Eduard Neuenschwanders Werk überschreitet Grenzen: Er ist sowohl Architekt als auch Umweltgestalter, Biologe und Denkmalpfleger. Das Œuvre des 1924 geborenen Gestalters, zu dem die Kantonsschule Rämibühl (1960–1970), der westliche Teil des Irchelparks (1986–1989) und das vor dem Abriss gerettete Haus am Rindermarkt 7 in Zürich zählen, ist charakterisiert durch sein ganzheitliches Denken.Ausgehend von rund zwanzig exemplarisch vorgestellten Gebäuden und Aussenanlagen breitet das Buch das umfangreiche Werk Neuenschwanders aus und vertieft einzelne Aspekte seines Schaffens. Seine fachliche Herkunft, von der frühen Naturbegeisterung bis zu den beiden Lehrmeistern Sigfried Giedion und Alvar Aalto, wird ebenso beleuchtet wie seine Fragment gebliebene Idee einer Künstlerkolonie in Gockhausen, wo der Architekt noch heute lebt. Weitere Schwerpunkte sind seine Rolle in der Naturgartenbewegung, seine grossmassstäblichen Planungen, die von ihm gegründete Stiftung Baukultur und seine Gestaltungselemente, die stets Architektur, Natur und Ge schichte miteinander verbinden.Heinrich Helfenstein fotografierte eigens für diesen Band Bauten und Anlagen in ihrem heutigen Zustand. Die Publikation entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts an den Professuren für Landschaftsarchitektur, Christophe Girot, und für Architektur und Konstruktion, Peter Märkli, der ETH Zürich.

ISBN
9783856762353
Sprache
Deutsch
Publikationsdatum
2009
Umfang
256 S., 410 s/w und farbige Abb.
Format
gebunden, 30 x 22.5 cm

Presseschau
21. Januar 2010Suzanne Kappeler
Neue Zürcher Zeitung

Die Einheit von Haus und Landschaft

(SUBTITLE) Das Werk des Zürcher Architekten und Umweltgestalters Eduard Neuenschwander in einer neuen Publikation

Der Architekt Eduard Neuenschwander (*1924) fügt seine Bauten in eine naturnah gestaltete Umgebung ein. Eine neue Publikation stellt das grenzüberschreitende Œuvre zwischen Architektur, Umweltgestaltung, Biologie und Denkmalpflege vor.

Eduard Neuenschwanders Werk lässt sich grob in drei Phasen einteilen: Einfamilienhäuser, Reihenhaussiedlungen und das Grossprojekt Kantonsschule Rämibühl beschäftigten ihn von den 1950er bis in die 1970er Jahre. In den 1980er Jahren schuf er bedeutende Parkanlagen, und seit den 1990er Jahren konzentriert er sich auf den Umbau von historischen Bauten. Neben dem Rämibühl zählen die Gestaltung des Westteils des Parks der Universität Zürich Irchel als weitläufigste, neu konzipierte Grünanlage der Schweiz sowie die Rettung und der Umbau des dem Abbruch geweihten Hauses Rindermarkt 7 in der Zürcher Altstadt zu Neuenschwanders Hauptwerken. In diesen Arbeiten lassen sich seine ästhetischen Vorstellungen, seine Inszenierung der Architektur als Teil einer ganzheitlichen Landschaft und sein Geschichtsbewusstsein, das 1992 zur Gründung der Stiftung Baukultur führte, nachvollziehen und ablesen.

In sechs jeweils mit «Kontext» überschriebenen Kapiteln zeigen die Autoren Claudia Moll und Axel Simon chronologisch die baulichen und landschaftsgestalterischen Grundsätze des Architekten auf. Auf jedes der mit Farbfotografien illustrierten Kapitel folgt jeweils die Beschreibung von drei ausgewählten Projekten. Ein Anhang mit bebilderter Werkliste und Literatur schliesst das übersichtlich und schön gestaltete Buch ab.

Lehrjahre bei Alvar Aalto

Nach dem Studium an der ETH Zürich verbrachte Neuenschwander auf Empfehlung des Architekturkritikers Siegfried Giedion gut zwei Jahre, von Ende 1949 bis Anfang 1952, im Atelier des finnischen Architekten Alvar Aalto – ein Aufenthalt, der sein Werk entscheidend prägte. 1954 publizierte er zusammen mit seiner Frau Claudia ein Buch über diese Zeit, welches einen authentischen Einblick in die mit der Landschaft verwobenen Bauten Finnlands gibt («Finnische Bauten. Alvar Aalto 1950/51»). Das erste Haus, das Neuenschwander als Ensemble zusammen mit der Inneneinrichtung und dem Garten entwarf, ist das Einfamilienhaus Olsen in Zürich 1958/59. Während die Nordfassade von bräunlichem Backstein geprägt ist, öffnet sich der Baukörper auf seiner Gartenseite in einer Betonkonstruktion mit raumhohen Fenstern. Ein Kiesstreifen reicht von der Terrasse bis zum Wohnraum und unterstützt zusammen mit Natursteinplatten, einem Wasserbecken und einer reichhaltigen Bepflanzung das Ineinanderfliessen von innen und aussen.

