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05. April 2002Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Eine Stadt für die Kleinsten

Roland Gnaigers Kindergarten in Bregenz

Roland Gnaigers Kindergarten in Bregenz

Kunterbunt angeordnet und immer wieder den Massstab wechselnd, bestimmen Hochhäuser, mehrgeschossige Wohnbauten und Einfamilienhäuser den Bregenzer Ortsteil Braike. Dort haben die Architekten Roland Gnaiger und Gerhard Gruber die nicht ganz einfache Aufgabe übernommen, einen Kindergarten zu entwerfen, der diesem Verwirrspiel aus urban-peripheren Parametern und örtlicher Bauordnung die Stirn bieten kann. Hier bot sich eine streng geometrische Grundstruktur als bewährtes architektonisches Instrument an, um einen selbständigen Ort der Konzentration und der Kommunikation zu schaffen. Der Baukörper wurde daher L-förmig angeordnet und bis an die Grundstücksgrenzen herangeschoben. Der Freiraum, der aus dieser Ordnung entsteht, ist grosszügig. Mit Holzzäunen, einer Pergola und den Gebäudeteilen selbst ist er von seiner Umgebung abgeschirmt.

Wenn dieser Kindergarten in der klassischen Typologie eines ebenerdigen Mini-Mundus gegenüber den „richtigen“ Bauten erstarren würde, könnte er leicht ein wenig abgeschlossen wirken. Doch dieses Problem haben Gnaiger und Gruber sehr elegant gelöst. Der geteilte Baukörper ist nämlich zweigeschossig angelegt, so dass eine zweite Ebene der Freiräume konstituiert werden konnte. Die fünf Gruppenräume der Kinder befinden sich im ersten Stock, verfügen jeweils über einen separaten Eingang, eine eigene Loggia und ein kleines Atrium. Verbunden werden diese kleinsten Spiel- und Arbeitseinheiten über einen zentralen Gang. Das Raumangebot ist also differenziert, auf die Bedürfnisse nach Geborgenheit und nach erweiterter Perspektive - hin zum Bodensee - zugeschnitten. Angenehmer kann es eigentlich in einem Kindergarten nicht sein. Dabei ist die Architektur zurückhaltend, in ihrem Materialmix aus Beton und Holz fast schon spröde, aber sie eröffnet Räume, die in ihrer Massstäblichkeit flexibel und weitgehend neutral gehalten sind. Sich auf Sprache und Typologie der klassischen Moderne berufend, haben Gnaiger und Gruber die Qualität der zweiten Ebene der Dachfläche voll ausgenützt. Atrium und Loggia zählen denn auch zum sinnvollen Repertoire der österreichischen Architekturtradition.

Die beiden Architekten bauten für Kinder ohne jegliche kindlichen Attitüden. Im Gegenteil zeigen sie den Kleinsten auf sehr unprätentiöse Weise, wie sich Raum verändern, vergrössern und verkleinern kann, wie sich Dreidimensionalität logisch entwickelt und einen immateriellen Reichtum entfalten kann, der auf den ersten Blick kaum wahrnehmbar ist. In diesem Sinn ist auch die Halle im Erdgeschoss wie ein Boulevard organisiert - mit der grossen Achse über die gesamte Gebäudelänge und den kleinen Nischen zum Spielen oder Speisen. Das Gebäude unterscheidet sich von den üblichen Kindergärten in seinem Anspruch auf die innenräumliche und städtebauliche Dimension. Beinahe wie ein grosszügiges Hotel wirkend, ist es auch Schnittstelle für das gesamte Quartier. Seine Geometrie schafft mit dem längeren, vorgezogenen Bauteil einen kleinen Platz, während die Pergola des Freibereichs und der kürzere Gebäudetrakt die Grenzen zum Strassenraum bestimmen. Eine Stadt der Kinder ist damit in Bregenz entstanden, die ihre Auswirkungen unmittelbar auf die urbanen Dispositionen der Erwachsenen zeigt.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.04.05



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Kinderhaus Braike

31. Januar 2002Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Konstruktives aus dem Osten

Die Architektur des Landes begleiten, sichten und in den europäischen Kontext einfügen, diese Aufgabe stellt sich Kurator Otto Kapfinger erneut mit dem...

Die Architektur des Landes begleiten, sichten und in den europäischen Kontext einfügen, diese Aufgabe stellt sich Kurator Otto Kapfinger erneut mit dem...

Die Architektur des Landes begleiten, sichten und in den europäischen Kontext einfügen, diese Aufgabe stellt sich Kurator Otto Kapfinger erneut mit dem zweiten Teil der Ausstellung «Emerging Architecture - kommende Architektur» im Architektur-Zentrum Wien. Solche Ausstellungen sind natürlich von der Person des Auswählenden stark geprägt, doch in der gegenwärtigen Schau geht die Bilanz einer «Curator's Choice» auf. Der Ausstellungsmacher versucht nämlich nicht, Tendenzen, Stile und damit seine eigene Person zu propagieren. Kapfinger ist vielmehr dem Unterschiedlichen und Verbindenden von architektonischen Haltungen auf der Spur - mit wissenschaftlicher Präzision, die auf nur ein Ziel ausgerichtet ist: die Perspektiven einer möglichen Entwicklung österreichischer Architektur. Dieses Konzept mag angesichts des heutigen Architekturkonsums altmodisch wirken, seine Nachhaltigkeit zeichnet sich aber jetzt schon ab.

Die Ausstellung «Emerging Architecture 2» ist eine Leistungsschau von zehn Teams und gleichzeitig eine Standortbestimmung der jüngeren österreichischen Baukunst, die zu betrachten sich lohnt. Die Zeiten der grossen Gesten und der selbstverliebten dreidimensionalen Bilder scheinen vorbei zu sein. Die jüngere Generation reflektiert zwar durchaus das Zeichenhafte der Architektur, geht aber in ihrer Auslotung der baukünstlerischen Möglichkeiten sehr viel weiter. Mit unterschiedlicher Wertigkeit kommt wieder das Strukturelle, das Fliessende und Flexible der Architektur zur Geltung. Diese Betonung eines aus Konstruktion und membranhafter Hülle gewonnenen Raumes wird mit grosser Konsequenz vorangetrieben, sie äussert auch den Einfluss der Denkarbeit eines Helmut Richter oder von Coop Himmelblau in den frühen Jahren. Die Jungen haben aber genügend Potenzial, um ihre eigenen Positionen zu formulieren. Die Experimente mit der orthogonalen Konstruktion werden von den Büros Cukrowicz & Nachbaur, Gangoly, Marterer & Moosmann und Gutmorgeth vorangetrieben. Die Expansionen des Raumes hingegen interessieren Tschapeller, Holodeck, Mitterberger, Fasch & Fuchs, Flöckner & Schnöll und Gerner & Gerner. Sie stellen die technischen Vorgaben in Frage und forcieren damit die sinnliche Wahrnehmung. Das alles ist spannend, weil die im positiven Sinn traditionellen Wege der österreichischen Architektur verlassen werden. Gleichzeitig lassen sich auf das Werk und den Ort ausgerichtete Problemlösungen erkennen. Es wäre allerdings verfehlt anzunehmen, die Ausstellung reflektiere den vorherrschenden Trend in der Architektur Österreichs. «Emerging Architecture 2» thematisiert den Aspekt des Konstruktiven in unterschiedlichem Licht vor dem Hintergrund der Komplexität der Baukunst dieses Landes.


[ Bis 15. April im Architektur-Zentrum Wien. Otto Kapfinger: Emerging Architecture - kommende Architektur, Band 2. Springer-Verlag, Wien 2002. 255 S., EUR 39.90 (Emerging Architecture, Band 1. Springer-Verlag, Wien 2000. 255 S., EUR 43.-). ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2002.01.31

10. Januar 2002Gert Walden
werk, bauen + wohnen

Wohnen im Gasometer

Architektur wird zum Event für die Kommunalpolitiker, Architektur wird zum Label für die Bewohner, Architektur wird zum Desaster für den Denkmalschutz. Schlagworte sicherlich, aber Politiker, Bewohner und Architekten können oder wollen sich zumindest in Wien derzeit dem Medialisierungsprozess nicht entziehen. Mit dem Umbau der vier spätgründerzeitlichen Gasometer (1893-99) im Stadtteil Simmering zu introvertierten Wohntürmen in denkmalgeschützter Verkleidung technischer Anlagen sollte ein neues Zentru entstehen, das in seiner Sogwirkung wirtschaftliche Investments anregen soll. Das Auseinanderfallen von weitgehend geschlossener Hülle und dem - auch massstäblich - autonomen Wohnungs-Infill stellte indes ein kaum zu lösendes Problem dar - mit Ausnahme des Gasometers A vielleicht, wo Jean Nouvel dank einer spezifischen Wohnungstypologie manche Nachteile des Wohnens in geschlossener Hülle wettzumachen verstand.

