gefühl, das eigene Projekt zu erweitern und dabei zu berücksichtigen, dass man am Altbestand eigentlich kaum mehr etwas verändern darf, meint Jakob Dunkl, einer der drei Partner bei querkraft. »Worauf wir besonders viel Wert legen wollten, aber auch mussten, war die Beibehaltung des rohen, sakralen, unterirdischen Ambientes.«

Zu den neu errichteten beziehungsweise adaptierten Räumlichkeiten zählen neben dem umgewidmeten, nun erstmals öffentlich zugänglichen Traktorenpantheon ein Ausstellungsraum für die Glassammlung Liaunigs (1500 bis 1850) und für Porträtminiaturen aus aller Welt (1590 bis 1890) sowie ein großer, dreieckiger Raum für Wechselausstellungen, in dem zurzeit Arbeiten des irischen Künstlers Sean Scully zu sehen sind. Mit seinen pastosen, schwarz-weiß-grauen und gedeckt bunten Streifen und Balken, die er auf die Leinwand bannt, bringt er Farbe in den sonst nur weiß-grauen Raum. »Weltaneignung« nennt Scully diese Verschmelzung von Licht und Melancholie.

5 m über dem hell beschichteten Boden durchdringen sich gegenseitig riesige, bis zu 35 m lange Stahlbetonträger und umfassen mal dreieckige, mal trapezförmige Waben. Die Bauweise ist ein Zugeständnis an geänderte OIB-Richtlinien (Österreichisches Institut für Bautechnik), nach denen ein Raum, dessen Fußboden-Niveau sich unterhalb der Erdoberfläche befindet, keine primärkonstruktiven Stahlbauteile mehr aufweisen darf. Brandbeständigkeit F90 ist Vorschrift.

Ein bisschen erinnert diese rohe, unverblümte Megastruktur mit ihren bedrohlichen Hohlräumen, in denen chaotisch eingehängte Leuchtstoffröhren (vergeblich) etwas Leichtigkeit und Schwerelosigkeit hineinzubringen suchen, an die Bauten von Peter Eisenman, Louis Kahn, Le Corbusier. »Wir wollten den Raum nackt und unverkleidet belassen«, sagt Jakob Dunkl. »Damit kommt der archaische Charakter dieses Gebäudes, das ja fast zur Gänze in der Erde drinsteckt, besser zur Geltung. Es gibt keinen Unterschied zwischen Rohbau und fertigem Haus. What you see is what you get. Alles ist alles zugleich.« Er hält inne, um dann, nach einer kurzen Kunstpause den bereits vielzitierten querkraft-Slogan zum Besten zu geben: »Kein Gramm Fett.«

Doch warum wird die Kunst in die Erde eingebuddelt? Warum darf sich das so wertvolle Werk des Menschen nicht an der Oberfläche abzeichnen? Der ureigentliche Grund, der 2008 zu dieser Entscheidung geführt hatte, war ein zutiefst pragmatischer. 1 500 Euro/m², hatte Auftraggeber Liaunig damals in der Wettbewerbsausschreibung gefordert, durfte das Gebäude kosten – und keinen Cent mehr. Sogar Architekt Dietmar Eberle, der seinerzeit den Juryvorsitz innehatte, meinte, um diesen Preis könne man nie und nimmer ein Museum bauen. Querkraft hat bewiesen, dass man doch kann.

»Die billigste Außenwand, die man nach heutigem Stand der Technik produzieren kann, ist eine Kellerwand«, sagt Jakob Dunkl. »Genau so ist das gesamte Museum konzipiert. An den paar Stellen, an denen das Bauwerk den Hang durchbricht, haben wir uns ganz normaler Industriebauweise bedient, wie man sie in jedem Gewerbegebiet vorfindet.« Die Kombination machts. Obwohl an der Außenseite Wellblech, Trapezblech, handelsübliche Lichtkuppeln und 08/15-Stahlbauteile zum Vorschein kommen, wirken diese im Dialog mit der sanften, samtig weich dahinfließenden Landschaft um ein paar Nuancen verfeinert und veredelt.

Das Licht wird, wo benötigt, durch entsprechend in die Höhe oder in die Länge verlängerte Lichtrüssel eingefangen. Einzig in der Goldkammer und in den neuen Glas- und Miniatur-Ausstellungsräumen macht man sich die Eigenheiten der unterirdischen Bauweise zunutze und lässt das Tageslicht gar nicht erst ins Innere dringen. Hier erst entfaltet sich der Nimbus des Unterirdischen, des Unsichtbaren und verleiht dem Museum – indem es die volle Konzentration auf die funkelnden, in Summe millionenschweren Exponate richtet – einen Hauch von dramaturgisch durchaus ins Konzept passender Klaustrophobie und Katakombenhaftigkeit.

