Dieses Buch ist die grosszügig illustrierte Hommage an einen Architekturklassiker. «Learning from Las Vegas» heisst eine der einflussreichsten Schriften der Architekturtheorie, die seit 1972 in vielen Sprachen und zahlreichen Auflagen erschien. Sie entfaltete eine nachhaltige Wirkung in Architektur und Städtebau und gilt heute als Startschuss der Postmoderne. Die Abbildungen in diesem Meilenstein aber waren (ausser in der allerersten US-Ausgabe) nur klein und in schlechter Qualität abgedruckt. Dabei basierte die Studie wesentlich auf den Medien Fotografie und Film, die Mittel der Stadtanalyse wie der Argumentation waren.

Die Originaldias wurden seither im Firmenarchiv von Venturi, Scott Brown and Associates in Philadelphia aufbewahrt. Nun hat das Büro sein Archiv geöffnet. «Las Vegas Studio» präsentiert Bilder und Filmstills, die bei der legendären Las-Vegas-Recherche 1968 aufgenommen wurden, erstmals in Farbe und repräsentativer Auswahl, grossformatig und erstklassig reproduziert. Die Essays von ausgewiesenen Spezialisten zeigen, wie hier mit den Mitteln des Bildes über die Stadt nachgedacht wurde, und machen den Brückenschlag zur Architekturpraxis der letzten Jahrzehnte.
Austellungskatalog Museum im Bellpark, Kriens (2008/2009), und Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt M. (2009).

Ausstellungspublikation Museum im Bellpark, Kriens und Deutsches Architekturmuseum DAM, Frankfurt M. (28.03.–21.06.09).

Englische Ausgabe: „Las Vegas Studio“ (ISBN 978-3-85881-717-4)

ISBN
3858812293
Beiträge von
Stanislaus von Moos, Hilar Stadler, Martino Stierli, Peter Fischli, Rem Koolhaas, Hans U Obrist
Sprache
Deutsch
Publikationsdatum
2008
Umfang
196 S.,
Format
gebunden, 26.5 x 20.5 cm

Presseschau
12. Februar 2009Hubertus Adam
Neue Zürcher Zeitung

Faszination Las Vegas

Bilder aus dem Archiv von Robert Venturi und Denise Scott Brown im Museum Bellpark in Kriens

Sie gilt als eine der einflussreichsten Veröffentlichungen der jüngeren Architekturgeschichte: die Publikation «Learning from Las Vegas» von Robert Venturi, Denise Scott Brown und Steve Izenour. Die in diesem Buch geübte phänomenologische Herangehensweise, welche der Glücksspiel-Metropole in der Wüste Nevadas nicht mehr mit dem Gestus hochkultureller Verachtung begegnete, sollte kommende Generationen von Architekten beeinflussen. Ohne «Learning from Las Vegas» wäre beispielsweise das vom ETH- Studio Basel vorgelegte «Städtebauliche Porträt der Schweiz» nicht denkbar.

Nachdem Denise Scott Brown 1965 Las Vegas erstmals besucht hatte, machte sie die Stadt zum Gegenstand eines Seminars an der Yale University. Aus den Forschungsergebnissen, die zu Beginn des Jahres 1969 im Rahmen einer Ausstellung präsentiert wurden, destillierten Venturi und Scott Brown gemeinsam mit ihrem Assistenten Steve Izenour das Buch, das 1972 im Folioformat und fünf Jahre später in einer grafisch veränderten und mit reduziertem Bildanteil versehenen Paperback-Edition erschien.

Eine von Hilar Stadler und Martino Stierli kuratierte Ausstellung im Museum Bellpark in Kriens zeigt derzeit einen Ausschnitt aus dem umfangreichen Bestand an Dokumentationsmaterial, das zwischen 1965 und 1972 entstand und im Büro von Venturi, Scott Brown and Associates in Philadelphia aufbewahrt wird. So sind im Untergeschoss des Museums Filme zu sehen, welche den Strip von Las Vegas mit seinen Leuchtreklamen und Billboards aus der Perspektive des Automobils wiedergeben, ausserdem Dias der inzwischen legendären Präsentation an der Yale University von 1969. In den oberen Geschossen sind neue Abzüge des unter Leitung von Venturi und Scott Brown zusammengetragenen und für die Präsentation in Kriens von Peter Fischli ausgewählten Bildmaterials ausgestellt. Fast schon nostalgisch mutet der Technicolor-Blick auf den Strip der späten sechziger Jahre an, der heute von 40-geschossigen Hotels flankiert wird und nicht mehr von den «decorated sheds», den einfachen, mit Zierwerk versehenen Schuppen, welche die Autoren 1972 als Charakteristikum der Spielerstadt werteten.

«Enten» und «dekorierte Schuppen»

Den Gegenpol zu den «dekorierten Schuppen» bilden Gebäude mit symbolischer Gestalt, die «Enten»; ein Entenrestaurant in Form einer Ente, das in «Learning from Las Vegas» abgebildet und neu kontextualisiert wurde, entstammte Peter Blakes 1964 erschienener Veröffentlichung «God's own Junkyard». Blakes zivilisationskritischem Blick auf das alltägliche Amerika begegneten Venturi, Scott Brown und Izenour mit einem vorurteilsfreien Interesse an den architektonischen Ausprägungen der Populärkultur. Erprobt waren ähnliche Strategien schon in anderen Bereichen – man denke an die Schriften von Kevin Lynch oder Tom Wolfe, vor allem aber an die fotografischen Sequenzen von Ed Ruscha, den Venturi und Scott Brown mit ihren Studenten vor der Las-Vegas-Seminarwoche in Los Angeles besuchten. Für die architektonische Analyse einer Stadt aber bedeutete «Learning from Las Vegas» die kopernikanische Wende.

[ Bis 8. März 2009 im Museum Bellpark in Kriens, anschliessend im Deutschen Architektur-Museum in Frankfurt am Main. Katalog: Las Vegas Studio. Bilder aus dem Archiv von Robert Venturi und Denise Scott Brown. Hrsg. Hilar Stadler und Martino Stierli. Verlag Scheidegger & Spiess, Zürich 2008. 196 S., Fr. 49.90. ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2009.02.12

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