Pläne

Details

Adresse
IJpromenade 1, 1031 KT Amsterdam, Niederlande
Mitarbeit Architektur
Philip Beckmann (Projektleitung), Sebastian Brunke, Alejandro C. Carrera, Ruben Van Colenberghe, Burkhard Floors, Gerhard Gölles, Daniela Hensler, Thilo Reich, Hendrik Steinigeweg
Bauherrschaft
ING – Real Estate
Weitere Konsulent:innen
Ausführungsplanung: Bureau Bouwkunde Rotterdam BV
Haustechnik: Techniplan Adviseurs BV, Rotterdam
Bauphysik: Peutz bv, Zoetermeer
Generalunternehmer: Bouwbedrijf M. J. de Nijs en Zonen BV
Wettbewerb
2005
Fertigstellung
2011
Eröffnung
2012

Links

Archfoto

Genereller introtext zu Archfoto der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

11. April 2012Roman Hollenstein
Neue Zürcher Zeitung

Weisser Lurch im alten Hafen

(SUBTITLE) Das neue Niederländische Filminstitut der Wiener Architekten Delugan & Meissl in Amsterdam

Trotz seiner hochbedeutenden Sammlung war das Niederländische Filminstitut in Amsterdam bisher nur Insidern ein Begriff. Nun hat das Museum am Nordufer des IJ ein neues Haus bezogen, das sein extravagantes Aussehen den Wiener Architekten Delugan & Meissl verdankt.

Trotz seiner hochbedeutenden Sammlung war das Niederländische Filminstitut in Amsterdam bisher nur Insidern ein Begriff. Nun hat das Museum am Nordufer des IJ ein neues Haus bezogen, das sein extravagantes Aussehen den Wiener Architekten Delugan & Meissl verdankt.

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31. März 2012Liesbeth Waechter-Böhm
Spectrum

Mehr als Popcorn und Cola

Amsterdam: Im Filminstitut Eye ist Kino endlich wieder ein kommunikatives und gesellschaftliches Erlebnis. Kosenamen erhält das neue Gebäude am Ufer des Flusses IJ von der Bevölkerung bereits jetzt.

Amsterdam: Im Filminstitut Eye ist Kino endlich wieder ein kommunikatives und gesellschaftliches Erlebnis. Kosenamen erhält das neue Gebäude am Ufer des Flusses IJ von der Bevölkerung bereits jetzt.

Die Amsterdamer lieben es schon jetzt, das neue Filminstitut Eye, das am Nordufer des Flusses IJ – man könnte von einer Doppelcodierung reden, denn auf Holländisch spricht sich der Fluss genauso aus wie das englische Auge – als neue Landmark die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das zeigen schon die liebevollen Kosenamen – Auster, Perle, Auster mit Perle und weißer Schwan –, mit denen das Haus wechselweise bedacht wird. Und es setzt ja auch wirklich einen Akzent, den dieses erst noch zu entwickelnde Stadtgebiet Amsterdams durchaus braucht. Früher war dort auf einem sehr weitläufigen Areal ein rigoros abgeschottetes Forschungszentrum des Shell-Konzerns, wovon heute noch ein Hochhaus, der sogenannte Overhoeks Tower, zeugt. Es steht ziemlich nah neben dem neuen Filmhaus, eingepackt in eine Werbefläche für Letzteres, und das ist gar nicht ungut. Irgendwie betont dieses vermeintlich brutalistische, in Wahrheit nichts als kommerzielle bauliche Rufzeichen die Qualitäten des Hauses von DMAA – Delugan Meissl Associated Architects – erst so richtig.

Wir befinden uns gegenüber des riesigen Zentralbahnhofs von Amsterdam (hier verkehren täglich 100.000 Menschen). Ununterbrochen transportieren Fähren – übrigens kostenlos – Passagiere über den Fluss, der Weg zum Gebäude ist ein Katzensprung. Zuvor hat man das Bild dieses weißen, flachen, kühn auskragenden Objekts schon einmal in sich aufgenommen. Und die Spitznamen der Amsterdamer haben sich ein erstes Mal bewahrheitet.