Kosten wurden durch die unterirdische Bauweise gleich doppelt gespart. Nicht nur durch die Senkung des Baubudgets, sondern auch die Betriebskosten ließen sich durch das umliegende Erdreich, das als wertvolle speicherfähige Masse mit entsprechender Trägheit fungiert, auf ein Minimum reduzieren. »Wir brauchen keine fossilen Brennstoffe«, sagt Reinhold Jamer, zuständiger Haustechniker im Museum. »Gekühlt und geheizt wird bei uns mittels Erdwärme und Wärmepumpe, wobei die Energie über eine Fußbodenheizung in die Räume geschleust wird. Der wirklich große Vorteil gegenüber öffentlichen Einrichtungen jedoch ist, dass wir die Ausstellungsräume nicht rund um die Uhr temperieren und lüften müssen, sondern die Anlage je nach Bedarf ein- und ausschalten können.«

Im Haustechnikraum hinter den Sean-Scully-Gemälden sind heute Stühle, Kartons und Holzkisten geschichtet – Reservematerial für Lesungen und andere Veranstaltungen sowie für die Rückspedition der großformatigen Werke. Eines Tages, so der Plan von querkraft, könne man die Haustechnik ohne Schwierigkeit aufrüsten, sollte das Museum noch einmal erweitert werden. »Das ist aber nicht mein Plan«, sagt Hausherr Herbert Liaunig. »Das Museum ist jetzt groß genug. Es wird keine weitere Ausbaustufe mehr geben.« Nur noch der in die Landschaft eingelassene Skulpturengarten, heute ein Krater in der Wiese, soll kommendes Frühjahr eröffnet werden. Die Baustelle läuft bereits. Das, versichert Liaunig, wird der letzte Akt gewesen sein.

Das Museum Liaunig lebt von einem Paradoxon: Einer der wohlhabendsten Industriellen und Kunstsammler Österreichs hat auf brutale, ja fast kaum zu realisierende Weise den Architekten die Daumenschraube angelegt und das Baubudget bis zum äußersten Minimum gesenkt. Die unterirdische Bauweise – so glücklich sie in der Ausgestaltung auch sein mag, so welt- und neubauoffen sie die Gutachter des österreichischen Bundesdenkmalamts anrücken ließ – ist damit Produkt von Rotstift und härtester, unternehmerischer Ökonomie. Museale Absichten, konzeptionelle Überlegungen und Maßnahmen zum Landschaftsschutz sind nicht mehr als willkommene Begleiterscheinungen, die querkraft hier so wunderbar als Kür ins Projekt zu implementieren wusste. Wie heißt es doch so schön? Zwänge und Einschränkungen beleben den Geist des Architekten. Es bleibt ein Hauch von Irritation.



verknüpfte Zeitschriften
db 2015|11 Unter der Erde

13. Juni 2015Wojciech Czaja
Der Standard

Kein Gramm Fett

Das un­ter­ir­di­sche Mu­se­um Li­au­nig im kärnt­ne­ri­schen Neu­haus ist um ein paar Räu­me rei­cher. Es re­giert die nack­te Ge­walt von Licht und Be­ton – und von fünf Se­kun­den Echo.

Das un­ter­ir­di­sche Mu­se­um Li­au­nig im kärnt­ne­ri­schen Neu­haus ist um ein paar Räu­me rei­cher. Es re­giert die nack­te Ge­walt von Licht und Be­ton – und von fünf Se­kun­den Echo.

Rau­chen strengs­tens ver­bo­ten. Kunst dul­det kei­nen Qualm. Doch die Na­sen­här­chen sind ein we­nig ir­ri­tiert an­ge­ruchs der hier vor­ge­fun­de­nen Ta­bak­kon­zen­tra­ti­on. Über das ge­sam­te Mu­se­um legt sich ein be­tö­ren­der Schlei­er von ku­ba­ni­schem Zi­gar­ren­rauch. Her­bert Li­au­nig ist zu­ge­gen. Er sitzt im Foy­er und ge­nießt den gei­ßeln­den Son­nen­schein an die­sem früh­som­mer­li­chen Nach­mit­tag auf sei­ne Art und Wei­se. „Mit dem Es­sen kommt der Ap­pe­tit“, sagt Li­au­nig. „Die Samm­lung wur­de im­mer grö­ßer und grö­ßer, und so war es un­aus­weich­lich, dass das Mu­se­um ei­nes Ta­ges er­wei­tert wer­den muss­te.“

Vor rund ei­nem Mo­nat ging das nun­mehr von 5000 auf 7500 Qua­drat­me­ter ver­grö­ßer­te, un­ter­ir­di­sche Pri­vat­mu­se­um in Neu­haus/Su­ha in Be­trieb. Wo sich frü­her Kä­fer und Re­gen­wür­mer durch das Er­dreich fra­ßen, hän­gen nun Aqua­rel­le und Öl­ge­mäl­de des iri­schen Ma­lers Se­an Scul­ly. Mit sei­nen pas­to­sen, schwarz-weiß-grau­en und ge­deckt bun­ten Strei­fen und Bal­ken, die er auf die Lein­wand bannt, bringt er Far­be in den Raum. „Welt­an­eig­nung“ nennt Scul­ly die­se Ver­schmel­zung von Licht und Me­lan­cho­lie.

Mit dem dreie­cki­gen Raum, der gleich ne­ben dem Foy­er ab­zweigt, hat Li­au­nig nun erst­mals auch ei­ne Büh­ne für Leih­ga­ben und Wech­sel­aus­stel­lun­gen – und für Le­sun­gen, Kon­zer­te, di­ver­se Ver­an­stal­tun­gen wel­chen For­mats auch im­mer. „Wir möch­ten uns jetzt et­was brei­ter auf­stel­len und ei­nen viel­fach nutz­ba­ren Raum zur Ver­fü­gung stel­len, in dem Kul­tur statt­fin­den kann“, so Li­au­nig. Die Akus­tik ist wun­der­bar. Wenn hier ei­nes Ta­ges Pe­ter Hand­ke aus ei­nem sei­ner Bü­cher le­sen wer­de, so der Plan, dann wird er dies oh­ne Ver­stär­kung tun kön­nen.

