Details

Adresse
Treitlstraße 2, 1040 Wien, Österreich
Architektur
Adolf Krischanitz
Mitarbeit Architektur
Manfred Hasler (PL), Ulrich Huhs
Bauherrschaft
Kunsthalle Wien
Mitarbeit Tragwerksplanung
Jürgen Schink
Planung
2000
Ausführung
2001 - 2002

Publikationen

Archbau

Genereller introtext zu Archbau der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

20. November 2002ORF.at

Vom Karlsplatz ins Museumsquartier

1992 wurde der Container am Karlsplatz eröffnet - 1996 kam das Museumsquartier dazu - 2002 entstand der „project space“.

1992 wurde der Container am Karlsplatz eröffnet - 1996 kam das Museumsquartier dazu - 2002 entstand der „project space“.

Mit der Farbgebung des Containers am Karlsplatz, gelb und blau, war der damalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk (S) nicht besonders glücklich gewesen. Dennoch verteidigte er die wegen ihrer „Kistenform“ heftig im Gemeinderat kritisierte neue Kunsthalle als „sinnvolle und wirtschaftliche Lösung“. Am 5. September 1992 wurde die Kunsthalle mit „Licht-Spielen“ eröffnet. Am kommenden Donnerstag (21. November) feiert das Ausstellungshaus mit einem Künstlerfest sein zehnjähriges Bestehen.

Die ehemalige Kulturstadträtin und Initiatorin des Projektes, Ursula Pasterk (S), betonte den „temporären Charakter“ des von Architekt Adolf Krischanitz gestalteten Baus am Karlsplatz. Immerhin hofften alle auf eine absehbare Übersiedlung in das zukünftige Museumsquartier. 29 Millionen Schilling (2,11 Mio. Euro) betrugen die Errichtungskosten des Containers, ein Schnäppchen im Vergleich zu den 68 Millionen Schilling für eine alternative fünfjährige Anmietung des Künstlerhauses, führte Pasterk damals aus. Ihr Ziel war erreicht, den „ersten eigenen Bau Wiens für moderne Kunst zu schaffen“.


Künstlerische Leiter

Erster Leiter war der Schweizer Toni Stooss. Stooss verließ die Kunsthalle 1995 in Richtung Bern. Seit 1. Jänner 1996 ist Gerald Matt Geschäftsführer. Mit ihm war Cathrin Pichler als Chefkuratorin gekommen. Die Zusammenarbeit währte jedoch nicht lange; bereits 1998 warf Pichler das Handtuch.


Herausragende Ausstellungen

Hochkarätige Ausstellungen im Container waren unter anderem „Haus-Rucker-Co“ (1992), „Oskar Schlemmer“ (1994/95), „Das grausame Spiel - Surrealismus in Spanien 192 -1939“ (1995), „Alberto Giacometti“ (1996), „Notfalls leben wir auch ohne Herz“ (1997), „Engel: Engel“ (1997, von Cathrin Pichler kuratiert), „Andy Warhol. A Factory“ (1999), „Samuel Beckett / Bruce Naumann“ (2000) und „Lebt und arbeitet in Wien. 26 Positionen aktueller Kunst“ (2000).

1996 gab es die erste Schau im provisorischen Raum des Museumsquartiers: „Auf den Leib geschrieben“. Alternierend wurden fünf Jahre lang beide Räume bespielt. In der noch unfertigen Kunsthalle im Museumsquartier liefen etwa „Magnum Cinema“ (1996), „Gottfried Bechtold. Werke 1962-1996)“ (1996), „Schauplatz Museumsquartier. Zur Transformation eines Ortes“ (1997), „Pipilotti Rist - Remake of the Weekened“ (1998), „Die Wiener Gruppe“ (1998/99), „Inge Morath. Das Leben als Fotografin“ (1999). Im Rahmen einer dreitägigen Architektur-Preview der neuen Kunsthalle fand auch die viel beachtete Performance von Vanessa Beecroft, „VB 45“, statt (2001).


Aktuelle Ausstellung

Die erste Ausstellung in der großen Halle 1 im Museumsquartier war die „Barocke Party“ (2001). Seither liefen in der neuen Kunsthalle u. a. „Flash Afrique“ (2001), „Kapital und Karma. Positionen indischer Kunst“ (2002). Derzeit wird „Lieber Maler, male mir...Radikaler Realismus nach Picabia“ in der Halle 1 (bis 1. Jänner 2003) gezeigt. Die Halle 2 präsentiert „Martin Arnold. Deanimated“ (bis 2. Februar 2003).


