Details

Adresse
Hauptstraße 2, 4040 Linz, Österreich
Mitarbeit Architektur
Dejan Kokanovic, Claire Jones, Steffi Scheffknecht, Thomas Schrittwieser
Planungsvorgänger
Walter Hans Michl, Klaus Leitner
Bauherrschaft
Stadt Linz
Tragwerksplanung
FCP
Maßnahme
Erweiterung, Umbau
Wettbewerb
2006
Planung
2006
Ausführung
2007 - 2008

Preise und Auszeichnungen

2010 International Architecture Award
2009 Civic Trust Award: City of Culture Award
Architekturpreis „vis-à-vis“ 2009, Auszeichnung

Publikationen

Archbau

Genereller introtext zu Archbau der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

20. März 2009Norbert Mayr
TEC21

Leuchtendes Schiff

2009 teilt sich Linz mit der litauischen Hauptstadt Vilnius den Titel «Kulturhauptstadt Europas». Schon länger will die Kommune an der Donau ihr Image als Schwerindustrie-Standort loswerden und sich als eine technologie- und wissensbasierte Industriestadt positionieren. Da kommt die Aufwertung des Ars Electronica Center mit einer grosszügigen Erweiterung gelegen. Die Medienfassade am Neubau wurde mit LED-Leuchten erstellt und gilt mit ihren 5000 m² als die derzeit grösste in Europa.

2009 teilt sich Linz mit der litauischen Hauptstadt Vilnius den Titel «Kulturhauptstadt Europas». Schon länger will die Kommune an der Donau ihr Image als Schwerindustrie-Standort loswerden und sich als eine technologie- und wissensbasierte Industriestadt positionieren. Da kommt die Aufwertung des Ars Electronica Center mit einer grosszügigen Erweiterung gelegen. Die Medienfassade am Neubau wurde mit LED-Leuchten erstellt und gilt mit ihren 5000 m² als die derzeit grösste in Europa.

Anfang Januar 2009 wurde die Erweiterung des Ars Electronica Center (AEC) eröffnet. Das AEC beschäftigt sich seit 30 Jahren mit den Veränderungen, Wechsel- und Folgewirkungen zwischen Kunst, Technologie und Gesellschaft. So thematisieren Künstlerinnen und Künstler die fortschreitende Technologisierung unseres gesellschaftlichen Alltags. Die Plattform für digitale Kunst und Medienkultur veranstaltet jeden Spätsommer ein avantgardistisches Festival und einen Wettbewerb. Ein Medienkunst-Labor soll künstlerische Kompetenzen für Forschung und Industrie zugänglich machen, das «Museum der Zukunft» besitzt nun 3000 m² Ausstellungsfläche.

2006 fand der zeitlich knapp organisierte Wettbewerb statt. So reichten von den 150 interessierten, teilweise internationalen Büros nur 38 einen Beitrag ein. Zwei getrennte, unterschiedlich grosse bebaubare Bereiche für das beachtliche Raumprogramm waren festgelegt, um dazwischen den Blick auf die Häuserzeile an der Kirchengasse zu sichern (Abb. 04). Der Wiener Architekt Andreas Treusch verstand es in seinem Siegerprojekt, innerhalb dieses engen Korsetts eine skulpturale, schiffartige Lösung mit einem in die Topografie eingegrabenen Verbindungselement anzubieten. Mit der Vergrösserung des AEC von 2500 auf rund 6500 m² erhielt der dem mächtigen Rathauskomplex gegenüberliegende Brückenkopf einen städtebaulich angemessenen Akzent. Zum Kunstmuseum Lentos auf der anderen Donauseite tritt der Neubau mit seiner verwandten kristallinen und beleuchteten Glasfassade in Dialog (Abb. 10).

Treusch ergänzte den Bestand von 1996 über eine gebäudehohe Halle mit einem neuen Trakt. Eine doppelschalige Fassade mit hinterleuchteter, teils transparenter, teils matter Glashülle umschliesst die Volumina zu einer neuen Einheit. Über ein grosszügiges Foyer betritt man das Gebäude (Abb. 12), das ein über die Öffnungszeiten des Museums hinaus zugängliches Café-Restaurant und einen Dachgarten beherbergt.

Unterirdisch dockt die Ausstellungshalle «Main Gallery» an, die vom AEC selbst gestalteten vier Laboratorien BrainLab, BioLab, RoboLab und FabLab laden die Besucherinnen und Besucher zur aktiven und kreativen Auseinandersetzung ein. Über dem neuen «Museum der Zukunft» befindet sich das «Main Deck», und die Kirchengasse wurde zum attraktiv bespielbaren, öffentlich zugänglichen Platz erweitert. Dieser geht in die Sitzarena des «Upper Deck» am Ende des Gebäudeensembles über. Unterhalb des begehbaren Daches des zweiten Baukörpers – er schiebt sich etwas ignorant vor die barocke Stadtpfarrkirche Urfahr – befinden sich Labors und Werkstätten.