Die Architekten haben sich einen recht langen Weg ausgedacht, der ins Gebäude hineinführt. Man betritt es genau genommen in der ersten Etage, im Basement sind die Büros, auch Restaurierungswerkstätten etc. Aber wenn man diese lange Freitreppe erst einmal überwunden hat, dann kommt man schon einmal auf eine großartige Terrasse. Großartig und sehr groß, ein fantastischer Blick auf den Fluss und das Gegenüber bietet sich einem. Und groß geht es auch drinnen weiter. Eine solche räumliche „Verschwendung“ sieht man selten. Man kommt in eine Art riesiges Atrium mit sehr viel dunkel geöltem Eichenholz, das künftig Café, Bar, Restaurant enthalten wird, das Aufenthaltsraum ist – und auch geeignet für jedes und alles an temporären Events. Natürlich sind die Decken höhenmäßig verschnitten, das steigert sich von niedrig bis ganz hoch, da wächst auch einmal organisch aus einer ansteigenden Arenatreppe eine Bar heraus; man könnte sagen: Es wuchert, aber nach Regeln. Und das Ganze wird dann durch die wunderbaren Leuchtkörper von Olafur Eliasson – einem Serienprodukt von Zumtobel – atmosphärisch sehr effektvoll gesteigert.

Der Gedanke war, darüber hat Roman Delugan bei der Pressekonferenz ausführlich geredet, einen Raum zu schaffen, der so einladend ist, dass wir unsere schlechten Kinogewohnheiten wieder ablegen. Nicht einfach hineingehen mit Popcorn und Cola, herausgehen, und das war es. Nein, diese Räume schaffen den Rahmen für Kino als kommunikatives Erlebnis, auch als gesellschaftliches Event. Wieder anders mit Film umgehen, nicht wie Fernsehen in der Menge, das steckt hinter dem räumlichen Konzept. Es gibt vier Kinosäle, von denen einer relativ groß und auch als Premierenkino geeignet ist – 315 Plätze –, die anderen fassen 130 und der kleinste 67 Besucher. Da ist eine Sache, die mich nicht sonderlich überzeugt. Im alten Filminstitut, das in einer Villa im Vondelpark untergebracht war, gab es einen historisch dekorierten Vorführraum. Und den wollte man ins neue Gebäude übertragen. Das ging nicht, der Zustand der Substanz hat es nicht erlaubt. Herausgekommen ist eine zeitgenössische Interpretation, auf die man durchaus hätte verzichten können.

Im Übrigen sind die Kinos ganz normale Boxen. Gott sei Dank. Denn da geht es immer noch um die Filme, die gezeigt werden. Würde sich die Architektur zu viel Eigenwert anmaßen, es wäre definitiv falsch. Kubelka hat schon gewusst, wovon er redet, als er seine Blackbox propagierte. Und das haben die Architekten bei allen möglichen Ambitionen, die ihnen wichtig gewesen sein mögen, auch begriffen.

Das Haus fließt. Delugan will es nicht als Skulptur eingestuft wissen. Es ist ein Organismus, sagt er. Das ist natürlich Koketterie, es hat aber auch seine Richtigkeit. Man schlendert so durch, man wechselt die Ebenen, immer auch begleitet durch wechselnde Raumhöhen, die unheimlich schnittig zu sehr diversen Raumerlebnissen führen. Und in zwei Fällen, seitlich vom großen Saal, steht man sogar vor sehr schmalen, steilen Treppen, die scheinbar ins Nichts führen – aber nein, sie sind kein Gag für räumliche Zwickelrestflächen, dort geht es zur Vorführkabine. Das Bild eines Organismus hat jedenfalls eher seiner Richtigkeit als das einer – statischen – Skulptur.

Man sollte vielleicht noch erwähnen, was Eye, das absolut führende Filminstitut der Niederlande, leistet – und jetzt leisten kann. Sie haben immerhin 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche, die sie anlässlich der Eröffnung am 5. April auch entsprechend nutzen werden. Sie haben ein sehr intelligentes Konzept der Vermittlung. „Panorama“ nennt sich ein Bereich, wo man unter acht Themen anklicken kann, was einen interessiert, kurz hineinschauen, aber auch in einem weiteren Raum und eigens entwickelten, sehr nett designten gelben Boxen den Film auf Abruf ansehen kann. Es gibt sogar die entsprechende akustische Installation, um Stummfilme adäquat zu begleiten. Und natürlich ist alles da, um auch Kindern das Medium Film nahezubringen.

DMAA mussten sehr lange durchhalten, um ihr siegreiches Wettbewerbsprojekt realisieren zu können; nahezu acht Jahre, den Planungsauftrag haben sie 2005 erhalten. In dieser Zeit gab es einen Direktorenwechsel, was eine solche Projektentwicklung nie vereinfacht. Aber gut Ding braucht eben manchmal Weile. Und er ist wirklich gut geworden, dieser fast prototypische zeitgenössische Filmpalast – aus Amsterdamer Sicht vielleicht sogar eine späte Wiedergutmachung für die viel weniger glückliche, ebenfalls österreichische „Stopera“ des Wilhelm Holzbauer.

