Pläne

Details

Adresse
Bahnhof Bern, Bern, Schweiz
Mitarbeit Architektur
Ingrid Brogli, Ines Specker, Isabelle Kunz, Daria Eser, Christian Waldvogel, Cornelius Rechsteiner, Jonas Schöpfer
Bauherrschaft
SBB
Mitarbeit Tragwerksplanung
Peter Augustin, Maurus Cadosch, Marlene Graf, Marco Maranta, Marcus Schmid
Weitere Konsulent:innen
Ingenieur Gleisbau: Grunder Ingenieure, Burgdorf
Baulogistik: Wild Ingenieure, Küsnacht
Funktion
Verkehr
Fertigstellung
2005

Ausführende Firmen

Holzbau: Häring+Co. AG, Pratteln

Publikationen

Presseschau

25. März 2007Christian Holl
zuschnitt

Unter Strom

(SUBTITLE) Holzbau für die neue Passerelle des Bahnhofs Bern

Mit dem neuen Taktfahrplan, der im Dezember 2004 im Rahmen des Projekts »Bahn 2000« in der Schweiz eingeführt wurde, musste mit einer Verdoppelung der...

Mit dem neuen Taktfahrplan, der im Dezember 2004 im Rahmen des Projekts »Bahn 2000« in der Schweiz eingeführt wurde, musste mit einer Verdoppelung der...

Mit dem neuen Taktfahrplan, der im Dezember 2004 im Rahmen des Projekts »Bahn 2000« in der Schweiz eingeführt wurde, musste mit einer Verdoppelung der Fahrgäste für den Bahnhof Bern gerechnet werden. Längere Züge im rascheren Wechsel erforderten die Verlängerung der Bahnsteige, weshalb auch der zweite Zugang zu den Gleisen westlich des Hauptbahnhofs, dort, wo die Gleise unter der Bebauung und der Schanzenbrücke ans Tageslicht kommen, nicht mehr das bleiben konnte, was er bislang war: ein schmaler, unattraktiver Notzugang, ungemütlich beleuchtet, mit dem Charme einer Unterführung. Mit der neuen Passerelle gelang es den Architekten, ihn zu einem großzügigen, hellen, übersichtlichen und eleganten Raum zu nobilitieren.

Die Welle

Den vor dem Bahnhof abgebremsten Verkehrsfluss in einer sich aufwölbenden Welle symbolisierend, verbindet nun ein Dach aus geschwungenen Holzträgern mit Aluminiumeindeckung die verlängerten Bahnsteige mit einer neuen, quergelagerten Brücke, von der aus die Bahnsteige erschlossen werden. Insgesamt wurden sechs Bahnsteige unterschiedlicher Länge und variierender Breite überdacht, jeweils gegliedert in einen Bereich der Welle, also des tatsächlich geschwungenen Trägers über der Passerelle, und einen flachen Abschnitt auf dem Bahnsteig. Die Konstruktion der Dächer und deren Abstützungen sind weitgehend durch die Geometrie der Gleisanlage bestimmt. Jeder Bahnsteig hat eine andere Form, außerdem sind die verschiedenen Höhen auf der Schanzenbrücke dafür verantwortlich, dass auch im Schnitt kein Dach dem anderen gleicht. Um die Klarheit der Form beizubehalten, vollständigen Witterungsschutz zu gewährleisten und gleichzeitig den durch die Holzuntersicht atmosphärisch angenehmen Raum offen und übersichtlich zu gestalten, wurden die Zwischenräume auf der Brücke mit Glas überdacht.

Montage unter Spannung

Aufgrund der zur Verfügung stehenden Bauzeit von lediglich neun Monaten wurde während des laufenden Bahnbetriebs umgebaut. Die meisten Bauteile wurden vorgefertigt und in kurzer Zeit, oft während der Nacht und teilweise zwischen fahrenden Zügen und stromführenden Leitungen, montiert. Unter diesen Umständen musste das Risiko für einen Unfall durch Stromschlag aus Sicherheitsgründen minimiert werden, weshalb man sich für eine Konstruktion aus Holz entschied.