Der „project space“

Am 17. Jänner 2002 erhielt die Kunsthalle einen weiteren Raum: den project space am Karlsplatz, dem der alte Container weichen musste. Adolf Krischanitz gestaltete den gläsernen Pavillon, der mit 500 Quadratmetern Fläche kleiner ist als der frühere Stahlträger-Bau (900 Quadratmeter). Gedacht ist der Kubus als Ort für Experimente einer jungen Kunstszene.

Zuletzt lief parallel zur heurigen documenta 11 die Schau „Skandal und Mythos. Eine Befragung des Archivs zur documenta 5 (1972)“. Derzeit läuft bis 8. Dezember noch das Video von der Performance Santiago Sierras, in der 30 Menschen verschiedener Ethnien nach der Nuance ihrer Hautfarbe geordnet Aufstellung nahmen.

Das weitere Schicksal des abgerissenen Containers ist unbekannt. Er wurde jedenfalls an die Abbruchfirma verkauft. Ob diese ihn verschrotten ließ, oder irgendwo als Lagerhalle aufgestellt hat, weiß nicht einmal Architekt Krischanitz.

16. April 2002Paul Jandl
Neue Zürcher Zeitung

In Space und Gegend

(SUBTITLE) Krischanitz' Wiener Pavillon

Kein Platz, «sondern eine Gegend» war für den Jugendstil-Architekten Otto Wagner das Areal zwischen Secession, Künstlerhaus und Musikverein. Der totgesagte...

Kein Platz, «sondern eine Gegend» war für den Jugendstil-Architekten Otto Wagner das Areal zwischen Secession, Künstlerhaus und Musikverein. Der totgesagte...

Kein Platz, «sondern eine Gegend» war für den Jugendstil-Architekten Otto Wagner das Areal zwischen Secession, Künstlerhaus und Musikverein. Der totgesagte Taubenpark, der sich Karlsplatz nennt, stirbt am innerstädtischen Verkehr und feiert dennoch alle paar Jahre eine Art Auferstehung. Im Vorjahr hat man die Ikea-gelbe provisorische «Kunsthalle» des Architekten Adolf Krischanitz abgebaut, jetzt steht dort ein neuer Pavillon, ebenfalls ein Provisorium und ganz in der Art des Erfinders, der wieder Krischanitz heisst. Pavillon komme von Papillon, sagt der Architekt gerne, und diese Flüchtigkeit des Bauwerks trifft sich mit seinem Ablaufdatum. Zehn Jahre soll der Glaskubus zwischen den Büschen und den dreispurigen Strassen stehen, er ist ein Signal unterkühlter Urbanität, die sich eine Dépendance der Kunsthalle im Museumsquartier, einen «project space», gönnt. Gläsern und mit klaren Flächen leuchtet Krischanitz' Pavillon durch die Nacht, um am Tag in der Tristesse des Ortes nahezu zu verschwinden, 250 Quadratmeter Ausstellungsfläche beherbergt diese Kunst-Vitrine, einen Veranstaltungsraum und ein Café. Pavillons baut der Österreicher Adolf Krischanitz immer wieder. Mit ihnen wird preiswerte Architektur in den landesüblichen Kontext des Unverbindlichen eingebunden. Ein Provisorium ist der Wiener Karlsplatz seit den Zeiten Otto Wagners, hier hat die vormalige Kunsthalle ihr geplantes Abrissdatum um Jahre überlebt, Krischanitz' «project space» könnte seine vorgesehene Zeit jedenfalls auch spielend überdauern. Vielleicht ist der Name «project space» ja nur ein Anglizismus für das wienerische «schaun wir mal».

26. Januar 2002Ute Woltron
Der Standard

Die Kunsthalle ist tot. Es lebe die Kunsthalle.

Adolph Krischanitz' neue Kunsthalle am Karlsplatz wurde eröffnet. Sie ist phantastisch geworden.

Adolph Krischanitz' neue Kunsthalle am Karlsplatz wurde eröffnet. Sie ist phantastisch geworden.