RGB-W-Grosspixel lassen Gussglas strahlen

Der Zeitplan zur Realisierung der Erweiterung war sehr knapp bemessen, die Anfang 2006 veranschlagten Kosten von 16 Millionen Euro wuchsen auf knapp 30 Millionen. Ein besonderes Merkmal des Baus, die im Wettbewerb vorgeschlagene Leuchtdiodenfassade, sollte konventionellen, weissen Leuchtstoffröhren weichen. In letzter Minute ermöglichte der Innovationsschub bei den LED eine Medienfassade mit roten, grünen, blauen und weissen (RGB-W) Highpower-LED für rund 820 000 Euro. Weisse Leuchtstoffröhren hätten die Hälfte gekostet, weisse LED knapp 500 000 Euro.

Die Farbenpracht der Musterbeleuchtung überzeugte die Stadt. Hinzu kommt die Energieeffizienz. Die Planer sprechen von einer jährlichen Ersparnis von rund 38 000 Euro durch niedrigere Energiekosten und geringeren Wartungsaufwand. In der Dämmerung werden die LED auf 100 Prozent geregelt, im nächtlichen Normalbetrieb hingegen reichen rund 20 bis 30 Prozent der Energie oder durchschnittlich drei bis fünf Kilowatt, um für Betrachter den gleichen Effekt zu erzeugen.Die Medienfassade mit 40 000 LED und 5000 m² gilt als die grösste Europas. Gussglas wurde ausgewählt, da sich darin im Gegensatz zum herkömmlichen Industrieglas das Licht gleichförmiger ausbreitet (Abb. 11). Die Lichtplaner entwickelten spezielle LED-Lichtleisten für die 1100 Glasscheiben. Sie wurden hinter jede Glasscheibe vertikal – vor dem Betrachter versteckt – montiert und projizieren seitlich das Licht in die Glasplatte. Jede einzelne bildet mit 3 m Breite und 1.20 m Höhe ein Pixel. Die gegenüber Leuchtstoffbalken unvergleichbar kompakteren Leisten sind je nach dem zu beleuchtenden Glas mit bis zu 48 Highpower-LED bestückt, die aufgesetzten Spezialoptiken verteilen das Licht auf der Glasscheibe möglichst homogen. Jeweils 10 000 LED strahlen in den Farben Rot, Grün, Blau und Weiss. Vier Kanäle pro Lichtleiste bedeuten 4400 Kanäle, die ein Bussystem (Artnet, DMX) – regelbar zwischen 0 und 100 Prozent – ansteuert. Helligkeit und Farbmischung jeder Scheibe sind einzeln steuerbar und ermöglichen Muster oder homogene Farbverläufe.

Wechselnde Lichtkunstwerke an der Fassade

Bei der Eröffnung am 2. Januar 2009 spielte der vom AEC beauftragte New Yorker Künstler Zachary Lieberman in die Schnittstelle der Fassadensteuerung eine besondere Produktion ein. Auch das seither gezeigte Lichtkunstwerk stammt von ihm. Trotz Ähnlichkeiten bei der Wiederholung des Programms handelt es sich um keine (Endlos-)Schleife, weil Lieberman in Reverenz an Johannes Kepler – der Astronom und «Mathematicus» lehrte bis zur Protestanten vertreibung 1626 in Linz – in das Lichtkunstwerk aktuelle Planetenbahnen und Sonnenaktivitäten integrierte.1 Letztere huschen immer wieder über das Gebäude, das täglich von der Dämmerung bis über Mitternacht bespielt wird. Nach Liebermans reaktiver Konzeption will Gerfried Stocker, der künstlerische Leiter des AEC, künftig Künstler zu interaktiven Bespielungen einladen.[2] Die Möglichkeiten sind vielfältig, wie der Vergleich mit dem 2003 eröffneten Kunstmuseum Lentos zeigt. Die Zürcher Architekten Weber & Hofer haben ihm eine Hülle aus Glas gegeben. Die in der Unterkonstruktion integrierten, dimmbaren Leuchtstoffröhren können unterschiedlich hell von Blau bis Rot mit Magenta in der Mitte leuchten. Gelb, Grün oder Weiss können nicht generiert werden, da dafür zusätzlich grüne Leuchtstoffröhren notwendig wären. Nichtsdestotrotz war 2003 das spannende «Spiel mit Farbe und Kubatur des Leuchtkörpers und Chamäleons» der Anspruch.

