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Bauwerke

Artikel 12

14. September 2007Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Technik und Natur

Zum 70. Geburtstag des italienischen Architekten und Städteplaners Renzo Piano

Zum 70. Geburtstag des italienischen Architekten und Städteplaners Renzo Piano

Alles begann mit dem Centre Pompidou. Dort erprobten zwischen 1971 und 1977 zwei junge Rebellen, Renzo Piano und Richard Rogers, eine neue Architektursprache, deren Vokabular gleichermassen auf den Konstruktionen von Richard Buckminster Fuller und Jean Prouvé wie auf der Idee der «wandernden» Bauten von Archigram basierte. Mit ihrer neuartigen, Offenheit signalisierenden Kulturmaschine, die wie eine Ölplattform im Pariser Häusermeer zu schwimmen scheint, interpretierten Piano und Rogers den Musentempel neu und wagten darüber hinaus einen provokativen Dialog mit der gebauten Umgebung. Geleitet vom Bemühen, die Stadt sichtbar zu machen, fand Piano danach in einem «Nachbarschafts-Workshop» im süditalienischen Otranto, den er 1979 im Auftrag der Unesco betreute, zu neuen, bis heute wirksamen Strategien der Auseinandersetzung mit dem urbanistischen und sozialen Kontext der Stadt an sich. Die Erfahrungen von Otranto sollten bald darauf auch die demokratisch strukturierte Arbeitsweise in den «Building Workshop» genannten Büros bestimmen, die Piano in Paris und Genua eröffnete.

Im genialen Frühwerk des Centre Pompidou, das längst zu einer baukünstlerischen Ikone des 20. Jahrhunderts und zu einem Wahrzeichen der Seinestadt geworden ist, manifestierte sich nicht nur Pianos Glaube an die Erneuerung der traditionellen europäischen Stadt. Es begründete auch seine Faszination für die Museumsarchitektur, von der Meisterwerke wie die 1986 in Houston, Texas, eröffnete Menil Collection oder das elf Jahre später eingeweihte Beyeler-Museum in Riehen bei Basel zeugen. Zu Recht im Schatten dieser Glanzlichter steht das im Geist der Land-Art konzipierte Klee-Museum in Bern, das – obwohl mit Respekt vor der Landschaft gestaltet – den Charme eines Hangars am Highway verströmt. Ähnlich wie die Wallfahrtskirche im apulischen San Giovanni Rotondo oder der jüngst in Manhattan vollendete New York Times Tower beweist es, dass auch Piano gelegentlich etwas missglückt, wenngleich stets auf hohem Niveau.

Abgesehen von diesen Schwachpunkten kann die nunmehr vierzig Jahre währende Bilderbuchkarriere des heute vor siebzig Jahren, am 14. September 1937, in Genua geborenen Renzo Piano mit einer Vielzahl immer wieder anders geformter Akzente aufwarten: vom subtil transformierten Lingotto in Turin über die Neubauten am Potsdamer Platz in Berlin bis hin zum Kongresszentrum der Cité internationale in Lyon und von den riesigen Hallenkonstruktionen des vor Osaka im Meer schwimmenden Kansai-Flughafens über den gläsernen Hermès-Flagship-Store in Tokio bis hin zu dem zwischen 1991 und 1998 verwirklichten Tjibaou-Kulturzentrum in Nouméa auf Neukaledonien. Diese langgestreckte, von zehn hüttenartigen Pavillons gekrönte Anlage, in welcher Hightech und Ökologie in einer üppigen Natur zusammenfinden, wirkte weiter auf den blütenförmigen Aurora-Palace-Turm in Sydney, der seit dem Jahr 2000 als schönstes Hochhaus Australiens gilt und einmal mehr beweist, dass sich Piano auch für modische Megastrukturen begeistern kann. Erinnert sei hier an das zeppelinförmige Shoppingcenter in Bercy, die elegante Schalenform des Fussballstadions in Bari, die drei käferartigen Konzerthallen des Parco della Musica in Rom oder das an ein sinkendes Schiff gemahnende Wissenschaftsmuseum in Amsterdam.

