Seit einigen Jahren werden in fast allen österreichischen Bundesländern Holzbaupreise vergeben. proHolz Austria prämierte dieses Jahr erstmals, in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien und dem Architekturzentrum Wien, auch in der Bundeshauptstadt herausragende Holzbauten.
Im Rahmen der am Freitag, den 21. Oktober 2005 erfolgten Preisverleihung im Architekturzentrum Wien, ziehen Auslober und Kooperationspartner eine positive Bilanz.
40 Einreichungen vorwiegend im Wohnbau
Sowohl die Anzahl der Einreichungen als auch die Qualität der prämierten Projekte konnte sich sehen lassen. Insgesamt wurden 40 Projekte eingereicht, davon allein die Hälfte in der Kategorie „Wohnbau“. Es ist daher kein Zufall, dass sämtliche der sieben Preise an Wohnbauten gingen. Die hohe, architektonische Qualität war hier mit Abstand am Dichtesten, sodass sich die fünfköpfige Jury mit ihrer Entscheidung entsprechend schwer tat.
Im Bereich des mehrgeschossigen Wohnbaus wurden die Gartensiedlung „Am Hofgartel“ in Wien Simmering und der viergeschossige Holzwohnbau „Spöttlgasse“ in Wien Floridsdorf mit Preisen ausgezeichnet. Bei der Gartensiedlung „Am Hofgartel“ handelt es sich um einen Mischbau, bei dem vorgefertigte Holzleichtbau-Außenwände als Sekundärkonstruktion auf ein Stahlbetonskelett aufgebaut wurden. Mit dem Wohnbau in der Spöttlgasse wurde der erste viergeschossige Holzwohnbau in Wien wegen seines mutigen und pionierhaften Ansatzes ausgezeichnet. Er gilt als Wegbereiter für künftige Projekte im städtischen Holzbaubereich.
Weiters wurden eine Reihenhausanlage sowie vier Einfamilienhäuser, bei denen das Material Holz entsprechend seiner Funktionalität ausgesprochen kreativ und vielfältig zur Anwendung kam, prämiert (siehe Liste Preisträger).
Auszeichnungen erhielten weitere sechs Projekte: ein verdichteter Wohnbau in Breitenlee, ein Kindergarten, ein Kleingartenhäuschen, der Erdberger Steg über den Donaukanal sowie die Café-Restaurants Deli und Engel am Naschmarkt.
Teilnehmer
Presseschau
Holz findet Stadt
Über die Hintergründe, warum auch in Städten seit Kurzem wieder groß mit Holz gebaut werden darf
Über die Hintergründe, warum auch in Städten seit Kurzem wieder groß mit Holz gebaut werden darf
Die hier angesprochene Rückkehr des Holzes in die Städte beschränkt sich natürlich nicht auf schöne Parkettböden, Wandverkleidungen oder andere Innenausbau-Details. Holz wird neuerdings vielmehr auch wieder als konstruktives Element für mehrgeschoßige Gebäude angewendet. Das war bis vor nicht allzu langer Zeit noch verboten, ist nun wieder erlaubt, und das hat mehrere Ursachen.
Seit die Wiener Bauordnung im Jahr 2001 novelliert wurde, dürfen in der Bundeshauptstadt bis zu fünfgeschoßige Wohnbauten in Holzmischbauweise errichtet werden. Die ersten Pionierbauten auf diesem Gebiet sind bereits fertig gestellt (siehe Seite A 12). Und auch das BMvit (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) spielt im Rahmen seines Impulsprogramms „Nachhaltig Wirtschaften“ eine nicht unwesentliche Rolle in Sachen Holz und Bau.