Architektur wird zum Event für die Kommunalpolitiker, Architektur wird zum Label für die Bewohner, Architektur wird zum Desaster für den Denkmalschutz. Schlagworte sicherlich, aber Politiker, Bewohner und Architekten können oder wollen sich zumindest in Wien derzeit dem Medialisierungsprozess nicht entziehen. Mit dem Umbau der vier spätgründerzeitlichen Gasometer (1893-99) im Stadtteil Simmering zu introvertierten Wohntürmen in denkmalgeschützter Verkleidung technischer Anlagen sollte ein neues Zentru entstehen, das in seiner Sogwirkung wirtschaftliche Investments anregen soll. Das Auseinanderfallen von weitgehend geschlossener Hülle und dem - auch massstäblich - autonomen Wohnungs-Infill stellte indes ein kaum zu lösendes Problem dar - mit Ausnahme des Gasometers A vielleicht, wo Jean Nouvel dank einer spezifischen Wohnungstypologie manche Nachteile des Wohnens in geschlossener Hülle wettzumachen verstand.

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Gasometer Simmering - Neubau und Revitalisierung



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werk, bauen + wohnen 2002-01/02 Nach innen

24. November 2001Gert Walden
Spectrum

Hoch die Käseglocke!

Raster und Modul, Vorfertigung und Montage: die Baumethoden der Wirtschaftswunderära. Was helvetische Baukünstler mit ebendiesen Mitteln für die Architektur erreicht haben, führt die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz“ im Wiener Ringturm eindrücklich vor Augen.

Raster und Modul, Vorfertigung und Montage: die Baumethoden der Wirtschaftswunderära. Was helvetische Baukünstler mit ebendiesen Mitteln für die Architektur erreicht haben, führt die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz“ im Wiener Ringturm eindrücklich vor Augen.

Nicht Shanghai oder Havanna waren die Ziele der Architekturenthusiasten in den fünfziger und sechziger Jahren. Nein, es war schlichtweg die Schweiz, denn das aktuelle Spesenrittertum des Kulturbetriebs existierte ja noch nicht, und die geographische Erreichbarkeit war damals noch ein Thema.

Mit Vespas, Lambrettas und Puch-Rollern steuerte die einstmals junge Generation österreichischer Nachkriegsarchitekten das südwestliche Nachbarland an, um ihr Informationsdefizit in Sachen Moderne zu kompensieren. Und der Weg hat sich gelohnt. Die Schweizer Nachkriegsmoderne knüpft unmittelbar - abgesehen vom Intermezzo des heimattriefenden Landi-Stils der vierziger Jahre - an die erste Moderne an. Die helvetischen Architekten thematisieren neue Aufgaben für ihre Zunft: Strukturierung des Raums mit Hilfe von Raster und Modul, Flexibilität der Nutzung und Montagebauweise. In diesem Land, vom Bombenkrieg unberührt, wird mit den technischen Grundlagen für ein neues Bauen experimentiert, wie auch die Auswirkungen für die Architektur auf hohem Niveau analysiert werden.

Die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz“ im Ringturm vermittelt nun einen ausgezeichneten Blick in die einstmals hoffnungsfrohe Zukunft vor einem halben Jahrhundert. Die beiden Kuratoren, Walter Zschokke und Adolph Stiller, haben dafür 14 Bauten von Werner Frey (1912 bis 1989), Franz Füeg (Jahrgang 1921), Jacques Schader (geboren 1917) und Jakob Zweifel (Jahrgang 1921) ausgewählt.

Repräsentativ für die Bautypen der industriellen Gesellschaft, finden sich darunter Wohnhausanlagen, Bürogebäude und Bauten aus dem gesamten pädagogischen Bereich. Sachlich distanziert, in ihrer Kühle den Bauten entsprechend, werden die Exponate aufbereitet. Den Möglichkeiten der Nachkriegsmoderne entsprechend natürlich mit den analogen Medien Film (Regie: Georg Radanowicz), Photographie (Doris Fanconi) und Plänen. Ihr Einsatz generiert gepaart mit dem präzisen Raumprogramm eine nobel zurückhaltende Atmosphäre, die als Äquivalent der dargestellten Bauten dem Besucher unaufdringlich wie auch didaktisch begegnet. Die Kuratoren haben sich nämlich in der Ordnung der Exponate vom Städtebau der Nachkriegsmoderne leiten lassen: Im Ringturm sind nun wieder diese kleinen Höfe, diese querenden und begleitenden Wege zu finden, wie sie charakteristisch für den Städtebau der vier präsentierten Architekten sind.

Nachkriegsmoderne in der Schweiz bedeutet nämlich im besonderen ein Untersuchen der Beziehung zwischen Individuum und Gruppe. Die Architekten nützen die Chancen der Zeit, um ihr Statement über ein neues Verhältnis der Menschen untereinander abzugeben. „Gemeinsam und allein“, so könnte das gemeinsame Thema der städtebaulichen Annäherung beschrieben werden. Vorbei sind die Zeiten des Kollektivismus der Zwischenkriegszeit, die Egalité wird postuliert. Neu ist eine wohlüberlegte Balance zwischen Individuum und Gruppe. Die Kuratoren gehen in der Auswahl der Objekte auf diesen gebauten Diskurs ein. So findet man im Ringturm das Jugendheim Erika von Werner Frey (Zürich 1958/59) oder Jacques Schaders wichtige Kantonsschule Freudenberg (Zürich 1956 bis 1960). Bauten also, die a priori das Zusammenleben artikulieren oder wie bei Franz Füegs Kirche St. Pius in Meggen/Luzern (1964 bis 1966) zumindest temporär und zeichenhaft einen Ort der Gemeinschaft bilden.

Der helvetische Urbanismus ist allerdings nicht unter der Käseglocke einer heimatlichen Tradition entstanden. Vielmehr mußten über die alpinen Grenzen hinweg die städtebaulichen Entwicklungen in den Niederlanden und die gedankliche Vorarbeit von Claude Lévi-Strauss reflektiert werden. Der französische Ethnologe veröffentlichte 1955 seine Studien „Traurige Tropen“, die starke Resonanz erfuhren. Nicht mehr das historistische Denken des 19. Jahrhunderts mit dem Überwinden der Natur, sondern eine ahistorische Betrachtungsweise wird hier propagiert.

Strukturen aus der Natur, die Vorbilder primitiver Kulturen wurden Anknüpfungspunkte der Architekten für die Organisation des modernen Raums. Unwillkürlich wird man an das Waisenhaus des Niederländers Aldo van Eyck in Amsterdam erinnert, wo ein vielzeiliger Cluster um einen zentralen Hof aufgemacht wird, um schließlich in der Stadtlandschaft zu versanden.

In den Niederlanden wie in der Schweiz ist nur noch wenig vorhanden von den Monolithen und Wohnstangen der ersten Moderne. Im Gegenteil, vor allem die Deutschschweizer Architekten haben es mit der Maßstäblichkeit ihrer Anlagen sehr genau genommen, wie sie auch die Möglichkeit einer Expansion der Strukturen schon im Entwurf berücksichtigt haben. Aber damit nicht genug: Was die Schweizer Gruppe - als solche kann man sie durchaus bezeichnen - besonders hervorhebt, ist die Öffnung des Dreidimensionalen.

In der Kantonsschule von Jacques Schader etwa wird mit der Typologie traditioneller Gangschulen gebrochen und das neue Leitbild des Zusammentreffens von Schülern und Lehrern mit der zentralen Halle formuliert. Daher ist gerade die Kantonsschule ein bedeutendes Beispiel für die „Durchdringung und Verflechtung einzelner Geschoße und Raumelemente, also die Verwendung der dritten Dimension als wesentliches gestalterisches Mittel“, schrieb Schader 1960 in der Zeitschrift „Bauen + Wohnen“. Wie übrigens Ausstellung und Katalog das hohe Niveau der theoretischen Auseinandersetzung dieser schweizerischen Architekten dokumentieren.

Sehr früh schon war sich auch Franz Füeg der Chancen und Gefahren der neuen Baukunst bewußt. In seinem Vortrag „Was ist modern in der Architektur? Eine Strukturanalyse der zeit-genössischen Baukunst“ (publiziert 1958) zieht er die Grenzlinien zwischen Moderne und Modernismus. Moderne Baukunst ist für ihn charakterisiert durch einen „Raum, der nicht für sich selbst besteht, sondern stets nur aus der Beziehung zu anderem erst zum Raum wird“. Der Modernismus hingegen habe von diesem Anliegen noch kaum Kenntnis genommen. Dieser produziere Städte, die nicht für den Menschen, sondern für einen imaginären Mechanismus gebaut seien.

Raster und Modul, Vorfertigung und Montage sind für die vier Schweizer Architekten nur technische Möglichkeiten, nicht Fetische des eben genannten Mechanismus. Immer wieder kommt in den Schriften und Bauten die Anthropozentrik ihrer Architektur zum Ausdruck. Damit versperren sie sich vielleicht die Sicht auf das Visionäre des technischen Zeitalters, wie es die Gruppe Archigram in ihrer dekorativen Flower-Power-Manier angedacht hat. Die schweizerische Architektur der Nachkriegsmoderne hat bisweilen einen etwas betulichen Grundton, etwas von der Attitüde des „guten Menschen“. Sie verweigert sich damit aber auch den Verwertungsmechanismen des damals grassierenden Wirtschaftswunderfunktionalismus mit seinen sogenannten Zweckbauten, die heute nicht einmal den Investoren nützen.

