Pläne

Details

Adresse
Mühlgraben 56, 6343 Erl, Österreich
Mitarbeit Architektur
Sebastian Brunke, Jörg Rasmussen, Eva Schrade, Torsten Sauer, Simon Takasaki, Anja Vogl
Bauherrschaft
Festspielhaus Erl
Tragwerksplanung
FCP
örtliche Bauaufsicht
MHM architects
Fotografie
Brigida Gonzalez
Weitere Konsulent:innen
Haustechnik: Zentraplan GmbH, Wiener Neustadt
Lichtplanung: Haighlight, Innsbruck
Bühnenplanung: e.f.f.e.c.t.s. technisches Büro GmbH, Klosterneuburg
Geotechnik: PGI GmbH, Kufstein
Wettbewerb
2007
Planung
2008
Ausführung
2010 - 2012
Grundstücksfläche
9.700 m²
Nutzfläche
7.000 m²
Bebaute Fläche
4.500 m²
Umbauter Raum
60.000 m³

Preise und Auszeichnungen

Architekturwettbewerb

Das Projekt ist aus dem Verfahren Winterfestspielhaus Tiroler Passions- und Festspiele Erl hervorgegangen

Publikationen

Archtour

Genereller introtext zu Archtour der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

05. Januar 2013Christian Kühn
Spectrum

Ikonen am Berghang

Konkurrenz für Bayreuth: Einer „Verrücktheit“ verdankt sich die Entstehung des neuen Festspielhauses in Erl. Über das Zusammentreffen von Rauheit und Perfektion in der Tiroler Landschaft.

Konkurrenz für Bayreuth: Einer „Verrücktheit“ verdankt sich die Entstehung des neuen Festspielhauses in Erl. Über das Zusammentreffen von Rauheit und Perfektion in der Tiroler Landschaft.

Auffällig war dieser Punkt in der Landschaft schon immer, als hätte jemand mit einem Stift eine aufsteigende Kurve in den Hang gezeichnet und dann mit Deckweiß nachgearbeitet. Die meisten hielten das Gebäude aus der Ferne für eine Kirche, und das war nicht ganz falsch: Hier hatten 1959 die alle sechs Jahre stattfindenden Erler Passionsspiele ein festes Haus für 1500 Zuschauer bekommen. Der Entwurf stammte vom Architekten Robert Schuller, der damit eine Ikone der Tiroler Nachkriegsarchitektur schuf, eine einprägsame Figur mit wenigen Elementen: eine gekrümmte, weiß verputzte Wand, die vor dem Hang zu schweben scheint und Zuschauerraum und Bühnenturm miteinander verbindet; darunter ein konzentrischer Ring rauer Sichtbetonscheiben, zwischen denen die Besucher das Haus betreten; und schließlich eine Menge kleiner, in die Wand des Bühnenturms getupfter quadratischer Öffnungen, die das Haus wie einen großen Lautsprecher erscheinen lassen, aus dem etwas in die Landschaft verkündet wird.

Ende der 1990er-Jahre entdeckte der Musiker und Dirigent Gustav Kuhn dieses Passionsspielhaus für sich und gründete hier die Tiroler Festspiele Erl, die seit 1997 jedes Jahr im Sommer stattfinden, mit Ausnahme der Jahre, in denen das Haus für Passionsspiele belegt ist. Unter Kuhns Leitung entwickelten sich die Festspiele zu einem international beachteten Ereignis mit einem Schwerpunkt auf der Musik Richard Wagners, das begann, Bayreuth Konkurrenz zu machen.

Das Passionsspielhaus ist für den Opernbetrieb eine Herausforderung. Für die Osterzeit ausgelegt, fehlt ihm die Wärmedämmung, wodurch es im Sommer oft heiß und im Winter unbenutzbar ist. Da es keinen Orchestergraben gibt, spielen die Musiker an der Rückwand der Bühne, was in Verbindung mit dem breit gelagerten Zuschauerraum allerdings eine außergewöhnliche Nähe zwischen Sängern und Publikum erlaubt. Die raue, einfache Gestaltung des Raums mit offenem Holzdachstuhl, einem Bühnenportal aus Sichtbeton mit eingelassener Orgel und die Bestuhlung mit Sperrholzsesseln ergeben eine besondere Atmosphäre, die in keinem anderen Opernhaus der Welt zu finden ist.

