Details

Adresse
Barerstrasse 40, 80333 München, Deutschland
Mitarbeit Architektur
Gabriele Neidhardt, Sven Krüger (PL); D. Adams, J. Braun, T. Freiberg, I. Hager, N. Höhne, U. Koch, A. Lenz, M. Lind, J. Morsko, C. Müller, M. Poplawski, U. Rumstadt, S. Staab, R. Weiss, M. Wichmann, B. Lange, K. Leutheußer, M. Schäffner;
Bauherrschaft
Freistaat Bayern
Landschaftsarchitektur
Adelheid Schönborn
Planung
1992
Ausführung
1996 - 2002

Links

Architekturmuseum München
http://www.architekturmuseum.de/

Presseschau

04. Oktober 2002Neue Zürcher Zeitung

Baukunst in München

Eine Zukunft für das Architekturmuseum

Eine Zukunft für das Architekturmuseum

«Eine Epoche geht zu Ende», sagt Winfried Nerdinger, «und eine neue beginnt.» Vor fast einem Vierteljahrhundert hat der Bauhistoriker das international immer noch zu wenig bekannte Architekturmuseum der TU München übernommen und es zielstrebig zur grössten Spezialsammlung ihrer Art in Deutschland ausgebaut. Rund 350 000 Zeichnungen, 100 000 Photographien und 500 Modelle von Balthasar Neumann bis Shigeru Ban ruhen im Archiv. Seit dem 16. September stehen dem Architekturmuseum in der Pinakothek der Moderne erstmals feste Ausstellungsräume zur Verfügung. Zuvor war das Institut auf externe Schauräume des Stadtmuseums angewiesen.

Natürlich werde er auch am neuen Ort den kritischen Ansatz weiterverfolgen, verspricht Nerdinger. Aber nur einmal im Jahr auf die grosse, wissenschaftlich fundierte Ausstellung zu setzen, reiche nicht mehr. Sein Haus müsse mit mindestens vier Projekten aufwarten. Dafür braucht Nerdinger eigentlich 30 wissenschaftliche Mitarbeiter. Gerade 3 stehen ihm zur Verfügung, von denen sich einer um das Archiv kümmern muss. Ohne das Potenzial der Hochschule - Studenten, die kostenlose Modelle fertigen und forschen - wäre das Ganze nicht zu bewältigen.

Zur Eröffnung der Pinakothek der Moderne zeigt nun das Architekturmuseum seine Schätze unter dem Motto «Exemplarisch - Konstruktion und Raum». Vorgestellt werden Höhepunkte der modernen Architektur. Das Spektrum der bisherigen Ausstellungen reicht von der Bauhaus- Moderne im Nationalsozialismus über Gropius und Taut bis Aalto und vom Klassizismus in Bayern über die Revolutionsarchitektur bis zum Neuen Bauen. «Reine Unterhaltung ist nicht meine Sache», sagt der streitbare Professor, der nicht nur gegen beliebiges «Fassadendesign» zu Felde zieht, sondern auch gegen die Baufrevel der Nachkriegszeit und das bequeme Vergessen. Kritische Fragen werden wohl auch in Zukunft zum Programm des Architekturmuseums gehören. Und das ist auch gut so.

19. September 2002Samuel Herzog
Neue Zürcher Zeitung

Gegen die Vergangenheit der Vergangenheit

(SUBTITLE) Späte Eröffnung der Pinakothek der Moderne in München

Mit der Pinakothek der Moderne ist diese Woche einer der grössten Museumsbauten Europas eröffnet worden. Nebst Design, Architektur und Grafik zeigt das Haus vor allem Kunst aus allen Epochen des zwanzigsten Jahrhunderts.

Mit der Pinakothek der Moderne ist diese Woche einer der grössten Museumsbauten Europas eröffnet worden. Nebst Design, Architektur und Grafik zeigt das Haus vor allem Kunst aus allen Epochen des zwanzigsten Jahrhunderts.

Das Projekt der Moderne ist längst abgeschlossen, und niemand erwartet heute noch ernsthaft von der Kunst, dass sie Visionen einer besseren Zukunft verbreite, dem noch Unsagbaren einer kommenden Zeit mit ersten Formulierungen entgegeneile oder gar die Zeitgenossen grundlegend verändere. Das Fortschritts- oder besser Forschungsprojekt des Menschenmöglichen, das die Moderne war, hat im zwanzigsten Jahrhundert seinen Aufstieg und - mit all den blutigen Kriegen - auch seinen Fall erlebt. Dieses zwanzigste Jahrhundert ist zu Ende gegangen - und dieser arbiträre Schlusspunkt einer Epoche hat in unseren Köpfen mit seiner Symbolkraft wohl mehr bewirkt, als wir voraussehen konnten. Plötzlich scheint es, als seien wir nun wirklich aus einer Zeit herausgetreten, in der sich zumindest in der Kunst noch alles mit dem heroischen Zeitalter der klassischen Moderne zu messen hatte.