In mehreren Anläufen versuchte Neuenschwander in Gockhausen, eine Künstlerkolonie mit Wohn- und Atelierhäusern zu verwirklichen. Von diesen Bauten sind sein Wohnhaus, das Haus «Im Binzen» (1964–69), und das Atelierzentrum (1970–73) besonders hervorzuheben. Die skulpturale Erscheinung der geschwungenen Betonfassade des Hauses «Im Binzen» spiegelt sich in einem schilfbestandenen Teich. Seine prägnante architektonische Sprache wiederholt sich in der starken Modellierung des Geländes, das durch üppige Bepflanzung und Steinsetzungen natürlich wirkt. Das Atelierzentrum, das 1975 mit der Zürcher Auszeichnung für gute Bauten geehrt wurde, besteht aus fünfzehn eingeschossigen Reihenhäusern und Studios, die durch private Atrien und umgreifende Naturgärten definiert sind. Kuppeloberlichter und grossflächige Fenster lassen die von einer schmalen Gasse erschlossenen Einheiten erstaunlich hell erscheinen. Direkt angrenzend an das Atelierzentrum erstellte Neuenschwander knapp zehn Jahre später ein neues Wohnhaus für sich, das Atelier 16, das mit seiner mächtigen, die Wohnhalle überwölbenden Decke aus rohem Sichtbeton und eingebettet in eine Landschaft aus Wasser, Steinen, Bäumen und Naturstauden seine Prinzipien von Gestaltung, von Ordnung und Freiraum zusammenfasst.

Stiftung Baukultur

Die Bewahrung historischer Bausubstanz und die Ablesbarkeit der Geschichte eines Baus bei dessen Sanierung sind zu einem wichtigen Anliegen des Architekten geworden. Seine Rettung des Hauses Rindermarkt 7 in der Zürcher Altstadt 1992–94 wurde als beispielhaft anerkannt und die von ihm gegründete Stiftung Baukultur 1975 mit dem Europa Nostra Award ausgezeichnet. Neuenschwander definiert den Sanierungsvorgang am Rindermarkt als «fortschreitendes Auf- und Abräumen und gleichzeitig laufende Bauuntersuchung. Daraus ergibt sich ein effektives Beurteilen, das die Durchführung der nötigen Bauvorgänge ermöglicht.»

[ Claudia Moll, Axel Simon: Eduard Neuenschwander. Architekt und Umweltgestalter. Mit Fotografien von Heinrich Helfenstein. 256 S., 335 Abb. farbig und s/w. GTA-Verlag, Zürich 2009. Fr. 65.–. ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2010.01.21

31. Dezember 2009Caspar Schärer
TagesAnzeiger

Die Einheit von Haus und Natur

Für den Architekten Eduard Neuenschwander gehören Architektur und Landschaft zusammen. Ein neues Buch würdigt sein Schaffen.

Über ein halbes Jahrhundert beschritt der heute 85-jährige Zürcher Architekt Eduard Neuenschwander unbeirrt seinen eigenen Weg, der ihn stets über die Grenzen der Disziplinen führte. Seine integrale Auffassung von Gestaltung und sein Streben nach dem Ideal eines natürlichen Wohnumfelds machen Neuenschwander bis heute zur Ausnahmeerscheinung unter den Architekten.

Geprägt durch Naturbegeisterung

Eine umfassende Buchpublikation würdigt nun das in der Vergangenheit von der Fachwelt zum Teil hart kritisierte Werk des bescheidenen Baumeisters. Das Buch ist das Ergebnis einer dreijährigen Forschungsarbeit der Landschaftsarchitektin Claudia Moll und des Architekturjournalisten Axel Simon an der ETH Zürich. Neuenschwanders Arbeit war von Anfang an geprägt von einer Naturbegeisterung und einer Faszination für die skandinavische Moderne. Diese lernte er bei einem zweijährigen Atelieraufenthalt bei Alvar Aalto Anfang der 50er-Jahre kennen. Das Haus im Einklang mit der Natur war fortan sein Thema, gut erkennbar bei seinem grössten Werk, der subtil in einen alten Baumbestand eingepassten Kantonsschule Rämibühl.

In der Monografie werden 18 ausgeführte Projekte detailliert vorgestellt, mit Plänen und aktuellen Fotos von Heinrich Helfenstein. Entstanden ist ein durchgängig angenehmes, unaufgeregtes Buch. Es erhielt vom Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt eine Anerkennung beim erstmals verliehenen Architekturbuchpreis.

[ Claudia Moll und Axel Simon: Eduard Neuenschwander – Architekt und Umweltgestalter. gta-Verlag, Zürich 2009. 260 S., ca. 65 Fr. ]

TagesAnzeiger, Do., 2009.12.31

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