Pläne

Details

Adresse
Klein-Engersdorfer Hauptstraße 43, 2102 Kleinengersdorf, Österreich
Mitarbeit Architektur
Edwin Pfeifhofer, Norbert Larcher, Susanne Wanke
Bauherrschaft
Familie Lackner
Fotografie
Pia Odorizzi
Maßnahme
Umbau, Erweiterung
Planung
1999 - 2000
Fertigstellung
2000

Preise und Auszeichnungen

Publikationen

Presseschau

15. März 2002Karin Tschavgova
zuschnitt

Frisch, leicht und bekömmlich

Den Heurigen der Familie Lackner findet man in Klein Enzersdorf. Der Altbau wurde von den Architekten Reinhard Haslwanter und Peter Fellner erweitert und zum Innenhof hin geöffnet. Der Schankraum wird außen von einer Terrasse auf dem selben Niveau begleitet, räumlich von einer großzügigen Glasfassade getrennt. Im Sommer lassen sich die 14 raumhohen Schiebelemente öffnen. Die Glaswand ist selbsttragend, innen sind Holzstützen davorgestellt.

Geplant wurde in Holz. Die Tragkonstruktion ist in schichtverleimten Lärchenholz ausgeführt und wurde in der Werkstätte vorgefertigt, um die Bauzeit zu verkürzen. Im massiven Unterbau in Sichtbeton sind die Toiletten, der Keller und der Kühlraum. Im Westen begrenzt eine 30 Meter lange Wand aus Abbruchziegeln das Grundstück.

Den Heurigen der Familie Lackner findet man in Klein Enzersdorf. Der Altbau wurde von den Architekten Reinhard Haslwanter und Peter Fellner erweitert und zum Innenhof hin geöffnet. Der Schankraum wird außen von einer Terrasse auf dem selben Niveau begleitet, räumlich von einer großzügigen Glasfassade getrennt. Im Sommer lassen sich die 14 raumhohen Schiebelemente öffnen. Die Glaswand ist selbsttragend, innen sind Holzstützen davorgestellt.

Geplant wurde in Holz. Die Tragkonstruktion ist in schichtverleimten Lärchenholz ausgeführt und wurde in der Werkstätte vorgefertigt, um die Bauzeit zu verkürzen. Im massiven Unterbau in Sichtbeton sind die Toiletten, der Keller und der Kühlraum. Im Westen begrenzt eine 30 Meter lange Wand aus Abbruchziegeln das Grundstück.

Auch wenn der Heurige salonfähig geworden ist - eine Ausweitung solcher Refugien österreichischer Gemütlichkeit ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: In Klein-Engersdorf nahe Wien etwa gab es vor wenigen Jahren noch fünfzehn Betriebe. Übriggeblieben sind zwei, die sich in den Öffnungszeiten abwechseln. Einer davon ist der Heurige Lackner, ein angestammter Familienbetrieb, in dem man nach etlichen hauseigenen Aus- und Umbaustufen an Grenzen gestoßen war, die nach einer kompetenten Planung verlangten. Reinhard Haslwanter wurde konsultiert, ursprünglich nur, um die bestehende Schank zu vergrößern und zusätzliche Toiletten zu installieren.

Schon bei der Erstbegehung konnte der Architekt die Bauherrn davon überzeugen, dass ihr Bestreben nach Qualitätssteigerung im kulinarischen Angebot auch eine Verbesserung der räumlichen Situation nahelegt, die ein weiterer Teileingriff nicht gebracht hätte. Haslwanter erspähte hinter einer hofabschließenden Mauer den rund eineinhalb Geschoße höhergelegenen Weingarten, der an das von der Straße weg ansteigende Grundstück anschließt - und hatte die Grundidee: Ergänzung in Hakenform und die Öffnung und Höhenabstufung des Innenhofes.