Ebenso wichtig wie diese Solitäre sind Piano, der 1998 für seine technische Erfindungsgabe, seine prozessuale Entwurfspraxis, seine experimentelle Arbeitsweise und für seine Absage an den Persönlichkeitskult mit dem Pritzker-Preis geehrt wurde, stets auch die architektonischen Zwiegespräche mit der gebauten Stadt. Nachdem er zwischen 1985 und 2001 den alten Hafen seiner Heimatstadt Genua mit Plätzen, Kongress- und Einkaufsmöglichkeiten, einem phantastischen Aussichtskran und einem containerartigen Aquarium in einen neuen Treffpunkt verwandelt hatte, musste er vor zwei Jahren das Scheitern eines noch viel umfassenderen Erneuerungsprojekts für die vernachlässigten Uferzonen der ligurischen Metropole als wohl grösste berufliche Enttäuschung hinnehmen. Dafür kann er nun seinen Traum vom Umbau obsolet gewordener Industriegebiete zu Zentren des Informationszeitalters auf dem Falck-Areal im Mailänder Vorort Sesto San Giovanni und auf dem Gelände der ehemaligen Michelin-Fabrik in Trento weiterspinnen.

An beiden Orten will Piano – ausgehend von einem sensiblen Weiterbauen im Bestand – möglichst vielschichtige Quartiere realisieren. Denn neben der Ästhetik prägen vor allem Ökologie und soziale Verträglichkeit Pianos heutiges Schaffen. Auch wenn den neusten Bauten und Projekten das Revolutionäre der frühen Arbeiten abgeht und junge Architekten sich für diese kaum mehr interessieren, sind sie doch stets wieder für Überraschungen gut, wie der neuklassizistische Erweiterungsbau der Morgan Library in New York oder die aggressive «Glasscherbe» des im Bau befindlichen London Bridge Tower zeigen. Noch immer sprüht der sich gerne bescheiden gebende Meister vor Energie, arbeitet er doch nicht nur in London und New York an bedeutenden Projekten, sondern auch in San Francisco, Los Angeles, Oslo, Rom, Neapel – und in Ronchamp, wo er unweit von Le Corbusiers Wallfahrtskapelle seinem Œuvre mit einem Nonnenkloster einen spirituellen Touch verleihen wird.

10. September 2004Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Sinn für das gebaute Erbe

Genua feiert den Architekten Renzo Piano

Genua feiert den Architekten Renzo Piano

Wenn der alte Kontinent am Wochenende den Tag des Baudenkmals begeht, kann Genua als diesjährige Kulturhauptstadt Europas stolz auf die Wiederbelebung seines reichen architektonischen Erbes blicken. Glanz verströmen die vor einer Dekade von Aldo Rossi transformierte Kriegsruine des klassizistischen Opernhauses von Carlo Barabino, der sorgsam restaurierte Palazzo Ducale oder die von Ignazio Gardella in das San- Silvestro-Kloster integrierte Architekturfakultät ebenso wie - als neustes Werk - das jüngst mit einer suggestiven Ausstellung über Ozeandampfer eröffnete Museo del Mare in der vom Spanier Guillermo Vasquez Consuegra umgebauten historischen Werfthalle auf dem Ponte Parodi. Die folgenreichste Intervention aber bleibt der im Hinblick auf die Kolumbus-Feiern von 1992 nach Renzo Pianos Plänen revitalisierte Alte Hafen. Mit ihm hat die wirtschaftlich angeschlagene Stadt eine Touristenattraktion erhalten und zugleich ihren seit Menschengedenken unzugänglichen Mittelpunkt zurückgewonnen.

Ausstellung im Alten Hafen

Renzo Piano, der heute 67-jährige Architekt aus Genua, musste lange warten, bis ihm seine Geburtsstadt - nach Ausstellungen in Bonn, Riehen, Paris und Berlin - die erste grosse Werkschau in Italien ausrichtete. Nun feiert er im Alten Hafen vor der geschichtsträchtigen Kulisse der «Superba» ein triumphales Heimspiel. Austragungsort ist die Porta Siberia, das prachtvolle, zum Ausstellungsgebäude umgewidmete Renaissance-Stadttor, das einst vom Meer her Einlass ins Hafenviertel bot. Diese Toranlage wurde von Piano ebenso restauriert wie die barocken Depots und der reich bemalte Palazzo San Giorgio, der schon im 15. Jahrhundert als Bankhaus diente. Pianos Eingriffe umfassten aber auch die Umgestaltung der riesigen Baumwollspeicher in ein Kongress- und Ausstellungszentrum, den Bau des Bigo genannten Aussichtskrans und des an ein Containerschiff erinnernden Aquariums. Als grösstes seiner Art am Mittelmeer lockt es jährlich über eine Million Besucher an und zählt heute zu den Hauptsehenswürdigkeiten Italiens.