Selbstverständlich ist es nicht ganz fair, verschiedene Architekturen direkt miteinander zu vergleichen. Zu unterschiedlich sind ihre Entstehungsgeschichten, die zur Verfügung stehenden Gelder und Nutzeransprüche, gar nicht zu reden von Umgebungen, Anrainern, Bauplätzen. Trotzdem kann gesagt werden: Das schnittigere Museumsquartier steht seit zehn Tagen in Form eines kleinen gläsernen Pavillons auf dem Wiener Karlsplatze zur Bespielung und Beschleunigung kreativer Ideenwelten bereit.

Der Wiener Architekt Adolf Krischanitz hat dort auf einer der zahlreichen Verkehrsinseln eine neue, flüchtige Hülle für den Kunstbetrieb und dessen Produkte eingeparkt. Bereits am Tag vor der Publikumseröffnung in der vorvergangenen Woche wurde die gläserne Schachtel von ihrer künftigen Künstlerklientel im Rahmen eines Einweihungsfestes testgefahren und einstimmig für vorzüglich befunden. Der durchsichtige Glaskubus ist genau das, was der verkehrsumtoste Nicht-Ort zwischen Karlskirche, TU-Bibliothek und Stadtautobahn braucht: Eine preiswerte Architektur als Medium, ein Reagenzglas für künstlerische Interventionen, eine Ideen-Beschleunigungsmaschine für eine Szene, die sich in Marmorsälen und Stukkaturhallen nie richtig wohlfühlen wird.

Architekt Adolf Krischanitz hat mit dieser vordergründig einfachen Arbeit eine ausgesprochen schwierige Leistung zustande gebracht, die, man darf das ruhig so formulieren, nicht vielen Architekten zuzutrauen ist: Er hat sich selbst als Baukünstler in seiner kühl-analytischen Art zurückgenommen und lieber für die Kollegen Maler, Bildhauer, Fotografen, Neuemedienzampanos eine Herbergsstation für vorübergehende Aufenthalte gebaut. Ohne Anspruch auf Ewigkeit und Weihe, quasi distanzlos, brutal und direkt.

Die Hülle selbst ist in ihrer einfachen Machart schon klass genug, doch richtig spannend wird sie durch die jeweilige Befüllung, und das ist etwas, was ein Architekt bewusst zulassen muss. Krischanitz hat so gut wie alles zugelassen: Der Galerieraum funkt seine Botschaft ungeniert direkt in den Stadtraum, was vor allem nächtens herrlich funktioniert, wenn draußen die Autos vorbeiflitzen, drinnen die Besucher vergleichsweise zeitlupenhaft und wie Aquarienbewohner ausgeleuchtet ihre Kreise ziehen. Irgendwie vermischen sich hier in dieser feinen Architektur die städtischen Temperamente - Geschwindigkeit, Kommunikation, Information werden zu einer Art urbaner Verrücktheit raffiniert, und das ist genau das, was dem Museumsquartier ein paar Straßenzüge weiter so schmerzlich abgeht.

Während man dort unter enormen Kraft-, Material- und Kostenanstrengungen über viele Jahre und zu Dutzenden den Prototyp einer Luxuskunstlimousine zurechtfeilen wollte, die alle gleichermaßen befriedigt, ist am Karlsplatz blitzschnell ein frecher Straßenflitzer aus einer Hand entstanden. Gang rein, Vollgas, ein paar ordentliche Runden, und die nächste Spritztour unternimmt wieder ein anderer. Leute wie Schiele und Klimt werden naturgemäß nicht darunter sein, die sind in den besagten Marmorhallen tatsächlich viel besser aufgehoben. Doch dass sich die jugendlicheren Kunstkräfte und Kreativköpfe im gut versteckten, nachgerade hinter der Vergangenheit verbarrikadierten Museumsquartier nicht wirklich zum Stelldichein zusammenfinden wollen, liegt unter anderem halt auch an der alten und neuen Architektur dieses weder weihevollen noch subversiven Nicht-Ortes.

Die neue Kunsthalle Karlsplatz führt letztlich vor Augen, welches Potenzial an Quicklebendigkeit ein großes Museumsquartier in Wien gehabt hätte, und wie viele Möglichkeiten der kurzsichtige denkmalpflegerische Wahn in dieser behäbigen Stadt verspielt hat. Der ehemalige Messepalast wurde unter großer öffentlicher Anteilnahme zu einem Klagegemäuer herausgeputzt, hinter dem sich Kunst und Architektur nun brav ducken müssen. Die Architekten haben sich bemüht, eine wirkliche Chance, eine aufregende Kunst-Kultur-Begegnungsstätte zu schaffen, hatten sie allerdings nie, weil der Wille zur Erneuerung von Anfang an nicht da war. Auf die Frage, wie mit dem Stall- und Messepalastallerlei umzugehen wäre, hätte es nur eine Antwort gegeben: Dynamit.

