Details

Adresse
Althauser Straße 10, 4230 Pregarten, Österreich
Bauherrschaft
Verein zur Förderung der Infrastruktur der Stadtgemeinde Pregarten
Landschaftsarchitektur
Christian Müller-Ferschel
Fotografie
Rupert Steiner
Funktion
Bildung
Wettbewerb
2010
Fertigstellung
2014
Baukosten
15,0 Mio EUR

Preise und Auszeichnungen

Nominierung Bauherrenpreis 2015
ZV-Bauherrenpreis 2015, Nominierung

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Bildungszentrum Pregarten hervorgegangen

1. Rang, Gewinner, 1. Preis
3. Rang, Preis

Archfoto

Genereller introtext zu Archfoto der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

27. Februar 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Pregarten: Voneinander lernen

Wie die Gesellschaft sein soll, so muss Schule gebaut werden – freundlich, offen und demokratisch. Das braucht die engagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Wie die Gesellschaft sein soll, so muss Schule gebaut werden – freundlich, offen und demokratisch. Das braucht die engagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Architekt Christoph Karl und Bürgermeister Anton Scheuwimmer führen durch das Bildungszentrum in Pregarten. Eigentlich sind es fünf Hausteile, die entlang der Mittelerschließung wie an einer Kette aufgefädelt sind, abwechselnd nach Ost und West ins Gelände greifend. Komplett neu sind die drei nördlichen „Kettenglieder“ für Polytechnikum und Neue Mittelschule mitsamt Schulküche und Sonderräumen. Der Bestand der alten Schule, Werkstätten- und Sportbereich mit Schwimmhalle wurden umgebaut und in die Gesamtstruktur integriert.

Stadtbibliothek und Volkshochschule wurden außerdem ins Haus geholt. Die Funktionen sind für die außerschulische Öffentlichkeit gut zugänglich. Das Konzept der Öffnung entspricht dem Anspruch, mehr zu sein als Schule – es ist ein „Bildungszentrum“ für die kleine Stadt. Eine besondere Errungenschaft ist in diesem Sinn die Vereinigung von Poly und Mittelschule unter einem Dach. Das bringt praktische Nutzungsüberschneidungen und ermöglicht schulübergreifende Kooperation und Projekte mit positiver Außenwirkung. Wie ist es gelungen, so viel Unterschiedliches in ein Ganzes zu fassen? Durch viele Diskussionen, Gespräche und Überzeugungsarbeit, wie Bürgermeister und Architekt zu berichten wissen.

Schule als Marktplatz

Das braucht Zeit, erfordert die Bereitschaft, sich mit verschiedenen Ideen und neuartigen Lösungen auseinanderzusetzen. Die Architektur ist gerade nach denselben Prinzipien entstanden, wie moderne Schulbildung funktionieren soll: Wissen wird nicht mehr nur im Frontalunterricht von „oben nach unten“ vermittelt, sondern die Kinder lernen auch durch den Austausch untereinander, sollen sich mit ihren Interessen und Fähigkeiten aktiv in den Bildungsprozess einbringen. Das braucht Raum für Gespräch und Begegnung, Architektur, in der sich Forschungsgeist und Neugier entfalten können.

Das schaffen die sogenannten Cluster. Die insgesamt 24 Klassen sind um offene Gemeinschaftsflächen angelegt, wie Häuser um einen Marktplatz. So ergibt sich Freiraum zum Lernen, für Gruppenarbeit und Recherche, der auch als Konferenzraum oder für kleine Veranstaltungen dient. Mit Atrien oder Terrasse in der Mitte haben die fünf Cluster zusätzlich eine attraktive Erweiterung nach draußen. Ganz in Lärche gekleidet dient das zur Belichtung, als Pausenhof oder für den Unterricht im Freien und sorgt für Transparenz und lockere Atmosphäre.

Es geschieht nicht aus Höflichkeit, dass Architekt und Bürgermeister während ihrer Erläuterungen immer wieder die Leistung ihres Gegenübers und aller anderen Beteiligten hervorheben. Es ist sichtbar, dass hier kooperativ und mit Respekt füreinander am bestmöglichen Ergebnis gearbeitet wurde.

Am Beispiel lernen

Das betrifft nicht nur Architektenteam und Stadtgemeinde, sondern bei der Vielfalt des Projekts eine Menge unterschiedlicher Akteure, die im Entstehungsprozess involviert waren: die Beamten des Landes mit Kostenzielen und rechtlichen Rahmenbedingungen, Lehrpersonal, Schulkinder und Eltern mit pädagogischen Wünschen, die Gemeinde mit Vorstellungen für die soziale und lebensräumliche Entwicklung des Ortes, die Verantwortlichen für die Planung und Umsetzung, die all die Anliegen in ein ästhetisch, technisch wie ökonomisch erfreuliches Bauwerk zu verwandeln hatten.