AEC und Linz präsentieren sich selbstbewusst

Zwischen der mit Leuchtstoffröhren beleuchteten Fassade des Kunstmuseums und der LED-Fassade des AEC ist die Entwicklung im Bereich der Leuchtmittel deutlich zu erkennen. Jede einzelne Leuchtdiode im AEC reagiert millisekundenschnell, sodass selbst fliessende Bewegungen und Farbverläufe optimal umgesetzt werden können. Mit der Errichtung des Leuchtkörpers, der sich in der Donau spiegelt und sich in der Nachtsilhouette von Linz selbstbewusst präsentiert, sieht Stocker auch die Chance für das AEC, «sich neu zu erfinden». Wesentlich ist für Stocker das «Weitergehen» über den Bereich der Informationsund Kommunikationstechnologie hinaus, in Bereiche wie Neurosciences und Molekularbiologie. Das seien die Themen im Bereich Wissenschaft und Technologie, bei denen die stärksten gesellschaftlichen und kulturellen Auswirkungen zu erwarten sind. Heutzutage sei es möglich, den menschlichen Körper, das Gehirn, das Innere von der DNA bis zum Gedanken sichtbar zu machen. Die aktuelle Ausstellung «Neue Bilder vom Menschen» zeigt auf 4000 m² die Wissenschaften vom Leben. Die Zukunft wird neue Facetten bringen, die das gläserne Leuchtschiff beherbergen kann.


Anmerkungen:
[1] Dazu wurden Daten des NASA/ESA-Solar und des heliosphärischen Observatoriums verarbeitet
[2] Der deutsche Mediengestalter Joachim Sauter unterscheidet autoaktiv, reaktiv, interaktiv und partizipativ gestaltete Medienfassaden



verknüpfte Zeitschriften
tec21 2009|12 Lichtfarbenspiel

30. Dezember 2008Wojciech Czaja
Der Standard

Ein Bild mit 40.000 Pixeln

Die LED-Fassade des Ars Electronica Centers dient Künstlern als Ausstellungsfläche

Die LED-Fassade des Ars Electronica Centers dient Künstlern als Ausstellungsfläche

Auffälligstes Merkmal des neuen Ars Electronica Centers sind die Leuchtdioden (LED) an der Fassade. Dass die Medienfassade in dieser Form überhaupt realisiert werden konnte, ist ein Wink der Zeit. Steckte die LED-Technologie vor einigen Jahren noch in den Kinderschuhen, ist sie nun ausgereift - und um ein gutes Stück erschwinglicher. Mit knapp 500.000 Euro belaufen sich die Kosten für die Hochleistungs-LEDs auf die Hälfte des ursprünglich angenommenen Werts.

„Wir haben mehrere Materialversuche gemacht und einige Prototypen dieser Stahl-Glas-Fassade gebaut“, erklärt der Wiener Architekt Andreas Treusch. „Es hat sich herausgestellt, dass wir die besten Ergebnisse mit Gussglas erzielt haben.“ Im Gegensatz zu herkömmlichem Industrieglas breite sich das LED-Licht im Gussglas besser und gleichförmiger aus.

Das Licht, das innerhalb einer einzigen Millisekunde seine Farbe ändern kann, wird mittels sogenannter LED-Leisten seitlich in die Glasplatte projiziert. Jede einzelne Glasscheibe mit drei Meter Breite und 1,20 Meter Höhe ist dabei ein Pixel. Während bei den meisten Bauwerken die LED-Pixel immer kleiner werden, wird die eingesetzte Technologie am AEC beinahe ironisch eingesetzt. Treusch: „Mir gefällt die Größe der Pixel unheimlich gut. Ich denke, dass das grobe Erscheinungsbild den Charakter des Gebäudes unterstreicht.“

Wechselnde Installationen

Wer liefert die Software? „Wahrscheinlich werden wir eine Grundbespielung für die Fassade ausarbeiten“, erklärt der Architekt, „die Basisprogrammierung soll sehr ruhig und unauffällig sein. Nur so können wir sicherstellen, dass sich die Wirkung der Medienfassade nicht schon nach wenigen Wochen erschöpft hat.“

Vor allem aber dient die Fassade den Künstlern und Kuratoren. Abgestimmt auf die jeweilige Ausstellung im AEC, werden sie die Hülle des Gebäudes nutzen, um sich auch im Außenraum bemerkbar zu machen. Zur Eröffnung des Ars Electronica Centers am 2. Jänner wird der New Yorker Künstler Zachary Lieberman seine Lichtinstallation über das Haus stülpen. 40.000 Leuchtdioden werden unter seiner Regie aufflackern.

30. Dezember 2008Anne Katrin Feßler
Der Standard

Laboratorien mit Donaublick

Beginn einer neuen Ära: Die Life-Sciences – Neurowissenschaften und Molekularbiologie – lösen Themen wie digitale Netze und Communitys im AEC ab

Beginn einer neuen Ära: Die Life-Sciences – Neurowissenschaften und Molekularbiologie – lösen Themen wie digitale Netze und Communitys im AEC ab

„Das neue Gebäude markiert in gewisser Weise auch den Eintritt in eine neue Epoche“, freut sich Gerfried Stocker, seit 1996 künstlerischer Leiter der Ars Electronica in Linz. Das mit 2. Jänner in Betrieb gehende umgebaute Ars Electronica Center, kurz AEC, sei Anlass und auch Chance „sich neu zu erfinden“ . Für eine inzwischen doch schon 30 Jahre alte Einrichtung sei das relativ wichtig, fügt Stocker schmunzelnd hinzu.