Das Programm fährt auf folgenden drei Schienen: „Haus der Zukunft“, „Fabrik der Zukunft“ und „Energiesysteme der Zukunft“ werden hier von unabhängigen Expertenteams wissenschaftlich auf Nachhaltigkeit abgeklopft. Zitat: „Das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung ist für einen zukunftsweisenden, ökologischen Wandel der Gesellschaft von grundlegender Bedeutung. Bei diesem Prozess kommt der nachhaltigkeitsorientierten Forschung und technologischen Entwicklung eine Schlüsselrolle zu.“
Im Bereich „Haus der Zukunft“ hat sich - unter anderem anlässlich der neuen Wiener Bauordnung 2001 - eine ganze Riege von Technikern, Architekten, Ingenieuren in ausgedehnten Studien mit dem Thema „Holzbauweisen für den verdichteten Wohnbau“ befasst und in einem einjährigen Forschungsprogramm unter anderem bautechnische Varianten für tragende Wand- und Deckenkonstruktionen untersucht und kostenmäßig verglichen.
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden folgendermaßen zusammengefasst (Zitat):
[] Unter gleichen bauphysikalischen Anforderungen können sowohl die optimierten Rahmenbaulösungen als auch die entwickelten Massivholzwände mit den marktgängigen Betonmassivbauweisen kostenmäßig konkurrenzieren.
[] Die handwerklichen Massivholzlösungen können trotz des höheren Holzverbrauchs kostenmäßig mit den Rahmenbaulösungen mithalten.
[] Einschalige Wandaufbauten bringen im Holzbau entscheidende Kostenvorteile gegenüber den zweischaligen Aufbauten. Pauschal gilt im Holzbau, dass durch die Verwendung großer Elemente Kosten gespart werden können.
[] Bei entsprechenden Randbedingungen können vorgefertigte gebäudehohe Wandelemente geschoßhohen Elementen kostenmäßig zumindest gleichwertig sein. Einzeln verlegte, vorbearbeitete Deckenbalken sind mit vorgefertigten Deckentafeln kostenmäßig vergleichbar.
[] Teilbiegesteife Verbindungen zwischen durchlaufenden Wandelementen und Decken können im Holzbau Aussteifungsfunktionen übernehmen und dadurch das Verhalten im kritischen Lastfall Erdbeben wesentlich verbessern.
[] Bei Einsatz von mineralischen Vorsatzschalen können auch bei einschaligen, durchlaufenden Wandelementen in Holzbauweise die Schallschutzanforderungen gemäß ÖNORM B 8110 erfüllt werden. Eine wesentliche Erhöhung der Wirkung von Vorsatzschalen kann, gegenüber der herkömmlichen Montageweise, durch Kopplung geeigneter Dämmschichten mit den biegeweichen Vorsatzschalen erzielt werden.
Die detaillierten Berichte sind unter www.hausderzukunft.at abrufbar. Die Planerinnen und Planer haben jedenfalls dieses Hölzerl gern aufgefangen und entsprechende Projekte vorgelegt. Im Magazin Zuschnitt, herausgegeben von proHolz, antwortete der Holz-Pionier Hermann Kaufmann auf die Frage, ob der Holzsystembau eine Zukunft in der Wohnungsproduktion habe, zusammenfassend so: „Das logistische Problem liegt in der kleinteiligen Firmenstruktur im Holzbau: Jeder Geschoßwohnbau ist noch ein Prototyp auf allen Ebenen. Die Interessen größerer Holzbaufirmen liegen großteils im Gewerbe- und im Hallenbau, weniger im Geschoßwohnbau.
Es gibt wenige Holzbaubetriebe, die wie größere Baufirmen als Generalunternehmer auftreten und dadurch in den Wohnbaumarkt hineinkommen. Bis jetzt ist für die Entstehung eines Geschoßwohnbaues immer ein Sonderfall notwendig: ein engagierter Bauherr, ein engagierter Architekt, sowie ein sehr risikobereiter Holzbauer. Der Holzbau wird sich erst dann verbreiten, wenn eine ähnliche Firmenstruktur wie im Massivbau entsteht.“
Die Bauten schlagen aus
Holzbau in Wien? Woody Woodpecker hat sich sieben richtungsweisende Projekte für eine Preisverleihung herausgepickt. der Standard präsentiert die Resultate des wienwood 05.
Holzbau in Wien? Woody Woodpecker hat sich sieben richtungsweisende Projekte für eine Preisverleihung herausgepickt. der Standard präsentiert die Resultate des wienwood 05.
