Pläne

Details

Adresse
Rennweg 97-99, 1030 Wien, Österreich
Mitarbeit Architektur Architektur Consult
Peter Kaschnig (PL), Christian Halm (PL), Thomas Schwed (PL), Michael Bieglmayer, Martin Flatz, Helmut Frötscher,Sandra Harrich, Gregor Kassl, Markus Klausecker, Karin Köberl, Jan Kokol, Patrick Krähenbühl, Birgit Krizek, Alexander Kunz, Peter Liaunig, Robert Mölzer, Elke Nicolaus, Gerhard Pfeiler, Nicole Rumpler, Katharina Schneiter, Hannes Schwed, Roland Thierrichter, Oliver Ulrich, Ralf Wanek, Johannes Weigl, Heribert Wolfmayr, Rainer Wührer
Mitarbeit Architektur Domenig & Eisenköck
Domenig, Eisenköck, Peyker
Bauherrschaft
mm Liegenschaftsbesitz GmbH
Fotografie
Paul Ott
Weitere Konsulent:innen
Axis, FOB, Helm Korschinek & Partner, Büro Prause, Pauser, Scholze Ingenieurgesellschaft, TBE Eipeldauer, Traffico, Neumann & Partner, ZFG
Planung
2002
Ausführung
2002 - 2004
Baukosten
220,0 Mio EUR

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

09. Juli 2006Christian Kühn
Spectrum

Alle auf einen Blick

Hier das T-Center in Wien, ein Raumgedicht, übersetzt in die harte Prosa des Büroalltags. Dort ein Bürogebäude im Tiroler Stans, mit einem Innenraum, der einer Landschaft gleicht. Was sie gemeinsam haben: Sie teilen sich den Staatspreis für Architektur.

Hier das T-Center in Wien, ein Raumgedicht, übersetzt in die harte Prosa des Büroalltags. Dort ein Bürogebäude im Tiroler Stans, mit einem Innenraum, der einer Landschaft gleicht. Was sie gemeinsam haben: Sie teilen sich den Staatspreis für Architektur.

Unterschiedlicher könnten die bei den Projekte kaum sein, die sich heuer den Staatspreis für Architektur teilen: Das T-Center in Wien St. Marx, Sitz der Großunternehmen T-Mobile und T-Systems, geplant vom Architektenteam Domenig/Eisenköck/Peyker, und das Verwaltungsgebäude des Reiseveranstalters Travel Europe in der kleinen Tiroler Gemeinde Stans, geplant von den Vorarlberger Architekten Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf. Auf der einen Seite eines der größten Bürogebäude Österreichs mit einer Länge von über 250 Metern und einer Nutzfläche von rund 120.000 Quadratmetern, eine monumentale Skulptur, die eine Höhe von 60 Metern erreicht. Auf der anderen Seite ein eingeschoßiges, ruhiges Gebäude für 120 Mitarbeiter, das auf schlanken Stahlstützen ganz selbstverständlich über dem Gelände zu schweben scheint.

Das T-Center muss an dieser Stelle nicht lange vorgestellt werden: Es ist das Produkt einer höchst individuellen Architektursprache, eine Übertragung von Günther Domenigs Steinhaus vom Ossiacher See nach Simmering, vom empfindsamen Raumgedicht in die harte Prosa des Büroalltags. Die Ausnüchterung hat dieser Sprache durchaus nicht geschadet. Was an Poesie verloren geht, macht das Projekt durch Dimension und Dramatik mehr als wett. Sicher: Es gibt gemütlichere Bürohäuser, in denen sich besser Sonntagsreden darüber halten lassen, dass der Mensch im Mittelpunkt stünde. Hier ist es das System. Menschen sind in dieser Umgebung auf der Durchreise, vielleicht in die Chefetage, vielleicht zum nächsten Job. Den Architekten ist es geglückt, diesen Bedingungen nicht mit einem neutralen, im besten Fall adrett eingekleideten Hochhaus zu begegnen, sondern mit einem einzigartigen Baukörper, einigen der stärksten Innenräume Wiens und mit einer trotz aller Monumentalität sensiblen Anbindung ans lokale Umfeld mit seinen denkmalgeschützten Markthallen.