Man könnte das alte Passionsspielhaus als Musikinstrument mit einer Guarneri vergleichen, deren einzigartiger Klang im Gegensatz zu den Violinen des anderen großen Geigenbauers aus Cremona, Guiseppe Stradivari, angeblich nicht absoluter Perfektion zu verdanken ist, sondern einer genialen, nicht immer regelmäßigen Bearbeitung der Innenflächen des Resonanzkörpers.

Rauheit gegen Perfektion: So könnte auch die aktuelle architektonische Entwicklung um das Festspielhaus charakterisiert werden. Auf den Erfolg der Festspiele folgte bald der Ruf nach einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Das alte Haus aufzurüsten hätte dessen Charakter zerstört und bestenfalls durchschnittliche Bedingungen geschaffen.

Die Erweiterung um eine komplett neue Spielstätte ist das Ergebnis einer „Verrücktheit“, die den in Wörgl geborenen Industriellen Peter Haselsteiner nach seinem ersten Besuch der Festspiele 2004 erfasste. Er erkannte in Gustav Kuhn einen Seelenverwandten: Bayreuth zu übertreffen ist in der kulturellen Arena ein ähnliches Ziel wie in der wirtschaftlichen größter Baukonzern Europas zu werden. Mit der Zusage einer Finanzierung des Projekts mit Nettobaukosten von 13 Millionen Euro konnte 2007 ein Wettbewerb ausgeschrieben werden, an dem einige der besten österreichischen und internationalen Architekten teilnahmen, unter anderem Zaha Hadid, Dietmar Feichtinger und Marte.Marte. Am Ende betrugen die Gesamtkosten 36 Millionen, von denen 20 von Haselsteiner stammen.

Das Siegerprojekt von DMAA (Delugan Meissl Associated Architects) war das einzige, das die Idee des alten Passionsspielhauses weiterdachte und neben die Ikone des Jahres 1959 eine Ikone des Jahres 2007 setzte, ebenfalls mit wenigen klaren Linien in die Landschaft gezeichnet. Formal greifen DMAA auf ein Repertoire zurück, das sie ähnlich bereits beim Porsche Museum in Stuttgart und beim Filmmuseum in Amsterdam benutzt haben. Das Muster passt hier freilich perfekt, und wer dem spitzen Dachwinkel Formalismus vorwerfen möchte, müsste das auch beim Schwung des alten Passionshauses tun. In beiden Fällen liegt der Unterschied zwischen formalistischer Kulisse und Architektur in der Bewältigung des Übergangs zwischen außen und innen, und da bewähren sich die beiden Spielstätten in Erl auf ihre jeweils eigene Art. Das großzügige Foyer des Neubaus verbindet mit seinem leicht geneigten Boden zwei Zugangsniveaus und bietet präzise gefasste Ausblicke in die Umgebung, sowohl von der Eingangsebene als auch von einem Außenbalkon auf dem Niveau der Galerie.

Der Saal, der mit seiner gefalteten Holzvertäfelung die Motive des Baukörpers weiterführt, ist flexibel. So gibt es etwa kein fixes Bühnenportal, wodurch er sich für Konzerte in einen allseits holzvertäfelten Raum verwandeln lässt. Die Sichtbedingungen sind optimal, und die Akustik, für die Karl-Bernd Quiring verantwortlich zeichnet, ist in den ersten Kritiken als hervorragend eingestuft worden. Das Haus für Mozart, das man sich für Salzburg immer gewünscht hat, steht jetzt in Erl.

