Editorial

Seit einigen Jahren steigt die Bereitschaft, grössere Infrastrukturbauten nicht nur an ihren technischen Eigenschaften zu messen, sondern auch ihre gestalterischen Aspekte zu diskutieren.

Was für Brücken selbstverständlich ist – oder sein sollte –, gewinnt allmählich auch für andere Ingenieurwerke an Akzeptanz. Das ist sehr erfreulich. Zum einen prägen solche Anlagen nur schon aufgrund ihrer Grösse unser gebautes Umfeld, zum anderen bieten sie als öffentliche Gebäude die Chance, tragenden Institutionen des Gemeinwesens mit identitätsstiftenden Bauten Präsenz zu verschaffen. Zu den gelungenen Eingriffen der letzten Zeit zählen etwa die Energiezentrale Forsthaus in Bern (vgl. TEC21 13–14/2013) oder die Erneue­rung des Kraftwerks Hagneck am Bielersee (vgl. Sonderheft «Umsicht – Regards – Sguardi 2017»).

In Kopenhagen nahm diesen Sommer eine neue Kehrichtverwertungsanlage den Testbetrieb auf, das Amager Ressource Center ARC. Ein Berg von einem Gebäude, im engsten Sinn des Wortes, der bald zu den populärsten Infrastrukturbauten Europas zählen dürfte: Das Dach soll dereinst als Wanderweg, Bike-Trail und Skipiste dienen. Die Tragkonstruktion des riesigen Volumens ist aus Stahl, die Fassade besteht aus aufeinander geschichteten Pflanzentrögen aus Aluminium. Den Neubau, der sich keiner üblichen Typologie zuordnen lässt, haben die Architekten von Bjarke Ingels Group BIG entworfen. Realisiert wurde es nicht zuletzt auch dank der Ingenieursbaukunst von Dr. Lüchinger   Meyer aus Zürich und MOE aus Kopenhagen, der Innovationsbereitschaft von Schweizer Firmen und der Unterstützung der Hochschule Luzern.

Judit Solt, Viola John

Inhalt

AKTUELL
07 WETTBEWERBE
Wohnbauten mit Holzpflicht

12 PANORAMA
Stählernes Wachstum | Film ab!

15 VITRINE
Werkstoff Stahl

16 SIA
Planer-Dreisatz: Stundensatz – Honorar – Benchmarking | Dialogverfahren – Kooperation oder Konkurrenz? | Svizzera 240

21 VERANSTALTUNGEN

THEMA
22 DER KOLOSS VON KOPENHAGEN

22 ERNSTER SPASS
Judit Solt
Der Neubau von BIG Architekten ist nicht nur eine Kehrichtverwertungsanlage. Er ist zugleich auch Landmark, Ikone und Freizeitparadies.

27 INTEGRAL UND ÜBERDIMENSIONAL
Clementine Hegner-van Rooden
Ein Tragwerk aus Stahl und eine Fassade aus Aluminiumträgern – das ARC forderte die Ingenieure heraus.

AUSKLANG
32 STELLENINSERATE

37 IMPRESSUM

38 UNVORHERGESEHENES

Ernster Spass

Das Amager Ressource Center in Kopenhagen hat kürzlich den Testbetrieb aufgenommen. Doch der Neubau von BIG Architekten ist mehr als eine gigantische Kehrichtverwertungsanlage. Er bietet einige ungewöhnliche Nutzungen – und eine Vielzahl an Deutungen: Monument der sauberen Energiegewinnung, Mahnmal gegen enthemmten Konsum, bewaldeter Berg, Ozeankreuzer oder Destination für Freizeitsportler.

Der dänische Architekt Bjarke Ingels war im Office for Metropolitan Architecture OMA von Rem Koolhaas tätig, bevor er 2006 sein eigenes Büro gründete. Der Einfluss des Meisters ist bis heute nicht zu übersehen. Wie Koolhaas und dessen ältere Zöglinge, etwa das niederländische Architekturbüro MVRDV, nähert sich auch Ingels dem Entwurf mit einer Kombination von geschäftsmässiger Nüchternheit und entfesselter Fantasie.

