Pläne
- Längsschnitt
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Details
- Adresse
- 2570 Napanook Road, Yountville, CA 94599 Yountville, Napa Valley, Vereinigte Staaten von Amerika
- Architektur
- Herzog & de Meuron (Jacques Herzog, Pierre de Meuron)
- Mitarbeit Architektur
- Jean-Frédéric Lüscher (Projektleitung), Uli Ackva, Ines Huber, Nathalie Kury
- Bauherrschaft
- Christian Moueix, Cherise Chen-Moueix
- Fotografie
- Margherita Spiluttini
- Funktion
- Landwirtschaft
- Planung
- 1995
- Ausführung
- 1996 - 1998
Archfoto
Genereller introtext zu Archfoto der von nextroom geschrieben wird.
Presseschau
Wo der Wein daheim ist
Dank blumiger Preise und würziger Nachfrage können sich Weingüter weltweit exquisiteste Architekturen leisten. Eines der beeindruckendsten Beispiele für ein neues Corporate Design eines Weinhauses steht in einem kalifornischen Rebgarten.
Dank blumiger Preise und würziger Nachfrage können sich Weingüter weltweit exquisiteste Architekturen leisten. Eines der beeindruckendsten Beispiele für ein neues Corporate Design eines Weinhauses steht in einem kalifornischen Rebgarten.
Mitten im kalifornischen Napa Valley - bekanntlich weder die kärglichste, noch die ärmste, noch die häßlichste Gegend der Welt - befindet sich ein Gebäude, das in seiner äußeren Erscheinung als wohlgeordneter Haufen bräunlicher Gesteinsbrocken beschrieben werden kann. 100 Meter lang. 25 Meter breit. Neun Meter hoch. Von einem so gut wie unsichtbaren Stahlkäfig adrett in Form gehalten. Ohne Fenster. Nur ebenerdig mit zwei beeindruckenden Ausschnitten in der Form von Panoramapostkarten versehen.
Wir befinden uns nicht vor einem zeitgenössichen Hünengrab oder einer Land-Art-Skulptur, sondern vor der außergewöhnlichen Kelter- und Lagerstätte eines der begehrtesten Weine Kaliforniens, nämlich vor der im Vorjahr fertiggestellten „Dominus Winery“.
Wie einige andere internationale Spitzenwinzer auch entpuppten sich die Dominus-Chefs Christian Moueix und Cherise Chen-Moueix als potente Bauherren, die ihren Weinen nun auch über Design und Architektur das entsprechende Image verpassen. Es muß eben nicht immer die altmodische Traditionsvariante sein: Der Spanier Ricardo Bofill baute für Lafite-Rothschild einen überaus inszenierten Weintempel in Pauillac. Der Italiener Alberto Cecchetto errichtete eine kleine High-Tech-Weinstadt für die italienische Weingenossenschaft Mezza-Corona. Der Spanier José Rafael Moneo plant gerade für die Bodega Chivite in Navarra eine neue Kellerei, und auch Guggenheim-Bilbao-Erbauer Frank O. Gehry, Kanadier mit Büro in Kalifornien, sitzt für die Weinmacher von Herederos de Marqués Riscal gerade am Zeichentisch.
Die französischen Chateaux mit ihren Türmchen und Erkern, als altertümliche Federzeichnungen gerne Markenzeichen auf den Etiketten der edlen Roten aus Bordeaux, bekommen Konkurrenz durch prominente neue Weinarchitekturen wie die Dominus-Steinbox in Kalifornien.
Tief im kühlen Inneren dieses außergewöhnlichen Wein-Schreins ruht und reift das begehrte und selbstverständlich nicht preisschwache Tröpferl in französischen Eichenfässern, und auch die Besitzer des Weingutes selbst stammen aus der guten Alten Welt: Christian Moueix ist Sproß einer der traditionsreichsten französischen Weindynastien. Er hat zwischen den Rebstöcken rund um Chateau Pétrus in Bordeaux laufen gelernt, und dort wächst - schon seit mehreren Jahrhunderten natürlich - einer der legendärsten und teuersten Rotweine der Welt. Ein Flascherl Pétrus kommt auf durchschnittlich 8000 Schilling - allerdings nur für Stammkunden, und andere gibt's praktisch nicht.
Während sich das gute, alte französische Stamm-Chateau in Bordeaux äußerlich hinter der netten, ländlichen Unscheinbarkeit eines altmodischen Provinz-Winzerbetriebs verbirgt, hat der jugendliche Ableger in Kalifornien mit seinem markanten, im krassen Gegensatz zu den benachbarten Neubarock-Weingütern stehenden Architekturprofil binnen kürzester Zeit die Corporate Identity des Betriebs geprägt.
Das Haus verströmt den kühlen, angenehmen Duft der großen, überlegten und hochintelligenten Spitzenarchitektur. Die ist nicht aufdringlich, aber auffällig. Sie gibt sich nicht protzig, aber eindrucksvoll. Sie überrascht und entzückt all jene mit Atmosphären und Details, die sich unvoreingenommen darauf einlassen wollen.
„Wer sind diese Alchemisten, die hier Stein in Spitze verwandelt haben?“ lobhudelte die New York Times anläßlich der Dominus-Eröffnung und bedankte sich schriftlich bei den Schweizer Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron dafür, „high-style European architecture“ nun endlich auch in das Napa Valley exportiert zu haben, wo die Weinbauherren bislang eher dem europäisierenden Pseudoschlößchenstil nachhingen.
