Inhalt

WOCHENSCHAU
02 Vom Werden einer neuen Stadt. Wolfsburg wird siebzig | Bettina Maria Brosowsky
03 Neue Cafeteria der TU Berlin | Brigitte Schultz
03 Franziska Stünkels „Vineta“ | Olaf Bartels
04 Was Canaletto sah, was wir heute sehen | Tanja Scheffler

BETRIFFT
06 Limbecker Platz, Essen | Ludger Fischer

WETTBEWERBE
10 Interview mit Peter Kulka zum Zuschauersaal der Staatsoper Berlin | Friederike Meyer
12 Umbau und Sanierung Hans-Sachs-Haus. Gelsenkirchen | Grudrun Escher
12 Entscheidungen
13 Auslobungen

THEMA
14 Hörsaalgebäude der TFH Wildau | Friederike Meyer
22 Mensa und Medienzentrum der TFH Wildau | Wolfgang Kil
28 Die Grande Halle von Arles | Florence Accors
32 NDSM-Atelierstad Amsterdam | Ulrich Brinkmann

RUBRIKEN
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Der verflixte Limbecker Platz

Zugegeben, Essen ist keine Perle des Städtebaus, und ebenso wenig sind es die umliegenden Zentren des Ruhrgebiets. Fatal aber ist das Resultat des Erneuerungsstrebens, wenn sich die für die Region typische Kirchturmpolitik mit der Potenz eines Großinvestors verbindet. Die „Belebung“ der Innenstadt wird dann mit den gleichen Mitteln betrieben, mit denen sich ehedem die Montanindustrie den Raum unterworfen hat: Vormals öffentliche, vielfältige oder wenigstens kleinteilige Strukturen werden dem Profitstreben eines Einzelnen bedenkenlos geopfert.

Der Limbecker Platz in Essen ist überhaupt kein Platz. Den Limbecker Platz gibt es nicht mehr. Das weiß auch der Leiter des Amts für Stadtplanung und Bauordnung. Deshalb findet er, dass der benachbarte Berliner Platz jetzt in Limbecker Platz umbenannt werden sollte. Der Berliner Platz ist nämlich auch kein Platz, sondern eine Fläche, auf der man, wenn man aus Versehen zu Fuß dort landet, erfahren kann, was Einsamkeit bedeutet. Deshalb wird der Berliner Platz im Moment auch umgebaut. Der vierspurige Cityring soll hier in einen Kreisverkehr münden. Fußgänger werden es dann noch schwerer haben, sich dort zurechtzufinden.

06. Juni 2008 Ludger Fischer

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„Wenn man den Paulick-Saal erhalten will, muss man die Einschränkungen akzeptieren.“

(SUBTITLE) Interview mit Peter Kulka zum Zuschauersaal der Staatsoper Berlin

Die Berliner Staatsoper soll saniert werden (Heft 45.07). Am 15. Mai entschied ein Preisgericht über acht Vorschläge zum Umbau des Zuschauersaals. Das Ergebnis hat der Auslober, die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bis Anfang Juni nicht offiziell bekannt gegeben. Der Juryvorsitzende Peter Kulka plädiert für eine faire öffentliche Diskussion.

Herr Kulka, welche Probleme gibt es mit dem Saal?

Die Staatsoper hat eine lange Geschichte. Sie ist mehrfach um- und wiederaufgebaut worden, zuletzt von Richard Paulick, der den Opernsaal in den fünf­ziger Jahren im Sinne Knobelsdorfs interpretiert hat. Doch die Staatsoper ist ein Musiktheater, das nicht klingt. Der Musik muss elektroakustisch nachgeholfen werden, die Musiker im Orchester hören sich schlecht, nicht alle Sänger erreichen das Publikum.

Woran liegt das?

Die Akustik ist so schlecht, weil das Raumvolumen des Besuchersaals zu klein ist. Die Aufgabe war es
eigentlich, dieses zu erhöhen. Und die Sicht zu verbessern. Bei 300 von 1300 Plätzen ist sie derzeit stark eingeschränkt.

Wie hat die Jury entschieden?

Die Entwürfe, die am nächsten am Paulick-Entwurf ge­blieben sind, haben den 2. und 3. Preis bekommen. Der eine hat die Decke angehoben und ein Drempel­ge­schoss hinzugefügt. Der andere wollte die Raum­vergrößerung durch eine Streckmetalldecke mit appli­zierten Stuckteilen der Paulick’schen Decke erreichen. Beide aber erzielen nicht die erhofften Verbesserun­gen bezüglich des Raumklangs und verunklaren den Paulick’schen Raum.

Deshalb haben Sie für einen neuen Saal gestimmt?