Startrampe klassische Moderne

Daher rührt wohl auch das leichte Befremden ob der in dieser Woche mit Staatsakten und Publikumsfesten grossartig gefeierten Eröffnung einer Pinakothek der Moderne in München. Nun ist eine Pinakothek ja ein Museum - und solche Häuser haben traditionell die Aufgabe, Dinge vor dem Verschwinden und Vergessen zu bewahren. Die neue Pinakothek stellt sich jedoch nicht als ein Haus dar, das vorrangig Vergangenheit konserviert, sondern versteht sich als eine Institution mit Ausrichtung in die Zukunft. Die klassische Moderne, die hier zur Hauptsache gezeigt wird, erscheint somit nach wie vor als die Startrampe für alles, was mit Zukunft zu tun hat. Um dies plausibel zu machen, wurde mit Bernhart Schwenk gar ein Konservator für die Kunst der Gegenwart engagiert (NZZ 16. 9. 02), der nun in einem Raum mit Positionen der Jetztzeit den ständigen Beweis der anhaltenden Aktualität des Vergangenen erbringen muss.

Dass diese Pinakothek sich heute als Zukunftshaus darstellt, obwohl sie zur Hauptsache Vergangenheit sichtbar macht, hat allerdings auch mit ihrer Geschichte zu tun. Eigentlich hätte das Haus nämlich bereits vor rund hundert Jahren gebaut werden sollen - als eine Art Katapult, das die Avantgarde von damals noch schneller in die Zukunft vorausschleudern sollte. Dann aber kam der Erste Weltkrieg dazwischen, es kamen die mageren Jahre danach und schliesslich die Nazis. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Sammlung auf ein paar wenige Bilder geschrumpft - ironischerweise fand sie ausgerechnet im Haus der Kunst, diesem Tempel aus der Hitlerzeit, wieder zu einer stattlichen Form. Hier bekam die Staatsgalerie moderner Kunst 1980 auch ihren provisorischen Ort. Das Ringen um einen Neubau für die Schätze der Moderne dauerte mehrere Jahrzehnte, und die verschiedensten Standorte wurden ins Auge gefasst. Als dann die Technische Universität ihre Lokalitäten auf dem Areal der Türkenkaserne verliess, war der ideale Ort in unmittelbarer Nachbarschaft zur Alten und zur Neuen Pinakothek gefunden. 165 Architekten bewarben sich 1991 um den Bauauftrag, der schliesslich an den Münchner Stephan Braunfels vergeben wurde. Es vergingen weitere fünf Jahre bis zum Baubeginn. Und auch der Bauverlauf war begleitet von Rechtsstreitigkeiten, politischem Geplänkel, Mehrkosten und anderen Hindernissen.


Landung am Ort der Türkenkaserne

Nun aber steht sie da, die Pinakothek der Moderne. Die Alte und die Neue Pinakothek sind keinen Steinwurf entfernt, und auch die Glyptothek, die Antikensammlung und das Lenbachhaus mitsamt seinem Kunstbau liegen in unmittelbarer Nähe. München verfügt somit über ein Museumsareal, das Kunst von der Antike bis heute in manch edler Hülle und schier unermesslicher Fülle bereithält. Die Pinakothek der Moderne präsentiert sich zunächst als weisser Kubus, der bei Sonneneinstrahlung leuchtet wie ein Kykladendorf. Zwei auf einer Diagonale zum Zentrum hin angelegte Eingänge führen den Besucher unter ein gigantisches Kuppelgewölbe - 25 Meter hoch, 30 Meter weit. Von allen Seiten und von oben dringt Licht in diese Halle. Hier sind wir im Zentrum des ganzen Baus, daran kann kein Zweifel bestehen. Von der Kunst gibt es an dieser Stelle noch nicht viel zu sehen, hier ist die Architektur ganz bei sich selbst. Hat sich das Auge erst einmal an diesem Pantheon gesättigt, findet es weitere Nahrung in der Form von zwei monumentalen, keilförmig zugeschnittenen Treppen. Die eine führt hinab in das lichte Untergeschoss, die andere hinauf - und da, auf den letzten Stufen, entdecken wir denn auch die erste Kunst: Ein «Oxydation Painting» von Andy Warhol und eine riesige Skulptur von Olaf Metzel - leuchtend farbige Plasticbahnen, die von der Decke herabzuhängen scheinen. Ein gewaltiger Kunst-Auftakt - zu rücksichtslos für den Architekten Stephan Braunfels, der Metzels Arbeit gegenüber dem «Spiegel» als «Faschingsgirlande» bezeichnet hat.

Die Pinakothek der Moderne versteht sich als ein Haus, das vier Museen unter einem Dach vereint: Das Architekturmuseum der Technischen Universität liegt im Erdgeschoss, daneben befinden sich die Galerien der Staatlichen Graphischen Sammlung. Die «Neue Sammlung» zeigt in einer quirligen Schau im Untergeschoss einen Teil der rund 60 000 Designobjekte, die sie ihr eigen nennt. Den grössten Raum aber nehmen die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ein, die das ganze Obergeschoss besetzen.