Aber auch in die Piano-Ausstellung strömen zurzeit die Besucher, darunter viele Einheimische. Sie sind stolz auf ihren Landsmann, denn zurzeit ist kein Architekt aus dem italienischen Kulturkreis - der Tessiner Mario Botta ausgenommen - weltweit so erfolgreich wie Piano und sein Building Workshop. Das zeigt die Ausstellung, für welche die einst in Bonn entwickelte Präsentation in Form eines Ateliers erweitert wurde, eindrücklich. Im Zentrum der Haupthalle steht ein riesiger Tisch, an dem man sich fast wie in Pianos hoch über der Steilküste der Punta Nave gelegenem Genueser Studio fühlt. Faksimilierte Skizzenbücher, Entwürfe, Fotos und Modelle in jeder Grösse lassen Pianos gesamtes Schaffen Revue passieren: von der genialen Hightech-Ausstellungsmaschine des Centre Pompidou, die er zwischen 1971 und 1977 zusammen mit Richard Rogers realisierte, über das De-Menil-Museum in Houston, den bei Osaka im Meer schwimmenden Kansai-Flughafen, das Kulturzentrum von Nouméa auf Neukaledonien und den Parco della Musica in Rom bis hin zu den Projekten des New York Times Building, des London Bridge Tower oder des in Bern allmählich der Vollendung entgegengehenden Klee-Museums.

Immer wieder wird dabei deutlich, dass Piano aller Technikbegeisterung zum Trotz ein klassischer Baumeister ist, der für jede Aufgabe eine neue Lösung sucht und findet. Als solcher nähert er sich mit viel Sensibilität dem architektonischen und städtebaulichen Kontext, sei es in Umbauten wie dem Paganini-Auditorium in Parma oder dem Lingotto in Turin, sei es bei der Integration des Beyeler-Museums in die Parklandschaft von Riehen oder eines Wolkenkratzers in die Skyline von Sydney. Neben meisterhaften Museumsbauten oder dem eleganten San-Nicolao-Fussballstadion von Bari schufen Piano und seine Büros in Genua und Paris aber auch weniger überzeugende Arbeiten. Zu nennen wären einige der Häuser am Potsdamer Platz in Berlin, das Wissenschaftsmuseum in Amsterdam oder die vor wenigen Wochen eingeweihte Pater-Pio-Wallfahrtskirche im apulischen San Giovanni Rotondo.

Neue Visionen für Genua

Zu den Höhepunkten aus genuesischer Sicht aber zählt ein grosses, durch eine separate Publikation dokumentiertes Restrukturierungsprojekt für den gesamten Küstenbereich der ligurischen Metropole. Piano, der Architektur und Städtebau als eine Kunst zwischen Ökologie, Soziologie und Formgebung versteht, schlägt darin den Abriss der hässlichen Hafenhochstrasse und den Bau neuer S-Bahn-Verbindungen ebenso vor wie schattige Promenaden, Parks und die Schaffung einer Flughafeninsel. Gleichzeitig visioniert er mit dem auf dem Erzelli-Plateau hoch über Sampierdarena zu errichtenden Stadtteil Leonardo ein formal zwischen Flugzeugträger und Raumstation oszillierendes, in eine mediterrane Parklandschaft eingebettetes Technologiezentrum, das zu Genuas neustem architektonischem Aufbruchssignal werden könnte.

Bis 31. Oktober in den Ausstellungsräumen der Porta Siberia im Alten Hafen von Genua.


verknüpfte Publikationen
Renzo Piano & Building Workshop. Progetti in mostra
Genova: Città & Porto. Renzo Piano & Building Workshop

28. August 1999Andres Lepik
Neue Zürcher Zeitung

Zwischen Himmel und Meer

Ein Besuch im Atelier von Renzo Piano

Ein Besuch im Atelier von Renzo Piano

Renzo Pianos Atelier «Punta Nave» liegt am westlichsten Rand Genuas, gerade an der Stadtgrenze. An der stillgelegten Kurve einer Küstenstrasse (die Felsnadel wird heute von einem Tunnel durchquert) befindet sich der Eingang. Wo sich zur Seeseite das türkisblaue Meer an den Felsen bricht, gibt es am Fuss des Abhangs ein eisernes Tor. Hat sich die automatische Türe geöffnet, so steht man nach einigen Stufen vor dem gläsernen Unterstand einer Zahnradbahn. Die Auffahrt in der allseits verglasten Kabine ist spektakulär, und man fühlt sich wie James Bond auf der Fahrt in das Büro von Dr. No.

