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15. Dezember 2010Karin Triendl
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Zwischen Tradition und Fortschritt

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung.

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung.

Ein Haus, das sich bewegen kann? Nichts Ungewöhnliches, sagt Alex de Rijke. Schon gregorianische oder viktorianische Sommerhäuser seien auf Schienen dem jeweiligen Stand der Sonne gefolgt, und das ziemlich Lowtech. Nichtsdestoweniger hat das englische Architekturbüro drmm von Alex de Rijke, Philip Marsh und Sadie Morgan, das schon des Öfteren mit innovativen Holzkonstruktionen überrascht hat, bei dem Haus in Suffolk einmal mehr Unmögliches möglich gemacht.

Die Bauherren wollten dem hektischen Stadtleben den Rücken kehren. Das perfekte Grundstück mitten im Grünen war bald gefunden, konnte allerdings nur unter Erfüllung strenger Behördenauflagen bebaut werden. Der Neubau sollte den traditionellen länglichen, mit Holz verkleideten Scheunen nachempfunden werden. Architekt Alex de Rijke und der Bauherr ließen sich durch diese Vorgabe nicht beirren und konterten mit einer archetypischen, aber beweglichen Hülle.

So entstand ein eher konventionelles Gefüge, bestehend aus Wohnhaus, Gästehaus und einer aus der Achse abgerückten Garage. Darüber stülpt sich eine bewegliche Hülle, die auf eingelegten Stahlschienen dahingleitet und von vier mit Autobatterien angetriebenen Elektromotoren bewegt wird.

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung. Für die gesamte Strecke braucht das bewegliche Haus 6 Minuten.

Die eher ungewöhnliche Hülle ist nicht nur eine Antwort auf die strengen Baugesetze, sie entstand auch aufgrund einer einfachen Überlegung: Küche, Essplatz und Wohnzimmer sollten sich zur Sonne und zur Natur hin mit großen Glasflächen öffnen. Bei zu viel Glas können sich die Räume im Sommer überhitzen, in den Wintermonaten aber will man die Sonne gerne ins Haus lassen. Damit war die Idee eines beweglichen Sonnendaches, das sich den äußeren Bedingungen anpassen kann, geboren. Die wärmegedämmte Holz-Stahl-Konstruktion der beweglichen Hülle ist mit Lärchenholz beplankt und mit den Ausschnitten der Dachfenster versehen. So ist auch bei geschlossenem Zustand der Blick aus dem darunterliegenden Glashaus gewährleistet. Der nach Westen orientierte Wintergarten besteht aus kostengünstigen vorgefertigten Industrieprodukten, der daran angrenzende geschlossene Teil des Wohnhauses ist in herkömmlicher Holzständerbauweise errichtet und in eine rote, wasserdichte Kunststoffmembran gehüllt. An der Rückseite des Hauses bilden die Garage und das schwarz gestrichene Gästehaus einen kleinen Innenhof, der je nach Position der Hülle manchmal offen, manchmal überdacht vom Außen- zum Innenraum mutiert.

Die technische Umsetzung gestaltete sich schwierig, denn es durfte ja keine abstehenden Bauteile wie Dachrinnen oder Antennen geben. Das Regenwasser rinnt nun hinter der Holzschalung ab und wird über eine herkömmliche, im Boden versteckte Rinne abgeführt. Dockt der bewegliche Teil am Wohnhaus an, dienen rote Nylonbürsten als Windstopper. Als Energiequelle wurde Erdwärme gewählt, so konnte auf Kamine verzichtet werden. Außerdem musste ein der beweglichen Hülle angepasstes Fluchtwegkonzept entwickelt werden. Aus Sicherheitsgründen sind die Türöffnungen so konzipiert, dass es an jedem Punkt des Fahrweges immer einen Ausgang ins Freie gibt. Ist eine Tür verschlossen, öffnet sich eine andere.

Das Innere des Hauses wirkt überraschend „normal“. Küche, Wohn- und Essbereich befinden sich im gläsernen Wintergarten, rückwärtig liegen Wirtschaftsraum, Schlafzimmer und Bad. Über eine Galerie gelangt man ins erste Obergeschoss mit einem zweiten Schlafzimmer und einem Badezimmer. Der Innenraum wird dann zum Erlebnis, wenn sich das Dach in Bewegung setzt. Sogar das Baden unter freiem Himmel ist dann möglich.

Die bewegliche Außenhülle ist nicht nur ein Spektakel für sich, sie sorgt für eine radikale Flexibilität und macht diese für den Bewohner physisch spürbar.

zuschnitt, Mi., 2010.12.15



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Zuschnitt 40 Holz und Stahl

14. Dezember 2009Karin Triendl
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Box mit Stimmvolumen

Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte...

Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte...

Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte ein möglichst kostengünstiges Ausweichquartier. Während der Sanierung sollte das temporäre Gebäude Platz für Theateraufführungen, Serviceräume und rund 300 Zuschauer bieten. Zudem sollte es in nur drei Monaten – inklusive Planung – und mit einem bescheidenen Budget von 300.000 Euro realisiert werden.

Angelo Roventa, in Vorarlberg lebender Architekt mit rumänischen Wurzeln, nahm die Herausforderung an. Von Beginn an suchte er nicht nur nach einer formalen Lösung, sondern nach einem System, mit dem der enge Zeitplan eingehalten und das Bauwerk um die geringe Bausumme realisiert werden konnte. Moderne österreichische Holzbautechnik und die radikale Reaktion des Architekten auf die schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen machten das Unmögliche möglich.

Der minimalistische Holzbau wurde auf einem aus Ortbeton gefertigten Sockel montiert, Wände und Dach wurden aus vorfabrizierten Paneelen errichtet. Die Elemente bestehen aus Holzprofilen mit integrierter Wärmedämmung, einer zementgebundenen Holzwolleplatte als Innenansicht und einer Holzplatte mit Folie als Außenhaut.

Somit sorgen die Fertigteile neben ihrer Funktion als primäre Tragstruktur für zahlreiche Nebeneffekte: Sie erfüllen auch Anforderungen an Wärmedämmung, Schalldämmung und Brandschutz. Außen montierte Holzlatten verdecken die Stöße der schwarzen Folien und geben den Rhythmus der pragmatischen Fassadengestaltung vor.

Insgesamt 65 Paneele wurden benötigt. Jedes wiegt zwei Tonnen, die vier Hauptträger aus Brettschichtholz jeweils vier. Sie wurden in Vorarlberg vorgefertigt und mit 14 LKWs nach Rumänien geliefert. Der Rest konnte dann vor Ort in nur einem Monat von vier Männern mit einem Kran und einem Baugerüst errichtet werden.

Sobald die Zeit des Theaters abgelaufen ist, kann die gesamte Konstruktion mit wenig Aufwand demontiert werden. Das Gebäude muss nur ein neues Fundament finden, damit ihm neues Leben eingehaucht werden kann – temporäre Architektur, die trotz aller äußeren Erschwernisse Verantwortung für sich selbst trägt.

Die guten Eigenschaften von Holz kommen bei diesem Theaterbau auch akustisch zum Tragen. »Da sich unter dem Bau eine Grube befindet, ähnelt er dem Körper eines Musikinstruments, weil das Volumen wie ein großer Hohlraum funktioniert«, so der Vorarlberger Architekt.

Die stattliche Raumhöhe des Theaterbaus ergab sich aus dem beschränkten Budget und den innovativen Lösungsansätzen des Architekten. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Lösung sorgt der rund 12 Meter hohe Innenraum für das doppelte Luftvolumen und ersetzt damit teure Anlagen für Lüftungs- und Klimatechnik. Nach dem Ende der Aufführung kann ein herkömmlicher Ventilator den Raum in nur einer Stunde belüften.

Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des gesamten Bauprozesses unterlag das Projekt auch einigen nicht vorgesehenen Änderungen. Laut Angelo Roventa sollte das Gebäude eigentlich nicht mit dem Haupthaus konkurrieren. Doch die vom Architekten vorgesehene Position der schwarzen Box wurde von den lokalen Entscheidungsträgern kurzerhand um ein paar Meter verschoben und sorgt so für eine eher unkontrollierte städtebauliche Situation hin zum angrenzenden Hauptgebäude.

Für Rumänien dürfte das provisorische Theater in Iasi eine wichtige Ausnahmeerscheinung sein. Während die Öffentlichkeit sich generell skeptisch gegenüber modernen Bauten zeigt, dient das Temporäre in diesem Fall als Alibi für eine hochwertige architektonische Intervention. Das Projekt sollte jedoch nicht als modischer Minimalismus verstanden werden, sondern eher als ein Extrem, das durch Fakten und Zahlen bestimmt wird und dadurch konzentrierte Architektur mit maximalem Effekt schafft.

Architekt Angelo Roventa versuchte, die Aufgabenstellung möglichst undramatisch und klar zu erfüllen. Es gelang ihm dabei zu zeigen, dass Holz ein Baustoff ist, der bei konsequenter Anwendung kostengünstige und logische Bauten mit einer eigenen pragmatischen Ästhetik hervorbringen kann.

