Übersicht

Texte

17. Februar 2012Claudia Hildner
TEC21

Wohnen auf Zeit

Ein neues Zuhause für Menschen, die alles verloren haben: Wenn Erdbeben oder Orkane das vertraute Umfeld zerstören, müssen die Betroffenen bis zum Wiederaufbau meist in temporären Unterkünften untergebracht werden. Zwei Beispiele aus Japan und Italien zeigen, welche Kriterien bei ihrem Entwurf zählen: Das von Shigeru Ban gegründete «Voluntary Architects’ Network» setzt in Onagawa auf kurze Bauzeit und gemeinschaftliche Einrichtungen, für die Mailänder Ruattistudio Architetti stehen in L’Aquila eine ansprechende Erscheinung und die flexible Nutzung im Vordergrund.

Ein neues Zuhause für Menschen, die alles verloren haben: Wenn Erdbeben oder Orkane das vertraute Umfeld zerstören, müssen die Betroffenen bis zum Wiederaufbau meist in temporären Unterkünften untergebracht werden. Zwei Beispiele aus Japan und Italien zeigen, welche Kriterien bei ihrem Entwurf zählen: Das von Shigeru Ban gegründete «Voluntary Architects’ Network» setzt in Onagawa auf kurze Bauzeit und gemeinschaftliche Einrichtungen, für die Mailänder Ruattistudio Architetti stehen in L’Aquila eine ansprechende Erscheinung und die flexible Nutzung im Vordergrund.

Nach Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen, Wirbelstürmen oder Vulkanausbrüchen kann es bis zum Wiederaufbau der zerstörten Strukturen mehrere Jahre, bisweilen Jahrzehnte dauern. Zwischen der ersten kurzfristigen Unterbringung in Zelten oder Turnhallen und der Rückkehr in die Heimatorte benötigen die Katastrophenopfer temporäre Unterkünfte, um im Winter und bei schlechtem Wetter sicher und gesund leben zu können. Für gefährdete Kommunen empfiehlt es sich, entsprechende Standorte schon im Vorfeld festzulegen und Grundstücke bereitzuhalten, auf denen sich schnell und ohne grossen bürokratischen Aufwand Unterkünfte errichten lassen.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, temporäre Wohneinheiten bereitzustellen: Es können vorfabrizierte Standardlösungen – wie etwa Container oder Wohnmodule – angefordert und damit Siedlungen errichtet werden. Oder es können ausgewählte Planerteams die Aufgabe übernehmen, im Rahmen der Möglichkeiten geeignete Wohnlösungen zu schaffen. Zwei Beispiele aus Italien und Japan zeigen, wie temporäre Behausungen nach einer Katastrophe je nach klimatischem, topografischem und kulturellem Kontext unterschiedlich gestaltet sein können. Grundsätzlich sind die Situationen vergleichbar, da es sich bei beiden Nationen um industrialisierte Länder handelt. In Entwicklungsländern zieht man es hingegen oft vor, unmittelbar nach dem Ereignis mithilfe lokaler Materialien und traditioneller Handwerkstechniken sofort Häuser aufzustellen, die auf Dauer bewohnt werden können.

Container für Nordostjapan

Bei dem Tsunami in Nordostjapan im März 2011 sind gemäss offiziellen Angaben etwa 16000 Menschen umgekommen, über 3000 werden noch vermisst.[1] Annähernd 130000 Häuser sind vollständig zerstört worden, davon allein 80000 in der Präfektur Miyagi. Die Bereitstellung einer ausreichenden Menge an temporären Unterkünften verzögerte sich aufgrund des grossen Bedarfs und bürokratischer Hindernisse. Auch die Topografie Japans spielte eine Rolle: Die Verantwortlichen hatten sich für vorfabrizierte eingeschossige Wohnmodule entschieden, da diese sehr schnell realisiert werden können – ausreichend grosse ebene Bauplätze, auf denen diese Standardlösungen platziert werden konnten, standen vielerorts aber nicht zur Verfügung. So auch in der Gemeinde Onagawa in der Präfektur Miyagi, einer Ortschaft mit 10000 Einwohnern, in der der Tsunami etwa 4000 Häuser zerstört hatte. Eine Lösung für dieses Problem fand das Voluntary Architects’ Network (VAN), eine vom japanischen Architekten Shigeru Ban gegründete Organisation zur Unterstützung von Katastrophenopfern.

Als grundlegendes Modul wählten die Architekten von VAN Container für Überseetransporte, die sie aber nicht als eingeschossige Einheiten über die Fläche verteilten, sondern in zwei- bis dreigeschossigen Riegeln zusammenfassten. Diese Bauweise erforderte zwar weiterhin einen ebenen Baugrund, der aber wesentlich besser ausgenützt werden konnte. So konnten in Onagawa auf der Fläche eines Baseballfeldes[2] – da keine anderen freien Flächen zur Verfügung standen, hatte die Gemeinde beschlossen, dieses Sportfeld zu «opfern» – etwa 190 Familien ein neues Zuhause finden. Die Riegel sind schachbrettartig aufgebaut: Zwischen den einzelnen Containern ist jeweils ein leerer Zwischenraum angeordnet, der von einem einfachen Rahmen umschlossen wird. Dieser zusätzliche Raum ist an einer Schmalseite vollständig verglast; auf der anderen Seite befindet sich jeweils der Zugang zu den Wohnungen.

Ein Vorteil bei der Verwendung von Containern ist die kurze Bauzeit – die gesamte Siedlung wurde in etwa zweieinhalb Monaten errichtet. Die Bauten sind so ausgelegt, dass sie über längere Zeiträume als Unterkunft dienen können. Shigeru Ban schwebt vor, dass nicht mehr gebrauchte Einheiten für kommende Schadenereignisse bereitgehalten werden. Da grössere Erdbeben in Japan in regelmässigen Abständen zu erwarten sind, wäre eine solche «mobile» Siedlung durchaus sinnvoll.

Bescheidenes Raumangebot, dafür soziale Integration

Bei den Wohnungsgrössen orientierten sich VAN an den Dimensionen anderer in Nordostjapan bereits verwendeter Notunterkünfte: Es gibt drei Einheiten, die 20, 29 und 40 m² gross sind. Die kleinste Wohnung ist für einen oder zwei Bewohner gedacht, die mittlere Unterkunft soll drei oder vier Personen Platz bieten und das grösste Modul wird an Familien mit mehr als vier Mitgliedern vergeben. In weiten Teilen Europas mögen solche winzigen Wohnungen als eine Zumutung erscheinen – für japanische Verhältnisse sind sie nicht ungewöhnlich.

Die Wände bestehen aus Leichtbauplatten, die Böden sind mit Teppichfliesen belegt. Anders als bei den «herkömmlichen» Notunterkünften der Regierung entschieden sich die Architekten in Onagawa dazu, auch die Einrichtung der Wohnungen zu entwerfen. So wurden die Regale aus verdübeltem Brettsperrholz von Freiwilligen (Architekturstudierenden) zusammengebaut an die Wände geschraubt.[3] Damit sollten den Bewohnern Möbel zur Verfügung gestellt werden, deren Dimensionen im Gegensatz zu gekauften Standardmöbeln auf die schmalen Container abgestimmt sind.

Wichtig war dem VAN bei diesem Projekt, dass zusammen mit den Wohneinheiten auch gemeinschaftliche Einrichtungen bereitgestellt werden: Das Problem vieler temporärer Wohnsiedlungen ist, dass sie als reine «Schlafstädte» konzipiert werden und es keine Orte gibt, an denen man sich treffen, sich austauschen oder etwas veranstalten kann. In der Siedlung in Onagawa gibt es ein Zelt, das als Markthalle dient, ein Gemeinschaftshaus für Veranstaltungen und ein Atelier, in dem zum Beispiel Unterricht stattfinden kann. Ein solches Gesamtkonzept ist umso wichtiger, je länger Menschen in einer temporären Wohnsiedlung untergebracht sein müssen.

Holzbauten in den Abruzzen

Um eine Grössenordnung kleiner als in Nordostjapan erscheinen die Schäden, die das Erdbeben vom April 2009 in Mittelitalien verursacht hat. In der Stadt L’Aquila und ihrer Umgebung hatten die Erdstösse bis zu 15000 Gebäude beschädigt, die meisten davon in den östlich gelegenen Dörfern. Im Rahmen des «Progetto C.A.S.E.» wurden bald nach dem Beben auf geeigneten Baufeldern rund um L’Aquila erdbebensichere Betonplattformen geschaffen, auf denen die neuen temporären Wohnbauten errichtet werden sollten. Diese Bodenplatten ruhen mittels Gleitpendellagern, die die Energie eines Bebens aufnehmen, auf Stahlstützen. Dadurch wird die Betonplatte, auf der das Gebäude steht, von den Stützen und damit vom Baugrund entkoppelt (seismisch isoliert). Diese Lösung wurde gewählt, weil Gleitpendellager relativ preisgünstig sind, weil sie innert drei Wochen produziert und in einem Tag montiert werden können und weil sie für den realisierten Bautyp geeignet waren.

In einem speziellen Realisierungswettbewerb suchte man die entsprechenden Planungs-teams. Die Entwürfe der Teilnehmer wurden anhand eines Punktesystems bewertet: Zu den entscheidenden Kriterien zählten die Baukosten und die Realisierungszeit, beziehungsweise die Zahl der Gebäude, die bis zum Wintereinbruch verwirklicht werden konnten, aber auch die Energieeffizienz, die Ausnutzung des Grundstücks sowie die Flexibilität der Unterkünfte hinsichtlich einer möglichen späteren Nutzungsänderung.

Einer der Entwürfe, der in diesem Wettbewerb erfolgreich war und später verwirklicht wurde, stammt vom Planungsteam Ruattistudio Architetti aus Mailand. Da sie den genauen Ort, an dem das Projekt verwirklicht werden sollte, nicht kannten, entwickelten die Architekten ein standardisiertes Volumen mit einer Grundfläche von rund 20×58 m. Das ist die maximale Grösse der Plattformen, auf denen die neuen dreistöckigen Gebäude zu errichten waren.

Da manche dieser Betonplattformen aber, je nach Grundstücksgrösse, etwas kleiner erstellt wurden, sollten sich die entworfenen Gebäude bei Bedarf auch ohne viel Aufwand um ein paar Meter kürzen lassen. Es war auch geplant, die einzelnen Wohnmodule samt Erschlies-sung auf verschiedene Arten untereinander zu kombinieren. Die Laubengänge der Gebäude sind, soweit möglich, nach Süden ausgerichtet. Der von Ruattistudio Architetti entwickelte Gebäudetyp wurde schliesslich in drei Ortschaften rund um L’Aquila verwirklicht: Zwei der Riegel stehen in Tempera, drei in Roio Poggio und einer in Paganica. Die reine Bauzeit betrug 85 Tage, etwa gleich lang wie bei der Containerlösung in Nordostjapan, nur dass in dieser Zeit deutlich weniger Einheiten verwirklicht werden konnten. Die Umstände am konkreten Standort konnten die Architekten aus Zeitmangel in ihren Entwurf kaum einfliessen lassen – dennoch ist es gelungen, Wohneinheiten zu entwickeln, die einen eigenen Charakter haben und in ihrer Materialität hochwertig wirken. Ansprechender Ausbau, auch auf Dauer nutzbar

«Wir wollten keine Containerbauten, es sollte nicht nach einer temporären Lösung aussehen», sagt Juanita Ceva Valla von Ruattistudio. Die Wahl fiel daher auf eine Holzkonstruktion, die teilweise aus vorgefertigten tragenden Holzbauplatten und teilweise aus mit Gipskartonplatten bekleideten Sandwichelementen besteht. Die Böden sind mit Parkettlaminat belegt. Gespart wurde dort, wo es nicht wehtut: Die Erschliessung erfolgt wie bei dem Projekt in Onagawa über eine vorgesetzte Stahlkonstruktion, die Laubengänge bildet. Weisse Sichtschutzelemente lassen die Fassade in diesem Bereich lebendig, fast elegant wirken. Im Inneren ist die Decke im Rohbauzustand belassen worden, dafür wurde bei den Bädern auf Zellenlösungen verzichtet, die auf den temporären Charakter der Wohnungen hingewiesen hätten. Die reinen Baukosten für die sechs Gebäude betrugen rund 14 Mio. Euro, was mittleren Kosten von rund 2.3 Mio. Euro pro Haus entspricht.

