Details

Bauherrschaft
Martin Zehetmayer
Fertigstellung
1999

Presseschau

04. Oktober 2003Isabella Marboe
Der Standard

Japan am Heuberg

Für einen Kleingarten entwarfen die Architekten Joerg und Miyako Nairz ein japanisch anmutendes Minihaus, das Eltern samt vier Kindern nicht zu eng wird.

Für einen Kleingarten entwarfen die Architekten Joerg und Miyako Nairz ein japanisch anmutendes Minihaus, das Eltern samt vier Kindern nicht zu eng wird.

Martin Zehetmayer ist Augenarzt am Wiener AKH und lebt mit seiner Familie in einer Altbauwohnung. Aber der Bewegungsdrang der vier Sprösslinge war bald nicht mehr zu stillen, und so erwarb man ein Traumgrundstück, einen Kleingarten am nahen Heuberg: Autofrei am Fußweg liegt einem hier in Gehdistanz zu Wienerwald und Neuwaldeggerbad die Stadt zu Füßen. Leider beschränkte sich das Idyll auf Sommerwochenenden, denn zu sechst auf knapp 20 m² im alten Gartenhaus übernachten war kaum zumutbar.

Im Jahr 2000 hat sich die Bauordnung geändert, seitdem darf man im Kleingarten ganzjährig wohnen. Der Arzt wurde Bauherr und lernte auf einem Kongress in Japan die dortige hohe, raumökonomische Baukultur kennen. Ihm schwebte ein Gartenpavillon mit geschwungenem Dach vor. Ein Anruf auf der japanischen Botschaft führte zu den Architekten Joerg und Miyako Nairz, die eine aufrechte japanische Befugnis haben.

Das Haus, das sie planten, hat optisch zwar mit einem Pavillon nichts zu tun, doch seine Haltung ist durch und durch japanisch. Jeder Zentimeter wird genutzt, die abgetreppten Kuben des Baukörpers entwickeln sich von innen und aus dem geschickt modellierten, West-Ost abfallenden Hang.

Die räumlichen Grenzen fürs Wohnen im Kleingarten sind vom Gesetz sehr eng und eindeutig definiert: Der Keller darf maximal 70 m², das Erdgeschoß 50 m², die Kubatur 250 m³ haben. Der Gartenweg ließ nur einen Kleinlader fürs Betonieren zu, bis auf den Keller ist das Haus eine Holz-Riegel-Konstruktion. Alle Bauteile waren leicht zu transportieren, vieles wurde geschleppt.

Die wohldurchdachte Maßarbeit beginnt im Garten. Man betritt das Haus im Keller, der Weg wurde abgegraben und mit einer weißen Mauer gefasst, dahinter liegt in Brüstungshöhe der beiden Fenster ein großes Stück ebener Rasen. Rote Klinker an der Fassade markieren außen das vorstehende, halb eingegrabene Geschoß. Im dunklen Teil liegt der Heizraum, der Stiegenvorplatz ist groß genug für ein Doppelstockbett - gartenseitig leben die Kinder mit Blick aufs Grün und natürlichem Licht von Osten.

In der Mitte ist die von oben belichtete Stiege angeordnet. Ihre Holzstufen sind einfach zwischen die Mauern eingeschoben und lassen viel Licht durch, jedes weitere Podest erschließt, leicht höhenversetzt, wechselseitig nach Ost und West neuen Lebensraum: Die neun ersten Stufen führen in die extrovertierte Essküche, ein Stück vom vorspringenden Kellerdach darunter dient als großzügige, ums Eck gehende Terrasse mit zwei Türen und fulminantem Ausblick. Helle MAX-Platten bilden die Außenverkleidung, Schmutzfinger-Spuren lassen sich leicht abwischen. Fünf weitere Stufen führen ins Wohnzimmer, dem die Hanglage eine kleine Terrasse mit Abendsonne schenkt, dahinter liegt ein exquisites Stück Privatgarten.

