Editorial

Es gibt zahllose städtische Bauaufgaben, denen auf den ersten Blick wahrlich kein Zauber innewohnt. Und so wundert es auch fast niemanden, dass rein technische Zweckbauten - Trafohäuschen, Kläranlagen, Kraftwerke - zumeist ganz ohne gestalterische Zuwendung auskommen müssen. Die genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass das kommunale Bauwesen auch jenseits von glasspiegelnden Schulgebäuden oder pompösen Rathäusern ein weites Betätigungsfeld für Bauämter und Planer eröffnet. Es geht dabei nicht allein um optimierte Funktionalität und angenehme Arbeitsräume für die städtischen Bediensteten. Mit durchdachten Gestaltungskonzepten lässt sich auch an weniger attraktiv erscheinenden Stellen und bei vordergründig anspruchslosen Bauaufgaben öffentlicher Raum gewinnen.
Wir zeigen Beispiele von Orten, wo Räume oder landschaftliche Reize durch Bauten der technischen Infrastruktur nicht zerstört, sondern aufgewertet, wenn nicht gar erst erschlossen werden. ge

Technik

Sparen, sparen, sparen … Das war, reduziert betrachtet, Diskussionspunkt im wochen-, teilweise sogar monatelangen Streik der Öffentlichen Dienste, der die Mülleimer vieler Städte überlaufen ließ und die Stadt Stuttgart beispielsweise mit Bergen aus blauen, immerhin sorgsam gestapelten Mülltüten schmückte. Gingen die Streiks zwar hauptsächlich gegen das Sparen an Arbeitszeit und Gehalt der Arbeitnehmer, also wirtschaftspolitisch geplante Maßnahmen der Arbeitgeber, scheint für diese an anderen Stellen zu sparen entweder nicht lukrativ genug oder erst gar nicht erwogen? Die Stadtreinigung Hamburg geht, vereinfacht gesehen, einen anderen beziehungsweise zusätzlichen Weg: Sie spart simpel an ihren Wasserkosten. Ob die Fördermittel der Hansehauptstadt mit ein Grund sind oder man nur vorbildlich sein will? Oder ist es vor allem die Wasserpolitik Hamburgs, das als Stadtstaat schwieriger an Frischwasser kommt als die angrenzenden Länder? Beides wird wohl dazu geführt haben, dass man beim neuen Betriebsplatz der Stadtreinigung an eine Grauwasserrecyclinganlage dachte und die Reinigungsautos nun nicht mehr mit teurem Trinkwasser, Regen- oder Brunnenwasser die Stadt säubern, sondern mit Betriebswasser - wiederaufbereitetem „Grauwasser“, wie es in großen Mengen täglich unter anderem im Duschbereich der Mitarbeiter anfällt. Das fördert das Umweltbewusstsein - und schont den Geldbeutel. cf

Inhalt

03 Kommentar | Frank Roost
08 Kaleidoskop

16 Neu in ...
... Darmstadt, Kemnat, Ludwigsburg

18 Ausstellungen
Architekturskizzen in Hannover | Peter Struck
Der unbekannte Loos in Wien | Elisabeth Plessen
Nationalsozialismus in München | Ira Mazzoni

20 Bücher

Aktuell
22 Immobilienmesse MIPIM in Cannes | Gudrun Escher
24 Bild und Raum: Zum 100. Geburtstag von Anton Stankowski | Jörg Stürzebecher
26 Berlin – Moskau: Parallelitäten und Gegensätze in der Stadtplanung | Bernd Hettlage

28 Studenten-Werk
Messestand aus Acrylglas | Jens Mielke

Städtische Dienste
30 Zu diesem Heft/ge

31 Zum Thema:
Was die Stadt am Leben hält | Barbara Feller
32 Wasserkraftwerk Hochwuhr in Feldkirch, Artec Architekten | Manuela Hötzl
37 Feuer- und Rettungswache in Gelsenkirchen, Böge Lindner Architekten | Gudrun Escher
46 U-Bahnstation in Bochum, Rübsamen + Partner | Klaus Englert
54 Parkscheune in Burkardroth, Hartmut Holl | Achim Geissinger
59 Fernheizwerk in Sexten, Siegfried Delueg | Bettina Schlorhaufer

64 ... in die Jahre gekommen
Kraftwerk Birsfelden | Axel Simon

Technik
70 Zu den Themen/cf
71 Grauwasserrecycling | Erwin Nolde
76 Schwachstellen
Ausführungsplanung als »vorsätzliche Änderung« der Entwurfsplanung | Rainer Oswald

84 EDV
Software unter der Lupe: Architext Pallas on demand | Jürgen Roth

87 Produkte
Fenster, Solartechnik

100 Schaufenster:
Fassadenbekleidungen
Rolf Mauer

102 Beteiligte Firmen; Bildnachweis
103 Autoren
104 Kalender
105 Vorschau; Impressum

Volltreffer
107 Gottlieb-Daimler-Stadion Stuttgart | Elisabeth Plessen, Christoph Randl