Schon nach wenigen Metern ist der Blick auf die Strasse durch den Knick im Gefälle verschwunden, und die Kabine scheint, direkt aus dem Meer aufgetaucht, in die Höhe zu fahren. Die Fahrt vorbei an einigen Gartenterrassen mit Ölbäumen, Bambus und ozeanischen Skulpturen ist aber schon nach zwei Minuten zu Ende, und man scheint auf diesem Felsvorsprung zwischen Himmel und Meer der Erde völlig entrückt zu sein.

Der Blick in das Studio zeigt eine allseits offene, an den Berg angepasste Raumsituation. Entsprechend den Gartenterrassen stufen sich die Arbeitsebenen in mehreren Treppen den Berg hinab, von einem einfachen Glasdach mit grossen Sonnenblenden überdacht. Die Grenze zwischen aussen und innen ist völlig transparent, das Gebäude duckt sich an den Hang wie ein Gewächshaus. Die Pflanzen im Inneren verstärken diesen Eindruck fehlender Raumgrenzen noch mehr. Überall summen und klingeln Telefone, es herrscht eine fröhliche Unruhe wie im Innern eines Bienenstocks an einem Frühlingstag. Renzo Pianos eigener Arbeitsplatz ist nur als ein wenig vorspringender Bereich in der Mitte der gestuften Anlage zu erkennen. Als einziger Hinweis auf die Auszeichnung seines Platzes gegenüber den anderen mag der Umstand gelten, dass er von seinem Tisch aus ganz direkt und allein auf das Meer hinunterblickt. Sonst gibt es in diesem Büro keinen Hinweis auf eine Hierarchie der Räume.


Offene Atmosphäre

Im jadegrünen Pullover, hellblauen Hemd und einer sandfarbenen Baumwollhose kommt Piano nun selbst, das schmale, beinahe hagere Gesicht wirkt nur durch den grauen Bart etwas voller. Die listigen Augen blitzen, während er uns freudig begrüsst, und nach wenigen Sätzen gibt er zu verstehen, dass er mit «Renzo» angesprochen werden will. Angesichts der heiter-offenen Atmosphäre seines Büros, das er noch immer «Renzo Piano Building Workshop» nennt, scheint dies nur folgerichtig. Es ist nicht die erste Erinnerung daran, dass er in den sechziger Jahren aufwuchs. Vieles, was damals gegen die Konvention autoritärer Systeme gerichtet war, ist nun selbst zu einer - durchaus angenehmen - Tradition geworden.

Ein Rundgang führt über alle Terrassenstufen der Anlage. Durch die Hanglage entsteht trotz aller Grösse und Offenheit keineswegs der Charakter eines Grossraumbüros. Auf jeder Stufe werden unterschiedliche Projekte vorbereitet - nahezu über den ganzen Globus hinweg ist dieses Büro inzwischen tätig. Es gibt zwar auch noch eine Dépendance in Paris, die aber etwas kleiner besetzt ist. Auf der untersten Stufe findet sich die grosse Werkstatt des Modellbauers Dante, eines immerhin 70jährigen Spezialisten, der hier jene handwerklich einzigartigen Modelle herstellt, die untrennbar mit der schrittweisen Entwicklung der Ideen Renzo Pianos verknüpft sind. Von der Skizze über die Zeichnung zum Modell - diese Trias des Entwurfsprozesses seit Brunelleschi findet auch bei Renzo Piano noch immer Anwendung, wobei er eben auch besonderen Wert auf die einfache und dennoch vollkommene Ausführung der Modelle legt. Für Piano sind sie wichtige Arbeitsinstrumente - auch wenn seine Mitarbeiter längst mit CAD arbeiten. Den Ausgangspunkt seiner Planungen bilden immer die eigenhändigen, meist mit grünem Filzstift und eilend hingeworfenen Skizzen, und nach der weiteren Ausformulierung kommt dann stets das Modell.