Die Turbulenzen der letzten Wochen um die kolportierten Schulden der Ars Electronica, die angebliche Pleite und den Abgang des Geschäftsführers, der inzwischen interimistisch neu besetzt wurde, hat Stocker die Vorfreude auf das neue Haus allerdings nicht vergällt. „Das Gute ist, wir sind so mit dem Aufbau unserer Ausstellungen beschäftigt, dass man gar nicht so viel zum Zeitungslesen kommt.“

Statt wie bisher 2000 stehen nun zwar insgesamt 6500 Quadratmeter zur Verfügung, am Grundkonzept des 1996 als Ergänzung zum Festival errichteten AEC ändert das jedoch nichts. „Kunst, Technologie und Gesellschaft“ lautet von jeher der Subtitel der Ars Electronica, woraus sich Aufgabe und Ziel, und zwar die kulturellen gesellschaftlichen Auswirkungen neuer Technologien und Wissenschaften zu reflektieren, ableitet. Seit der Gründung des AEC 1996 ging es stets darum, „im Gegensatz zum kunstorientierten und durchaus auch avantgardistischen experimentellen Festival, eine edukative didaktische Aufgabe zu übernehmen“ und die Diskussionen, die beim Festival im Kleinen stattfinden, auf eine breitere Basis zu stellen - „ein Auftrag, der nach wie vor volle Gültigkeit hat.“

Sich neu erfinden

Neu erfunden hat sich das AEC nicht bei Motiven und Motivationen, sondern bei den Themen. Wesentlich ist für Stocker dabei das „konsequente Weitergehen über den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie hinaus, in Bereiche wie Neurosciences und Molekularbiologie. Das sind die Themen im Bereich Wissenschaft und Technologie, bei denen die stärksten gesellschaftlichen und kulturellen Auswirkungen zu erwarten sind.“

Die Periode, in der primär Computer, Netze und digitale Communitys die Diskussionen dominierten, ist vorbei. Jetzt gilt es, den Bereich der modernen Life-Sciences ernst zu nehmen. Gesagt, getan: Humphrey, der beliebte Flugsimulator auf dem Cyberdeck, wurde ebenso eingemottet wie alle anderen Projektinstallationen. „So überraschend neu sind diese Themen für die Ars Electronica ja auch nicht“ , räumt Stocker ein. 1993 hieß es Genetische Kunst - Künstliches Leben, 1999 titelte man Life Science, 2000 thematisierte man mit Next Sex die Reproduktionsmedizin. „Bestimmte Entwicklungen zeichnen sich in den künstlerischen Experimentallabors von Festival und Prix Ars Electronica ab, und nach deren Verdauung schlägt sich das auch auf das nieder, was im AEC gemacht wird.“

Ganze 4000 Quadratmeter Platz widmet das neue AEC den Ausstellungen zu den Life-Sciences, den Wissenschaften vom Leben, die unter dem Titel „Neue Bilder vom Menschen“ gebündelt werden. Stocker: „Wir können unseren Körper, unser Gehirn, unser Inneres von der DNA bis zu unseren Gedanken sichtbar machen. Wir können neue Bilder vom Menschen herstellen und zeigen, sie über die neuen Medien millionenfach verbreiten.“ Mittlerweile sind Bilder, die bis vor wenigen Jahren noch ausschließlich den Wissenschaftern vorbehalten waren, populär geworden. Man sieht sie im Fernsehen, im Internet, in Magazinen.

Wissenschaft und Religion

In der Kombination aus der Wissenschaftlichkeit der Bilder vom Menschen und ihrer Popularität sieht Stocker den verändernden Effekt auf unser Weltbild: „Die Wissenschaft ist zum Leitmotiv unserer Zeit geworden. Mit Recht diskutiert man, dass die Wissenschaft in vielerlei Hinsicht die Religion abgelöst hat.“

Der Kern von Neue Bilder vom Menschen befindet sich in der Main Gallery, die im Rumpfteil der schiffsähnlich anmutenden AEC-Architektur untergebracht ist. Vier Laboratorien - BrainLab, BioLab, RoboLab und FabLab - laden zur aktiven und kreativen Auseinandersetzung ein. Beobachtend und interaktiv führt man dort in Denk- und Bildwelten der modernen Life-Sciences ein und lässt die Besucher eigene Erfahrungen machen - zum Beispiel jene des Klonens. Stocker: „Pflanzen zu klonen ist selbstverständlich und im Vergleich zum Klonen von Säugetieren ethisch harmlos und auch technisch relativ einfach. Trotzdem bringt es die Leute ganz nahe an die entscheidenenden ethischen Fragen, an die Umsetzung von Wertvorstellungen.“

Auch wenn im AEC nun etwa visualisiert wird, wie Wahrnehmung, Emotionen und Intelligenz funktionieren, ist das AEC kein Wissenschaftsmuseum geworden. „Wir erklären keine Wissenschaft“ , hält Stocker fest. „Wir haben auch früher nie erklärt, wie eine Harddisk oder wie eine Maus funktioniert, sondern es ging immer wieder darum: Wie verändert eine Entwicklung unser Leben?“

Die Schwierigkeit sei, diese Dualität von Kunst und Wissenschaft, das Dazwischen und ihre Verschmelzung zu beschreiben. Auf mehr Fläche werde das nun besser gelingen, ist Stocker überzeugt, dem die Erweiterung auch die Möglichkeit gibt, das Festival „eine Spur größer“ umsetzen zu können. Mit drei kleinen Konferenzsälen gebe es nun auch im Haus technisch adäquate Räume für die vielen kleineren themenspezifischen Meetings jenseits des großen Symposions, das weiterhin im Brucknerhaus stattfinden wird.