[ Karin Triendl, Studium der Architektur in Innsbruck, Arlington und Delft, seit 2007 Bürogemeinschaft mit Patrick Fessler. Schreibt als freie Autorin über aktuelle Stadt(räume) und Architekturen ]

zuschnitt, Mo., 2009.12.14



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National Theater lasi „Sala Atelier“



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zuschnitt 36 Schnelle Hilfe

21. März 2009Karin Triendl
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Holz in the City

War Shoreditch im Osten von London noch vor ein paar Jahren nur wenigen bekannt, zieht es seit kurzem immer mehr Holzbauinteressierte in diesen Stadtteil....

War Shoreditch im Osten von London noch vor ein paar Jahren nur wenigen bekannt, zieht es seit kurzem immer mehr Holzbauinteressierte in diesen Stadtteil....

War Shoreditch im Osten von London noch vor ein paar Jahren nur wenigen bekannt, zieht es seit kurzem immer mehr Holzbauinteressierte in diesen Stadtteil. Umgeben von Backsteinhäusern wurde dort das höchste Massivholzgebäude Europas fertiggestellt. Das Londoner Architekturbüro Waugh Thistleton wollte auf dem 305 m² großen Eckgrundstück etwas Neues ausprobieren, dabei stand der Umweltgedanke an erster Stelle seiner Überlegungen. Intensive Gespräche mit Statikern und Technikern ergaben, dass ein Projekt in Stahlbeton bezogen auf seine mittlere Lebensdauer signifikante CO2-Emissionen zur Folge hätte. Aufgrund seiner Fähigkeit, CO2 in Form von unschädlichem Kohlenstoff zu speichern, fiel damit die logische Wahl auf den Baustoff Holz.

Man entschied sich für eine Konstruktion aus vorgefertigten Brettsperrholz-Elementen und konnte in Zusammenarbeit mit Planern, Technikern und dem österreichischen Hersteller alle Details zur Erfüllung der geforderten schallschutztechnischen und statischen Vorgaben lösen.

Der 29,75 Meter hohe Wohnturm auf quadratischem Grundriss mit 17,5 Metern Seitenlänge besteht aus acht Geschossen in Massivholzbauweise über einem in Stahlbeton errichteten Sockelgeschoss. Wand- und Deckenelemente bilden eine wabenartige Tragstruktur, welche durch längs und quer angeordnete Trennwände innerhalb der einzelnen Geschosse vertikal ausgesteift wird. Die 14,60cm dicken Deckenelemente wurden über Stufenfalze gestoßen, mit Diagonalverschraubungen zu Scheiben ausgebildet und übernehmen dadurch die horizontale Aussteifung.

Laut britischer Bauvorschrift muss bei mehrgeschossigen Bauten verhindert werden, dass mehr als 10 % einer Geschossdecke infolge eines Bauteilkollapses in sich zusammenstürzen. Die geforderten statischen Nachweise erfolgten in Form von Einzelberechnungen für alle lastabtragenden Elemente. Ihre Auswirkung findet man in einer Vielzahl konstruktiver Detailausführungen wie z.B. Stahlwinkel, welche die Wände an der Deckenunterseite fixieren und nach oben anhängen.

Eine weitere Herausforderung bildeten die frei in der Wabenstruktur des Gebäudes stehenden Aufzugsschächte. Die bis zu 11,50 Meter hohen Massivholzelemente tragen die Lasten des Aufzugs und sich selbst. Zur Erhöhung der Stabilität liegen die Stöße der Schachtwände höhenversetzt zu den rechtwinkelig anschließenden und konnten so ineinander verzahnt werden. Um den Aufzug schalltechnisch zu entkoppeln und die Vibrationen zu dämpfen, wurden zwei Brettsperrholz-Wände aneinandergefügt und mit Gipskartonplatten vom Restbau getrennt.

Wände und Podeste der Treppenhäuser bestehen ebenfalls aus Massivholz-Platten. Für die Treppenläufe kamen Hohlformen aus Stahl zum Einsatz, welche nach der Montage mit Beton verfüllt wurden.

In Großbritannien muss öffentlichen Gebäudebereichen, baurechtlich gesehen, lediglich eine bestimmte Feuerwiderstandsklasse zugeordnet werden, welche aber nicht an die Brennbarkeit der Baustoffe gebunden ist. Daher gab es auch in diesem Punkt keine besonderen Hindernisse für die gewählte Holzkonstruktion. Weil die Treppenhäuser des Murray Grove Towers die einzigen Fluchtwege sind, müssen sie 120 Minuten Brandwiderstand erreichen. Alle anderen Bereiche müssen in F60, lastabtragende Elemente in F90 ausgeführt sein. In den Wohnungen erfüllen abgehängte Decken, Zementestrich und Trittschalldämmung sowohl Brandschutz- als auch Schallschutzanforderungen. Ab einer Höhe von 30 Metern hätten sich allerdings einige Vorgaben geändert, daher blieben die Architekten mit 29,75 Metern Höhe bewusst unter dieser Grenze.

Für die äußere Hülle wurden Licht- bzw. Schattenverhältnisse der umliegenden Bäume und Gebäude in ein aus 5000 Einzelpaneelen bestehendes Pixelbild umgesetzt. Die vorgehängte Fassade besteht aus mit 70% recyceltem Holz hergestellten Faserzementplatten und einer darunterliegenden Außenwanddämmung aus Polyurethanschaum.

Offensichtlich wurde mit diesem Projekt ein großes Potenzial für mehrgeschossige Massivholzgebäude in der Stadt entdeckt. Denn trockene Baustellen, kurze Bauzeiten und nicht zuletzt der Umstand, dass dem Umweltgedanken Rechnung getragen wird, sprechen für das Material Holz. Zudem liegen die Herstellungskosten mit rund 3,75 Mio Euro niedriger als die Kosten für ein vergleichbares Stahlbetongebäude.

Insgesamt wurden 950 m³ Holz per LKW aus Katsch an der Mur angeliefert und direkt an der endgültigen Position verbaut. Das war notwendig, weil Baustelleneinrichtungen in London sehr teuer sind. Die Montage dauerte nur neun Wochen und ersparte dem Bauträger im Vergleich zu herkömmlichen Baustellen fast ein halbes Jahr an Bauzeit.

Nachdem das höchste Massivholzhaus in Europa in nur 18 Monaten von Planungsbeginn bis zur Schlüsselübergabe realisiert werden konnte, zudem der Atmosphäre trotz langer Transportwege rund 125 Tonnen CO2 erspart bleiben und der damit entstandene Wohnraum auch noch leistbar angeboten wurde, ist es wohl kein Wunder, dass die im Schnitt 60 m² großen Apartments innerhalb von 1 1/2 Stunden nach Verkaufseröffnung vergeben waren.

zuschnitt, Sa., 2009.03.21



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Stadthaus in London



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zuschnitt 33 Holz stapelt hoch

16. September 2008Karin Triendl
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Dreirad statt Vierrad

Am Anfang war ein Autohaus. Umgeben von Wohnhäusern, sollte das 1983 als Stahlkonstruktion erbaute Gebäude im Trondheimer Stadtteil Svartlamon auf Wunsch...

Am Anfang war ein Autohaus. Umgeben von Wohnhäusern, sollte das 1983 als Stahlkonstruktion erbaute Gebäude im Trondheimer Stadtteil Svartlamon auf Wunsch...

Am Anfang war ein Autohaus. Umgeben von Wohnhäusern, sollte das 1983 als Stahlkonstruktion erbaute Gebäude im Trondheimer Stadtteil Svartlamon auf Wunsch der Stadtväter zu einem Kindergarten umfunktioniert werden. Die Architekten vom Büro bkark fanden vor allem die Positionierung des Gebäudes direkt an der Straße sehr inspirierend. Diese für Kindergärten ungewöhnliche Extrovertiertheit sahen sie als Herausforderung und erkannten zugleich die Qualität eines mit der Umgebung kommunizierenden Raumes.

Nicht zuletzt aus Gründen der Nachhaltigkeit entschieden sich bkark gegen den Abriss des Autohauses und gewannen damit die Möglichkeit, mit einem beinahe stützenlosen und ungewöhnlich hohen Raum zu arbeiten. bkark nennen diesen Prozess »Urbanes ökologisches Recycling« und ließen das Bestandsobjekt zum eigentlichen Bauplatz werden. Das Autohaus erfüllt dabei den Zweck der thermischen Hülle, der Innenausbau wurde als maßgeschneidertes Holzmöbel konzipiert. Das Architektenteam hatte bereits bei einem benachbarten Wohnbauprojekt (s. Zuschnitt 20) erste Erfahrungen mit Brettsperrholz gemacht und wollte nun den Einsatz dieses Materials im Innenausbau weiter untersuchen. Doch die Bauherren begegneten der Materialwahl mit viel Skepsis. Da die neue Konstruktion das bestehende Gebäude aber auch statisch und schallschutztechnisch unterstützen musste, fiel die Wahl schlussendlich doch auf Holz. So konnten aktuelle bautechnische Anforderungen der Behörden, aber auch ästhetische und praktische Vorgaben von Planern und Pädagogen erfüllt werden.