Was die Stadt am Leben hält

Es bedarf vieler, sehr unterschiedlicher und häufig im Verborgenen reibungslos funktionierender Infrastruktursysteme, um das tägliche Funktionieren des Organismus Stadt zu ermöglichen und einer Vielzahl unterschiedlichster Bauten, in denen diese Funktionen untergebracht werden. Ob groß (Kläranlagen oder Elektrizitätswerke) oder klein (etwa öffentliche Toilettenanlagen) - meist werden diese Objekte heute aus der öffentlichen Wahrnehmung ausgeblendet. Sie sind einfach da. Oftmals an den Rändern der Städte situiert, wurde an ihre Gestaltung in den letzten Jahrzehnten nur selten ein architektonischer Anspruch gestellt. Das war nicht immer so.

In der Zeit rasanten Stadtwachstums - in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts -, als sich in vielen europäischen Städten ihre meist heute noch gültige Grundstruktur ausbildete, waren Bauten der technischen Infrastruktur häufig einprägsame „Landmarks“ im städtischen Gefüge: Wassertürme, große Gasbehälter, Straßenbahnremisen aber auch die Stationsgebäude der öffentlichen Verkehrsmittel wurden als weithin sichtbare Objekte des technischen Fortschritts prägnant gestaltet. Es entstand eine eigene Ästhetik dieser Nutzobjekte - die „Schönheit des Zweckmäßigen“ nannte es der Kunsthistoriker Adolf Behne 1923. Mit den Jahren gingen diese Gestaltungsambitionen verloren und die Objekte wurden meist als reine Funktionsbauten ohne ästhetischen Anspruch errichtet.

In den letzten Jahren lässt sich eine Trendumkehr erkennen. Vielerorts werden Einrichtungen der städtischen Infrastruktur wieder verstärkt als identitätsstiftende Bauten der Stadttopografie gesehen und gelungene städtebauliche, architektonische und landschaftsgestaltende Lösungen als eine Bereicherung für das urbane Leben verstanden. Diese Beispiele gilt es vor den Vorhang zu holen, denn es ist sowohl ein Zeichen für die Qualität von Kommunen als auch für die Qualität innerhalb dieser, wenn sie für die Gestaltung „notwendiger“ Bauten die gleiche Aufmerksamkeit und Sorgfalt aufwenden wie für ungleich öffentlichkeitswirksamere Repräsentationsobjekte.

Infrastrukturbauten sind meist durch das Spannungsverhältnis zwischen funktional-ingenieurtechnischen Anforderungen und gestalterischen Ansprüchen bestimmt. Im Dialog und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den Professionen können Bauten von hoher Funktionalität und gleichzeitig großer Ästhetik entstehen. Objekte, die selbstbewusst ihre Funktion offenbaren und dabei mit großem architektonischen Können gestaltet sind.

Die Bandbreite der Bauaufgaben ist enorm. Sie reicht von primär technischen Baulichkeiten, etwa Kläranlagen, Kanalbauten, Pumpstationen, Elektrizitäts- und Gaswerken, über Objekte, die technische Anforderungen mit Aufenthaltsqualitäten für die Mitarbeiter verbinden, wie Feuerwachen, Rettungsstationen, Stützpunkte für Stadtgartenämter oder Müllsammelplätze bis hin zu Einrichtungen, die von vielen Menschen frequentiert werden - wie U-Bahnstationen, Bahnhöfe, Stadien, Sportstätten oder Stadthallen.

Gemeinsame Nenner all dieser Bauaufgaben sind die Sicherung und die Wahrung des Gemeinwohls. Sie dienen den Bewohnern und Besuchern der Städte als selbstverständliche Basis urbanen Lebens. Meist ist man als Konsument nur mit den durch sie bereitgestellten Produkten und Dienstleistungen konfrontiert - dem Wasser, das aus der Leitung kommt, den beleuchteten und gereinigten Straßen, den gewarteten öffentlichen Verkehrsmitteln sowie den Blumen und Pflanzen in den städtischen Park- und Grünanlagen.

Darüber hinaus sind es - meist - Einrichtungen, die dem unmittelbaren Einflussbereich der kommunalen Verwaltungen unterstehen. In der Gründerzeit wurden alle Einrichtungen, die für das Funktionieren und das Wachstum von Städten notwendig waren, von der öffentlichen Hand übernommen. Dafür waren neben Rationalisierungsbestrebungen hauptsächlich hygienische Überlegungen ausschlaggebend: das Bemühen um gesunde, geruchsfreie und saubere Städte. Unter diesem Aspekt wurden Kanäle, Wasserleitungen, Spitäler, aber auch öffentliche Toiletten und die an die Ränder der Städte verlagerten großen Friedhöfe geplant und errichtet.