Sosehr sich die Architektur in der zentralen Rotunde ganz in den Vordergrund drängt, so sehr nimmt sie sich in diesen Sammlungsräumen zurück. Die Oberlichter sind unauffällig, die Einteilung des Raumes ist nüchtern, der Boden macht sich mit einem leichten Grau diskret - in diesen klassischen «White Cubes» kann die Geschichte der Moderne störungsfrei erzählt werden. Diese Geschichte hat in München allerdings einige Lücken. Dass ausgerechnet eine Münchner Pinakothek der Moderne die frühe Entwicklung der abstrakten Kunst heute nicht nachzeichnen kann, ist wohl auf die Geschehnisse während der Nazi- Zeit zurückzuführen. Dass aber auch die Nachkriegs-Abstraktion, die russischen wie auch die amerikanischen Beiträge zur Kunst des letzten Jahrhunderts fast völlig fehlen, muss auf spätere Versäumnisse in der Sammlungspolitik zurückgeführt werden.

Generaldirektor Reinhold Baumstark und sein Konservatorenteam haben jedoch nicht versucht, diese Lücken zu verbergen - sie zeigen, was sie haben. Der Rundgang beginnt mit dem erwähnten Gegenwartsraum, wo sich die Berliner John Bock und Michel Majerus breit gemacht haben. Dann springen wir, quasi von Stein zu Stein, durch die vergangenen Jahrzehnte: Donald Judd, Sigmar Polke, Joseph Beuys, Georg Baselitz, Jeff Wall und ein halbes Dutzend weiterer Stars der Nachkriegskunst werden hier meist in Einzelräumen vorgestellt - repräsentativ ist das nicht, doch erlaubt es eine gewisse Konzentration. Im Bereich der klassischen Moderne sind die Maler der Brücke mit einer Reihe prominenter Werke vertreten. Der Auftritt des Blauen Reiters indes wirkt im Vergleich zur Präsentation im nahen Lenbachhaus eher disparat. Exklusiv wirkt der Saal mit Werken von Max Beckmann: Grossartige Bilder wie die «Versuchung» von 1936/37 oder die «Frau mit Mandoline in Gelb» sind hier geschickt mit zwei seiner weniger prominenten Plastiken kombiniert. Auch der Picasso-Saal ist elegant, und ein Kabinett mit kleinformatigen Bildern von Max Ernst bietet einen delikaten Auftakt zum Thema Surrealismus, das mit Dalí, Magritte und Giorgio de Chirico weitergeführt wird.

In der Pinakothek der Moderne hüpfen wir also, wenn auch nur auf einem Bein, von der Jetztzeit durch die Kunstgeschichte bis zu den Anfängen der Moderne zurück. Mit dieser Inszenierung wird eine kontingente Geschichte angedeutet, die durch die Zeiten hindurch alles mit allem auf geheimnisvolle Weise verknüpft. Die ewige Wiedergeburt des Kindes im Manne, die John Bock seit einigen Jahren erfolgreich inszeniert, und die «Grosse Sterbeszene», die Max Beckmann 1906 gemalt hat - beides ist Kunst. Doch zu welchen Gedanken sollen wir angeregt werden, wenn Bock und Beckmann in denselben Bezugsrahmen einer Pinakothek der Moderne gestellt sind? Krampfhafte Aktualisierung des Vergangenen auf der einen, Historisierung der Gegenwart auf der anderen Seite - beides dient letztlich auch der Suggestion geheimer Kunst- Wirkkräfte, stützt die Macht der Theorie und verstellt den Blick auf das, was es zu sehen gibt.


[Handbuch zur Pinakothek der Moderne, Euro 16.80. Kurzführer Malerei, Skulptur. Neue Medien, Euro 24.80.]

18. September 2002Markus Mittringer
Der Standard

Münchens Heldenberg in der Schuhschachtel

Mit der Pinakothek der Moderne eröffnete am Dienstag in München eines der weltweit größten Museen für bildende und angewandte Künste. Auf 12.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche hat Architekt Stephan Braunfels vier große Sammlungen vereint.

Mit der Pinakothek der Moderne eröffnete am Dienstag in München eines der weltweit größten Museen für bildende und angewandte Künste. Auf 12.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche hat Architekt Stephan Braunfels vier große Sammlungen vereint.

München - Stephan Braunfels ist Eklektizist: Im Fall der Münchner Pinakothek der Moderne definiert er sich durch die Übernahme der Lehrstücke von Richard Meier, von Axel Schulthes, von Oswald Mathias Ungers - und zollt dabei dem alten Schinkel wie auch Leo von Klenze, der mit der Alten Pinakothek 1836 die bayrische Mutter aller Museen aus dem Geist der Basilika erschaffen hat, den gebührenden Respekt.

Die Mischung ergibt ein verhaltenes Machtwerk, ein Kanzleramtskunstmuseum. Es lässt die Maler-Meister des 20. Jahrhunderts im Oberlicht strahlen, es erhöht die milde Stromlinie des Volkswagens, es schmeichelt Luigi Collani, den Rudolf Mooshammer unter den Designern, es lässt den Kandidaten Stoiber beim Staatsakt in der Rotunde in einer tragenden Rolle erscheinen. Oder: Wahlkampf im Getty-Museum auf bayrischem Grund, dort wo der Zweite Weltkrieg die Türkenkaserne für die spätere Nutzung als Parkplatz vorbereitet hat, dort, wo der Münchner zu seiner Erbauung gerne den Zirkus Roncalli aufsuchte. Eine Art bajuwarisches Centre Pompidou hätte dort gar nicht hingepasst, und einen Edmund Stoiber hätte jede Guggenheim'sche Manier wohl glatt erschlagen müssen.