Im Gegensatz zu den Containern in Nordostjapan, die eher eine Übergangslösung darstellen sollen, sind die Bauten in der Umgebung von L’Aquila im Hinblick auf eine spätere Zweitnutzung auf Dauer angelegt. Wenn die jetzigen Bewohner ausziehen, könnten die Wohnblöcke von Ruattistudio Architetti etwa in ein Studentenwohnheim umgebaut werden, denn die Innenwände lassen sich ohne grossen Aufwand versetzen. Bei den neuen Siedlungen rund um L’Aquila fehlt jedoch ein übergeordnetes städtebauliches Konzept mit Begegnungs- und Identifikationsorten. Da der Wiederaufbau der Altstadt von L’Aquila nur schleppend vorangeht, wären gemeinschaftliche Einrichtungen sowie eine gute Anbindung an die lokalen Zentren für das dauerhafte Funktionieren dieser Siedlungen sehr wichtig.

Es gibt keine Patentlösung

Die beiden Projekte in Italien und Japan haben einiges gemeinsam: Sie wurden in sehr kurzer Zeit entworfen und realisiert, sind ganz oder in Teilen vorgefertigt und haben eine ähnliche Struktur. Beide Projekte sind nicht von professionellen Krisenmanagern, sondern von Architektinnen und Architekten initiiert worden. Angesichts der Überforderung oder des Ungenügens der offiziellen Planungsinstanzen sind sie eigene Wege gegangen, um rasch zu helfen und unter erschwerten Bedingungen mehr als das Minimum an Lebensqualität zur Verfügung zu stellen. Angesichts des Ausmasses der Zerstörungen entsprechen die beschriebenen lokalen Projekte dem sprichwörtlichen Tropfen auf den heissen Stein; für die Umsetzung im grossen Massstab fehlen den Initianten (noch) die Mittel und der politische Einfluss. Wenn sich die Unterkünfte während einiger Jahre bewähren, ist die Hoffnung berechtigt, dass derartige Bauten breite Anerkennung finden und zu Standards für die Unterbringung von Katastrophenopfern werden. Für ihre Akzeptanz ist es wichtig, dass sie die lokalen kulturellen, topografischen und klimatischen Gegebenheiten berücksichtigen; deshalb kann es keine uniforme globale Lösung für die Architektur nach Katastrophen geben.


Anmerkungen:
[01] National Police Agency of Japan, www.npa.go.jp
[02] Approximativ ein Viertelkreis mit einem Radius von 90–120 m Länge mit einer Fläche zwischen 3400 und 11 300 m²
[03] Insgesamt arbeiteten 187 Freiwillige während zweieinhalb Monaten in Tagesschichten von 10 bis 20 Personen an diesem Projekt mit

TEC21, Fr., 2012.02.17



verknüpfte Zeitschriften
TEC21 2012|8 Nach der Katastrophe

25. Februar 2011Claudia Hildner
TEC21

Jenga für Fortgeschrittene

Bunt schimmert es durch die hölzernen Balken des Pavillons «Net no Mori» im Open Air Museum im japanischen Hakone. Der Bau erinnert an eine vergrösserte Version des Geschicklichkeitsspiels «Jenga», nur dass die Bauelemente in Hakone in 38 Schichten zu einer offenen Struktur übereinandergestapelt wurden. Nach japanischer Zimmermannstradition sind die Verbindungen nur mit Holzdübeln und -keilen gefügt. Der Pavillon bildet den Rahmen für ein handgefertigtes Kunstwerk: Ein abgehängtes, mehrlagiges Netz mit runden Öffnungen und tropfenförmigen Schaukeln lädt Kinder zum Spielen ein.

Bunt schimmert es durch die hölzernen Balken des Pavillons «Net no Mori» im Open Air Museum im japanischen Hakone. Der Bau erinnert an eine vergrösserte Version des Geschicklichkeitsspiels «Jenga», nur dass die Bauelemente in Hakone in 38 Schichten zu einer offenen Struktur übereinandergestapelt wurden. Nach japanischer Zimmermannstradition sind die Verbindungen nur mit Holzdübeln und -keilen gefügt. Der Pavillon bildet den Rahmen für ein handgefertigtes Kunstwerk: Ein abgehängtes, mehrlagiges Netz mit runden Öffnungen und tropfenförmigen Schaukeln lädt Kinder zum Spielen ein.

Wer das Hakone Open Air Museum zum ersten Mal besucht, ist von der ungewöhnlichen Idee angenehm überrascht: In dem 1969 gegründeten Museum, das aus einem grossen Skulpturengarten sowie fünf Ausstellungshallen besteht, wurden die Werke international bekannter Bildhauer und Installationskünstler sorgsam mit der Landschaft verwebt. Der Ort Hakone liegt im Südwesten von Tokio und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Familien. Das Museum nimmt auf diesen Umstand Rücksicht und bietet Kindern Bereiche, in denen sie die Kunst hautnah erleben können. Ein Highlight ist dabei «Net no Mori»: ein riesiges, kunterbuntes Netz aus Nylonseilen, das die japanische Künstlerin Toshiko Horiuchi Macadam in Handarbeit geknüpft hat, sowie der dazugehörige Pavillon von Tezuka Architects.

Netz und Balken

Ein Netz der Künstlerin gab es in dem Museum schon lange – allerdings war es in einer weitgehend geschlossenen, weissen Box untergebracht, sodass es von aussen kaum attraktiv wirkte und im Inneren so manchen eher an ein riesiges Spinnennetz erinnert haben mag. Tezuka Architects, die eng mit der Künstlerin und den Tragwerksplanern von TIS & Partners zusammenarbeiteten, entschieden sich, die neue Behausung offen zu gestalten: Das Netz muss zwar vor der Witterung geschützt werden, aber natürliches Licht und Wind sollen es dennoch umfliessen können. Um ein Ensemble zu schaffen, das als Ganzes überzeugt, fertigte die Künstlerin sogar ein neues Netz an, das perfekt mit dem neuen Pavillon zusammenspielt.

Für die Konstruktion der offenen Struktur wurden Brettschichtholzbinder verwendet, die sich in ihren Querschnitten je nach ihrer Position im Bauwerk – und den sich daraus ergebenden statischen Erfordernissen – unterscheiden. So variiert die Höhe der Träger zwischen 36 und 54 cm, die Breite zwischen 22 und 36 cm. Die aus 589 Holzbalken bestehende Konstruktion mag zunächst wie ein willkürlicher Stapel erscheinen, doch ein genauerer Blick offenbart, dass die Anordnung der Binder einem ausgeklügelten System folgt. Es ergeben sich Ringe aus Dreieckskonstellationen, die sich nach oben hin kaum merklich verkleinern, bis sich die Seiten nach innen zu wölben scheinen. Einige wenige längere Binder ergänzen das Ganze zur Kuppel, sodass der Pavillon einem Dom oder Iglu gleicht. An den Bindern ist auch die abgehängte Zeltplane befestigt, welche das Kunstwerk vor der Witterung schützt.

«Lagerfeuer» im Holziglu

Die Architekten wollten eine spielerische Skulptur schaffen, die Menschen dazu einlädt, sie in Besitz zu nehmen. Die Behausung des Kunstwerks sollte weniger als Gebäude denn als natürliches Element wahrgenommen werden – darauf verweist auch der Name des Pavillons, «Net no Mori» beziehungsweise «Wald aus Netzen». Für die Planer ist das Netz im Inneren eine Art «Lagerfeuer»: Die spielenden Kinder setzen es in Bewegung, und die Erwachsenen können auf den Bindern sitzen und diesem Flackern zusehen.

Mit seiner verspielt lockeren Struktur lässt sich der Pavillon kaum anmerken, dass sich seine Konstruktion an traditioneller japanischer Holzarchitektur orientiert: Die Verbindungen zwischen den einzelnen Bindern wurden ohne Metallelemente verwirklicht. Stattdessen liessen die Planer die Unterseite des jeweils oben liegenden Trägers individuell CNC-fräsen, um ihn so mit dem darunterliegenden Träger zu verkämmen. Holzdübel und -keile stabilisieren die Konstruktion. Als Referenzen für diese reinen Holzverbindungen nennen die Tragwerksplaner TIS & Partners unter anderem einen der ältesten Schreine Japans, den Izumo-Taisha in der Präfektur Shimane, sowie den Tempel Kiyomizu in Kioto – allerdings wurden für deren Konstruktion Vollholzbalken verwendet.

Berechnetes Spiel

Aus Metall sind lediglich die Auflager zwischen Fundament und Holzkonstruktion sowie die Verbindungselemente zwischen Netz und Bindern. Letztere legen sich als Klammern um den Querschnitt der Binder, sodass auch hier das Holz nicht vom Metall durchdrungen, sondern von ihm gefasst wird. Die Klammern sind so positioniert, dass sie die Lasten aus der schützenden Zeltplane, dem Sicherheitsnetz sowie dem Kunstwerk und den darin beziehungsweise darauf spielenden Kindern aufnehmen können.

Mit einer speziell für «Net no Mori» entwickelten Software zur Tragwerksanalyse prüften die Fachplaner die Stabilität des Pavillons. Im Fokus standen dabei die Holzverbindungen, die in dieser Konstruktion auch Schubkräfte und Drehmomente aufnehmen müssen. Mit dem Programm liess sich nachweisen, dass das reine Holzbauwerk ohne zusätzliche Verbindungselemente aus Metall verwirklicht werden kann. Entscheidend für diese Berechnung waren die Lasten, die die Kinder im Netz erzeugen. Die Tragwerksplaner betrachteten dabei neun verschiedene Lastfälle bei maximaler Auslastung (jeweils achtzig Kinder à 32.5 kg) und unregelmässigen Belastungen.

Um die Holzkonstruktion vor stehender Nässe zu schützen, ist die Oberfläche der Binder leicht konvex ausgeprägt. Anders als die grossen Vorbilder werden die Binder allein dadurch aber wohl kaum mehrere Jahrhunderte überstehen: Tempel und Schreine besitzen in Japan ausladende Dächer, die das Holz vor der Witterung schützen – in Hakone sind die Binder den äusseren Einflüssen hingegen konstruktiv ungeschützt ausgeliefert. Die Entscheidung für die Neukonzeption des Kunstwerks und seines Rahmens dürften die Verantwortlichen dennoch nicht bereuen: Mit der neuen Behausung hat das Spiel-Kunstwerk schlagartig an Popularität gewonnen. Wer beobachtet, wie viel Spass die Kinder in diesem Netz haben, glaubt durchaus, dass manche Familie allein deshalb mehrmals im Jahr in das Museum kommt.

TEC21, Fr., 2011.02.25



verknüpfte Zeitschriften
TEC21 2011|09 Holz gestrickt

03. November 2010Claudia Hildner
db

Erdbebensicheres Glashaus

Kindgerecht im herkömmlichen Sinne ist das Gebäude nicht. Schule und Kinderhort der christlichen Hongodai-Gemeinde überraschen aber durch die Poesie, die in transparenten Fassaden und strengem Raster stecken kann, und durch die Elastizität ihrer Konstruktion.

Kindgerecht im herkömmlichen Sinne ist das Gebäude nicht. Schule und Kinderhort der christlichen Hongodai-Gemeinde überraschen aber durch die Poesie, die in transparenten Fassaden und strengem Raster stecken kann, und durch die Elastizität ihrer Konstruktion.

An diesem Gebäude kommt kaum jemand zufällig vorbei: Wer Schule und Kinderhort der christlichen Hongodai-Gemeinde besuchen will, fährt von Tokyo aus mit Zug und Bus etwa eineinhalb Stunden, und muss selbst vom näher gelegenen Yokohama noch 40 Minuten Fahrzeit einplanen. Nähert sich der Besucher seinem Ziel, so beschleicht ihn das Gefühl, das Metropolgebiet Tokio-Yokohama franse plötzlich aus, werfe sich zu Hügeln auf, um sich Häuser vom Leib zu halten: Gebiete mit dicht gepackten und wild verstreuten Wohnhäusern wechseln sich ab, dazwischen wuchert wildes Grün. Auf den letzten Metern zu Fuß weitet sich vor dem Besucher plötzlich der Raum und gibt den Blick auf ein noch fast leeres Baufeld frei. Von jungen Bäumen umgeben »sitzt« dort ein zweistöckiger Bau, dessen flirrende Haut mit zahlreichen Vor- und Rücksprüngen es nicht erlaubt, die Konturen ohne Weiteres zu erfassen. Hat sich das Auge an Durchblicke und Spiegelungen gewöhnt, erkennt es ein pavillonartiges Bauwerk, das sich aus kleinen verglasten Würfeln zusammenzusetzen scheint.