Das geforderte Raumprogramm für den ehemaligen Schauraum bestand aus einer Küche, einem Atelier, drei Gruppenräumen, einem Ruheraum und einem »grünen Raum«, der dem Lernen von der Natur gewidmet sein sollte. Garderobe, Toiletten und Serviceräume befinden sich im hinteren Teil des ehemaligen Autohauses. Somit konnte auf platzverschwenderische Gangflächen verzichtet werden.

Während der Planung wurde großer Wert auf die Kommunikation mit den Pädagogen gelegt. Die Kinder sollten wie Erwachsene behandelt werden und die Räume für sich und ohne strikte Vorgaben entdecken dürfen. Außerdem sollten vor allem der Kreativität der Kinder keine Grenzen gesetzt werden.

Der Entwurf sah die Errichtung von drei raumhohen Möbeln vor, die gemeinsam mit dem entstehenden »Restraum« alle geforderten Bereiche definieren. Man könnte auch von drei Häusern sprechen, charakterisiert durch individuelle Ausblicke, Lichtsituationen und Richtungen. Ziel von bkark war es, trotz der sehr einfachen Raumstruktur und Materialwahl Komplexität zu schaffen. Die Architekten erreichten dies, indem sie gekonnt gerade Linien in Plan und Schnitt verschoben und damit große, kleine, hohe, niedrige, offene und geschlossene Räume entstehen ließen.

Anhand eines Arbeitsmodells im Maßstab 1:20 wurden die Beziehungen der Räume zueinander und die Zwischenräume genau definiert. Für die passgenaue Montage vor Ort waren sorgfältige Planung und Ausführung von größter Wichtigkeit. Die Architekten arbeiteten hierfür mit computergenerierten 3D-Schnitten, um die komplexen Holzteile genauer dokumentieren zu können. Trotz der guten Kommunikation zwischen Hersteller und Planern folgten mehrere Versionen an Ausführungsplänen, bis der Startschuss für die Produktion mittels CNC-Maschine gegeben werden konnte.

Insgesamt wurden 43 m³ Holz auf einer neuen Bodenkonstruktion, bestehend aus einem Holzrost mit dazwischenliegender Dämmung verbaut. Die 96mm starken Wände wurden nur in den Sanitärbereichen mit Öl oberflächenbehandelt, die restlichen Massivholzwände können von den Kindern als überdimensionale Pinnwand benutzt werden. Der Bodenbelag wurde geschliffen und mit transparentem Lack in fünf Schichten rutschfest versiegelt. Die erhöhten Schallschutzanforderungen (Rw ≥ 35dB) konnten ohne zusätzliche Maßnahmen erfüllt werden.

Letztendlich überzeugte Brettsperrholz als sichtbare Oberfläche und Konstruktionsmaterial alle Beteiligten. Der homogene Innenausbau schmiegt sich wie ein perfektes Möbel an die bestehende Stahlkonstruktion aus den 80er-Jahren. Neben den erfüllten technischen Anforderungen machen Haptik, Geruch und die Flexibilität bei der Bespielung der Wände das Brettsperrholz im Kindergarten von Svartlamon zum multifunktionalen Alleskönner.

zuschnitt, Di., 2008.09.16



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Kindergarten in Trondheim



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zuschnitt 31 Massiv über Kreuz

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Bauwerke

Presseschau 12

15. Dezember 2010Karin Triendl
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Zwischen Tradition und Fortschritt

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung.

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung.

Ein Haus, das sich bewegen kann? Nichts Ungewöhnliches, sagt Alex de Rijke. Schon gregorianische oder viktorianische Sommerhäuser seien auf Schienen dem jeweiligen Stand der Sonne gefolgt, und das ziemlich Lowtech. Nichtsdestoweniger hat das englische Architekturbüro drmm von Alex de Rijke, Philip Marsh und Sadie Morgan, das schon des Öfteren mit innovativen Holzkonstruktionen überrascht hat, bei dem Haus in Suffolk einmal mehr Unmögliches möglich gemacht.

Die Bauherren wollten dem hektischen Stadtleben den Rücken kehren. Das perfekte Grundstück mitten im Grünen war bald gefunden, konnte allerdings nur unter Erfüllung strenger Behördenauflagen bebaut werden. Der Neubau sollte den traditionellen länglichen, mit Holz verkleideten Scheunen nachempfunden werden. Architekt Alex de Rijke und der Bauherr ließen sich durch diese Vorgabe nicht beirren und konterten mit einer archetypischen, aber beweglichen Hülle.

So entstand ein eher konventionelles Gefüge, bestehend aus Wohnhaus, Gästehaus und einer aus der Achse abgerückten Garage. Darüber stülpt sich eine bewegliche Hülle, die auf eingelegten Stahlschienen dahingleitet und von vier mit Autobatterien angetriebenen Elektromotoren bewegt wird.

Drückt der Bauherr den Knopf auf seiner Fernbedienung, dann hört er ein leises Surren, die versteckten Räder beginnen sich zu drehen und eine 20 Tonnen schwere, 16 Meter lange, 6 Meter breite und 7 Meter hohe Schale setzt sich in Bewegung. Für die gesamte Strecke braucht das bewegliche Haus 6 Minuten.

Die eher ungewöhnliche Hülle ist nicht nur eine Antwort auf die strengen Baugesetze, sie entstand auch aufgrund einer einfachen Überlegung: Küche, Essplatz und Wohnzimmer sollten sich zur Sonne und zur Natur hin mit großen Glasflächen öffnen. Bei zu viel Glas können sich die Räume im Sommer überhitzen, in den Wintermonaten aber will man die Sonne gerne ins Haus lassen. Damit war die Idee eines beweglichen Sonnendaches, das sich den äußeren Bedingungen anpassen kann, geboren. Die wärmegedämmte Holz-Stahl-Konstruktion der beweglichen Hülle ist mit Lärchenholz beplankt und mit den Ausschnitten der Dachfenster versehen. So ist auch bei geschlossenem Zustand der Blick aus dem darunterliegenden Glashaus gewährleistet. Der nach Westen orientierte Wintergarten besteht aus kostengünstigen vorgefertigten Industrieprodukten, der daran angrenzende geschlossene Teil des Wohnhauses ist in herkömmlicher Holzständerbauweise errichtet und in eine rote, wasserdichte Kunststoffmembran gehüllt. An der Rückseite des Hauses bilden die Garage und das schwarz gestrichene Gästehaus einen kleinen Innenhof, der je nach Position der Hülle manchmal offen, manchmal überdacht vom Außen- zum Innenraum mutiert.

Die technische Umsetzung gestaltete sich schwierig, denn es durfte ja keine abstehenden Bauteile wie Dachrinnen oder Antennen geben. Das Regenwasser rinnt nun hinter der Holzschalung ab und wird über eine herkömmliche, im Boden versteckte Rinne abgeführt. Dockt der bewegliche Teil am Wohnhaus an, dienen rote Nylonbürsten als Windstopper. Als Energiequelle wurde Erdwärme gewählt, so konnte auf Kamine verzichtet werden. Außerdem musste ein der beweglichen Hülle angepasstes Fluchtwegkonzept entwickelt werden. Aus Sicherheitsgründen sind die Türöffnungen so konzipiert, dass es an jedem Punkt des Fahrweges immer einen Ausgang ins Freie gibt. Ist eine Tür verschlossen, öffnet sich eine andere.

Das Innere des Hauses wirkt überraschend „normal“. Küche, Wohn- und Essbereich befinden sich im gläsernen Wintergarten, rückwärtig liegen Wirtschaftsraum, Schlafzimmer und Bad. Über eine Galerie gelangt man ins erste Obergeschoss mit einem zweiten Schlafzimmer und einem Badezimmer. Der Innenraum wird dann zum Erlebnis, wenn sich das Dach in Bewegung setzt. Sogar das Baden unter freiem Himmel ist dann möglich.

Die bewegliche Außenhülle ist nicht nur ein Spektakel für sich, sie sorgt für eine radikale Flexibilität und macht diese für den Bewohner physisch spürbar.

zuschnitt, Mi., 2010.12.15



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Zuschnitt 40 Holz und Stahl

14. Dezember 2009Karin Triendl
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Box mit Stimmvolumen

Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte...

Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte...

Das Nationaltheater in der nordrumänischen Stadt Iasi, von den österreichischen Architekten Fellner und Helmer erbaut, musste renoviert werden und suchte ein möglichst kostengünstiges Ausweichquartier. Während der Sanierung sollte das temporäre Gebäude Platz für Theateraufführungen, Serviceräume und rund 300 Zuschauer bieten. Zudem sollte es in nur drei Monaten – inklusive Planung – und mit einem bescheidenen Budget von 300.000 Euro realisiert werden.

