Editorial

«Es war einmal ein Lattenzaun / mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.
Ein Architekt, der dieses sah / stand eines Abends plötzlich da –
und nahm den Zwischenraum heraus / und baute draus ein grosses Haus.
Der Zaun indessen stand ganz dumm / mit Latten ohne was herum,
Ein Anblick grässlich und gemein. / Drum zog ihn der Senat auch ein.
Der Architekt jedoch entfloh / nach Afri – od – Ameriko.»

Im Gedicht «Der Lattenzaun» formulierte Christian Morgenstern (1871–1914) in ironischer Form sein Unbehagen gegenüber dem «Verschwinden der Wand» in der Architektur. Ausgelöst wurde dieses Unbehagen durch die konstruktiven Möglichkeiten, die die industriell produzierten neuen Baustoffe Stahl, Glas und Stahlbeton gegenüber den traditionellen Bauweisen in Holz und Mauerwerk bieten, um Tragkonstruktionen leichter, transparenter zu gestalten, im Sinne Morgensterns also, um «ein grosses Haus aus dem Zwischenraum zu bauen».

Architektur und Ingenieurkunst bewegen sich seither im Spannungsfeld zwischen, um in Morgensterns Bild zu bleiben, den «Latten ohne was herum», also der massiven Wand, und dem «Zwischen-raum, hindurchzuschaun», der filigranen, transparent wirkenden Tragkonstruktion. Morgensterns Bild des Lattenzauns legt es nahe, dieses Spannungsfeld anhand von Beispielen aus dem aktuellen Holzbau zu illustrieren. TEC21 stellt deshalb in dieser Ausgabe Holzbauwerke mit sehr unterschiedlichen Anteilen von Baustoff und «Zwischenraum» vor.

Als «Lattenzaun» mit grossen, nach oben grösser werdenden Zwischenräumen erscheint der Jübergturm, ein Aussichtsturm in der deutschen Stadt Hemer («Stäbeschar»). Die grossmaschige Netzstruktur der Turmwand beruht auf der ursprünglich für stählerne Masten entwickelten Bauweise des russischen Konstrukteurs V. G. Suchov und verleiht dem Turm eine semitransparente, luftige Erscheinung.

Viel kürzer, gedrungener und horizontal übereinandergeschichtet sind die «Latten», besser Balken, die den igluartigen Ausstellungspavillon «Net no Mori» im japanischen Hakone bilden («Jenga für Fortgeschrittene»). Trotz der massiven, fast urzeitlichen Erscheinung ist das scheinbar regellos aufgetürmte Haufwerk dank den grosszügigen Zwischenräumen überraschend durchlässig und transparent.

Keine Zwischenräume gibt es zwischen den Latten bzw. Brettern, aus denen die Wände des Werkhofs der Gemeinden Bonaduz und Rhäzuns aufgebaut sind («Vertikale Fügung»). Die Fassaden dieser an sich unspektakulären, aber sorgfältig gestalteten Gebäude sind in traditioneller, unorthodox interpretierter Holzbauweise erstellt.
Wiederum ein Zaun ist das Küssnachter Strandbad Seeburg (vgl. »Magazin»). Vertikale Holzlamellen filtern den Durchblick, schräge Stützen gewähren dazwischen freie Sicht.
Aldo Rota

Inhalt

05 WETTBEWERBE
Sportzentrum, Neufeld Bern | Baufeld 2, Bern Brünnen | Werkhof Küssnacht | Watt d’Or 2011

12 MAGAZIN
Abweichung von der Regel | Chamäleon und Tausendfüssler | Bücher

22 STÄBESCHAR
Christian Holl Der nach den Prinzipien des russischen Konstrukteurs V. G. Suchov entworfene hölzerne Aussichtsturm ist das neue Wahrzei-chen der deutschen Stadt Hemer.

26 JENGA FÜR FORTGESCHRITTENE
Claudia Hildner Im japanischen Hakone Air Museum spannt ein luftiger Pavillon aus Holzbalken von Tezuka Architects die Installation eines begehbaren, bunten Nylonnetzes auf.

