Pläne

Details

Adresse
al. Wojciecha Korfantego 3, 40-005 Katowice, Polen
Mitarbeit Architektur
Paulina Kostyra-Dzierżęga (Projektleitung), Anna Zbieranek, Markus Probst, Nicole Lam, Mikołaj Szubert-Tecl, Lavinia Floricel, Minoru Suzuki, Bettina Tòth, Bartłomiej Grzanka, Tomasz Kabelis-Szostakowski, Dorota ŻZurek, Paweł Skóra
Bauherrschaft
Muzeum Slaskie w Katowicach
Tragwerksplanung
Inżynierska Statyk
Wettbewerb
2007
Planung
2007 - 2010
Ausführung
2011 - 2014
Eröffnung
2015
Grundstücksfläche
27.332 m²
Bruttogeschossfläche
25.067 m²
Nutzfläche
21.700 m²
Bebaute Fläche
3.343 m²
Umbauter Raum
228.702 m³
Baukosten
65,1 Mio EUR

Preise und Auszeichnungen

2014 best architects 15

Publikationen

Links

Schlesisches Museum
www.muzeumslaskie.pl

Presseschau

16. August 2014Maik Novotny
Der Standard

Das Licht unter Tage

Kultur statt Kohle: Mit ihrem Neubau des Schlesischen Museums im polnischen Katowice schufen die Grazer Architekten Riegler Riewe ein kulturelles Bergwerk im Untergrund.

Kultur statt Kohle: Mit ihrem Neubau des Schlesischen Museums im polnischen Katowice schufen die Grazer Architekten Riegler Riewe ein kulturelles Bergwerk im Untergrund.

Schweigend deutet die bejahrte Museumswärterin auf einen der 24 Sitze, die um die riesige hölzerne Trommel angeordnet sind. Fügsam setzt man sich, dann drückt sie mit dem Fuß auf den Schalter am Boden. Es beginnt zu sirren und zu rattern. Schaut man durch die doppelten Gucklöcher, schieben sich plastische, schwarzweiße Bilder von rechts nach links durch, manchmal holpern und verrutschen sie leicht. Was hier so rührend mechanisch rattert, ist ein über 100 Jahre altes Stereoskop im Schlesischen Museum im polnischen Katowice. Die Fotos zeigen rußverschmierte Bergmänner, katholische Nonnen, Gründerzeit-Bauten der boomenden Industriestadt um die Jahrhundertwende, die um 1850 noch ein Dorf war, aber auch Bauten aus der jungen polnischen Republik der 1920er-Jahre wie den expressionistischen Wolkenkratzer Drapacz Chmur.

Auch heute findet man noch reichlich rußgeschwärzte Fassaden in Schlesien, aber sie verschwinden zusehends. Zwar prägt der Bergbau in der 300.000-Einwohner-Stadt noch die Identität, aber riesige Brownfields zerfallender Schwerindustrie künden auch hier vom Ende einer Ära. Ähnlich wie in Bilbao, Manchester oder dem Ruhrgebiet ist der Wechsel zu Dienstleistung, Kultur und Bildung längst im Gange.

Auch das Schlesische Museum ist nicht mehr zeitgemäß. Ein Provisorium ist es schon immer gewesen, seit 1984 untergebracht im ehemaligen Grand Hotel Wiener, einem charmanten, aber verwinkelt verstaubten Bau aus der Jahrhundertwende. Dabei hatte es schon einmal ein neues Schlesisches Museum gegeben, fertig wurde es leider nie. Der Bau aus den 1930er-Jahren, ein Monument des wiederentdeckten Polentums im 1922 von Deutschland abgetretenen Oberschlesien, wurde noch vor der Fertigstellung, wenige Tage nach dem Überfall der Nationalsozialisten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939, von diesen zerstört.

2005 begann der Neustart: Man erwarb man das Grundstück der ehemaligen Zeche „Katowice“, direkt im Norden des Stadtzentrums gelegen. Hier soll eine neue Kulturmeile entstehen, beginnend beim riesigen gekippten Ufo der Veranstaltungshalle Spodek von 1971. Ein Kongresszentrum und eine Konzerthalle für das lokale Sinfonieorchester sind zurzeit in Bau. Den Wettbewerb für das östlich anschließende Schlesische Museum gewann 2007 das Grazer Büro Riegler Riewe, bekannt etwa für ihren Neubau des Hauptbahnhofs Innsbruck, das Literaturhaus Graz und mehrere Messe- und Laborgebäude.

Gemeinsam mit dem Universitätsviertel, das sich auf der anderen Seite der achtspurigen Stadtautobahn anschließt, entsteht so ein Zentrum des postindustriellen Schlesien und eine Art Leistungsschau der neuen polnischen Architektur, die sich in den letzten Jahren dank der guten Wirtschaftslage und mit Auslandserfahrung zurückgekehrter Architekten weltläufiger entwickelt hat als in den ehemals sozialistischen Nachbarländern.