Von Projekt zu Projekt

Renzo Piano läuft durch sein Büro, von Tisch zu Tisch, von Projekt zu Projekt, den immer wieder erlöschenden Cigarillo in der Hand. In den Gesprächen mit seinen Mitarbeitern ist er humorvoll, er behandelt sie wie Familienangehörige, nachsichtig, aber mit der klaren Erwartung, dass er am Ende als pater familias das letzte Wort behält. Er improvisiert, er skizziert im Gespräch auf kleine Zettel, er doziert - aber keinen Moment lässt er seine Gesprächspartner ganz aus dem Auge, bemerkt jede Unaufmerksamkeit. Hört man einmal nicht hin, so spricht er einen direkt an, mit einem Scherz ruft er zur Aufmerksamkeit zurück. Schnell erkennt er die Eigenheiten seiner Gesprächspartner, wechselt nach Bedarf fliessend vom Italienischen ins Französische oder Englische. Aber die fröhliche Gelassenheit täuscht nicht darüber hinweg, dass er mit höchstem Einsatz arbeitet, plant und koordiniert. Seinen Terminkalender, der noch jeden Aussenpolitiker erblassen liesse, kennt er auswendig.

Renzo Piano liebt die Kunst. Vom Centre Pompidou (dessen Renovierung er nun dreissig Jahre nach der Errichtung betreut) über die Menil Collection bis hin zur Sammlung Beyeler in Riehen ist die Bauaufgabe Museum nicht zufällig ein roter Faden in seinem Œuvre. Gerne erzählt er, mit welchen Künstlern, Schriftstellern und Komponisten ihn persönliche Freundschaften verbinden: Mario Vargas Llosa, Michelangelo Antonioni, Robert Rauschenberg, Luigi Nono. Die Verbindung zwischen seinen architektonischen Projekten und der Kunst sieht er vor allem darin, dass er von den Künstlern lerne, die Überraschung, das Risiko in jedem Projekt wieder aufs neue zu suchen. Piano hat keine fest umrissene Theorie, aber man vermisst sie auch nicht bei ihm - er lebt, denkt und arbeitet ganz aus der Praxis des Bauens heraus, aus dem Gespräch und der grossen Neugier.

Es ist Mittagspause - die Mitarbeiter seines Büros versammeln sich in der Gemeinschaftsküche und auf der Terrasse mit dem stupenden Meeresblick. Piano setzt sich mit seinen Gästen an einen eigenen Tisch. Eine Stunde Unterbrechung gehört zum festen Tagesrhythmus, wenn er in Genua ist. Eine kühle Flasche Gavi di Gavi darf hier nicht fehlen und noch weniger die Focaccia, die Genueser Pizza bianca, die als Weissbrot zum Essen gereicht wird. Da ist auch Insalata Caprese mit dem piemontesischen Basilikum und als Dessert Melone und Crostata. Die Heiterkeit des gemeinsamen Arbeitens wird hier auf einfachste und doch gleichermassen qualitätsvollste Weise fortgesetzt. Beim Photographiertwerden lacht Piano und meint, dass wir die Abbildung nur machten, um der Öffentlichkeit zu beweisen, dass sein Büro in Wirklichkeit ein Restaurant sei, in dem er und seine Mitarbeiter nichts anderes tun als den ganzen Tag essen. Wenn es so wäre - wir würden gerne öfter dabeisein.

Profil

Architekturstudium in Mailand (Diplom 1964). Piano hat seine ersten Arbeiten in den sechziger Jahren realisiert. Er gilt als Vertreter einer High-Tech-Architektur, die sich allerdings durch Nutzerfreundlichkeit und hohe formale Qualität besonders auszeichnet.

Piano war 1970-71 mit Richard Rogers assoziiert und schuf in dieser Partnerschaft den bedeutendsten Kulturbau der Nachkriegszeit, das Centre Beaubourg in Paris. 1981-87 realisierte er den Ausstellungsbau für die Menil Collection in Houston, für den er kürzlich auch einen Erweiterungsbau fertigstellte. 1988-89 entstand das Fußballstadion in Bari, 1990 die Erweiterung des IRCAM in Paris, 1991 die Wohnhäuser in der Rue de Meaux in Paris. Renzo Piano zählt zu den Hauptvertetern einer hochentwickelten, technologisch bestimmten Architektur.

Publikationen

Renzo Piano, , Birkhäuser Verlag

Auszeichnungen

2000 Spirit of Nature Wood Architecture Award

In nextroom dokumentiert:
Prix Acier 2005, Auszeichnung, Zentrum Paul Klee

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