Über viele Jahrzehnte blieben diese Aufgaben und damit auch die entsprechenden Bauten Kernkompetenz städtischer Behörden. In letzter Zeit lässt sich vielerorts jedoch die Tendenz zur Auslagerung an private, beziehungsweise halböffentliche Gesellschaften feststellen. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn weiterhin der öffentliche Auftrag und die Versorgung der Gesamtbevölkerung mit grundlegenden Bedürfnissen im Vordergrund stehen. Leider ist unter den neuen, privatwirtschaftlichen Prämissen jedoch häufig eine primäre Orientierung an kurzfristigen Profiten zu bemerken. Gerade für die allgemeine Versorgung - zu der neben der technischen Infrastruktur auch die Bereiche Bildung, Kultur und Sozialeinrichtungen zählen - muss die öffentliche Hand auch in Zukunft Sorge tragen. Selbst wenn sie dazu nicht unbedingt als Trägerinstitution auftreten muss, ist es ihre Verantwortung, die Rahmenbedingungen so festzulegen, dass Qualität und Leistungsvermögen weiterhin gewährleistet beziehungsweise verstärkt gefördert werden.

Gerade im Bereich des Nutzbaus sind vermehrt baukulturelle und gesamtgesellschaftliche Verantwortung einzufordern. Denn die Objekte im Dienst der Allgemeinheit werden zunehmend nicht mehr monofunktional errichtet, sondern auf mehrfache und auch parallele Nutzungen ausgerichtet. So etwa in Madrid, wo eine Müllverbrennungsanlage an einen öffentlichen Park angebunden ist oder auch beim Wankdorfstadion in Bern, das auf das Dach eines Einkaufs- und Kongresszentrums verlegt wurde. Ämter oder Bibliotheken werden mit Shopping und Unterhaltung gemischt und U-Bahnstationen zu Stadtteilzentren. Für diese Aufgaben, bei denen das Öffentliche mit dem Privaten eng verzahnt wird, gilt es, Standards zu definieren, die auch in Zukunft für hohe Qualität bürgen.

db, Fr., 2006.04.28

28. April 2006 Barbara Feller

Holzheizung

Wo der ländliche Raum mit Naturschönheit wuchern kann, gilt es, technische Bauten besonders behutsam in den örtlichen Kontext einzufügen. Die beiden unprätentiös gestalteten Baukörper des zwischen Waldhang und Bach gelegenen Sextener Fernheizwerks erlauben sich mit ihren frei geformten Hüllen einen selbstständigen Ausdruck.

Unter Architekten ist der kleine Südtiroler Ort Sexten im Hochpustertal als Standort des Hotels „Drei Zinnen“ von Clemens Holzmeister oder für den internationalen Preis für „Neues Bauen in den Alpen“ bekannt, der im Abstand von einigen Jahren von der „Vereinigung Sexten Kultur“ ausgeschrieben wird. Im Herbst 2006 wird die Auszeichnung zum vierten Mal verliehen, was neuerlich zahlreiche Architekten und Architekturinteressierte in die entlegene Alpenregion locken dürfte. Die meisten von ihnen wohnen dann „standesgemäß“ im 1926 erbauten Hotel Drei Zinnen, das seinen urig-gemütlichen Charakter der klassischen Moderne (Süd)Tiroler Ausprägung bewahrt hat.

Einst und jetzt sorgte der Tourismus in den Berggebieten mit ihren besonderen klimatischen Rahmenbedingungen dafür, dass sich ein reges lokales Wirtschaftstreiben entwickeln und halten konnte, ohne die Alpendörfer zu „Museen für Berglandwirtschaft“ erstarren zu lassen. Die erforderliche Anpassung an die Bedürfnisse des Fremdenverkehrs hat jedoch nicht nur in Sexten unübersehbare Spuren hinterlassen. In architektonischer und städtebaulicher Hinsicht sind es in erster Linie die relativ großen Hotelkomplexe, die aufgrund ihrer unverhältnismäßigen Proportionen negativ auffallen. Neben den Beherbergungsbetrieben hat sich hier aber auch eine kleine Zulieferindustrie etabliert, die ebenfalls ihren Tribut fordert. Zwar gelang es in Sexten gerade noch rechtzeitig, diese Gewerbebauten außerhalb des Dorfes quasi in einer eigenen Zone anzusiedeln. Dennoch treten auch hier zwei der schwerwiegendsten Probleme auf, die den ländlich-alpinen Städtebau heute beherrschen: die Größe der Bauten für Gewerbe und Dienstleistung in der Nähe oder gar innerhalb der historisch gewachsenen Dorflandschaften und die Bewältigung der mit der Entwicklung der Freizeitindustrie und ihrer Zulieferfirmen entstandenen Anforderungen bezüglich Energieversorgung, Entsorgung, … Denn die für die Ver- und Entsorgung tourismusintensiver Gemeinden notwendigen Einrichtungen müssen um ein Vielfaches größer angelegt werden als die für jene Orte mit konstanter Einwohnerzahl. Das heißt, dass die Dimensionen eines Klärwerks oder eines Fernheizwerks in einer Tourismusgemeinde immer auch mit der Anzahl ihrer temporären Bewohner Schritt halten können müssen. In diesem Zusammenhang erscheint es auch paradox, dass die Regionen und Kommunen, die sich dem Thema Tourismus verschrieben haben, erst vor kurzer Zeit erkannten, dass die Landschaft das ganze Kapital dieses Wirtschaftszweiges darstellt und somit erhalten werden muss. Neben Maßnahmen gegen die mehr oder weniger sichtbaren Anteile der Umweltverschmutzung gehört dazu auch ein „optischer Umweltschutz“.