Ganz andere Bedingungen haben das Gebäude von Travel Europe in Stans geformt. Es symbolisiert einen Wendepunkt in der Geschichte eines mittelständischen Unternehmens. Noch unter dem Namen „Tirol Hotels“ hatte Travel Europe vor 20 Jahren mit der Vermittlung von Reisen nach Tirol begonnen. Innerhalb weniger Jahre gelang es den Firmeneignern, den Brüdern Anton und Helmut Gschwentner, die Aktivitäten des Unternehmens auf ganz Österreich und in der Folge auch auf die Nachbarländer, allen voran Tschechien und Ungarn, auszudehnen. Inzwischen bietet Travel Europe Reisepakete in ganz Mittel- und Osteuropa sowie in Südosteuropa an und verfügt außer der Zentrale in Stans über acht weitere Büros in verschiedenen europäischen Ländern. Die neue Firmenzentrale sollte diesen Aufbruch auch räumlich vermitteln, nicht zuletzt an die Mitarbeiter. Deren Geschäftspartner - zum überwiegenden Teil andere Reiseveranstalter, denen Travel Europe komplette Pakete von Fernreisen zum Weiterverkauf anbietet - sind in europäischen Großstädten angesiedelt. Um mit diesen Kunden auf einer Augenhöhe verhandeln zu können, sollte die Atmosphäre der neuen Firmenzentrale den neuesten Bürostandards in Paris oder Hamburg entsprechen, eingebettet allerdings in eine Erholungslandschaft, von der man in der Großstadt nur träumen kann.

Die Brüder Gschwendtner entschieden sich für einen Architekturwettbewerb mit einer kleinen Zahl von geladenen Büros. Bei der Auswahl der Büros und der Fachpreisrichter in der Jury ließen sie sich vom Architekten Andreas Orgler beraten, besichtigten aber auch selbst Referenzprojekte, unter anderem das Gebäude der „Montfort Werbung“ in Klaus in Vorarlberg von Oskar Leo Kaufmann. Im Wettbewerb, zu dem sechs Architekten geladen waren, setzte sich Kaufmann mit einem Entwurf durch, der die Ideen dieses Referenzprojekts weiterführt. Alle Büroräume liegen auf einer Ebene, darunter ein offenes Parkgeschoß für die PKWs der Mitarbeiter, darüber ein Dachgarten als Erholungszone. Der annähernd quadratische Grundriss von rund 50 mal 40 Metern ist von drei Lichthöfen durchbrochen,

Was auf den ersten Blick wie ein neutraler Großraum aussieht, ist in Wirklichkeit eine fein abgestufte, aber dennoch flexibel nutzbare Raumfolge. Das Dach folgt mit einem leichten Knick dem Gefälle des Hangs, wodurch sich im Inneren größere Raumhöhen im Eingangsbereich und eine zusätzliche Belichtungsmöglichkeit durch ein Lichtband ergeben. Weil auch die Niveaus im Inneren leicht differenziert sind, kommt nirgendwo das Gefühl auf, in einer einfachen Glaskiste zu sitzen. Der Raum gleicht eher einer Landschaft, ein Eindruck, der durch die Innenwände und Fassaden aus Glas verstärkt wird. „Wenn ich morgens das Büro betrete“, berichtet ein Mitarbeiter, „sehe ich sofort die ganze Firma, alle Kollegen auf einen Blick.“ Die Glaswände schließen wenige Einzel- und viele Gruppenbüros ab und bieten dazwischen noch genug Freiräume für informelle Besprechungen.

Kaufmann und Rüf, 1969 beziehungsweise 1968 geboren, haben mit diesem Projekt nicht zuletzt ihre Meisterschaft als Konstrukteure unter Beweis gestellt. Nach seinem Studium an der Technischen Universität Wien ist Kaufmann mit innovativen, präfabrizierten Holzbauten bekannt geworden. Seine jüngeren Projekte sind nicht mehr auf ein Material fixiert und haben auch die strengen Raster der konventionellen Vorfertigung elegant hinter sich gelassen. Im Travel-Europe-Gebäude finden sich mehrere präzise getaktete Achsmaße. Konstruktiv handelt es sich um eine Mischung aus einem Stahlbau mit einer neuartigen Betondecke, in die große Kunststoffbälle als verlorene Schalung eingelegt sind, um die Konstruktion leichter zu machen und die Wärmedämmung zu erhöhen. Man darf gespannt sein, ob es Kaufmann und Rüf bei ihrem ersten Wiener Projekt, einem „Boarding House“ für die Lenikus Bauträger Ges.m.b.H. in prominenter Lage am Hohen Markt, für das sie 2005 den Wettbewerb gewannen, gelingen wird, dieses Niveau zu halten.