Für DMAA ist das Projekt ein weiterer Schritt in der Entwicklung einer Formensprache, die sie inzwischen mit höchster Virtuosität bis ins Detail beherrschen. Mit einem ähnlichen, noch stärker ins Skulpturale gesteigerten Entwurf für das Victoria & Albert Museum in Dundee sind sie 2010 in der zweiten Runde eines Wettbewerbs an Kengo Kuma gescheitert, der unter der Ansage des „Anti-Objects“ erfolgreich einen eigenen, diffuseren Formalismus propagiert. Ob die Zukunft der Architektur in noch höherer Perfektion liegt oder in der Fähigkeit, Störungen aufzunehmen und sie in eine positive Kraft zu wenden? Stradivari oder Guarneri: Man darf gespannt sein, wie DMAA sich in diesem Match in Zukunft positionieren.

29. Dezember 2012Martin Frei
Neue Zürcher Zeitung

Gustav Kuhn und sein neues Festspielhaus in Tirol

Zwei Jahre wurde gebaut, nun ist die neue Opernbühne von Gustav Kuhn eröffnet. Mit ihr möchte der österreichische Dirigent fortan seine Tiroler Festspiele in Erl ergänzen und erweitern. Was bizarr anmutet, setzt Zeichen – trotz offenen Fragen.

Zwei Jahre wurde gebaut, nun ist die neue Opernbühne von Gustav Kuhn eröffnet. Mit ihr möchte der österreichische Dirigent fortan seine Tiroler Festspiele in Erl ergänzen und erweitern. Was bizarr anmutet, setzt Zeichen – trotz offenen Fragen.

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29. Dezember 2012Stefan Ender
Der Standard

Schwarz-weißer Spielplatz der Musen

Bei Mozarts „Le nozze di Figaro“, der ersten Opernpremiere im neuen Erler Festspielhaus, überzeugen Sänger, Musiker und Inszenierung. Ein Star, der bleibt, ist die wundervolle Akustik des Hauses.

Bei Mozarts „Le nozze di Figaro“, der ersten Opernpremiere im neuen Erler Festspielhaus, überzeugen Sänger, Musiker und Inszenierung. Ein Star, der bleibt, ist die wundervolle Akustik des Hauses.

Erl - In den Mußezeiten des Menschen leisten die Musen Akkordarbeit. Während der Sonnenmonate Juli und August werden Seen, Schlossgärten, Burgen, Klosterhöfe und auch ganz profane Konzertsäle von Ost bis West bespielt, zu den christlichen Hochfesten Ostern und Pfingsten wird in diversen Mozart-Städten gesungen, gestrichen und geblasen. Den wahrscheinlich letzten weißen Fleck auf dem Terminplan haben nun die Tiroler Festspiele Erl besetzt: Von nun an wird auch in der stillsten Zeit des Jahres feste gespielt, von Stefanitag bis Dreikönig, im nigelnagelneuen Festspielhaus.

Delugan Meissl Associated Architects haben das Ding geplant, Festspielpräsident und -mäzen Hans Peter Haselsteiner hat das Gros der Rechnungen über 36 Millionen Euro bezahlt. Der aus der Gegend stammende Großindustrielle scheint es mit zwei lachenden Augen getan zu haben: Freudvoll und stolz sieht man ihn bei der ersten Opernpremiere im neuen Haus mit den Gästen plaudern.

Kantig und schroff steckt der nachtschwarze „Tarnkappenbomber“, so eine der optischen Spontanassoziationen der Erler Bevölkerung, im grünen Hügel; schräg steigt man treppauf unter sein mächtig sich vorwölbendes dunkles Dach. Im Foyer ist dann alles schneeweiß - eine Reverenz offenbar an den steinwurfnahen antipodischen Bau des Passionsspielhauses von Robert Schuller. Man fühlt sich wie im Inneren einer futuristischen Skulptur oder wie in einer gewagten Bauzeichnung. Ruhige, dunkle Holztöne (Akazie, unlackiert) folgen im Saal, steil steigen die 25 Sitzreihen empor. Der nobel wirkende Raum ist mehr breit als tief: Wie im Inneren eines Musikinstruments sollen sich die knapp 900 Zuhörer fühlen, nah dran und drin in der Musik. Man gibt Mozarts Le nozze di Figaro, der schwarze Vorhang öffnet sich, und man beschaut erst einmal reichlich weißglänzenden Bühnenboden wie den im Foyer. Jan Hax Halama (Bühne), dieser Schelm: Traut er dem braven Erler Festspielpublikum tatsächlich ein solches Feuerwerk an amourösen Irrungen und Wirrungen zu, wie es Mozart und Da Ponte hier abbrennen lassen?