Mittlerweile beschäftigt das Büro Bjarke Ingels Group – entwaffnend BIG abgekürzt – zwölf Partner und Hunderte von Mit­arbeitenden. Zu seinen bekanntesten Bauten zählen das Maritime Museum in Helsingør, das 8 House in Kopenhagen oder der Umbau des Transit­lagers in Basel (vgl. «Seefahrt auf dem Trockenen», «Gestapelt und geschichtet», «Substanzieller Eingriff, räumlicher Gewinn»). Auch für das Amager Ressource Center ARC, eine gigantische Kehrichtverwertungsanlage in Kopenhagen, hat BIG einen Entwurf entwickelt, der vor lauter Pragmatismus geradezu poetisch wirkt.

Landmarks für das Hafengebiet

Das ARC liegt auf Amager, einer Insel gleich gegenüber der historischen Königsstadt. Das ganze Hafengebiet, zu dem Amager gehört, wird seit einigen ­Jahren transformiert: Strategisch platzierte, pres­tigeträchtige öffentliche Bauten – insbesondere ­Kulturinstitutionen – sollen die Aufwertung der ehemals industriellen Umgebung ankurbeln. Zu diesen urbanen Kristallisationspunkten gehören etwa der Anbau für die Königliche Bibliothek (Schmidt, Hammer & Lassen, 1999), die Königliche Oper (Henning Larsen, 2004) oder das neue Konzerthaus des Dänischen Rundfunks (Jean Nouvel, 2009), das ­ebenfalls auf Amager steht.

Die neue Kehrichtverwertungsanlage steht in der erweiterten Achse zwischen Palast und Königlicher Oper. Ihrer Gestaltung und ihrer Rolle im Stadtgefüge kam eine entsprechend hohe Bedeutung zu. Die Bauherrschaft schrieb einen internationalen Architekturwettbewerb aus, der 2011 zugunsten von BIG entschieden wurde (vgl. Video der Projekte). Der im Sommer 2017 weitgehend fertiggestellte Bau dürfte sich tatsächlich zu einer identitätsstiftenden Landmark entwickeln. Er zeugt von einer sehr eigenwilligen Interpretation der Kehrichtverwertungsanlage: Diese dient neben ihrem eigentlichen Zweck auch als Freizeitdestination – und zwar nicht nur für Lernwillige, die sich über die Energieerzeugung aus Abfall informieren möchten, sondern auch für Sportlerinnen und Sportler.

Sport auf dem eigenen Müllberg

Die Anlage ist nicht in einem grossen Quader untergebracht, sondern in einem Volumen, das praktisch ohne Hohlraum auf die Masse der technischen Einrichtungen zugeschnitten ist. Auf diese Weise entstand ein Volumen mit einem bis zum Boden reichenden abgeschrägten Dach, das von Grösse und Form her eher an einen Berg oder an einen Ozeankreuzer erinnert als an ein Gebäude. Entsprechend gibt es keine Fassade im klassischen Sinn, sondern eine massstabslos wirkende, gewebe­artige Hülle, die über das Ganze gestülpt ist (vgl. «Integral und überdimensional»). Ein expressiv an die Fassade montierter Kamin, in der Anmutung ebenso industriell wie maritim, pafft pro ausgestossene Tonne CO2 einen Ring in die Luft – als mahnendes Rauchzeichen für die Folgen des Konsums und als ironische Brechung in einem.

Der Baukörper wiederum, der wie ein Berg in der flachen Landschaft aufragt, wird tatsächlich auch als geologische Formation interpretiert. In den Aluminiumtrögen, die versetzt aufeinander geschichtet die Aussenhülle bilden, sollen Pflanzen wachsen. Das schräge Dach wird als bewaldete Bergflanke mit Wanderwegen, Kletterfelsen, einem Mountain­bike-Trail und Skipisten in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gestaltet. Der Aufstieg soll unter anderem in einem Glaslift erfolgen, aus dem man das Innenleben der Anlage betrachtet, bevor man im Café zuoberst auf dem Dach die Aussicht geniesst.

Die spektakulären Visualisierungen mit ganzjährig betriebenen Skipisten haben, zumal in der Schweiz, gelegentlich für Kopfschütteln gesorgt, doch im Grunde genommen lag die Idee nah: Amager dient schon länger als Erholungsgebiet zwischen Brache und Wohnen, in ehemaligen Industrieanlagen der Nachbarschaft haben sich Sportarten wie Cable-Wakeboarding, Gokart oder Felsklettern eingenistet. Das Volumen ist tatsächlich gross wie ein Berg, und die Landschaft rund um den Hafen ist ohnehin weitgehend künstlich. Die Energie, die für den ganzjährigen Betrieb der Skipisten nötig ist, fällt vor Ort bei der Kehrichtverbrennung an, und in Bezug auf den Energieverbrauch sind die offenen Pisten auf dem Dach des ARC immerhin vorteilhafter als Indoor-Skianlagen, die es in Kopenhagen auch gibt.