32 VERTIKALE FÜGUNG
Markus Schmid Eine einschalige Gebäudehülle aus einheimischem Holz prägt den im letzten Jahr erstellten gemeinsamen Werkhof der Ge-meinden Bonaduz und Rhäzüns.

37 SIA
Austausch im CAD-Datenmeer | Weitere Kurse SIA-Form | Zusätzliche Leistungen | Reisen und Exkursionen A&K

43 FIRMEN

53 IMPRESSUM

54 VERANSTALTUNGEN

Stäbeschar

Die Aufgabe, einen Aussichtsturm zu entwerfen, hat ein Stuttgarter Teamaus Architekten und Ingenieuren zum Anlass genommen, die Leistungsfähigkeit von Holz für eine Konstruktion aus hyperboloiden Schalen nachzuweisen. Das Ergebnis überzeugt sowohl architektonisch als auch tragwerksplanerisch – und bescherte der deutschen Stadt Hemer ein neues Wahrzeichen.

Es kommt nicht oft vor, dass zeitgenössische Architektur auf sogenannten touristischen Hinweistafeln gezeigt wird, mit denen die Autofahrer auf Schnellstrassen und Autobahnen auf Sehenswertes der Umgebung aufmerksam gemacht werden, die sie gerade durchqueren. Der Jübergturm hat dies geschafft, und das gleich im Jahr seiner Fertigstellung. Man übertreibt also wohl nicht, wenn man ihn als neues Wahrzeichen der Stadt, in der er steht, bezeichnet. Er ist allerdings nicht nur dies – er ist auch ein Beispiel dafür, wie gewinnbringend eine Zusammenarbeit zwischen Architekt und Ingenieur sein kann.

Errichtet wurde der Jübergturm für die Landesgartenschau im deutschen Hemer, einer Gemeinde im Mittelgebirge Sauerland, etwa 45 km südöstlich von Dortmund gelegen. 2004 hatte der damalige Verteidigungsminister Struck bekannt gegeben, dass die Bundeswehrkaserne in Hemer aufgegeben werden soll. Zwei Jahre später, bevor die Bundeswehr das Areal verlassen hatte, bewarb sich die Stadt für die Ausrichtung einer Landesgartenschau, nicht zuletzt um das 30 ha grosse Gelände als Park Bürgerinnen und Bürgern zugänglich machen zu können.

Tragende Schalen aus Holzstäben

Den Wettbewerb für einen Aussichtsturm auf dem Jüberg östlich der Innenstadt von Hemer hatte 2008 eigentlich das Schweizer Büro bm architekten mit einer Treppenskulptur gewonnen. Sie scheiterten allerdings an den Baukosten – und so kam schliesslich der Entwurf zum Zuge, mit dem die jungen Stuttgarter Architekten Birk & Heilmeyer und das Ingenieurbüro Knippers Helbig – auch verantwortlich für das Membrandach des Eingangsboulevards der Expo in Shanghai – beim Wettbewerb den dritten Platz belegt hatten. Lediglich die zum ursprünglich geplanten Turm gehörende Treppenanlage war bereits ausgeführt worden.

Die Architekten Stephan Birk und Liza Heilmeyer waren durch eine intensive Recherche darin bestärkt worden, dass diejenigen Türme am prägnantesten wirken, deren Gestalt aus der Konstruktion entwickelt worden ist. Vor allem Vladimir Grigorjewitsch Suchov (1853–1939) war ihnen dabei immer wieder begegnet – die Faszination für die Arbeiten des grossen russischen Konstrukteurs ist dem neuen Turm anzusehen. In Hemer wollten Architekten und Ingenieure nun Suchovs Prinzipien in Holz umsetzen.[1]

Wie viele von Suchovs Bauten ist der Jübergturm als Schalenhyperboloid entwickelt worden. Zwei alle vertikalen und horizontalen Lasten tragende konzentrische Schalen aus Scharen paralleler, gerader Stäbe aus Brettschichtholz sind schräg gegeneinander an zwischen den Schalen liegende Ringe aus Stahl montiert (Abb. 2, 4–6). An diese Ringe sind die wie Speichenräder aufgebauten fünf Podeste montiert. Sie wirken als Scheiben und sind über biegesteife Speichen mit dem Innenring verbunden. Wendeltreppen verbinden die Podeste. Je zwei zusätzliche Ringe zwischen den Podesten verkürzen die Knicklänge der Stäbe. Aus den gegeneinander versetzten, in einem Ringfundament eingespannten Stabscharen und den horizontalen Ringen ergeben sich stabile Dreiecke. Die intelligente Konstruktion erlaubte es, ausschliesslich Stäbe eines Querschnitts von lediglich 8 × 8 cm zu verwenden