Fünf Me­ter über dem Bo­den pfei­fen rie­si­ge, bis zu 35 Me­ter lan­ge Stahl­be­ton­trä­ger durch den Raum. Ein biss­chen er­in­nert die­se ro­he, un­ver­blüm­te Me­gast­ruk­tur an der Drau an die Bau­ten von Pe­ter Ei­sen­man, Lou­is Kahn, Le Cor­bu­sier. „Wir woll­ten den Raum nackt und un­ver­klei­det be­las­sen“, sagt Ja­kob Dunkl von quer­kraft ar­chi­tek­ten. „Da­mit kommt der ar­chai­sche Cha­rak­ter die­ses Ge­bäu­des, das ja fast zur Gän­ze in der Er­de drins­teckt, bes­ser zur Gel­tung. Es gibt kei­nen Un­ter­schied zwi­schen Roh­bau und fer­ti­gem Haus.“ Hält kurz in­ne. Und dann, druck­reif: „Kein Gramm Fett.“

Die ma­te­riel­le Ab­spe­ckungs­kur hat nicht nur räum­li­che und ge­stal­te­ri­sche Grün­de, son­dern ist nicht zu­letzt dem Por­te­mon­naie ge­schul­det. Der Un­ter­neh­mer und Kunst­samm­ler Li­au­nig ist kei­ner, der sich all­zu oft in sei­nen Spen­dier­ho­sen zeigt. Und so ver­wun­dert es nicht, dass die Net­to­bau­kos­ten für den Er­wei­te­rungs­bau mit 1500 Eu­ro pro Qua­drat­me­ter kei­nen Cent über dem ur­sprüng­li­chen, 2008 er­rich­te­ten Ur­mu­se­um lie­gen durf­ten. Das Ge­samt­in­ves­ti­ti­ons­vo­lu­men be­läuft sich auf 5,5 Mil­lio­nen Eu­ro.

Wa­rum bloß drei E­cken?

Doch wa­rum bloß drei E­cken? „Wir wa­ren zu Be­ginn auch ein we­nig skep­tisch“, meint Dunkl. Dreie­cki­ge Aus­stel­lungs­räu­me sei­en nicht ge­ra­de all­täg­lich im Mu­se­ums­bau. „Al­ler­dings hat ein Drei­eck bei gleich blei­ben­der Flä­che un­ter den ein­fa­chen euk­li­di­schen Grund­for­men den größ­ten Um­fang. So ge­se­hen kann man bei gleich blei­ben­den Bau­kos­ten mehr Bil­der an die Wand hän­gen.“ Das hat den Haus­herrn über­zeugt.

Orts­wech­sel. Et­was wei­ter drin im Berg. Über ei­nen mehr als 50 Me­ter lan­gen Kor­ri­dor ge­langt man in die neue Glas- und Mi­nia­tur­samm­lung. Ram­pen ge­hen auf und ab, man ver­liert nicht nur die Orien­tie­rung im Raum, son­dern auch das Ge­fühl für die be­reits zu­rück­ge­leg­ten Hö­hen­schicht­li­ni­en. Die In­stal­la­ti­on der ös­ter­rei­chi­schen Künst­le­rin Est­her Sto­cker, die den Gang an Bo­den, Wand und De­cke schwarz-weiß ge­pi­xelt hat, tut ein Üb­ri­ges. Um­so er­nüch­tern­der sind dann die bei­den Aus­stel­lungs­räu­me mit Tep­pich­bo­den und Vi­tri­nen, in de­nen Glas­ar­bei­ten und im Mil­li­me­ter­be­reich aqua­rel­lier­te Por­träts aus dem Zeit­raum von 1500 bis 1800 prä­sen­tiert wer­den.

Ein Highl­ight ist da­für die Skulp­tu­ren­hal­le ne­ben­an. Der kreis­run­de, ar­chaisch be­to­nier­te Raum, der be­reits 2011 er­rich­tet wur­de, dien­te bis zu­letzt als La­ger­raum für Plas­ti­ken und Land­ma­schi­nen und Trak­to­ren. Heu­te ist der ein­sti­ge Ab­stell­raum, des­sen Geo­me­trie und Bau­wei­se tra­di­tio­nel­len Gä­rungs­be­häl­tern nach­emp­fun­den ist und der sich an der Ober­flä­che wie ein über­di­men­sio­na­ler Maul­wurfs­hü­gel durch den Gras­tep­pich wölbt, öf­fent­lich zu­gäng­lich.

Fünf Se­kun­den Nach­hall­zeit

Zeit­ge­nös­si­sche Fi­gu­ren ste­hen frei im Raum. Fast pant­heong­leich strömt von oben das Licht in den Be­häl­ter. „Spä­ter ein­mal“, sagt Haus­tech­ni­ker Rein­hold Ja­mer, er kennt das Haus in- und aus­wen­dig, „sol­len hier Kon­zer­te und Ge­sangs­aben­de auf­ge­führt wer­den. Das wird wirk­lich dra­ma­tisch wer­den, da­rauf freue ich mich schon.“ Fünf Se­kun­den be­trägt die Nach­hall­zeit. Sa­kra­le Di­men­sio­nen tun sich da auf. Im De­zem­ber 2012 wur­de das Mu­se­um Li­au­nig, nur vier Jah­re nach Fer­tigs­tel­lung, als jüngs­tes ös­ter­rei­chi­sches Ob­jekt al­ler Zei­ten un­ter Denk­mal­schutz ge­stellt. Die Grün­de da­für mö­gen viel­fäl­tig ge­we­sen sein. Als sei­ne per­sön­li­che Mo­ti­va­ti­on je­doch nennt Haus­herr Li­au­nig den Schutz des Hau­ses über sei­nen Tod hin­aus: „Nach­dem Günt­her Do­me­nig ge­stor­ben ist, war mei­ne größ­te Be­fürch­tung, dass das von ihm ge­plan­te Stein­haus am Os­sia­cher See in Ver­ges­sen­heit ge­ra­ten könn­te. Das wä­re scha­de ge­we­sen. Der Denk­mal­schutz ist ei­ne ge­wis­se Ge­währ, dass das nicht pas­siert.“

