Am 17. November wurden im Rahmen einer feierlichen Abendveranstaltung im Odeon-Theater in Wien die diesjährigen Gewinner_innen des ZV-Bauherrenpreises ausgezeichnet. Aus insgesamt 82 Einreichungen wurden zuvor 23 Projekte für die Shortlist nominiert. Daraus ermittelte die Hauptjury, bestehend aus Tina Gregorič (dekleva gregorič arhitekti, Ljubljana), Architekturpublizistin Franziska Leeb (Wien) und Architekt Richard Manahl (ARTEC Architekten, Wien), die sechs PreisträgerInnen des ZV-Bauherrenpreises 2017.
Der Bauherrenpreis feiert heuer sein 50-jähriges Jubiläum. Die Auszeichnung der Zentralvereinigung der Architektinnen und Architekten Österreichs würdigt seit 1967 Auftraggeber, die herausragende Projekte realisieren, die Impulse setzen und somit Initiatoren von neuen Entwicklungen in Stadt und Land sind. Ein Großteil der rund 300 bisher ausgezeichneten Bauten ist zu einem fixen Bestandteil des Kanons der österreichischen Architekturgeschichte der jüngeren Vergangenheit geworden.
Die Nominierungsjurys:
Wien:
Roland Gnaiger
Werner Neuwirth
Helena Weber
Niederösterreich:
Martin Kiener
Axel Linemayr
Silja Tillner
Oberösterreich:
Tobias Hagleitner
Peter Jungmann
Astrid Tschapeller
Burgenland:
Maria Auböck
Rudolf Szedenik
Roland Winkler
Steiermark:
Martin Pilz
Ada Rinderer
Bernd Vlay
Kärnten:
Josef Hohensinn
Angela Lambea
Peter Schneider
Salzburg:
Christian Prasser
Iris Reiter
Ute Wimmer-Armellini
Tirol:
Markus Geiswinklers
Radek Hála
Heike Schlauch
Vorarlberg:
Beat Consoni
Verena Rauch
Walter Schuster
Teilnehmer
Presseschau
Dialog auf Augenhöhe
Seit 50 Jahren würdigt der Österreichische Bauherrenpreis die Zusammenarbeit von Auftraggeber und Architekt. Gestern wurden die Preisträger des Jahres 2017 gekürt – mit einem überraschend klerikalen Schwerpunkt.
Seit 50 Jahren würdigt der Österreichische Bauherrenpreis die Zusammenarbeit von Auftraggeber und Architekt. Gestern wurden die Preisträger des Jahres 2017 gekürt – mit einem überraschend klerikalen Schwerpunkt.
Kommt man von Westen über den sanften Berggrat, für den die Geologie das erdig-klangvolle Wort Nagelfluhrücken bereithält, ist es nur ein helles, spitz überhöhtes Dreieck. Aus der Nähe besehen wird das Dreieck dreidimensional und taktil: Holzschindeln, eine Tür mit Metallbeschlag. Auch hinter der Tür dominiert das Holz: Bänke, Boden, steile Dachspanten. Ein weißer, trichterförmiger Ausguck auf den Waldrand, daneben eine Marienstatue. Die Lourdeskapelle in Krumbach im Bregenzerwald ist nicht nur ein Konzentrat der Ruhe, sondern auch ein Beispiel für die wichtigste Partnerschaft des Bauens: die zwischen Bauherr und Architekt.
Junge Paare, Großkonzerne, Ministerien, Mittelstandsbetriebe, Wohnbaugesellschaften, Vereine, oder auch die eigene Verwandtschaft. Sie alle sind potenzielle Bauherren und -herrinnen. In Krumbach sind es die Nachbarn, nämlich die Bewohner der Parzellen Au, Zwing und Salgenreute. Ihnen gehört gemeinschaftlich der Grund, auf dem seit über 150 Jahren eine Kapelle steht. Der Vorgängerbau war nicht mehr zu sanieren, also fragte man beim Architekten Bernardo Bader um einen Entwurf an. Budget: null Euro. Trotzdem sagte Bader zu, und das nicht nur, weil er selbst nur wenige Hundert Meter entfernt wohnt, sondern auch, weil ihm die Nachbarn vertrauten. Kein Honorar, aber dafür entwerferische Freiheit.