Ideale Kooperation

In der Zusammenarbeit zwischen Architekten und Ingenieuren sind weitere Besonderheiten entwickelt worden, die den Charakter des Turms bestimmen und die auf Spezifika des Ortes reagieren. Umgeben ist der Turm zu grossen Teilen von Wald – die Wahl des Materials Holz war daher naheliegend, zumal sowohl Architekten als auch Ingenieure schon Erfahrungen mit diesem Baustoff und ähnlichen Konstruktionen aufzuweisen hatten. Die Situierung im Wald hat zur Folge, dass die aufregende Rundumsicht erst über den Bäumen genossen werden kann. Diesem Wechsel der Atmosphäre entspricht eine sich nach oben öffnende Form, der Turm hat oben mit einem Durchmesser von 9 m seine grösste Plattform. Im Windkanal waren die zu erwartenden Belastungen ermittelt worden, die der Bemessung zugrunde gelegt wurde. Entsprechend der statischen Belastung löst sich das filigrane Stabtragwerk mit zunehmender Höhe auf: Bestehen die Schalen zuunterst aus je 20 Scharen zu je sechs Stäben – alle ohne Montagestoss –, reduzieren sie sich bis zuoberst auf jeweils deren zwei; auf jedem Geschoss endet jeweils ein Stab. Das Hinaufsteigen beginnt also in einem von dichtem Geflecht umgebenen Turm, wie im umgebenden Wald wird es umso lichter, je höher man kommt, bis schliesslich oben, über den Baumkronen, die vollständige Aussicht genossen werden kann (Abb. 7).

Die Holzlatten sind bewittert und mit einem lösemittelhaltigen Holzschutzöl mit insektizider und fungizider Wirkung behandelt, Abdeckbleche schützen die Hirnholzflächen. Die exponierte Lage und regelmässiger Wind gewährleisten, dass die Hölzer nach feuchter Witterung rasch wieder trocknen.

Bauzeit: Sechs Wochen

Architekten und Ingenieure hatten nicht zuletzt auch den Ehrgeiz, mit diesem Turm etwas zu bauen, das es als Konstruktion so noch nicht gegeben hatte. Dass sich zu diesem Ehrgeiz noch die Herausforderung einer kurzen Planungs- und Bauzeit gesellen würde, hatten sie nicht ahnen können. Gerade mal neun Monate hatte das Stuttgarter Team von der Auftragserteilung bis zum Eröffnungstermin Zeit. Eine echte Herausforderung, die durch den ungewöhnlich harten, bis weit in das Frühjahr reichenden Winter noch grösser wurde. Von Hemers Innenstadt aus gut sichtbar, wurden mit einer Hilfskonstruktion zunächst Treppen und Podeste errichtet. Auf einer Montagefläche am Bauplatz wurden die Stabpakete zusammengefügt, indem sie an Segmente der Zwischenringe montiert wurden. Diese Scharen wurden von innen nach aussen im Fundament eingespannt und montiert, die Segmente der Zwischenringe über Stirnplatten miteinander verschraubt. Die Stäbe sind dabei mit von Stabdübeln gehaltenen, verzinkten Schlitzblechen versehen, an die eine Lasche angeschraubt wurde, die wiederum an den Zwischenring geschweisst wurde. Die Zwischenringe sind ihrerseits über Laschen an der inneren Konstruktion befestigt. Letztlich wurde der insgesamt 23.5 m hohe Turm in sechs Wochen errichtet.

Fast eine Million Besucher haben den Turm während der Landesgartenschau bestiegen – wenn der Turm nach dem Abbau der Schau im nächsten Frühling wieder geöffnet werden wird, wird er weiterhin rege benutzt werden; unter diejenigen, die die Aussicht bewundern, wird sich sicher auch der eine oder andere Architekt und Ingenieur mischen.