Die angenehm requisitenarme, puristische Inszenierung von Gustav Kuhn ist in einem zeitlichen Niemandsland der kühlen Eleganz angesiedelt - für Letzteres zeichnen die wunderschönen Kostüme von Lenka Radecky verantwortlich. Kuhn setzt auf eine gekonnte, prägnante Personenführung: Don Bartolo (Johannes Schmidt), Marcellina (Rita Lucia Schneider) und speziell Don Basilio (Ferdinand von Bothmer) werden so zu liebenswerten Farbtupfern im Bild der klingenden Komödie, Radeckys eiscremefarbene Kostüme verdeutlichen dies auch optisch. Michael Kupfer präsentiert einen virilen Conte Almaviva, als Konterpart dazu gibt und singt Sabina von Walther eine Gräfin von schlichter Eleganz. Emily Righter umschwärmt als Cherubino alle Weiblichkeit mit Verve und wendig-hellem Sopran. Einen grundgütigen Figaro zeichnet der ausgewogen-kraftvoll singende Giulio Boschetti, das Herz dieses Stücks und auch dieser Aufführung ist die vokal und darstellerisch souveräne Susanna Sophie Gordeladzes.

Das Herz des neuen Festspielhauses aber ist die Akustik: Sie ist in den höchsten Tönen zu loben. Offeriert sie doch einen Nachhall von fast sakraler Üppigkeit ohne jede Einbuße an der Deutlichkeit der Diktion, dynamisiert sie doch die akustischen Vorgänge auf der Bühne und im großen Orchestergraben enorm (vielleicht einen Tick zu sehr?) und ermöglicht im Gegenzug eine unerhörte Delikatheit, eine flüsternde Intimität der Tonproduktion, wie sie etwa Gustav Kuhn und das junge, fingerfitte Festspielorchester oft bevorzugen (etwas enttäuschend jedoch die lauwarm-schlaffe Begleitung der Secco-Rezitative).

Werke der Moderne, des Belcanto und von Mozart sollen hier schwerpunktmäßig gezeigt werden. Und man muss sich fragen: Gibt es ein Opernhaus, dessen Akustik die Sänger mehr auf Händen trägt? Das ideale Haus für Mozart, das man sich in Salzburg schon so lange wünscht, es steht nun in Erl. Da werden sich nicht nur die Musen freuen.

29. Dezember 2012Theresa Steininger
Die Presse

Mozart klingt gut in Erl

Das neue Festspielhaus in Erl hat am Donnerstag die Feuerprobe bestanden: Der „Figaro“ – in reduzierter Inszenierung – war ein Erfolg. Das neue Haus verzeiht nichts, macht aber auch kleinere Stimmen gut hörbar.

Das neue Festspielhaus in Erl hat am Donnerstag die Feuerprobe bestanden: Der „Figaro“ – in reduzierter Inszenierung – war ein Erfolg. Das neue Haus verzeiht nichts, macht aber auch kleinere Stimmen gut hörbar.

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28. Dezember 2012Theresa Steininger
Die Presse

Festival in Erl: Gustav Kuhns zweites Opernhaus

Das Passionsspielhaus bekam eine kleinere Schwester: Ab sofort hat man in einem zweiten Opern- und Konzertgebäude auch für Mozart, Bach und Händel im 1500-Seelen-Dorf nahe Kufstein den passenden Rahmen.