Wer um 1850 Euro pro Quadratmeter Schulraum baut, der nicht komplett danebengeht, hat schon ein kleines Wunder vollbracht. Wenn es wie hier gelingt, um diese Kostenvorgabe des Landes einen außerordentlichen Schulbau zu entwickeln, verdient wirklich Anerkennung und darf als Vorbild angesehen werden. Dort und da hat der enge Finanzrahmen Kompromisse nötig gemacht. Viel davon wurde von den Architekten abgefedert.

Sie brachten mit dem Statiker ein industrielles Bausystem zur Anwendung, das eine besonders rationelle Konstruktion erlaubte, oder entwarfen eigens leistbare Möbel. Es ist ihnen gelungen, die erzwungene Einfachheit zum Stil zu machen. Am ehesten anzusehen ist der Sparstift dem Außenraum, der im Wesentlichen aus viel Asphalt und etwas Rasen besteht.

24. Januar 2015Romana Ring
Spectrum

Schule zum Leben

In Pregarten im Mühlviertel wurde ein Schulkomplex von Karl und Bremhorst Architekten völlig neu gestaltet. Veränderbare Klassenzimmer, Gruppen- und Arbeitsräume umschließen einen „Marktplatz“. Das Highlight: ein Hallenbad.

In Pregarten im Mühlviertel wurde ein Schulkomplex von Karl und Bremhorst Architekten völlig neu gestaltet. Veränderbare Klassenzimmer, Gruppen- und Arbeitsräume umschließen einen „Marktplatz“. Das Highlight: ein Hallenbad.

Die Stadt Pregarten im unteren Mühlviertel hat ein neues Bildungszentrum. Mit Beginn des Schuljahres 2014/15 in Betrieb genommen, bietet es einer Polytechnischen Schule mitsamt ihren Werkstätten, einer Mittelschule, der Stadtbibliothek sowie der Volkshochschule Raum. Der von den Siegern eines internationalen Architekturwettbewerbs, den in Wien ansässigen Karl und Bremhorst Architekten, geplante Gebäudekomplex hat ein älteres Schulgebäude ersetzt; der Werkstätten- und der Turnsaaltrakt, welcher – eine Rarität! – ein Hallenbad einschließt, wurden als Bestand übernommen und sorgfältig erneuert in die Anlage einbezogen.

Nähert man sich dem Schulzentrum, das im Süden des Ortskernes fußläufig weniger als zehn Minuten vom Stadtplatz entfernt liegt, findet man sich im Alltag einer rasch gewachsenen ehemals ländlichen Gemeinde mit Autobahnanbindung in den Ballungsraum wieder: Eigenheime, kleinmaßstäblicher Geschoßwohnbau, das eine oder andere Gewerbeobjekt und ein Gehöft, das wohl schon bessere Zeiten gesehen hat, prägen das Umfeld. Karl und Bremhorst Architekten hat das Bildungszentrum mit einiger Behutsamkeit in diesen diffus anmutenden Stadtraum gesetzt.

Der Neubau ist in drei ineinander greifende zweigeschoßige Körper mit annähernd quadratischen Grundflächen gegliedert, die sich parallel zur Straße vom Bestand weg Richtung Norden aneinander reihen. Auch der Turnsaaltrakt wurde straßenseitig um ein Galeriegeschoß erhöht. So respektiert das Bildungszentrum den Maßstab der Nachbarschaft, allerdings ohne sich den hier gültigen Gestaltungsvorstellungen anzuschließen. Seine glatten weißen Körper mit ihren langen Fensterbändern und den korrespondierend eingeschnittenen Lufträumen vermeiden unschöne Sprünge und plumpe Details. Klarheit, Ruhe und Disziplin sind Begriffe, die man mit solcher Architektur verbindet.

