Details

Adresse
Wahlenstraße 117, 4242 Laufen, Schweiz
Bauherrschaft
Ricola AG
Weitere Konsulent:innen
Generaplanung: Kundert Planer AG, Schlieren (CH)
ELT: Pfister + Gloor Engineering, AG Baden-Dättwill, Selmoni Ingenieur AG, Basel (CH)
HKLS: Cofely AG, Basel (CH); Kundert Planer AG, Schlieren (CH)
Engineering Design: Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart (D)
Anlagenplanung: Kundert Planer AG, Schlieren (CH)
Planung
2010 - 2013
Ausführung
2013 - 2014
Eröffnung
2014
Grundstücksfläche
15.354 m²
Bruttogeschossfläche
4.800 m²
Bebaute Fläche
3.218 m²
Umbauter Raum
41.350 m³
Baukosten
16,0 Mio CHF

Ausführende Firmen

Stampflehmfassade: Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Schlins (CH)
Generalunternehmer: Priora Generalunternehmung AG, Basel (CH)

Publikationen

Presseschau

02. November 2014Hubertus Adam
db

Aus dem Boden gewachsen

(SUBTITLE) Produktions-und Lagergebäude in Laufen (CH)

Ein maßstabsloses Volumen, gefasst von Wänden aus Stampflehm, erhebt sich am Rand von Laufen südlich von Basel. Der weltgrößte Lehmbau ist das neue Kräuterzentrum der Firma Ricola – und zugleich das siebte Gebäude, das Herzog & de Meuron über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren für das Unternehmen realisiert haben.

Ein maßstabsloses Volumen, gefasst von Wänden aus Stampflehm, erhebt sich am Rand von Laufen südlich von Basel. Der weltgrößte Lehmbau ist das neue Kräuterzentrum der Firma Ricola – und zugleich das siebte Gebäude, das Herzog & de Meuron über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren für das Unternehmen realisiert haben.

Das großformatige Foto des Ricola-Lagerhauses von 1991, das Thomas Ruff von dem vier Jahre zuvor in Laufen errichteten Gebäude von Herzog & de Meuron anfertigte, gilt nicht nur als eine Ikone der Architekturfotografie, es steht auch für den internationalen Durchbruch des Architekturbüros aus Basel. Das, mit einer Struktur aus Eternitplatten bekleidete Lagergebäude ist eines der wichtigsten Frühwerke des Büros. Bildhaft evoziert das Bauwerk das Prinzip des Lagerns, mit alltäglichen, fast banalen Elementen ist die schlichte Box umgeben, und doch überzeugt der Minimalismus durch Präzision der Details.

Zwischen dem Unternehmen Ricola und den Architekten Herzog & de Meuron besteht seit nunmehr gut 35 Jahren eine enge Beziehung, die in der Zeit wurzelt, als Jacques Herzog noch unsicher war, ob er als Künstler oder als Architekt reüssieren würde. Der Basler Galerist Diego Stampa hatte Alfred Richterich, dem Kunstsammler und Sohn des Firmengründers, Ende der 70er Jahre den jungen Herzog für eine Freiluftinstallation auf dem Firmengelände empfohlen. Das Projekt scheiterte zwar, doch 1980 ließ sich Richterich das eigene Wohnhaus von den beiden Architekten umbauen. Auf diesen privaten Bauauftrag folgten über die Jahrzehnte insgesamt sieben realisierte Projekte für die Firma Ricola – das Akronym steht für Richterich & Co. Laufen –, die 1967 aus der von Emil Richterich 1930 in Laufen gegründeten Confiseriefabrik hervorgegangen war. Auf den Umbau des Firmensitzes (1983) folgten der Umbau (1985/86) der als Keimzelle der Firma bedeutsamen Bäckerei im Ortszentrum, das Lagerhaus (1986/87) sowie das diesem benachbarte Reitergebäude (1989-91). Mit der bedruckten Fassade des für die Bedienung des europäischen Markts nötigen Vertriebsgebäudes in Mulhouse (1992/93) sowie den kristallinen Formen des Marketinggebäudes in Laufen (1998/99) konnten Herzog & de Meuron neue Themen setzen, die nicht nur Zäsuren im eigenen Werk bildeten, sondern die jüngste Architekturgeschichte prägten.