Indem die Architekten dem Bau eine ausdrucksvolle Form und eine attraktive Zusatznutzung gaben, schufen sie einen bisher unbekannten, hybriden Typus. Die Idee wirkt auf den ersten Blick effekthascherisch; doch sie ist keineswegs beliebig, sondern minutiös aus den Gegebenheiten des Umfelds und den stadtplanerischen Zielen von Kopenhagen abgeleitet.

Ungewöhnlich ist allerdings die extreme, irritierend amoralische Konsequenz, mit der BIG – ganz nach Koolhaas’ Vorbild – die städtebauliche und soziale Funktion der Anlage zu Ende gedacht hat. Das ARC lässt sich als Monument einer «hedonistischen Nachhaltigkeit» deuten: Technologische Lösungen sollen den Menschen in die Lage versetzen, die Welt ohne unnötige Zerstörung und mit weniger Schuldgefühlen zu geniessen; denn an freiwilligen Verzicht zu appellieren sei erfahrungsgemäss zwecklos. Wenn die Menschen schon Müllberge produzieren, sollen die nicht nur möglichst ökologisch beseitigt werden, sondern auch gleich noch etwas Spass machen … Zugleich macht die Anlage die erschreckende Grösse dieser Müllberge sichtbar, ebenso wie die Tonnen von CO2, die bei deren Verbrennung anfallen – sodass sie manchen vorerst begeisterten Sportler zum Nachdenken ermahnen dürfte.

Die Anlage wurde dieses Jahr fertiggestellt. Sie ist bereits im Testbetrieb und produziert Strom für die Stadt und die Region Kopenhagen. In Zukunft soll sie aus jährlich 400 000 t Müll rund 160 000 Haushalte mit Fernwärme und 625 000 Häuser mit Strom versorgen. Die offizielle Einweihung des gesamten Komplexes ist für Herbst 2018 geplant. Jetzt fehlt nur noch die Skipiste …

Angaben zu den am Bau beteiligten Unternehmen sowie wichtige Eckdaten zum Projekt finden sich im Artikel «Integral und überdimensional».

Alle bisher erschienenen Beiträge zum Thema Stahlbau finden Sie in unserem digitalen Dossier «Stahl».

TEC21, Fr., 2017.11.03

03. November 2017 Judit Solt

Integral und überdimensional

Das Amager Ressource Center hat zwei Hauptmerkmale: die netzartig strukturierte Fassade aus Aluminiumkästen und die eingegliederte Tragkonstruktion aus Stahl. Die Ingenieure von Dr. Lüchinger Meyer und von MOE stärken mit ihrer Leistung den architektonischen Entwurf von BIG.

Das Amager Ressource Center ist wahrhaft gigantisch: Mit einer Grundfläche von 200 × 60 m und 90 m Höhe erhebt es sich wie ein Berg aus der flachen Landschaft und ist von weit her sichtbar (vgl. «Ernster Spass»). Dennoch sind die wahren Dimensionen des solitären, zu einer Rampe geformten Volumens aus der Distanz kaum abzuschätzen – ebensowenig wie die Funktionen, die sich hinter der einheitlichen Fassade aus massstabslos wirkenden, additiv aufeinander geschichteten Elementen verbergen.

Die Anlage besteht im Innern aus unterschiedlichen funktionellen Einheiten wie Müllbunker, Administrationshochhaus, Maschinen- und Anlieferungshalle, die sich alle in das zu einer Rampe geformte Volumen einfügen. Das Tragwerk gliedert sich in diese Form ein, wobei es entsprechend seiner raumbildenden Funktion aus der Basisstruktur aus Beton und der Superstruktur aus Stahl besteht.

Der Müllbunker ist als konventionelle Betonkonstruktion ausgeführt, und das Administrationshochhaus ist ein elfgeschossiges Gebäude, das aus einer Stahlverbundkonstruktion besteht. Über diese Basis stülpt sich die ganze Stahlrahmenkonstruktion aus vertikalen Hauptträgern (S355 und S460) und dazwischen spannenden Sekundärträgern (S235). Sie generiert einen überdimensionalen Innenraum, hüllt die Ma­schinen- und die Anlieferungshalle ein und gibt dem ­Bauwerk zugleich seine markante Form. Die Stahltrag­elemente bestehen hauptsächlich aus HEA-, Rohr-, Vierkantrohr- und Blechprofilen.