Die unaufwendigere, einfachere, aber wirkungsvollere Kunsthalle Karlsplatz hingegen ist, was sie sein will: ein zeitgenössisches Transportmittel für zeitgenössische Kunst. Sie erreicht ihre Kundschaft, die Stadtbewohner, über viele Schleusen und hat alle Barrikaden radikal aus dem Weg geräumt. Das angeschlossene Café, schon zu Zeiten des größeren blau-gelben Kunstcontainervorgängers einer der beliebtesten Treffpunkte Wiens, ist ein wenig geräumiger geworden. Eine breite Holzterrasse hat den kiesigen Schanigarten ersetzt. Der neue Ort gleicht dem alten, er wurde auch sofort vom Stammpublikum aufatmend wieder in Besitz genommen. Die Kunsthalle ist tot. Es lebe die Kunsthalle.

24. Januar 2002ORF.at

Kunsthalle als Katalysator?

Die Neugestaltung der Kunsthalle wirft nun (wieder einmal) Fragen nach der Gesamtgestaltung des Karlsplatzes auf.

Die Neugestaltung der Kunsthalle wirft nun (wieder einmal) Fragen nach der Gesamtgestaltung des Karlsplatzes auf.

Der neue „project space“ der Kunsthalle Wien am Karlsplatz - der redimensionierte Kunst-Container von Architekt Adolf Krischanitz, - hat wieder augenscheinlich ins Bewusstsein gerückt, dass der Karlsplatz, wie schon Otto Wagner festgehalten hatte, „kein Platz, sondern eine Gegend“ ist.


Grün-Lösung für die Kunsthalle

Rund um den neuen Pavillon präsentiert sich diese Gegend derzeit als „G'stetten“. Der Ausblick vom transparenten Pavillon bietet die Ansichten von U-Bahn-Lüftungsschächten, Trafo-Kästen und „Salz- und Sandlager“ des Magistrats. Diesem optischen Eindruck von Devastierung soll abgeholfen werden, freut sich Kunsthallen-Chef Gerald Matt. Der Grünbereich wird gartengestalterisch saniert und Krischanitz wird auch im Auftrag der Verkehrsbetriebe für eine Neugestaltung der technischen Anlagen sorgen.

Das grundlegende Problem aber, so räumt Matt ein, die Fragmentierung des Platzes durch die Verkehrsströme, wird damit nicht gelöst. „Wir hoffen aber, dass eine geglückte Sanierung den Anstoß geben wird, sich auch der anderen Problembereiche anzunehmen“, so Matt. Auch für Krischanitz, der im Auftrag der Wiener Verkehrsbetriebe ein Lüftungsbauwerk in Pavillonnähe neu plant, ist der Autoverkehr das Grundübel, „weil alle nicht gelösten Verkehrsprobleme über den Platz geleitet wurden“.


Verkehrskonzept statt Begrünung

Der Präsident der Secession, Matthias Herrmann, ist überzeugt, dass „keine gärtnerischen Maßnahmen, sondern nur ein Verkehrskonzept“ die Institutionen am Karlsplatz (vom Künstlerhaus, Musikverein, Historischen Museum, zu Kunsthalle, Secession aber auch Generali Foundation) verbinden kann. Auf einer Verkehrsinsel liegend, die täglich von 60.000 Autos umspült wird („deshalb muss die Secession auch ständig neu geputzt werden“) weiß Herrmann, wovon er spricht. „Es ist absurd. Um die 50 Meter zur gegenüberliegenden Kunsthalle zurückzulegen, braucht man zehn Minuten und muss dabei drei Ampeln und Straßen überqueren“. „Eigentlich ist es schade, dass hinter dem Ganzen keine Vision erkennbar ist. Alles ist getrennt durch die Verkehrssituation.“


U-Bahnopfer Künstlerhaus

Künstlerhauspräsident Manfred Nehrer ist das rundum von allen anerkannte „Hauptopfer“ der Baustelle zur U-Bahn-Wendeanlage. Die Hoffnung, dass mit dem U-Bahn-Bau auch ein Anreiz für neue Überlegungen zum Problem Karlsplatz verbunden sein könnte, hat Nehrer im Kampf, die Baustelle überhaupt zu überleben, begraben.