„Dunkler Anzug, kurzes Kleid, Uniform, Tracht“: Daraus durfte wählen, wer dem feierlichen Eröffnungsakt der dritten Münchner Pinakothek beisitzen wollte. Viele der protokollgerecht Gewandeten kannten die Stimmung unter dem großen Luster - die Rotunde von Pantheon'schen Ausmaßen ziert ein Sixties-Schattengitter aus konzentrischen Kreisen - schon:

Der Ministerpräsident hat dort nicht zum ersten Mal empfangen: Zum Millennium schon gab er sich als Kunstpionier, ließ den lange verschleppten Rohbau eigens winterfest und sanitär befriedigend aufrüsten. Was den Bau zwar verzögerte, dafür aber sinnlos teuer war, wie Bayerns Rechnungshof im nachhinein anmerkte. Der Tradition dieser Willkür entsprechend, musste auch die Eröffnung noch vor dem Wahlsonntag, und nicht, wie geplant, im Spätherbst über die Medienbühne gehen.

Vier Sammlungen eint der späte Weiheraum: Die Staatsgalerie Moderner Kunst, die Neue Sammlung mit ihren gut 50.000 Exponaten zur Geschichte des Designs, die staatliche Graphische Sammlung und das Architekturmuseum der Technischen Universität München. Nach außen hin gibt sich die „Kiste“ schlicht: Eine einspringende Pfeilerhalle markiert den Eingang, ein paar Fenster lassen in die Tiefe blicken. Eine Chillida-Plastik stimmt ein auf das lichtdurchflutete Grab einer längst befriedeten Moderne. Der Rest ist zweckdienlicher Beton, städtebaulich bestens positioniert: Münchens dritte Pinakothek gibt seiner Ältesten den Vorplatz zurück.

Innen dann schafft Braunfels alle Voraussetzungen, die vier Sammlungen auf insgesammt 13.000 Quadratmetern althergebracht auch weiterhin getrennt voneinander zu verhandeln. Braunfels schlägt eine große Achse quer durchs Gebäude. Sie „verbindet“ Münchens Innenstadt mit der Alten Pinakothek. Von der zentralen lichtdurchfluteten Rotunde aus gelangt man über monumentale Treppen nach oben zu den ruhigen Raumgefügen für die Großmeister des letzten Jahrhunderts - aufgeteilt in Klassische Moderne, Kunst ab 1950 (mit jeweils eigenen Räumen für Beuys, Baselitz, Flavin, Fontana, Judd, Nauman, Palermo, Polke, Rainer, Richter Twombly, Wall und Warhol), und Gegenwart.

Nach unten zu bohren sich die „angewandten“ Vordenker in die Erde, bis mit einem Amphietheater (!?) für Sitzmöbelklassiker ein Tiefpunkt erreicht wird. Auf Eingangsniveau lassen sich neutral Architektur und Graphik präsentieren, und zeigt eine Installation von Pipilotti Rist, dass die unmittelbare Gegenwart, selbst in der milden Biedermeierlichkeit der Schweizerin in den noblen Amtsräumen bestenfalls als kurzfristiger Partygag etwas zu schaffen hat. Das Haus verlangt nach Staatstragendem. Dafür ist selbst Olaf Metzel noch zu jung. Seine Reise nach Jerusalem bleibt, wonach sie aussieht: ein ins Groteske mutierter Lampion fürs Jugendprogramm zum Staatsakt.


Kunst im Rahmen

Braunfels setzt auf elegante, räumlich souverän verschachtelte Verschneidungen von Kreisen, Rechtecken und Quadraten. Das ist so hintergründig dominant wie das betroffene Schweigen einer enttäuschten Mutter. Alle Kunst, die sich diesem stillen Diktat widersetzt - aus dem Rahmen fällt, den Kubus sprengt, so unausgewogen Platz greift wie die Installation des aufmüpfigen John Bock, stört die Alten bei Tisch. Endlich hat die Moderne in München ein Heim gefunden. Gemäß dem Alter ihrer Helden ist es ein Altenheim geworden. Eines mit viel Sonne, angemessen Platz und höchsten Pflegestandards in bester Lage. Damit ist eine jahrzehntelange, pech und pannenreiche Herbergssuche endlich abgeschlossen. Alle sind glücklich.

Joseph Beuys' Steinhalde Das Ende des 20.Jahrhunderts ist ebenso hermetisch sicher verwahrt wie Francis Bacons Kreuzigung. Gino Severini (Der Krieg, 1914) wird ab und an einen Ausflug in die Pflegestation für Design machen und dort eingedenks Marinetti Schöneres als die Nike von Samothrake beweinen: den Autobahn-Adler, das Steyer-Baby, den Tatra 87.