Freiheit und Vertrauen
Beim Bau halfen Handwerker aus der Gegend, der Bürgermeister vermittelte einen günstigen Kredit. Nachbar- und Partnerschaft haben den Prozess gut überstanden. „Wir reden heute noch miteinander“, lacht Bernardo Bader. Er darf sich freuen, denn eine Kirche, und sei sie nur 40 Quadratmeter groß, baut man nicht alle Tage. „Als Architekt braucht man Projekte, bei denen man nicht nur über das Funktionale redet. Bauen heißt auch, selbst denken zu können und nicht immer alles angesagt zu bekommen.“ Eine solche Freiheit braucht bauherrliches Vertrauen, und dieses Vertrauen wurde jetzt mit dem Bauherrenpreis belohnt.
Seit nunmehr 50 Jahren honoriert dieser Preis mutige Auftraggeber-Architekten-Gespanne, in einem aufwendigen Juryverfahren werden alle Bauherren persönlich angehört. „Vielen ist ihre besondere Leistung gar nicht bewusst“, sagt Martha Schreieck von Henke Schreieck Architekten, seit 2009 Präsidentin der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs, die den Bauherrenpreis seit 1967 vergibt. „Es geht darum, den Bauherren eine gesellschaftliche Verantwortung abzuverlangen, die über die reine Funktion eines Gebäudes hinausgeht.“
Überraschend an der diesjährigen Juryauswahl: Von den sechs Preisträgern, die aus 82 Einreichungen ausgewählt wurden, sind gleich drei Sakralbauten. Die Kapelle in Krumbach ist darunter der einzige Neubau. Dazu gesellen sich die feinfühlige Sanierung der ältesten evangelischen Kirche Niederösterreichs in Mitterbach durch Ernst Beneder und Anja Fischer und die ebenso sorgfältigen Um- und Einbauten in der Basilika und im Geistlichen Haus des Wallfahrtsortes Mariazell durch das Grazer Büro Feyferlik Fritzer.
Das Besondere dort: Architekten und kirchliche Bauherren arbeiten schon seit 25 Jahren zusammen. „Dass es ein langer Weg wird, war uns von Anfang an bewusst“, so Wolfgang Feyferlik. „Wir haben uns daher besonders bemüht, alles zu Modische zu vermeiden.“ Nicht zuletzt waren die 25 Jahre Arbeit praktisch deckungsgleich mit der Wirkungsphase des zuständigen Paters Karl Schauer, bei dem alle Fäden zusammenliefen. „Wenn Bauherr und Nutzer eine Person sind, macht das vieles einfacher“, so Feyferlik. Selbst wenn jener immer wieder betont habe, er sei ja nur Gast im eigenen Haus. Ein Pater kann und muss schließlich selbst auf einen großen Bauherrn hinter und über sich verweisen. Ein solch langer Atem wirkt geradezu luxuriös in Zeiten, in denen Bauzeitenpläne und Normen das Bauen diktieren und Armeen von Anwälten wie Geier auf jeden Fehler warten.
Langer Atem
Doch auch die nicht-klerikalen Preisträger zeugen von der Wichtigkeit des Dialogs auf Augenhöhe: die fast vor Spannung knirschende, zwischen die Ufer der rauschenden Dornbirner Ache geklemmte Sägerbrücke in Dornbirn von der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher und der Cateringpavillon Wolke 7 in Grafenegg von The Next Enterprise Architects, der sein dünnes Betondach ganz leicht und unbeschwert fliegen lässt.
Demgegenüber wirkt der sechste Preisträger, der Erste Campus beim Hauptbahnhof in Wien, mit seinen 90.000 Quadratmetern Nutzfläche wie ein Mammutprojekt. Doch auch in großen Dimensionen gibt das Engagement des Bauherrn den Ausschlag für die Qualität des Gebauten. Dies beginnt schon bei der Ausschreibung: Dem Wettbewerb war ein 170-seitiges Kompendium beigelegt, in dem die Erste Bank eine Beschreibung des eigenen Selbstverständnisses lieferte. Man kann dies als Auswuchs einer Corporate-Identity-Selbstbezogenheit sehen, doch bezeugt ein solches Vorgehen auch einen Vertrauensvorschuss an die Architekten, eine solche Vorgabe umzusetzen.