Bildung und Mission

Das Tokioter Büro Takeshi Hosaka Architekten hat die christliche Bildungseinrichtung in der Peripherie der Stadt Yokohama geschaffen. Bauherr ist die evangelische Hongodai Christ Church. Christen hatten es in der Vergangenheit in Japan nicht leicht: Kurz nachdem im 16. Jahrhundert die ersten christlichen Gemeinden gegründet worden waren, wurde die Religion auch schon verboten und ihre Anhänger verfolgt. 200 Jahre später wurde das Verbot aufgehoben, woraufhin vor allem aus Amerika neue Missionare ins Land kamen. Zugang zur Bevölkerung erlangten sie u. a. durch die Schulen, die sie eröffneten. Diese Tradition der Schulgründung gibt es bis heute, und der Ruf dieser Bildungseinrichtungen ist oft ausgezeichnet. Für die christlichen Gemeinden bietet sich durch sie die Chance, die Erziehung nach den Werten ihrer Religion zu gestalten. Das einprägsame, fast symbolische Gebäude, das Takeshi Hosaka für die Hongodai Christ Church schuf, dient daher nicht nur der Bildung, sondern auch der Mission. Die Entwurfsidee des Architekten wurde von den Gegebenheiten vor Ort inspiriert: An das Grundstück grenzt eine Waldfläche – oder zumindest: der Ausläufer einer größeren baumbestandenen Restfläche, für die im Metropolgebiet Tokio-Yokohama die Bezeichnung »Wald« durchaus angemessen ist. In seinem Entwurf setzt Hosaka den Wald mit neu gepflanzten Bäumen auf dem Grundstück fort und durchzieht ihn mit einer Linie, deren diverse Schlaufen für die späteren Patios stehen. Die geschwungene Linie korrigiert er schließlich zum orthogonalen, auf einem Raster basierenden Gebäudeumriss. Dieses Konzept, bei der die anfangs freie Form am Ende in ein Raster gepresst wird, mag etwas verkopft wirken – dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass Takeshi Hosaka damit etwas Märchenhaftes geschaffen hat. › Räume im Raster

Lediglich eine Stehle aus Metall sowie ein unscheinbares Vordach machen auf den zur Straße orientierten Eingang des Gebäudes aufmerksam. Dahinter grenzt ein Tresen den Eingangsbereich mit dem obligatorischen Schuhregal von den Räumen des Kinderhorts ab. Rechts davon führt eine zweiläufige Treppe ins OG, das die Schule beherbergt. Ein zentraler Bereich bietet dort genug Platz, um mit allen Kindern morgendliche Messen zu feiern. Da die Gemeinde klein ist und sich die Schule erst im Aufbau befindet, gibt es pro Jahrgang nur etwa zwei bis drei Schüler. Den Bauherren war es wichtig, dass die Klassen einzeln unterrichtet werden können, die Schüler dabei aber dennoch die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft spüren und die Umwelt wahrnehmen. Hosaka gestaltete das Gebäude daher transparent und versah es mit zahlreichen Schiebetüren und -fenstern, mit denen sich der Bau je nach Wunsch abgrenzen oder öffnen lässt. Die einzelnen Klassenräume lassen sich durch schalldämpfende Acrylglasschiebewände von dem zentralen Gemeinschaftsbereich abtrennen, so dass angemessen große Unterrichtsräume entstehen. Ein wichtiges Element sind dabei die transparenten Patios, welche die Räume strukturieren und – als kleine Gärten im Innern des Gebäudes – Innen- und Außenraum auf einer weiteren Ebene sehr gekonnt miteinander verweben.

Neben der allgegenwärtigen Verglasung ist das Innere vor allem durch Holz geprägt: Nussbaum-Furnierparkett als Bodenbelag und vom Schreiner gefertigte Möbel, die allerdings oft etwas unentschieden herumstehen, da die Wände fehlen, an die sie sich lehnen könnten. Ein weiteres, etwas zu auffälliges Merkmal der Innenräume sind die Leuchten: in Kreuzform angeordnete Neonröhren. Im herkömmlichen Sinne kindgerecht gestaltet, ist das Gebäude im Innern nicht: Es gibt keine farbigen Wände, die sich schützend zwischen Kinder und Außenwelt stellen, keine Höhlen, in die sich die kleinen Nutzer zurückziehen könnten. Bauherren und Architekten haben vielmehr beinahe entmaterialisierte Räume geschaffen, in denen sich Licht, Wind und Natur intensiv erleben lassen.

Einfach beben lassen

Der allgegenwärtigen Gefahr durch Erdbeben versucht man in Japan meist mit der Festigkeit der Konstruktion und der Materialdicke zu begegnen – bei Schule und Kinderhort der Hongodai-Kirche wagten die Planer einen anderen Weg. Auf dem Betonfundament sitzt eine Holzrahmenkonstruktion, die allerdings ohne Auskreuzungen oder Aussteifungen auskommt. Stattdessen wurden die fünf Patios als Stahlrahmenkonstruktionen in das Raster eingefügt. Einen besonderen Trick mussten sich die Planer allerdings bei der Verglasung einfallen lassen: Das spröde und unnachgiebige Material würde im Falle eines schweren Erdbebens sofort brechen, da es – anders als die Rahmenkonstruktion – Drehmomente nicht aufnehmen kann. Daher sind die festen und verschiebbaren Glaselemente auf hydraulischen Stoßdämpfern gelagert. Dem Einbau des Systems gingen verschiedene Tests an 1:1-Modellen sowie Erdbebensimulationen am Rechner voraus.

Was in erdbebenarmen Ländern wenig problematisch scheint, ist in Japan tatsächlich eine kleine Revolution: Gerade bei Schulen und Kinderhorts sind die Sicherheitsstandards sehr hoch, so dass solch filigrane und transparente Konstruktionen wie bei diesem Gebäude kaum verwirklicht werden. Statt dem Beben die Masse dicker Stahlbetonwände entgegenzusetzen, bewältigt der Bau die Herausforderung sehr viel japanischer: durch Elastizität. Klima im Glashaus

Beim Anblick der Schule stellt sich für Menschen, die mit einer sich ständig verschärfenden EnEV konfrontiert sind, sofort die Frage: Wie lässt sich dieses komplett verglaste Gebäude klimatisch in den Griff bekommen? Noch dazu in einem Land, dessen tropische Sommer den Gebrauch einer Klimaanlage selbst in Gebäuden mit wenig direkter Sonneneinstrahlung unumgänglich machen? Was die sommerliche Kühlung anbelangt, bleiben die Architekten mit ihrer Erläuterung tatsächlich etwas im Vagen: Die Beschattung durch die umgebenden Bäume sowie natürliche Querlüftung sollen eine Überhitzung des Gebäudes verhindern. Nur in Ausnahmefällen – wenn die Fenster nicht geöffnet werden können – solle die Klimaanlage zur Kühlung hinzugezogen werden.

Die Heizung erfolgt über den Fußboden, allerdings dient nicht Wasser, sondern Luft als Medium. Die von einer Wärmepumpe auf eine bestimmte Temperatur gebrachte Luft wird in Schläuchen durch den Fußboden geleitet, um diesen aufzuheizen, bevor sie im Bereich unterhalb der Fensterscheiben in den Raum austritt und damit auch die Oberflächentemperatur der Gläser hebt.

In Japan hat es bei den Verordnungen zur Energieeinsparung von Gebäuden schon seit Jahrzehnten keine Veränderung mehr gegeben. Insgesamt lässt das Thema Nachhaltiges Bauen die japanische Bauindustrie weitgehend kalt – die Lebensdauer von Häusern beträgt durchschnittlich nur 30 Jahre, und natürlich ist weder der Industrie noch den Bauunternehmern daran gelegen, diese Zeitspanne zu verlängern. Darüber hinaus neigen die Bauherren eher dazu, bei gleich bleibender Bauweise den eigenen Komfort zu reduzieren, als durch eine entsprechende Umstellung der Bauweise trotz hohem Komfort eine Energieeinsparung zu erreichen.

Bauen in Japan lässt sich nicht ohne Weiteres an westlichen Maßstäben messen, deshalb würde man dem Gebäude der Hongodai-Kirche auch nicht gerecht, wenn man es losgelöst vom lokalen Kontext beurteilt. Wer diesen gläsernen Bau inmitten von Bäumen besucht, die angenehm dimensionierten Räume durchwandert, durch die geöffneten Schiebefenster das Rauschen des Waldes hört und den Blick nur durch das umgebende Grün begrenzt fühlt, wird die Stärken dieses Entwurfs dann auch zu schätzen wissen.

db, Mi., 2010.11.03



verknüpfte Zeitschriften
db 2010|11 Gläsern

13. März 2009Claudia Hildner
Metamorphose

Frevel oder Feinsinn?

Mit einer fotografischen Langzeitbelichtung vergleichen Hild und K ihren Umbau des Schlosses Hohenkammer: In dem Tagungszentrum ließen sie die unterschiedlichen Zeitschichten verschmelzen, alte und neue Elemente bilden ein einheitliches Ganzes. Eine Rebellion gegen die Prinzipien der klassischen Denkmalpflege?

Mit einer fotografischen Langzeitbelichtung vergleichen Hild und K ihren Umbau des Schlosses Hohenkammer: In dem Tagungszentrum ließen sie die unterschiedlichen Zeitschichten verschmelzen, alte und neue Elemente bilden ein einheitliches Ganzes. Eine Rebellion gegen die Prinzipien der klassischen Denkmalpflege?

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2009/02 Burgen und Schlösser

01. März 2009Claudia Hildner
db

Kunstgriff für die Kunstradfahrer

Der Sieger im Wettbewerb um die neue Mehrzweckhalle in Wimsheim hatte sofort das Herz des Gemeinderats erobert: Die Lösung der Architekten überzeugte nicht nur nach funktionalen und ästhetischen Gesichtspunkten, sondern auch durch Raffinesse. Die von der Kommune geforderte Erweiterungsmöglichkeit sah das Büro innerhalb des Gebäudes vor – und schuf damit ein Atrium, das bei Veranstaltungen rege genutzt wird. Doch auch in der Halle selbst bewältigten die Planer den Spagat zwischen der Einhaltung des Kostenrahmens und qualitätvoller Architektur bravourös.

Der Sieger im Wettbewerb um die neue Mehrzweckhalle in Wimsheim hatte sofort das Herz des Gemeinderats erobert: Die Lösung der Architekten überzeugte nicht nur nach funktionalen und ästhetischen Gesichtspunkten, sondern auch durch Raffinesse. Die von der Kommune geforderte Erweiterungsmöglichkeit sah das Büro innerhalb des Gebäudes vor – und schuf damit ein Atrium, das bei Veranstaltungen rege genutzt wird. Doch auch in der Halle selbst bewältigten die Planer den Spagat zwischen der Einhaltung des Kostenrahmens und qualitätvoller Architektur bravourös.

Wagt der Architekt einen Ausflug ins Umland, so sieht er sich oft mit einem ärgerlichen Phänomen konfrontiert: Gleich hinter den halbwegs intakten Dorfkernen lauern Bauten, die nicht nur auf den Kontext pfeifen, sondern auch noch so wenig Charme ausstrahlen, dass man ihnen sofort die Abrissbirne wünscht. Auch in Wimsheim – auf halber Strecke zwischen Karlsruhe und Stuttgart an einer Autobahnausfahrt der A8 gelegen – gibt es solche Zweckbauten, allerdings fast nur in dem vor dem eigentlichen Ort liegenden Reservat eines Industriegebiets. Dass die Kommune im Gegensatz zu vielen ihrer Nachbarn durchaus weiß, was qualitätvolle Architektur ausmacht, beweist sie dafür mit ihrer neuen Mehrzweckhalle, die westlich des 2700-Seelen-Ortes auf einem Hügel thront.

Im Inneren wachsen

Die Gemeinde Wimsheim wünschte sich eine Halle, die sich sowohl für den Sportunterricht der benachbarten Grundschule und den Vereinssport als auch für private und öffentliche Veranstaltungen nutzen lassen sollte.
Uneinig war sich der Gemeinderat allerdings über deren Ausmaße. Für eine Ortschaft der Größe Wimsheims wären 18 x 36 Meter für Veranstaltungen absolut ausreichend, doch genügen diese Dimensionen bei einigen Sportarten nicht den internationalen Anforderungen (20 x 40 Meter), so dass die nächstgrößere Normhalle mit Maßen von 22 x 44 Meter ebenfalls zur Diskussion stand. Dass die Argumente für die Ausführung einer größeren Variante nicht unbegründet waren, bewies der Erfolg der Wimsheimer Kunstradfahrer, die kurz nach Fertigstellung der Halle in die zweite Bundesliga aufstiegen.