Besondere Freude bereiten Stocker die 1000 Quadratmeter für das Futurelab. Im bisher stets ausgelagerten Thinktank der Ars Electronica inspirieren sich künstlerische und technologische Innovation wechselseitig. Mit dem Umzug geht auch eine Öffnung der Labors einher: Über den ProjectSpace präsentiert sich das Futurelab inhaltlich, Fenster zur Donau sorgen für noch mehr Transparenz: „Die Räume gewähren direkten Blick auf die Donau. Dieser Sprung in der Arbeitsqualität hat sicher großen positiven Einfluss auf das kreative Arbeiten in diesen Labors.“

30. Dezember 2008Wojciech Czaja
Der Standard

„Ausstellungen für die ganze Stadt“

Nur kein zweites Kunsthaus Graz. Das Ars Electronica Center sei nicht nur eine Skulptur, sondern ein Apparat für die Stadt - Architekt Andreas Treusch im Gespräch

Nur kein zweites Kunsthaus Graz. Das Ars Electronica Center sei nicht nur eine Skulptur, sondern ein Apparat für die Stadt - Architekt Andreas Treusch im Gespräch

Standard: Stress gehabt vor der Eröffnung?

Treusch: Es war eine anstrengende Zeit. Weder für die Entscheidungsträger noch für die Planenden und Ausführenden war es ein leichtes Projekt, denn der Zeitplan war sehr knapp bemessen. Schön, dass es uns gelungen ist, doch noch im Rahmen zu bleiben.

Standard: Das AEC hätte ursprünglich schon im Herbst fertig sein sollen. Warum die Verspätung?

Treusch: Herbst 2008 war der alte Stand. Doch wir haben immense Probleme mit dem Grundwasser gehabt und mussten den Zeitplan ändern. Die Baugrubensicherung und das Abpumpen des Wassers waren aufwändig, das hat mehr Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich geplant. Dennoch: Die Eröffnung am 2. Jänner ist der perfekte Auftakt für Linz 2009.

Standard: Was kann das neue AEC, was das alte nicht konnte?

Treusch: Das neue Center ist vor allem ein städtebaulicher Schlussstein für den Bezirk Urfahr. Direkt neben der Brücke gibt es nun einen neuen Platz für die Öffentlichkeit. Nicht unwesentlich ist die Größe des Gebäudes. Wir haben die Fläche des AEC in etwa verdreifacht. Die bisherigen Säle wurden vergrößert, neue Ausstellungsflächen sind hinzugekommen. Außerdem gibt es ein Future-Lab sowie ein eigenes VR-Theater für Virtual-Reality-Aufführungen. Damit das Alte und das Neue nicht wie ein Stückelwerk aussieht, haben wir über alle Bauteile eine neue, homogene Schicht gezogen. Die Glasfassade ist damit eine Hülle, aber auch eine Kommunikationsfläche nach außen. Je nach Programmierung kann sie von Künstlern und Kuratoren für visuelle Effekte bzw. als mediale Plattform genutzt werden.

Standard: Das AEC bezeichnet sich als Interface zwischen Kunst, Technologie und Gesellschaft. Welchen Beitrag leistet die Architektur?

Treusch: Das AEC ist für mich das absolute Gegenbeispiel zum Kunsthaus Graz. Es ist nicht nur eine architektonische Skulptur, sondern auch ein Apparat für die Stadt. Ein Beispiel für das Interface: Entlang der gesamten Fassade gibt es unzählige Datenpunkte, die einzeln gesteuert bzw. angespeist werden können - mitsamt Datenquelle und elektrischem Anschluss. Wer auch immer die Fassade für mediale und künstlerische Installationen nutzen möchte, der kann das ohne weiteres tun. Die Infrastruktur ist vorhanden. Von einer derartigen Ausstellung an der Fassade profitiert nicht nur der Besucher, der eine Eintrittskarte löst, sondern jeder einzelne Passant in Sichtweite des Gebäudes.

Standard: Das Lentos war das erste Bauwerk am Donauufer mit einer Medienfassade. Das AEC, das an der Fassade ebenfalls auf Medientechnologie setzt, steht fast vis-à-vis. Dialog oder Konkurrenz?
Treusch: Beides.

Standard: Weil?

