Pläne

Details

Adresse
Messestraße 2, 1020 Wien, Österreich
Architektur
Hermann Czech
Mitarbeit Architektur
Anna-Marija Dufils-Meniga, Andreas Mieling, Thomas Roth, Georg Übelhör
Bauherrschaft
Universale International
Verkehrsplanung
Heinrich Mittnik
Vermessung
Harald Meixner
Weitere Konsulent:innen
HKLS- und Elektroplanung: ATP Achammer, Tritthart & Partner, Wien
Küchenplaner: Peter Stria, Wien
Wettbewerb
2002
Planung
2003
Ausführung
2004 - 2005
Bruttogeschossfläche
10.950 m²
Umbauter Raum
33.855 m³

Ausführende Firmen

Aufzug: OTIS GesmbH, Wien (A)
Generalunternehmer Bau: Ötu Stettin Hoch- & Tiefbau GmbH, Wien
Generalunternehmer Eirichtung: Tischlerei Josef Kranzl GmbH

Archfoto

Genereller introtext zu Archfoto der von nextroom geschrieben wird.

Presseschau

17. September 2005Walter Zschokke
Spectrum

Schön schräg ist steil

Wie ein Vorposten der Stadt steht es da, das neue Messe-Hotel von Hermann Czech am Wiener Prater. Außen janusköpfig und doch mit klarer Kontur, innen von zeitlos sprödem Charme.

Wie ein Vorposten der Stadt steht es da, das neue Messe-Hotel von Hermann Czech am Wiener Prater. Außen janusköpfig und doch mit klarer Kontur, innen von zeitlos sprödem Charme.

Man sollte es sich nicht zu leicht machen mit einem Bauwerk von Hermann Czech. Erstens hat er selber die Architektur nie auf die leichte Schulter genommen, denn sie hintergründig zu machen, damit sie dort ankommt, wo sie seiner gewichtigen Meinung nach hingehört, ist Arbeit. Eine Arbeit, die allerdings nicht ins Schwitzen bringt, weil sie geistiger Natur ist. Zweitens verfehlt man ihr Wesen, wenn man sie episodenhaft aufnimmt und an den Oberflächen kleben bleibt. Man muss sich auf sie einlassen und in die Tiefe der Schichten vordringen. Übernachten ist nicht unbedingt erforderlich, aber auch nicht hinderlich.

Zwar steht das Gebäude neun Geschoße hoch vor der Nordwestseite des Messegeländes, an jener Stelle, wo die vom Volksprater kommende Perspektivstraße auf die Messestraße trifft, aber mit seiner Krümmung folgt es der Kurve der nördlich wegstrebenden Nordportalstraße. Wie ein Vorposten der Stadt nimmt es diszipliniert Bezug auf die Struktur des Straßennetzes, nutzt aber zugleich das Element der Straßenkrümmung, um damit Identität zu gewinnen.

Mit seiner konkaven Seite umfasst der Baukörper einen grünen Hof, der als Vorfahrt dient. Obwohl an schwach definierter Lage, wirkt das Bauwerk stadtbildend und ordnend, scheut sich aber auch nicht, die Stellung wirkungsstark auszubauen, denn es neigt sich geringfügig um vier Grad nach außen. Als würden die oberen Geschoße vom Kurvenschwung weggedrückt, löst sich der Baukörper von der Vertikalen.

Der Sockel allerdings steht fest. Dies wird nicht etwa mit „schwerem“ Material erzeugt, sondern mit einem geometrischen Muster, das dem Architekten vor Jahren in Leo von Klenzes Münchener Glyptothek aufgefallen ist, weil es trotz exakter Regel auf den ersten Blick unregelmäßig scheint wie Zyklopenmauerwerk. Das Muster ist daher nicht bloß historisches Zitat, sondern etwas Gefundenes, dessen grafische Wirkung faszinierte, und das, in einen anderen Zusammenhang gesetzt, den gewünschten Effekt unterstützt, ohne dass man über die Herkunft Bescheid wissen muss.

Mit einer konkaven und einer konvexen Seite wirkt das Bauwerk trotz gleicher Fassadengestaltung janusköpfig, als hätte es zwei Vorderseiten. Und so staunt man auch nicht, dass es von beiden Seiten betreten werden kann. Überhaupt, die Fassaden: Jedes Hotelzimmer weist eine Fenstertüre sowie anschließend ein Fenster mit normaler Parapethöhe auf, wobei die Position von Tür und Fenster mit jedem Geschoß wechselt. Diesem geometrisch-rhythmischen Fassadenbild wird ein zweites Muster dunkler, horizontaler Streifen scheinbar beziehungslos überlagert, obwohl ihr Abstand exakt eineinhalb Geschoße hoch ist. Die beiden Muster interferieren so stark, dass die Geschoßzahl schwer zu fassen ist und der Baukörper als ein Ganzes und damit monumentaler wirkt. Das ist viel Effekt für wenig Geld.