24. März 2012Wojciech Czaja
Der Standard

Cineplex für Cineasten

Was die einen liebevoll als „Auster“ und die anderen noch liebevoller als „weißen Schwan“ bezeichnen, wurde von den Marketingleuten des Museums schlicht und nüchtern EYE genannt.

Was die einen liebevoll als „Auster“ und die anderen noch liebevoller als „weißen Schwan“ bezeichnen, wurde von den Marketingleuten des Museums schlicht und nüchtern EYE genannt.

Szene eins. Hauptbahnhof Amsterdam, typische Feierabendhektik, am Ufer des Ij zischen Radfahrer und Bromfietser durchs Bild. Blick auf die Fähre. Die letzten Passagiere gelangen aufs Deck, die Rampe wird hochgeklappt, mit einem Ruck setzt sich das Schiff in Bewegung. Schwenk auf den leerstehenden Overhoeks Tower, besser bekannt als Shell-Hochhaus, die gesamte Fassade ist mit einem Werbebanner verhangen. Eine Möwe fliegt durchs Bild. Links davon taucht ein kantiges, weißes, hell beleuchtetes Ding auf. Abstrakte Erscheinung, dynamische Form, das Motiv macht neugierig. Und Schnitt.

Vorspann. EYE. Das neue Filmmuseum in Amsterdam. Ein Projekt des Wiener Büros Delugan Meissl Associated Architects (DMAA). „Die Erscheinung dieses Gebäudes fasziniert mich jedes Mal wieder“, sagt Architekt Roman Delugan, blickt genießerisch um sich, kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. „Es ist wie im Film. Es geht um bewegte Bilder. Doch in diesem Fall ist die Kamera nicht statisch, sondern befindet sich mitten in unserem Kopf und ist permanent in Bewegung. Und mit jedem Meter, den man sich bewegt, verändert sich der Bau, wird mal kräftiger und mal schlanker, mal höher und mal geduckter, mal offener und mal geschlossener.“

Vorgestern, Donnerstag, fand die Pressekonferenz für niederländische und deutschsprachige Medienvertreter statt. Während auf der Bühne große, pathetische Worte gesprochen wurden, waren im Hintergrund Bohrmaschine und Hammer zu hören. Noch muss ordentlich Hand angelegt werden. Die Arena aus Eichenparkett wird geschliffen, die letzten Blechpaneele werden montiert, Filmprojektoren und Videobeamer müssen millimetergenau kalibriert werden. Am 4. April wird das Bauwerk (Gesamtinvestitionsvolumen 30 Millionen Euro) in Anwesenheit von Königin Beatrix feierlich eröffnet.

Was die einen liebevoll als „Auster“ und die anderen noch liebevoller als „weißen Schwan“ bezeichnen, wurde von den Marketingleuten des Museums schlicht und nüchtern EYE genannt. Das Auge. Tatsächlich sind mit dem Blick in die Zukunft viele Hoffnungen verbunden. Einerseits soll der nationalen und internationalen Filmgeschichte endlich jener Respekt gezollt werden, der ihr gebührt. Andererseits soll damit ein längst in Vergessenheit geratenes Stadtviertel zu neuem Leben erweckt werden.

Ende der verbotenen Stadt

Jahrzehntelang machte sich hier der Mineralölkonzern Royal Dutch Shell breit, forschte und laborierte auf einem riesigen Areal, das für die Öffentlichkeit nicht zugänglich war. Der charakteristische, 20-stöckige Overhoeks Tower war das einzig sichtbare Signal nach außen. Mit dem Umzug auf ein kleineres Firmengelände im Norden wurde das Shell-Territorium leer und muss nun sukzessive dem organischen Gefüge der Stadt einverleibt werden. Ein großes Unterfangen. Die Errichtung des Filmmuseums - Grundstück und Haus sind Eigentum der ING Real Estate und werden nun für die Dauer von 25 Jahren an das Filmmuseum vermietet - war die Initialzündung. Weitere Projekte, die meisten davon Wohn- und Bürogebäude, befinden sich in Bau.

„Dieses Gebiet war für die Amsterdamer ein richtiges Tabu“, erinnert sich Sandra den Hamer, Direktorin des neuen EYE. „So gesehen bin ich sehr froh, dass wir die Ersten sind, die dafür sorgen werden, dass Menschen hierherkommen und dieses Stück Stadt nun langsam in Besitz nehmen werden.“ Die Ersten sind dieser Einladung bereits gefolgt, sitzen mit Hund und iPod am Kai oder arbeiten am Laptop.