Das Künstlerhaus hatte hoffnungsfroh einen Architektenwettbewerb zur Neugestaltung seines Umfelds ausgelobt, welchen das Team Jabornegg/Palffy mit einem ansprechenden Projekt gewonnen hat. Darin wurde auch eine Möglichkeit zur umwegfreien Platzüberquerung in Ost-West Richtung vorgestellt. „Ändern wird das alles nichts“, meint Nehrer in einer APA-Umfrage über die Karlsplatz-Situation nun resignierend.


Rainer vermisst Gesamtkonzept

Architekt und Stadtplaner Roland Rainer, den das Jahrhundertproblem und die Dauerbaustelle Karlsplatz jahrzehntelang beschäftigt hat, nennt als Ursache allen Unbehagens eine „Wiener Krankheit“: „Es gibt kein Gesamtkonzept, es wird immer nur über Details gestritten“. „Man muss wissen, was man in der Umgebung des Platzes für wichtig hält und man muss das Ganze vom Getreidemarkt und Wiental an bis zum Schwarzenbergplatz im Auge haben. Man kann das nicht in einzelne Stücke zerlegen“. Detailkonzepte, wie ein „Kleingarten“ um die Kunsthalle oder ein Wettbewerb nur für „ein kleines Streiferl beim Künstlerhaus“ hält er für nicht zielführend und nur für weitere Beiträge, um „das Ganze zu zerbröseln“.

18. Januar 2002Markus Mittringer
Der Standard

Experimentelle Kunst, traditioneller Kaffee

Wiener Kunstmuseen in Bewegung: Gerald Matt baut aus, Edelbert Köb baut um

Wiener Kunstmuseen in Bewegung: Gerald Matt baut aus, Edelbert Köb baut um

Wien - Begonnen hat alles mit einer Ausstellung der Wiener Festwochen: Peter Weiermairs „Von der Natur in der Kunst“. Das war 1991, und Adolf Krischanitz hat dafür eine Innenhalle in die Winterreithalle der ehemaligen Hofstallungen gestellt. Quer durch diesen Kunstkubus zog Krischanitz eine semitransparente Rohrbrücke, „als organisch technisches Gebilde, eine Art künstliche Luftröhre der Ausstellung“. Witterungsbeständig hochgerüstet übersiedelte der Innenraum ins urbane Ödland Karlsplatz. Die „Kiste“ brachte in der Verlängerung des Naschmarktes eine Spur von Organisation in den Unraum vor der Bibliothek mit der unsäglichen Eule und erweckte dort zumindest die Idee eines Platzes.

Im derart geschützten Raum avancierte das Kunsthallen-Café zum Bestseller. Die Architekten Ortner & Ortner planten derweilen das Museumsquartier - und damit die neue Kunsthalle - ungemein oft um, wodurch es das Provisorium am Karlsplatz immerhin auch zehn Jahre hielt. (Relativ kurz, zumindest im Vergleich zum Provisorium 20er-Haus.)

Als das Museumsquartier dann im letzten Jahr endgültig seine Höfe öffnete, war Krischanitz' ikeafarbene Schachtel am Karlsplatz doch schon sehr abgebraucht. Seit gestern lädt die im Kunstbereich verkleinerte Nachfolgebox zum Konsum. Adolf Krischanitz hat einen feinen gläsernen Pavillon entworfen, der platzseitig wie eh und je zur Einkehr, straßenseitig zum experimentellen Kunsterleben bittet. Gerald Matt will den 250 Quadratmeter großen Ausstellungsraum als project space führen, als „Abteilung Forschung und Entwicklung“.

Die Serie der jährlich geplanten drei bis vier Ausstellungen beginnt am 13. Febru-ar mit Kim Soojas Installation A Laundry Woman und wird ab Mai in Kooperation mit dem documenta-Archiv Kassel den Mythos rund um Harald Szeemans 72er-documenta 5 beleuchten.

Dreimal zehn Tage im Jahr sollen dann die ganz Jungen Platz haben, an der Überwindung von Harald Szeemann zu arbeiten, der project space dient dann als Labor. Bei so viel Jugend liegt eine Kooperation mit einem Ausbildner nahe. Matt will mit der Universität für angewandte Kunst Erfahrung in Lehre und Praxis tauschen. Und die jährlich beste Diplomarbeit des Instituts im project space präsentieren. Dem siegreichen Absolventen winkt zudem ein dreimonatiger Aufenthalt in den Delfina Art Studios, London - inklusive Taschengeld.