Die Entscheidung für den 1. Preis fiel mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Vorschlag von Klaus Roth er-füllt architektonisch, akustisch und was die Sichtbeziehungen anbelangt die Bedürfnisse eines moder-nen Musiktheaters; durch seine Dynamik transformiert er die Rokokozeit von Knobelsdorff auf moderne Weise und entwickelt eine eigene Qualität. Die Jury (u.a. mit Axel Schultes, Jörg Springer, Jórunn Rag-nars­dóttir, Regula Lüscher, Dieter Baumewerd) woll-
te den Paulick-Saal nicht vernichten. Nach langer Diskussion aber kamen wir zu dem Schluss, mit dem 1. Preis­träger sollte man einen Neuanfang wagen. Das Preisgericht kann jedoch nur empfehlen. Ich fände es mutig, wenn Berlin dieser Empfehlung folgen würde, aber ich kann mir auch andere Lösungen vorstellen. Nur: Wenn man den Paulick-Saal erhalten will, dann wird man die vorhandenen Einschränkungen bei der Sicht und Akustik akzeptieren müssen. Das muss al­len klar sein.

Bisher gab es keine Vorstellung der Ergebnisse.
Wer ist denn gegen die Entscheidung?

Wir sollten niemanden zum Buhmann machen. Ich finde es nötig, dass bei einem so wichtigen und ordnungsgemäß abgelaufenen Verfahren eine öffentli­che Diskussion befördert wird. Ich wehre mich dagegen, dass die Entscheidung einfach weggewischt wird. Jeder künstlerische Akt, sei es Musik, sei es Architektur, bedeutet ein Stück Provokation. Ich glaube, es ist grundsätzlich ein Problem der Politik, dass sie dem Volk gefallen will. Das ist vielerorts der Fall, am Neumarkt in Dresden, in Potsdam, in Braunschweig und eben auch in Berlin.

Die große Diskussion in Berlin kommt ja erst noch mit dem Wettbewerb für das Humboldtforum.

Am Beispiel der Staatsoper merkt man wieder, wie wir uns alle verbiegen im Zusammenhang mit dieser Diskussion, die unter politischem Druck geführt wird und letztendlich eine Macht- und keine Werte-diskussion ist. Die Kultur kann diese Diskussion nur verlieren.

Was wünschen Sie sich für den weiteren Verlauf?

Dass wir fair miteinander umgehen. Dass Architektenkollegen nicht über einen 1. Preis in der Zeitung reden und gegen das Preisgericht schimpfen, ohne die Arbeit je gesehen zu haben. Ich wünsche mir eine faire öffentliche Diskussion darüber, wie man mit historisch gewachsenen Strukturen umgeht. Ansonsten bekommen wir lauter Waldschlösschenbrücken.

06. Juni 2008 Friederike Meyer

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verknüpfte Bauwerke
Staatsoper Unter den Linden - Umbau und Modernisierung

Interior Urban Design

Ob sich der Entwurfsansatz der Architekten irgendwann einmal in einem Studiengang institutionalisieren wird, sei dahingestellt – als Modell aber, um eine verlassene Werfthalle in einen quirligen Teil der Stadt zu verwandeln, bleibt die treffende Benennung ihres Konzepts als „Interior Urban Design“ im Gedächtnis. Der Einbau eines Stahlskeletts zum Selbstausbau durch die Mieter in die ehemalige Halle der „Nederlandsche Droogdok en Scheepsbouw Maatschappij“ (NDSM) am Nordufer des IJ basiert auf städtischen Raumtypologien wie Straße, Gasse und Platz, auf der städtischen Verteilung einer absoluten Baumasse auf mehrere Blöcke und auf dem Prinzip von Einheitlichkeit im Großen und Vielfalt im Kleinen, welches die Parzellierung einer solcherart relativierten Baumasse zeitigt. Die Einbauten fügen sich selbstverständlich in die Halle ein: Die „Hauptstraßen“ der an Künstler, Architekten und Designer vermieteten Atelierstadt verlaufen exakt unterhalb der Oberlichter, die Gassen quer dazu in den Konstruktionsachsen, und eine Diagonale, der „Broadway“ der Künstler-Community, stellt die kürzeste Verbindung zwischen zwei Eingängen in die Halle her. Seit die Atelierstadt im einstigen Niemandsland des Amsterdamer Nordwestens im Oktober eröffnet worden ist, hat sich die Situation jede Woche neu dargestellt, erinnert sich Architekt Peter de Bruin. Die Stadt wächst. Soeben wird ein Solitär am Platz ausgebaut. Er war, wie seine Nachbarn, für ein Atelier mit doppelter Höhe gedacht, doch fand sich dafür kein Interessent; nun wird eine Zwischendecke für ein gewöhnliches Atelier eingezogen.

06. Juni 2008 Ulrich Brinkmann

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