Dieser ist gerade in den Berggebieten von besonderer Bedeutung, wo viele Bauwerke eine enorme Fernwirkung haben. Der Blick von der Bergstation einer Seilbahn aus muss freilich unbeeinträchtigt sein und den Erwartungen der Gäste entsprechen.
Von dieser Warte aus gesehen, lohnt sich noch einmal ein Blick nach Sexten. In der kleinen Südtiroler Gemeinde wurde es nämlich aufgrund der langjährigen Aufbauarbeit in Sachen Architektur möglich, für den Bau eines Fernheizwerkes einen geladenen, internationalen Architekturwettbewerb auszuschreiben. Die Konkurrenz sollte gewährleisten, dass der Bau - er sollte in der bereits angesprochenen Gewerbezone entstehen - schonend in die Landschaft gefügt würde. Mit dem ersten Preis wurde das Projekt des in Brixen ansässigen Architekten Siegfried Delueg ausgezeichnet, das seit seiner Fertigstellung schon viel Beachtung gefunden hat.

Fährt man auf Sexten zu, passiert es leicht, dass man zwar die am Ortseingang liegende Gewerbezone wahrnimmt, nicht aber das in ihrem Hintergrund an der Waldgrenze errichtete Fernheizwerk. Es befindet sich auf einer ebenen Wiese zwischen dem so genannten Sextnerbach und einem Waldhang und umfasst zwei relativ große Baukörper, die im schrägen Winkel so zueinander gesetzt wurden, dass sie sich aufgrund der Art ihrer Platzierung und der Weise, wie die Bauaufgabe architektonisch gelöst wurde, mit ihrer Umgebung zu verbinden scheinen. Der an das Bachbett grenzende Bauteil beinhaltet das Heizhaus, der zweite das Hackgutlager. Der asphaltierte Platz dazwischen dient als Verkehrsfläche für die Bagger und als Lagerfläche für weiteres Hackgut.

Im Hackgutlager sind eine Garage und an einer Seite offene Lagerflächen untergebracht, im Heizhaus neben den Büros und den technischen Anlagen eine weitere überdachte Lagerzone. Das Heizhaus ist von jeder Seite befahrbar, die großen Aschecontainer werden über eine an der Seite des Baches angelegten Rampe, die in ein außen liegendes Untergeschoss führt, an- und abtransportiert.

Dach- und Wandtragwerke des Heizhauses bestehen aus verschweißten Stahlrahmenträgern, die in biegesteifer Verbindung ausgeführt wurden. Die Feldbreiten variieren, was in den jeweils unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Funktionszonen (Büro, Heizhaus, Lagerhalle) begründet liegt. Die Außenhüllen des Gebäudes (Dach und oberirdische Außenwände) bestehen aus großformatigen Brettschichtholz-Platten, die zugleich als tragender Raumabschluss, Aussteifung und Wärmedämmung fungieren. Nur der Bürotrakt musste mit einer zusätzlichen Innendämmung ausgestattet werden. Über der diffussionsoffenen, wind- und wasserdichten Haut der Wände und Decken der Gebäude wurden Lärchenholzlatten verlegt, die auch die Fenster und Lüftungsöffnungen verdecken - in diesen Bereichen wurde nur jede zweite Latte über die Öffnungen geführt. Aber nicht allein der senkrechte Verlauf der Lärchenholzlatten und die Geschlossenheit der Fassaden bestimmen das optische Erscheinungsbild des Fernheizwerkes. Es sind vor allem die geneigten Wand- und Dachflächen, die dafür sorgen, dass sich die Gebäudegruppe harmonisch in ihre Umgebung einfügt - denn der perspektivische Kunstgriff (der übrigens ohne Auswirkung auf die technischen Einrichtungen im Innenraum bleibt) bewirkt, dass die großen Baukörper optisch verkürzt erscheinen. In Verbindung mit ihrer Anordnung und ihrem Fassadenbild ist die Neigung ihrer Außenflächen ausschlaggebend dafür, dass dieses Fernheizwerk als gestalterisches und städtebauliches Vorzeigemodell dient.

Im Herbst 2006 wird es das erste Gebäude aus der Region Sexten sein, das beim internationalen Preis für „Neues Bauen in den Alpen“ ausgezeichnet wird. Die langjährige Aufbauarbeit der „Vereinigung Sexten Kultur“ im Hintergrund dieses Architekturpreises scheint sich also gelohnt zu haben.