18. Januar 2002Stefan Musil
Die Presse

Karlsplatz: Blech gegen Glas getauscht

Die Kunsthalle Wien hat nach dem Umzug ins neue Museumsquartier ihren früheren Hauptsitz umgebaut. Adolf Krischanitz ersetzte den umstrittenen Container durch einen luftigen Kunstpavillon.

Die Kunsthalle Wien hat nach dem Umzug ins neue Museumsquartier ihren früheren Hauptsitz umgebaut. Adolf Krischanitz ersetzte den umstrittenen Container durch einen luftigen Kunstpavillon.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

16. Januar 2002Matthias Osiecki
ORF.at

Praktikable Intervention

Das Bauen für die sprichwörtliche Ewigkeit werde immer weniger den heutigen urbanen Bedürfnissen gerecht, meint Stararchitekt Adolf Krischanitz.

Das Bauen für die sprichwörtliche Ewigkeit werde immer weniger den heutigen urbanen Bedürfnissen gerecht, meint Stararchitekt Adolf Krischanitz.

"Pavillon kommt ja von „Papillon“, von „Schmetterling“", erklärt Adolf Krischanitz. Nicht nur etwas Schwebendes, sondern auch etwas Unstetes zeichne sie aus. Der Wiener Stararchitekt hat schon viele Pavillons gebaut. Vom Traisen-Pavillon in St. Pölten bis zum Österreich-Pavillon auf der Frankfurter Buchmesse.

Am kommenden Donnerstag eröffnet Krischanitz - in Sichtweite seines Ateliers - seinen nächsten Pavillon: An der Stelle der 1991 von ihm errichteten und kürzlich abgetragenen Kunsthalle Wien hat er einen „project space“ hingestellt. Eröffnet wird der transparente Glaskubus, der 250 Quadratmeter Ausstellungsfläche, einen Veranstaltungsraum und ein Cafe-Restaurant beherbergt, mit einer kleinen Werkschau über „Die Pavillons des Adolf Krischanitz“.


„Immer ein Provisorium“

„Ich habe damit gerechnet, dass die Kunsthalle wieder abgetragen werden muss“, gibt sich Krischanitz im APA-Gespräch illusionslos. „Sie war ja immer als Provisorium gedacht und hatte, da sie mehr als doppelt so lang als ursprünglich vorgesehen gestanden ist, ihre Halbwertszeit auch längst überschritten.“

Dass für „die dritte Version der Kunsthalle“ (Krischanitz), deren Erstversion für die Ausstellung „Von der Natur in der Kunst“ als Halle in der (Winterreit-)Halle diente, nicht wie vorgesehen die alten Stahlträger verwendet wurden, hat nichts mit dem Zahn der Zeit zu tun: „Der Stahlpreis ist so gesunken, dass uns Recycling teurer gekommen wäre als das Verwenden neuer Träger.“


„project space“ für 10 Jahre

Architektur auf Zeit - auch der neue „project space“ ist vorläufig nur auf zehn Jahre genehmigt - wäre rascher herstellbar, von den Widmungen her rascher durchzusetzen und ermögliche so Schnellinterventionen im Stadtraum, die immer wichtiger würden, meint Krischanitz.


Container verkauft

Der alte, einst heftig umstrittene Container der „Kunsthalle“ wird übrigens nicht, wie kurzfristig überlegt, bei der Universität für Angewandte Kunst aufgestellt, sondern wurde schließlich an die Abbruchfirma verkauft - was die Abrisskosten reduzierte.

Ob die Halle nun verschrottet oder irgendwo als Lagerhalle verwendet wird - „in dem Fall werden sie sicher ein Satteldach draufmachen“ - scherzt Krischanitz, weiß der Architekt nicht. Es interessiert ihn auch nicht wirklich. Auch seine Pavillons für Frankfurt und St. Pölten erlitten bereits ein ähnliches Schicksal: Da sich kein Käufer fand, wurden sie vom Aufsteller bzw. vom Abbruchunternehmen selbst verwertet. Für Krischanitz ist das kein Problem: „Es hat keinen Sinn, bei temporären Objekten zu leiden“.