Schon jetzt wach­te das Bun­des­denk­mal­amt mit Ar­gu­sau­gen über das Er­wei­te­rungs­pro­jekt der mit dem Pro­jekt wohl be­stens ver­traut ge­we­se­nen Haus- und Ho­far­chi­tek­ten quer­kraft. Wei­te­re Zu­bau­ten wer­den nur un­ter größ­ter An­stren­gung mög­lich sein. „Das wird nicht nö­tig sein“, sagt der Zi­gar­re paf­fen­de Kunst­samm­ler. „Das Mu­se­um ist jetzt groß ge­nug.“ Näch­stes Jahr soll der in die Land­schaft ein­ge­las­se­ne Skulp­tu­ren­gar­ten er­öff­net wer­den. Die Bau­stel­le hat be­reits be­gon­nen. Da­mit wird das Werk Li­au­nig ab­ge­schlos­sen sein.

Be­sich­ti­gungs­zei­ten:
Mitt­woch bis Sonn­tag 10 bis 18 Uhr.

Ge­öff­net bis 31. Ok­to­ber

30. April 2015Colette M. Schmidt
Der Standard

Extravagante Architektur für zeitgenössische Kunst

Nach einjähriger Umbauphase ist das Museum Liaunig wieder offen. Insgesamt umfassen die Schauräume des Kunstsammlers im Südkärntner Neuhaus nun 7000 Quadratmeter. Sonderausstellungen sind Sean Scully und den Malern der „Wirklichkeiten“ gewidmet

Nach einjähriger Umbauphase ist das Museum Liaunig wieder offen. Insgesamt umfassen die Schauräume des Kunstsammlers im Südkärntner Neuhaus nun 7000 Quadratmeter. Sonderausstellungen sind Sean Scully und den Malern der „Wirklichkeiten“ gewidmet

Seit sieben Jahren ist der kleine Südkärntner Ort Neuhaus/Suha mit seinen rund 1000 Einwohnern auf den Straßenkarten von Kunstfreunden markiert. Denn 2008 eröffnete hier der Unternehmer und Kunstsammler Herbert Liaunig – er besitzt mit knapp dreitausend Werken eine der bedeutendsten Sammlungen österreichischer Kunst nach 1945 – sein mittlerweile denkmalgeschütztes und mehrfach ausgezeichnetes Museum aus Sichtbeton, Stahl und Glas. Nun wurde das kühne, aus vier markanten Baukörpern bestehende Baukunstwerk des Wiener Architekturbüros Querkraft um mehr als 2000 Quadratmeter vergrößert. Über die Kosten des neuen Sonderausstellungsraums und der zwei unterirdisch gelegenen Präsentationsräume schweigen sowohl der Bauherr wie auch die Querkraft-Architekten.

Vierecke im Dreieck

Gleich nach dem Eingang geht es nun in den neuen Zubau für Wechselausstellungen. Rechtecke und Quadrate Sean Scullys weihen das dreieckige, lichtdurchflutete Atrium ein. Die Ruhe ausstrahlenden Gemälde und Aquarelle des 69-jährigen Iren, dem zuletzt 2012 im Lentos Museum eine Personale gewidmet war, sind bis 31. Oktober zu sehen. Kuratiert wurde die Schau von Peter Baum. Vom Foyer gelangt man, vorbei an dem hinter Glas befindlichen Schaudepot, in den spektakulären Hauptraum des Museums, der an beiden Enden atemberaubende Ausblicke auf die Drau und in die schroffe Bergwelt gewährt.

Die Quadratur der Ruhe

Hier hat Hans-Peter Wipplinger, Leiter der Kunsthalle Krems, die bisher größte Überblicksausstellung der Künstlergruppe „Wirklichkeiten“ kuratiert: Mehr als zweihundert farbintensive, mitunter psychedelische, oft freche Arbeiten bestätigen das Credo ihrer Mitglieder: keine Ideologien, keine Rezepte, kein Akademismus.
Wolfgang Herzig, Kurt Kocherscheidt, Peter Pongratz, Franz Ringel, Robert Zeppel-Sperl und, als einzige Frau, Martha Jungwirth setzten auf jeweils höchst unterschiedliche Weise in den 1960er- und 1970er-Jahren einen selbstbewussten Kontrapunkt zu den Phantastischen Realisten und den abstrakten Malern und pflegten, so Wipplinger, auffallend enge Kontakte zur Literaturszene.
In einem fast sakralen Kuppelraum im Untergeschoß wurde Platz für ein Skulpturendepot geschaffen. Der Skulpturenpark des Museums wird erst nächstes Jahr fertig. Ebenfalls unterirdisch sind drei weitere Kollektionen ausgestellt: Gold der westafrikanischen Akan, Porträtminiaturen von 1590 bis 1890 sowie Gläser aus der Zeit von 1500 bis 1850.