Kennwerte
Das Fernheizwerk wird ausschließlich mit Brennstoffen aus der Region betrieben. Die benötigte Menge beträgt 35000 Schüttraummeter pro Jahr (SRM/a). Das Rohrnetz umfasst 36 km und wurde thermische vorgespannt, was bedeutet, dass die Rohre nach der Verlegung erwärmt wurden, damit ihre Form in befülltem Zustand stabil bleibt. Die Nenndurchmesser reichen von DN 250 bis DN 25. Die Pumpen müssen neben dem Rohrleitungsverlust eine hydrostatische Höhe von 105 Metern bewältigen, wobei die Hauptleitungen vorwiegend unter den öffentlichen Straßen verlaufen. Das gesamte Leitungsnetz wird durch ein elektronisches Überwachungssystem laufend kontrolliert. Während des Baus der Hauptleitungen wurden auch neue Trinkwasserleitungen verlegt.
Im Endausbau können insgesamt 400 Kunden versorgt werden.

db, Fr., 2006.04.28

28. April 2006 Bettina Schlorhaufer



verknüpfte Bauwerke
Fernheizwerk Sexten

Licht im Dunkel

Beim Ausbau der Bahnsteighalle gelang es, den typischen Charakter der unterirdischen Tunnelröhre zu bewahren und trotzdem Weite und Großzügigkeit spürbar werden zu lassen. Die Haltestelle bietet das Erlebnis einer ganz eigenen Welt unter Tage.

Es ist nicht gerade üblich, dass renommierte Architekten, die gewöhnlich repräsentative Bauwerke im städtischen Umfeld errichten, auch einmal „unter Tage“ arbeiten. Eines der Beispiele ist Norman Foster, der in Bilbao eine hochmoderne U-Bahnstation konstruierte. Sie entstand etwa zu jener Zeit, als Frank Gehry der grauen Industriestadt ein glitzerndes Museum baute und damit den „Bilbao-Effekt“ begründete. An Fosters aluminiumverkleidete und großräumige U-Bahnstation erinnert sich leider kaum jemand, obgleich sie die modernste in ganz Spanien ist. In Porto griff Eduardo Souto de Moura nicht auf das High-Tech des britischen Lord, sondern auf Granit zurück, den traditionellen Baustoff, mit dem die italienischen Barockbaumeister die dortige Kathedrale errichteten. Souto de Moura verwendete bei der Gestaltung der Metrostation, die unmittelbar hinter Rem Koolhaas' „Casa da Música“ liegt, matt geschliffene Granitplatten, zudem setzte er in dem äußerst klar geschnittenen Raum linear verlaufendes Kunstlicht und Glasplatten für Lifte und Brüstungen ein.

Die Sensibilität für klare Raumgestaltung und überzeugende Materialwahl ist auch dem Team von Rübsamen + Partner zueigen. Das bewiesen die Architekten bei der überaus gelungenen Gestaltung des Bochumer U-Bahnhofs Lohring, den sie Ende Januar, neun Jahre nach dem gewonnenen Wettbewerb, endlich fertig stellen konnten. Man kann sich durchaus dem euphorischen Kommentar des Bochumer Stadtbaurats Martin zur Nedden anschließen, der während der Eröffnung des U-Bahnhofs sagte: „Das ist ein Meilenstein für die Stadtentwicklung.“ Zunächst fällt auf, dass die Konzeptionen für die Erschließung der beiden U-Bahnhöfe in Bochum und Porto durchaus vergleichbar sind. Dies wird deutlich, wenn man die Treppe hinunter zur Zwischenebene und zu den Bahnsteigen wählt, vorbei an geschliffenen, anthrazitfarbenen Granitplatten und bündig angebrachten Lichtbändern. Dem klaren Raumkonzept gesellt sich ein Farbenspiel hinzu, das unmittelbar verdeutlicht, dass Architektur nicht nur nach Ordnungsverhältnissen ausgerichtet sein soll, sondern auch, wenn sie wirklich gelungen und überzeugend ist, die sinnlichen Reize anspricht.

Holger Rübsamen, der bei Oswald M. Ungers, dem strengsten Verfechter kubischer und orthogonaler Architektur, in die Lehre ging, spricht begeistert vom „grünen Lichtsee“. In diesen Lichtsee taucht der Fahrgast ein, wenn er von der Zwischenebene, unter der roten Ausleuchtung der Betondecke hinweg, die Rolltreppe hinab zum Bahnsteig benutzt. Plötzlich wird er eingehüllt von einer zwölf Meter hohen Halbröhre, vormals ein kahles Betongewölbe, das nun mit schimmernden Aluminiumplatten verkleidet ist. Die Reflexionen auf den Metallplatten entstehen durch die raffinierte Bodenformation, rechteckige Glasplatten, die die Leuchtkörper unterhalb der Oberfläche verbergen. So ist der Fahrgast nirgendwo direkten Lichtquellen ausgesetzt, er nimmt allenfalls das aus dem Boden kommende gefilterte Licht und die Reflexionen an der Decke wahr.