Mehr Stress bei temporären Bauten

„Man will natürlich immer ganz fix und ganz groß bauen“, gibt der Architekt, zu dessen prominentesten Bauten die Kunsthalle Krems, die Neue Welt Schule im Wiener Prater und die Lauder Chabad Schule im Wiener Augarten zählen, unumwunden zu. Schließlich habe der Architekt bei temporären Bauten mehr Stress und - auf Grund der geringeren Bausumme - meist weniger Verdienst, dafür ein hohes Maß an Aufmerksamkeit: „Pavillons stehen eigentlich immer am falschen Ort. Das müssen sie, um zu funktionieren. Insofern war auch bei der Kunsthalle der damalige Skandal durchaus in meinem Sinn. Die Gefahr war damals nur, dass die Kulturstadträtin Pasterk das nicht durchstehen würde.“

16. Januar 2002Matthias Osiecki
ORF.at

Unprätentiös und unabhängig

„Es war mir immer ein Grundbedürfnis, mit niemandem verhabert zu sein. Auch wenn mir das den Status des Außenseiters eingetragen hat“, so Adolf Krischanitz.

„Es war mir immer ein Grundbedürfnis, mit niemandem verhabert zu sein. Auch wenn mir das den Status des Außenseiters eingetragen hat“, so Adolf Krischanitz.

„Es ist ein eigenartiges Gefühl. Denn der neue Pavillon fußt ja auf dem Fundament des alten. Es ist, denke ich, ein schöner Kontrast zur Karlskirche und ist sozusagen wie eine Laterne davor. Das ganze hat nun fast Ensemble-Charakter“, stellt Adolf Krischanitz zu seinem neuen „Kunsthallen“-Pavillon gegenüber ON Kultur fest.

Der neue Pavillon, der für zunächst 10 Jahre geplant ist, könnte - je nach Erfolg - auch länger stehen bleiben. Denn man habe z. B. die alten Steinböden belassen. Er sei jedenfalls werde auf diesem Teil des Karlsplatzes eine kleine Einheit entstehen.


Guter Raum für Kunst

„Der Pavillon hat ähnlichen Charakter wie eine Industrie-Halle. Ich denke, es ist gut für die Kunst, einen Raum zu haben, der weniger prätentiös, eben gelassener und nicht pompös ist“, sagt Krischanitz. Überdies werde der Platz aufgewertet: so liege die neue Kaffeehaus-Terrasse auf einem Niveau mit dem Pavillon, die U-Bahn-Entlüftung werde nun in einem gläsernen Gebäude untergebracht. Insgesamt werde der Eindruck weltstädtischer sein.


Vorteile des temporären Bauens

Ist das Denken eines Architekten bei seiner Arbeit nicht auf die Ewigkeit gerichtet? „In dieser Form kann man kurzfristig auf Erfordernisse der Zeit reagieren. Sonst wäre das ja gar nicht möglich“, so Krischanitz. Als positives Beispiel für diese Art der Annäherung nennt der Architekt das „ewige Provisorium Secession.“ In dieser Art des Bauens sehe er „Trainingsmomente für eine städtebauliche Lösung“.


Auslagen-Funktion

Er selbst habe erst vor zwei Jahren von diesem Plan für einen neuen Pavillon erfahren. Dann habe es Gespräche mit „Kunsthalle“-Chef Gerald Matt gegeben. Denn der neue Pavillon habe „Auslagen-Funktion“ für die „Kunsthalle“, die sich nun im Museumsquartier befinde. Schließlich habe auch der 4. Bezirk - ursprünglich ein heftiger Gegner - das Projekt sehr befürwortet.


Problem Karlsplatz

„Pragmatisch sehe ich keine unmittelbare Lösung für den verkehrsmäßig verhunzten Karlsplatz. Ich sehe eher darin Möglichkeiten zur Veränderung, wie sie in der Neugestaltung des Künstlerhaus-Umfeldes entstehen. Aus solchen kleinen Initiativen könnten etwas Neues entstehen. Und das könnte vielleicht einmal zu einer großen Lösung führen“, meint Krischanitz, der 1995 erster Preisträger des neugeschaffenen „Otto-Wagner-Städtebaupreises“ war.


Vorwürfe der FPÖ

Die Bedenken der FPÖ, dass die „aktuellen Verkehrsplanungen“ durch den neuen Pavillon behindert werden könnten, teile er nicht. Denn: „Der Pavillon gehört der Gemeinde Wien und kann ja bei Bedarf entfernt werden“, so Krischanitz.

9 | 8 | 7 | 5 | 6 | 4 | 3 | 2 | 1