Bis vor kurzem befand sich das Filmmuseum in einer schmucken Villa im Vondel-Park mitten in der Altstadt. Schon früh hatte man begonnen, alte Filme auszugraben, zu restaurieren und dem Publikum zugänglich zu machen. Dieser Pionierarbeit verdankt das Filmmuseum, dessen Sammlung sich mittlerweile auf 40.000 Filme beläuft, seine internationale Bedeutung. Ende 2009 erfolgte die Zusammenlegung mit Holland Film, mit der Filmbank und mit dem Netherlands Institute for Film Education. Zu viel Programm für so eine kleine Villa.

„Die Situation ist heute ganz anders“, sagt den Hamer. "Wir haben vier Kinosäle, darunter einen Premierensaal für 350 Zuschauer, einen großzügigen Ausstellungsraum und diverse interaktive Zuschauerbereiche für Kinder und Erwachsene. Damit haben die Amsterdamer Cineasten ein neues Zuhause. Und wenn bis Ende des Jahres alle holländischen Kinos auf Digitalbetrieb umgestellt werden, wird das EYE das einzige Kino der Niederlande mit klassischen Projektoren für 35- und 70-Millimeter-Filme sein.

Doch der größte Erfolg von DMAA, die 2005 als Sieger aus einem internationalen Bewerbungsverfahren hervorgegangen sind, ist die hölzerne Arena mit Blick auf die Stadt. Café und Bar, hunderte Sitzkissen auf den Stiegen und die dramatischen Deckenlampen des dänisch-isländischen Künstlers Olafur Eliasson sollen diesen Raum, der entgegen der ursprünglichen Ausschreibung von DMAA quasi als Bonustrack mitgeliefert wurde, schon bald zu einem Hotspot für Stadtflaneure und Cineasten machen. Sogar der nationale TV-Sender VPRO hat bereits Interesse bekundet und will hier Talkshows und Life-Debatten drehen.

Kein Popcorn, kein Cola

„Im klassischen Filmbetrieb kauft man Popcorn und Cola, sitzt dann zwei Stunden in einer Black- Box und wird nach der Projektion an der Rückseite des Gebäudes wieder auf die Straße entlassen“, erzählt Delugan. „Das ist deprimierend. Wir wollten daher bewusst einen Treffpunkt für die Bevölkerung schaffen, wo man sich danach auf ein Gin Tonic zusammensetzen und über den Film reden kann.“ Man hört bereits die Gläser klirren.

Genau das ist die Stärke dieses Hauses. Wäre das eine Filmkritik, würde hier nun stehen: Das Drehbuch ist spannend geschrieben und reagiert auf aktuelle gesellschaftliche und kulturpolitische Umstände, die Charaktere sind präzise ausgearbeitet, das Setting ist perfekt gewählt. Und die ersten Szenen sind vielversprechend. Doch in der zweiten Hälfte des Films geht den Protagonisten die Luft aus.

Kaum hat man die Arena verlassen und begibt sich in die Ausstellungs- und Filmvorführräume, wird es banal. Lange Gänge, rechteckige Kinoschachteln, VIP-Lounge ohne Herz und Charme. Von Film und Kino, von „Lichtmalerei“ und „räumlicher und architektonischer Illusion“, von der Roman Delugan gesprochen hat, von dieser für Delugan Meissl so typischen, geschmeidig geilen Raumflussarchitektur fehlt jede Spur. Räumliche Interaktion von Film und Architektur, die sehr spannend hätte werden können, sucht man vergeblich. Leider.

Es ist kein Zufall, dass der Architekt mehr über das neue Signal am anderen Ufer, mehr über die visuelle Erscheinung des Bauwerks, mehr über die Choreografie der Funktionen als über die Kinosäle und Ausstellungsräume spricht. Das ist schon okay. Um den kulturellen Erfolg des EYE braucht man sich ohnehin keine Sorgen zu machen.

Letzte Szene. „Das Filmmuseum an dieser neuralgischen Stelle gegenüber der Altstadt ist für mich vor allem ein Spiel mit Licht und Reflexion“, sagt Roland Delugan aus dem Off. Und beschreibt damit jene Stimmung, die man in den Innenräumen bisweilen vermisst. „Ich glaube, das hängt mit dieser speziellen Amsterdamer Lichtsituation und der hohen Luftfeuchtigkeit zusammen. Manchmal verschwindet das Gebäude im Dunst, und manchmal taucht es wie aus dem Nichts wieder auf.“ Abspann.

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