Die Münchner können Stolz sein: Für 121 Millionen haben sie die Wilden des letzten Jahrhunderts hoffähig gemacht. Zehn Prozent davon kamen aus privater Hand.

17. September 2002Werner Thuswaldner
Salzburger Nachrichten

Glanzstück eines Kunstzentrums

In München wurde Montag die Pinakothek der Moderne, der größte Museumsbau Deutschlands, eröffnet. Eine Million Besucher werden jährlich erwartet.

In München wurde Montag die Pinakothek der Moderne, der größte Museumsbau Deutschlands, eröffnet. Eine Million Besucher werden jährlich erwartet.

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16. September 2002ORF.at

Münchner Moderne

Der vom Münchner Architekten Stefan Braunfels geplante Bau besticht durch Lichtführung und Transparenz.

Der vom Münchner Architekten Stefan Braunfels geplante Bau besticht durch Lichtführung und Transparenz.

Ein helle, luftige Leichtigkeit empfängt den Besucher der Münchner Pinakothek der Moderne, wenn er den Museumsneubau durch eine großflächig verglaste Loggia betritt. Das Kuppeldach gibt den Blick zum Himmel frei, Licht flutet in den großzügigen Rundbau, der sich nach allen Seiten öffnet. Die Rotunde, um die sich die Ausstellungsräume mit einer Ausstellungsfläche von rund 15.000 Quadratmeter gruppieren, mutet wie ein griechischer Tempel an. Fast majestätisch führt eine sich nach oben öffnende Treppe in den ersten Stock, der mit einer Galerie um die Rotunde führt.


Kunstachse

Die Treppe durchschneidet den Museumsbau in einer großen Diagonalen, die als Leitidee quasi von der Innenstadt zur Alten Pinakothek gegenüber dem Neubau führt. Architekt Stephan Braunfels hat diese Achse zum architektonischen Prinzip erhoben: Der Besucher gelangt aus der Münchner Innenstadt kommend in die Pinakothek der Moderne und sein Blick fällt automatisch auf die steinerne Ostfassade der berühmten Alten Pinakothek: Die Moderne weist auf ihre geschichtliche Herkunft hin.


Architektur der Leichtigkeit

Neben der Treppe führt eine Glasfront in einen hellen Wintergarten mit alten Kastanienbäumen, die Braunfels in seine Konzeption integrierte. Die Großzügigkeit der Räume und das von den transparenten Decken einfallende Licht gibt dem Haus einen luftig-leichten Charakter, der durch quadratisch große Ausstellungsräume, die noch leer sind, bestärkt wird. Die Gliederung des Museumsbaus in einzelne Abschnitte verhindert Monumentalität. Das architektonische Spiel von quadratischen Räumen zur großen Rotunde in der Mitte schafft Offenheit und Durchlässigkeit.


Bezüge zum Umfeld

Der Neubau setzt in seinem städtebaulichen Umfeld einen Akzent außergewöhnlicher Gestaltung, bleibt aber dem baulichen Konzept der Prunkbauten von Ludwig I. in unmittelbarer Umgebung verwandt. Der sakral anmutende Mittelpunkt als Rundtempel des Museums korrespondiert mit den neoklassizistischen Bauten rund um die Propyläen am Münchner Königsplatz mit der Glyptothek. Braunfels bringt seinen Bau mit der Rotunde, aber auch mit dem Schinkel-Museum in Berlin in Beziehung und verweist architektonisch auf die Uffizien in Florenz. Gleichzeitig entstehen Assoziationen zum Guggenheim- Museum in Bilbao und der „Tate-Modern“ in London.


Begeisterter Hausherr

Der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Reinhold Baumstark, nennt den Neubau eine „Kathedrale des Lichts“. Und in der Tat fällt je nach Tageszeit das Licht unterschiedlich in die Räume und erzeugt zusätzlich eine sich wandelnde Symbiose von Gebäudearchitektur und Kunstgegenständen. Von besonderer Eindringlichkeit ist diese Beziehung, wenn in den Abendstunden die untergehende Sonne im Westflügel Zwielicht über die Plastik von Wilhelm Lehmbrucks „Der Gestürzte“ (1915/16) wirft.

16. September 2002Birgit Sonna
Neue Zürcher Zeitung

«Anders als am grünen Tisch»

Eröffnung der Pinakothek der Moderne

Eröffnung der Pinakothek der Moderne

Nach zahlreichen Querelen und Verzögerungen wird heute in München die Pinakothek der Moderne feierlich eröffnet. Diese neue Institution erweitert die angrenzenden Sammlungen der Alten und der Neuen Pinakothek zu einem einzigartigen Museumskomplex, der Kunstwerke vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart umfasst. Dieser grösste Museumsneubau Deutschlands bedeutet für die Bayrischen Staatsgemäldesammlungen auch, dass Moderne und Gegenwart nun endlich in das Angebot mit eingeschlossen werden können. So richtet sich die Aufmerksamkeit gegenwärtig auch ganz besonders auf den neu berufenen Konservator Bernhart Schwenk (geb. 1960), der für die Kunst nach 1950 verantwortlich ist. Nach Schwenks Worten sollen temporäre Ausstellungen erst einmal keine entscheidende Rolle spielen. Im Zentrum sieht er vielmehr den festen Bestand der Sammlung. Nun fällt aber der Bestand an zeitgenössischer Kunst in der Pinakothek der Moderne nicht gerade sehr opulent aus. Schwenk sieht das indes nicht als einen Nachteil an: «Gerade dass diese Sammlung tatsächlich noch in den Anfängen ist, hat mich unglaublich gereizt. Die in der Pinakothek der Moderne vorhandenen, nach 1980 entstandenen Werke sind überwiegend von einer Generation geschaffen worden, die bereits erfolgreich in den Sechzigern und Siebzigern gearbeitet hat: also beispielsweise der reife Bruce Nauman, das Spätwerk von Beuys und Warhol. Diese Künstler stellen wichtige Verbindungen zu Positionen dar, um die wir uns jetzt verstärkt kümmern.»