Angelo Roventa, in Vorarlberg lebender Architekt mit rumänischen Wurzeln, nahm die Herausforderung an. Von Beginn an suchte er nicht nur nach einer formalen Lösung, sondern nach einem System, mit dem der enge Zeitplan eingehalten und das Bauwerk um die geringe Bausumme realisiert werden konnte. Moderne österreichische Holzbautechnik und die radikale Reaktion des Architekten auf die schwierigen ökonomischen Rahmenbedingungen machten das Unmögliche möglich.

Der minimalistische Holzbau wurde auf einem aus Ortbeton gefertigten Sockel montiert, Wände und Dach wurden aus vorfabrizierten Paneelen errichtet. Die Elemente bestehen aus Holzprofilen mit integrierter Wärmedämmung, einer zementgebundenen Holzwolleplatte als Innenansicht und einer Holzplatte mit Folie als Außenhaut.

Somit sorgen die Fertigteile neben ihrer Funktion als primäre Tragstruktur für zahlreiche Nebeneffekte: Sie erfüllen auch Anforderungen an Wärmedämmung, Schalldämmung und Brandschutz. Außen montierte Holzlatten verdecken die Stöße der schwarzen Folien und geben den Rhythmus der pragmatischen Fassadengestaltung vor.

Insgesamt 65 Paneele wurden benötigt. Jedes wiegt zwei Tonnen, die vier Hauptträger aus Brettschichtholz jeweils vier. Sie wurden in Vorarlberg vorgefertigt und mit 14 LKWs nach Rumänien geliefert. Der Rest konnte dann vor Ort in nur einem Monat von vier Männern mit einem Kran und einem Baugerüst errichtet werden.

Sobald die Zeit des Theaters abgelaufen ist, kann die gesamte Konstruktion mit wenig Aufwand demontiert werden. Das Gebäude muss nur ein neues Fundament finden, damit ihm neues Leben eingehaucht werden kann – temporäre Architektur, die trotz aller äußeren Erschwernisse Verantwortung für sich selbst trägt.

Die guten Eigenschaften von Holz kommen bei diesem Theaterbau auch akustisch zum Tragen. »Da sich unter dem Bau eine Grube befindet, ähnelt er dem Körper eines Musikinstruments, weil das Volumen wie ein großer Hohlraum funktioniert«, so der Vorarlberger Architekt.

Die stattliche Raumhöhe des Theaterbaus ergab sich aus dem beschränkten Budget und den innovativen Lösungsansätzen des Architekten. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Lösung sorgt der rund 12 Meter hohe Innenraum für das doppelte Luftvolumen und ersetzt damit teure Anlagen für Lüftungs- und Klimatechnik. Nach dem Ende der Aufführung kann ein herkömmlicher Ventilator den Raum in nur einer Stunde belüften.

Aufgrund der hohen Geschwindigkeit des gesamten Bauprozesses unterlag das Projekt auch einigen nicht vorgesehenen Änderungen. Laut Angelo Roventa sollte das Gebäude eigentlich nicht mit dem Haupthaus konkurrieren. Doch die vom Architekten vorgesehene Position der schwarzen Box wurde von den lokalen Entscheidungsträgern kurzerhand um ein paar Meter verschoben und sorgt so für eine eher unkontrollierte städtebauliche Situation hin zum angrenzenden Hauptgebäude.

Für Rumänien dürfte das provisorische Theater in Iasi eine wichtige Ausnahmeerscheinung sein. Während die Öffentlichkeit sich generell skeptisch gegenüber modernen Bauten zeigt, dient das Temporäre in diesem Fall als Alibi für eine hochwertige architektonische Intervention. Das Projekt sollte jedoch nicht als modischer Minimalismus verstanden werden, sondern eher als ein Extrem, das durch Fakten und Zahlen bestimmt wird und dadurch konzentrierte Architektur mit maximalem Effekt schafft.

Architekt Angelo Roventa versuchte, die Aufgabenstellung möglichst undramatisch und klar zu erfüllen. Es gelang ihm dabei zu zeigen, dass Holz ein Baustoff ist, der bei konsequenter Anwendung kostengünstige und logische Bauten mit einer eigenen pragmatischen Ästhetik hervorbringen kann.

[ Karin Triendl, Studium der Architektur in Innsbruck, Arlington und Delft, seit 2007 Bürogemeinschaft mit Patrick Fessler. Schreibt als freie Autorin über aktuelle Stadt(räume) und Architekturen ]

zuschnitt, Mo., 2009.12.14



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National Theater lasi „Sala Atelier“



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21. März 2009Karin Triendl
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Holz in the City

War Shoreditch im Osten von London noch vor ein paar Jahren nur wenigen bekannt, zieht es seit kurzem immer mehr Holzbauinteressierte in diesen Stadtteil....

War Shoreditch im Osten von London noch vor ein paar Jahren nur wenigen bekannt, zieht es seit kurzem immer mehr Holzbauinteressierte in diesen Stadtteil....

War Shoreditch im Osten von London noch vor ein paar Jahren nur wenigen bekannt, zieht es seit kurzem immer mehr Holzbauinteressierte in diesen Stadtteil. Umgeben von Backsteinhäusern wurde dort das höchste Massivholzgebäude Europas fertiggestellt. Das Londoner Architekturbüro Waugh Thistleton wollte auf dem 305 m² großen Eckgrundstück etwas Neues ausprobieren, dabei stand der Umweltgedanke an erster Stelle seiner Überlegungen. Intensive Gespräche mit Statikern und Technikern ergaben, dass ein Projekt in Stahlbeton bezogen auf seine mittlere Lebensdauer signifikante CO2-Emissionen zur Folge hätte. Aufgrund seiner Fähigkeit, CO2 in Form von unschädlichem Kohlenstoff zu speichern, fiel damit die logische Wahl auf den Baustoff Holz.

Man entschied sich für eine Konstruktion aus vorgefertigten Brettsperrholz-Elementen und konnte in Zusammenarbeit mit Planern, Technikern und dem österreichischen Hersteller alle Details zur Erfüllung der geforderten schallschutztechnischen und statischen Vorgaben lösen.

Der 29,75 Meter hohe Wohnturm auf quadratischem Grundriss mit 17,5 Metern Seitenlänge besteht aus acht Geschossen in Massivholzbauweise über einem in Stahlbeton errichteten Sockelgeschoss. Wand- und Deckenelemente bilden eine wabenartige Tragstruktur, welche durch längs und quer angeordnete Trennwände innerhalb der einzelnen Geschosse vertikal ausgesteift wird. Die 14,60cm dicken Deckenelemente wurden über Stufenfalze gestoßen, mit Diagonalverschraubungen zu Scheiben ausgebildet und übernehmen dadurch die horizontale Aussteifung.

Laut britischer Bauvorschrift muss bei mehrgeschossigen Bauten verhindert werden, dass mehr als 10 % einer Geschossdecke infolge eines Bauteilkollapses in sich zusammenstürzen. Die geforderten statischen Nachweise erfolgten in Form von Einzelberechnungen für alle lastabtragenden Elemente. Ihre Auswirkung findet man in einer Vielzahl konstruktiver Detailausführungen wie z.B. Stahlwinkel, welche die Wände an der Deckenunterseite fixieren und nach oben anhängen.

Eine weitere Herausforderung bildeten die frei in der Wabenstruktur des Gebäudes stehenden Aufzugsschächte. Die bis zu 11,50 Meter hohen Massivholzelemente tragen die Lasten des Aufzugs und sich selbst. Zur Erhöhung der Stabilität liegen die Stöße der Schachtwände höhenversetzt zu den rechtwinkelig anschließenden und konnten so ineinander verzahnt werden. Um den Aufzug schalltechnisch zu entkoppeln und die Vibrationen zu dämpfen, wurden zwei Brettsperrholz-Wände aneinandergefügt und mit Gipskartonplatten vom Restbau getrennt.

Wände und Podeste der Treppenhäuser bestehen ebenfalls aus Massivholz-Platten. Für die Treppenläufe kamen Hohlformen aus Stahl zum Einsatz, welche nach der Montage mit Beton verfüllt wurden.

In Großbritannien muss öffentlichen Gebäudebereichen, baurechtlich gesehen, lediglich eine bestimmte Feuerwiderstandsklasse zugeordnet werden, welche aber nicht an die Brennbarkeit der Baustoffe gebunden ist. Daher gab es auch in diesem Punkt keine besonderen Hindernisse für die gewählte Holzkonstruktion. Weil die Treppenhäuser des Murray Grove Towers die einzigen Fluchtwege sind, müssen sie 120 Minuten Brandwiderstand erreichen. Alle anderen Bereiche müssen in F60, lastabtragende Elemente in F90 ausgeführt sein. In den Wohnungen erfüllen abgehängte Decken, Zementestrich und Trittschalldämmung sowohl Brandschutz- als auch Schallschutzanforderungen. Ab einer Höhe von 30 Metern hätten sich allerdings einige Vorgaben geändert, daher blieben die Architekten mit 29,75 Metern Höhe bewusst unter dieser Grenze.