Das Gleiche gilt auch für das aktuelle und nunmehr siebte Ricola-Gebäude: das Mitte des Jahres eingeweihte Kräuterzentrum in Laufen gilt als weltgrößtes Bauwerk aus Lehm.

»Chrüterchraft«

Bergkräuter bilden die wichtigsten Ausgangsstoffe für die unterschiedlichen Produkte von Ricola, besonders die 13 Kräuter, die für den legendären, 1940 von Emil Richterich erfundenen Kräuterzucker benötigt werden. 1 400 t frischer Kräuter, für deren biologischen Anbau Vertragslandwirte in den diversen Berggebieten der Schweiz sorgen, werden jährlich in Laufen verarbeitet. Für das Trocknen, Reinigen, Schneiden und Mixen waren bisher Fremdunternehmen verantwortlich, doch im Zuge einer »vertikalen Integration« sollten diese bislang ausgelagerten Arbeitsschritte ebenfalls in die Obhut der Firma gelangen. Das hat nicht nur mit der Optimierung von Logistik und Betriebsabläufen sowie der Wachstumsstrategie des Unternehmens zu tun, sondern auch mit einem veränderten Auftritt von Ricola in der Öffentlichkeit. In einer Zeit, in der ökologische Ausrichtung und regionale Herkunft von Produkten ständig an Bedeutung gewinnen und die Omnipräsenz von künstlichen Aromastoffen in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert wird, setzt Ricola verstärkt auf die natürliche Qualität seiner Ausgangsprodukte und rückt nicht mehr den chemisch-technischen Prozess des Bonbonskochens in den Vordergrund. Folgerichtig wurde auch der überaus erfolgreiche Werbeslogan »Wer hat's erfunden?« zugunsten des für ausländische Ohren ungewöhnlichen Worts »Chrüterchraft« abgelöst, der eine gewisse Eigenartigkeit der Schweizer ebenso zum Ausdruck bringt wie das Potenzial der Bergkräuter.

Vor einigen Jahren entschied sich Ricola, die eigentliche Produktion vom Firmengelände an der Baslerstraße im Norden an die Wahlenstraße im Süden von Laufen zu verlagern. Zuvor hatten sich Pläne von Herzog & de Meuron, die bestehenden Produktionsgebäude mit einer neuen Struktur zu überbauen, als ungeeignet erwiesen. Die 2006 eingeweihte Fabrikationsanlage wurde daraufhin einem Ingenieurbüro übertragen und zeigt sich heute dementsprechend als technoid wirkendes Ensemble.

Getrennt durch eine Hecke, die bis zur Straße hin verlängert wurde, ist auf dem Nachbargrundstück das Kräuterzentrum entstanden, das von einer Magerwiese umgeben und unterirdisch mit dem Produktionsgelände verbunden ist. Gegensätzlicher könnten die beiden Anlagen, welche die zwei Pole des Produktionsprozesses verkörpern, kaum sein: Hier das Primat der architektonischen Form, dort die Dominanz der technischen Installation; hier der Bezug zu Material und Natur, dort die »Ortlosigkeit« des Ingenieurbaus.

Tradition und Trägheit

Zunächst experimentierten die Architekten mit einer partiell offenen hölzernen Struktur, mussten diesen Ansatz jedoch aufgrund von hygienischen Anforderungen aufgeben. Die Alternative war das Bauen mit Lehm, welches das Büro seit Längerem interessiert hatte und auch schon für das Schaulager in Münchenstein bei Basel vorgesehen war, dort aber schließlich verworfen werden musste. Mit dem Lehmbauspezialisten Martin Rauch aus Vorarlberg, der inzwischen als Gastprofessor an der ETH Zürich unterrichtet, fanden die Architekten einen mit dem Material erfahrenen Partner. Ton, Lehm, Mergel und Kies sind Materialien, die in der Umgebung von Laufen mit seiner Tradition der Tonindustrie (»Keramik Laufen«) zur Verfügung stehen. In einer leer stehenden Industriehalle im benachbarten Zwingen produzierte Rauch die insgesamt 666 Blöcke aus Stampflehm, welche die 45 cm dicke Hülle des neuen Kräuterzentrums bilden. Dieses zeigt sich als ein rechtwinkliges Volumen von 111 m Länge, 30 m Breite und 11 m Höhe. Die Lehmschale umfasst dabei das Stahlbetontragwerk der Halle und wird durch das leicht überstehende Dach sowie die Betonplatte am Boden vor eindringender Feuchtigkeit geschützt; Kalkschichten, die an der Fassade als horizontale Fugen sichtbar sind, beugen überdies der Erosion vor.