TEC21, Fr., 2011.02.25

[1] Mit dem Konzept, das vom Ingenieur Vladimir Suchov entwickelte und für unzählige Stahlkonstruktionen angewandte Prinzip des Hyperboloids auf das Material Holz zu übertragen, gewannen 2003 der Karlsruher Künstler Daniel Roth und der Architekt Alexander Kohm den Wettbewerb um die Kunst am Bau der Technischen Berufsschule Zürich (Stücheli Architekten, Wettbewerb 1996). 2004 wurde der Aussichtsturm auf der Dachterrasse des Schulhauses am Sihlquai, unweit des Hauptbahnhofes Zürich, errichtet; vgl. Daniel Engler, «Die sparsame Konstruktion», in tec 21 41/2004, S. 6–13

25. Februar 2011 Christian Holl

Jenga für Fortgeschrittene

Bunt schimmert es durch die hölzernen Balken des Pavillons «Net no Mori» im Open Air Museum im japanischen Hakone. Der Bau erinnert an eine vergrösserte Version des Geschicklichkeitsspiels «Jenga», nur dass die Bauelemente in Hakone in 38 Schichten zu einer offenen Struktur übereinandergestapelt wurden. Nach japanischer Zimmermannstradition sind die Verbindungen nur mit Holzdübeln und -keilen gefügt. Der Pavillon bildet den Rahmen für ein handgefertigtes Kunstwerk: Ein abgehängtes, mehrlagiges Netz mit runden Öffnungen und tropfenförmigen Schaukeln lädt Kinder zum Spielen ein.

Wer das Hakone Open Air Museum zum ersten Mal besucht, ist von der ungewöhnlichen Idee angenehm überrascht: In dem 1969 gegründeten Museum, das aus einem grossen Skulpturengarten sowie fünf Ausstellungshallen besteht, wurden die Werke international bekannter Bildhauer und Installationskünstler sorgsam mit der Landschaft verwebt. Der Ort Hakone liegt im Südwesten von Tokio und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Familien. Das Museum nimmt auf diesen Umstand Rücksicht und bietet Kindern Bereiche, in denen sie die Kunst hautnah erleben können. Ein Highlight ist dabei «Net no Mori»: ein riesiges, kunterbuntes Netz aus Nylonseilen, das die japanische Künstlerin Toshiko Horiuchi Macadam in Handarbeit geknüpft hat, sowie der dazugehörige Pavillon von Tezuka Architects.

Netz und Balken

Ein Netz der Künstlerin gab es in dem Museum schon lange – allerdings war es in einer weitgehend geschlossenen, weissen Box untergebracht, sodass es von aussen kaum attraktiv wirkte und im Inneren so manchen eher an ein riesiges Spinnennetz erinnert haben mag. Tezuka Architects, die eng mit der Künstlerin und den Tragwerksplanern von TIS & Partners zusammenarbeiteten, entschieden sich, die neue Behausung offen zu gestalten: Das Netz muss zwar vor der Witterung geschützt werden, aber natürliches Licht und Wind sollen es dennoch umfliessen können. Um ein Ensemble zu schaffen, das als Ganzes überzeugt, fertigte die Künstlerin sogar ein neues Netz an, das perfekt mit dem neuen Pavillon zusammenspielt.

Für die Konstruktion der offenen Struktur wurden Brettschichtholzbinder verwendet, die sich in ihren Querschnitten je nach ihrer Position im Bauwerk – und den sich daraus ergebenden statischen Erfordernissen – unterscheiden. So variiert die Höhe der Träger zwischen 36 und 54 cm, die Breite zwischen 22 und 36 cm. Die aus 589 Holzbalken bestehende Konstruktion mag zunächst wie ein willkürlicher Stapel erscheinen, doch ein genauerer Blick offenbart, dass die Anordnung der Binder einem ausgeklügelten System folgt. Es ergeben sich Ringe aus Dreieckskonstellationen, die sich nach oben hin kaum merklich verkleinern, bis sich die Seiten nach innen zu wölben scheinen. Einige wenige längere Binder ergänzen das Ganze zur Kuppel, sodass der Pavillon einem Dom oder Iglu gleicht. An den Bindern ist auch die abgehängte Zeltplane befestigt, welche das Kunstwerk vor der Witterung schützt.