Für die äußere Hülle wurden Licht- bzw. Schattenverhältnisse der umliegenden Bäume und Gebäude in ein aus 5000 Einzelpaneelen bestehendes Pixelbild umgesetzt. Die vorgehängte Fassade besteht aus mit 70% recyceltem Holz hergestellten Faserzementplatten und einer darunterliegenden Außenwanddämmung aus Polyurethanschaum.

Offensichtlich wurde mit diesem Projekt ein großes Potenzial für mehrgeschossige Massivholzgebäude in der Stadt entdeckt. Denn trockene Baustellen, kurze Bauzeiten und nicht zuletzt der Umstand, dass dem Umweltgedanken Rechnung getragen wird, sprechen für das Material Holz. Zudem liegen die Herstellungskosten mit rund 3,75 Mio Euro niedriger als die Kosten für ein vergleichbares Stahlbetongebäude.

Insgesamt wurden 950 m³ Holz per LKW aus Katsch an der Mur angeliefert und direkt an der endgültigen Position verbaut. Das war notwendig, weil Baustelleneinrichtungen in London sehr teuer sind. Die Montage dauerte nur neun Wochen und ersparte dem Bauträger im Vergleich zu herkömmlichen Baustellen fast ein halbes Jahr an Bauzeit.

Nachdem das höchste Massivholzhaus in Europa in nur 18 Monaten von Planungsbeginn bis zur Schlüsselübergabe realisiert werden konnte, zudem der Atmosphäre trotz langer Transportwege rund 125 Tonnen CO2 erspart bleiben und der damit entstandene Wohnraum auch noch leistbar angeboten wurde, ist es wohl kein Wunder, dass die im Schnitt 60 m² großen Apartments innerhalb von 1 1/2 Stunden nach Verkaufseröffnung vergeben waren.

zuschnitt, Sa., 2009.03.21



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Stadthaus in London



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zuschnitt 33 Holz stapelt hoch

16. September 2008Karin Triendl
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Dreirad statt Vierrad

Am Anfang war ein Autohaus. Umgeben von Wohnhäusern, sollte das 1983 als Stahlkonstruktion erbaute Gebäude im Trondheimer Stadtteil Svartlamon auf Wunsch...

Am Anfang war ein Autohaus. Umgeben von Wohnhäusern, sollte das 1983 als Stahlkonstruktion erbaute Gebäude im Trondheimer Stadtteil Svartlamon auf Wunsch...

Am Anfang war ein Autohaus. Umgeben von Wohnhäusern, sollte das 1983 als Stahlkonstruktion erbaute Gebäude im Trondheimer Stadtteil Svartlamon auf Wunsch der Stadtväter zu einem Kindergarten umfunktioniert werden. Die Architekten vom Büro bkark fanden vor allem die Positionierung des Gebäudes direkt an der Straße sehr inspirierend. Diese für Kindergärten ungewöhnliche Extrovertiertheit sahen sie als Herausforderung und erkannten zugleich die Qualität eines mit der Umgebung kommunizierenden Raumes.

Nicht zuletzt aus Gründen der Nachhaltigkeit entschieden sich bkark gegen den Abriss des Autohauses und gewannen damit die Möglichkeit, mit einem beinahe stützenlosen und ungewöhnlich hohen Raum zu arbeiten. bkark nennen diesen Prozess »Urbanes ökologisches Recycling« und ließen das Bestandsobjekt zum eigentlichen Bauplatz werden. Das Autohaus erfüllt dabei den Zweck der thermischen Hülle, der Innenausbau wurde als maßgeschneidertes Holzmöbel konzipiert. Das Architektenteam hatte bereits bei einem benachbarten Wohnbauprojekt (s. Zuschnitt 20) erste Erfahrungen mit Brettsperrholz gemacht und wollte nun den Einsatz dieses Materials im Innenausbau weiter untersuchen. Doch die Bauherren begegneten der Materialwahl mit viel Skepsis. Da die neue Konstruktion das bestehende Gebäude aber auch statisch und schallschutztechnisch unterstützen musste, fiel die Wahl schlussendlich doch auf Holz. So konnten aktuelle bautechnische Anforderungen der Behörden, aber auch ästhetische und praktische Vorgaben von Planern und Pädagogen erfüllt werden.

Das geforderte Raumprogramm für den ehemaligen Schauraum bestand aus einer Küche, einem Atelier, drei Gruppenräumen, einem Ruheraum und einem »grünen Raum«, der dem Lernen von der Natur gewidmet sein sollte. Garderobe, Toiletten und Serviceräume befinden sich im hinteren Teil des ehemaligen Autohauses. Somit konnte auf platzverschwenderische Gangflächen verzichtet werden.

Während der Planung wurde großer Wert auf die Kommunikation mit den Pädagogen gelegt. Die Kinder sollten wie Erwachsene behandelt werden und die Räume für sich und ohne strikte Vorgaben entdecken dürfen. Außerdem sollten vor allem der Kreativität der Kinder keine Grenzen gesetzt werden.

Der Entwurf sah die Errichtung von drei raumhohen Möbeln vor, die gemeinsam mit dem entstehenden »Restraum« alle geforderten Bereiche definieren. Man könnte auch von drei Häusern sprechen, charakterisiert durch individuelle Ausblicke, Lichtsituationen und Richtungen. Ziel von bkark war es, trotz der sehr einfachen Raumstruktur und Materialwahl Komplexität zu schaffen. Die Architekten erreichten dies, indem sie gekonnt gerade Linien in Plan und Schnitt verschoben und damit große, kleine, hohe, niedrige, offene und geschlossene Räume entstehen ließen.

Anhand eines Arbeitsmodells im Maßstab 1:20 wurden die Beziehungen der Räume zueinander und die Zwischenräume genau definiert. Für die passgenaue Montage vor Ort waren sorgfältige Planung und Ausführung von größter Wichtigkeit. Die Architekten arbeiteten hierfür mit computergenerierten 3D-Schnitten, um die komplexen Holzteile genauer dokumentieren zu können. Trotz der guten Kommunikation zwischen Hersteller und Planern folgten mehrere Versionen an Ausführungsplänen, bis der Startschuss für die Produktion mittels CNC-Maschine gegeben werden konnte.

Insgesamt wurden 43 m³ Holz auf einer neuen Bodenkonstruktion, bestehend aus einem Holzrost mit dazwischenliegender Dämmung verbaut. Die 96mm starken Wände wurden nur in den Sanitärbereichen mit Öl oberflächenbehandelt, die restlichen Massivholzwände können von den Kindern als überdimensionale Pinnwand benutzt werden. Der Bodenbelag wurde geschliffen und mit transparentem Lack in fünf Schichten rutschfest versiegelt. Die erhöhten Schallschutzanforderungen (Rw ≥ 35dB) konnten ohne zusätzliche Maßnahmen erfüllt werden.

Letztendlich überzeugte Brettsperrholz als sichtbare Oberfläche und Konstruktionsmaterial alle Beteiligten. Der homogene Innenausbau schmiegt sich wie ein perfektes Möbel an die bestehende Stahlkonstruktion aus den 80er-Jahren. Neben den erfüllten technischen Anforderungen machen Haptik, Geruch und die Flexibilität bei der Bespielung der Wände das Brettsperrholz im Kindergarten von Svartlamon zum multifunktionalen Alleskönner.

zuschnitt, Di., 2008.09.16



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zuschnitt 31 Massiv über Kreuz

12. April 2008Karin Triendl
zuschnitt

Sunken House

David Adjaye, gefeiertes Talent der jungen englischen Architektenszene, agiert an der Grenze von Kunst und Architektur. Seine Beschäftigung mit Maßstab, Raum und Licht hat zu Kooperationen mit Künstlern wie Olafur Eliasson geführt und ihm einzigartige Aufträge für eine ausgewählte Klientel eingebracht.

David Adjaye, gefeiertes Talent der jungen englischen Architektenszene, agiert an der Grenze von Kunst und Architektur. Seine Beschäftigung mit Maßstab, Raum und Licht hat zu Kooperationen mit Künstlern wie Olafur Eliasson geführt und ihm einzigartige Aufträge für eine ausgewählte Klientel eingebracht.

Kürzlich hat er im Londoner East End eine ganz besondere schwarze Box inmitten gregorianischer Ziegelbauten realisiert. Holz und Glas spielen dabei die Hauptrollen, treten aber aufgrund der sorgfältigen Detaillierung bewusst in den Hintergrund. Auftraggeber und stolzer Eigentümer ist ein befreundeter Fotograf – mit eine Erklärung, warum das Projekt ganz dem Spiel von Licht und Schatten gewidmet wurde.