Schließlich einigte man sich auf eine 22 x 36 Meter große Halle, die man bei Bedarf auf 44 Meter erweitern können sollte. Dieser Wunsch war nicht ganz unproblematisch, da auf der einen Seite der Halle eine Bühne vorgesehen war und sich damit das Foyer nach funktionalen Gesichtspunkten automatisch auf der gegenüberliegenden Seite befinden musste. Der Entwurf von Drei Architekten barg hier die eleganteste Lösung: Das Büro schlug vor, die Erweiterungsmöglichkeit innerhalb des Gebäudes in der Form eines Atriums vorzusehen. Der Kommune gefiel dieser Vorschlag – obwohl man durchaus erkannte, dass sich dadurch natürlich weniger Kosten einsparen ließen als wenn die Erweiterung außerhalb des Baukörpers liegen würde. Die Wimsheimer gewöhnten sich jedoch schnell an den Gedanken eines zusätzlichen reizvollen Raums im Foyerbereich. Die Chance zur Erweiterung gibt es nach wie vor, allerdings möchte heute wohl kaum noch jemand auf das großzügige Atrium verzichten.

Holz-Beton-Kombi

Projektleiter Harald Konsek – einer von 18 Mitarbeitern des Büros Drei Architekten aus Stuttgart – blieb die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und dem Gemeinderat von Wimsheim in guter Erinnerung: Die Bauherren standen von Anfang an hinter dem Entwurf, so dass die Planungen rasch vorangingen.

Zum Glück für die Architekten erteilte auch das Landratsamt Enzkreis die Baugenehmigung verhältnismäßig schnell: Dadurch umgingen die Planer, das Gebäude nach der neuen baden-württembergischen Versammlungsstättenrichtlinie (gültig seit Juli 2004) mit ihren schärferen Vorschriften – etwa zu Brandschutz und Fluchtwegen – überarbeiten zu müssen.

Für die Konstruktion waren ursprünglich mit Holz beplankte Stahlblech-Schwerter vorgesehen, doch diese Variante scheiterte aufgrund der hohen Stahlpreise zurzeit des Baus. Die Träger wurden daher in Brettschichtholz ausgeführt. Der Abstand zwischen den einzelnen Trägern ist etwas geringer als statisch erforderlich. Dadurch rahmen sie die schmalen Heizelemente, die zwischen ihnen sitzen, derart ein, dass sie in der Schrägansicht nicht mehr zu sehen sind. Die Träger lagern auf Betonstützen auf; eine Lösung, die den geforderten Spannweiten laut Architekten statisch am besten gerecht wird. Die tragenden Wände der Nebenbereiche des Gebäudes ließen die Planer in Beton ausführen. Die Oberflächen sind jedoch nicht glatt, sondern zeigen die sägeraue Holzschalung. An einigen wenigen Stellen ließen die Architekten die Wände zusätzlich farbig gestalten. Die Entscheidung, für die Konstruktion vor allem Beton zu verwenden, war auch ökonomisch begründet: Das Budget der Kommune sollte nicht gesprengt werden.

Von außen lässt der Bau die Betonknochen kaum erahnen: Eine Lärchenholz-Verschalung hüllt das Gebäude auf drei Seiten ein und lässt es trotz seiner Ausmaße ruhig in der Landschaft liegen. Damit das Holz gleichmäßig vergrauen kann, vermieden die Architekten jeden Überstand. Die Bauherrschaft hatte sich mit der Idee des dunkler werdenden Holzes schnell angefreundet: Die Alternativen – Faserzementplatten oder eine Behandlung des Holzes – kamen für sie nicht in Frage.

Eine schöne Referenz für die Holzhülle entdeckt der Besucher übrigens, wenn er durch ein bodentiefes Fenster im ersten Obergeschoss des Nebengebäudes Richtung Norden auf die Landschaft blickt: Vom gegenüberliegenden Hügel grüßen dann zwei große Scheunen herüber, die den Architekten schon zu Beginn der Planungen auffielen und die sie nun auf ihre Art in Szene setzten.
Im Inneren beschränkten sich die Architekten auf wenige Materialien und Farben; eine Haltung, die weniger den Kosten als einem allgemeinen Entwurfsprinzip des Büros geschuldet ist. Halle, Foyer und Gymnastik-raum tut diese Zurückhaltung sehr gut, wohingegen einige der Nebenbereiche fast etwas zu karg wirken. Doch dies mag auch daran liegen, dass viele Bereiche noch kaum oder nur notdürftig
möbliert sind.

Mit Holz heizen

Holz prägt aber nicht nur die äußere und innere Gestalt der Halle, sondern sorgt auch für die nötige Wärme: Im Keller des Gebäudes findet sich eine Holzpelletheizung, die im Nahwärmeverbund auch die benachbarte Grundschule und den Kindergarten mitversorgt. Nur zur Abtragung der Spitzenlasten in den Wintermonaten und zur Warmwasserbereitung wird zusätzlich der Ölbrenner der Schule angeworfen.

Die Holzheizung war für die Bauherren eigentlich nur die zweitbeste Lösung: Ursprünglich strebten Bürgermeister und Gemeinderat die Versorgung mit Erdwärme an. Die dazu nötigen Pumpen wurden jedoch aufgrund einer an diesem Bauplatz möglichen Gefährdung des Trinkwassers nicht genehmigt. Der Bau der Holzheizung in Wimsheim wurde von der Bundesregierung über das Klimaschutz-Plus-Programm mit rund 63 000 Euro gefördert; zusammen mit den (noch) relativ niedrigen Kosten für Holzpellets stellte sich diese Lösung daher als die wirtschaftlichste heraus. Über die Umweltfreundlichkeit der Heizvariante entbrennen indes in letzter Zeit häufiger Diskussionen: Unter anderem ist abzusehen, dass der Boom der Holzheizungen die Pellets in absehbarer Zeit verteuern wird – was etwa für Länder in Südamerika einen Anreiz zur noch intensiveren Abholzung ihrer Wälder bieten könnte. Im Zusammenspiel mit einem energieeffizient gestalteten Gebäude ist die Holzheizung den Alternativen Gas und Öl allerdings wohl immer noch überlegen.

Um die Temperatur der Halle schnell den Bedürfnissen der Benutzer anpassen zu können, wurden zwischen die Träger Flächenstrahlelemente eingebaut. Diese erwärmen nicht die Luft, sondern direkt die von ihnen beschienenen Oberflächen. Die von den Architekten erwogene Alternative einer Fußbodenheizung schied vor allem wegen deren Trägheit aus. Da das Gebäude für alle Veranstaltungen optimale Bedingungen bieten sollte, legte man Wert auf eine kontrollierte Lüftung. Frische Luft gelangt über vier Erdkanäle in die Halle. Die natürlich vorgekühlte/-gewärmte Luft strömt unter den Sitzbänken ein und kann über Lüftungsklappen, die sich auf der gegenüberliegenden Seite im oberen Wandbereich befinden, wieder entweichen. Zusätzlich ist in einigen Nebenräumen eine mechanische Abluftanlage eingebaut; auf eine Rückgewinnung der Wärme aus der verbrauchten Luft wurde jedoch verzichtet.

Laut Bürgermeister Schühle belaufen sich die Betriebskosten der Halle – inklusive Reinigung und Bewirtschaftung – im Jahr auf etwa 80 000 Euro tatsächliche Kosten. Diese sind zur Hälfte gedeckt durch die Einnahmen, die durch die Vermietung der Halle beziehungsweise des Foyers für Hochzeiten, Geburtstage oder andere Veranstaltungen erzielt werden. Ob im Gemeinderat auch einmal darüber nachgedacht wurde, das Gebäude nach dem »Public Private Partnership«-Modell zu verwirklichen? Die Möglichkeit, so Schühle, habe man durchaus diskutiert – doch die Option, der nachfolgenden Generation Schulden aufzuhalsen, sei ihm nicht besonders geheuer. Die Halle wurde daher – bis auf die staatliche Förderung der Holzheizung – über die Rücklagen der Gemeinde finanziert und stellt auch in ihrem Betrieb durchaus eine Belastung des kommunalen Haushalts dar. Allerdings eine, die der Bauherr gerne trägt: Schließlich gehe es hier darum, die Dorfgemeinschaft über das Vereinsleben und öffentliche Veranstaltungen zu stärken.

db, So., 2009.03.01



verknüpfte Bauwerke
Mehrzweckhalle Wimsheim



verknüpfte Zeitschriften
db 2009|03 Sportlich

15. Juli 2008Claudia Hildner
Metamorphose

Arbeiten -> Wohnen

Wohnungen in der Innenstadt sind begehrt wie selten zuvor. Auch letzte Flächen- Ressourcen werden genutzt, um den Menschen die Rückkehr in die Stadt zu ermöglichen. Ein großes Potenzial bieten leerstehende Arbeitsstätten: Statt die Gebäude abzureißen, kann dort durch Umnutzung neuer Wohnraum entstehen.

Wohnungen in der Innenstadt sind begehrt wie selten zuvor. Auch letzte Flächen- Ressourcen werden genutzt, um den Menschen die Rückkehr in die Stadt zu ermöglichen. Ein großes Potenzial bieten leerstehende Arbeitsstätten: Statt die Gebäude abzureißen, kann dort durch Umnutzung neuer Wohnraum entstehen.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2008/04 Arbeiten -> Wohnen

15. Juli 2008Claudia Hildner
Metamorphose

Ruinenromantik

Kopfschütteln ernteten Peter Haimerl und Jutta Görlich, wenn sie den zukünftigen Nachbarn von ihrem Vorhaben erzählten: Sie wollten ein verfallenes Bauernhaus bei Viechtach als Wohnhaus nutzen – und dabei weitgehend unverändert lassen. Entstanden ist ein kleines Raumwunder, das erst kürzlich mit dem Architekturpreis Beton 2008 geehrt wurde.

Kopfschütteln ernteten Peter Haimerl und Jutta Görlich, wenn sie den zukünftigen Nachbarn von ihrem Vorhaben erzählten: Sie wollten ein verfallenes Bauernhaus bei Viechtach als Wohnhaus nutzen – und dabei weitgehend unverändert lassen. Entstanden ist ein kleines Raumwunder, das erst kürzlich mit dem Architekturpreis Beton 2008 geehrt wurde.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Bauwerke
Umbau eines Bayerwald-Bauernhauses



verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2008/04 Arbeiten -> Wohnen

28. November 2007Claudia Hildner
Metamorphose

Aufgebockte Karosserie

Über der Wilhelm-Maybach-Schule in Stuttgart parkt seit diesem Jahr ein metallischer Körper auf langen Stützen. Das alte Gebäude scheint ihm als Standfläche ein wenig zu klein und zu schwach gewesen zu sein: Die eigene Tragstruktur hält ihn daher auf Abstand.

Über der Wilhelm-Maybach-Schule in Stuttgart parkt seit diesem Jahr ein metallischer Körper auf langen Stützen. Das alte Gebäude scheint ihm als Standfläche ein wenig zu klein und zu schwach gewesen zu sein: Die eigene Tragstruktur hält ihn daher auf Abstand.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2007/06 Aufgestockt

Alle 11 Texte ansehen

Presseschau 12

17. Februar 2012Claudia Hildner
TEC21

Wohnen auf Zeit

Ein neues Zuhause für Menschen, die alles verloren haben: Wenn Erdbeben oder Orkane das vertraute Umfeld zerstören, müssen die Betroffenen bis zum Wiederaufbau meist in temporären Unterkünften untergebracht werden. Zwei Beispiele aus Japan und Italien zeigen, welche Kriterien bei ihrem Entwurf zählen: Das von Shigeru Ban gegründete «Voluntary Architects’ Network» setzt in Onagawa auf kurze Bauzeit und gemeinschaftliche Einrichtungen, für die Mailänder Ruattistudio Architetti stehen in L’Aquila eine ansprechende Erscheinung und die flexible Nutzung im Vordergrund.

Ein neues Zuhause für Menschen, die alles verloren haben: Wenn Erdbeben oder Orkane das vertraute Umfeld zerstören, müssen die Betroffenen bis zum Wiederaufbau meist in temporären Unterkünften untergebracht werden. Zwei Beispiele aus Japan und Italien zeigen, welche Kriterien bei ihrem Entwurf zählen: Das von Shigeru Ban gegründete «Voluntary Architects’ Network» setzt in Onagawa auf kurze Bauzeit und gemeinschaftliche Einrichtungen, für die Mailänder Ruattistudio Architetti stehen in L’Aquila eine ansprechende Erscheinung und die flexible Nutzung im Vordergrund.