Knapp 50 Jahre nachdem die Bauten der zweiten Schweizer Moderne entstanden sind, kann man sich fragen, wo das Entwicklungspotential dieses Strukturalismus lag. Ohne Zweifel ist die technische Kompetenz der Architekten für die Zukunft schlichtweg überlebensnotwendig, um gegen Haustechnik-Planer bestehen zu können. Die Vorstellung von der flexiblen Raumgliederung im industrialisierten Bauen ist eigentlich schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Allein, die Präzision im Detail, wie sie diese Schweizer Architekten beherrscht haben, wird weiterhin zu den aktuellen Herausforderungen zählen. Auch die Prämisse der dienenden Funktion der Architektur im Zeichen eines humanistischen Weltbildes bildet eine immer noch sehr wichtige und wirksame Gegenposition zum künstlerischen Subjektivismus mancher formalistischer 3D-Designer im Modebetrieb des Marketing-Artikels Architektur.

In der gegenwärtigen Diskussion um das Physiognomische in der Architektur, um die Alternative „Blase oder Box“ ist die Schweizer Nachkriegsmoderne ein Referenzprodukt für die wiederaufgelegte Abstraktion und Dynamisierung der Architektur. Was die Schweizer nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings kaum untersucht haben und worin sie sich deutlich von den „Modernisten“ der Gegenwart unterscheiden, das ist das Physiognomische der Architektur. Die Struktur mit ihrer gedanklichen Perspektive im Unendlichen eröffnet dafür keine Option, sodaß das Defizit der gestalthaften Erkennbarkeit von Architektur nicht bewältigt werden konnte.


[Die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz: Architektur von Werner Frey, Franz Füeg, Jacques Schader und Jakob Zweifel“ im Wiener Ringturm (Wien I, Schottenring 30) ist noch bis 14. Dezember zu sehen (Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr).]

Spectrum, Sa., 2001.11.24

01. September 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Koketter Bau im Gründerzeitquartier

Orange leuchtet sie im grauen Gründerzeitviertel: Ein wenig konservativ, ein wenig kokett, wie sie halt so sind, die Wiener Mäderln, steht die «Miss Sargfabrik»...

Orange leuchtet sie im grauen Gründerzeitviertel: Ein wenig konservativ, ein wenig kokett, wie sie halt so sind, die Wiener Mäderln, steht die «Miss Sargfabrik»...

Orange leuchtet sie im grauen Gründerzeitviertel: Ein wenig konservativ, ein wenig kokett, wie sie halt so sind, die Wiener Mäderln, steht die «Miss Sargfabrik» an der Strassenkreuzung Missindorfgasse/Fenzlgasse und macht allein schon durch die Farbe auf sich aufmerksam. Den Namen hat sie von ihrer Vorgängerin, der ersten «Sargfabrik», geerbt, die tatsächlich auf dem ehemaligen Areal einer Produktionsfirma für letzte Ruhestätten errichtet worden ist. Der Name steht aber auch für ein Wohnkonzept, das vom Architektenteam BKK-3 (Franz Sumnitsch und Johann Winter) nach der «Sargfabrik» (1996) weiterentwickelt wurde. So ist denn die «Miss Sargfabrik» trotz ihrer leicht morbiden Namensgebung - ein bisserl Schmäh muss sein - das ambitionierte Ergebnis der architektonischen Recherche von BKK-3 und des Engagements des Bauträgers, des Vereins für integrative Lebensgestaltung.


Zelt und Höhle

Mit der Idee, eine Nische der Wiener Wohnbauförderung zu nutzen, konnten die üblichen Auflagen betreffend Zimmeranordnung und Parkplatzverpflichtung umgangen werden. Die «Miss Sargfabrik» ist nämlich - ob es der Lady passt oder nicht - schlichtweg ein Wohnheim, das per definitionem nicht den biederen Förderungs- und Grundrissbestimmungen unterliegt. Für die Architekten eröffnete dieses Ausblenden der kommunal bestimmten Wohnrituale die Möglichkeit, ihre «Miss Sargfabrik» unkonventionell einzukleiden: nach aussen hin und im Inneren, wo sich die wahren Werte der Lady entfalten können. Sumnitsch und Winter konzentrierten sich auf das Erfahrbarmachen des Wohnraums: Keine Raumskulptur mit schäbigen Grundrissen, wie die Gasometer-Kreationen von Coop Himmelblau, wurde hier intendiert. Vielmehr wurde bis in die kleinste der 39 Wohnungen das Erlebnis des Dreidimensionalen in den Vordergrund gerückt.

Bei den Garçonnièren, sie machen die Hälfte der Wohnungen aus, half dabei der Trick mit dem Knick. Anstelle der gewöhnlichen platten Trennwände sind in den Kleinstwohnungen mit rund 40 Quadratmetern die Wandscheiben zackig ausgefallen, während die Raumhöhen von den Entrées an den Laubengängen bis zur Strassenfront differieren. Auf diese Weise entstehen zwei Varianten der Behausung. Die extrovertierte, welche sich zum Freien hin öffnet, und die introvertierte mit mehr Platz im Wohnungszentrum. «Zelt und Höhle» - diese beiden archetypischen Spielarten des Wohnens, wie sie Gottfried Semper beschrieben hat, werden hier zeitgemäss formuliert. Rampen und flache Stiegen zeigen auf jeden Fall den Niveauunterschied an, wobei mit der durchgehenden Höhe an der Längsseite des Objekts eine ziemlich stereotype Strassenfront an der Fenzlgasse entsteht.

Bei den grösseren Wohnungen (70 bis 120 Quadratmeter) konnten die Architekten noch mehr an der Vielfalt der Wohnebenen feilen. Mit dem klassischen Split-Level lässt sich da schon einiges machen. Da ist Platz für Kleinarchitekturen - wie etwa eine Kanzel im Küchenbereich - als witzige, aber praktisch adaptierte Zitate der herrschaftlichen Baukunst im Wohnheim. Da wird auch die schwierige Ecksituation souverän gemeistert. Die schrägen Bodenflächen werden konsequent von den ansteigenden Fensterrahmungen begleitet, um in die Längsfront überzugleiten. An der Schmalseite des Hauses lüftet die «‹Miss Sargfabrik› dann ihr Rockerl». Hier wird die Strassenfront zur Schauseite des Inneren, aufgeschlitzt eröffnet sich die strukturelle Gliederung, um die Fassade letztlich in ein Emblem für innovatives Wohnen zu verwandeln. Wie überhaupt die Arbeit von BKK-3 mit äusserster Konsequenz die Kombination von individuellem Wohnnutzen und gemeinsamem Zusammenleben in das Räumliche einer skulpturalen Architektur transponiert.


Orange Bauskulptur

Die «Miss Sargfabrik» ist nämlich nicht nur kokett und konservativ, sie verfügt auch über einige Tugenden, die sie im Kontext der Wiener Architekturszene zur Ausnahmeerscheinung machen. Dazu zählen primär die Gemeinschaftseinrichtungen. Nicht wie üblich irgendwo im Keller versteckt, bilden sie - der Karl-Marx-Hof lässt grüssen - den Mittelpunkt des Hauses. Die Bibliothek, die Computerstationen und die Küche spielen gemeinsam den integrativen Part im Leben der «Miss Sargfabrik». Darüber hinaus ist die Architektur bis ins Detail hinein instrumentiert, um Räumlichkeit und Kommunikation miteinander in Einklang zu bringen. Die Laubengänge etwa, sonst ungeliebte Passagen des Transitorischen, sind ausreichend gross dimensioniert, um auch tatsächlich Platz anzubieten für Gespräche im halböffentlichen Raum. Sie erschliessen aber auch hier wieder mit den Öffnungen in den Brüstungen und Decken die Höhen und Tiefen der Lady und ihrer leicht morbiden gründerzeitlichen Umgebung.

Das orange Kleid der «Miss Sargfabrik» tut da einfach gut. Bei strahlendem Sonnenschein wirkt es überraschend zurückhaltend, in den grauen Wiener Wintermonaten erzeugt das Kolorit positive Grundstimmungen. Generell generiert die Architektur also eine Atmosphäre, die über die Gegenwart hinaus auf eine mögliche optimistische Zukunft des Wohnens verweist. Wie sehr dieser kräftige Farbtupfer in der Wiener Wohnlandschaft auch in der Szene anerkannt wird, zeigte auch kürzlich die Würdigung durch den 7. Architekturpreis der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie an.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2001.09.01



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Miss Sargfabrik

25. Juli 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Wohnungen aus vier Zylindern

Der Umbau der Gasometer in Wien-Simmering

Der Umbau der Gasometer in Wien-Simmering

«Wenn der Architekt nichts weiss, dann macht er einen Kreis.» Diese Binsenweisheit hat sich bei der Sanierung der Gasometer in Wien-Simmering ins Gegenteil umgekehrt. Hier waren es nicht die Architekten, die ihre Kreise zogen, sondern die vier ehemaligen Gasbehälter aus dem späten 19. Jahrhundert haben die zylindrische Form vorgegeben. Nach einem Bauträgerwettbewerb im Jahr 1995, bei dem die Errichtergesellschaften auch den Architekten beistellen, erhielten Jean Nouvel, Coop Himmelblau, Manfred Wehdorn und Wilhelm Holzbauer die Planungsaufträge. Rund 620 Wohnungen, Büroflächen, eine Rockhalle sowie eine durchgehende Einkaufsstrasse waren gefordert, um mit den vier brachial ausgehöhlten Denkmälern der Industriebaukunst ein lebensfähiges Stadtviertel zu konstituieren.