Niveaugleich mit den Terrassen, sie begleitend, sollte die Erweiterung der Gasträume mit neuer, zentraler Schank entstehen und großzügige Verglasung den fließenden Übergang von außen nach innen herstellen - eher einem gedeckten Unterstand gleich und jedenfalls anders als der schlauchartige Anbau mit kleinen Fenstern, der ersetzt werden sollte. Eine Rückzugsmöglichkeit für Schlechtwetter - leicht, luftig und hell - ergänzt durch den Komfort einer Zentralheizung, die den Winterbetrieb möglich macht. Der Gastbetrieb, sechsmal im Jahr je drei Wochen, sollte aufrecht erhalten bleiben. Was lag näher, als die Erweiterung in Holz zu planen, vorgefertigt in der Werkstätte, mit kurzer Montagezeit. Mit dem massiven Unterbau in Sichtbeton, dessen Oberfläche gestockt wurde, arbeitete man sich an den Bestand heran. Er enthält, von überall gut zugänglich, die neuen Toiletten, einen Verkostkeller mit schönem Gewölbe, den Weinlagerkeller und einen Kühlraum. Das Rückgrat der darüber errichteten Tragkonstruktion ist eine raumprägende, 30 m lange Wand an der westlichen Grundgrenze. Sie ist aus kleinformatigen Abbruchziegeln gemauert - unverputzt - und löst sich in ein verglastes Oberlichtband auf, das noch die letzte Abendsonne in den Gastraum holt. Pur und lebendig harmoniert sie in Materialität und Farbe mit der Tragkonstruktion in schichtverleimtem Lärchenholz, den Rippenelementen der vorgefertigten Zwischendecke und den Sandwichelementen des Daches, mit den unbehandelten Schiffböden in Lärche (die der Bauherr nachbehandeln wird) und den runden Holzstützen vor der selbsttragenden verglasten Gartenfront, die durch das weit überstehende Dach geschützt wird. Mit 14 geschoßhohen Schiebeelementen stößt sie an die Grenzen statischer und glastechnologischer Möglichkeiten und verlangte in der Planung und Errichtung äußerste Präzision.

Das Ergebnis lässt sich sehen. Es bietet bei einem Glas guten Weins mehr als Einblick in die österreichische Seele. Es gibt den Blick frei: auf Grün, auf Weinberge, auf das Rot des Abendhimmels, aber auch auf eine rosige Zukunft für Gastlichkeit - in Holz, ganz ohne falsche Zier.



verknüpfte Zeitschriften
zuschnitt 05 Holz zu Gast

14. April 2001Walter Zschokke
Spectrum

Riesling und Lärchenholz

Sie sind aus der ostösterreichischen Kulturlandschaft nicht wegzudenken: Buschenschanken. In Klein-Engersdorf haben der Weinbauer Josef Lackner und der Architekt Reinhard Haslwanter in der Heurigen-Topographie einen neuen Akzent gesetzt.

Sie sind aus der ostösterreichischen Kulturlandschaft nicht wegzudenken: Buschenschanken. In Klein-Engersdorf haben der Weinbauer Josef Lackner und der Architekt Reinhard Haslwanter in der Heurigen-Topographie einen neuen Akzent gesetzt.

Die Nebenerwerbsbuschenschank der Familie Lackner in Klein-Engersdorf bestand seit den späten fünfziger Jahren. Als der Sohn 1993 den Betrieb hauptberuflich übernahm, vergrößerte er die Anbaufläche durch Zukauf, begrenzte aber deren spezifischen Ertrag. Die im positiven Sinn schweren Böden in Südlage rund um den Ort ergeben einen guten, oft ausgezeichneten Tropfen. Neben Grünem Veltliner, Weißburgunder und Welschriesling werden auch Riesling, Sauvignon blanc sowie Blauburger und Zweigelt angebaut. Auf der Kremser Weinbaumesse wurden Produkte des ambitionierten Weinbauern und Kellermeisters als Gebietssieger sowie Salonwein gewürdigt.

Die Degustation war lehrreich und schmackhaft, die Konsumation bescheiden im Preis; als Architekturkritiker beschränkt sich der Schreibende aber auf sein Fachgebiet. Man sollte nicht peinlich dilettieren wie gewisse architektonisch schwach beleumdete Gastrokritiker, die - ignorant und unterschwellig überheblich - den dümmlichen Begriff „Designer-Heurigen“ hinwerfen, anstatt von Tranksame und Speisen in faßlichen Worten zu berichten.
Der initiative Weinbauer Josef Lackner erkannte jedenfalls bald, daß er seinen Familienbetrieb nicht bloß auf der Produktionsseite erweitern durfte, sondern auch den Absatz, sprich die Platzzahl in seiner Buschenschank - die er sechs Mal im Jahr für je drei Wochen offenhält - erhöhen mußte. Mit dem Architekten Reinhard Haslwanter entwickelte er über Monate ein betriebliches Konzept, das dieser räumlich sensibel und funktional klug umsetzte. Ein traufständiges, zweigeschoßiges Haus in der geschlossenen Zeile an der Dorfstraße bildete den Bestand. Ein Teil des Erdgeschoßes diente als Gastraum, der schon früher einmal nach rückwärts erweitert worden war, wo Wirtschaftsgebäude und Geräteschuppen anschlossen, die zusammen mit dem Wohnhaus den für die Gegend typischen Hakenhof formen. Das Grundstück steigt von der Einfahrt her um gut eineinhalb Geschoße an und geht über in den langgezogenen, südsüdwestorientierten Weinberg.