Doch anders als das vom polnischen Büro HS99 entworfene, preisgekrönte ziegelrote Scientific Information Centre and Academic Library gegenüber will der österreichische Entwurf für das Schlesische Museum keine laute Landmarke sein. Das ist eine kluge Entscheidung, denn eine solche würde in einer Umgebung, die nur aus zusammenhanglos verstreuten Einzelbauten besteht, ohnehin kaum auffallen. Stattdessen wurden die rund 26.000 Quadratmeter Museumsräume fast komplett im Boden versenkt. Die naheliegende Assoziation zu Bergwerk und Stollen sei aber ein Nebeneffekt, sagt Mikolaj Szubert-Tecl, Leiter des Büros Katowice von Riegler Riewe. „Wichtig ist vor allem, dass das Museum die noch bestehenden Gebäude nicht verdeckt.“ Neben dem - schwer zu verdeckenden - erhaltenen Förderturm sind dies eine Handvoll Nebengebäude, von denen zwei als Werkstatt bzw. Restaurant umgenutzt wurden, die anderen verharren noch ruinenromantisch im Dornröschenschlaf.

Um diese Ziegelbauten wurde ein neuer Park angelegt, darin verstreut einige Kuben aus geätztem Glas: Ganz diskret und sachlich bezeugt so das neue Schlesische Museum seine Existenz. Über die Dimension seiner Räume schweigt es sich von Außen komplett aus. Mit dieser Spannung spielt der Bau gekonnt: Mehrere Parcours von Wegen sind durch und um die weiß gehaltenen Räume im Untergrund gelegt, die aus mehreren Richtungen und Tiefenlevels begehbar sind. „Ermöglichungsarchitektur“ haben es Florian Riegler und Roger Riewe genannt: Auch Zugänge zum Museum gibt es mehrere, der aufregendste davon ist der Nebeneingang in den hallenartigen Raum für Wechselausstellungen. Ein sich über mehrere Ebenen in vielen 90-Grad-Winkeln in die Tiefe wühlender schmaler Gang, der für wohlige Desorientierung sorgt. Der Haupteingang mit seinen beiden ineinander verschränkten, von der Decke abgehängten Doppelrampen leitet dagegen mit spielerischer Erhabenheit in den Untergrund. Und damit in diesen Kulturflözen keine Klaustrophobie entsteht, fungieren die gläsernen Boxen als Lichtleiter: Sie ragen unterschiedlich tief in die Räume hinein und verstreuen bläuliche Helligkeit. „Zuerst waren viele skeptisch, aber sobald sie drinnen waren, waren alle begeistert“, sagt Szubert-Tecl.

Noch sind allerdings keine Besucher drinnen, auch auf die Exponate wartet das Museum noch. Zwar ist das Gebäude (Kosten rund 66 Mio. Euro, 85 % davon durch EU-Förderung) schon seit Monaten fertig, doch die Museumsplanung hinkt hinterher: Der Eröffnungstermin wurde immer wieder verschoben, auch der Herbst 2014 konnte nicht gehalten werden. Im Juli wurde der erst ein Jahr zuvor berufene Direktor Dominik Ablamowicz seines Amtes enthoben. Es sei ihm nicht gelungen, ein funktionsfähiges Konzept auf die Beine zu stellen, hieß es vonseiten der Landesverwaltung. Ihm folgt nun die museumserfahrene Direktorin Alicja Knast nach.

Vor 2015 ist nicht mit der Eröffnung zu rechnen. Zumindest das Auditorium wird aber bereits vermietet: Ende August steigt ein Musikfestival im glasboxbeleuchteten Untergrund. Und für die schlesischen Nostalgiker dreht sich immer noch das ratternde Stereoskop im Altbau.

18. Juli 2014Ulrich Brinkmann
Bauwelt

Kattowitzer Kulturförderanlage

75 Jahre nach der Zerstörung des ersten Neubaus durch die deutsche Wehrmacht im Jahre 1939 blickt das Schlesische Museum Kattowitz nun hoffnungsfroh auf...

75 Jahre nach der Zerstörung des ersten Neubaus durch die deutsche Wehrmacht im Jahre 1939 blickt das Schlesische Museum Kattowitz nun hoffnungsfroh auf die Einweihungsfeier am neuen Standort. Riegler Riewe haben das Raum­programm weitgehend unter die Erdoberfläche versenkt, um den Hinterlassenschaften des Industriezeitalters auf der Zechenbrache ihre Präsenz zu belassen. Vollständigen Artikel anssehen



verknüpfte Zeitschriften
Bauwelt 2014|27 Räume für die Stadtgeschichte

26. Oktober 2012Martin Sander
Neue Zürcher Zeitung

Geschichte ohne nationale Paradigmen

(SUBTITLE) Streit um das Schlesische Museum Kattowitz

Was die ehemalige Zugehörigkeit Schlesiens zu Deutschland angeht, gibt es noch immer polnische Empfindlichkeiten. Die Einrichtung des neuen Schlesischen Museums in Kattowitz wurde daher zum Politikum. Nationalkonservative kritisieren Deutschfreundlichkeit und die Konstruktion einer schlesischen Identität.

Was die ehemalige Zugehörigkeit Schlesiens zu Deutschland angeht, gibt es noch immer polnische Empfindlichkeiten. Die Einrichtung des neuen Schlesischen Museums in Kattowitz wurde daher zum Politikum. Nationalkonservative kritisieren Deutschfreundlichkeit und die Konstruktion einer schlesischen Identität.

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