Treusch: In erster Linie ist es ein Dialog. Hier stehen sich zwei Lichtskulpturen gegenüber, die auf beiden Seiten der Donau jeweils eine Art Leuchtturm sind. Aber natürlich ist das AEC komplexer und vielschichtiger. Die Technologie am AEC ist jünger und somit auch zwangsweise besser.

Standard: Wie innovativ sind die verwendeten Materialien?

Treusch: Ich würde sagen: Die Materialien sind klassisch, aber dafür konsequent eingesetzt. Die Fassade ist eine Stahl-Glas-Konstruktion, wobei vor allem das Glas in den Vordergrund tritt. Einmal ist es durchsichtig, ein anderes Mal transluzent. Innen gibt es für die ruhenden Bereiche Sichtbeton-Oberflächen. Und in den Erschließungsbereichen haben wir lackierten Stahl verwendet. Alles, was mit Bewegung zu tun hat - also Stiegen, Brücken und Rampen -, ist in knalligem Gelb gehalten.

Standard: Warum gerade Gelb?

Treusch: Gelb ist eine vitale Farbe, vor allem rührt der Farbton aber wahrscheinlich von unseren Flughafen-Projekten her. Gelb ist die Farbe von Danger- und Watch-out-Areas. Die Farbe macht aufmerksam und neugierig. Man kann sie gar nicht übersehen. Wir wollten damit eine gewisse Aktivität ausstrahlen. Mit anderen Worten: Es tut sich was, alles ist im Fluss.

Standard: Sie könnten also damit leben, wenn das AEC in fünf Jahren völlig anders aussieht als heute?

Treusch: Eine tückische Frage! Das Gebäude ist, wie es ist. Man kann davon ausgehen, dass es in fünf Jahren nicht wesentlich anders aussehen wird. Aber Details werden sich natürlich ändern. Nicht zuletzt ist es der Bauherr und Nutzer, der das Sagen hat. Aber ich gebe ehrlich zu: Ich würde nur ungern zusehen, wenn die Betonwände mit Plakaten zugeklebt werden oder wenn die gelben Stahlelemente plötzlich umlackiert werden. Ich bin der Meinung, dass es uns gelungen ist, einen maßgeschneiderten und perfekt sitzenden Anzug fürs AEC zu entwerfen. Ich denke, dass das architektonische Angebot die richtige Funktion abdeckt und von den Nutzern eigentlich nur noch wahrgenommen und genutzt werden muss. Es wäre nicht sinnvoll, mit Gewalt nach neuen Formen und Funktionen zu suchen. Einen roten Ferrari verwenden Sie ja auch nicht für den Möbeltransport in die neue Wohnung.

Standard: Ein wichtiger Bestandteil des neuen AEC ist die öffentliche Terrasse. Warum soll das Publikum gerade hierherkommen?

Treusch: Diese Thematik haben wir mit der Stadt lange erläutert. Im Wesentlichen handelt es sich natürlich um eine Terrasse für die Öffentlichkeit. Man darf aber nicht außer Acht lassen: Faktisch ist diese Terrasse das Dach eines Gebäudes und somit Grundstücksbesitz des Ars Electronica Centers. Die Stadt hat mit dem AEC gewisse Nutzungsrechte erwirkt, und ich bin sehr froh, dass das geklappt hat. Und zur Nutzung: Auf dem Main Deck gibt es vorinstallierte Fundamente für Bühnenaufbauten, und der gesamte Platz ist mit Lkw befahrbar. Von der Statik und Infrastruktur her ist also alles für größere Veranstaltungen ausgelegt. Ich nehme an, dass sich früher oder später auch ein Kino unter Sternen ansiedeln wird. Ansonsten ist das einfach nur eine Aussichtsterrasse für die Stadt - mitsamt Ostermarkt- und Kirtag-Potenzial.

Standard: Und im Winter?

Treusch: Im Winter wird es Punschstände geben. Die kommen ganz von allein, ohne dass man sich darum bemühen muss.

Standard: Das AEC ist das erste Bauwerk, das im Kulturhauptstadt-Jahr eröffnet wird. Welche Bedeutung hat der Status „Europäische Kulturhauptstadt“ für Sie?

Treusch: Für uns war es eine große Herausforderung, fertigzuwerden. Insofern bin ich glücklich, dass das Kulturjahr nun endlich beginnen kann. Ich freue mich, dass ich mit meinem Team einen großen Beitrag für Linz09 liefern konnte. Und was das sonstige kulturelle Angebot betrifft, bin ich schon sehr neugierig.

Standard: Welche persönliche Erwartung hegen Sie an Linz09?

Treusch: Es waren teilweise sehr mutige Schritte, die hier gesetzt wurden. Daher würde ich mir wünschen, dass sich die finanziellen und intellektuellen Anstrengungen für die Stadt und für die Region in jeder Hinsicht gelohnt haben.

07. September 1996Christian Kühn
Spectrum

Im Schatten der Blue box

Klaus Leitner und Walter Michl haben in Linz das Ars Electronica Center errichtet, das zugleich ein Museum der Zukunft sein will. Kann es diesem Anspruch gerecht werden?