Die »Trägheit« der Lehmblöcke sorgt im Innern für eine konstante Luftfeuchtigkeit von 50 % – im Bereich der Lagerhalle, die die hintere Hälfte des Gebäudes beansprucht, blieb die Lehmhülle innen unbekleidet. Vorne hingegen, wo eine Beheizung – für diese wird die Abwärme der benachbarten Produktionshalle genutzt – nötig war, wurden Backsteinwände eingezogen. Hier befinden sich die Bereiche der Anlieferung und Trocknung, dahinter die Anlagen für das Schneiden und Mixen der Kräuter. Ein Versammlungsraum im OG, der mit ebenfalls von Herzog & de Meuron entworfenen Holzmöbeln und Hängeleuchten ausgestattet ist (eine Vitrine zeigt römische Tonfunde aus der nahen Umgebung), ermöglicht über einige Fenster Einblicke in die Produktionsbereiche.

Abstraktion in Lehm

Wie auch das Lagerhaus in Laufen und das Vertriebszentrum in Mulhouse bleibt das Kräuterzentrum von außen betrachtet rätselhaft – und überdies maßstablos. Die vier Rundfenster, je eines pro Fassade, stärken mit ihrem Durchmesser von 5,5 m die Abstraktheit der Fassade. Natürlich dienen sie der Belichtung des Innern, doch ist ihre Platzierung eigentlich kompositorisch innerhalb des Gesamtbilds der Fassaden begründet. Die zweigeteilten Fenster sind ohne Stützkonstruktion mit Dornen in den Stampflehmblöcken verankert und aus Gründen der Erdbebensicherheit mittig mit einem Pfeiler im Innern hinterfangen. Zu den Rundfenster treten als zusätzliche Durchbrüche der Außenwände die vereinzelten, aus Lärchenholz bestehenden Tore und Fluchttüren an den Längsseiten.

Mit der Geometrie der einfachen Box knüpfen Herzog & de Meuron an Themen an, die sie schon in ihrem Frühwerk beschäftigt haben, während die Materialisierung in Stampflehm eine seit Längerem verfolgte, nun aber erstmals umgesetzte Idee darstellt. Eine intelligente Verknüpfung von Kontinuität und Innovation zeichnet seit jeher die besten Bauten des Basler Architekturbüros aus.



verknüpfte Zeitschriften
db 2014|11 Material wirkt

03. Juli 2014Gabriele Detterer
Neue Zürcher Zeitung

Lehm als Material und Medium

(SUBTITLE) Das Ricola-Kräuterzentrum in Laufen

Sieben Bauten haben Herzog & de Meuron schon für die Firma Ricola realisiert. Ihr neustes Werk, das Kräuterzentrum in Laufen, ist ein Lehmbau, bei dem historische und neue Techniken zusammenfinden.

Sieben Bauten haben Herzog & de Meuron schon für die Firma Ricola realisiert. Ihr neustes Werk, das Kräuterzentrum in Laufen, ist ein Lehmbau, bei dem historische und neue Techniken zusammenfinden.

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12. Juli 2013Martin Rauch
TEC21

Fertigbauteile aus Lehm

Vorfabrizierte Bauelemente aus Lehm sind neu im Bauwesen. Ihre Produktion erfordert spezielle Methoden, der Transport zur Baustelle logistisches Können. Beim Neubau der Kantonalen Landwirtschaftlichen Schule Mezzana im Mendrisiotto von Conte Pianetti Zanetta und beim neuen, von Herzog & de Meuron geplanten Ricola-Kräuterzentrum in Laufen war Martin Rauch für die Konstruktion von Lehmfassaden aus vorgefertigten Elementen verantwortlich. Er erläutert die Eigenschaften und das Potenzial des Materials.

