Editorial
Der fränkische Baumeister Balthasar Neumann (1687–1753) verkörpert den Leitgedanken des vom Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V., Berlin, und der deutschen bauzeitung (db), Stuttgart, initiierten Preises: Als »Ingenieurarchitekt« entwickelte Neumann innovative konstruktive Lösungen für die typischen Bauaufgaben seiner Zeit. Aus dem Wechselspiel von souveräner Beherrschung ingenieurtechnischen Wissens mit höchsten gestalterischen Ansprüchen inszenierte er architektonisch einzigartige Gesamtkompositionen und Raumerlebnisse.
Ausgebildet in Geometrie, Geodäsie, Zivil- und Militärarchitektur sowie Tiefbaukunst war er als Ingenieurhauptmann und Stadtbaumeister von Würzburg tätig. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die Würzburger Residenz, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen und die Abteikirche in Neresheim. Als Berater in technischen Fragen wurde er außerdem von Baumeister-Kollegen häufig konsultiert.
In seiner Person verbanden sich mathematisch-technische Erfindungen, kreative Ingenieurleistungen und gestalterischer Anspruch – Aufgaben und Anforderungen, die sich auch im Baugeschehen der Gegenwart stellen und das gleichberechtigte Zusammenwirken von gestaltenden Architekten mit innovativen Ingenieuren erfordern.
Dieser Zusammenarbeit, wie sie in der Person Balthasar Neumanns verkörpert ist, ist der von der deutschen bauzeitung (db) Stuttgart, und dem Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V. (BDB), Berlin, gestiftete Preis gewidmet. Der alle zwei Jahre ausgeschriebene Preis ist mit 10 000 Euro dotiert und wurde erstmals im Jahr 1994 verliehen.
Mit dem Balthasar-Neumann-Preis wird die beispielhafte, innovative und über technisch etablierte Standards hinausgehende Zusammenarbeit verschiedener am Bau beteiligter Disziplinen an einem Bauwerk ausgezeichnet, das aufgrund dieser Zusammenarbeit, ganz im Sinne Balthasar Neumanns, herausragende technische und gestalterische Qualitäten aufweist.
Erstmalig wurde der Balthasar-Neumann-Preis in diesem Jahr zusätzlich finanziell unterstützt. Wir danken an dieser Stelle der HVB Immobilien AG für die Förderung eines unabhängigen Preises, der einen Teil unseres Beitrags zur Baukultur darstellt.
Wenn sich, wie in diesem Jahr, drei sehr unterschiedlich mit der
historischen Aufarbeitung der NS-Herrschaft und des Krieges befasste Projekte in den Reihen der Preisträger, Besondere Würdigung und Engere Wahl befinden, dann sagt das sehr viel über den sehr langsamen Prozess auch der baulichen Aufarbeitung der Vergangenheit, macht den Preis in seiner ursprünglichen Intention aber nicht zu einem politischen. Elisabeth Plessen