Kärntner Kulturpolitik

Nach seinem Verhältnis zu Kärntens Kulturpolitik befragt, antwortet der mit Aschenbecher und Zigarre durch sein Museum schreitende Liaunig: „Welche Kulturpolitik?“ Dafür darf sich der Industrielle, der viele Millionen in Museum und Kunst investierte, aussuchen, wer hineindarf – und wann. Mit der Erweiterung ändert sich der Besuchsmodus insofern, als es keiner Voranmeldung mehr bedarf. Von Mittwoch bis Sonntag ist das Museum ab zehn Uhr geöffnet. Nur Kinder bis elf müssen weiterhin aus Sicherheitsgründen draußen bleiben.

11. August 2012Almuth Spiegler
Die Presse

Der Trieb zum Sammeln und zum Bauen

Mit dem „Museum Angerlehner“ bei Wels wird wieder ein neues Privatmuseum in Österreich gebaut. Was treibt Kunstsammler wie Essl, Liaunig oder Angerlehner zum eigenen Monument?

Mit dem „Museum Angerlehner“ bei Wels wird wieder ein neues Privatmuseum in Österreich gebaut. Was treibt Kunstsammler wie Essl, Liaunig oder Angerlehner zum eigenen Monument?

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verknüpfte Bauwerke
Museum Angerlehner

09. September 2008Patricia Grzonka
Neue Zürcher Zeitung

Fitzcarraldo an der Drau

(SUBTITLE) Ein eigenwilliges neues Privatmuseum in Kärnten

Mit einem Museum für zeitgenössische Kunst in Neuhaus hat sich der Sammler und Unternehmer Herbert Liaunig selbst ein Denkmal gesetzt. Das Wiener Architekturbüro Querkraft gestaltete das Bauwerk in reduzierter Industriearchitektur als Kontrast zur Natur Südkärntens.

Mit einem Museum für zeitgenössische Kunst in Neuhaus hat sich der Sammler und Unternehmer Herbert Liaunig selbst ein Denkmal gesetzt. Das Wiener Architekturbüro Querkraft gestaltete das Bauwerk in reduzierter Industriearchitektur als Kontrast zur Natur Südkärntens.

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30. August 2008Wojciech Czaja
Der Standard

Auf Bilbao wird gepfiffen

Gestern, Freitag, wurde im Kärntner Neuhaus das Museum Liaunig eröffnet. querkraft statt Schwerkraft lautet das Motto des gleichnamigen Architekturbüros. Ein Kunsthaus mit wenigen Mitteln.

Gestern, Freitag, wurde im Kärntner Neuhaus das Museum Liaunig eröffnet. querkraft statt Schwerkraft lautet das Motto des gleichnamigen Architekturbüros. Ein Kunsthaus mit wenigen Mitteln.

Begonnen hat alles mit den Briefmarken. Noch keine zehn Jahre alt, hatte der kleine Herbert bereits eine erstaunliche Sammlung vorzuweisen. „Das Sammeln hat mich immer interessiert“, blickt der heute 63-jährige Liaunig zurück, „das vergnügliche Verlangen, es zu tun, liegt tief im Menschen verankert.“ Dass diese Manie nicht notwendigerweise bei jedem durchbricht, meint er, sei allerdings eine Fügung des Schicksals.

Längst vergessen, dass fürs erste Kunstwerk eigens ein Kredit aufgenommen werden musste. Längst vergessen, wie Kisten voller Comic-Hefte gegen flüchtige Skizzen aus musengeküsster Künstlerhand getauscht wurden. 2130 Werke des 20. Jahrhunderts hat der Industrielle bis heute zusammengetragen. Zu jedem einzelnen gibt es eine Geschichte. „Es gibt keinen Künstler in dieser Sammlung, den ich nicht persönlich kenne. Diese Freundschaften und Bekanntschaften prägen die Sammlung.“

Und weil Herbert Liaunig mittlerweile mehr Freunde als Comic-Hefte hat, platzte das Depot in seiner Kärntner Residenz, Schloss Neuhaus, irgendwann aus allen Nähten. Ein Museum musste her. Den ersten Wettbewerb 2004 gewann die französische Architektin Odile Decq. Gebaut hat sie nicht. „Diese Frau hat mich zwei Jahre Entwicklung gekostet“, erinnert sich Liaunig, „sie hat die vertraglichen Verpflichtungen nicht eingehalten, indiskutable Pläne geliefert und dazu die Baukosten überschritten. Desahlb habe ich die Zusammenarbeit damals beendet.“ Andere Worte aus Paris: „Den Namen des Herrn L. nehme ich in meinem Leben nie wieder in den Mund“, sagt Odile Decq auf Anfrage des Standard, „Kunst zu sammeln und dabei nicht die Kunst der Architektur zu respektieren - das passt für mich nicht zusammen.“

Neuer Anlauf, diesmal mit Erfolg. Gestern Abend, Freitag, eröffnete im südkärntner Neuhaus/Suha das Museum Liaunig aus der Feder des Wiener Architekturbüros querkraft. Wie ein Autobahntunnel pfeift das Ding aus dem Hang und zeigt der Schwerkraft die kalte Schulter. Erst gibt es noch ein paar Rippen aus Stahl, dann nur noch nackten Beton. „Wir haben uns einiger Elemente aus dem Industriebau bedient“, sagen die querkräftler, „der Beton ist unverputzt und die gekrümmte Haut rundherum ist 08/15-Standardware vom Stahlbauer.“ Dass das, nebenbei bemerkt, erstklassig bestückte Museum so roh daherkommt, ist nicht nur juvenile Unverfrorenheit, sondern hat auch finanzielle Gründe. 1500 Euro pro Quadratmeter durfte das Gebäude laut Ausschreibung kosten. Sogar Dietmar Eberle, Juryvorsitzender der zweiten Stunde, meinte damals, um diesen Preis könne man niemals ein Museum bauen.