Vorfabrizierte Bauelemente aus Lehm sind neu im Bauwesen. Ihre Produktion erfordert spezielle Methoden, der Transport zur Baustelle logistisches Können. Beim Neubau der Kantonalen Landwirtschaftlichen Schule Mezzana im Mendrisiotto von Conte Pianetti Zanetta und beim neuen, von Herzog & de Meuron geplanten Ricola-Kräuterzentrum in Laufen war Martin Rauch für die Konstruktion von Lehmfassaden aus vorgefertigten Elementen verantwortlich. Er erläutert die Eigenschaften und das Potenzial des Materials.

Der Lehmbau begleitet den Menschen seit Jahrtausenden. Die allgemeine Erfahrung im Umgang damit ist aber im letzten Jahrhundert in Europa weitgehend verloren gegangen. Seit einigen Jahrzehnten jedoch versuchen Pioniere an diese Bautradition anzuknüpfen. Lehm soll künftig nicht nur als Baustoff für einfache Behausungen oder als elitäres Material betrachtet werden, sondern wieder selbstverständlich werden. Moderne Lehmbauten in Industriestaaten wirken beispielhaft für andere Länder, in denen Lehm oft nur als Material für Notbehausungen angesehen wird. Mit ihrer Vorbildwirkung können sie dazu beitragen, dass die traditionelle Bauweise auf heutige Technologien abgestimmt und weiterentwickelt wird, und tragen so global zu einer nachhaltigen Bauweise bei.

Das erste vorgefertigte Lehmbauelement der Geschichte war wohl der Adobeziegel[1]. Die Grösse von vorgefertigten Teilen war schon immer weitgehend durch die Infrastruktur wie Strassen, Maschinen und Kräne bestimmt. Heute macht die Verkehrsinfrastruktur in Europa grössere Teile im Montagebau möglich.

Der handwerkliche Lehmbau ist mit hohem Arbeitsaufwand verbunden. Eine Rationalisierung auf der Baustelle oder in der Werkhalle mithilfe von modernen Baugeräten ist nur beschränkt möglich. Erst die Beurteilung unter ökologischen Gesichtspunkten lässt den Lehmfertigteilbau in den letzten Jahren zu einer interessanten Alternative werden. Für Fertigteile aus Lehm gilt dasselbe wir für den Lehmbau überhaupt: Er hat keine Lobby, und es gibt kaum Fachkräfte oder spezialisierte Firmen und nur wenig Forschung und Entwicklung. Deshalb fehlt es heute Erfahrung und an Vertrauen in die jahrtausendealte Bauweise.

Landwirtschaftsschule Mezzana

Ein Beispiel für die Verwendung von vorfabrizierten Lehmelementen ist die vom Architekturbüro Conte Pianetti Zanetta geplante und 2012 fertiggestellte Kantonale Landwirtschaftliche Schule Mezzana im Mendrisiotto. Sie umfasst drei Gebäude mit 35 cm starken Stampflehmfassaden. 2011 und 2012 wurden in acht Monaten insgesamt 928 m² Wand mit einem hohen Arbeitsaufwand hergestellt und in acht Wochen montiert. Die tragende Gebäudestruktur besteht innen aus naturbelassenen und als Sichtmauerwerk ausgeführten gebrannten Industrieziegeln und Ortbetondecken. Gedämmt wurde mit 14 cm Mineralfaser zwischen den Ziegelmauern und der vollflächig vorgestellten Lehmstampffassade. Die Elemente aus Stampflehm haben eine Länge von 3 bis 4 m und eine Höhe von ca. 1.4 m. Sie wurden in einer Werkhalle in Vorarlberg in Schalungsabschnitten von 18 m Länge vorgefertigt, getrocknet und verpackt, dann zur Baustelle transportiert und dort mit dem Baukran versetzt. Die Elemente wurden mit Lehmsandmörtel verklebt und die vertikalen Nuten mit Trasskalkmörtel ausgegossen. In regelmässigen Abständen wurde die Fassade in der horizontalen Lagerfuge mit nichtrostenden Ankern in der Ziegelmauer befestigt.