Lichtkunstwerk

Unterhalb der Decke verlaufen schlangenartig gewundene Neonröhren, entworfen von der Düsseldorfer Künstlerin Eva-Maria Joeressen. Von ihr stammt auch ein gelbes Lichtkreuz, das sie am Ende des Bahnsteigs in eine knallrote Wand integrierte, hinter der sich die Gebäudetechnik verbirgt. Das Lichtkunstwerk ist eine komplexe Farbkomposition, bestehend aus dem „grünen Lichtsee“, den grell erleuchteten Schlangenlinien und der abstrakt gestalteten Wandtafel. Nicht umsonst schrieb die Bochumer Lokalpresse nach der Eröffnung des Bahnhofs von einem „Erlebnisraum“, und Holger Rübsamen fügte hinzu: „Das ist nicht einfach eine U-Bahnstation für uns, sondern mehr.“ Mit diesem „Mehr“ meint er nicht nur den künstlerischen Beitrag von Eva-Maria Joeressen, sondern auch Klaus Kessners Klanginstallation, die durch die Verarbeitung von „in situ“ aufgenommenen Geräuschen den wartenden Fahrgast mit stets veränderten Lauteindrücken überrascht. Holger Rübsamen schwärmt von dem vorgefundenen Betongewölbe, einem völlig stützenfreien Gewölbe mit einem der größten Querschnitte, die jemals in Deutschland unterirdisch gebaut worden sind. Die Raummaße der einseitig erschlossenen, röhrenartigen Halle weisen immerhin eine Höhe von acht, eine Breite von 18 und eine Länge von 97 Metern auf. Für Rübsamen galt es nicht nur, die Gewölbearchitektur zu bewahren, sondern gleichsam ihren Erlebnischarakter zu steigern - „den herabsteigenden Passanten eine eindrucksvolle Perspektive“ zu bieten. Während die Bochumer Architekten die Decke von allen Installationen freihielten, konzentrierten sie sich darauf, den räumlichen Eindruck durch halbtransparente und reflektierende Oberflächen zu steigern. Besonders stolz sind Rübsamen und sein Partner Boris E. Biskamp auf die ungewöhnliche Bodenkonstruktion, die wesentlich das Ambiente des Ortes prägt. Da die Oberfläche der dreilagigen Sicherheits-Glasplatten extrem rutschfest und widerstandfähig sein musste, war es notwendig, das Material einer Sonderbehandlung zu unterziehen, für die eine holländische Firma aus Voorhuizen bei Amsterdam eine besonders effiziente Methode entwickelte. Im Grunde ist das Verfahren relativ einfach, denn die Holländer legen die Glasplatten in ein Quartz-Sandbett und lassen sie dann in einem Ofen erhitzen, bis sich die Schicht aus Quartz und Sand mit den Glasplatten verbindet. Das Resultat ist eine verblüffend rauhe und stumpfe Oberfläche, die sich bestens für begehbare Flächen im städtischen Raum eignet. Weil sich Rübsamen und Biskamp für eine indirekte Bodenbeleuchtung entschieden, befestigten sie die Leuchtkörper unterhalb von Aluminiumgussplatten, die entlang des Gleiskörpers angebracht wurden. Die Glas- und Aluminiumplatten mussten notgedrungen durch kleine „Stempelchen“ aufgeständert werden, um Raum für die Beleuchtung zu schaffen. So hat man den Eindruck einer vollständig illuminierten Bodenformation.

Entscheidend für den atmosphärischen Raumeindruck ist die Verkleidung des Betongewölbes mit schmalen Aluminiumblechen, die die Biegung des Raumkörpers nachzeichnen. Diese perforierten Aluminiumplättchen haben zunächst die Eigenschaft, den Schall aufzunehmen, der schließlich durch ein dahinter liegendes, zwei Millimeter dickes Schallschluckflies vollständig absorbiert wird. Die atmosphärische Natur der Aluminiumbleche entsteht aber erst durch ein, erstmals im Automobilbau angewandtes Eloxierverfahren, das durch den Einsatz von Spectrocolor die Oberflächen leicht changieren lässt. Im U-Bahnhof Lohring strahlt das Licht hinauf und wird von der schimmernden Aluminiumhaut reflektiert, die mit der Längsausrichtung des Fugenschnitts die Gestrecktheit des Tonnendachs hervorhebt. Holger Rübsamen meint, dass die Farben von Glas- und Aluminiumplatten selbstverständlich abgestimmt sein mussten: „Wir konnten erreichen, dass niemals gleiche Lichtreflexionen an der Decke entstehen. Wir wollten keine sterile Oberfläche.“

Es wäre geradezu frevelhaft, wenn Bahnbedienstete auch hier für das handelsübliche Mobiliar gesorgt hätten. Zum Glück konnten sich Rübsamen und Biskamp mit der Stadtverwaltung einigen, den homogenen Raumeindruck zu bewahren und auf konventionelle Bänke und Werbung zu verzichten. Bei der Unterbringung von Fahrkartenautomaten wurde darauf geachtet, die Geräte möglichst bündig anzubringen. Damit ist den Bochumer Architekten in Zusammenarbeit mit Eva-Maria Joeressen und Klaus Kessner ein eindrucksvolles Raumkunstwerk gelungen, das hoffentlich Anreiz bei vergleichbaren Projekten schaffen wird.