Es nachtet in Simmering, Stille und Dunkelheit haben sich am Leberberg breit gemacht. Nur ab und zu rast ein Auto vorbei, drosselt vor dem Zebrastreifen die Geschwindigkeit, überwindet den hinderlichen Bremshügel, zischt gleich wieder weiter. Groß und dramatisch beleuchtet steht da ein silbrig grau schimmerndes Wohnhaus. Irgendwie sehr cool auf den ersten Blick, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Dass justament dieses Haus bei einem Holzbaupreis den Sieg einsacken kann, macht einen dann doch etwas stutzig. Keine einzige Bestätigung all unserer Vermutungen, die im tiefen Fundus der sperrig holzigen Klischees so mühsam herausgewühlt wurden.
Die Rede ist vom Holzbaupreis, der erstmals auch in der Bundeshauptstadt vergeben wird. wienwood 05 nennt sich die - auf Initiative von proHolz - vergebene Ehrung, die heuer an sieben Projekte verliehen wurde; weitere sechs erhielten eine lobende Auszeichnung. Doch zurück zum besagten Leberberg, wo Geiswinkler & Geiswinkler für „Neues Leben“ die so genannte Gartensiedlung am Hofgartel planten und umsetzten. Weithin bekannte Parameter des neuen sozialen Wohnbaus prägen das ästhetisch strenge Korsett des Wohnhauses: Laubengangerschließung, schlicht und zurückhaltend im Geiste der Zeit, gelegentlich ein wenig Sichtbeton - ganz kann man sich dem Reiz der Architekturnacktheit wohl auch nicht entziehen.
Doch - und das ist das Außergewöhnliche - das Skelett des Hauses ist bis ins vierte Geschoß aus Holz. Kein Knarren und Knistern, kein fichtenes oder kieferliches Almglück, stattdessen werden die urbanen Großstadtbewohner an ihrer materiell etwas irritierten Nase herumgeführt. Dass die Kombination aus Holz, Beton und Stahl nicht zwangsweise einen Widerspruch bedeuten muss, stellt sich als architektonisch weitsichtiger Beitrag heraus.
Ganz anders tritt der mehrgeschoßige Wohnbau in der Spöttlgasse auf. Architekt Hubert Rieß stülpt das Material der Begierde nach außen, wo es wie ein Bücherregal vor der eigentlichen Fassade des Gebäudes abgestellt scheint. Noch stehen die einzelnen Fächer leer, doch im Gegensatz zum kleinmaßstäbigen Paten aus dem Möbelhaus werden die Bewohner hier keine gebundenen Zeugen des Wissens ausstellen; vielmehr sind sie dazu aufgefordert, die großzügige Loggia im Laufe der Zeit mit dem ganz persönlichen Wohnkrempel zu bespielen. Jedes Fach anders, jedes Fach belebt - und das ist keine Selbstverständlichkeit angesichts der sonst so beliebten Volksdisziplinierungsversuche mancher Architekten. Mitunter bricht andernorts schon eine ästhetische Tragödie aus, wenn jemand seine scheckige Bettwäsche zum Lüften hinausgehängt hat.
Derselbe Architekt, ein anderes Projekt: Beim Haus Sigmund musste man in erster Linie mit den Nachteilen städtischer Beglückung fertig werden. Recht enge Platzverhältnisse auf dem Grundstück - eine Bauweise aus Holzmodulen schien die unausweichliche Antwort. Dass in dieser beplankten Architekturlandschaft sechs großzügige Wohnungen untergebracht sind, sieht man der Holzkiste - ganz im Geiste der Vorarlberger Kistenbauer, der Architekt indes ist Grazer - wahrlich nicht an. Holz ist also nicht mehr eine alleinige Frage der Region, sondern wird interregional. Allmählich, immerhin.