Erosion und Wetterfestigkeit

Wird Lehm mit ausreichend Wasser bearbeitet, wird die durch Trockenheit hervorgerufene Festigkeit aufgehoben und das Material wieder plastisch und formbar. Dies ist kein Nachteil, sondern eine Qualität. So können Elementfugen im Lehm leicht retuschiert werden. Durch seine Wasserlöslichkeit kann das Material unbeschränkt ohne Qualitätseinbusse wiederverwendet werden. Viele Versuche und Entwicklungen gehen dahin, ihm diese Qualität zu nehmen, um es dauerhafter zu machen. Durch Zusätze ist dies zwar möglich, allerdings werden positive Eigenschaften dabei beeinträchtigt: Vor allem ist der Lehm dadurch nicht mehr schadstofffrei ins Erdreich rückführbar.

Lehm hat nicht nur gute thermische und feuchtigkeitsregulierende Eigenschaften, sondern auch eine positive Energiebilanz.[2] Sein Erosionsverhalten im Aussenbereich ist kalkulierbar. Die Stampflehmtechnik gilt als die wetterfesteste Verarbeitungsweise. Aufgrund der Lebendigkeit und Farbigkeit des Materials sind lokale Unterschiede im Erosionsverhalten und «Beschädigungen» nicht auffällig. Die Farbe bleibt aufgrund der Lichtechtheit der Lehmpigmente unverändert, und das Material zeigt einen natürlichen und charakteristischen Alterungsprozess.

Der Beanspruchung der Oberfläche durch Schlagregen mit Frosteinwirkung kann durch sorgfältige Materialwahl, Verarbeitung und konstruktive Lösungen entgegengewirkt werden. Die Erosion ist abhängig von Wandhöhe, Materialzusammensetzung, Wetter- und Windbelastung. Bei leichtem Regen ist die Belastung gering, da der Lehm die Feuchtigkeit gut absorbiert und nach dem Regen schnell wieder abgibt. Bei starkem Regen verhindert das Quellverhalten der Tonmineralien zwischen dem Mineralgerüst eine komplette Durchfeuchtung nach innen. Die von der Lehmwand nicht mehr absorbierte Wassermenge rinnt an der Aussenfläche ab. Diese kleinen Rinnsale haben eine auswaschende Wirkung; Lehmpartikel und Sand werden abgelöst und ausgespült. Grössere mineralische Gesteinskörnungen sind im festeren und trockeneren Innenteil der Wand fixiert.

Für das kontrollierte Abrinnen des Wassers bei lang anhaltendem starkem Regen müssen zusätzliche Massnahmen ergriffen werden: In der Horizontalen sollten alle 30 bis 60 cm Erosionsbremsen in Form von Mörtel-, Stein- oder Ziegelleisten eingebaut werden.