Hinter den Fassaden ist nicht viel übrig geblieben von den rund 75 Meter hohen Gasometern. Immerhin bilden sie eine kreisrunde, weithin sichtbare Kulisse am Südostrand von Wien, die von den Architekten zu füllen war. Doch damit nicht genug der urbanen Lebenszeichen: Coop Himmelblau haben zusätzlich noch an der Nordseite eines Gasometers ihre geknickte und gewölbte Wohn- und Bürowand angedockt, die reichlich pathetisch verkündet, dass sich die Architektur nicht nur den Zwängen eines der europaweit grössten Sanierungsfälle unterwirft. Diese Zwänge sind beachtlich, wenn man sich den Umgang der Architekten mit der Kreisform anschaut. Insgesamt darf man den Bewohnern, vor allem in den unteren Etagen, möglichst viele Sonnentage wünschen, denn die Belichtung reicht bei trübem Wetter schlichtweg nicht aus.

Jean Nouvel hat in seinem Gasometer das zentrale Belichtungsproblem zu lösen versucht, indem er den betonierten Wohnungskranz ganz stringent in Segmente aufteilt. Ihre mit Blech verkleideten Trennwände lassen Raum frei und verstärken den Lichteinfall ein wenig. Coop Himmelblau führt einen trompetenförmigen Trichter in den Innenhof des Gasometers ein, damit die Wohnungen nicht ganz im Dunkeln bleiben. Manfred Wehdorn versucht mit Terrassen den Anschein mediterraner Grosszügigkeit zu erzeugen. Wilhelm Holzbauer schliesslich ordnet die Wohnungen windmühlenartig um einen Erschliessungskern an, so dass die Bewohner Aussicht auf die denkmalgeschützte Gasometerfassade haben. Die Architekten hatten eigentlich wenig Chancen, Wohnwerte aus den Zylindern zu zaubern. Die Ergebnisse sind unbefriedigend, die Wohnungsgrundrisse streckenweise skurril, und vom Raumerlebnis der Innenhöfe kann im besten Fall noch bei Jean Nouvel gesprochen werden. Eine Kongruenz zwischen der Gliederung der Gasometerfassaden und den Wohnungen wurde nicht hergestellt. Zusammen gesehen stellen die alten Gasometer und die neue Architektur allerdings ein bildwirksames Ensemble dar. Ein «Wahrzeichen» für den desolaten Bezirk Simmering also, das - besonders von der Stadtautobahn aus betrachtet - wieder an die autistischen Avantgarde-Skizzen der sechziger Jahre erinnert.

Nun ja, Wien ist eben anders, und die Überlagerung verschiedener Schichten von Vergangenheit lässt sich hier besonders gut vermarkten. Auch wenn die alten Ziegelsteinkreise mit ihren Betonfüllungen nur bescheidenen Wohnwert bieten, sind sie bereits nahezu vollständig verkauft oder vermietet. Die Ausblicke der Wohnungen auf die Innenhöfe können wohl kaum der Grund für die Nachfrage sein. Viel eher ist es der immaterielle Mehrwert, den sich die Bewohner erkauft haben. Prestige, Chic, Label und Individualität werden mit den «City-Klassikern» (so der Werbeprospekt) am Stadtrand assoziiert. Und damit können die Gasometer punkten, während gewöhnliche Wohnungen an der Peripherie zum Teil leer stehen. Die Gasometer sind aber mehr als nur aufgemotzte Stadtrandbehausungen. Erstmals haben private Bauträger und die öffentliche Hand annähernd zeitgleich die Infrastrukturen für ein neues Stadtviertel bereitgestellt. Bei dieser Leistung darf man nach vergeblichen zehn Jahren «Wohnbauoffensive» allerdings nicht ausser acht lassen, dass die Gasometer schon bald von einer dichten Packung Bürobauten umgeben sein werden und dass die Investoren mit ihrem Verwertungsdenken Überhand gewonnen haben. Es werden also wieder Stadtspiele an der Peripherie aufgeführt, nur diesmal ergänzt durch einen hohen Anteil an Entertainment.

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2001.07.25



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Gasometer Simmering - Neubau und Revitalisierung

06. Juli 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Wiener Wohnberg, Grazer Ufo und Villacher Zwischenräume

Visionen des Zusammenlebens im Rahmen von «Europan 6»

Visionen des Zusammenlebens im Rahmen von «Europan 6»

Junge Architekten bringen ihre Ideen ein, die Städte oder auch private Bauträger die Grundstücke - das ist eine Grundidee von «Europan».Zum sechsten Mal wurden nun nationale Wettbewerbe für Architekten unter 40 in insgesamt 67 europäischen Städten entschieden. Besondere Aufmerksamkeit erheischten diesmal die Beiträge aus Österreich. Hier haben sich die Städte Wien, Graz und Villach beteiligt, um das Nachdenken über die Zukunft des Wohnens zu unterstützen. «Zwischenorte - Architektur im Prozess zur urbanen Erneuerung» lautete das Europan-Thema. Nicht mehr ausschliesslich Wohnkonzepte für morgen waren gefragt. Vielmehr war es heuer erstmals möglich, auch die Mischformen des Zusammenlebens neu zu überdenken. Und das ist auch richtig so, weil monofunktionale Kohabitationen eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. Neu ist bei «Europan 6» zudem, dass nun intensiver der Versuch unternommen wird, die Siegerprojekte auch tatsächlich zu realisieren. Die Chancen stehen dafür gerade in Wien recht gut, wo nicht die Gemeinde das Grundstück zur Verfügung stellt, sondern das ambitionierte Bauunternehmen Mischek. Die Firma will mit Unterstützung des neuen Planungsstadtrates RudolfSchicker das Projekt der erstrangierten Architekten Anna Popelka und Georg Poduschka im südöstlichen Stadtteil Simmering ausführen.

Auf gut Wienerisch gesagt, ist das gewählte Grundstück nur eine «Gegend» - kaum städtische Verdichtung, ziellos hingestreute Wohnbauten und die üblichen Gewerbebetriebe. Popelka & Poduschka implantieren diesem fragmentarisch- urbanen Gebiet eine geballte Ladung Architektur, die in mehrfacher Hinsicht die Sachkundigkeit ihrer Urheber artikuliert. Statt der landläufigen Blockrandbebauungen konstruieren sie eine Raumhülle, deren Begrenzung nicht nur die Bauordnung, sondern - viel elementarer - der Sonnenlichteinfall gegenüber den angrenzenden Häusern bildet. Diese Spielregeln, um maximale Volumina zu erreichen, klingen zwar simpel, in der Umsetzung stellen sie aber eine massive Herausforderung dar. Das vorläufige Ergebnis zeigt nun einen «Wohnberg» - mit Büros und Geschäften -, wie wir ihn ähnlich aus den sechziger Jahren kennen, erschlossen von einer zentralen Halle. Die Unbefangenheit der jungen Architekten gegenüber einem in Misskredit geratenen Bautyp macht sich jedoch bezahlt. Die bauliche Hülle mit aussen liegenden Terrassenwohnungen eröffnet im Dialog mit der Halle genügend Möglichkeiten, um «spezielle Räume» zu schneidern.Keine Rede also mehr von «Nutzungsneutralität», die Architekten arbeiten mit dem gesamtenklassischen Instrumentarium der Volumen, Hohlräume und Blickverbindungen.

Dem Revival der «Wohnberge» in Wien folgt die Grazer Wiederfindung der «fliegenden Untertassen». Wie Ufos haben die Laibacher Architekten Rok Okman, Spela Rogel und Josip Konstantinovic ihre spiralförmigen Baukörper auf der «Gstättn» einparken lassen. Und trotzdem sind keine autistischen Baukörper dabei herausgekommen, sondern ein witziges Netzwerk aus Abgeschiedenheit und Öffentlichkeit, das eine neue Stadtlandschaft generiert. Weniger spektakulär erscheint das von den Berliner Wettbewerbsteilnehmern Zeynep Ayse Hicsasmaz, Thorsten Bunk und Jahn Monner eingereichte Siegerprojekt für Villach. Sie definieren ein Regelwerk der Zwischenräume, eine Grammatik, welche die Massstäblichkeit und Positionierung der Baukörper bestimmt. Als mikrourbane Parallele zur Landschaft finden sich die Berge, Flüsse und Seen der Umgebung abstrahiert im Durchströmen der Siedlungswege und in der Höhenstaffelung der Bauten wieder. Das Nachdenken über die Möglichkeiten des Zusammenlebens hat sich mit «Europan 6» für die drei Städte gelohnt. Gerade im eher theoriefeindlichen Klima Österreichs sind die Aufforderungen zum Vertrauen in die Kompetenz der Architekten umso wesentlicher, als die tradierten Strickmuster der Bebauung von Seiten der Bewohner deutlich wahrnehmbar in Frage gestellt werden.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2001.07.06

04. Mai 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

„Vienna goes international“

Neue Hochhäuser für die Donaumetropole

Neue Hochhäuser für die Donaumetropole

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sah sich Wien aus seiner Randlage plötzlich ins Zentrum Europas verschoben. Der neu erwachte Optimismus führte zur Planung und Realisierung mehrerer Hochhäuser. Diese städtebauliche Amerikanisierung der Donaumetropole kulminiert nun im «Twin Tower» von Massimiliano Fuksas.