Sicher hätte in Stans auch ein weniger anspruchsvolles Gebäude ausgereicht, um Büroraum für Travel Europe zu schaffen. In einer Branche, deren wichtigstes Kapital kompetente und motivierte Mitarbeiter sind, dürften die vergleichsweise geringen Mehrkosten aber gut angelegt sein. In diesem Gebäude signalisiert jedes Detail, dass die Menschen, die hier arbeiten, ihr Bestes geben, um ganz vorne mitzuspielen. Weniger kann man sich im globalen Wettbewerb wahrscheinlich gar nicht mehr leisten.



verknüpfte Bauwerke
Travel Europe

04. Juli 2006Wojciech Czaja
Der Standard

Haus formt Mensch

Der Staatspreis für Architektur wurde heuer ausnahmsweise doppelt verliehen: für das T-Center in St. Marx vom Team Domenig-Eisenköck-Peyker; und für das Verwaltungsgebäude der Travel Europe in Tirol von Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf.

Der Staatspreis für Architektur wurde heuer ausnahmsweise doppelt verliehen: für das T-Center in St. Marx vom Team Domenig-Eisenköck-Peyker; und für das Verwaltungsgebäude der Travel Europe in Tirol von Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf.

Jubel und Applaus im Semperdepot. Am gestrigen Montagabend wurde durch Bundesminister Martin Bartenstein der Staatspreis für Architektur 2006 verliehen. Die Auszeichnung, die im Abstand von zwei Jahren verliehen wird, richtete sich heuer an Gebäude für Büronutzung, Verwaltung und Handel, insbesondere mit dem Fokus auf „Neue Arbeitswelten“- so der Titel der diesjährigen Ausschreibung.

Das Rennen blieb diesmal zugunsten zweier erster Preise unentschieden. In Wien kommt das T-Center in St. Marx von Domenig, Eisenköck, Peyker (Architek-tur Consult) zum feierlichen Zug, im tirolerischen Stans wurde das Verwaltungsgebäude der Travel Europe (Architekten Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf) ausgezeichnet.

„Eine Entscheidung zugunsten eines der beiden Projekte ist der Jury deshalb so schwer gefallen, weil die Rahmenbedingungen nicht unterschiedlicher sein könnten“, erklärt die hochkarätig besetzte Jury aus Architekten und Funktionären des Ministeriums, „das T-Center ist ein Projekt im großstädtischen Kontext und entsprechendem Maßstab, das Travel-Europe-Gebäude ein vergleichsweise kleines Objekt in einem dörflichen Umfeld.“

Kaffee statt Anonymität

Winston Churchill sagte einst: "Zuerst gestalten wir unsere Gebäude und dann formen sie uns."Das gilt auch für Unternehmen, ganz gleich ob dies nun der Telefonie-Gigant T-Mobile ist oder das mittelgroße Reiseunternehmen Travel Europe. Das T-Center in St. Marx, das sich über einen Viertelkilometer Länge erstreckt, ist ein seltener Beweis dafür, dass derartige Dimensionen nicht immer in architektonischer Kreativlosigkeit enden müssen. Architekt Günther Domenig über seinen Koloss an der Südost-Tangente: „Dieser Flügel gehört mir!“

Das gigantische Flaggschiff besticht durch einen großzügigen Innenhof und eine breite Freitreppe, die ihre Angestellten allmorgendlich empfängt. So knallt man nach dem erreichten Haupteingang nicht etwa gleich auf den Liftblock, über den man anonym in seine Bürozelle schlüpft, sondern gelangt zuerst auf eine Ebene, die allein der Erschließung und Kommunikation dient. Hier können Besprechungen und Präsentationen genauso wie der Kaffeetratsch dazwischen abgehalten werden. Außerdem werden hier auf dezentrale Art und Weise 2500 Menschen auf 11 Stiegenhäuser und 23 Aufzüge verteilt.

Ganz anders die Situation in Stans. Der Neubau ist die notwendig gewordene Hülle für ein Reiseunternehmen, das nach 20-jährigem Bestehen und Expandieren nun aus allen Nähten platzte. Das Gebäude von Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf ist ein auf der Höhe der Zeit stehendes Objekt, wenn nicht sogar seiner Zeit voraus. Wo sonst werden 130 Mitarbeitern weitläufige Büros, eine Arbeitsstätte mit baumbepflanzten Atrien und eine voll nutzbare Dachterrasse als Pausenzone geboten?