Keinen Cent mehr

Man kann. Statt zu protzen, wie dies seit Bilbao im internationalen Museumsbau scheinbar Usus ist, überlegte sich querkraft, wie sich auf intelligente Art und Weise Baukosten sparen ließen. „Die billigste Außenwand, die man nach heutigem Stand der Technik produzieren kann, ist eine Kellerwand“, dachten sich die Architekten und buddelten das Museum in die Erde ein. Nur das Dach und die beiden Enden des 160 Meter langen Ausstellungsraumes ragen heraus, der Rest des Gebäudes duckt sich artig in der Landschaft. Kosten wurden durch diese Maßnahme gleich doppelt gespart: Die Einbettung ins Erdreich wirkt sich positiv aufs Raumklima aus und spart Betriebskosten für Heizung und Kühlung. „Auf den ersten Blick hat sich das Grundstück kaum verändert“, sagt Projektleiter Erwin Stättner, „mitten durchs Gelände verläuft eine Röhre aus Beton und Stahl, das war's.“ Auch Begriffe wie Land-Art habe er in diesem Zusammenhang bereits gehört, aber davon hält er nicht viel: „Wir sind sehr happy mit dem Projekt. Ich denke, das ist Architektur auf den Punkt.“

Kein einziges Lämpchen leuchtet in der langen Röhre, der ganze Raum ist mit Tageslicht durchflutet. Opake Schlitze in der Decke sorgen dafür, dass Gemälde und Plastiken von diffusem Licht erleuchtet werden. Fazit: Angenehme Lichtstimmung, keine Schlagschatten, neutrale Atmosphäre - damit wurde die Bauaufgabe mit Bravour erfüllt. Einen geeigneteren Architekturhintergrund für das Schaffen eines Markus Prachensky oder Gunter Damisch gibt es in dieser Größe kein zweites Mal.

Umso ärgerlicher, dass man nie mehr als ein paar Dutzend Werke gleichzeitig zu sehen bekommt. Die 160 Meter Länge sind schneller ausgeschöpft, als einem lieb ist. Ein einsehbares Lager hinter Glas schafft Abhilfe. Je nach Lust und Laune können die dicht gehängten Depotrahmen aus ihrer Parkposition herausgezogen werden, um Besuchern noch einen flüchtigen Blick auf das zu gewähren, was im Normalfall in einem hermetisch abgeschlossenen Speicher tief unter der Erde verschwindet.

„Der Blick ins Schaudepot ist ein Museumserlebnis neuer Art“, sagt Peter Baum, einstiger Gründungsdirektor des Lentos Kunstmuseums in Linz und jetziger Kurator für Liaunig, „das Depot ist nicht nur der wachsende Nukleus des Museums, sondern auch eine visuelle Herausforderung, der man sich neugierig bei jedem Besuch für einige Minuten stellen kann.“

Das alles stößt auf vollkommenes Desinteresse von Landeshauptmann Jörg Haider. Aus der ursprünglichen erzielten Einigung, dass sich das Land an den Bau- und Betriebskosten beteiligen werde, wurde nichts. Im Zuge der orangen Übermalung des Landes wurde die Sache wieder abgeblasen, eine der wichtigsten Privatsammlungen Österreichs links liegen gelassen. „Mir soll's recht sein“, sagt Liaunig bei der Eröffnung, „jemand, der ohne Kunst leben muss, der versäumt halt viel.“

Das Museum Liaunig öffnet von Mai bis Oktober. Besichtigungen nur im Rahmen von Führungen. Terminvereinbarung: www.museumliaunig.at

24. August 2008Liesbeth Waechter-Böhm
Spectrum

Kunst in der Röhre

Minimaler Aufwand, maximale Wirkung: das Liaunig-Museum in Neuhaus, Kärnten. Ein bezwingend einfaches Stück Architektur, perfekt geeignet für die Präsentation von Kunst.

Minimaler Aufwand, maximale Wirkung: das Liaunig-Museum in Neuhaus, Kärnten. Ein bezwingend einfaches Stück Architektur, perfekt geeignet für die Präsentation von Kunst.

Eine Landmark am Rand von Kärnten, nicht weit von der Grenze zu Slowenien, das ist das Museum des Industriellen Herbert W. Liaunig in Neuhaus/Suha geworden. Es spielt diskret mit der Landschaft, inszeniert seinen Auftritt aber doch. Odile Decq, sogenannte französische Stararchitektin und Siegerin des ersten internationalen Wettbewerbes, den Liaunig ausgeschrieben hatte, präsentierte ihr Projekt mit annähernd diesen Worten.

Seither ist viel Wasser die Drau hinuntergeflossen. Das Projekt musste nicht zuletzt, aber nicht nur aus Kostengründen abgesagt werden. 2006 folgte ein zweiter Wettbewerb, diesmal nicht international, sondern österreichisch. Und die Jury wählte aus den sechs geladenen Büros (Artec, Jabornegg/Palffy, Caramel, Krischanitz, Domenig/Wallner) die Wiener Architektengruppe Querkraft aus. Querkraft, das sind drei Architekten: Jakob Dunkl, Gerd Erhartt, der das Liaunig-Museum im Wesentlichen verantwortet, und Peter Sapp.

Was die Architekten von Querkraft immer schon auszeichnet: Sie sind allesamt streitbare Geister für innovative Konzepte, aber auch für Preis-Leistungs-orientierte Architektur, ihnen ist die Form wohl ein Anliegen, aber nicht das einzige.