db, Fr., 2006.04.28

28. April 2006 Klaus Englert



verknüpfte Bauwerke
U-Bahnstation „Lohring“ - Innenausbau

Kraftwerk Birsfelden

Für die Maschinenhalle des oberhalb der Basler Innenstadt gelegenen Wasserkraftwerks entwarf Hans Hofmann Anfang der fünfziger Jahre einen beidseits verglasten Riegel mit gegabelten Pfeilern. Aus den Formen der gesamten Anlage sprechen die Munterkeit und die relative Unbefangenheit jener Zeit.

In Basel pflegt man ein besonderes Verhältnis zum Rhein, der hier die Schweiz verlässt. Winzige Strömungsfähren kreuzen an mehreren Stellen den Flusslauf und dienen den Baslern als alltägliches Transportmittel; ebenso winzige Angelhütten, Fischergalgen genannt, besetzen beidseitig das Ufer, das über durchgehende Fußwege mit zum Teil abenteuerlichen Passagen begangen werden kann; schließlich dient der Rhein vielen Baslern als stadtdurchmessendes Schwimmbecken - was Touristen aus, sagen wir Düsseldorf, mit einer Mischung aus Ungläubigkeit und Entsetzen quittieren. Sogar die Fußballfans des FC Basel besingen regelmäßig ihren Fluss im so genannten Baslerlied „Z'Basel an mym Rhy“.

Kein Wunder also, dass dem Kraftwerk Birsfelden, als es im Laufe der 1940er Jahre geplant wurde, besondere Aufmerksamkeit zukam. Studien zu einem Wasserkraftwerk bei Birsfelden, einer kleinen Gemeinde rheinaufwärts unmittelbar an der Basler Stadtgrenze gelegen, gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Seitdem verging kein Jahrzehnt, ohne dass ein neues Projekt oder eine Variante desselben diskutiert wurde - schließlich handelt es sich um einen landschaftsräumlich heiklen Ort, der von den Ufern und Brücken der Stadt aus sichtbar ist. In den Jahren von 1942 bis 1947 bat die Basler Sektion der Schweizerischen Vereinigung für Heimatschutz ihren Zentralvorstand, den Architekten Hans Hofmann (1897-1957), um Rat. Aus der Beratertätigkeit wurde ein Planauftrag, dessen Ergebnis Technik und anspruchsvolle Architektur mit einem neuen städtischen Naherholungsgebiet verband.

Hofmann, damals Professor an der ETH Zürich, war in Fachkreisen umstritten, außerhalb dieser aber populär wie kein zweiter in seinem Land. Dies hing auch mit seiner Tätigkeit als Chefarchitekt der legendären „Landi“ zusammen, der Landesausstellung 1939 in Zürich, an der die Schweiz Eigenständigkeit und Selbstbewusstsein demonstrierte. Hofmann verstand es, die Forderungen der Moderne mit dem Bedürfnis nach Repräsentation, monumentalen Raumfolgen aber auch ornamentalen Fassaden zu verbinden. Seine so genannte Höhenstraße - umfangreiches Hauptgebäudeensemble der Landi - wurde zum Publikumserfolg und zum Schlüsselwerk des „Landi-Stils“, der spezifisch schweizerischen Ausprägung einer moderat modernen Architektur, die mit Farbe, Ornament und Leichtigkeit auch Nicht-Architekten-Herzen für sich gewinnen konnte.

Dass dem Architekten die Wahrnehmung des wohlgestimmten Betrachters wichtiger war als irgendeine hehre Theorie, lässt sich gut in seiner Baubeschreibung des Kraftwerks Birsfelden nachlesen, die er 1957, drei Jahre nach Fertigstellung der Hochbauten, in der Zeitschrift „Werk“ veröffentlichte. Sein Vorgehen bezeichnet Hofmann dort als „schöpferische künstlerische Arbeit“, die sich jedoch nicht erklären und noch weniger beweisen ließe, „denn sie ist immer eine Synthese von Verstand, Begabung und Eingebung“. Dass er den Beton der Bauten dunkelgrün streichen und mit weißen Linien und Fensterrahmen einfassen ließ, meinte er später im Text verteidigen zu müssen: „Es gibt eine Theorie, daß man Beton roh belassen soll. Ich bin aber gegen Theorien und die Einengung der künstlerischen Freiheit. Ich liebe den verfleckten und verschmutzten Beton großer Flächen und seine nüchterne, kalte Ausstrahlung nicht.“

Heitere Maschinenwelt

Und tatsächlich ist die Maschinenhalle des Kraftwerks alles andere als nüchtern und kalt. Ebenso expressiv wie leicht ruht das gefaltete Dach auf zwei Reihen Y-förmiger kannelierter Stützen, die sowohl die längs auftretenden Windlasten als auch die enormen Schublasten der Kranbahn aufnehmen, mit der bei Revisionen die vier je 140 Tonnen schweren Turbinen bewegt werden. Er habe sich bei der Turbinenhalle auf die notwendigen Bauelemente „Stützen, Kranbahn und Dach“ beschränkt, so der Architekt - in der Ansicht vom Fluss aus wird die Filigranität der Hallenhülle im Vergleich zur massiven Turbinenwelt darunter deutlich. Nachts schwebt das Gebäude als gleißender Lichtkörper über dem Wasser, dank der sechzig kleinen Punkt-Hängeleuchten und der indirekten Beleuchtung der Decke.