Nach Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen, Wirbelstürmen oder Vulkanausbrüchen kann es bis zum Wiederaufbau der zerstörten Strukturen mehrere Jahre, bisweilen Jahrzehnte dauern. Zwischen der ersten kurzfristigen Unterbringung in Zelten oder Turnhallen und der Rückkehr in die Heimatorte benötigen die Katastrophenopfer temporäre Unterkünfte, um im Winter und bei schlechtem Wetter sicher und gesund leben zu können. Für gefährdete Kommunen empfiehlt es sich, entsprechende Standorte schon im Vorfeld festzulegen und Grundstücke bereitzuhalten, auf denen sich schnell und ohne grossen bürokratischen Aufwand Unterkünfte errichten lassen.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, temporäre Wohneinheiten bereitzustellen: Es können vorfabrizierte Standardlösungen – wie etwa Container oder Wohnmodule – angefordert und damit Siedlungen errichtet werden. Oder es können ausgewählte Planerteams die Aufgabe übernehmen, im Rahmen der Möglichkeiten geeignete Wohnlösungen zu schaffen. Zwei Beispiele aus Italien und Japan zeigen, wie temporäre Behausungen nach einer Katastrophe je nach klimatischem, topografischem und kulturellem Kontext unterschiedlich gestaltet sein können. Grundsätzlich sind die Situationen vergleichbar, da es sich bei beiden Nationen um industrialisierte Länder handelt. In Entwicklungsländern zieht man es hingegen oft vor, unmittelbar nach dem Ereignis mithilfe lokaler Materialien und traditioneller Handwerkstechniken sofort Häuser aufzustellen, die auf Dauer bewohnt werden können.

Container für Nordostjapan

Bei dem Tsunami in Nordostjapan im März 2011 sind gemäss offiziellen Angaben etwa 16000 Menschen umgekommen, über 3000 werden noch vermisst.[1] Annähernd 130000 Häuser sind vollständig zerstört worden, davon allein 80000 in der Präfektur Miyagi. Die Bereitstellung einer ausreichenden Menge an temporären Unterkünften verzögerte sich aufgrund des grossen Bedarfs und bürokratischer Hindernisse. Auch die Topografie Japans spielte eine Rolle: Die Verantwortlichen hatten sich für vorfabrizierte eingeschossige Wohnmodule entschieden, da diese sehr schnell realisiert werden können – ausreichend grosse ebene Bauplätze, auf denen diese Standardlösungen platziert werden konnten, standen vielerorts aber nicht zur Verfügung. So auch in der Gemeinde Onagawa in der Präfektur Miyagi, einer Ortschaft mit 10000 Einwohnern, in der der Tsunami etwa 4000 Häuser zerstört hatte. Eine Lösung für dieses Problem fand das Voluntary Architects’ Network (VAN), eine vom japanischen Architekten Shigeru Ban gegründete Organisation zur Unterstützung von Katastrophenopfern.

Als grundlegendes Modul wählten die Architekten von VAN Container für Überseetransporte, die sie aber nicht als eingeschossige Einheiten über die Fläche verteilten, sondern in zwei- bis dreigeschossigen Riegeln zusammenfassten. Diese Bauweise erforderte zwar weiterhin einen ebenen Baugrund, der aber wesentlich besser ausgenützt werden konnte. So konnten in Onagawa auf der Fläche eines Baseballfeldes[2] – da keine anderen freien Flächen zur Verfügung standen, hatte die Gemeinde beschlossen, dieses Sportfeld zu «opfern» – etwa 190 Familien ein neues Zuhause finden. Die Riegel sind schachbrettartig aufgebaut: Zwischen den einzelnen Containern ist jeweils ein leerer Zwischenraum angeordnet, der von einem einfachen Rahmen umschlossen wird. Dieser zusätzliche Raum ist an einer Schmalseite vollständig verglast; auf der anderen Seite befindet sich jeweils der Zugang zu den Wohnungen.

Ein Vorteil bei der Verwendung von Containern ist die kurze Bauzeit – die gesamte Siedlung wurde in etwa zweieinhalb Monaten errichtet. Die Bauten sind so ausgelegt, dass sie über längere Zeiträume als Unterkunft dienen können. Shigeru Ban schwebt vor, dass nicht mehr gebrauchte Einheiten für kommende Schadenereignisse bereitgehalten werden. Da grössere Erdbeben in Japan in regelmässigen Abständen zu erwarten sind, wäre eine solche «mobile» Siedlung durchaus sinnvoll.

Bescheidenes Raumangebot, dafür soziale Integration

Bei den Wohnungsgrössen orientierten sich VAN an den Dimensionen anderer in Nordostjapan bereits verwendeter Notunterkünfte: Es gibt drei Einheiten, die 20, 29 und 40 m² gross sind. Die kleinste Wohnung ist für einen oder zwei Bewohner gedacht, die mittlere Unterkunft soll drei oder vier Personen Platz bieten und das grösste Modul wird an Familien mit mehr als vier Mitgliedern vergeben. In weiten Teilen Europas mögen solche winzigen Wohnungen als eine Zumutung erscheinen – für japanische Verhältnisse sind sie nicht ungewöhnlich.

Die Wände bestehen aus Leichtbauplatten, die Böden sind mit Teppichfliesen belegt. Anders als bei den «herkömmlichen» Notunterkünften der Regierung entschieden sich die Architekten in Onagawa dazu, auch die Einrichtung der Wohnungen zu entwerfen. So wurden die Regale aus verdübeltem Brettsperrholz von Freiwilligen (Architekturstudierenden) zusammengebaut an die Wände geschraubt.[3] Damit sollten den Bewohnern Möbel zur Verfügung gestellt werden, deren Dimensionen im Gegensatz zu gekauften Standardmöbeln auf die schmalen Container abgestimmt sind.

Wichtig war dem VAN bei diesem Projekt, dass zusammen mit den Wohneinheiten auch gemeinschaftliche Einrichtungen bereitgestellt werden: Das Problem vieler temporärer Wohnsiedlungen ist, dass sie als reine «Schlafstädte» konzipiert werden und es keine Orte gibt, an denen man sich treffen, sich austauschen oder etwas veranstalten kann. In der Siedlung in Onagawa gibt es ein Zelt, das als Markthalle dient, ein Gemeinschaftshaus für Veranstaltungen und ein Atelier, in dem zum Beispiel Unterricht stattfinden kann. Ein solches Gesamtkonzept ist umso wichtiger, je länger Menschen in einer temporären Wohnsiedlung untergebracht sein müssen.

Holzbauten in den Abruzzen

Um eine Grössenordnung kleiner als in Nordostjapan erscheinen die Schäden, die das Erdbeben vom April 2009 in Mittelitalien verursacht hat. In der Stadt L’Aquila und ihrer Umgebung hatten die Erdstösse bis zu 15000 Gebäude beschädigt, die meisten davon in den östlich gelegenen Dörfern. Im Rahmen des «Progetto C.A.S.E.» wurden bald nach dem Beben auf geeigneten Baufeldern rund um L’Aquila erdbebensichere Betonplattformen geschaffen, auf denen die neuen temporären Wohnbauten errichtet werden sollten. Diese Bodenplatten ruhen mittels Gleitpendellagern, die die Energie eines Bebens aufnehmen, auf Stahlstützen. Dadurch wird die Betonplatte, auf der das Gebäude steht, von den Stützen und damit vom Baugrund entkoppelt (seismisch isoliert). Diese Lösung wurde gewählt, weil Gleitpendellager relativ preisgünstig sind, weil sie innert drei Wochen produziert und in einem Tag montiert werden können und weil sie für den realisierten Bautyp geeignet waren.

In einem speziellen Realisierungswettbewerb suchte man die entsprechenden Planungs-teams. Die Entwürfe der Teilnehmer wurden anhand eines Punktesystems bewertet: Zu den entscheidenden Kriterien zählten die Baukosten und die Realisierungszeit, beziehungsweise die Zahl der Gebäude, die bis zum Wintereinbruch verwirklicht werden konnten, aber auch die Energieeffizienz, die Ausnutzung des Grundstücks sowie die Flexibilität der Unterkünfte hinsichtlich einer möglichen späteren Nutzungsänderung.

Einer der Entwürfe, der in diesem Wettbewerb erfolgreich war und später verwirklicht wurde, stammt vom Planungsteam Ruattistudio Architetti aus Mailand. Da sie den genauen Ort, an dem das Projekt verwirklicht werden sollte, nicht kannten, entwickelten die Architekten ein standardisiertes Volumen mit einer Grundfläche von rund 20×58 m. Das ist die maximale Grösse der Plattformen, auf denen die neuen dreistöckigen Gebäude zu errichten waren.

Da manche dieser Betonplattformen aber, je nach Grundstücksgrösse, etwas kleiner erstellt wurden, sollten sich die entworfenen Gebäude bei Bedarf auch ohne viel Aufwand um ein paar Meter kürzen lassen. Es war auch geplant, die einzelnen Wohnmodule samt Erschlies-sung auf verschiedene Arten untereinander zu kombinieren. Die Laubengänge der Gebäude sind, soweit möglich, nach Süden ausgerichtet. Der von Ruattistudio Architetti entwickelte Gebäudetyp wurde schliesslich in drei Ortschaften rund um L’Aquila verwirklicht: Zwei der Riegel stehen in Tempera, drei in Roio Poggio und einer in Paganica. Die reine Bauzeit betrug 85 Tage, etwa gleich lang wie bei der Containerlösung in Nordostjapan, nur dass in dieser Zeit deutlich weniger Einheiten verwirklicht werden konnten. Die Umstände am konkreten Standort konnten die Architekten aus Zeitmangel in ihren Entwurf kaum einfliessen lassen – dennoch ist es gelungen, Wohneinheiten zu entwickeln, die einen eigenen Charakter haben und in ihrer Materialität hochwertig wirken. Ansprechender Ausbau, auch auf Dauer nutzbar

«Wir wollten keine Containerbauten, es sollte nicht nach einer temporären Lösung aussehen», sagt Juanita Ceva Valla von Ruattistudio. Die Wahl fiel daher auf eine Holzkonstruktion, die teilweise aus vorgefertigten tragenden Holzbauplatten und teilweise aus mit Gipskartonplatten bekleideten Sandwichelementen besteht. Die Böden sind mit Parkettlaminat belegt. Gespart wurde dort, wo es nicht wehtut: Die Erschliessung erfolgt wie bei dem Projekt in Onagawa über eine vorgesetzte Stahlkonstruktion, die Laubengänge bildet. Weisse Sichtschutzelemente lassen die Fassade in diesem Bereich lebendig, fast elegant wirken. Im Inneren ist die Decke im Rohbauzustand belassen worden, dafür wurde bei den Bädern auf Zellenlösungen verzichtet, die auf den temporären Charakter der Wohnungen hingewiesen hätten. Die reinen Baukosten für die sechs Gebäude betrugen rund 14 Mio. Euro, was mittleren Kosten von rund 2.3 Mio. Euro pro Haus entspricht.

Im Gegensatz zu den Containern in Nordostjapan, die eher eine Übergangslösung darstellen sollen, sind die Bauten in der Umgebung von L’Aquila im Hinblick auf eine spätere Zweitnutzung auf Dauer angelegt. Wenn die jetzigen Bewohner ausziehen, könnten die Wohnblöcke von Ruattistudio Architetti etwa in ein Studentenwohnheim umgebaut werden, denn die Innenwände lassen sich ohne grossen Aufwand versetzen. Bei den neuen Siedlungen rund um L’Aquila fehlt jedoch ein übergeordnetes städtebauliches Konzept mit Begegnungs- und Identifikationsorten. Da der Wiederaufbau der Altstadt von L’Aquila nur schleppend vorangeht, wären gemeinschaftliche Einrichtungen sowie eine gute Anbindung an die lokalen Zentren für das dauerhafte Funktionieren dieser Siedlungen sehr wichtig.

Es gibt keine Patentlösung

Die beiden Projekte in Italien und Japan haben einiges gemeinsam: Sie wurden in sehr kurzer Zeit entworfen und realisiert, sind ganz oder in Teilen vorgefertigt und haben eine ähnliche Struktur. Beide Projekte sind nicht von professionellen Krisenmanagern, sondern von Architektinnen und Architekten initiiert worden. Angesichts der Überforderung oder des Ungenügens der offiziellen Planungsinstanzen sind sie eigene Wege gegangen, um rasch zu helfen und unter erschwerten Bedingungen mehr als das Minimum an Lebensqualität zur Verfügung zu stellen. Angesichts des Ausmasses der Zerstörungen entsprechen die beschriebenen lokalen Projekte dem sprichwörtlichen Tropfen auf den heissen Stein; für die Umsetzung im grossen Massstab fehlen den Initianten (noch) die Mittel und der politische Einfluss. Wenn sich die Unterkünfte während einiger Jahre bewähren, ist die Hoffnung berechtigt, dass derartige Bauten breite Anerkennung finden und zu Standards für die Unterbringung von Katastrophenopfern werden. Für ihre Akzeptanz ist es wichtig, dass sie die lokalen kulturellen, topografischen und klimatischen Gegebenheiten berücksichtigen; deshalb kann es keine uniforme globale Lösung für die Architektur nach Katastrophen geben.