Der Konservator sieht seine Aufgabe darin, sich vor allem jenen Künstlern zuzuwenden, die erst in den Achtzigern zu arbeiten begonnen haben: «Das sind unter anderem Künstler, die sich bewusst mit der Veränderung von Bildsprachen auseinandersetzen, die etwa Mechanismen und Strategien der Medien zum Thema haben. Diese Arbeiten liessen sich zum Beispiel mit Bruce Nauman in Verbindung bringen; nur dass jemand, der 25 Jahre jünger ist als Nauman ganz anders mit der Medienwirklichkeit umgeht, weil er damit aufgewachsen ist. Arbeiten von Johan Grimonprez, Anri Sala oder Pipilotti Rist sind bereits Teil der Sammlung. Doch auch die klassischen, also die traditionell eher stillen Medien Malerei und Skulptur werden eine Rolle spielen.» Schwenk plant, um feste Pole der Sammlung wechselnde Präsentationen mit junger Kunst zu organisieren, denn «es gibt ältere Positionen, die auch für nachfolgende Generationen identitätsstiftend bleiben. Das ‹Ende des 20. Jahrhunderts› von Beuys gehört sicher genauso dazu wie das unglaubliche Beckmann-Konvolut im Bereich der klassischen Moderne. Ich finde es positiv, wenn eine Sammlungspräsentation in bestimmten Bereichen bewusst statisch bleibt und sich eine Art Rückgrat herausbildet. Darüber hinaus jedoch sollte es meines Erachtens auch Bereiche geben, die einem stärkeren Wechsel unterworfen sind. Dies betrifft insbesondere die zeitgenössische Kunst. Dadurch ergeben sich auch jeweils neue Dialoge mit den älteren Bestandteilen der Sammlung. Die Geschichte soll durch Konfrontationen mit der Jetztzeit lebendig gehalten werden.»

Für Schwenk ist es durchaus vorstellbar, dass die Pinakothek der Moderne an Künstler auch Auftragsarbeiten vergibt und die Produktionskosten übernimmt: «Das Erkunden und Kennenlernen des Gebäudes gemeinsam mit Künstlern stelle ich mir als eine große Herausforderung vor. Man wird dabei bestimmt Bereiche entdecken können, die eine längerfristige Installation förmlich herausfordern. Was nun zur Eröffnung der Pinakothek zu sehen ist, will er längerfristig auch nicht als verbindlich ansehen: «Das wäre eine statische Vorstellung von Museum. Zu einem lebendigen Haus gehört auch, dass man Raumerfahrungen macht, die unter Umständen ganz anders aussehen als die Planungen am grünen Tisch.»

Birgit Sonna

16. September 2002ORF.at

Besitzerstolz

Für den bayerischen Kunstminister Hans Zehetmair reiht sich das Ensemble aus Alter, Neuer und Moderner Pinakothek in eine Reihe mit den großen Museen der Welt wie Tate Gallery oder Centre Pompidou.

Für den bayerischen Kunstminister Hans Zehetmair reiht sich das Ensemble aus Alter, Neuer und Moderner Pinakothek in eine Reihe mit den großen Museen der Welt wie Tate Gallery oder Centre Pompidou.

Was modern ist, hat sich in den letzten hundert Jahren einigermaßen verändert. Dennoch gibt es eben so lange zurückliegende Pläne eine Pinakothek der Moderne in München zu errichten. Mit der festlichen Eröffnung an diesem Montag vollendete sich jetzt dieses 100-jähriges Ringen um ein Haus für die moderne Kunst. Der Wahlkämpfende Edmund Stoiber sprach im Beisein des deutschen Bundespräsidenten von einem „großen Tag für Deutschland“.

Der Neubau dem früheren Gelände der Technischen Universität schließt eine kunsthistorische Lücke. Viele der hier gezeigten Objekte fristeten jahrzehntelang in Depots ein Schattendasein, weil bisher die Ausstellungsfläche fehlte.


Die Vor-Vorgeschichte

Das griechische Wort Pinakothek steht für Bildersammlung. Der bayerische König Ludwig I. (1786-1868) führte den Namen für seine Gemäldesammlungen ein. Der Grundstein für die Alte Pinakothek wurde am 7. April 1826, dem Geburtstag Raffaels, gelegt. Der Klenzebau auf freiem Feld vor den Toren der Münchner Residenz wurde Vorbild für viele andere Gemäldegalerien. Er beherbergt heute unbezahlbare Meisterwerke von Rubens bis Dürer, Bruegel und Tintoretto.