Der Architekt schlug nun vor, die klassische Hoftypologie beizubehalten, den Neubau an der Stelle der Schuppen entlang der westlichen Grundgrenze zu situieren und den Hof zu terrassieren. Vom alten Schank- und Gästeraum ausgehend, an der räumlichen Zäsur eines Kachelofens vorbei, entwickeln sich die neuen Räume vorerst auf gleichem Niveau nach hinten, um dann über einige Stufen zu einem Halbgeschoß mit zweiter Schank anzusteigen, von dem nach vor und nach hinten kurze Treppenläufe zu zwei weiteren Gasträumen führen.

Dank dieser Gliederung weisen alle Teilbereiche eine angenehm wohnliche Größe auf. Ein halbes Geschoß tiefer liegen zentral die Toiletten und der elegant überwölbte Weinverkostungsraum. Dahinter folgt der große Keller. Entsprechend der Stufung der Gasträume im Inneren steigt parallel dazu der Hof über zwei Terrassen an, deren letzte mit einer niedrigen Mauer zum Weinberg abgegrenzt wird.

Auf jedem Niveau ermöglichen große verglaste Schiebetüren von Frühling bis Herbst eine unmittelbare Beziehung von Innenräumen und Gartenterrassen. Überhaupt ist die gesamte Trennwand zwischen Gasträumen und Hof auf großflächige Gläser in schlanken Holzrahmen reduziert. Räumlich bietet der lange Neubau daher vor allem ein schirmendes Dach mittlerer Neigung, unter dem ein gegliederter Großraum zahlreiche Blickbezüge hinauf und hinunter, hinaus und hinein anbietet.

In der hohen Mittelzone entsteht mit der zusätzlichen Schank ein neues Gravitationszentrum dieses Heurigen, das, von den beiden oberen Gasträumen flankiert, eine Querachse zum mittleren Hofteil andeutet, sodaß der lange Baukörper Eigenständigkeit gewinnt und über die räumliche Symmetrie einen gegenüber der Längsbewegung zur Ruhe gekommenen Ort schafft.

Ein Gast, von der großzügigen Raumform dieser Gartenhalle beeindruckt, rief bewundernd aus: „Das ist ja wie im Westbahnhof“, womit er wesentliche Qualitätsmerkmale erkannte: Raumhöhe und gestufte Entwicklung. Drinnen erscheint gleich wie draußen, weil über Kopf genügend Luft bleibt und die Glasflächen sehr groß sind. Westseitig verläuft ein hochliegendes Fensterband, das, etwas von der Grenze abgesetzt, auch von dieser Seite Licht eindringen läßt. Wenn die Sonne am späten Nachmittag tiefer sinkt, erreichen ihre Strahlen die Dachuntersicht und die Schar der schlanken Balken, und die obere Raumhälfte beginnt in einem prächtigen Goldton zu glühen.

Für das architektonische Gesamtkonzept ist die Materialwahl wichtig. Hier zeigt sich Reinhard Haslwanter, der gemeinsam mit Peter Fellner die Ausführung betreute, als perfekter handwerklicher Denker und Gestalter. Während die bergende Mauer im Westen, aus Abbruchziegeln gefügt und unverputzt, für ein kräftiges Kontinuum sorgt, besteht die übrige Konstruktion aus schichtverleimtem Lärchenholz. Auch die schlanken Rundstützen hinter der Glasfassade sind aus diesem Holz gefertigt, ebenso die Fenster- und Türrahmen. Schon nach wenigen Monaten hat der Baustoff eine rötliche Färbung angenommen und dominiert zusammen mit den Ziegeln die farblich warme Raumstimmung. Für Teile des Bodens im unteren Bereich wurde dunkler Dolomit verwendet, auf den oberen Ebenen ist es Schiffboden, wieder aus Lärche. Eine Bodenheizung bietet für Winter und Übergangszeiten Behaglichkeit.

Bequem wirken auch die einfachen Tische und Bänke, die von der Bauherrschaft ausgewählt wurden - und keinesfalls schwerfällig, wie man sie leider oft vorfindet. Die flachkegelförmigen Lampenschirme aus Milchglas von geringen Dimensionen sind räumlich nicht wirksam, sodaß die großzügige Gesamtform der Halle gewahrt bleibt. Eine allgemeine Beleuchtung erfolgt indirekt von der Seite.

Überhaupt galt den Gestaltern Zurückhaltung als wichtige Maxime, sodaß der gepflegt wirkende Heurige schon jetzt eine zeitlose Selbstverständlichkeit ausstrahlt, die aber ohne das sorgfältige und kraftvolle Gesamtkonzept nicht jene Qualität erreichen würde, die diese Buschenschank im Vergleich mit anderen zu einem hochstehenden Ausnahmebauwerk werden läßt.

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