Was nicht bedeutet, dass danach nur eitle Harmonie ohne offene Fragen herrscht. „Um Entwurfsaspekte wie das öffentliche Erdgeschoß haben wir lange gerungen“, erklärt Martha Schreieck, dieses Jahr in Bauherrenpreis-Doppelfunktion als Präsidentin und Preisträgerin. „Aber es war eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Architekten werden heute oft als reine Dienstleister angesehen. Schwierig ist es auch, wenn man beim Bauherren gar keinen konkreten Ansprechpartner hat und alles in einem Wust aus Facility-Managern untergeht. Deswegen ist der Bauherrenpreis auch nach 50 Jahren noch wichtig.“
Offen für das Besondere
(SUBTITLE) Bauherrenpreise
Eine Bank, drei Kirchen und eine Brücke auf Wolke sieben: Seit 50 Jahren vergibt die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs den Bauherrenpreis. Das heurige Best-of.
Eine Bank, drei Kirchen und eine Brücke auf Wolke sieben: Seit 50 Jahren vergibt die Zentralvereinigung der Architekten Österreichs den Bauherrenpreis. Das heurige Best-of.
Für fast 300 Bauten wurden seit 1967 Bauherrenpreise vergeben. Mancher ist heute vergessen, einige sind verändert oder nicht mehr erhalten, wie Hans Holleins Verkehrsbüros, manches ist vernachlässigt oder von der Zerstörung bedroht, wie das Kongresszentrum Bad Gastein von Gerhard Garstenauer oder die Schule am Kinkplatz von Helmut Richter. Auch daran sei erinnert, wenn wir die verdienten Bauherren der Gegenwart würdigen. 82 Einreichungen wurden heuer im Lauf des Sommers von Nominierungsjurys besichtigt, maximal drei Bauten pro Bundesland vorgeschlagen, die im Sinn der Auslobung als „exzeptionelle Lösungen, realisiert in intensiver Kooperation von BauherrInnen und ArchitektInnen“ eingestuft wurden. 23 Nominierungen waren es schließlich, die wir – TU Wien-Professorin Tina Gregorič aus Ljubljana, Architekt Richard Manahl und die Autorin – auf der Agenda einer viertägigen Tour durch Österreich hatten. Zu Beginn der Reise stand die Frage: Wodurch sollen sich die Bauherrenpreise aus dem Kreis der bereits Auserwählten hervorheben? Nicht nur nach regionalen Maßstäben sollen es herausragende Beiträge mit Strahlkraft sein, auch im internationalen Vergleich müssen sie bestehen können, so unser Konsens.
Sechs wurden es schließlich, davon vier an dieser Stelle in der Vergangenheit bereits besprochen: der Erste Campus in Wien, wo sich eine Bank nicht mit Logos und Firmenfarben in Szene setzt, sondern mit einer städtebaulich klugen Konfiguration, einer großzügigen, öffentlich zugänglichen Mall mit hohem Aufenthaltswert und besten Konditionen für alle Arbeitsplätze. Generaldirektor Andreas Treichl hegte vor Start des Wettbewerbs die Hoffnung, das neue Hauptquartier möge den Beginn einer neuen Ära für Wiens Architektur markieren. Mit den Architekten Dieter Henke und Marta Schreieck legte er als Bauherr die Latte jedenfalls hoch.
Auffallend viele Sakralräume und Einrichtungen kirchlicher Institutionen gab es zu besichtigen. Darauf zu schließen, „die Kirche“ sei gegenwärtig eine relevante Bauherrin, wäre gewagt. Die drei ausgezeichneten Projekte sind kein Ausdruck eines Architekturwollens übergeordneter Institutionen, sondern glückliche Fügungen und Einzelinitiativen. Die Renovierung und räumliche Klärung der evangelischen Kirche in Mitterbach durch die Architekten Ernst Beneder und Anja Fischer macht den Geist der Gründer des ältesten Bethauses Niederösterreichs wieder bewusst und geht Hand in Hand mit den seelsorgerischen Anliegen von Pfarrerin Birgit Lusche, die den Architekten ein inspirierendes Gegenüber war. Nur wenige Kilometer entfernt war in der katholischen Wallfahrtshochburg Mariazell Superior Pater Karl Schauer ein Vierteljahrhundert lang Spiritus Rector eines mit ungeheurer Empathie betriebenen Sanierungs- und Revitaliserungsprojektes. Die Architekten Wolfgang Feyferlik und Susanne Fritzer realisierten eingebettet in ein visionär anmutendes Gesamtkonzept in und um die Basilika und das geistliche Haus zahlreiche kleinere und größere Maßnahmen voll Raffinement: jede davon maßgeschneidert, aber immer das Ganze und den wertvollen Bestand im Blick, mit dem die neuen Interventionen auf höchstem gestalterischem Niveau eine kongeniale Symbiose eingehen.