Die drei Fluchttreppen, je eine an den Stirnseiten sowie eine ungefähr in der Mitte der konkaven Seite, sind als Stahlstiegen auf das notwendige Minimum reduziert, stehen sie doch nur für den Notfall da, der statistisch alle paar Jahrzehnte auftreten mag. Mit ihrem amerikanisch-pragmatischen Charme scheinen sie gar nicht dazu zu gehören.

Zwei Geschoße hoch belegt die Hotel-Lobby den Mittelabschnitt des Gebäudes. Sie erhält Licht über hohe seitliche Glaswände, die sie zugleich nach außen abbilden. Damit die beidseitigen Windfänge genug Platz haben, sind die Betonstützen an diesen Stellen trapezförmig gespreizt. Als Ausnahmeelemente markieren sie natürlich auch den Eingang, und heute mag man es bekanntlich schräg. Doch wer die Arbeiten von Hermann Czech kennt, weiß, dass er schon sehr früh gern schräge Stützen plante, bloß kam er kaum dazu, welche zu bauen. Gleich nach den Eingängen steht je eine weitere Stütze da. Zuerst denkt man sich, warum jetzt das, die stehen doch im Weg. Das tun sie auch und schirmen damit den Binnenbereich vom Eingangsdruck ab, lenken die Bewegungen der Eintretenden um und beruhigen die als Querverbindung dienende Mittelzone.

Die Sessel der Lounge, entworfen für die Swiss Re in Rüeschlikon und hier wieder im Einsatz, paraphrasieren einen Entwurf von Le Corbusier und Charlotte Perriand. Doch Czech übt in der Tradition von Josef Frank Kritik an der harten, oft unpraktischen Moderne, indem er einen Zusatz anbringt: Ein Griff vorn an der Armlehne, ähnlich einer großen Fadenspule, erleichtert das Hochkommen aus den Lederpolstern. Das bricollage-haft angefügte Stück stammt vom Sessel, der vor Jahren für das Palais Schwarzenberg entworfen wurde. Die Kritik des Architekten ist die ausgeführte Korrektur. Zusammen mit der Farbgebung fordert sie die Klassikergläubigkeit gewisser Kreise heraus.

Während die unregelmäßig gelochte, an die 1950er-Jahre erinnernde gelbe Akustikdecke über dem zwei Geschoße hohen Teil durchgeht und damit die Einheit des großen Raumes betont, trennt eine Glaswand einen Teil als Speisesaal ab. Ihr Verlauf wirkt zufällig, fast ungelenk, was sicherlich Absicht ist, denn damit wird ihr trennender Charakter zurückgenommen. Sie scheint provisorisch, als wäre sie später dazugekommen, was sie natürlich nicht ist. Vielmehr handelt es sich um architektonisches Kalkül.

An beiden Stirnseiten der hohen Raumzonen schließen niedrige Raumzonen an. Die vertikalen Flächen dieses Versatzes sind mit großformatigen Fotografien gefüllt. Über den Speisesaal scheint sich ein barocker Balkon zu schieben, der Ausschnitt einer illusionistischen Malerei im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek, fotografiert von Margherita Spiluttini; während über der Café-Lounge die Skyline der Donau-City - leicht verfremdet - prangt, festgehalten von Seiji Furuya. Von den beiden Kunstschaffenden stammen auch die Fotografien in den Hotelzimmern, womit auch dort ein anspruchsvolles Niveau herrscht, was man nicht oft antrifft.

Die Hotelzimmer sind, wie in dieser Kategorie üblich, nicht besonders groß, aber mit wenigen Möbelstücken, furniert mit einheimischen Edelhölzern, sympathisch eingerichtet. Außer dem Bett gibt es einen Arbeitstisch mit Sessel, ein bequemes Fauteuil, das Schränkchen mit Minibar und Safe sowie hinter einer Holzblende, die das Sakko auf dem Bügel nachzeichnet, die Kleiderstange. Im Duschbad dann eine Wiederbegegnung mit dem seitenrichtig gespiegelten eigenen Bild - im Übereck-Spiegel.