Über der Anlieferung spannt ein Fachwerk-Halbrahmen mit einer Spannweite von über 46 m und einer statischen Höhe von bis zu 5 m, über dem Bunker ein 40 m langer Fachwerk­träger und über der Prozesshalle wiederum ein 60 m weit gespannter, bis zu 4 m hoher Fach­werkträger, der auf Blechprofilstützen von 500 bzw. 750 mm × 1000 bzw. 1600 mm lagert. Die Stützen sind bis zu 61 m hoch und stehen alle 10 m in der Fassade. Sie sind die einzige Anknüpfstelle für horizontale und vertikale Lasten aus der Fassadenebene. Ein feingliedrigerer Stützenabstand war wegen der Leitungsführung in der Fassadenebene nicht möglich. Das Gebäudevolumen ist so weit optimiert, dass es genau über die Maschinerie passt und kaum noch ­ freien Raum lässt.

Integrale und homogene Hülle

Die komplexe Tragkonstruktion wird von der charakteristischen Fassade eingehüllt. Obwohl diese an verschiedenen Stellen verschiedene Funktionen erfüllt – an manchen Stellen verhüllt und schliesst sie nur, an anderen dämmt sie zusätzlich –, bildet sie über die gesamte 30 000 m² grosse Fläche eine einheitliche Haut. Sie erinnert an ein schachbrettartig perforiertes Mauerwerk oder eine widerstandsfähige Schutz­matte. Es scheint, als würden Stahlstifte breitbandige Laschen zu einem Geflecht zusammenfügen, das sich formbar und dennoch steif an das Volumen anschmiegt. Es ist indes der immense Massstab, der dieses fein­gliedrige Abbild trägt. Tatsächlich sind die Stahlstifte die grossen Blechprofilstützen und die Laschen grosse Hohlkästen, die als Pflanzenkörbe genutzt werden. ­Dazwischen bilden sich grosszügige Fensteröffnungen von 2.8 × 1 m.

Ursprünglich war ein additiver Fassadenaufbau von 1 m Tiefe geplant gewesen – ein in diesem Fall in­effizientes System. Dr. Lüchinger Meyer entwickelten ein Konstruktionsprinzip, das Synergien zwischen den Fassadenkomponenten und -schichten nutzt. Die Ingenieure wandten sich von der klassischen Bauweise ab, bei der das Fassadentragwerk von der Fassaden­verkleidung getrennt ist. Sie aktivierten die Verkleidung strukturell. Sie übernahmen die Abmessungen und ­Formen, die gestalterisch ohnehin gegeben waren, und nutzten sie statisch. Jeder einzelne Hohlkasten ist entsprechend seinen funktionellen Rahmenbedingungen geformt und torsionssteif zusammengeschweisst. Das zusätzliche Tragwerk, das ergänzend zum Haupttragwerk die Hohlkästen hätte tragen sollen, wurde obsolet.

Die Hohlkästen fügen sich präzise ineinander, und ihre Länge ist auf die Haupttragkonstruktion abgestimmt. Zwischen den Blechprofilstützen sind überlappend verschweisste oder verschraubte Hohlkastenpakete aufgespannt. Diese Pakete sind symmetrische Arrangements aus vier oder fünf Hohlkästen. Das Fünferelement bildet eine H-Form, das Gegenstück ist aus vier Steinen zusammengesetzt. Die so kombinierten Elemente bilden das statische System eines einfachen Balkens, der auf den flankieren­den Stützen lagert. Die Torsionskräfte, die infolge hori­zontaler Kräfte auf ein asymmetrisches Paket entstanden wären, heben sich auf.

Dünnwandige Hohlkästen aus Aluminium

Die Ingenieure führten mit den Architekten eine detaillierte Abklärung der Materialisierung und der Konstruktion der Fassade durch. An massstäblich gefertigten Musterelementen in Aluminium und Stahl untersuchten sie die Machbarkeit, die Oberflächenbeschaffenheit und -qualität, den Korrosionsschutz, die Toleranzen sowie den terminlichen Verzug durch das Verzinken. An einem finalen Mock-up prüften die Planenden das entwickelte System auf seinen Widerstand, die Windeinwirkung, die Luftdurchlässigkeit und die Wasserdichtigkeit.