Das Passionsspielhaus bekam eine kleinere Schwester: Ab sofort hat man in einem zweiten Opern- und Konzertgebäude auch für Mozart, Bach und Händel im 1500-Seelen-Dorf nahe Kufstein den passenden Rahmen.

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22. Dezember 2012Wojciech Czaja
Der Standard

Bühne frei für die Herren Kuhn und Schuller

Kommenden Mittwoch wird in Erl das neue Festspielhaus eröffnet. Der Wohlklang zwischen altem und neuem Bauen ist nicht zu überhören

Kommenden Mittwoch wird in Erl das neue Festspielhaus eröffnet. Der Wohlklang zwischen altem und neuem Bauen ist nicht zu überhören

Am 25. November vor zwei Jahren hat's in Erl, um mit den Worten des Leiters der Tiroler Festspiele, Gustav Kuhn, zu sprechen, gescheppert und gewackelt. An diesem Tag nämlich wurde die erste Tranche der 110.000 Tonnen Fels in die Luft gesprengt. Es sollte dies der brutalste und lauteste Eingriff in das historische Ensemble am Westhang des Eibergs bleiben.

Denn trotz eckigen, kantigen Tarnkappenbomber-Auftritts des neuen Winterfestspielhauses, das da wild entschlossen aus der Waldlandschaft hinausschießt, wird das 1959 von Robert Schuller errichtete Passionsspielhaus, das die Erler Bevölkerung längst in ihr Herz geschlossen hat, in keinster Weise berührt. Mehr noch ist zwischen Altbau und Neubau so etwas wie ein feiner Dialog gebauter Materie entstanden. Kommenden Mittwoch wird das neue Festspielhaus feierlich eröffnet.

„Das Ding ist eine Wucht“, sagt Gustav Kuhn. Stoischen Glücks steht der Festspielchef im hell erleuchteten Foyer seines neuen Hauses und blickt mal nach links und mal nach rechts. „Schauen Sie sich das nur einmal an! Diese zwei Häuser unterhalten sich miteinander! Und trotzdem ist jedes für sich allein betrachtet ein schönes Stück Architektur.“

Kurzes Räuspern. „Dabei muss ich zugeben, dass mir Architekten mit ihrer Sprache manchmal ganz schön auf die Nerven gehen. Das ist, als würde man in der Musik nur mit Adorno sprechen. Grauenvoll! Das will doch niemand hören! Doch in diesem Fall hat die Kommunikation wunderbar geklappt. Wir haben uns gut zu verständigen gewusst.“

Planender Gesprächspartner Kuhns war das Wiener Büro Delugan Meissl Associated Architects (DMAA), das 2007 unter 15 Wettbewerbsteilnehmern als Sieger hervorgegangen war. Die von Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner geforderte Aufgabe war nicht einfach, galt es doch, dem von jeher unbeheizten und im Winter unbenützbaren Passionsspielhaus mit seiner einzigartigen Einbettung in die Natur und seiner ebenso einzigartigen Akustik einen ebenbürtigen Konterpart hinzustellen.

„Das alte Passionsspielhaus von Schuller scheint sich mit seinen weichen Formen in den Berg hineinzudrehen“, erklärt Sebastian Brunke, Projektleiter bei DMAA. „Unser Bau arbeitet auch mit dem Hang, bricht jedoch eher aus dem Bergmassiv heraus.“ Besonders stolz ist man auf das Farbspiel zwischen Schwarz und Weiß: „Es ist ein kontextualisiertes Spiel mit den Jahreszeiten“, so Brunke. „Im Sommer ist es das Passionsspielhaus, das aus der Landschaft hervorsticht, während das Winterhaus unauffällig vor dem dunklen Wald verschwindet. Im Winter, wenn der Schnee liegt, ist es umgekehrt.“

DMAA wäre nicht DMAA, hätte man den vielen Fassadenflächen nicht auch einen mathematisch-geometrischen Algorithmus übergestülpt. Das gesamte Gebäude ist mit dunkelgrauen Faserzementplatten verkleidet, die in zwei unterschiedlichen Formaten auf die Baustelle geliefert wurden. 14.000 Stück dieser viereckigen Puzzleteile, die man als Laie niemals in Verbindung zueinander bringen würde, gibt es insgesamt. Das Vexierspiel ist raffiniert. Ein bisschen erinnert die Struktur an gespaltenen Kalkstein.