Klaus Leitner und Walter Michl haben in Linz das Ars Electronica Center errichtet, das zugleich ein Museum der Zukunft sein will. Kann es diesem Anspruch gerecht werden?

Es hätte eigentlich keine Attraktion werden sollen: Als Klaus Leitner und Walter Michl 1988 als Sieger aus dem städtebaulichen Wettbewerb für den Linzer Stadtteil Alt-Urfahr-Ost hervorgingen, hatten sie an der markantesten Stelle ihres Projekts ein öffentliches Gebäude mit kultureller Nutzung vorgeschlagen. Seine zurückhaltende Form ergab sich aus dem städtebaulichen Gesamtkonzept: Als integrierter Bestandteil einer langgestreckten, fast bis an den Brückenkopf der Nibelungenbrücke geführten Zeile aus Büro- und Geschäftshäusern sollte es seine besondere Rolle nur zur Flußseite hin ausspielen. Hier schlugen die Architekten im obersten Stock ein nach drei Seiten verglastes Café unter einem leicht geschwungenen Dach vor, mit Panoramablick über die Donau auf den gegenüberliegenden Stadtkern von Linz.

Soweit das grobe Konzept, das von Anfang an feststand. Die erste konkrete Planung entwickelten Leitner und Michl in der Annahme, daß die Linzer Neue Galerie hier ihre graphische Sammlung zeigen würde. Unter dem Dachcafé wurden zwei völlig geschlossene Ausstellungsebenen vorgesehen, die sich nach außen als massiver, auf Stützen über einem verglasten Eingangsfoyer schwebender Block abzeichnen sollten.

Auch dieses transparente Foyer ergab sich vor allem aus städtebaulichen Überlegungen: Die andere Seite des Brückenkopfes wird vom neuen Linzer Rathaus gebildet, einem Bau aus den frühen achtziger Jahren, der in mehreren Stufen träge dem Donauufer entgegenzufließen scheint. Die neue Bebauung sollte dagegen dem Straßenraum eine klare Kontur geben, zugleich aber eine Sichtverbindung zum revitalisierten Teil von Alt-Urfahr-Ost herstellen: Deswegen gibt es einen großen Durchbruch, der den Blick auf die alte Pfarrkirche erlaubt, und eben die teilweise transparente Erdgeschoßzone.

Weil sie von solchen städtebaulichen Überlegungen bestimmt sind, blieben die wesentlichen Charakteristika des Gebäudes auch erhalten, als mit dem Ars Electronica Center (AEC) ein neuer Nutzer feststand. Aus dem Museum für Graphik wurde nun ein Zentrum für elektronische Kunst, das zugleich ein Museum der Zukunft sein will ­ eine beachtliche Addition großer Aufgaben für ein vergleichsweise kleines Gebäude. Daß man damit in Linz aufs richtige Pferd gesetzt hat, ist offensichtlich.

Was bei der Grundsteinlegung noch als exotisches Thema für Experten galt, findet nun bei der Eröffnung des AEC angesichts der allgemeinen Multimedia-Euphorie Interesse auch beim Massenpublikum. Ein Museum der Zukunft ist das AEC aber bestenfalls in seiner informationstechnischen Ausstattung, sicherlich nicht als Gebäude: Zu deutlich ist die Zufallsbekanntschaft zwischen Form und Inhalt, und ganz offensichtlich ist die Ausstellungsgestaltung, die nicht von Leitner und Michl stammt, sondern großteils von Rainer Verbizh, mit der Aufgabe überfordert, zwischen virtueller und realer Welt zu vermitteln.

Besondere Sympathie hat zwischen diesen Welten ja noch nie geherrscht: Die Welt der reinen Information, stets bedroht von Stromausfällen, korrodierenden Kabeln und Kurzschlüssen, fordert von der Architektur in der Regel nicht mehr als große Kabelschächte, eine gute Klimaanlage und gleichmäßige Belichtung. Wer diese Welt in einer Ausstellung vermitteln will, muß mit einem Publikum rechnen, das die gebaute Hülle eher als notwendiges Übel ansieht: Für den Cybernauten könnte sie genausogut unsichtbar sein.

Das Gebaute unsichtbar machen: In ihrem Grundkonzept für das Innere des Ars Electronica Centers haben Leitner und Michl versucht, diesen Gedanken aufzunehmen. Im Treppenhaus und in den zwei oberen Ausstellungsgeschoßen sind Wände und Decken in jenem Blau gestrichen, das im Fernsehen für die Blue box verwendet wird, um den Moderator aus seinem realen Hintergrund zu lösen und ihn in eine beliebige Szene zu montieren. Ein so ausgemalter Raum könnte durch das Auge einer Kamera tatsächlich aus dem Bild verschwinden. In den Ausstellungsgeschoßen des AEC würde dann neben den Installationen und Computerschirmen nur noch der in kräftigem Orange gestrichene, ovale Liftturm als letztes architektonisches Element übrigbleiben.