Dieses in seinem Auftritt angelegte Versprechen löst das Bildungszentrum im Schulalltag mehrfach ein. Die Gliederung der Gebäude entspricht den unterschiedlichen Nutzungsbereichen der Anlage: Ihr Haupteingang liegt im mittleren der drei Neubauten, die den zur Straße offenen Eingangshof umschließen. Über einen gläsernen Windfang gelangt man in die von einem Atrium flankierte Aula. Dahinter liegen erdgeschoßig die Räume der Polytechnischen Schule, während der Baukörper rechts des Einganges zur Gänze der Mittelschule zugeordnet ist. Auf der linken Seite geht es zu den von beiden Einrichtungen genutzten Räumen wie der Lehrküche oder den Musik- und den Werkräumen. Die Stadt- und Schulbibliothek hat, über einen zweiten Eingang unabhängig vom Schulbetrieb erschlossen, ebenso in diesem Baukörper Platz gefunden wie die Schulküche und der daran grenzendemultifunktionale Essbereich. Dahinter geht es weiter zu den Turnsälen und zum Hallenbad, das an Vormittagen nur den Schülerinnen und Schülern für ihren Schwimmunterricht zur Verfügung steht. Der eingeschoßige Werkstättentrakt schließt die Reihe ab. Weiter im Süden sind noch die Gebäude, Becken und Grünanlagen des Freibades, der „Lagune“ von Pregarten, auf dem Grundstück verblieben.

Die deutliche Gliederung der Baumassen kommt nicht nur der Maßstäblichkeit des Bildungszentrums zugute, sondern erleichtert auch die Orientierung. Karl und Bremhorst Architekten hat überdies für eine hohe Variabilität der Räume gesorgt. Diese wird zunächst durch die Konstruktion gewährleistet: Der Skelettbau mit seinen schlanken, vorgefertigten Stahlbetonstützen und den weit gespannten Hohldielendecken konnte schnell und kostengünstig errichtet werden; er lässt spätere Änderungen der Raumaufteilung ohne großen Aufwand zu. Das ist insofern von Bedeutung, als die derzeitige Organisation der Grundrisse in überschaubaren Einheiten die räumliche Antwort auf ein neues, im Vorfeld des Architekturwettbewerbs von einem Expertenteam partizipativ entwickeltes pädagogisches Konzept ist.

Der enge Zusammenhang zwischen den Methoden des Lehrens und Lernens und dem dafür vorgesehenen Raum wurde für dieses Projekt also auch seitens der Schulbehörde in den Blick genommen. Die bisher die Raumprogramme des Schulbaues dominierende strikte Aufteilung in Klassenzimmer und Erschließungsflächen wurde zugunsten einer Gliederung aufgegeben, die dem Zusammenleben einer Gemeinschaft – zu der sich der oft weit in die Nachmittagsstunden dauernde Schulalltag ja längst entwickelt hat – besser gerecht wird: In ihren Grenzen veränderbare Klassenzimmer, Gruppenräume und Arbeitsräume für die Lehrenden umschließen eine „Marktplatz“ genannte Mitte, die von einem Innenhof ergänzt wird.

Diese Mitte dient als Arbeits-, Bewegungs- und Versammlungsraum und ermöglicht freies, mitunter klassenübergreifendes Unterrichten ebenso wie den Wechsel zwischen Lern- und Erholungsphasen. Die Gestaltung des Bildungszentrums bietet all diesen Szenarien einen ruhigen, heiteren Hintergrund. Eine diszipliniert klein gehaltene Palette an Oberflächen – weiße Wände, Naturstein- und Holzböden sowie Holzfenster – überlässt das Spiel mit Farben oder Formen den Nutzerinnen und Nutzern. Die Übergänge zwischen den Materialien sind ebenso sauber gelöst wie jene zwischen den Innen- und den Außenräumen. Das ist angesichts der Komplexität, die das in hohem Maß wärmegedämmte Gebäude den Wand- und Deckenaufbauten abverlangt, eine nicht zu unterschätzende Leistung.

Ein Gestaltungselement, mit dem Karl und Bremhorst Architekten die unterschiedlichen Charaktere der Räume unterstreicht, ist das Tageslicht. Während die Klassenzimmer und Arbeitsräume sich durchwegs nach außen orientieren, werden die Marktplätze vom warmen Licht der mit Holz ausgekleideten Höfe erfüllt und Binnenräume durch Reihen von Lichtkuppeln rhythmisch erhellt. Offenheit und Weitblick, aber auch Konzentration und Geborgenheit: Das Bildungszentrum Pregarten bietet seinen Nutzerinnen und Nutzern einen Arbeits- und Lebensraum, der vieles möglich macht. Als Pilotprojekt für ähnliche Bauaufgaben hat es den Nachweis erbracht, dass sich Schule ungeachtet ihrer medienwirksam behaupteten Versteinerung weiterentwickelt. Es gibt allerdings noch viel zu tun.

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