Wie kein anderer Gebäudetyp illustriert das Hochhaus Wiens Wirtschafts- und Architekturgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem «Hurra wir leben noch» folgte in den fünfziger Jahren ein «Wir sind wieder wer», und die Wiener Städtische Versicherung beauftragte Erich Boltenstern mit dem Bau eines Hochhauses am Donaukanal. Doch die Wirtschaftswunder-Euphorie währte nicht lange. Wien blieb bis in die achtziger Jahre am Rande Westeuropas. Lediglich Johann Stabers geschwungene Y-Türme der Uno-City demonstrierten Bruno Kreiskys Weitblick. Der Architekt Hugo Potyka empfahl damals in einer Studie für die Wiener Stadtplanung sogar den Verzicht auf Hochhäuser. Dann fiel der Eiserne Vorhang, Wien sah sich als «Drehscheibe Mitteleuropas», und Coop Himmelblau entwarfen für die Stadtplanung das «Wiener Hochhaus». Dieses war mit 130 Metern nicht wirklich hoch und für bestimmte Standorte vorgesehen, an die sich später jedoch keiner halten sollte.


Ein Doppelturm von Fuksas

Dem Katzenjammer der abgesagten Expo 1995 folgte in Sachen Hochhaus eine Vollbremsung. Doch dann stieg auf dem Ex-Expogelände ein erster Versuchsballon. Dieser steht wie seine Nachfolger für die Probleme, die Wiens Altmeister und Altavantgardisten mit dem Typus Hochhaus in funktioneller Hinsicht haben. Da Wilhelm Holzbauers 1993 geplanter und 1997 fertiggestellter «Andromeda-Turm» in erster Linie Investoren anlocken soll, stört das Verhältnis zwischen opulenter Erschliessungs- und geringer Nutzfläche nicht wirklich. Holzbauer entwarf ein solides, im Grundriss elliptisches Türmchen mit auskragenden Glas-Erkern, das sich brav in die Kulisse der Uno-City-Türme einfügt. Mehr Mut zur Selbständigkeit bewiesen wenig später Coop Himmelblau mit einem skulpturalen, ebenfalls an der städtischen Ausfallachse nach Norden gelegenen Wohnturm. Mit seiner schräg verlaufenden Stahl-Glas-Konstruktion wirkt der Bau gestenreich. Doch ist er in der Ausführung ebenso banal wie seine Wohnungsgrundrisse. Was für die Hochhäuser von Holzbauer und Coop Himmelblau zutrifft, gilt auch für den im Stadtbild auffälligsten Turm - den «Millennium Tower» von Boris Podrecca und Gustav Peichl am Donauufer: Dieser ist aus der Ferne formal in Ordnung, im Grundriss allerdings problematisch. Denn auf zwei sich überschneidenden Kreisen - Carlo Scarpas Tomba Brion lässt grüssen - kann man kaum sinnvolle Büroräume einrichten.

Fast möchte man meinen, ein international renommierter Architekt habe den Wienern zeigen müssen, wie ein stimmiges Hochhaus zu planen sei. Der Italiener Massimiliano Fuksas hat 1995 für Grossinvestoren nahe der südlichen Ausfallachse Triesterstrasse zwei «Twin Tower» genannte Bürotürme entworfen, die elegant mit Wiens baukünstlerischen Attitüden und skulpturalen Ambitionen aufräumen. Die beiden 138 und 127 Meter hohen Baukörper über der trapezförmigen, zweigeschossigen Sockelzone mit Entrée und Entertainment-Center sind in ihrer materiellen Erscheinung auf ein Minimum reduziert. Aus der Untersicht betrachtet, verläuft die Stahl-Glas-Konstruktion mit ihrem orthogonalen Netzwerk ins Unendliche des Himmels. Die Büros selbst verwandeln sich aus dem Blickwinkel der Autofahrer in Vitrinen, lassen das Tageslicht zum Generator von Reflexionen, Schichtungen und Illusionen werden.

Mies van der Rohe, aber auch Italiens Futuristen hätten ihre Freude an diesem Doppelturm gehabt. Die im Winkel von 59 Grad zueinander stehenden Baukörper wachsen bei Annäherung und Entfernung zum geschlossenen Ganzen zusammen, um sich dann wieder - je nach Richtung und Distanz - in Einzeltürme aufzuteilen. Ein dreidimensionales Kaleidoskop wurde da am Wienerberg geschaffen, welches allein durch die räumliche Disposition unterschiedliche Bilder erzeugt. Dieser Effekt funktioniert bei jedem Wetter: Bei schlechtem Licht oder in der Nacht wird die Transparenz der Büroetagen aufgewogen durch das Patchwork der erleuchteten Büros. Die einzelnen Etagen sind zwar mit neutralen Spezialgläsern vor der Wärme geschützt, vor der Lichteinstrahlung allerdings nicht. Die Folgen einer solchen maximalen Transparenz lassen sich leicht vorhersagen.


Fensterrecht gegen Transparenz

Aus funktioneller Notwendigkeit und mentalem Schutzbedürfnis wird man die Fenster verkleben. Das ist zwar nicht im Sinn des Architekten, aber ein Fensterrecht hat hier eben jeder, und das nicht erst seit Friedensreich Hundertwasser. Die mögliche und wahrscheinliche Konterkarierung der planerischen Intention deutet indirekt an, was sich bei einer Betrachtung von Fuksas' Architektur unmittelbar aufdrängt: Ist der Meister ein Testamentsvollstrecker der Moderne? Die Frage lässt sich unterschiedlich beantworten. Fuksas reagiert in seltener Harmonie mit seiner Architektur auf den abstrakten, weil für anonyme Mieter bestimmten Raumbedarf der Investoren. Und diesen Bedarf hat schon Le Corbusier auf den Punkt gebracht, lange bevor sich Bürohaus-Developer darüber im Klaren waren. Mehr ist Fuksas zum zentralen Thema des Arbeitsplatzes nicht eingefallen. Er setzt auf die perfekte Formulierung dieses abstrakten, ökonomisch bedingten Raumerfordernisses. Die Flächen können, wie üblich, gemäss den Vorgaben des Rasters unterteilt werden, womit der Part des Architekten in diesem Planungsbereich endet.

Es hängt also von den Mietern ab, wie sie mit dem transparenten Gebilde umgehen. Fuksas und sein Team (Projektleitung: Ralf Bock) haben allerdings nicht nur die Wünsche der Investoren ausgeführt. Die durchlaufenden Betonpfeiler des Tragwerks strukturieren die vertikale Einheit der Bürotürme, der Geschäftslokale im Sockel und des unterirdischen Entertainment-Centers. Hier in der Sockelzone wird - im Gegensatz zu den Büroflächen - die Raumfolge in das Regelwerk des Rasters eingeschrieben, erfolgt der Befreiungsakt gegen das Prinzip des Orthogonalen. Hier ist Fuksas wieder, wie man ihn von früheren Bauten her kennt: gebärdenreich, expressiv, auf die Spannung zwischen den Raumelementen bedacht. In die zweigeschossige Sockelzone wurde symbolisch der «fliegende Teppich» eingezogen. Eine nahezu schwebende Zwischenebene für die Verbindung der Etagen und die Liftzugänge. Von hier aus öffnet sich der Blick über dreieckige Sichtfenster auf die Türme, in die Tiefe des Entertainment-Centers und auf die Umgebung. Einem Schnittmuster ähnlich sind die von Fuksas gebildeten Erschliessungsflächen, die in einem unruhigen Zusammenspiel von geschlossenen Wänden und Öffnungen gerade noch die Orientierung ermöglichen.


Eine neue Skyline

Wie unter einem Stroboskop blitzen die einzelnen Raumsituationen auf, suchend nach einer grösseren Ordnung, die Fuksas in seiner Unruhe letztlich entgleitet. Zur Ruhe kommt das Gelände neben dem «Twin Tower» in naher Zukunft ebenfalls nicht. Nach einem zum Schlechteren abgeänderten Bebauungsplan von Fuksas werden vier Wohnhochhäuser und niedrigere Geschossbauten im - verkehrstechnischen - Chaos der Wiener Südeinfahrt errichtet. Zusammen formen sie dann eine Skyline, die in ihrer Staffelung der Höhen an dieser Stadtkante eine «Welle» in den Himmel schreiben soll. Doch damit sind die Wiener Hochhausambitionen noch nicht erschöpft. In der City wurde gerade Hans Holleins «Media Tower» am Donaukanal mit der publikumswirksamen Schrägstellung der oberen Etagen vollendet (NZZ 10. 4. 01). Noch höher hinaus will das Versicherungsunternehmen Uniqa ebenfalls am Kanal. Heinz Neumann hat ein Gebäude entworfen, das sich spiralförmig über die Gründerzeitbauten hinaufwindet. «Vienna goes international» - nach den ersten tastenden Schritten in Sachen Hochhausbau entschloss sich die Stadtverwaltung sogar, den Abriss eines Altbaus, des Kaipalastes von Ignaz Reiser, am Donaukanal zu genehmigen (NZZ 21. 2. 01). Dieter Henke und Marta Schreieck konnten sich mit ihrem Projekt im geladenen Wettbewerb der Zürich-Kosmos-Versicherung durchsetzen.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2001.05.04



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Vienna Twin Tower

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Publikationen

Presseschau 12

05. April 2002Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Eine Stadt für die Kleinsten

Roland Gnaigers Kindergarten in Bregenz

Roland Gnaigers Kindergarten in Bregenz

Kunterbunt angeordnet und immer wieder den Massstab wechselnd, bestimmen Hochhäuser, mehrgeschossige Wohnbauten und Einfamilienhäuser den Bregenzer Ortsteil Braike. Dort haben die Architekten Roland Gnaiger und Gerhard Gruber die nicht ganz einfache Aufgabe übernommen, einen Kindergarten zu entwerfen, der diesem Verwirrspiel aus urban-peripheren Parametern und örtlicher Bauordnung die Stirn bieten kann. Hier bot sich eine streng geometrische Grundstruktur als bewährtes architektonisches Instrument an, um einen selbständigen Ort der Konzentration und der Kommunikation zu schaffen. Der Baukörper wurde daher L-förmig angeordnet und bis an die Grundstücksgrenzen herangeschoben. Der Freiraum, der aus dieser Ordnung entsteht, ist grosszügig. Mit Holzzäunen, einer Pergola und den Gebäudeteilen selbst ist er von seiner Umgebung abgeschirmt.