Auf dem Rückweg durch den Hotelgang fallen die schrägen Flächen auf, die der äußeren Neigung folgen. Ohne zusätzliche Maßnahmen gewinnt der Gang räumliche Spannung, die diesen vor vielen anderen, öden und verwinkelten, auszeichnet.

Hermann Czech liebt die gefinkelte, intellektuell anspruchsvolle Inszenierung. Dabei mischt er, oft recht harsch, Elemente konkreter Ungestaltetheit dazu, die wie „passiert“ aussehen, aber gerade das nicht sind. Vielmehr kontrastieren sie das andere, bequeme, gediegene, auch traditionale Element und schaffen zugleich ein Klima zeitlicher Unbestimmbarkeit, das dem Heute besser entspricht als modisch geschniegelte Glätte.

23. Juli 2005Wojciech Czaja
Der Standard

Kein großes, weißes Rauschen

Meistens denkt er, manchmal schreibt er, selten baut er: Hermann Czech und der Versuch, das Wiener Messehotel zu verstehen.

Meistens denkt er, manchmal schreibt er, selten baut er: Hermann Czech und der Versuch, das Wiener Messehotel zu verstehen.

Auf ins Büro von Hermann Czech, eine kleine Weltreise im Herzen Wiens. Man hastet durch einige verwinkelte Stiegenhäuser, steht irgendwann einmal keuchend vor einer Metallpforte im obersten Geschoß und dringt ein in einen würdevoll angestaubten Mikrokosmos von Wissen und Walten. Als sarkastisch, distanziert und gelassen beschreibt Friedrich Achleitner seinen praktizierenden Kollegen, und in der Tat zählt er unter den stillen sicherlich zu den lustigsten. Gemächlich gestikulierend, wozu denn auch der ganze Stress? Während sich in Wien die Generation der etwa 70-Jährigen eher im Schuttkegel ihrer nicht enden wollenden Karrieren suhlt, verschwindet Czech ganz subtil hinter der Silhouette seiner Bücherstapel, als wolle er einen seiner alten Aussprüche ganz wörtlich nehmen: „Architektur ist nicht das Leben. Architektur ist Hintergrund. Alles andere ist nicht Architektur.“

Nicht von ungefähr findet man sich hie und da an einem Ort wieder, von dem man gar nicht annimmt, dass je ein bestrebter Architekt, geschweige denn Hermann Czech, seine Hand über der Bauaufgabe hatte ruhen lassen: So unscheinbar und auf den ersten Blick höchst uninteressant ist auch das neueste Produkt aus dem Atelier Czech, selbst dessen Nutzung als Messehotel der Austria-Trend-Kette lockt uns nicht hinter dem Ofen hervor. Noble Zurückhaltung? „Die Tageszeitungen und Lifestyle-Magazine zwingen einen ja förmlich dazu, Wirbel zu machen. Aber wenn alle einen Wirbel machen, sind wir wieder an einem Punkt der Kapitulation angelangt. Das ist dann das große, weiße Rauschen. Die Rolle der Architektur ist missverständlich, wenn die Leute glauben, dass Architektur immer Grimassen schneiden muss.“

Still und leise, schön ist es zwar nicht, Czechs Hotel, und dennoch - mit dem richtigen Architektur-Riecher bleibt man irgendwie hängen. Was soll man von diesem Hotel nur halten? Ein geladenes Gutachterverfahren anno 2002, die Ausnützung des Grundstücks und die städtebauliche Einbettung in den zerfledderten Genius Loci rund um das Messegelände scheinen Czech damals den Sieg eingebracht zu haben. Aus dem Jury-Protokoll: „Das gegenständliche Projekt ermöglicht einen harmonischen Übergang von der Messe in den Prater, der Baukörper überzeugt durch markante Ausformulierung ohne überzogene Geste“. Mit Letzterem ordnet sich das Hotel als Adapter gefügig in die Umgebung ein. Auf der einen Seite taumelt in luftiger Höhe das blinkende Unterhaltungsleben des Praters, auf der anderen Seite - ganz nach dem Motto, wo ein Zipferl, da auch eine Messe - ragt das rot-weiß eingedrehte Zuckerstangerl von Peichls zu kurz geratenem Messeturm in den Himmel.