Die 150 m² Nutzfläche verteilen sich auf drei Geschosse. Küche, Esszimmer und Studienzimmer befinden sich im Untergeschoss, auf einer Ebene mit dem abgesenkten Innenhof. Dieser private Außenraum bietet Schutz vor neugierigen Nach- barn und lässt sich im Sommer bequem als zweiter Wohnraum nutzen. Die Eingangsebene liegt auf Straßenniveau und ist mit einer innen- und einer außenliegenden Holztreppe an die übrigen Räume angebunden. Im Obergeschoss zeigen sich die großartigen Fensteröffnungen von ihrer besten Seite, sie lassen das Licht bis tief in den Raum fallen.

Weiße Wände und ein weiß beschichteter Kunstharzboden bieten dafür die ideale Projektionsfläche. Von außen betrachtet wirkt der einheitliche Baukörper wie aus einem Stück Holz gefertigt. Treppen, Brüstungen, Lüftungsöffnungen und Türen sind camouflageartig in die schwarz gestrichene Holzoberfläche integriert. Durch die konsequent einheitliche Materialisierung der Freiräume lässt Architekt Adjaye das Haus in sich selbst versinken. Sogar die Dachfläche ist mit einer Hülle aus schwarzen Holzlatten verkleidet und fungiert als Aussichtsplattform über den Dächern von East London.

Hinter der vorgehängten Holzfassade versteckt sich die tragende Konstruktion aus Massivholzelementen. Das Büro kooperierte mit dem Londoner Unternehmen Eurban, das sich auf vorgefertigte, qualitativ hochwertige Wohnhäuser spezialisiert hat. Die gesamten Bauteile, inklusive Außenhaut und allen Öffnungen, wurden in Deutschland zugeschnitten und vorbereitet. Damit konnte der Rohbau in nur zwei Tagen errichtet werden. Tragende Wand- und Deckenelemente wurden aus Fichtenholz gefertigt, für die Außenhaut wählte der Architekt mit Leinöl behandelte Lärche.

Scheinbar mühelos überwinden Glasanschlüsse die Konstruktionstiefe des Holzbaus und lassen Fixverglasungen sowie Fensteröffnungen selbstbewusst in einer Ebene mit Fassade und Dach erscheinen. Das Glas wurde in einen Stahlrahmen geklebt und bündig bis an die Außenfassade geführt. Obwohl mit herkömmlichen Verbindungen gelöst, erfüllen die angewendeten Details doch in erster Linie ihren Zweck und unterstützen die Homogenität des Baukörpers. Aufgrund der gewählten Tragkonstruktion aus Massivholzelementen musste keine Rücksicht auf Spannweiten, Balken oder Stützen genommen werden. So konnten alle Öffnungen frei positioniert werden und folgen höheren Kriterien wie Ausblick und Himmelsrichtung. Es entstand für jede individuelle Situation die dazu passende Öffnung.

Der fantastische Blick nach Westen, auf benachbarte Gärten mit großen alten Bäumen, hinter denen die Sonne untergeht, wurde in ein fix verglastes Panoramafenster gerahmt. Eine technisch mutig gelöste Überkopfverglasung bringt den Himmel über der Stadt mitten in den Arbeitsraum des Hausherrn. Die transluzente Verglasung im Schlafzimmer mit Blick auf die Bambusgewächse des Nachbarn schafft dramatische Schattenspiele.

David Adjaye versteht es wie kein anderer, durch das Spiel mit Kontrasten und Materialien eine sinnliche und konzeptionelle Wirkung zu erzeugen. Die Kargheit des versunkenen Hauses mag irritieren und wird wohl gemeinhin nicht als »schön« bezeichnet. Bei genauerem Hinsehen aber erschließt sich ein sensibel in das Stadtgefüge integriertes Schmuckkästchen.

zuschnitt, Sa., 2008.04.12



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zuschnitt 29 Holz und Glas

20. Dezember 2006Karin Triendl
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Von Bestand

Der Vorwurf, Nachhaltigkeit sei ein mehrdeutiger Begriff, beruht auf einem sprachlichen Missverständnis: Selbstverständlich ist das Adjektiv „nachhaltig“...

Der Vorwurf, Nachhaltigkeit sei ein mehrdeutiger Begriff, beruht auf einem sprachlichen Missverständnis: Selbstverständlich ist das Adjektiv „nachhaltig“...

Der Vorwurf, Nachhaltigkeit sei ein mehrdeutiger Begriff, beruht auf einem sprachlichen Missverständnis: Selbstverständlich ist das Adjektiv „nachhaltig“ mehrdeutig, solange nicht angegeben ist, was nachhaltig sein soll ... Daraus entstehende Unklarheiten sind nicht dem Begriff, sondern ausschließlich dessen Benutzern anzulasten.
aus: Petra Stephan, Nachhaltigkeit – ein semantisches Chamäleon

Für viele Spaziergänger scheinen die beiden Gebäude in der Nähe des Lanser Sees bei Innsbruck seit Generationen unverändert. Perfekt im Gelände platziert, wirken das Bauernhaus und die angrenzende Tenne so, als könnte ihnen nichts und niemand etwas anhaben.

Das Leben des Bauherrn hat sich über die Zeit sehr wohl verändert. Er lebt und arbeitet in China, ist dort verheiratet und wollte am elterlichen Grundstück einen Ort für sich und seine Familie schaffen.

Architekt Martin Scharfetter erkannte das Potenzial der seit langem leerstehenden Tenne und schlug dem Bauherrn einen Umbau der etwas anderen Art vor.

Der Bestand, eine Holzkonstruktion mit 13x14 m Grundfläche, sollte als Hülle für das Haus dienen. Balken, Stützen, Schwellen und Pfetten blieben erhalten und formen weiterhin das Traggerüst für die neue Nutzung. Alles andere wurde entfernt, das Dach mit Tonziegeln neu gedeckt.

Als Material für den Neubau, kam aus logistischen Gründen nur Holz in Frage, da alles andere im Inneren schwer manövrierbar gewesen wäre. Das neue Wohnhaus sollte sich innerhalb des Bestandes entwickeln und erst am Ende konnte die äußere Holzschalung der ehemaligen Tenne entsprechend adaptiert werden.

Das Tiroler Raumordnungsgesetz beschränkte die Errichtung zusätzlicher Wohnnutzfläche. Stadt- und Ortsbildschutz erlaubten keine großen Änderungen im Bestand. Zusätzlich wollte man im neuen Haus auf eine gewisse Wohnatmosphäre aus der zweiten Heimat China nicht verzichten. Zu viele Vorgaben für ein so kleines Objekt? Mit sehr viel Leichtigkeit gelang es Martin Scharfetter, die strengen Parameter zu dematerialisieren. Das Projekt gewinnt dadurch an Komplexität und schafft es trotzdem, die Gegenüberstellung zweier Kulturen, zweier Konstruktionen in keinem Punkt banal werden zu lassen. Alt und Neu, Tradition und Moderne werden in Form von vielschichtigen Räumen miteinander in Einklang gebracht. Die Tenne und das neue Wohnhaus bilden eine Symbiose und lassen die Grenzen zwischen Innen und Außen verschwimmen.

Die Konstruktion wurde als zweistöckiges Fachwerk mit stumpfen Stößen und einfachen Dübelverbindungen errichtet. Dabei war es dem Architekten wichtig, das Wohngebäude als eigenständigen Baukörper und im Einklang mit dem Bestand zu bauen. In diesem Sinne wurden alle Vorgaben, wie etwa die Lage der Pfetten oder die Position der alten Treppe, sorgfältig in die Planung integriert.

Im Inneren trifft man auf eine unerwartete Kombination aus hellem Birkenholz für die Deckenuntersichten, Eichenholz für die Stiege und Lärchenholz für die Fenster. Der rustikal anmutende Lehmputz und der helle Steinboden passen sich der asiatischen Raumausstattung an und neutralisieren die bunte Mischung an Einrichtungsgegenständen. Die chinesische Möblierung, Seidentapeten und Tatamis werden vom Gebäude wie selbstverständlich aufgenommen.

Eindeutig modern sind die großen Glasflächen und die Staffelung der Zwischenzonen. Dabei ergeben sich Raumhöhen von nur zwei Metern im japanisch inspirierten Essbereich mit großer Verglasung, fast sechs Meter über der Terrasse. Der Bezug zwischen Innen und Außen, die multifunktionalen Zwischenräume sowie die Balance zwischen Individualität und Unterordnung unter ein allgemeines Prinzip werden zu Grundthemen des Entwurfs.

Die Außenverschalung des Tennengebäudes wurde nach Vorgabe des neuen Inneren partiell entfernt bzw. als Sicht- und Sonnenschutz adaptiert. Nur an wenigen Stellen durchbricht ein Raum die alte Holzschalung und macht auf die neue Nutzung dahinter aufmerksam. In den übrigen Bereichen tritt die neue Hülle elegant in den Hintergrund und sorgt für eine Vielfalt an überdachten Außenräumen. Die gedämmte Fassade wurde mit Fichtenholz beplankt und schwarz gestrichen. Direkte und indirekte Leuchtkörper lassen nachts die Schichtungen im Inneren erkennen und für den Bauherrn wird der äußerst subtile Übergang zwischen Neu und Alt einmal mehr zum Raumerlebnis.