Wenn dieser Kindergarten in der klassischen Typologie eines ebenerdigen Mini-Mundus gegenüber den „richtigen“ Bauten erstarren würde, könnte er leicht ein wenig abgeschlossen wirken. Doch dieses Problem haben Gnaiger und Gruber sehr elegant gelöst. Der geteilte Baukörper ist nämlich zweigeschossig angelegt, so dass eine zweite Ebene der Freiräume konstituiert werden konnte. Die fünf Gruppenräume der Kinder befinden sich im ersten Stock, verfügen jeweils über einen separaten Eingang, eine eigene Loggia und ein kleines Atrium. Verbunden werden diese kleinsten Spiel- und Arbeitseinheiten über einen zentralen Gang. Das Raumangebot ist also differenziert, auf die Bedürfnisse nach Geborgenheit und nach erweiterter Perspektive - hin zum Bodensee - zugeschnitten. Angenehmer kann es eigentlich in einem Kindergarten nicht sein. Dabei ist die Architektur zurückhaltend, in ihrem Materialmix aus Beton und Holz fast schon spröde, aber sie eröffnet Räume, die in ihrer Massstäblichkeit flexibel und weitgehend neutral gehalten sind. Sich auf Sprache und Typologie der klassischen Moderne berufend, haben Gnaiger und Gruber die Qualität der zweiten Ebene der Dachfläche voll ausgenützt. Atrium und Loggia zählen denn auch zum sinnvollen Repertoire der österreichischen Architekturtradition.

Die beiden Architekten bauten für Kinder ohne jegliche kindlichen Attitüden. Im Gegenteil zeigen sie den Kleinsten auf sehr unprätentiöse Weise, wie sich Raum verändern, vergrössern und verkleinern kann, wie sich Dreidimensionalität logisch entwickelt und einen immateriellen Reichtum entfalten kann, der auf den ersten Blick kaum wahrnehmbar ist. In diesem Sinn ist auch die Halle im Erdgeschoss wie ein Boulevard organisiert - mit der grossen Achse über die gesamte Gebäudelänge und den kleinen Nischen zum Spielen oder Speisen. Das Gebäude unterscheidet sich von den üblichen Kindergärten in seinem Anspruch auf die innenräumliche und städtebauliche Dimension. Beinahe wie ein grosszügiges Hotel wirkend, ist es auch Schnittstelle für das gesamte Quartier. Seine Geometrie schafft mit dem längeren, vorgezogenen Bauteil einen kleinen Platz, während die Pergola des Freibereichs und der kürzere Gebäudetrakt die Grenzen zum Strassenraum bestimmen. Eine Stadt der Kinder ist damit in Bregenz entstanden, die ihre Auswirkungen unmittelbar auf die urbanen Dispositionen der Erwachsenen zeigt.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2002.04.05



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Kinderhaus Braike

31. Januar 2002Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Konstruktives aus dem Osten

Die Architektur des Landes begleiten, sichten und in den europäischen Kontext einfügen, diese Aufgabe stellt sich Kurator Otto Kapfinger erneut mit dem...

Die Architektur des Landes begleiten, sichten und in den europäischen Kontext einfügen, diese Aufgabe stellt sich Kurator Otto Kapfinger erneut mit dem...

Die Architektur des Landes begleiten, sichten und in den europäischen Kontext einfügen, diese Aufgabe stellt sich Kurator Otto Kapfinger erneut mit dem zweiten Teil der Ausstellung «Emerging Architecture - kommende Architektur» im Architektur-Zentrum Wien. Solche Ausstellungen sind natürlich von der Person des Auswählenden stark geprägt, doch in der gegenwärtigen Schau geht die Bilanz einer «Curator's Choice» auf. Der Ausstellungsmacher versucht nämlich nicht, Tendenzen, Stile und damit seine eigene Person zu propagieren. Kapfinger ist vielmehr dem Unterschiedlichen und Verbindenden von architektonischen Haltungen auf der Spur - mit wissenschaftlicher Präzision, die auf nur ein Ziel ausgerichtet ist: die Perspektiven einer möglichen Entwicklung österreichischer Architektur. Dieses Konzept mag angesichts des heutigen Architekturkonsums altmodisch wirken, seine Nachhaltigkeit zeichnet sich aber jetzt schon ab.

Die Ausstellung «Emerging Architecture 2» ist eine Leistungsschau von zehn Teams und gleichzeitig eine Standortbestimmung der jüngeren österreichischen Baukunst, die zu betrachten sich lohnt. Die Zeiten der grossen Gesten und der selbstverliebten dreidimensionalen Bilder scheinen vorbei zu sein. Die jüngere Generation reflektiert zwar durchaus das Zeichenhafte der Architektur, geht aber in ihrer Auslotung der baukünstlerischen Möglichkeiten sehr viel weiter. Mit unterschiedlicher Wertigkeit kommt wieder das Strukturelle, das Fliessende und Flexible der Architektur zur Geltung. Diese Betonung eines aus Konstruktion und membranhafter Hülle gewonnenen Raumes wird mit grosser Konsequenz vorangetrieben, sie äussert auch den Einfluss der Denkarbeit eines Helmut Richter oder von Coop Himmelblau in den frühen Jahren. Die Jungen haben aber genügend Potenzial, um ihre eigenen Positionen zu formulieren. Die Experimente mit der orthogonalen Konstruktion werden von den Büros Cukrowicz & Nachbaur, Gangoly, Marterer & Moosmann und Gutmorgeth vorangetrieben. Die Expansionen des Raumes hingegen interessieren Tschapeller, Holodeck, Mitterberger, Fasch & Fuchs, Flöckner & Schnöll und Gerner & Gerner. Sie stellen die technischen Vorgaben in Frage und forcieren damit die sinnliche Wahrnehmung. Das alles ist spannend, weil die im positiven Sinn traditionellen Wege der österreichischen Architektur verlassen werden. Gleichzeitig lassen sich auf das Werk und den Ort ausgerichtete Problemlösungen erkennen. Es wäre allerdings verfehlt anzunehmen, die Ausstellung reflektiere den vorherrschenden Trend in der Architektur Österreichs. «Emerging Architecture 2» thematisiert den Aspekt des Konstruktiven in unterschiedlichem Licht vor dem Hintergrund der Komplexität der Baukunst dieses Landes.


[ Bis 15. April im Architektur-Zentrum Wien. Otto Kapfinger: Emerging Architecture - kommende Architektur, Band 2. Springer-Verlag, Wien 2002. 255 S., EUR 39.90 (Emerging Architecture, Band 1. Springer-Verlag, Wien 2000. 255 S., EUR 43.-). ]

Neue Zürcher Zeitung, Do., 2002.01.31

10. Januar 2002Gert Walden
werk, bauen + wohnen

Wohnen im Gasometer

Architektur wird zum Event für die Kommunalpolitiker, Architektur wird zum Label für die Bewohner, Architektur wird zum Desaster für den Denkmalschutz. Schlagworte sicherlich, aber Politiker, Bewohner und Architekten können oder wollen sich zumindest in Wien derzeit dem Medialisierungsprozess nicht entziehen. Mit dem Umbau der vier spätgründerzeitlichen Gasometer (1893-99) im Stadtteil Simmering zu introvertierten Wohntürmen in denkmalgeschützter Verkleidung technischer Anlagen sollte ein neues Zentru entstehen, das in seiner Sogwirkung wirtschaftliche Investments anregen soll. Das Auseinanderfallen von weitgehend geschlossener Hülle und dem - auch massstäblich - autonomen Wohnungs-Infill stellte indes ein kaum zu lösendes Problem dar - mit Ausnahme des Gasometers A vielleicht, wo Jean Nouvel dank einer spezifischen Wohnungstypologie manche Nachteile des Wohnens in geschlossener Hülle wettzumachen verstand.

Architektur wird zum Event für die Kommunalpolitiker, Architektur wird zum Label für die Bewohner, Architektur wird zum Desaster für den Denkmalschutz. Schlagworte sicherlich, aber Politiker, Bewohner und Architekten können oder wollen sich zumindest in Wien derzeit dem Medialisierungsprozess nicht entziehen. Mit dem Umbau der vier spätgründerzeitlichen Gasometer (1893-99) im Stadtteil Simmering zu introvertierten Wohntürmen in denkmalgeschützter Verkleidung technischer Anlagen sollte ein neues Zentru entstehen, das in seiner Sogwirkung wirtschaftliche Investments anregen soll. Das Auseinanderfallen von weitgehend geschlossener Hülle und dem - auch massstäblich - autonomen Wohnungs-Infill stellte indes ein kaum zu lösendes Problem dar - mit Ausnahme des Gasometers A vielleicht, wo Jean Nouvel dank einer spezifischen Wohnungstypologie manche Nachteile des Wohnens in geschlossener Hülle wettzumachen verstand.