Die Transparenz des Baus ist aber nicht nur von der Fernsicht her gedacht: „Nicht nur sollte die Landschaft gleichsam durch die Halle blicken, sondern auch der Bürger und Stromabnehmer sollte in das Innere der Halle schauen können.“ Hofmann hatte sogar geplant, einen öffentlichen Fußweg durch die Halle zu legen - in der gebauten Version führt dieser nun als öffentliche Brücke für Fußgänger und Fahrradfahrer unmittelbar an der Turbinenhalle entlang über das Stauwehr. Über eine elegante Spindeltreppe aus Stahl ist von dieser Brücke aus ein in der Halle liegender Zuschauerbalkon zu erreichen, von dem aus man einen Blick auf Technik und Raum werfen kann. Dem Architekten ist ein heiterer Bau gelungen, der zum populärsten gehört, was die moderne Schweizer Architektur hervorgebracht hat - für die Gemeinde Birsfelden ist das Kraftwerk ein Wahrzeichen, das auf Plakaten und anderen Drucksachen häufig anzutreffen ist.

Hofmanns Haltung einer atheoretischen und empfindungsreichen Architektur findet sich jedoch nicht nur im Juwel der Maschinenhalle, die übrigens in den 1960er Jahren zusammen mit anderen Bauten des Architekten von italienischen Architektursemiotikern für ihr Forschungsgebiet entdeckt und untersucht wurde - auch aus einer ablehnenden Haltung gegenüber Theorien lässt sich Theorie machen. Hofmanns Entwurf gliedert den gesamten Landschaftsraum im Birsfeldener Rheinknie: Zur Energiegewinnung wird der Fluss hier je nach Wasserstand zwischen vier und neun Meter hoch aufgestaut. An das 120 Meter lange Maschinenhaus schließen über 150 Meter Stauwehr an, von sechs markanten Türmchen gegliedert. In diesen figurativen Pfeilern befinden sich die Windwerke, die die fünf Wehre senken und heben. Auf der anderen Seite des Maschinenhauses liegt die Schleuse, die dafür sorgt, dass die Rheinschiffe den Höhensprung überwinden. Zwischen Schleuse und Kraftwerk modellierte Hofmann eine halbmondförmige Insel (im Volksmund „Inseli“), die die Betreiber der Öffentlichkeit als Park zur Verfügung stellen.

Hofmanns „fröhliches“ Kraftwerk, wie er selber es nannte, wurde erstaunlich wenig verändert. Aus ehemals einer Schleuse wurden zwei und am gegenüber liegenden Ufer sorgt eine Fischtreppe dafür, dass auch die Tiere den Höhenunterschied überwinden können. Die Anlage steht nicht unter Schutz, ist aber seit 2002 im Bauinventar der Kantonalen Denkmalpflege in der obersten Kategorie eingestuft, würde also bei geplanten Veränderungen sicher zum Baudenkmal. Doch auch ohne diesen Schutz ging man bei einer umfassenden Modernisierung des Kraftwerks 1999/2000 behutsam vor.

Der Basler Architekt Peter Fierz hatte bereits Hofmanns Basler Mustermesse umgebaut - einen Bau, der gleichzeitig mit dem Kraftwerk entstand. In Birsfelden integrierte Fierz in einen fensterlosen Teil des ehemaligen Dienstgebäudes Räume für Verwaltung und Leitung und gab ihm einen repräsentativen Eingang. Die Turbinenhalle restaurierte er fachgerecht: Die verblassten Farbanstriche (gedecktes Grün außen, gelbe, rote und blaue Teile innen) wurden analysiert und erneuert und die vier Maschinenleitstände neu gestaltet - parallel zu einer umfassenden technischen Modernisierung, die den Arbeitsablauf automatisierte und den Energiegewinn um fünf Prozent steigerte. Was aus dem Kraftwerk Birsfelden auch heute noch ein exemplarisches Bauwerk macht, ist nicht nur seine hochstehende architektonische Gestaltung. Es ist das Ineinandergreifen von Arbeitswelt und öffentlichem Raum, der das Ensemble erlebbar und durchquerbar macht - auch außerhalb der viel besuchten öffentlichen Führungen.

db, Fr., 2006.04.28

28. April 2006 Axel Simon



verknüpfte Bauwerke
Kraftwerk Birsfelden

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