Nicht nur die architektonischen Qualitäten des Umbaus, sondern auch Materialwahl und Flexibilität der Räume lassen die Bezeichnung nachhaltig zu und es liegt nahe, auch die neue Nutzung als eindeutigen Mehrwert darzustellen, ohne den der Weiterbestand des Wirtschaftsgebäudes wohl nicht gesichert gewesen wäre.

Stellt man also die Gleichung nachhaltig = zukunftsfähig an, beweist das Projekt von Martin Scharfetter, dass auch eine Tenne als nachhaltig gelten kann.

zuschnitt, Mi., 2006.12.20



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zuschnitt 24 Nachhaltigkeit

22. Juni 2006Karin Triendl
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Baden im Hafen

Baden mitten in der Stadt scheint in Mode zu sein. Berlin hat schon seit einiger Zeit sein Badeschiff, in Wien soll diesen Sommer ein umgebautes Donaulastschiff mit Becken und Sonnendeck zum Badevergnügen verlocken und in Kopenhagen kann man seit einigen Jahren sogar mitten im Hafen baden.

Baden mitten in der Stadt scheint in Mode zu sein. Berlin hat schon seit einiger Zeit sein Badeschiff, in Wien soll diesen Sommer ein umgebautes Donaulastschiff mit Becken und Sonnendeck zum Badevergnügen verlocken und in Kopenhagen kann man seit einigen Jahren sogar mitten im Hafen baden.

Ein Grund dafür ist die bis dato beispielhafte Umweltpolitik der dänischen Hauptstadt. Obwohl eigentlich nie angenommen wurde, dass tatsächlich jemand im Hafen schwimmen will, investierte man dennoch massiv in die Steigerung der Wasserqualität und erhöhte damit den Erholungswert der bis dahin brach liegenden Flächen. 2001 wurde dann der so genannte blaue Plan für die nicht weit von der Innenstadt entfernten Hafengebiete entwickelt. Neue Kultureinrichtungen, Platz für Hausboote, die Sanierung alter Hafengebäude und sauberes Wasser sollten die Voraussetzungen für ein neues soziales Zentrum schaffen. Das Resultat überzeugt und das Planungsgebiet hat sich tatsächlich von einem ehemals industriellen Verkehrsknotenpunkt in ein soziales und kulturelles Zentrum der Stadt verwandelt.

Das Architekturbüro plot gilt seit einigen Jahren als eines der erfolgreichsten jungen Büros Dänemarks und wusste diese positive Entwicklung zu nutzen. Die Architekten, deren unbefangener Zugang zur Architektur und deren Mut zur unkonventionellen Argumentation dem Büro viel Aufmerksamkeit brachten, beteiligen sich unter anderem an einem zweistufigen internationalen Wettbewerb zur Errichtung des königlichen Theaters, das einen Teil des Entwicklungsplans für Kopenhagen bildete. Dieser Wettbewerb war Inspiration und Beginn für das später realisierte Hafenbad.

plot plante ein schwimmendes Gebäude, welches als »ultimatives königliches Theater« von Stadt zu Stadt auf Tour gehen könnte. (Die Fahrt mit großen Schleppern zur nächsten Stadt würde laut Berechnungen der Architekten nicht mehr als 24 Stunden benötigen.) Unter Verwendung schwimmender, mit Styrofoam gefüllter Betonfundamente konnten alle technischen Schwierigkeiten gelöst und der geforderte Kostenrahmen um rund die Hälfte unterschritten werden.

Obwohl der Vorschlag viel Aufmerksamkeit erntete, schaffte es das Projekt nicht in die zweite Wettbewerbsrunde. Doch die Idee einer schwimmenden Plattform blieb den Stadtvätern im Kopf. Sozusagen als Ehrenpreis erhielt das Architekturbüro im Januar 2003 daher den Auftrag, ein Hafenbad mit ähnlichen technischen Voraussetzungen zu konstruieren, jedoch unter der Bedingung, dass die Eröffnung im Juni desselben Jahres stattfinden könne. Das bedeutete die Bebauung von 2500m² mit einem Budget von 600.000 Euro in nur sechs Monaten!

Die Architekten entwickelten den einfachen Plan, die angrenzenden Grünflächen in Richtung Wasser auszudehnen und alle damit verbundenen praktischen Anforderungen an das Bad, wie z.B. die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und die allgemeine Zugänglichkeit zu erfüllen.

Das Hafenbad sollte als »Stadtstrand« fungieren und nicht so sehr den Vorgaben eines klassischen Schwimmbades folgen. Man konzentrierte sich also mehr auf die Errichtung eines neuen sozialen Treffpunkts. Damit ergaben sich ganz neue Anforderungen für die Liegebereiche und Uferzonen des Bades, welche im Wesentlichen das »Raumprogramm« für das Hafenbad bildeten. Bei einem herkömmlichen Schwimmbad würde man als Architekt für gewöhnlich die einzelnen Wasserbecken konzipieren. Das Hafenbad bot aber die Möglichkeit, den gesamten Entwurfsprozess umzudrehen und nur Oberflächen zu entwerfen, welche den Wasserzugang auf intelligente Art und Weise neu interpretieren.

Mit Hilfe der nunmehr klaren inhaltlichen Vorstellungen und einer in Dänemark nicht immer geforderten sozialen Verantwortlichkeit, entstand ein überdimensionales Sonnendeck aus Holz an der Grenze zwischen Wasser und Land.

Wie im Wettbewerb für das königliche Theater wurden die Fundamente aus schwimmenden Betonbojen gebaut. Ähnlich wie bei einem Schiffsgerüst wurde die tragende Unterkonstruktion durch ein System dicker Holzbalken verbunden und mit einfachen Brettern beplankt.

Aus Zeit- und Kostengründen entschied man sich für die Verwendung von finnischer Kiefer, welche durch herkömmliche chemische Oberflächenbehandlung geschützt wurde. Die ebenfalls aus imprägniertem Holz konstruierten Schiffsfragmente bilden Springturm, Aussichtsplattform bzw. den Platz für den alles überblickenden Bademeister.

Dieser zentrale Punkt wurde auf der schwimmenden Plattform so positioniert, dass Sport-, Kinder-, Sprung- und Familienbecken überschaubar sind. Diese Vorgabe seitens der Behörde gilt als Sicherheitsgarantie für alle Besucher und so konnte die zugelassene Kapazität auf rund 600 Personen erhöht werden. Der gegenüberliegende, bereits vorher existierende Park wurde durch klare Verbindungs- und Sichtachsen an das Bad angebunden.

Seit nunmehr drei Jahren wird die Anlage im Sommer regelrecht gestürmt. Offensichtlich ist es neben den herkömmlichen Ferien am Strand oder an felsigen Klippen auch ein besonderes Erlebnis, inmitten einer bizarren Hafenlandschaft aus Kränen, Werften und Piers zu baden.

Die Benutzung des Bades ist übrigens gratis – auch eine Erklärung für die Menschenmassen, die sich an schönen Sommertagen an Deck befinden. Kein Wunder, gilt doch ein Platz an Deck auch in unseren Breiten als absoluter Logenplatz im Bad.

zuschnitt, Do., 2006.06.22



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zuschnitt 22 Wasserkontakt

18. Dezember 2005Karin Triendl
zuschnitt

Punk Architektur in massivem Holz

»To start with, I‘ll tell you what I think Punk isn‘t – it isn‘t a fashion, a passing phase of knee-jerk rebellion against your parents, the latest ‘cool‘ trend or even a particular form of style or music; it simply is an idea that guides and motivates your life. And what is this idea? Think for yourself, be yourself, don‘t just take what society gives you, create your own rules, live your own life.«
Don Letts

»To start with, I‘ll tell you what I think Punk isn‘t – it isn‘t a fashion, a passing phase of knee-jerk rebellion against your parents, the latest ‘cool‘ trend or even a particular form of style or music; it simply is an idea that guides and motivates your life. And what is this idea? Think for yourself, be yourself, don‘t just take what society gives you, create your own rules, live your own life.«
Don Letts

Im Fall von Brendeland&Kristoffersen ist das Resultat jener Überzeugung ein Wohnprojekt, das traditionelle Methoden der Gebäudeplanung, -finanzierung, und -konstruktion in Frage stellt.

Aus einer Kombination modernster Holzkonstruktionstechniken und urbaner Entwicklungskonzepte entstand ein Vorzeigeprojekt in einem von der Alternativszene besetzten Stadtviertel Trondheims.