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22. Januar 2006Werner Huber
hochparterre

Wellenschlag im Gleisfeld

Stolz präsentierte der damalige Berner Planungsdirektor und heutige Stadtpräsident Alexander Tschäppät im April 2002 das siegreiche Wettbewerbsprojekt...

Stolz präsentierte der damalige Berner Planungsdirektor und heutige Stadtpräsident Alexander Tschäppät im April 2002 das siegreiche Wettbewerbsprojekt...

Stolz präsentierte der damalige Berner Planungsdirektor und heutige Stadtpräsident Alexander Tschäppät im April 2002 das siegreiche Wettbewerbsprojekt für die Überbauung Bahnhof Bern West (hpw 3/02). «Es wäre die erste grössere Bahnhofüberbauung der Schweiz», frohlockte er. Wäre gewesen, denn das Projekt kam bald ins Trudeln, röchelte kurz und scheiterte schnell. Dafür ging – noch als halbe Baustelle – im Dezember 2004 ‹die Welle› des Berner Büros Smarch Architekten in Betrieb. Jetzt ist sie fertig und wird fortan für 50 000 Personen täglich der Bahnhof sein.

Elegant stossen die sechs Dächer über den verlängerten Perrons aus Westen auf den Bahnhof zu, wölben sich, wie von der Schanzenbrücke gebremst, auf, verbreitern sich und schlüpfen im letzten Moment unter der Brücke durch. Wie ein Rechen kämmen die Perrons das Gleisfeld, bündeln die Schienenstränge und kündigen die Zäsur an, die den Verkehrsfluss bremst: den Bahnhof. Zwar weinen wir dem räumlich spannenden Überbauungsprojekt von 2002 eine kleine Träne nach, sind aber doch froh, dass die Gleise nun doch nicht unter einem Haus verschwunden sind. Das Bauwerk besteht aus zwei Hauptelementen: der Passerelle und den Dächern. Sechs Betontürme mit den verglasten Liften stehen auf den Perrons. Sie tragen die Passerelle und dienen als Auflager der hölzernen Dächer.

Zwischen die Betontürme sind Torsionsrohre gelegt, die die Glasdächer zwischen den Holzwellen tragen; eine leicht verständliche, schlüssig gelöste Tragkonstruktion. Doch damit steht das Bauwerk noch nicht. Um die Wellen und die schmalen Perrondächer zu tragen, braucht es zusätzliche Stützen, die in einer dichten Doppelreihe auf den schmalen Perrons stehen – an einzelnen Stellen sind sie noch knapp schulterbreit auseinander. Dazu gesellen sich die Fahrleitungsmasten, die, mal hier, mal dort, die Dächer durchstossen und wie die dicken Brüder der Dachstützen auf dem Perron stehen.

Den Architekten kann man nicht vorwerfen, sie hätten ihr Konzept nicht konsequent umgesetzt. Die Dächer liegen wie in den frühesten Modellen elegant auf der Betonkonstruktion und jede der Zutaten hat ihre Logik: Die Glasdächer brauchts, damit man nicht nass wird, aus Glas sollen sie sein, weil sie konzeptuell nicht zu den Wellendächern gehören, die Stützen brauchts, weil die Dächer ja nicht einfach schweben können, und schliesslich braucht es auch die zahlreichen Attribute, die aus der Passerelle einen funktionierenden Bahnhof machen. Die gewählten Lösungen sind pragmatisch, was sie wegen dem enormen Zeitdruck auch sein mussten. Doch insbesondere bei Sonnenschein erzeugen der Wechsel von offenen und geschlossenen Dachflächen, der ‹Wellengang› der Konstruktion, das Stahlgerüst der Glasdächer und die zahlreichen Zutaten ein unruhiges Spiel von Licht und Schatten. Der Raum unter der Welle zerfällt in Fragmente, das aus der Ferne so klare Konzept verliert seine Kraft.



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