«Lagerfeuer» im Holziglu

Die Architekten wollten eine spielerische Skulptur schaffen, die Menschen dazu einlädt, sie in Besitz zu nehmen. Die Behausung des Kunstwerks sollte weniger als Gebäude denn als natürliches Element wahrgenommen werden – darauf verweist auch der Name des Pavillons, «Net no Mori» beziehungsweise «Wald aus Netzen». Für die Planer ist das Netz im Inneren eine Art «Lagerfeuer»: Die spielenden Kinder setzen es in Bewegung, und die Erwachsenen können auf den Bindern sitzen und diesem Flackern zusehen.

Mit seiner verspielt lockeren Struktur lässt sich der Pavillon kaum anmerken, dass sich seine Konstruktion an traditioneller japanischer Holzarchitektur orientiert: Die Verbindungen zwischen den einzelnen Bindern wurden ohne Metallelemente verwirklicht. Stattdessen liessen die Planer die Unterseite des jeweils oben liegenden Trägers individuell CNC-fräsen, um ihn so mit dem darunterliegenden Träger zu verkämmen. Holzdübel und -keile stabilisieren die Konstruktion. Als Referenzen für diese reinen Holzverbindungen nennen die Tragwerksplaner TIS & Partners unter anderem einen der ältesten Schreine Japans, den Izumo-Taisha in der Präfektur Shimane, sowie den Tempel Kiyomizu in Kioto – allerdings wurden für deren Konstruktion Vollholzbalken verwendet.

Berechnetes Spiel

Aus Metall sind lediglich die Auflager zwischen Fundament und Holzkonstruktion sowie die Verbindungselemente zwischen Netz und Bindern. Letztere legen sich als Klammern um den Querschnitt der Binder, sodass auch hier das Holz nicht vom Metall durchdrungen, sondern von ihm gefasst wird. Die Klammern sind so positioniert, dass sie die Lasten aus der schützenden Zeltplane, dem Sicherheitsnetz sowie dem Kunstwerk und den darin beziehungsweise darauf spielenden Kindern aufnehmen können.

Mit einer speziell für «Net no Mori» entwickelten Software zur Tragwerksanalyse prüften die Fachplaner die Stabilität des Pavillons. Im Fokus standen dabei die Holzverbindungen, die in dieser Konstruktion auch Schubkräfte und Drehmomente aufnehmen müssen. Mit dem Programm liess sich nachweisen, dass das reine Holzbauwerk ohne zusätzliche Verbindungselemente aus Metall verwirklicht werden kann. Entscheidend für diese Berechnung waren die Lasten, die die Kinder im Netz erzeugen. Die Tragwerksplaner betrachteten dabei neun verschiedene Lastfälle bei maximaler Auslastung (jeweils achtzig Kinder à 32.5 kg) und unregelmässigen Belastungen.

Um die Holzkonstruktion vor stehender Nässe zu schützen, ist die Oberfläche der Binder leicht konvex ausgeprägt. Anders als die grossen Vorbilder werden die Binder allein dadurch aber wohl kaum mehrere Jahrhunderte überstehen: Tempel und Schreine besitzen in Japan ausladende Dächer, die das Holz vor der Witterung schützen – in Hakone sind die Binder den äusseren Einflüssen hingegen konstruktiv ungeschützt ausgeliefert. Die Entscheidung für die Neukonzeption des Kunstwerks und seines Rahmens dürften die Verantwortlichen dennoch nicht bereuen: Mit der neuen Behausung hat das Spiel-Kunstwerk schlagartig an Popularität gewonnen. Wer beobachtet, wie viel Spass die Kinder in diesem Netz haben, glaubt durchaus, dass manche Familie allein deshalb mehrmals im Jahr in das Museum kommt.

TEC21, Fr., 2011.02.25

25. Februar 2011 Claudia Hildner

4 | 3 | 2 | 1