Die ehemaligen Hausbesetzer wünschten sich bezahlbaren Wohnraum, der den Charakter des alten Arbeiterviertels bewahrt. Die Stadtverwaltung machte Finanzen frei, gab Mitspracherecht und entschärfte damit einen sozialen Brennpunkt. Nach Jahren des Kampfes zogen Politiker und Bewohner von Svartlamon aus einem Interessenkonflikt gleichermaßen Gewinn. Man hörte einander zu und verhandelte. Um die weitere bauliche Entwicklung von Svartlamon zu sichern und das Gebiet vor einem »Ausverkauf« seitens der Stadtväter zu bewahren, wurde bald ein Entwicklungsplan festgelegt. Eines der Schlüsselprojekte war der Wettbewerb für ein gemeinschaftliches Wohnhaus, der von BKArk im Jahre 2001 gewonnen wurde.

Schon in der Wettbewerbsausschreibung wurden der innovative Umgang mit Holz und maximale Dichte gefordert. Das bedeutete für die Architekten nicht nur möglichst viele Geschosse, sondern auch die Verwendung von Massivholz aufgrund seiner brandschutztechnischen und tragenden Eigenschaften. (Bis zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein fünfgeschossiges Massivholzgebäude in Norwegen.)

BKArk überzeugten nicht nur mit höchster entwerferischer Qualität und progressiver Gebäudetechnik, sie bewiesen auch, dass ein derartiges Projekt mit niedrigen Kosten durchsetzbar ist. Damit bilden sie einen starken Gegentrend zur bisherigen Strategie der Stadtväter, den Wohnbau dem freien Markt zu überlassen. Nachdem der Wettbewerb gewonnen war, konnten die beiden jungen Architekten sofort das Vertrauen der zukünftigen Bewohner gewinnen. Mit der notwendigen Sensibilität für den Bestand und das soziale Gefüge wurde so ein Ensemble aus zwei Gebäuden mit jeweils unterschiedlichen Qualitäten und differenziertem Raumangebot entwickelt.

Das entlang der Straße platzierte Hauptgebäude besteht aus einem gemeinschaftlich genutzten Erdgeschoss und vier Wohngeschossen mit je 120 m². Das kleinere Volumen nimmt Bezug auf den Bestand und schließt das Ganze zu einem geschützten Hof. Jede der sechs Einzelwohnungen mit großzügiger Terrasse blickt auf den damit definierten Freiraum.

In letzter Zeit verschwinden rund um das neue Gebäude die Zäune – statt dessen tauchen Hängematten, Sandkisten und spielende Kinder auf. Die Strategie der Gemeinsamkeit scheint also zu funktionieren!

Das sehr einfache Raumkonzept des Hauptgebäudes erlaubt maximale Flexibilität auf allen Ebenen.

Jedes Geschoss verfügt über einen langgezogenen Gemeinschaftsraum und vier bis fünf kleine Schlafzimmer. Durch die Kombination diverser Funktionen wie z.B. Wohnen, Küche und Gangflächen oder die Nutzung der Stiege als Balkon, konnte die Anzahl der Quadratmeter pro Person auf 20 verringert werden. Zum Vergleich: der norwegische Standard liegt bei 50!

Dem zugrunde liegt die Überzeugung der Architekten, dass sich jede intelligente Entscheidung über die Raumaufteilung auf Baukosten, Energieverbrauch und schließlich auch die Miete positiv auswirkt.

Das daraus entstandene Organisationsschema ermöglicht zudem individuelle Lösungen für verschiedenste Arten des gemeinschaftlichen Wohnens: So wohnen zum Beispiel im zweiten Stock zwei Frauen mit drei Kindern, im fünften Geschoss haben sich fünf Studenten eingerichtet. Die gesamte Konstruktion wurde aus Holzbauelementen der österreichischen Firma Santner gefertigt und außen mit norwegischem Lärchenholz verkleidet. Innenwände und Böden lassen die unbehandelte Holzoberfläche der tragenden Elemente sichtbar.

Extreme Raumhöhen und Fenstergrößen machten neue Standards notwendig. Eine großartige Leistung, wenn man bedenkt, dass im geförderten Wohnbau das erlaubte Minimum oft auch schon das gebaute Maximum ist. Im Gegensatz zur allgemeinen Praxis, ein Projekt auf die Glanzseiten der Architekturmagazine abzustimmen, wurde das »Finish« ganz und gar den zukünftigen BewohnerInnen überlassen, die damit die gebaute »Basis« auf individuelle Weise interpretieren.

BKArk haben es geschafft, ein sehr zeitgenössisches Stadthaus zu errichten, das die Notwendigkeit sozialer und ökologischer Verantwortlichkeit nicht ignoriert. Das Ergebnis: ein markanter Entwurf eines hölzernen Hochhauses, der Aspekte von Alternativkultur, Punkgeist, experimenteller Architektur und nationaler Forstpolitik integriert. Der zunächst unlösbare politische Konflikt zwischen Hausbesetzern und Gemeindeverwaltung ist schlussendlich in einem einzigartigen, kostengünstigen und ökologischen Wohnungsbauprojekt aufgegangen.

zuschnitt, So., 2005.12.18



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zuschnitt 20 Holz urban

Profil

1993 Architekturstudium an der TU Innsbruck
2000 UTA Arlington Texas, Diplom an der TU Delft NL
2000 Projektleitung WEST 8 Rotterdam NL
2001 Projektleitung Krischanitz ZT GmbH Wien
2007 – 2019 Triendl und Fessler Architekten
Seit 2004 Tätigkeit als freie Journalistin für das Magazin Zuschnitt, Verlag proHolz Austria
2019 Bürogemeinschaft mit Architekt Peter Larcher WORK SPACE
2020 WORK SPACE Architekten ZT GmbH Wien und Innsbruck

Lehrtätigkeit

2023 Gastdozentin an der Abteilung Hochbau und Entwerfen; Prof. A. Staufer
Bachelor Entwerfen I :(K)ein Atelier; Nutzungsoffene Gebäude und wandelbare Strukturen im Rahmen eines Stadtverdichtungsprojekts.
2019 Gastkritik Grosses Entwerfen „strukturell - kulturell“ Haus des Wissens
Abt. Hochbau und Entwerfen; Dipl. Ing. Dr. I. Nizic und Univ. Prof. Peter Bauer
2019 Univ. Lektorin TU Wien, Studio Raumgestaltung,
Abt. Raumgestaltung und Entwerfen; Univ. Prof. W. Kühn
2018 Univ. Lektorin TU Wien, Studio Gebäudelehre, Performative Räume
Abt. Gebäudelehre und Entwerfen; Univ. Prof. T. Gregoric
2017 Gastkritikerin Master Entwerfen „seriell-individuell 2 “
betreut von Dipl. Ing. Dr. Ines Nizic
2016 - 2018 Univ. Lektorin TU Wien, Studio Wohnbau Abt. Wohnbau und Entwerfen; Univ. Prof. H. Schramm
2012-2017 Univ. Lektorin TU Wien, Grundkurs Architektur und Hochbau
Abt. Hochbau und Entwerfen; Univ. Prof. A. Staufer

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften
2014 – 2018 Mitglied des Vorstandes der Sektion Architekten, Kammer West

Auszeichnungen

2015/16 Auszeichnung Austrian Brick Awards Low Budget Brickhouse Bisamberg NÖ
2010 Gewinner Niederösterreichischer Holzbaupreis und Publikumspreis Zweifamilienhaus Hadersfeld
2010 Nominierung Bauherrenpreis der ZV der Architekt:innen Zweifamilienhaus Hadersfeld

In nextroom dokumentiert:
ZV-Bauherr:innenpreis 2025, Nominierung, Duett Pradl
ZV-Bauherrenpreis 2010, Nominierung, Zweifamilienhaus in Hadersfeld
Holzbaupreis Niederösterreich 2010, Preisträger, Zweifamilienhaus in Hadersfeld

Wettbewerbe

Auswahl:
2025 HBLA Liezen Steiermark BIG; 1.Preis
2023 Kindergarten ISTA Campus Land Niederösterreich; 1. Preis
2025 Volksschule Neilreichgasse Stadt Wien; Wettbewerb 3. Preis
2023 Erweiterung Kindergarten Regierungsviertel St. Pölten; 1.Preis
2023 Erweiterung Integrationshof Gilgenberg Promente; 1.Preis
2022 Erweiterung HBLA KLosterneuburg Obstschule BIG; 3.Preis
2022 Generationen Wohnen + Kindergarten Gemeinde Wolkersdorf; 2. Preis
2021 Umbau und Erweiterung VS + NMS Leystrasse Stadt Wien; 2. Preis
2020 Wohn- und Pflegeheim Weidachhof Schwaz Tirol; 2. Preis
2020 Sanierung und Umbau Studentenheim Canisianum Innsbruck; 2. Preis
2019 Wohnbau + Veranstaltungszentrum Duett Pradl Innsbruck;1. Preis
2016 Neubau MCI Management Center Innsbruck; 2 .Preis
2015 VS + NMS Smart City Graz; 2.Preis
2012 geförderter Wohnbau Ignaz Harrerstrasse Salzburg GWSB; 1.Preis
2010 Umbau und Erweiterung Kunstuni Linz OÖ, BIG; 1. Preis

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