Von dieser Idee ist nicht mehr viel zu sehen. Die Ausstellungsgestalter haben sich dazu entschlossen, die Räume mit einer Art von Messearchitektur zu möblieren: Es gibt abgehängte Lichtrasterdecken, Nischen, die den an sich schon knappen Raum in kleinere Bereiche unterteilen, und eine Ledersitzgruppe, die ein wenig Möbelhausatmosphäre aufkommen läßt. An sich wäre das Konzept, die digitale Welt in der Umgebung eines Wohnzimmers auszustellen, durchaus interessant. Die Vollausstattung unserer Wohnungen mit Set-Top-Boxen und flachen Flüssigkristallschirmen wird sicher zu neuen Blüten des Technokitsches führen, wie sie in vielen Cyber-Punk-Romanen ja als Gegenbild zur glatten Perfektion der Maschine zu finden sind. (Im AEC weisen zwar ein paar pelzbezogene Monitore in diese Richtung, das Mobiliar selbst bleibt jedoch keimfrei.) Wirklich unverständlich ist, daß zum Thema „Klassenzimmer der Zukunft“ nicht mehr geboten wird als ein Raum, der aussieht, wie man sich einmal die Zentrale des Pentagons vorgestellt hat: 16 Computerarbeitsplätze im Oval aufgestellt, davor ein Großbildmonitor. Kreative Lernatmosphäre, in der spielerisch mit neuen Technologien umgegangen wird, ist das wirklich nicht.

Zukunftsweisend ist das Museum dagegen in der Art, wie der Besucher beim Gang durch die einzelnen Abteilungen digital begleitet wird. Jeder erhält eine Chipkarte, die als „Schlüssel“ zu den Exponaten dient, und ist so immer eindeutig zu identifizieren. Wer sich durch die Art seiner Eingaben als blutiger Laie erweist, bekommt vorerst nur die Informationen vermittelt, mit denen er auch umgehen kann, und kann sich dann selbst in die Tiefe vorarbeiten. Natürlich zeigt dieses System auch, wieviel Persönliches durch den scheinbar harmlosen Umgang mit interaktiven Systemen preisgegeben wird und welche Formen der Überwachung dabei möglich sind. Aber das gehört durchaus zu den Erfahrungen, die das AEC vermitteln will. In dieser Hinsicht ist das AEC eher ein technisches Museum auf einem neuen Niveau. Die Beziehung zur Ars Electronica, zur elektronischen Kunst, ist dagegen weniger sichtbar: Natürlich sind alle prämierten Beiträge des Ars-Electronica-Festivals über einen Video-Server abrufbar, natürlich gibt es Internet-Projekte, die ihre geistige Heimat im AEC haben ­ wenn so eine räumliche Metapher in diesem Zusammenhang noch erlaubt ist. (Mit diesem Problem setzt sich eines der Projekte auf eine sehr amüsante Art auseinander: In einem großen Beet, das im Erdgeschoß des AEC aufgestellt ist, können per Roboter über das Internet Blumen gepflanzt und bewässert werden.)

Was aber ein wenig abgeht, ist die Beziehung der elektronischen Kunst zu den anderen Künsten. Man kann das vielleicht als radikale Position der reinen Virtualität verteidigen; bedenkt man aber die fruchtbare gegenseitige Beeinflussung von Literatur, Musik, bildender Kunst und Architektur, dann sollte eine Präsentation elektronischer Kunst auch diesen Aspekt thematisieren. An dieser Herausforderung sind bekanntlich schon andere gescheitert: Auch für das Karlsruher Zentrum für Kunst- und Medientechnologie war ja ein Neubau nach den Plänen von Rem Koolhaas vorgesehen, der das Versprechen eines „elektronischen Bauhauses“ hätte einlösen können. Am Ende fehlte dann doch der Mut zur radikalen baukünstlerischen Antwort auf die neuen Technologien: Für das ZKM wurde eine alte Munitionsfabrik adaptiert. So bleibt der erste Eindruck vom AEC zwiespältig: auf der einen Seite ein qualitätvolles, aus städtebaulichen Prämissen abgeleitetes Gebäude, das die klassischen Themen der Architektur wie Stütze und Last, Volumen und Fläche bearbeitet.

Man merkt dem AEC an, daß die Architekten eine Neuinterpretation dieser Themen anstreben und die konventionelle Lösung immer wieder in einem zweiten Entwurfsschritt überformt haben: Die runde Säule wird zum gedrückten Oval, und statt gerade in die Decke zu laufen, ist sie bleistiftartig zugespitzt; das Flugdach über dem Cafégeschoß wird nicht nur leicht nach oben gebogen, sondern auch an der Vorderseite in einer konkaven Linie geführt. Auf der anderen Seite findet sich hier eine technische Ausstattung, die auch international zur Spitze gehört und das AEC tatsächlich zu einem führenden Produktionszentrum für digitale Kunst machen könnte. Zur kreativen gestalterischen Auseinandersetzung zwischen realer und virtueller Welt ist es vorerst jedoch nicht gekommen.

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