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Gasometer Simmering - Neubau und Revitalisierung



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werk, bauen + wohnen 2002-01/02 Nach innen

24. November 2001Gert Walden
Spectrum

Hoch die Käseglocke!

Raster und Modul, Vorfertigung und Montage: die Baumethoden der Wirtschaftswunderära. Was helvetische Baukünstler mit ebendiesen Mitteln für die Architektur erreicht haben, führt die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz“ im Wiener Ringturm eindrücklich vor Augen.

Raster und Modul, Vorfertigung und Montage: die Baumethoden der Wirtschaftswunderära. Was helvetische Baukünstler mit ebendiesen Mitteln für die Architektur erreicht haben, führt die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz“ im Wiener Ringturm eindrücklich vor Augen.

Nicht Shanghai oder Havanna waren die Ziele der Architekturenthusiasten in den fünfziger und sechziger Jahren. Nein, es war schlichtweg die Schweiz, denn das aktuelle Spesenrittertum des Kulturbetriebs existierte ja noch nicht, und die geographische Erreichbarkeit war damals noch ein Thema.

Mit Vespas, Lambrettas und Puch-Rollern steuerte die einstmals junge Generation österreichischer Nachkriegsarchitekten das südwestliche Nachbarland an, um ihr Informationsdefizit in Sachen Moderne zu kompensieren. Und der Weg hat sich gelohnt. Die Schweizer Nachkriegsmoderne knüpft unmittelbar - abgesehen vom Intermezzo des heimattriefenden Landi-Stils der vierziger Jahre - an die erste Moderne an. Die helvetischen Architekten thematisieren neue Aufgaben für ihre Zunft: Strukturierung des Raums mit Hilfe von Raster und Modul, Flexibilität der Nutzung und Montagebauweise. In diesem Land, vom Bombenkrieg unberührt, wird mit den technischen Grundlagen für ein neues Bauen experimentiert, wie auch die Auswirkungen für die Architektur auf hohem Niveau analysiert werden.

Die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz“ im Ringturm vermittelt nun einen ausgezeichneten Blick in die einstmals hoffnungsfrohe Zukunft vor einem halben Jahrhundert. Die beiden Kuratoren, Walter Zschokke und Adolph Stiller, haben dafür 14 Bauten von Werner Frey (1912 bis 1989), Franz Füeg (Jahrgang 1921), Jacques Schader (geboren 1917) und Jakob Zweifel (Jahrgang 1921) ausgewählt.

Repräsentativ für die Bautypen der industriellen Gesellschaft, finden sich darunter Wohnhausanlagen, Bürogebäude und Bauten aus dem gesamten pädagogischen Bereich. Sachlich distanziert, in ihrer Kühle den Bauten entsprechend, werden die Exponate aufbereitet. Den Möglichkeiten der Nachkriegsmoderne entsprechend natürlich mit den analogen Medien Film (Regie: Georg Radanowicz), Photographie (Doris Fanconi) und Plänen. Ihr Einsatz generiert gepaart mit dem präzisen Raumprogramm eine nobel zurückhaltende Atmosphäre, die als Äquivalent der dargestellten Bauten dem Besucher unaufdringlich wie auch didaktisch begegnet. Die Kuratoren haben sich nämlich in der Ordnung der Exponate vom Städtebau der Nachkriegsmoderne leiten lassen: Im Ringturm sind nun wieder diese kleinen Höfe, diese querenden und begleitenden Wege zu finden, wie sie charakteristisch für den Städtebau der vier präsentierten Architekten sind.

Nachkriegsmoderne in der Schweiz bedeutet nämlich im besonderen ein Untersuchen der Beziehung zwischen Individuum und Gruppe. Die Architekten nützen die Chancen der Zeit, um ihr Statement über ein neues Verhältnis der Menschen untereinander abzugeben. „Gemeinsam und allein“, so könnte das gemeinsame Thema der städtebaulichen Annäherung beschrieben werden. Vorbei sind die Zeiten des Kollektivismus der Zwischenkriegszeit, die Egalité wird postuliert. Neu ist eine wohlüberlegte Balance zwischen Individuum und Gruppe. Die Kuratoren gehen in der Auswahl der Objekte auf diesen gebauten Diskurs ein. So findet man im Ringturm das Jugendheim Erika von Werner Frey (Zürich 1958/59) oder Jacques Schaders wichtige Kantonsschule Freudenberg (Zürich 1956 bis 1960). Bauten also, die a priori das Zusammenleben artikulieren oder wie bei Franz Füegs Kirche St. Pius in Meggen/Luzern (1964 bis 1966) zumindest temporär und zeichenhaft einen Ort der Gemeinschaft bilden.

Der helvetische Urbanismus ist allerdings nicht unter der Käseglocke einer heimatlichen Tradition entstanden. Vielmehr mußten über die alpinen Grenzen hinweg die städtebaulichen Entwicklungen in den Niederlanden und die gedankliche Vorarbeit von Claude Lévi-Strauss reflektiert werden. Der französische Ethnologe veröffentlichte 1955 seine Studien „Traurige Tropen“, die starke Resonanz erfuhren. Nicht mehr das historistische Denken des 19. Jahrhunderts mit dem Überwinden der Natur, sondern eine ahistorische Betrachtungsweise wird hier propagiert.

Strukturen aus der Natur, die Vorbilder primitiver Kulturen wurden Anknüpfungspunkte der Architekten für die Organisation des modernen Raums. Unwillkürlich wird man an das Waisenhaus des Niederländers Aldo van Eyck in Amsterdam erinnert, wo ein vielzeiliger Cluster um einen zentralen Hof aufgemacht wird, um schließlich in der Stadtlandschaft zu versanden.

In den Niederlanden wie in der Schweiz ist nur noch wenig vorhanden von den Monolithen und Wohnstangen der ersten Moderne. Im Gegenteil, vor allem die Deutschschweizer Architekten haben es mit der Maßstäblichkeit ihrer Anlagen sehr genau genommen, wie sie auch die Möglichkeit einer Expansion der Strukturen schon im Entwurf berücksichtigt haben. Aber damit nicht genug: Was die Schweizer Gruppe - als solche kann man sie durchaus bezeichnen - besonders hervorhebt, ist die Öffnung des Dreidimensionalen.

In der Kantonsschule von Jacques Schader etwa wird mit der Typologie traditioneller Gangschulen gebrochen und das neue Leitbild des Zusammentreffens von Schülern und Lehrern mit der zentralen Halle formuliert. Daher ist gerade die Kantonsschule ein bedeutendes Beispiel für die „Durchdringung und Verflechtung einzelner Geschoße und Raumelemente, also die Verwendung der dritten Dimension als wesentliches gestalterisches Mittel“, schrieb Schader 1960 in der Zeitschrift „Bauen + Wohnen“. Wie übrigens Ausstellung und Katalog das hohe Niveau der theoretischen Auseinandersetzung dieser schweizerischen Architekten dokumentieren.

Sehr früh schon war sich auch Franz Füeg der Chancen und Gefahren der neuen Baukunst bewußt. In seinem Vortrag „Was ist modern in der Architektur? Eine Strukturanalyse der zeit-genössischen Baukunst“ (publiziert 1958) zieht er die Grenzlinien zwischen Moderne und Modernismus. Moderne Baukunst ist für ihn charakterisiert durch einen „Raum, der nicht für sich selbst besteht, sondern stets nur aus der Beziehung zu anderem erst zum Raum wird“. Der Modernismus hingegen habe von diesem Anliegen noch kaum Kenntnis genommen. Dieser produziere Städte, die nicht für den Menschen, sondern für einen imaginären Mechanismus gebaut seien.

Raster und Modul, Vorfertigung und Montage sind für die vier Schweizer Architekten nur technische Möglichkeiten, nicht Fetische des eben genannten Mechanismus. Immer wieder kommt in den Schriften und Bauten die Anthropozentrik ihrer Architektur zum Ausdruck. Damit versperren sie sich vielleicht die Sicht auf das Visionäre des technischen Zeitalters, wie es die Gruppe Archigram in ihrer dekorativen Flower-Power-Manier angedacht hat. Die schweizerische Architektur der Nachkriegsmoderne hat bisweilen einen etwas betulichen Grundton, etwas von der Attitüde des „guten Menschen“. Sie verweigert sich damit aber auch den Verwertungsmechanismen des damals grassierenden Wirtschaftswunderfunktionalismus mit seinen sogenannten Zweckbauten, die heute nicht einmal den Investoren nützen.