Die Neue Pinakothek wurde 1853 für Ludwigs Sammlung zeitgenössischer Künstler errichtet. Der im Krieg zerstörte Bau wurde 1981 nach den Plänen des Münchner Architekten Alexander von Branca wiedereröffnet. Heute zählt die Neue Pinakothek zu den weltweit bedeutendsten Museen zur Kunst des 19. Jahrhunderts. Die vom Münchner Architekten Stephan Braunfels entworfene Pinakothek der Moderne, die am Montag eröffnet wurde, vereinigt vier bedeutende Sammlungen aus den Gebieten Kunst, Grafik, Architektur und Design.


Kunstkomplex

Zusammen mit den unmittelbar angrenzenden Sammlungen der Alten und Neuen Pinakothek kann die Kunststadt München nun mit einem einmaligen Museumskomplex mit Kunstwerken vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart glänzen - von Dürers Selbstbildnis bis zu Bruce Naumanns „World Peace“. Abgerundet wird das Kunstareal durch die Glyptothek, die Antikensammlungen und das Lenbachhaus.

Mit dem größten Museumsneubau Deutschlands hat Bayern laut Zehetmair ein klares Zeichen für die Kultur in schwierigen Zeiten gesetzt. Solche Worte gehen im Wahlkampf runter wie Öl. Der mit Hilfe der Privatisierung von Staatsbeteiligungen finanzierte 121 Millionen Euro teure Museumsbau sei zugleich ein Signal dafür, dass Zukunft und Kultur nicht voneinander zu trennen seien, betont der Minister.

Zum Abschluss des Festaktes enthüllten der Bundespräsident, der in der Neuen Pinakothek einen Anziehungspunkt weit über Deutschland hinaus sieht, der Ministerpräsident und der Kunstminister die mächtige Eisenskulptur „Buscando la Luz“ („Die Suche nach dem Licht“) des baskischen Bildhauers Eduardo Chillida. Die im Zentrum des Forums der drei Pinakotheken platzierte monumentale Skulptur mit ihren drei nach Licht strebenden Armen ist das letzte Werk des vor wenigen Wochen in seiner Heimatstadt San Sebastian gestorben weltberühmten Künstlers.


Tage der offenen Tür

Vom 17. September an steht das neue Haus den Besuchern offen - bis einschließlich 22. September kostenfrei von 10.00 bis 23.00 Uhr. Es werden Hauptwerke der klassischen Moderne von Paul Klee und Pablo Picasso ebenso gezeigt wie Werkkomplexe der nachfolgenden Künstlergenerationen, vertreten durch Francis Bacon, Joseph Beuys und Andy Warhol. Die aktuelle Kunst zeigt sich beispielsweise in den Videoinstallationen von Pipilotti Rist oder den Leuchtkästen von Jeff Wall. Die 400.000 Zeichnungen und Druckgrafiken reichen von Leonardo da Vinci über Paul Cézanne bis zu Künstlern der Gegenwart. Wegen der Lichtempfindlichkeit werden sie in Wechselausstellungen präsentiert.

16. September 2002ORF.at

Vier Sammlungen unter einem Dach

Bei allem Lob für die Architektur der Moderne-Pinakothek sind es doch in erster Linie die beherbergten Sammlungen, die im Zentrum des Interesses stehen.

Bei allem Lob für die Architektur der Moderne-Pinakothek sind es doch in erster Linie die beherbergten Sammlungen, die im Zentrum des Interesses stehen.

Die neue Pinakothek der Moderne in München vereinigt vier bedeutende Sammlungen aus den Gebieten Kunst, Grafik, Architektur und Design unter einem Dach. Entsprechend den vier Sammlungen wendet sich die Pinakothek der Moderne mit einem neuartigen Gesamtangebot an den Besucher, das von Gemälden über Skulpturen und Videoinstallationen bis zu Fotografien, Handzeichnungen, Architekturmodellen und Designobjekten unserer Zeit reicht.

Durch das Neben- und Miteinander unterschiedlicher kreativer Entwicklungsprozesse kann der Besucher sich über die verschiedenen Tendenzen in der bildenden Kunst, im Design und in der Architektur in einem Haus ein Bild machen und immer wieder Querverbindungen herstellen. Mit seinen Sichtachsen schließt der Neubau sogar die Kunstwerke der Alten und Neuen Pinakothek ein.


„Die Brücke“ ins 20. Jahrhundert

Die Reise durch das 20. Jahrhundert beginnt mit geretteten Meisterwerken der von den Nationalsozialisten denunzierten „entarteten Kunst“ um die Künstlergemeinschaft „Die Brücke“ mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner und Emil Nolde.

Erst vor wenigen Tagen hat das Haus mit Ernst Ludwig Kirchners „Selbstbildnis als Kranker“, eines der bedeutendsten Werke des deutschen Expressionismus', erworben. Das um 1918 entstandene Gemälde zeigt den Künstler (1880-1938) in seinem Haus in Frauenkirch bei Davos, das er nach verschiedenen Aufenthalten in Sanatorien bezogen hatte. Das Gemälde befand sich bisher schon als private Leihgabe im Bestand der Staatsgalerie moderner Kunst.