In Krumbach im Bregenzerwald initiierten Bewohner benachbarter Parzellen den Neubau der Kapelle Salgenreute anstelle eines nicht mehr sanierbaren 130-jährigen Holzkirchleins. Unter Federführung des ortsansässigen Architekten Bernardo Bader entstand im Zusammenspiel von Fachleuten und Freiwilligen ein spiritueller Ort in der Landschaft; formal zurückgenommen und dennoch ausdrucksstark, konstruktiv ausgetüftelt und handwerklich meisterhaft.
Bei Regen und im dichten Frühverkehr stand die Besichtigung der Sägerbrücke in Dornbirn an. Trotz der widrigen Bedingungen erlebten wir einen Ort von hoher Aufenthaltsqualität, der dem gemeinsamen Bemühen von Land und Stadt um die Aufwertung eines hochfrequentierten Ortes und einem brillanten Konzept der Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher zu danken ist. Breiter als lang in seiner Proportion schufen sie nicht nur einen Verkehrsweg, sondern einen öffentlichen Platz über der Dornbirner Ache, der unterschiedlichen Formen der Mobilität gleichberechtigt Raum gibt. Wie aus einem Stück aus Beton mit hellem Granitzuschlag geformt geht die Fahrbahn mit minimalem Niveauunterschied in das Trottoir über, das an den Rändern zu Brüstungen hochgezogen wird. Gestockt auf den Fahrbahnen, sandgestrahlt im Fußgänger- und Fahrradsektor, geschliffen im Haltestellenbereich und poliert an der Dachunterseite der Bushaltestellen zur Reflexion der Beleuchtung tragen verschiedene Oberflächenbehandlungen den unterschiedlichen Anforderungen Rechnung. Man vermisst leichten Herzens die im Verkehrsbau gängigen Standardlösungen und die Vereinnahmung durch Werbung und erfreut sich an Nischen in den Brüstungen und Holzlehnen, die zum Verweilen einladen. In strahlendem Gelb setzt in der Brückenplatzmitte eine Skulptur von Hubert Lampert ein vertikales Zeichen am Eingang zur Innenstadt.
Am Ende der 2.500 Kilometer langen Tour kommen wir im Schlosspark Grafenegg an. Vor zehn Jahren schufen the nextENTERprise Architects hier die beeindruckende Konzertarena und zugleich ein StückLand-Art, das seinen Zauber auch außerhalb der Festival-Saison zu entfalten vermag. Einen weniger erbaulichen Anblick boten stets die Buden der Veranstaltungsgastronomie. Lang hat es gedauert, bis die zuständige Kulturbetriebsgesellschaft das bewährte Architektenteam mit einer Verbesserung der Situation betraute, aber dafür wurde nun Einzigartiges möglich. Mit einem geschwungenen, zweifach gekrümmten Dachschirm aus Ortbeton, der auf zarten Stützen lagernd den natürlichen Biegeverlauf zum konstruktiven Prinzip erhebt, schmiegt sich der Catering-Pavillon Wolke 7 zwischen die Bäume. Ein Raum im Freien, der sich je nachNutzungsintensität neu konstituiert: als Bar und gesellschaftlicher Treffpunkt; unbewirtet erfreut er als extravagantes Folly, Rastplatz oder Unterstand.
Das sind die Bauherrenpreisträger 2017. Sie alle haben dazu beigetragen, ein Stück Umwelt zu verschönern und zu verbessern. Sie eint, dass in ebenbürtiger Zusammenarbeit aller Beteiligten für die jeweilige Aufgabespezifische, individuelle Lösungen gefunden wurden – stets dank beherzter Bauherren, die für das Besondere offen waren.