Der Raumfluss gibt den Ton an

Ohne Schriftzug und ohne Pomp und Trara findet man mühelos den Weg ins Foyer. Die Architektur - und da würde sich Adorno wahrscheinlich gelangweilt abwenden - spricht eine klare und unmissverständliche Sprache. Nach 43 Stufen hat man das Innere erreicht: weiße Wände, heller Boden, dramatische Geometrie in allen Dimensionen. Hier kommen Delugan und Meissl so richtig auf Hochtouren und setzen die ihnen innewohnende Raumflussidee wie aus dem Effeff in die Realität um.

Trotz Raffinesse haftet dem Foyer etwas Karges, etwas Nacktes an. Ob man auf diese Weise dem unbeheizten, archaischen Schuller-Bau Reverenz erweisen wollte? „Karg? Also, ich weiß nicht so recht“, meint der Projektleiter bass erstaunt und lenkt korrektiv ein: „Lieber bezeichnen wir unsere Architektur als zeitlos elegant und schlicht.“ Ein Interpretationsschuss ins Leere also.

Weder schlicht noch leer, sondern durchaus von einer gewissen feierlichen Mächtigkeit getragen ist schließlich der Zutritt in den hölzernen Festspielsaal. „Es ist, als würde man ein Musikinstrument betreten“, sagt Gustav Kuhn. Entgegen dem weltweiten Trend, multifunktionale Säle für unterschiedliche Nutzungseventualitäten zu schaffen, hat man sich in Erl voll und ganz auf Opern und Konzerte konzentriert. Die Akustikplanung stammt von Bernd Quiring. „Ich halte nichts von diesen mittelmäßigen Mehrzwecksälen“, so Kuhn. „Wir haben hier klipp und klar einen Saal mit einer schönen, langen Nachhallzeit gefordert. Hier ist kein Platz für Sprechtheater und für Kongresse. Hier wohnt die Musik.“

An Boden, Wand und Decke ist gebeiztes Akazienholz verlegt, wobei Zuschauerraum und Bühne fast nahtlos ineinandergreifen. Kein Portal, kein Guckkasten, kein eiserner Vorhang trennt die Musizierenden von den Zuhörenden. Ein bisschen erinnert der Innenraum an einen auseinandergesägten und wieder neu zusammengefügten Geigenkasten. Aus den Spalten der zackigen Holzschuppen dringt gedämpftes LED-Licht. DMAA metaphoriert nicht ganz uneitel von einem „freigelegten Juwel“. Maestro Kuhn: „Akustisch in der Tat!“

Die Gesamtinvestitionskosten des neuen Festspielhauses, das den Erler Betrieb nun auch auf die kalte Saison ausweitet, belaufen sich auf 36 Millionen Euro. 20 Millionen davon stammen von der Haselsteiner-Familien-Privatstiftung, je acht Millionen schossen Land Tirol und Bund zu.

Mit einem jährlichen Heizwärmebedarf von 13 kWh pro Quadratmeter erreicht das Gebäude fast Passivhausstandard. Doch von den technischen Anstrengungen, die in dem fast 37 Meter langen Dachüberstand versteckt sind, ist nichts zu merken. Ganz im Gegenteil. Das Projekt zeugt nicht nur von einem befruchtenden Gespräch zwischen Architekten, Nutzern und Mäzen, sondern ist auch Beispiel für eine respektvolle und zugleich originelle Zusammenspannung von Gegenwart und Geschichte. So gesehen folgt die Arbeit von DMAA und Gustav Kuhn denselben Prinzipien.

[ Am 26. Dezember wird das neue Festspielhaus in Erl mit einem Konzertprogramm eröffnet. Im Anschluss daran werden Mozart, Bach, Verdi und Rossini aufgeführt. ]

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