Auslober des Staatspreises ist das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich, mit der Architekturstiftung Österreich, mit dem Bundeskanzleramt sowie der Bundeskammer für Architekten und Ingenieurkonsulenten. Preisgeld gibt es keines. Aber eine handsignierte Urkunde des Ministers.



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Travel Europe

31. Januar 2004Oliver Elser
Der Standard

Der Dinosaurier an der Autobahn

Domenig und Eisenköck stemmen T-Mobile in den Himmel über der Südosttangente

Domenig und Eisenköck stemmen T-Mobile in den Himmel über der Südosttangente

Es gibt Projekte, da ist es angemessen, ja sogar notwendig, von einem der Grundsätze der Architekturkritik abzuweichen, der da lautet, dass ein Gebäude erst fertig gestellt und bezogen sein muss, bevor darüber berichtet wird. Es wäre zu schade, nicht jetzt dazu aufzufordern, hinaus nach St. Marx zu fahren und mit eigenen Augen zu sehen, wie sich der große, kantige Körper des Hauses aus den umgebenden Baugerüsten herauslöst. Es braucht den Maßstab der Arbeiter, der Kräne und der Baucontainer, um wirklich zu verstehen, wie gewaltig die Anstrengung ist, ein Haus so kühn in den Himmel zu stemmen.

Aber neigen nicht auch Architekten dazu, sich auf der Baustelle am wohlsten zu fühlen, umgeben von rohen Betonmassen, die ihnen die Kernform, das blanke Skelett des Hauses zeigen? Es gibt ja genügend Beispiele für eine ausgeprägte Rohbau-Fixierung, angefangen bei den „Haut und Knochen“-Hochhäusern eines Mies van der Rohe über die „brutalistischen“ Bauten Le Corbusiers (von franz. „brut“, also: roh, unbehandelt) bis zu den samtigen Betonkuben Tadao Andos und - ja eigentlich auch bis hin zum Steinhaus, dem Opus Magnum Günther Domenigs. Es ist unmöglich, auf der Baustelle für die T-Mobile-Zentrale nicht an das Steinhaus zu denken.

Doch das wäre eine tückische Referenz. Das Steinhaus ist eine Pretiose, eine mit Sorgfalt und schier unermesslichem Aufwand errichtete Privatangelegenheit, deren Bau sich über Jahrzehnte erstreckt hat und noch immer nicht abgeschlossen ist. Ein gebautes Manifest, wahrhaftig „brut“ und ohne Kompromisse. Die waren bei der T-Mobile-Zentrale nicht zu vermeiden. Dort wird der Beton an einigen Stellen in ein Mäntelchen aus Thermoputz gepackt, das beim Dagegenklopfen klingt wie ein leerer Pappkarton, sei es auch noch so viel Beton, der da im Inneren vor der angreifenden Kälte verborgen werden musste.

Aber mit dem Finger in der unvermeidlichen Dämmschicht zu bohren, die von den Architekten gehasst, aber zum Wohle der Allgemeinheit sehr zu Recht gefordert wird, kann nicht die Herangehensweise sein, einem Projekt wie diesem gerecht zu werden.

Das Haus ist zu allererst ein Drama der Baumassen. Davon können sich seit Monaten die Autofahrer auf der Südosttangente überzeugen. Ein niedriger Teil entlang des Rennwegs weicht von der Autobahn zurück, zuckt nach oben, fährt wieder hinunter, vollzieht eine Kehrtwende und stößt dann in Form einer weit in den Himmel ragenden Klippe wieder zur Hochstraße zurück. Das Ganze in Gestalt eines dunklen Bandes, das der Inbegriff einer seriösen Bürokiste sein könnte, wäre es nicht auf höheren Befehl hin derart in Ekstase geraten. Das Band lagert auf gedrungenen Betonfüßen. Nicht bloß aus der formalen Lust heraus, die schwarze Büromasse wie auf Fingerspitzen zu balancieren, sondern auch, weil das Haus im Erdgeschoss so offen wie möglich sein sollte, um dem dahinterliegenden Schlachthofareal als Torgebäude zu dienen. Dies wurde bei der Überarbeitung des Entwurfs zum Teil durch den Wunsch des Bauherren revidiert, hier mehr Büroflächen einzupassen.