Wechselseitige Bezüge

Auf großflächigen weißen Wänden hängen die „Klassiker der Moderne“ von Wassily Kandinsky, Max Beckmann, Otto Dix und Picasso. Vom Futurismus zum Surrealismus gelangt man zu Beuys, bevor sich der Museumsraum wieder öffnet. Acht Schleifenbilder von Polke führen zum „Raum 21“, in dem John Bock (Jahrgang 1965) und Michel Majerus (Jahrgang 1967) modernste Installationen und Malerei zeigen.

Das Museum ist so konzipiert, dass ein „dialogisches Betrachten“ der Exponate ermöglicht wird. Der sonst übliche Rundgang in vergleichbaren Häusern ist durch viele Türen und Eingänge aufgebrochen. Bei Sauras „Kreuzigung“ von 1959 angekommen, kann man kurz zurückgehen zu Beckmanns „Versuchung“ (1936/37) und stößt dann auf Bacons „Kreuzigung“ von 1965 - alle Werke großflächige Triptychons, die durch die korrespondierende Anordnung in Beziehung zueinander treten und dies dem Betrachter ästhetisch vermitteln.


Der „Käfer“ im Museum

Mit über 50.000 Objekten der angewandten Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts ist der Bereich Design international führend. Gezeigt werden auch die Anfänge gestalteter Produkte von der Industriellen Revolution über Jugendstil bis zum Bauhaus. Ebenfalls zu sehen: der erste VW-Nachkriegs-Käfer, ein Holzmodell von Porsche, Sessel, Mixer und ein Stromlinien-Tatra von 1934, ein damals bahnbrechender Automobil-Prototyp.

Das Architekturmuseum, die größte Spezialsammlung ihrer Art in Deutschland, umfasst 350.000 Zeichnungen, 100.000 Fotografien und 500 Modelle, von Balthasar Neumann über Erich Mendelsohn und Le Corbusier bis zu Günter Behnisch und Shigeru Ban. „Wir wollten keinen enzyklopädischen Parforceritt durch die Kunst des 20. Jahrhunderts“, meint Sammlungsleiterin Schulz-Hoffmann wohl auch stellvertretend für ihre drei Museumskollegen, „sondern mit exemplarischen Werkschauen Fragen der Kunst im Dialog miteinander bringen“.

23. März 2002Oliver Herwig
Neue Zürcher Zeitung

Vier unter einem Dach

(SUBTITLE) Die Pinakothek der Moderne in München

Pünktlich zum Frühlingsanfang war es soweit: Die vollendete, aber noch nicht bespielte Münchner Pinakothek der Moderne konnte den Auftraggebern übergeben...

Pünktlich zum Frühlingsanfang war es soweit: Die vollendete, aber noch nicht bespielte Münchner Pinakothek der Moderne konnte den Auftraggebern übergeben...

Pünktlich zum Frühlingsanfang war es soweit: Die vollendete, aber noch nicht bespielte Münchner Pinakothek der Moderne konnte den Auftraggebern übergeben werden. Und für einen Augenblick schienen die Querelen zwischen dem Freistaat Bayern und dem Architekten Stephan Braunfels vergessen. Kultusminister Hans Zehetmair schwärmte gar von neuer kultureller Blüte. Direkt gegenüber der Alten Pinakothek rundet der Neubau das künftige Museumsquartier im Herzen Münchens ab. Zugleich geht die schon hundert Jahre dauernde Suche nach einem geeigneten Ort für die Kunst der Moderne zu Ende. Braunfels' Entwurf vereint auf fast 9500 Quadratmetern Ausstellungsfläche gleich vier bisher getrennte Museen: die Staatsgalerie Moderner Kunst, die Neue Sammlung (Design), das Architekturmuseum sowie die Staatliche Graphische Sammlung. Entsprechend vielschichtig fiel das Raumprogramm aus. Den rechtwinkligen Baukörper durchzieht eine Diagonale, die Stadt und Museumsquartier verbinden soll, aber zusammen mit der zentralen Rotunde für gewaltige Verschneidungen sorgt, die Braunfels in zwei trichterförmigen Prachttreppen aufzufangen suchte. Da verkehrt sich das rigide Programm der reduzierten Geometrien in sein Gegenteil. Beeindruckend hingegen ist die Konsequenz, mit der Braunfels störende Details verschwinden liess und für reine Kunstkuben sorgte. Denn trotz einem vergleichsweise bescheidenen Budget von 121 Millionen Euro blieb der Anspruch gewaltig. Die besten Oberlichtsäle der Welt versprach Braunfels den Münchnern. Tatsächlich fliesst das Tageslicht so weich und gleichmässig über die weissen Wände des Obergeschosses, dass es eine Freude ist. Wie die Ausstellungsmacher dies nutzen werden, wird sich allerdings erst am 13. September zeigen, dem Tag der offiziellen Eröffnung der nun dritten Pinakothek.

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