Hartes Pflaster also, doch auch beim so „markanten“ Messehotel hat das Auge zu kämpfen. Die Perspektive an diesem Eck der Stadt scheint zerquetscht, ehe man merkt, dass das gesamte Gebäude leicht aus der Kurve kippt. Vier Grad sind es, gerade so viel, dass man sich kräftig die Augen reiben muss. „Diese Kurve - im Prater an dem Ort durchaus zulässig - ist eine nette Geste, die irritiert und die dazu beiträgt, dass man die Gesamtsituation unbewusst vielleicht etwas besser im Gedächtnis behält.“ Dass sich dann noch fünf Streifen auf sieben Geschoßen tummeln - 5:7, in der Musik wäre das ein quietschendes Prélude von Schostakowitsch - raubt einem den letzten Nerv. Da versteht man, dass sich schon so mancher Architekturkritiker über die „Ästhetik des Hässlichen“ ausgelassen hat. Der Architekt indes, schmunzelnd, sachlich: „Ja, bei der Gestaltung der Fassade habe ich an Loos gedacht.“

Auch sonst scheint beim Entwerfen in der Kiste der älteren und jüngeren Architekturgeschichte herumgewühlt worden zu sein: Das Sockelgeschoß ist - technisch ganz banal - schwarz-weiß kariert, es ist ein Zitat der Münchner Glyptothek von Leo von Klenze. Immerhin hat diese Musterung beinahe zwei Jahrhunderte auf dem Buckel. Czech meint, es wären nicht „paukenschlagartige Überraschungswirkungen gefordert, sondern eine profunde Eigenart, an die man sich erinnert, wenn man das Gebäude einmal gesehen hat - und wenn man einmal darin war“.

Nun denn: Eine Hotellobby sei halt nur eine Hotellobby, möchte man annehmen. Doch dem ist nicht so. Man hätte es ahnen können: Die wirklich eigenwilligen Zitate beginnen hier an der Schwelle. Das Bauwerk ist weder außen noch innen genau datierbar. Eigentlich könnte es bereits seit zehn Jahren da stehen, wäre da nicht der Duft eines fabrikneuen Automobils in der Luft. Es riecht nach Kunststoff und nach viel, viel Leder. Das kommt von den herumstehenden Fauteuils. Im Hinterkopf klingelt's, es ist der LC2 von Le Corbusier, genauso bequem oder unbequem - das muss der eigene Körper mit der Architekturgeschichte ausstreiten - wie das Vorbild, nur an der Farbe scheitert's ein wenig.

Das Original mag schön sein, doch wenn man das Rohrgestell eines so berühmten Polstermöbels in Pistazieneis-Farbe taucht, kann ganz einfach nichts Gutes dabei herauskommen. Czech wäre nicht Czech, wenn er trotz respektvoller Hommage nicht noch ein klitzekleines Detailchen addiert hätte. Und so warten zwei hölzerne Griffe darauf, vom messeermüdeten Businessmenschen ergriffen zu werden, damit sich dieser leichter erheben kann. Interessant? Praktisch allemal. Man muss ja nicht immer der abgeschleckten Allerwelts-Architekten-Ästhetik den Vortritt lassen.

Ein Feature von Welt gibt es auch in den Zimmern. Soweit es die stringente und erwartungsvolle Klientel eines Messehotels zulässt, hat sich der Architekt auch hier intellektuell ausgetobt. Ein Kasten? Kein Kasten, denn der ist ohnehin nur der überflüssig verschlossene Ort, an dem die Socken einer viel zu kurzen Verweil vergessen werden. Czech stellt das häusliche Konzept des Kleidungsbehälters daher auf den Kopf und bietet eine offene Variante an. Der Schatten des sakkogekleideten Gentleman ergibt eine stille Metapher in der Kontur des Möbels - der Tischler hatte viel Arbeit mit der Produktion, der Gast ist für die Dauer seines Aufenthalts zur aufmerksamen Rezeption herausgefordert.

„Ich will keine Menschen verstören. Das passiert ja sowieso automatisch“, erklärt Hermann Czech. Doch trotz des guten Willens ist der Mensch wieder einmal arm dran. Gänzlich verstört blickt man auf das soeben fertig gestellte Gebäude, das so altbacken dasteht. Man greift sich an den Kopf - die Verwirrung des Intellekts wird ja tatsächlich angezettelt - und man greift sich auch aufs Herz, denn das gebaute Biotop des beinahe Bewährten schafft wohliges Behagen.

Dass hier kein Trendhotel für eine einmalige Rezension im Hochglanz-Architektenporno geschaffen wurde, erweist sich hinter dem Dickicht unserer absehbaren Erwartungshaltungen als ein architektonisches Juwel.

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