Das oberste, in Lärchenholz verkleidete Stockwerk gehört den Eltern, hier sind die japanischen Wurzeln am augenscheinlichsten. Im Osten hat der Arzt einen Arbeitsraum mit Eckbalkon. Das Bad ist aus Holz, ein horizontales Fenster sorgt für die Verbindung mit der Natur. Und setzt auch außen Akzente: Um Raum zu sparen, kragt es expressiv auf einer dynamischen V-Stütze aus und beschirmt das Terrassenstück darunter. Im Westen liegt der ruhig-krönende Abschluss: ein Tatamizimmer in Originalformat, wo die Eltern auf Matratzen am Reisschilfboden schlafen. „Das Haus ist ein Raumwunder,“ sagt der Bauherr.

10. Juli 1999Gert Walden
Der Standard

Die Alternative zur Schrumpfvilla

(SUBTITLE) Ulrich Semlers klares Konzept für ein kühleres Kleingartenhaus

In den Kleingartensiedlungen Wiens bietet sich ein Kaleidoskop der Baukultur, das seinesgleichen sucht. Da stehen die perfekten Konstruktionen der 20er Jahre neben den ersten Fertigteilhäuschen und den jüngeren Mini-Kopien bürgerlicher Villen, die das Mißverständnis von Industrieprodukten als Imitation des Handwerklichen illustrieren. Dazwischen wachsen die Pflänzchen neuer Baukultur - nach dem Motto: Raum läßt sich überall optimieren.

In den Kleingartensiedlungen Wiens bietet sich ein Kaleidoskop der Baukultur, das seinesgleichen sucht. Da stehen die perfekten Konstruktionen der 20er Jahre neben den ersten Fertigteilhäuschen und den jüngeren Mini-Kopien bürgerlicher Villen, die das Mißverständnis von Industrieprodukten als Imitation des Handwerklichen illustrieren. Dazwischen wachsen die Pflänzchen neuer Baukultur - nach dem Motto: Raum läßt sich überall optimieren.

Architekt Wolfgang Semler hat dafür ein Beispiel in Penzing realisiert. Neben der präzisen Konstruktion, den großzügigen Aufteilungen der Wohnflächen, die diese Zimmerverschachtelungen vermeidet, liegen bei diesem Haus auch Werte im Inneren versteckt. Während viele Siedlungshäuser ausschließlich in Leichtbauweise gefertigt werden, hat sich der Architekt für eine Mischung aus Betonsteinen und Holz - entschieden. Die Vorteile liegen auf der Hand. Im Sommer dünsten die Bewohner von Leichtbauhäusern bei 38 Krügerln im Schatten, weil schlichtweg die Speichermasse fehlt. Beton hat die Eigenschaft, Wärme tagsüber dem Innenraum zu entziehen, was dem Raumklima gut tut.

Daher umfassen beim Haus in Penzing U-förmig Wände aus Betonsteinen die Wohnräume , während Verschalung, Decken und das flachgeneigte Pultdach aus Lärchenholz hergestellt sind.

Das Holz ist unbehandelt und erhält mit der Zeit eine besonders schöne silbrige Oberfläche. Zur Gartenseite öffnet sich das Haus, die relativ niedrige Raumhöhe hilft aber mit, daß sich das Innere nicht zu sehr aufheizt. Und auf Grund der Bauordnung sowie dem Wunsch des Auftraggebers wurde der Keller unter der Terrasse zur Gänze für sogenannte Nebenräume - mit ausreichend Licht von oben - genützt. Hier läßt es sich arbeiten oder Gäste beherbergen. Kurz gesagt: der Architekt hat die Bauaufgabe nach klaren rationalen Vorstellungen konsequent verwirklicht, die einem zeitgemäßen Verständnis vom Wohnen entgegenkommen.

Mag.arch. Ulrich Semler, Wien 5., Franzensgasse 21

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