Damit können wir den Kreis zur geknickten, gefalteten Baukörper-Landschaft der Odile Decq schließen. Was sie damals, nach ihrem Wettbewerbssieg, zur Presse sagte, gilt für den Bau von Querkraft mindestens genauso. Und doch schaut er so völlig anders aus. Das Gebäude ist schon bei der Anfahrt ein Erlebnis. Von Lavamünd führt eine Bundesstraße direkt vorbei. Irgendwann kommt man um eine Kurve – und schaut. Denn da kragt völlig unvermutet eine Art Röhre mit viereckigem Querschnitt immerhin 40 Meter über einen Steilhang hinaus und sendet ihre Signale.

Wenn schon, dann ein Zeichen

Natürlich haben sich die Architekten bei diesem Entwurf von vornherein gesagt: Wenn einer schon ein Privatmuseum errichtet, dann sollte man mit diesem Bau auch ein Zeichen setzen. Und das ist ihnen zweifellos gelungen. Dabei wurde aber die vorgegebene Situation – ein Hochplateau mit sehr steil abfallenden, teilweise dicht bewaldeten Hängen – kaum verändert, modelliert. Gerd Erhartt betont, dass der Erdaushub auf dem Plateau so sorgsam verteilt wurde, dass man keine Veränderung merkt.

In der Ausschreibung zum Wettbewerb ging es im ersten Abschnitt ausschließlich um die Kosten. Noch bevor überhaupt von der Nutzung des Gebäudes die Rede war. Das ist eine klare Ansage – eine verständliche noch dazu, wenn einer sein eigenes Geld in ein Gebäude investiert, das seine private Sammlung zumindest teilweise der Öffentlichkeit zugänglich macht. Natürlich hat Liaunig ursprünglich zum Land Kärnten Kontakt aufgenommen. Es gab eine Zusage, dass das Land einen Wechselausstellungsbereich samt Infrastruktur errichtet und die anteiligen Betriebskosten übernimmt. In diesem Fall wäre das Museum uneingeschränkt öffentlich zugänglich gewesen. Aber wir sind in Haider-Land. Und da schmolz nach einem Personalwechsel an entscheidender Stelle das Interesse an einem so speziellen Ort für Kunst ganz schnell dahin.

Nun ist Liaunig ein gewiefter Geschäftsmann mit der Fähigkeit zum Vorausblick. In der Wettbewerbsausschreibung war ein wichtiger Punkt, dass die beiden Bauabschnitte, das Privatmuseum und der Wechselausstellungs- beziehungsweise Veranstaltungsbereich des Landes, auch getrennt errichtet werden können. Im Projekt von Querkraft war das problemlos der Fall. Die „Bruchstelle“ bemerkt man überhaupt nicht.

Der Eingang sitzt diskret im Hang, nicht sonderlich inszeniert. Man kommt in ein sehr angenehm dimensioniertes Foyer. Und dann sieht man schon: diesen wunderbaren Weg hinauf zur Ausstellungshalle. Der ist leicht perspektivisch angelegt und saugt den Besucher unmerklich weiter, vorbei an dem, was Liaunig vorläufig „deponiert“ hat: Hier hängt auf Ausziehwänden all das, was nicht ausgestellt werden kann. Bei über 2000 Sammlungsobjekten kommt da einiges zusammen. Davon erhascht man zumindest einen punktuellen Eindruck. Und der kann wechseln, weil es so einfach ist, immer wieder eine andere Wand herauszuziehen, immer wieder ein anderes Werk ins Licht eines Spots zu rücken.

Die Sammlung ist großartig. Sie vermittelt einen überzeugenden Überblick über die österreichische Kunst seit 1950, enthält aber auch statementhafte Beiträge internationaler Provenienz. Man weiß nicht, wo man das in so konzentrierter Form sonst noch sehen könnte. In der Österreichischen Galerie im Belvedere sicher nicht. Und Essl hat aus seinem Museum ja doch eher eine Ausstellungshalle gemacht.

Ein Schlüsselgedanke der Architekten war jedenfalls, dass sie das Depot – sie nennen es einen „Weinkeller der Kunst“ – als spannende und lebendige Zugangsinszenierung gelöst haben. Man geht vorbei, im bewusst spärlichen Kunstlicht, und landet in der lichtdurchfluteten Ausstellungshalle. Da gibt es Tageslicht. Da geht es auch auf Terrassen, die einen wunderbaren Ausblick bieten, nicht zuletzt auf das Drautal.

Der Bau – und das spricht sehr für Querkraft – holt aus einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Wirkung heraus. Die eigentliche Ausstellungsröhre ist 160 Meter lang, sieben Meter hoch und 13 Meter tief. Genau genommen besteht sie aus einem betonierten U, über das eine Haut aus Paraschalen – pulverbeschichtetes Stahlblech mit Glasstreifen, die in der Decke eingelassen sind – gestülpt ist. Die Lösung ist simpel und industriell: Lagerhallen werden auf diese Weise errichtet. Aber hier erscheint sie geadelt. Sie ist richtig schön.

Nabelschnur mit Lichtdecke

Und sie ermöglicht natürlich, dass das Haus im beheizten Bereich heutigen Anforderungen entsprechend gedämmt ist. Man darf sich keine Illusionen machen: Liaunig stehen seine Kunstwerke näher als die Besucher. Im Winter werden sie schon mal eine dicke Jacke überziehen müssen, wenn sie dieSammlung besichtigen wollen. Das Museumwird in diesem Fall nicht überheizt. Der Bauherr trägt ja auch die Betriebskosten selbst.