Der Durchgang ist nun als breite Schneise angelegt, die den spektakulären, von T-Mobile genutzten Teil von der konventionell gebauten T-Systems-Zentrale trennt. Der Grund für diese auffallende Hierarchisierung liegt in der Geschichte des Projekts. Zunächst, da hieß das Mobilfunkunternehmen noch Max.mobil, ging es darum, lediglich die in Wien verstreuten Büroflächen zusammenzuschließen. Die Firma Architektur Consult, das Gemeinschaftsunternehmen von Günther Domenig und Hermann Eisenköck, wurde mit der Suche nach geeigneten Grundstücken beauftragt. Auch ob es ein Hochhaus oder doch ein Büroriegel werden sollte, war noch offen. Mit der Entscheidung für das verkehrsgünstig an der Flughafentrasse der S-Bahn gelegene Grundstück kam dann auch der Direktauftrag an die Architekten: Die Firmenzentrale plus weitere, frei vermietbare Flächen, an denen dann später die IT-Tochter der Deutschen Telekom, T-Systems, Interesse zeigte. Ein Wagnis, wenn man bedenkt, dass die Architektur Consult bis dahin kein Projekt dieser Größenordnung realisiert hatte. Aber der Vorstand von max.mobil wollte unbedingt Domenig und Eisenköck, und die Architektur Consult war bereit, das Gebäude zu den Kosten eines normalen Bürobaus abzuwickeln. Daran hatte auch der zwischengeschaltete Projektentwickler ein vitales Interesse, denn die beiden T-Unternehmen sind offiziell nur Mieter und die Immobilie müsste im Zweifelsfall auch auf dem freien Markt bestehen können.

Es dürfte auch dem Laien klar sein, dass ein schräges Haus mehr kostet als ein rechtwinkliges, auch wenn es vielleicht wegen der überdurchschnittlichen Architektur etwas höhere Mieten erzielt. Aber es bleibt das Geheimnis der beteiligten Unternehmen, wie sie es geschafft haben. Die Architekten, so viel steht fest, haben daran nichts verdient. Trotz straffen Managements und bei maximaler Verwendung vorgefertigter Elemente, etwa an der Fassade, sind die reinen Planungskosten, also die Zeit, die ein junger Architekt tüftelnd am Computer verbringt und klärt, wie zwei schräge Ebenen zusammenkommen, so immens, dass der Gewinn dabei draufgeht.

Da hilft es auch nichts, dass das Haus trotz seiner mehrfach geknickten Form mit relativ einfachen, horizontalen Büroebenen gefüllt ist und die meisten Fassaden lotrecht stehen.

Gut, auch ein Frank Lloyd Wright war bisweilen so knapp bei Kasse, und da hatte er schon Wegweisendes gebaut, dass er für die seinerzeit enorme Summe von 100 Dollar pro Stunde Entwurfskorrekturen bei weniger begnadeten, aber finanziell erfolgreicheren Kollegen geben musste. Geld haben die wenigsten wirklich guten Architekten, selbst der oft als Turbokapitalist gescholtene Rem Koolhaas war schon pleite. Aber trotzdem bleibt die Frage, was das Gebäude eigentlich jenseits seiner wahrhaftig grandiosen Großform zu leisten imstande ist. Nicht in einem ökonomischen Sinne, also ob es „sich rechnet“ (rechnet sich denn der Stephansdom?), sondern ob es in irgendeiner Weise die Architektur voranbringt. Da fiele einem zum Stephansdom doch einiges ein.

Das T-Center hat da weniger zu bieten. Aus seiner Gestalt schlägt kein Funke, der das starke Formwollen der Architekten auf eine andere Ebene hebt und dem Gebäude eine höhere Plausibilität verleiht. Das Haus kann eigentlich kaum etwas, das ein normales Bürogebäude nicht auch bietet. Abgesehen davon, dass es in einigen Büros wegen der schrägen Decken größere Raumhöhen gibt und die Büroflure wegen des unregelmäßigen Baukörpers jeweils unterschiedlich geschnitten sind.

Man erwartet aufgrund der Form einen Mehrwert, doch der Mehrwert ist die Form selbst. Was haben die Architekten der letzten Jahre sich bemüht, um zu zeigen, was ein Bürobau alles sein kann, haben Decken aufgebrochen, Gärten angelegt, ganze Wohnzimmerausstattungen in die Büros verpflanzt, sich an Klimakonzepten totgerechnet und scheinbar immer wieder alles auf den Kopf gestellt. Hier am Rennweg ist davon nichts zu spüren. Da steht nun ein Dinosaurier, der eine glänzende Figur macht, doch das kann unmöglich alles sein.