Anmerkungen:
[01] National Police Agency of Japan, www.npa.go.jp
[02] Approximativ ein Viertelkreis mit einem Radius von 90–120 m Länge mit einer Fläche zwischen 3400 und 11 300 m²
[03] Insgesamt arbeiteten 187 Freiwillige während zweieinhalb Monaten in Tagesschichten von 10 bis 20 Personen an diesem Projekt mit

TEC21, Fr., 2012.02.17



verknüpfte Zeitschriften
TEC21 2012|8 Nach der Katastrophe

25. Februar 2011Claudia Hildner
TEC21

Jenga für Fortgeschrittene

Bunt schimmert es durch die hölzernen Balken des Pavillons «Net no Mori» im Open Air Museum im japanischen Hakone. Der Bau erinnert an eine vergrösserte Version des Geschicklichkeitsspiels «Jenga», nur dass die Bauelemente in Hakone in 38 Schichten zu einer offenen Struktur übereinandergestapelt wurden. Nach japanischer Zimmermannstradition sind die Verbindungen nur mit Holzdübeln und -keilen gefügt. Der Pavillon bildet den Rahmen für ein handgefertigtes Kunstwerk: Ein abgehängtes, mehrlagiges Netz mit runden Öffnungen und tropfenförmigen Schaukeln lädt Kinder zum Spielen ein.

Bunt schimmert es durch die hölzernen Balken des Pavillons «Net no Mori» im Open Air Museum im japanischen Hakone. Der Bau erinnert an eine vergrösserte Version des Geschicklichkeitsspiels «Jenga», nur dass die Bauelemente in Hakone in 38 Schichten zu einer offenen Struktur übereinandergestapelt wurden. Nach japanischer Zimmermannstradition sind die Verbindungen nur mit Holzdübeln und -keilen gefügt. Der Pavillon bildet den Rahmen für ein handgefertigtes Kunstwerk: Ein abgehängtes, mehrlagiges Netz mit runden Öffnungen und tropfenförmigen Schaukeln lädt Kinder zum Spielen ein.

Wer das Hakone Open Air Museum zum ersten Mal besucht, ist von der ungewöhnlichen Idee angenehm überrascht: In dem 1969 gegründeten Museum, das aus einem grossen Skulpturengarten sowie fünf Ausstellungshallen besteht, wurden die Werke international bekannter Bildhauer und Installationskünstler sorgsam mit der Landschaft verwebt. Der Ort Hakone liegt im Südwesten von Tokio und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Familien. Das Museum nimmt auf diesen Umstand Rücksicht und bietet Kindern Bereiche, in denen sie die Kunst hautnah erleben können. Ein Highlight ist dabei «Net no Mori»: ein riesiges, kunterbuntes Netz aus Nylonseilen, das die japanische Künstlerin Toshiko Horiuchi Macadam in Handarbeit geknüpft hat, sowie der dazugehörige Pavillon von Tezuka Architects.

Netz und Balken

Ein Netz der Künstlerin gab es in dem Museum schon lange – allerdings war es in einer weitgehend geschlossenen, weissen Box untergebracht, sodass es von aussen kaum attraktiv wirkte und im Inneren so manchen eher an ein riesiges Spinnennetz erinnert haben mag. Tezuka Architects, die eng mit der Künstlerin und den Tragwerksplanern von TIS & Partners zusammenarbeiteten, entschieden sich, die neue Behausung offen zu gestalten: Das Netz muss zwar vor der Witterung geschützt werden, aber natürliches Licht und Wind sollen es dennoch umfliessen können. Um ein Ensemble zu schaffen, das als Ganzes überzeugt, fertigte die Künstlerin sogar ein neues Netz an, das perfekt mit dem neuen Pavillon zusammenspielt.

Für die Konstruktion der offenen Struktur wurden Brettschichtholzbinder verwendet, die sich in ihren Querschnitten je nach ihrer Position im Bauwerk – und den sich daraus ergebenden statischen Erfordernissen – unterscheiden. So variiert die Höhe der Träger zwischen 36 und 54 cm, die Breite zwischen 22 und 36 cm. Die aus 589 Holzbalken bestehende Konstruktion mag zunächst wie ein willkürlicher Stapel erscheinen, doch ein genauerer Blick offenbart, dass die Anordnung der Binder einem ausgeklügelten System folgt. Es ergeben sich Ringe aus Dreieckskonstellationen, die sich nach oben hin kaum merklich verkleinern, bis sich die Seiten nach innen zu wölben scheinen. Einige wenige längere Binder ergänzen das Ganze zur Kuppel, sodass der Pavillon einem Dom oder Iglu gleicht. An den Bindern ist auch die abgehängte Zeltplane befestigt, welche das Kunstwerk vor der Witterung schützt.

«Lagerfeuer» im Holziglu

Die Architekten wollten eine spielerische Skulptur schaffen, die Menschen dazu einlädt, sie in Besitz zu nehmen. Die Behausung des Kunstwerks sollte weniger als Gebäude denn als natürliches Element wahrgenommen werden – darauf verweist auch der Name des Pavillons, «Net no Mori» beziehungsweise «Wald aus Netzen». Für die Planer ist das Netz im Inneren eine Art «Lagerfeuer»: Die spielenden Kinder setzen es in Bewegung, und die Erwachsenen können auf den Bindern sitzen und diesem Flackern zusehen.

Mit seiner verspielt lockeren Struktur lässt sich der Pavillon kaum anmerken, dass sich seine Konstruktion an traditioneller japanischer Holzarchitektur orientiert: Die Verbindungen zwischen den einzelnen Bindern wurden ohne Metallelemente verwirklicht. Stattdessen liessen die Planer die Unterseite des jeweils oben liegenden Trägers individuell CNC-fräsen, um ihn so mit dem darunterliegenden Träger zu verkämmen. Holzdübel und -keile stabilisieren die Konstruktion. Als Referenzen für diese reinen Holzverbindungen nennen die Tragwerksplaner TIS & Partners unter anderem einen der ältesten Schreine Japans, den Izumo-Taisha in der Präfektur Shimane, sowie den Tempel Kiyomizu in Kioto – allerdings wurden für deren Konstruktion Vollholzbalken verwendet.

Berechnetes Spiel

Aus Metall sind lediglich die Auflager zwischen Fundament und Holzkonstruktion sowie die Verbindungselemente zwischen Netz und Bindern. Letztere legen sich als Klammern um den Querschnitt der Binder, sodass auch hier das Holz nicht vom Metall durchdrungen, sondern von ihm gefasst wird. Die Klammern sind so positioniert, dass sie die Lasten aus der schützenden Zeltplane, dem Sicherheitsnetz sowie dem Kunstwerk und den darin beziehungsweise darauf spielenden Kindern aufnehmen können.

Mit einer speziell für «Net no Mori» entwickelten Software zur Tragwerksanalyse prüften die Fachplaner die Stabilität des Pavillons. Im Fokus standen dabei die Holzverbindungen, die in dieser Konstruktion auch Schubkräfte und Drehmomente aufnehmen müssen. Mit dem Programm liess sich nachweisen, dass das reine Holzbauwerk ohne zusätzliche Verbindungselemente aus Metall verwirklicht werden kann. Entscheidend für diese Berechnung waren die Lasten, die die Kinder im Netz erzeugen. Die Tragwerksplaner betrachteten dabei neun verschiedene Lastfälle bei maximaler Auslastung (jeweils achtzig Kinder à 32.5 kg) und unregelmässigen Belastungen.

Um die Holzkonstruktion vor stehender Nässe zu schützen, ist die Oberfläche der Binder leicht konvex ausgeprägt. Anders als die grossen Vorbilder werden die Binder allein dadurch aber wohl kaum mehrere Jahrhunderte überstehen: Tempel und Schreine besitzen in Japan ausladende Dächer, die das Holz vor der Witterung schützen – in Hakone sind die Binder den äusseren Einflüssen hingegen konstruktiv ungeschützt ausgeliefert. Die Entscheidung für die Neukonzeption des Kunstwerks und seines Rahmens dürften die Verantwortlichen dennoch nicht bereuen: Mit der neuen Behausung hat das Spiel-Kunstwerk schlagartig an Popularität gewonnen. Wer beobachtet, wie viel Spass die Kinder in diesem Netz haben, glaubt durchaus, dass manche Familie allein deshalb mehrmals im Jahr in das Museum kommt.

TEC21, Fr., 2011.02.25



verknüpfte Zeitschriften
TEC21 2011|09 Holz gestrickt

03. November 2010Claudia Hildner
db

Erdbebensicheres Glashaus

Kindgerecht im herkömmlichen Sinne ist das Gebäude nicht. Schule und Kinderhort der christlichen Hongodai-Gemeinde überraschen aber durch die Poesie, die in transparenten Fassaden und strengem Raster stecken kann, und durch die Elastizität ihrer Konstruktion.

Kindgerecht im herkömmlichen Sinne ist das Gebäude nicht. Schule und Kinderhort der christlichen Hongodai-Gemeinde überraschen aber durch die Poesie, die in transparenten Fassaden und strengem Raster stecken kann, und durch die Elastizität ihrer Konstruktion.

An diesem Gebäude kommt kaum jemand zufällig vorbei: Wer Schule und Kinderhort der christlichen Hongodai-Gemeinde besuchen will, fährt von Tokyo aus mit Zug und Bus etwa eineinhalb Stunden, und muss selbst vom näher gelegenen Yokohama noch 40 Minuten Fahrzeit einplanen. Nähert sich der Besucher seinem Ziel, so beschleicht ihn das Gefühl, das Metropolgebiet Tokio-Yokohama franse plötzlich aus, werfe sich zu Hügeln auf, um sich Häuser vom Leib zu halten: Gebiete mit dicht gepackten und wild verstreuten Wohnhäusern wechseln sich ab, dazwischen wuchert wildes Grün. Auf den letzten Metern zu Fuß weitet sich vor dem Besucher plötzlich der Raum und gibt den Blick auf ein noch fast leeres Baufeld frei. Von jungen Bäumen umgeben »sitzt« dort ein zweistöckiger Bau, dessen flirrende Haut mit zahlreichen Vor- und Rücksprüngen es nicht erlaubt, die Konturen ohne Weiteres zu erfassen. Hat sich das Auge an Durchblicke und Spiegelungen gewöhnt, erkennt es ein pavillonartiges Bauwerk, das sich aus kleinen verglasten Würfeln zusammenzusetzen scheint.

