(SUBTITLE) Die Elbphilharmonie in Hamburg
Viel, fast zu viel ist bereits über die Elbphilharmonie geschrieben worden. Nun, da der immense Strom von Metaphern, Hymnen und Superlative langsam abebbt, ist die Zeit gekommen, sich eingehender und differenzierter mit diesem »Jahrhundertbauwerk« zu beschäftigen. Natürlich: Dieser für Hamburg so bedeutende Bau lädt mit seinem Reichtum an Formen und Materialien, seinen Rauminszenierungen und seiner Melange aus Alt und Neu zu Interpretationen und Assoziationen ein wie kaum ein anderes Gebäude unserer Zeit. Doch spannender als die Klärung der Frage, ob die Elbphilharmonie nun ein Wellenmeer, ein Segelschiff oder ein Eisberg sei, ist es, zu ergründen, mit welchen Mitteln die Architekten die besondere Wirkung des Bauwerks erzeugten.
Die enorme Kraft und suggestive Wirkung, die die Elbphilharmonie erzeugt, steht in einem interessanten Kontrast zu einem sich stetig verändernden Äußeren: Je nach Standpunkt, Tageszeit und Wetter erscheint der gläserne Körper über den alten Backsteinwänden des einstigen Kaispeichers A weiß, grau oder blau und schließlich, wenn die Abendsonne ihn bescheint, goldglänzend. Mal wirken die enormen Glaswände stumpf und matt, dann wieder spiegelnd und glitzernd. Und schließlich sind die großen Flächen auch noch differenziert in hell erscheinende Flächen, in denen, wie Fettaugen in einer Brühe, rundliche dunkle Flecken schwimmen. Diese Wirkung ist der speziellen Herstellung der Scheiben zu verdanken: Jedes der insgesamt 1 089 einschaligen, jeweils fünf Zentimeter dicken Fassadenelemente besitzt eine individuelle Bedruckung aus grauen Punkten für den Sonnenschutz und silbernen Chrompunkten für einen Spiegeleffekt an der Außenseite. Und schließlich sind da noch die Wölbungen der Gläser. Für seitlich angebrachte Lüftungsöffnungen sowie für Balkonbrüstungen stülpen sich zahlreiche Gläser nach außen wie die Kiemen eines Fischs. Diese gebogenen Bereiche reflektieren den Himmel und setzen so weiß strahlende Akzente.