03. Juli 2003Thomas Trenkler
Der Standard

Eine liegende Skulptur, die abhebt

Derzeit ist das Areal rund um den ehemaligen Schlachthof St. Marx ziemlich devastiert. Aber nicht mehr lang: Derzeit wird am Rennweg das beeindruckende T-Center errichtet, das als Initialprojekt für die Revitalisierung gilt.

Derzeit ist das Areal rund um den ehemaligen Schlachthof St. Marx ziemlich devastiert. Aber nicht mehr lang: Derzeit wird am Rennweg das beeindruckende T-Center errichtet, das als Initialprojekt für die Revitalisierung gilt.

Der mächtige „Flügel“, eine Konstruktion aus Stahl und Glas, die über 800 Tonnen wiegt, ragt zwar noch nicht aus dem Gebäude am Rennweg, das gegenwärtig als das größte Bürohausprojekt von Wien bezeichnet wird. Aber auch ohne diesen schräg aufsteigenden Baukörper wirkt das T-Mobile-Center, das in rund einem Jahr fertig gestellt sein soll, durchaus imposant.

Schließlich wurden auf einer Grundstücksfläche von 26.000 Quadratmetern bisher 80.000 Kubikmeter Beton und 8000 Tonnen Stahl verbaut. Die neue Zentrale des Mobilfunkunternehmens ist aber kein Hochhaus (auch wenn es mit seinen elf Stockwerken laut Bauordnung als solches gilt): Günter Domenig, dem Architekten, schwebte eine „liegende Skulptur“ vor - als Gegensatz zu den Wolkenkratzern auf der Donauplatte, die er leicht abfällig als „Projekte der Eitelkeit“ bezeichnet.

Eigentlich ist dieses zwar riesige, aber doch verwinkelte und zum Teil auf Gabelstützen stehende Gebäude eine Gemeinschaftsarbeit zusammen mit Hermann Eisenköck, seinem Partner, der den Auftrag an Land zog. Aber von Domenig, dem alten Fuchs aus Kärnten, der seit den 60er-Jahren mit seinen Entwürfen Furore macht (beispielsweise das Z-Gebäude in der Favoritenstraße), stammt die genialische Skizze. Und daher sagt er stolz: „Dieser Flieger gehört mir!“ Denn eine Wirkung durch Höhe zu erzielen sei einfach; schwierig hingegen sei es, eine ähnliche in der Horizontalen hervorzurufen.


220 Millionen Euro

Und man glaubt es kaum: Das Gebäude - die Gesamtkosten inklusive Grundstück, Planung und Errichtung liegen bei rund 220 Millionen Euro - kommt trotz der architektonischen Besonderheiten nicht teurer als ein massiver Turm. Denn es sind weder platzraubende Versorgungsschächte noch aufwändige Brandschutzmaßnahmen nötig. Daher setzen die Bauherrn den Entwurf auch ohne Veränderungen um: Die Architekten zollten ihnen für den Mut bei der Pressebegehung, die am Dienstag stattfand, hohes Lob.

Das T-Center soll aber nicht nur eine Büroburg (58.000 Quadratmeter, 3000 Arbeitsplätze) sein: Geplant sind auch ein Hotel, Geschäfte und andere öffentliche Einrichtungen. Für Eisenköck war es wichtig, „urbanen Raum“ zu schaffen. Denn direkt hinter der Skulptur mit seiner innenliegenden Plaza liegt die gusseiserne Schlachthofhalle St. Marx, die gegenwärtig ein Bild des Jammers bietet. Diese zu revitalisieren ist ein Anliegen der Stadt - und die Zentrale von T-Mobile dient sozusagen als Initialzündung für die Aufwertung des gesamten Areals.

Dem Megaprojekt stand man daher von Anfang an (2000) äußerst positiv gegenüber: Domenig und Eisenköck sind noch immer verwundert, wie schnell alles ging: „Die Verhandlungen waren im Zeitraum, den man in der Regel für ein Einfamilienhaus benötigt, abgeschlossen.“

Auch für St. Marx haben sich die beiden Gedanken gemacht (Indoor-Flaniermeile mit Shops und Büros). Eine Entscheidung steht aber noch aus. Den Vorwurf, man habe die Halle wegen des T-Centers zu zerstören begonnen, weist Eisenköck zurück: Abgerissen werden sollte nur die zwei Jahrzehnte später errichtete Erweiterung. „Es war an sich akkordiert, die Halle auf die originalen Proportionen von 1892 zurückzuführen.“ Die ersten Achsen waren ohnedies der Südosttangente zum Opfer gefallen.

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