Bildung und Mission

Das Tokioter Büro Takeshi Hosaka Architekten hat die christliche Bildungseinrichtung in der Peripherie der Stadt Yokohama geschaffen. Bauherr ist die evangelische Hongodai Christ Church. Christen hatten es in der Vergangenheit in Japan nicht leicht: Kurz nachdem im 16. Jahrhundert die ersten christlichen Gemeinden gegründet worden waren, wurde die Religion auch schon verboten und ihre Anhänger verfolgt. 200 Jahre später wurde das Verbot aufgehoben, woraufhin vor allem aus Amerika neue Missionare ins Land kamen. Zugang zur Bevölkerung erlangten sie u. a. durch die Schulen, die sie eröffneten. Diese Tradition der Schulgründung gibt es bis heute, und der Ruf dieser Bildungseinrichtungen ist oft ausgezeichnet. Für die christlichen Gemeinden bietet sich durch sie die Chance, die Erziehung nach den Werten ihrer Religion zu gestalten. Das einprägsame, fast symbolische Gebäude, das Takeshi Hosaka für die Hongodai Christ Church schuf, dient daher nicht nur der Bildung, sondern auch der Mission. Die Entwurfsidee des Architekten wurde von den Gegebenheiten vor Ort inspiriert: An das Grundstück grenzt eine Waldfläche – oder zumindest: der Ausläufer einer größeren baumbestandenen Restfläche, für die im Metropolgebiet Tokio-Yokohama die Bezeichnung »Wald« durchaus angemessen ist. In seinem Entwurf setzt Hosaka den Wald mit neu gepflanzten Bäumen auf dem Grundstück fort und durchzieht ihn mit einer Linie, deren diverse Schlaufen für die späteren Patios stehen. Die geschwungene Linie korrigiert er schließlich zum orthogonalen, auf einem Raster basierenden Gebäudeumriss. Dieses Konzept, bei der die anfangs freie Form am Ende in ein Raster gepresst wird, mag etwas verkopft wirken – dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass Takeshi Hosaka damit etwas Märchenhaftes geschaffen hat. › Räume im Raster

Lediglich eine Stehle aus Metall sowie ein unscheinbares Vordach machen auf den zur Straße orientierten Eingang des Gebäudes aufmerksam. Dahinter grenzt ein Tresen den Eingangsbereich mit dem obligatorischen Schuhregal von den Räumen des Kinderhorts ab. Rechts davon führt eine zweiläufige Treppe ins OG, das die Schule beherbergt. Ein zentraler Bereich bietet dort genug Platz, um mit allen Kindern morgendliche Messen zu feiern. Da die Gemeinde klein ist und sich die Schule erst im Aufbau befindet, gibt es pro Jahrgang nur etwa zwei bis drei Schüler. Den Bauherren war es wichtig, dass die Klassen einzeln unterrichtet werden können, die Schüler dabei aber dennoch die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft spüren und die Umwelt wahrnehmen. Hosaka gestaltete das Gebäude daher transparent und versah es mit zahlreichen Schiebetüren und -fenstern, mit denen sich der Bau je nach Wunsch abgrenzen oder öffnen lässt. Die einzelnen Klassenräume lassen sich durch schalldämpfende Acrylglasschiebewände von dem zentralen Gemeinschaftsbereich abtrennen, so dass angemessen große Unterrichtsräume entstehen. Ein wichtiges Element sind dabei die transparenten Patios, welche die Räume strukturieren und – als kleine Gärten im Innern des Gebäudes – Innen- und Außenraum auf einer weiteren Ebene sehr gekonnt miteinander verweben.

Neben der allgegenwärtigen Verglasung ist das Innere vor allem durch Holz geprägt: Nussbaum-Furnierparkett als Bodenbelag und vom Schreiner gefertigte Möbel, die allerdings oft etwas unentschieden herumstehen, da die Wände fehlen, an die sie sich lehnen könnten. Ein weiteres, etwas zu auffälliges Merkmal der Innenräume sind die Leuchten: in Kreuzform angeordnete Neonröhren. Im herkömmlichen Sinne kindgerecht gestaltet, ist das Gebäude im Innern nicht: Es gibt keine farbigen Wände, die sich schützend zwischen Kinder und Außenwelt stellen, keine Höhlen, in die sich die kleinen Nutzer zurückziehen könnten. Bauherren und Architekten haben vielmehr beinahe entmaterialisierte Räume geschaffen, in denen sich Licht, Wind und Natur intensiv erleben lassen.

Einfach beben lassen

Der allgegenwärtigen Gefahr durch Erdbeben versucht man in Japan meist mit der Festigkeit der Konstruktion und der Materialdicke zu begegnen – bei Schule und Kinderhort der Hongodai-Kirche wagten die Planer einen anderen Weg. Auf dem Betonfundament sitzt eine Holzrahmenkonstruktion, die allerdings ohne Auskreuzungen oder Aussteifungen auskommt. Stattdessen wurden die fünf Patios als Stahlrahmenkonstruktionen in das Raster eingefügt. Einen besonderen Trick mussten sich die Planer allerdings bei der Verglasung einfallen lassen: Das spröde und unnachgiebige Material würde im Falle eines schweren Erdbebens sofort brechen, da es – anders als die Rahmenkonstruktion – Drehmomente nicht aufnehmen kann. Daher sind die festen und verschiebbaren Glaselemente auf hydraulischen Stoßdämpfern gelagert. Dem Einbau des Systems gingen verschiedene Tests an 1:1-Modellen sowie Erdbebensimulationen am Rechner voraus.

Was in erdbebenarmen Ländern wenig problematisch scheint, ist in Japan tatsächlich eine kleine Revolution: Gerade bei Schulen und Kinderhorts sind die Sicherheitsstandards sehr hoch, so dass solch filigrane und transparente Konstruktionen wie bei diesem Gebäude kaum verwirklicht werden. Statt dem Beben die Masse dicker Stahlbetonwände entgegenzusetzen, bewältigt der Bau die Herausforderung sehr viel japanischer: durch Elastizität. Klima im Glashaus

Beim Anblick der Schule stellt sich für Menschen, die mit einer sich ständig verschärfenden EnEV konfrontiert sind, sofort die Frage: Wie lässt sich dieses komplett verglaste Gebäude klimatisch in den Griff bekommen? Noch dazu in einem Land, dessen tropische Sommer den Gebrauch einer Klimaanlage selbst in Gebäuden mit wenig direkter Sonneneinstrahlung unumgänglich machen? Was die sommerliche Kühlung anbelangt, bleiben die Architekten mit ihrer Erläuterung tatsächlich etwas im Vagen: Die Beschattung durch die umgebenden Bäume sowie natürliche Querlüftung sollen eine Überhitzung des Gebäudes verhindern. Nur in Ausnahmefällen – wenn die Fenster nicht geöffnet werden können – solle die Klimaanlage zur Kühlung hinzugezogen werden.

Die Heizung erfolgt über den Fußboden, allerdings dient nicht Wasser, sondern Luft als Medium. Die von einer Wärmepumpe auf eine bestimmte Temperatur gebrachte Luft wird in Schläuchen durch den Fußboden geleitet, um diesen aufzuheizen, bevor sie im Bereich unterhalb der Fensterscheiben in den Raum austritt und damit auch die Oberflächentemperatur der Gläser hebt.

In Japan hat es bei den Verordnungen zur Energieeinsparung von Gebäuden schon seit Jahrzehnten keine Veränderung mehr gegeben. Insgesamt lässt das Thema Nachhaltiges Bauen die japanische Bauindustrie weitgehend kalt – die Lebensdauer von Häusern beträgt durchschnittlich nur 30 Jahre, und natürlich ist weder der Industrie noch den Bauunternehmern daran gelegen, diese Zeitspanne zu verlängern. Darüber hinaus neigen die Bauherren eher dazu, bei gleich bleibender Bauweise den eigenen Komfort zu reduzieren, als durch eine entsprechende Umstellung der Bauweise trotz hohem Komfort eine Energieeinsparung zu erreichen.

Bauen in Japan lässt sich nicht ohne Weiteres an westlichen Maßstäben messen, deshalb würde man dem Gebäude der Hongodai-Kirche auch nicht gerecht, wenn man es losgelöst vom lokalen Kontext beurteilt. Wer diesen gläsernen Bau inmitten von Bäumen besucht, die angenehm dimensionierten Räume durchwandert, durch die geöffneten Schiebefenster das Rauschen des Waldes hört und den Blick nur durch das umgebende Grün begrenzt fühlt, wird die Stärken dieses Entwurfs dann auch zu schätzen wissen.

db, Mi., 2010.11.03



verknüpfte Zeitschriften
db 2010|11 Gläsern

13. März 2009Claudia Hildner
Metamorphose

Frevel oder Feinsinn?

Mit einer fotografischen Langzeitbelichtung vergleichen Hild und K ihren Umbau des Schlosses Hohenkammer: In dem Tagungszentrum ließen sie die unterschiedlichen Zeitschichten verschmelzen, alte und neue Elemente bilden ein einheitliches Ganzes. Eine Rebellion gegen die Prinzipien der klassischen Denkmalpflege?

Mit einer fotografischen Langzeitbelichtung vergleichen Hild und K ihren Umbau des Schlosses Hohenkammer: In dem Tagungszentrum ließen sie die unterschiedlichen Zeitschichten verschmelzen, alte und neue Elemente bilden ein einheitliches Ganzes. Eine Rebellion gegen die Prinzipien der klassischen Denkmalpflege?

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2009/02 Burgen und Schlösser

01. März 2009Claudia Hildner
db

Kunstgriff für die Kunstradfahrer

Der Sieger im Wettbewerb um die neue Mehrzweckhalle in Wimsheim hatte sofort das Herz des Gemeinderats erobert: Die Lösung der Architekten überzeugte nicht nur nach funktionalen und ästhetischen Gesichtspunkten, sondern auch durch Raffinesse. Die von der Kommune geforderte Erweiterungsmöglichkeit sah das Büro innerhalb des Gebäudes vor – und schuf damit ein Atrium, das bei Veranstaltungen rege genutzt wird. Doch auch in der Halle selbst bewältigten die Planer den Spagat zwischen der Einhaltung des Kostenrahmens und qualitätvoller Architektur bravourös.

Der Sieger im Wettbewerb um die neue Mehrzweckhalle in Wimsheim hatte sofort das Herz des Gemeinderats erobert: Die Lösung der Architekten überzeugte nicht nur nach funktionalen und ästhetischen Gesichtspunkten, sondern auch durch Raffinesse. Die von der Kommune geforderte Erweiterungsmöglichkeit sah das Büro innerhalb des Gebäudes vor – und schuf damit ein Atrium, das bei Veranstaltungen rege genutzt wird. Doch auch in der Halle selbst bewältigten die Planer den Spagat zwischen der Einhaltung des Kostenrahmens und qualitätvoller Architektur bravourös.

Wagt der Architekt einen Ausflug ins Umland, so sieht er sich oft mit einem ärgerlichen Phänomen konfrontiert: Gleich hinter den halbwegs intakten Dorfkernen lauern Bauten, die nicht nur auf den Kontext pfeifen, sondern auch noch so wenig Charme ausstrahlen, dass man ihnen sofort die Abrissbirne wünscht. Auch in Wimsheim – auf halber Strecke zwischen Karlsruhe und Stuttgart an einer Autobahnausfahrt der A8 gelegen – gibt es solche Zweckbauten, allerdings fast nur in dem vor dem eigentlichen Ort liegenden Reservat eines Industriegebiets. Dass die Kommune im Gegensatz zu vielen ihrer Nachbarn durchaus weiß, was qualitätvolle Architektur ausmacht, beweist sie dafür mit ihrer neuen Mehrzweckhalle, die westlich des 2700-Seelen-Ortes auf einem Hügel thront.

Im Inneren wachsen

Die Gemeinde Wimsheim wünschte sich eine Halle, die sich sowohl für den Sportunterricht der benachbarten Grundschule und den Vereinssport als auch für private und öffentliche Veranstaltungen nutzen lassen sollte.
Uneinig war sich der Gemeinderat allerdings über deren Ausmaße. Für eine Ortschaft der Größe Wimsheims wären 18 x 36 Meter für Veranstaltungen absolut ausreichend, doch genügen diese Dimensionen bei einigen Sportarten nicht den internationalen Anforderungen (20 x 40 Meter), so dass die nächstgrößere Normhalle mit Maßen von 22 x 44 Meter ebenfalls zur Diskussion stand. Dass die Argumente für die Ausführung einer größeren Variante nicht unbegründet waren, bewies der Erfolg der Wimsheimer Kunstradfahrer, die kurz nach Fertigstellung der Halle in die zweite Bundesliga aufstiegen.

Schließlich einigte man sich auf eine 22 x 36 Meter große Halle, die man bei Bedarf auf 44 Meter erweitern können sollte. Dieser Wunsch war nicht ganz unproblematisch, da auf der einen Seite der Halle eine Bühne vorgesehen war und sich damit das Foyer nach funktionalen Gesichtspunkten automatisch auf der gegenüberliegenden Seite befinden musste. Der Entwurf von Drei Architekten barg hier die eleganteste Lösung: Das Büro schlug vor, die Erweiterungsmöglichkeit innerhalb des Gebäudes in der Form eines Atriums vorzusehen. Der Kommune gefiel dieser Vorschlag – obwohl man durchaus erkannte, dass sich dadurch natürlich weniger Kosten einsparen ließen als wenn die Erweiterung außerhalb des Baukörpers liegen würde. Die Wimsheimer gewöhnten sich jedoch schnell an den Gedanken eines zusätzlichen reizvollen Raums im Foyerbereich. Die Chance zur Erweiterung gibt es nach wie vor, allerdings möchte heute wohl kaum noch jemand auf das großzügige Atrium verzichten.

Holz-Beton-Kombi

Projektleiter Harald Konsek – einer von 18 Mitarbeitern des Büros Drei Architekten aus Stuttgart – blieb die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und dem Gemeinderat von Wimsheim in guter Erinnerung: Die Bauherren standen von Anfang an hinter dem Entwurf, so dass die Planungen rasch vorangingen.