Übrigens präsentiert Liaunig nicht nur seine Kunstsammlung, sondern in einem eigenen, durch eine Art „Nabelschnur“ – einen schmalen Gang mit einer wunderbaren Lichtdecke von Brigitte Kowanz – angedockten Raum auch seine Goldsammlung der afrikanischen Akan. Ein höchst sehenswertes Kontrastprogramm zum übrigen Museumsinhalt. Die Möglichkeit solcher unterirdischen Annexe, die mittels Nabelschnur ans Hauptgebäude angedockt werden, stellt für die Zukunft ein wichtiges Entwicklungspotenzial dar. So ließe sich immer noch eine Wechselausstellungshalle unterbringen, aber auch kleinere Bereiche, etwa für weitere spezielle Sammlungsteile.

Es ist das erste Museum, das Querkraft gebaut haben. Sein Konzept ist bezwingend einfach. Und doch artikuliert das Haus eine sehr starke architektonisches Aussage. Und was es nahezu perfekt macht: Für die Präsentation von Kunst in all ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen scheint es wirklich bestens geeignet.

31. Juli 2008Anne Katrin Feßler
Der Standard

Eleganter Kunsttunnel mit Jugendschutzprogramm

5000 Quadratmeter Nutzfläche bietet das private Museum des Kärntner Industriellen Herbert Liaunig. Ende August öffnet das vom Architekturbüro Querkraft gebaute Haus in Neuhaus vorsichtig seine Türen.

5000 Quadratmeter Nutzfläche bietet das private Museum des Kärntner Industriellen Herbert Liaunig. Ende August öffnet das vom Architekturbüro Querkraft gebaute Haus in Neuhaus vorsichtig seine Türen.

Neuhaus - Die Koralpe mit 2100 Meter Höhe im Blick, unten schlängelt sich die Drau: Die Aussicht, die der Hausherr auf Schloss Neuhaus genießt, ist fein. Zuletzt wurde das Panorama für Herbert W. Liaunig, ein als Sanierer maroder Unternehmen bekanntgewordener Großindustrieller, immer erhebender. Über die Kirchturmspitze hinweg kann der Kunstsammler nun auf seinen direkt am Fluss gelegenen Museumsbau blicken. Der sichtbare Teil davon, gestaltet von den Wiener Architekten Querkraft (Jakob Dunkl, Gerd Erhartt, Peter Sapp), durchschneidet wie ein eleganter Tunnel das Gelände.

Es sei kein Museum nur für ihn und seine Freunde, stellt Liaunig, manche politische Wortmeldung richtig und lud, knapp einen Monat vor der Eröffnung am 29. August, die Presse zur ausführlichen Präsentation. Darüber hinaus würden sich die Medien zunehmend fragen, wieso sich das Land Kärnten aus dem Projekt zurückgezogen habe. Noch 2002 war man einig gewesen, dem Bau einen öffentlichen Teil für Wechselausstellungen anzuschließen. Das Land hätte sich dafür mit einem Viertel an den auf acht Millionen Euro kalkulierten Baukosten (inzwischen knapp 10 Millionen Gesamtkosten) und zu einem Drittel (200.000 Euro) an den Betriebskosten beteiligt. Landeskulturrat war Jörg Haider.

Nachdem das Projekt der Französin Odile Decq scheiterte, weil es den Kostenrahmen überstrapazierte, ging aus dem neuerlichen Bewerb, an dem sich u. a. Adolf Krischanitz, Jabornegg & Palffy und Caramel beteiligten, der Entwurf von Querkraft hervor, der nicht nur den Anspruch auf Wirtschaftlichkeit erfüllte und sich in ein schlichtes, Liaunig entgegenkommendendes industrielles Kleid warf, sondern sich auch modulartig gestaltete. So können Gebäudeteile unabhängig geplant, ganz weggelassen oder später angefügt werden. Eine weitsichtige Entscheidung. Drei Tage vor Beschluss zog man den Landeskulturreferenten Martin Strutz (BZÖ) ab. Fortan wollte sein Nachfolger - Haider - nichts mehr vom Projekt wissen.

Die Fragen zum Rückzug sollte also das Land Kärnten beantworten. Dort wird man sich nun gehörig in den Popo beißen, weil man den Imagegewinn durch Beteiligung am prestigeträchtigen Haus ausgeschlagen hat. Liaunigs umfassende Sammlung, die sich auf insgesamt 5000 Quadratmetern ausbreiten darf, umfasst nicht nur Hauptwerke von internationalen Kapazundern wie Tony Cragg, sondern auch von Hauptvertretern der österreichischen und vor allem Kärntner Kunst der Gegenwart: Arnulf Rainer, Hermann Nitsch, Bruno Gironcoli, Cornelius Kolig, Hans Bischoffshausen u. a. Die Kunstinstitutionen Kärntens wirken dagegen sehr bescheiden.

Kunstrisiko Kind

Mehrmals täglich wird es eine Führung geben, selbstständiges Flanieren ist nicht vorgesehen. Peter Baum, der den Sammlungsquerschnitt kuratiert hat, sieht darin eine Exklusivität. Ansichtssache. Flanieren dürfen im Kärntner Privatmuseum auch andere nicht. Kindern unter 14 Jahren ist der Zutritt nicht gestattet. Das ein bisschen andere Jugendschutzprogramm will nicht etwa den Nachwuchs vor möglicherweise dargestellter Frivolität bewahren, sondern die „sehr sensiblen Werke“ schützen. Das erscheint schon ein wenig eigen. Bei ohnehin beaufsichtigten Touren dürften sich Schäden, hervorgerufen durch ungezügelten jugendlichen Leichtsinn, wohl ohnehin gering halten.

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