Neben der Produktion und dem Transport standen bei der Dimensionierung und der Materialisierung vor allem die Optimierung des Materialverbrauchs im Vordergrund. Dass eine Reduktion der Blechstärke um lediglich 0,5 mm bereits zu einer Materialersparnis von 50 t Aluminium oder 140 t Stahl führte, zeigt die Effektivität einer präzisen Bemessung. Die Ingenieure erreichten denn auch eine signifikante Reduktion der Blechstärken von den ursprünglich ermittelten 7 mm bis auf 5.5 mm, an manchen Stellen sogar auf 4.5 mm Stärke.

Die Durchbiegung der Elemente blieb aufgrund der unveränderten statischen Höhe klein. Allerdings waren die Bleche aufgrund der ausgeprägten Schlankheit beulgefährdet. Mittels der versierten Anwendung von FE-Programmen und dem entsprechenden Hintergrundwissen zu nichtlinearen Berechnungen ermitteln die Ingenieure die optimierte Blechstärke und erreichten eine stabile und dennoch sehr schlanke Konstruktion. Die Rippen im Bereich der Krafteinleitung waren dabei Teil der Materialoptimierung.

Die Materialisierung der Hohlkästen blieb während der Planung bis zum Kostenvoranschlag offen, um den spezifischen Rahmenbedingungen optimal begegnen zu können. Aufgrund seiner strukturellen Effizienz favorisierten die Planer den Stahl. Eine entsprechende Kostenanalyse zeigte allerdings, dass bei roh belassenem Aluminium und unter Berücksichtigung aller wegfallenden Vor- und Nachbearbeitungen sowie Unterhaltsarbeiten Aluminium attraktiver wird.

Gelungene Synthese von Ingenieurwesen und Architektur

Die Weiterentwicklung des Fassadensystems vom additiven zum integralen System war aus architektonischer und statischer Sicht vorteilhaft. Mit der entworfenen Formgebung und der errechneten Materialstärke erreichten die Planenden ein in vielen Belangen effi­zientes Fassadenpaket – es integriert statische und ­architektonische Komponenten, es erfüllt montage- und transportspezifische Aspekte, indem es auf einen Sattel­schlepper passt und vor Ort auf nur wenige Millimeter genau in die Fassade eingesetzt werden kann, und es erfüllt neben den strukturellen und statischen Aspekten auch energetische Ansprüche, indem es beispielsweise im Bereich des Administrationshochhauses auch Fenster, Dämmung und Abdichtung aufnimmt.

Die Tragkonstruktion ist Teil der Architektur. Sie fügt sich passgenau in die komplexe Geometrie der Anlage und trägt die künftig begrünte Fassade sowie das Formdach. Damit wird einerseits der architektonische Entwurf gestärkt und andererseits die Konstruktion nicht nur auf tragwerksspezifischer Ebene, sondern ebenso mit visuellen, gestalterischen und technischen Aspekten begründet. Letztlich bedingen sich Archi­tektur und Tragwerk.

Wichtige Daten rund um das Projekt

Wettbewerb: Entscheid 2011
Teilnehmende:
Gottlieb Paludan Arkitekter, Kopenhagen;
Dominique Perrault Architecture, Paris;
Wilkinson Eyre Architects, London/Hongkong;
3XN, Kopenhagen/Stockholm/ Sydney/New York;
Lundgaard og Tranberg Arkitekter, Kopenhagen;
BIG, Kopenhagen/New York/London
Projektierung: 2011– 2014
Ausführung Rohbau: 2015–2016
Fertigstellung Rohbau: 2016
Start Testbetrieb: 2017
Offizielle Einweihung: Herbst 2018
Nutzung: Kehrichtverwertungsanlage, Sportanlage (Dach)
Volumen: 41 000 m³
Tragsystem: Binderunterstütztes Träger-Stützen-System mit unterschiedlichen Tragbalken im Dach
Konstruktionsart: Stahlrahmenkonstruktion
Tonnage: 7500 t Stahl, LEK 2015
Stahlsorten: S355 und S460 für das Haupttragwerk und S235 für das sekundäre Tragwerk
Fassadenkonstruktion: 25 000 m² Stahlsandwichpaneele ummantelt, Aluminiumhohlkästen
Brand- und Oberflächenschutz: Material roh
Energieeffizienz/Nachhaltigkeit: LEK 2015
Kosten: 530 Mio. Euro

Alle bisher erschienenen Beiträge zum Thema Stahlbau finden Sie in unserem digitalen Dossier «Stahl».

TEC21, Fr., 2017.11.03

03. November 2017 Clementine Hegner-van Rooden

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