Zum Glück für die Architekten erteilte auch das Landratsamt Enzkreis die Baugenehmigung verhältnismäßig schnell: Dadurch umgingen die Planer, das Gebäude nach der neuen baden-württembergischen Versammlungsstättenrichtlinie (gültig seit Juli 2004) mit ihren schärferen Vorschriften – etwa zu Brandschutz und Fluchtwegen – überarbeiten zu müssen.

Für die Konstruktion waren ursprünglich mit Holz beplankte Stahlblech-Schwerter vorgesehen, doch diese Variante scheiterte aufgrund der hohen Stahlpreise zurzeit des Baus. Die Träger wurden daher in Brettschichtholz ausgeführt. Der Abstand zwischen den einzelnen Trägern ist etwas geringer als statisch erforderlich. Dadurch rahmen sie die schmalen Heizelemente, die zwischen ihnen sitzen, derart ein, dass sie in der Schrägansicht nicht mehr zu sehen sind. Die Träger lagern auf Betonstützen auf; eine Lösung, die den geforderten Spannweiten laut Architekten statisch am besten gerecht wird. Die tragenden Wände der Nebenbereiche des Gebäudes ließen die Planer in Beton ausführen. Die Oberflächen sind jedoch nicht glatt, sondern zeigen die sägeraue Holzschalung. An einigen wenigen Stellen ließen die Architekten die Wände zusätzlich farbig gestalten. Die Entscheidung, für die Konstruktion vor allem Beton zu verwenden, war auch ökonomisch begründet: Das Budget der Kommune sollte nicht gesprengt werden.

Von außen lässt der Bau die Betonknochen kaum erahnen: Eine Lärchenholz-Verschalung hüllt das Gebäude auf drei Seiten ein und lässt es trotz seiner Ausmaße ruhig in der Landschaft liegen. Damit das Holz gleichmäßig vergrauen kann, vermieden die Architekten jeden Überstand. Die Bauherrschaft hatte sich mit der Idee des dunkler werdenden Holzes schnell angefreundet: Die Alternativen – Faserzementplatten oder eine Behandlung des Holzes – kamen für sie nicht in Frage.

Eine schöne Referenz für die Holzhülle entdeckt der Besucher übrigens, wenn er durch ein bodentiefes Fenster im ersten Obergeschoss des Nebengebäudes Richtung Norden auf die Landschaft blickt: Vom gegenüberliegenden Hügel grüßen dann zwei große Scheunen herüber, die den Architekten schon zu Beginn der Planungen auffielen und die sie nun auf ihre Art in Szene setzten.
Im Inneren beschränkten sich die Architekten auf wenige Materialien und Farben; eine Haltung, die weniger den Kosten als einem allgemeinen Entwurfsprinzip des Büros geschuldet ist. Halle, Foyer und Gymnastik-raum tut diese Zurückhaltung sehr gut, wohingegen einige der Nebenbereiche fast etwas zu karg wirken. Doch dies mag auch daran liegen, dass viele Bereiche noch kaum oder nur notdürftig
möbliert sind.

Mit Holz heizen

Holz prägt aber nicht nur die äußere und innere Gestalt der Halle, sondern sorgt auch für die nötige Wärme: Im Keller des Gebäudes findet sich eine Holzpelletheizung, die im Nahwärmeverbund auch die benachbarte Grundschule und den Kindergarten mitversorgt. Nur zur Abtragung der Spitzenlasten in den Wintermonaten und zur Warmwasserbereitung wird zusätzlich der Ölbrenner der Schule angeworfen.

Die Holzheizung war für die Bauherren eigentlich nur die zweitbeste Lösung: Ursprünglich strebten Bürgermeister und Gemeinderat die Versorgung mit Erdwärme an. Die dazu nötigen Pumpen wurden jedoch aufgrund einer an diesem Bauplatz möglichen Gefährdung des Trinkwassers nicht genehmigt. Der Bau der Holzheizung in Wimsheim wurde von der Bundesregierung über das Klimaschutz-Plus-Programm mit rund 63 000 Euro gefördert; zusammen mit den (noch) relativ niedrigen Kosten für Holzpellets stellte sich diese Lösung daher als die wirtschaftlichste heraus. Über die Umweltfreundlichkeit der Heizvariante entbrennen indes in letzter Zeit häufiger Diskussionen: Unter anderem ist abzusehen, dass der Boom der Holzheizungen die Pellets in absehbarer Zeit verteuern wird – was etwa für Länder in Südamerika einen Anreiz zur noch intensiveren Abholzung ihrer Wälder bieten könnte. Im Zusammenspiel mit einem energieeffizient gestalteten Gebäude ist die Holzheizung den Alternativen Gas und Öl allerdings wohl immer noch überlegen.

Um die Temperatur der Halle schnell den Bedürfnissen der Benutzer anpassen zu können, wurden zwischen die Träger Flächenstrahlelemente eingebaut. Diese erwärmen nicht die Luft, sondern direkt die von ihnen beschienenen Oberflächen. Die von den Architekten erwogene Alternative einer Fußbodenheizung schied vor allem wegen deren Trägheit aus. Da das Gebäude für alle Veranstaltungen optimale Bedingungen bieten sollte, legte man Wert auf eine kontrollierte Lüftung. Frische Luft gelangt über vier Erdkanäle in die Halle. Die natürlich vorgekühlte/-gewärmte Luft strömt unter den Sitzbänken ein und kann über Lüftungsklappen, die sich auf der gegenüberliegenden Seite im oberen Wandbereich befinden, wieder entweichen. Zusätzlich ist in einigen Nebenräumen eine mechanische Abluftanlage eingebaut; auf eine Rückgewinnung der Wärme aus der verbrauchten Luft wurde jedoch verzichtet.

Laut Bürgermeister Schühle belaufen sich die Betriebskosten der Halle – inklusive Reinigung und Bewirtschaftung – im Jahr auf etwa 80 000 Euro tatsächliche Kosten. Diese sind zur Hälfte gedeckt durch die Einnahmen, die durch die Vermietung der Halle beziehungsweise des Foyers für Hochzeiten, Geburtstage oder andere Veranstaltungen erzielt werden. Ob im Gemeinderat auch einmal darüber nachgedacht wurde, das Gebäude nach dem »Public Private Partnership«-Modell zu verwirklichen? Die Möglichkeit, so Schühle, habe man durchaus diskutiert – doch die Option, der nachfolgenden Generation Schulden aufzuhalsen, sei ihm nicht besonders geheuer. Die Halle wurde daher – bis auf die staatliche Förderung der Holzheizung – über die Rücklagen der Gemeinde finanziert und stellt auch in ihrem Betrieb durchaus eine Belastung des kommunalen Haushalts dar. Allerdings eine, die der Bauherr gerne trägt: Schließlich gehe es hier darum, die Dorfgemeinschaft über das Vereinsleben und öffentliche Veranstaltungen zu stärken.

db, So., 2009.03.01



verknüpfte Bauwerke
Mehrzweckhalle Wimsheim



verknüpfte Zeitschriften
db 2009|03 Sportlich

15. Juli 2008Claudia Hildner
Metamorphose

Arbeiten -> Wohnen

Wohnungen in der Innenstadt sind begehrt wie selten zuvor. Auch letzte Flächen- Ressourcen werden genutzt, um den Menschen die Rückkehr in die Stadt zu ermöglichen. Ein großes Potenzial bieten leerstehende Arbeitsstätten: Statt die Gebäude abzureißen, kann dort durch Umnutzung neuer Wohnraum entstehen.

Wohnungen in der Innenstadt sind begehrt wie selten zuvor. Auch letzte Flächen- Ressourcen werden genutzt, um den Menschen die Rückkehr in die Stadt zu ermöglichen. Ein großes Potenzial bieten leerstehende Arbeitsstätten: Statt die Gebäude abzureißen, kann dort durch Umnutzung neuer Wohnraum entstehen.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2008/04 Arbeiten -> Wohnen

15. Juli 2008Claudia Hildner
Metamorphose

Ruinenromantik

Kopfschütteln ernteten Peter Haimerl und Jutta Görlich, wenn sie den zukünftigen Nachbarn von ihrem Vorhaben erzählten: Sie wollten ein verfallenes Bauernhaus bei Viechtach als Wohnhaus nutzen – und dabei weitgehend unverändert lassen. Entstanden ist ein kleines Raumwunder, das erst kürzlich mit dem Architekturpreis Beton 2008 geehrt wurde.

Kopfschütteln ernteten Peter Haimerl und Jutta Görlich, wenn sie den zukünftigen Nachbarn von ihrem Vorhaben erzählten: Sie wollten ein verfallenes Bauernhaus bei Viechtach als Wohnhaus nutzen – und dabei weitgehend unverändert lassen. Entstanden ist ein kleines Raumwunder, das erst kürzlich mit dem Architekturpreis Beton 2008 geehrt wurde.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Bauwerke
Umbau eines Bayerwald-Bauernhauses



verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2008/04 Arbeiten -> Wohnen

28. November 2007Claudia Hildner
Metamorphose

Aufgebockte Karosserie

Über der Wilhelm-Maybach-Schule in Stuttgart parkt seit diesem Jahr ein metallischer Körper auf langen Stützen. Das alte Gebäude scheint ihm als Standfläche ein wenig zu klein und zu schwach gewesen zu sein: Die eigene Tragstruktur hält ihn daher auf Abstand.

Über der Wilhelm-Maybach-Schule in Stuttgart parkt seit diesem Jahr ein metallischer Körper auf langen Stützen. Das alte Gebäude scheint ihm als Standfläche ein wenig zu klein und zu schwach gewesen zu sein: Die eigene Tragstruktur hält ihn daher auf Abstand.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2007/06 Aufgestockt

28. September 2007Claudia Hildner
Metamorphose

Ein Garten für die Toten

Die katholische Kirche St. Josef in Aachen konnte nicht länger als Pfarrkirche dienen. Statt das Gebäude sterben zu lassen, entschied sich die Gemeinde jedoch dafür, den Tod dazu zu nutzen, um es am Leben zu erhalten: Nach der Umgestaltung zum Kolumbarium sind die Unterhaltskosten für das Gebäude gesichert.

Die katholische Kirche St. Josef in Aachen konnte nicht länger als Pfarrkirche dienen. Statt das Gebäude sterben zu lassen, entschied sich die Gemeinde jedoch dafür, den Tod dazu zu nutzen, um es am Leben zu erhalten: Nach der Umgestaltung zum Kolumbarium sind die Unterhaltskosten für das Gebäude gesichert.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2007/05 Sing Halleluja?

15. Juli 2007Claudia Hildner
Metamorphose

Nordische Meisterschaft

Das Universitätsgebäude Porthania ist ein wichtiges Werk der finnischen Nachkriegsarchitektur – gilt es doch als einer der ersten Bauten des Landes, bei dem Stahlbeton-Fertigteile zum Einsatz kamen. Das Architekturbüro Nurmela Raimoranta Tasa hat das Baudenkmal sorgfältig restauriert, an heutige Anforderungen angepasst und dabei die Qualitäten der 1950er-Jahre-Architektur bewahrt.

Das Universitätsgebäude Porthania ist ein wichtiges Werk der finnischen Nachkriegsarchitektur – gilt es doch als einer der ersten Bauten des Landes, bei dem Stahlbeton-Fertigteile zum Einsatz kamen. Das Architekturbüro Nurmela Raimoranta Tasa hat das Baudenkmal sorgfältig restauriert, an heutige Anforderungen angepasst und dabei die Qualitäten der 1950er-Jahre-Architektur bewahrt.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2007/04 Beton

15. Mai 2007Claudia Hildner
Metamorphose

Mit Samthandschuhen: Langer Eugen, Bonn

Vierzig Jahre lang war der Eiermann-Turm in Bonn das zweite Zuhause der Abgeordneten der Bundesrepublik – mit dem Umzug der Regierung nach Berlin wurde das Gebäude für neue Nutzungen frei. Nach der rücksichtsvollen Modernisierung durch das Büro HPP International zogen nun die Vereinten Nationen in das 115 Meter hohe Gebäude, welches das Herzstück des neuen UN-Campus bilden soll.

Vierzig Jahre lang war der Eiermann-Turm in Bonn das zweite Zuhause der Abgeordneten der Bundesrepublik – mit dem Umzug der Regierung nach Berlin wurde das Gebäude für neue Nutzungen frei. Nach der rücksichtsvollen Modernisierung durch das Büro HPP International zogen nun die Vereinten Nationen in das 115 Meter hohe Gebäude, welches das Herzstück des neuen UN-Campus bilden soll.

Vollständigen Artikel anssehen


verknüpfte Zeitschriften
Metamorphose 2007/03 Bürotürme

Profil

7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1