Die Steinarchitektur der Baseler Baukünstler macht dabei nicht nur optisch was her. Daß das Konzept der betriebsinternen Logistik entspricht, ist für gute Architektur ohnehin selbstverständlich, daß die großen Stein-Puffermassen das Gebäudeinnere während flirrend heißer Tage und sehr kühler Nächte temperieren, ist ein zusätzliches Zuckerl. Die Architektur macht Dominus nicht nur zur markantesten Winery in ganz Kalifornien, sondern auch zur einzigen, die ohne Klimaanlage auskommt. Und für kräftige PR weit über Branchengrenzen hinaus hat der Bau ohnehin gesorgt. Die Pläne der Kollegen für die Konkurrenz dürfen mit Spannung erwartet werden.
Lager und Labor
(SUBTITLE) Die Dominus Winery bei Yountville im Napa Valley
Über die Bay Bridge geht die Fahrt von San Francisco aus Richtung Norden; nach einer knappen Stunde ist Napa erreicht. Wie Perlen an einer Schnur reihen...
Über die Bay Bridge geht die Fahrt von San Francisco aus Richtung Norden; nach einer knappen Stunde ist Napa erreicht. Wie Perlen an einer Schnur reihen...
Über die Bay Bridge geht die Fahrt von San Francisco aus Richtung Norden; nach einer knappen Stunde ist Napa erreicht. Wie Perlen an einer Schnur reihen sich die Weinorte mit ihren klangvollen Namen im gleichnamigen Valley; das kalifornische Weinanbaugebiet gilt als touristische Attraktion ersten Ranges. Manche der Weingüter sind zu besichtigen, locken mit Degustationen die Besucher; für die Pegasus Close Winery hat Michael Graves bei Calistoga ein Ensemble in der Art eines neoklassizistischen Pasticcio errichtet. Derlei hat die Dominus Winery nicht nötig. Die Erzeugnisse von Christian Moueix, Spitzenprodukt der Region, finden auch so den Weg zu den - häufig in Europa ansässigen - Kunden.
Am nördlichen Rande von Yountville gelegen, ist die Dominus Winery weder Schaukellerei noch Degustationsstube, sondern Lager und Labor. So befleissigt man sich distinguierter Distanz: Ungebetene Besucher werden schon durch Hinweisschilder am Highway 29 abgeschreckt, den gekurvten Weg zu dem inmitten der Rebfelder befindlichen, breitgelagerten Gebäude einzuschlagen, dem ersten Gebäude, das Herzog & de Meuron in den USA realisieren konnten. Dunkelgrau zeichnet sich der langgestreckte Körper vor der sanften Hügelkulisse ab, erscheint des dunklen Farbtons wegen eher als Fläche oder Mauer denn als raumhaltiges Volumen. Das Innere ist streng funktional organisiert und gemäss dem Prozess der Weinherstellung gegliedert: ein Raum mit grossen Chromstahlbehältern für die erste Phase der Fermentierung, ein Barrique-Keller mit Eichenfässern und Degustationstisch, ein Flaschenlager; über dem Barrique-Keller Räumlichkeiten für Verwaltung und ein kleines Labor. Stahl und Beton bilden die Hüllen der axial angeordneten Bereiche. Nichts Spektakuläres also, wäre da nicht die steinerne Verkleidung, durch welche die drei Bauteile zu einem kompakten, von Ferne monolithisch wirkenden Kubus vereint werden. Zwei Durchfahrten trennen die funktionalen Einheiten und ermöglichen den Durchblick durch das Gebäude auf die hinter der Winery befindlichen Rebhänge.
Die nachgerade geniale Idee der Architekten bestand darin, den dunkelgrauen, leicht ins Grünliche changierenden Basalt nicht zu vermauern, sondern wie monumentales Granulat in sogenannte Gabions zu füllen, quaderförmige Drahtgitterkäfige, die üblicherweise zur Befestigung von Strasseneinschnitten Verwendung finden, hier aber, an Stahlgerüsten befestigt, die äussere Hülle des Bauwerks bilden. Die nicht geschichteten oder gefügten, sondern geschütteten Steinmassen bewahren das Innere vor den starken Temperaturschwankungen Kaliforniens und erlauben es, auf eine aufwendige Klimatisierung zu verzichten; Vor Fensteröffnungen wurden ungefüllte Gabions versetzt, und auch die eingeschnittenen Terrassen vor den Verwaltungsräumen sind mit den Drahtkäfigen umgeben, um den Eindruck des stereometrischen Volumens nicht zu stören.
Die wohl eindrücklichste Perspektive bietet der Blick durch die von hängenden Schürzen aus Gabions überfangenen Durchfahrten. Das Tageslicht fällt gedämpft durch das Sieb der Steine hindurch, die ins Schweben zu geraten scheinen. Faszinierend ist die Tatsache, dass sich die üblichen Relationen von Leichtigkeit und Schwere, Fragilität und Massigkeit umkehren. Seiner traditionellen architektonischen Funktion entkleidet, Mauern zu bilden und Massen abzutragen, ist der Stein nur mehr er selbst; der konstruktive Part scheint an die Drahtgitterelemente delegiert. Erst aus weiterer Ferne werden die Gitternetze unsichtbar, verdichten sich die Steinbrocken optisch zur Mauer.