Kennen Sie die Situation, in der man als Normalsterblicher dem Faible für Abgefucktes und Verbrauchtes einfach nicht auf die Spur kommen möchte? Die schwarz gekleideten Entwerfer - da haben wir also wieder die Klischees - deuten auf ein rostiges und runzelig verwittertes Häufchen Architektur und sprechen von der ach so angehimmelten Patina, die nach Jahren das traute Heim in einen hübschen Schleier der Abnützung hüllen soll. Oft nimmt man den Planern diesen argumentativen Allzweck-Gag ab, meist aber humpelt die alte Baronin Patina als hatscherte Ausrede eben dafür hinterher, dass man die Langzeitwirkung nicht besser in den Griff bekommen hat. Selbst denkt man dabei immer an die Kupferkuppel der Karlskirche, den Atem verschlägt es einem dabei aber nicht.
Doch in der Tat kann diese Patina mehr sein, und sie kann auch wirklich schön sein. Das Haus W. von kunath-trenkwalder ist so ein abgewitterter Zeitzeuge. Weniger ein Wohnhaus als vielmehr ein holziges Geisterschloss. Von außen kann man dem witterungsgezeichneten Haus die Anzahl der Geschoße gar nicht ablesen. Doch kaum einmal drinnen, entpuppt sich das Einfamilienhaus als stiller Tribut an den verschachtelten Raumplan von Adolf Loos. Hier gibt es keine Stockwerke, sondern lediglich eine respektable Summe an unterschiedlichen Ebenen, die räumlich sehr spannend und intelligent gelöst sind.
Mit Einfamilienhäusern geht es auch weiter. Frank und Erschen Architekten haben in Wien-Liesing ein bestehendes Häuschen zu einem ausgewachsenen Haus Grabler aufgestockt. Der Bestand ist in seinen Grundzügen erhalten geblieben, diesem Sockel allerdings ist ein expressives Hallo aufgesetzt worden. Wie ein Trichter saugt das oben liegende Wohnzimmer die Landschaftsbilder ein. Hier deutet nichts auf einen Holzbau hin, das Material nimmt sich bis zum konstruktiven Understatement zurück.
Wien hat auch Hänge, viele davon in Wien-Penzing, an den Ausläufern des Wienerwaldes. Gleich zwei Bauwerke, die den wienwood 05 einheimsen konnten, sind dort zu finden. thaler.thaler architekten mit ihrem Patiohaus und Ablinger, Vedral & Partner mit dem unmissverständlich getauften Haus am Hang. In beiden Fällen hat sich das Holz diesmal wieder an die Fassade getraut und ist ausschlaggebendes Gestaltungsmittel.
Ist es ein Zufall, dass sämtliche sieben wienwood-Preise an Wohnbauten vergeben wurden? „Die architektonische Qualität war hier mit Abstand am dichtesten“, so die Jury, der auch Archiv-Doyen Friedrich Achleitner angehörte. Mit Holz zu bauen, wird einem in Wien aber nicht wirklich leicht gemacht. Zwar ist es in der Wiener Bauordnung in den vergangenen paar Jahren zu etwas aufgelockerten Novellierungen gekommen, doch nach wie vor wird alles, was über einen gewöhnlichen Gartenschuppen hinausgeht, bereits als bedrohliche Brandlast angesehen.
Holz brennt? Ja, natürlich. Aber gleichzeitig ist Holz auch der beste Brandschutz, den es überhaupt gibt. In der Steiermark beispielsweise hat sich das schon etwas schneller herumgesprochen, da steht mehrgeschoßiger Wohnbau in Holzbauweise bereits an der - hölzern ehrlicherweise noch etwas schlanken - Tagesordnung der Architekturschaffens.
„Holz ist genial“, besagt der Werbespot in deutschsprachigen Kinos. Und so viel muss man sich schon eingestehen: Stahl, Glas und Beton sind natürlich auch nicht ohne. Ein materielles Patentrezept können weder Architekten noch Medien an den Mann und an die Frau bringen. Doch wie die Preisträger des diesjährigen, ersten wienwood belegen, gibt es selbst in der dicht bebauten Bundeshauptstadt ganz fesche Anschauungsbeispiele, was man mit Holz alles machen kann. Es muss ja nicht immer der Kleingartencharme der Geräteschuppen sein, die man im Baumarkt kaufen und gleich mit heimnehmen kann.