RICOLA-KRÄUTERZENTRUM IN LAUFEN Das Ricola-Kräuterzentrum vereint alle Prozesse der Kräuterverarbeitung wie Trocknen, Schneiden, Mischen und Lagern in einer Halle. Der von Herzog & de Meuron geplante Bau misst 111 × 28.9 × 10.8 m. Der Autor ist als Subplaner für die Entwicklung und Herstellung der 3000 m² grossen Stampflehmfassade verantwortlich. Das Herstellen, Trocknen und Montieren der Wände dauert ein Jahr. Nur durch die Vorfertigung in einer Halle in Zwingen, einem Nachbardorf von Laufen, ist dies in so kurzer Zeit möglich. In der Halle konnte auch im Winter produziert werden, und der zeitraubende Trocknungsprozess erfolgte nicht auf der Baustelle. Mit der Herstellung der Blöcke wurde bereits vor Baubeginn angefangen. Grösse und Gewicht der fast 700 Elemente sind durch die Kapazität der in der Halle vorhandenen Kräne bestimmt. Die fast 5 t schweren Lehmstampfblöcke aus lokalem Material und das Aushubmaterial ohne Stabilisierung werden in einer 50 m langen Fertigungsanlage fabriziert. Ein Beschicker füllt die Mischung 16-lagig in die Schalung, Walzen und Stampfer verdichten sie bis zu einer Segmenthöhe von 1.3 m. Unmittelbar nach der Fertigstellung wird die Schalung entfernt, und die 3.36 m langen Lehmblöcke werden zur Trocknung umgelagert. Die Wand ist monolithisch und 45 cm stark. Aus hygienischen Gründen sind auf der Innenseite alle Poren mit einer Lehmschlämme geglättet. Aussen ist sie unbehandelt und mit horizontalen Trasskalkmörtelleisten versehen. Sukzessive werden die Teile zur 3 km entfernten Baustelle nach Laufen transportiert, mit einer Hebevorrichtung versetzt und mit Lehmmörtel verbunden. Anschliessend werden die Elementfugen mit Wasser vorgenetzt und mit der Stampflehmmischung gefüllt und eingestampft. Nach dem Abtrocknen sind die Elemente zu einem monolithisch geschichteten Erdblock verbunden.

Vorfertigung und Transport

Die Vorfertigung hat entscheidende Vorteile: Sie ist wetterunabhängig, terminlich kalkulierbar, verkürzt die Arbeitszeit auf der Baustelle und kann somit in industrialisierte Bauprozesse integriert werden. Damit erweitern sich die Einsatzmöglichkeiten von Lehmbauteilen: Statisch belastete Wandelemente, grossflächige temperaturregulierende Wandverkleidungen, Raumteiler mit integrierter Wandheizung, aber auch Öfen und Waschbecken werden möglich. Die Vorfertigung in der Werkhalle erlaubt eine optimierte Detailarbeit.

Das ermöglicht eine flexible Ausführung auch bei grossen Dimensionen. Die relative Weichheit des Materials erfordert besondere Transportbedingungen und eine sorgsamere Versetzarbeit als Betonfertigteile. Erfahrungsgemäss ist aber der Transport gut möglich, und die Montage mittels individuell hergestellter Hebevorrichtungen ist Standard geworden. Natürlich sollten die Transportwege möglichst kurz sein. Um dies zu erreichen, muss die Nachfrage nach Lehmfertigteilen noch wachsen. Dann würde deren Produktion attraktiv, die Wertschöpfung regionalisiert und das Angebot an Fertigteilen um einen baubiologisch und ästhetisch hochwertigen Baustoff erweitert. Bei grossen Volumen an Lehmstampfarbeiten ist es sinnvoll, in der Nähe des Einbauorts eine temporäre Vorfertigungsanlage einzurichten. Die Elemente können dann aus lokal verfügbarem Lehm hergestellt werden. Stampflehm ist ein Baustoff, der kreatives Verhalten in architektonischer wie technischer Hinsicht herausfordert. Er steht unbegrenzt zur Verfügung, hat eine lange Tradition, kann zeitgemäss eingesetzt werden und gewinnt wieder an Aktualität.


Anmerkungen:
[01] Adobe ist das englische Wort für ungebrannte, luftgetrocknete Lehmziegel im Gegensatz zu den gebrannten. Ihre Herstellung benötigt im Vergleich mit Ziegeln wenig Energie.
[02] Stampflehm hat je nach Zusammensetzung ein spezifisches Gewicht von 1700–2100 kg/m³ und kann deshalb nicht als Isolierbaustoff gewertet werden. Die Wärmeleitfähigkeit beträgt je nach Zusammensetzung 0.64–1.03 W/mK.



verknüpfte Zeitschriften
TEC21 2013|29-30 Lehmbau Nord-Süd

15. Februar 2013Jenny Keller
Neue Zürcher Zeitung

Ein Lehmbau für Laufen

Die Firma Ricola baut ein Kräuterzentrum – einmal mehr mit Herzog & de Meuron

Die Firma Ricola baut ein Kräuterzentrum – einmal mehr mit Herzog & de Meuron

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