Knapp 50 Jahre nachdem die Bauten der zweiten Schweizer Moderne entstanden sind, kann man sich fragen, wo das Entwicklungspotential dieses Strukturalismus lag. Ohne Zweifel ist die technische Kompetenz der Architekten für die Zukunft schlichtweg überlebensnotwendig, um gegen Haustechnik-Planer bestehen zu können. Die Vorstellung von der flexiblen Raumgliederung im industrialisierten Bauen ist eigentlich schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Allein, die Präzision im Detail, wie sie diese Schweizer Architekten beherrscht haben, wird weiterhin zu den aktuellen Herausforderungen zählen. Auch die Prämisse der dienenden Funktion der Architektur im Zeichen eines humanistischen Weltbildes bildet eine immer noch sehr wichtige und wirksame Gegenposition zum künstlerischen Subjektivismus mancher formalistischer 3D-Designer im Modebetrieb des Marketing-Artikels Architektur.

In der gegenwärtigen Diskussion um das Physiognomische in der Architektur, um die Alternative „Blase oder Box“ ist die Schweizer Nachkriegsmoderne ein Referenzprodukt für die wiederaufgelegte Abstraktion und Dynamisierung der Architektur. Was die Schweizer nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings kaum untersucht haben und worin sie sich deutlich von den „Modernisten“ der Gegenwart unterscheiden, das ist das Physiognomische der Architektur. Die Struktur mit ihrer gedanklichen Perspektive im Unendlichen eröffnet dafür keine Option, sodaß das Defizit der gestalthaften Erkennbarkeit von Architektur nicht bewältigt werden konnte.


[Die Ausstellung „Nachkriegsmoderne Schweiz: Architektur von Werner Frey, Franz Füeg, Jacques Schader und Jakob Zweifel“ im Wiener Ringturm (Wien I, Schottenring 30) ist noch bis 14. Dezember zu sehen (Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr).]

Spectrum, Sa., 2001.11.24

01. September 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Koketter Bau im Gründerzeitquartier

Orange leuchtet sie im grauen Gründerzeitviertel: Ein wenig konservativ, ein wenig kokett, wie sie halt so sind, die Wiener Mäderln, steht die «Miss Sargfabrik»...

Orange leuchtet sie im grauen Gründerzeitviertel: Ein wenig konservativ, ein wenig kokett, wie sie halt so sind, die Wiener Mäderln, steht die «Miss Sargfabrik»...

Orange leuchtet sie im grauen Gründerzeitviertel: Ein wenig konservativ, ein wenig kokett, wie sie halt so sind, die Wiener Mäderln, steht die «Miss Sargfabrik» an der Strassenkreuzung Missindorfgasse/Fenzlgasse und macht allein schon durch die Farbe auf sich aufmerksam. Den Namen hat sie von ihrer Vorgängerin, der ersten «Sargfabrik», geerbt, die tatsächlich auf dem ehemaligen Areal einer Produktionsfirma für letzte Ruhestätten errichtet worden ist. Der Name steht aber auch für ein Wohnkonzept, das vom Architektenteam BKK-3 (Franz Sumnitsch und Johann Winter) nach der «Sargfabrik» (1996) weiterentwickelt wurde. So ist denn die «Miss Sargfabrik» trotz ihrer leicht morbiden Namensgebung - ein bisserl Schmäh muss sein - das ambitionierte Ergebnis der architektonischen Recherche von BKK-3 und des Engagements des Bauträgers, des Vereins für integrative Lebensgestaltung.


Zelt und Höhle

Mit der Idee, eine Nische der Wiener Wohnbauförderung zu nutzen, konnten die üblichen Auflagen betreffend Zimmeranordnung und Parkplatzverpflichtung umgangen werden. Die «Miss Sargfabrik» ist nämlich - ob es der Lady passt oder nicht - schlichtweg ein Wohnheim, das per definitionem nicht den biederen Förderungs- und Grundrissbestimmungen unterliegt. Für die Architekten eröffnete dieses Ausblenden der kommunal bestimmten Wohnrituale die Möglichkeit, ihre «Miss Sargfabrik» unkonventionell einzukleiden: nach aussen hin und im Inneren, wo sich die wahren Werte der Lady entfalten können. Sumnitsch und Winter konzentrierten sich auf das Erfahrbarmachen des Wohnraums: Keine Raumskulptur mit schäbigen Grundrissen, wie die Gasometer-Kreationen von Coop Himmelblau, wurde hier intendiert. Vielmehr wurde bis in die kleinste der 39 Wohnungen das Erlebnis des Dreidimensionalen in den Vordergrund gerückt.

Bei den Garçonnièren, sie machen die Hälfte der Wohnungen aus, half dabei der Trick mit dem Knick. Anstelle der gewöhnlichen platten Trennwände sind in den Kleinstwohnungen mit rund 40 Quadratmetern die Wandscheiben zackig ausgefallen, während die Raumhöhen von den Entrées an den Laubengängen bis zur Strassenfront differieren. Auf diese Weise entstehen zwei Varianten der Behausung. Die extrovertierte, welche sich zum Freien hin öffnet, und die introvertierte mit mehr Platz im Wohnungszentrum. «Zelt und Höhle» - diese beiden archetypischen Spielarten des Wohnens, wie sie Gottfried Semper beschrieben hat, werden hier zeitgemäss formuliert. Rampen und flache Stiegen zeigen auf jeden Fall den Niveauunterschied an, wobei mit der durchgehenden Höhe an der Längsseite des Objekts eine ziemlich stereotype Strassenfront an der Fenzlgasse entsteht.

Bei den grösseren Wohnungen (70 bis 120 Quadratmeter) konnten die Architekten noch mehr an der Vielfalt der Wohnebenen feilen. Mit dem klassischen Split-Level lässt sich da schon einiges machen. Da ist Platz für Kleinarchitekturen - wie etwa eine Kanzel im Küchenbereich - als witzige, aber praktisch adaptierte Zitate der herrschaftlichen Baukunst im Wohnheim. Da wird auch die schwierige Ecksituation souverän gemeistert. Die schrägen Bodenflächen werden konsequent von den ansteigenden Fensterrahmungen begleitet, um in die Längsfront überzugleiten. An der Schmalseite des Hauses lüftet die «‹Miss Sargfabrik› dann ihr Rockerl». Hier wird die Strassenfront zur Schauseite des Inneren, aufgeschlitzt eröffnet sich die strukturelle Gliederung, um die Fassade letztlich in ein Emblem für innovatives Wohnen zu verwandeln. Wie überhaupt die Arbeit von BKK-3 mit äusserster Konsequenz die Kombination von individuellem Wohnnutzen und gemeinsamem Zusammenleben in das Räumliche einer skulpturalen Architektur transponiert.


Orange Bauskulptur

Die «Miss Sargfabrik» ist nämlich nicht nur kokett und konservativ, sie verfügt auch über einige Tugenden, die sie im Kontext der Wiener Architekturszene zur Ausnahmeerscheinung machen. Dazu zählen primär die Gemeinschaftseinrichtungen. Nicht wie üblich irgendwo im Keller versteckt, bilden sie - der Karl-Marx-Hof lässt grüssen - den Mittelpunkt des Hauses. Die Bibliothek, die Computerstationen und die Küche spielen gemeinsam den integrativen Part im Leben der «Miss Sargfabrik». Darüber hinaus ist die Architektur bis ins Detail hinein instrumentiert, um Räumlichkeit und Kommunikation miteinander in Einklang zu bringen. Die Laubengänge etwa, sonst ungeliebte Passagen des Transitorischen, sind ausreichend gross dimensioniert, um auch tatsächlich Platz anzubieten für Gespräche im halböffentlichen Raum. Sie erschliessen aber auch hier wieder mit den Öffnungen in den Brüstungen und Decken die Höhen und Tiefen der Lady und ihrer leicht morbiden gründerzeitlichen Umgebung.

Das orange Kleid der «Miss Sargfabrik» tut da einfach gut. Bei strahlendem Sonnenschein wirkt es überraschend zurückhaltend, in den grauen Wiener Wintermonaten erzeugt das Kolorit positive Grundstimmungen. Generell generiert die Architektur also eine Atmosphäre, die über die Gegenwart hinaus auf eine mögliche optimistische Zukunft des Wohnens verweist. Wie sehr dieser kräftige Farbtupfer in der Wiener Wohnlandschaft auch in der Szene anerkannt wird, zeigte auch kürzlich die Würdigung durch den 7. Architekturpreis der Vereinigung der österreichischen Zementindustrie an.

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2001.09.01



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Miss Sargfabrik

25. Juli 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Wohnungen aus vier Zylindern

Der Umbau der Gasometer in Wien-Simmering

Der Umbau der Gasometer in Wien-Simmering

«Wenn der Architekt nichts weiss, dann macht er einen Kreis.» Diese Binsenweisheit hat sich bei der Sanierung der Gasometer in Wien-Simmering ins Gegenteil umgekehrt. Hier waren es nicht die Architekten, die ihre Kreise zogen, sondern die vier ehemaligen Gasbehälter aus dem späten 19. Jahrhundert haben die zylindrische Form vorgegeben. Nach einem Bauträgerwettbewerb im Jahr 1995, bei dem die Errichtergesellschaften auch den Architekten beistellen, erhielten Jean Nouvel, Coop Himmelblau, Manfred Wehdorn und Wilhelm Holzbauer die Planungsaufträge. Rund 620 Wohnungen, Büroflächen, eine Rockhalle sowie eine durchgehende Einkaufsstrasse waren gefordert, um mit den vier brachial ausgehöhlten Denkmälern der Industriebaukunst ein lebensfähiges Stadtviertel zu konstituieren.

Hinter den Fassaden ist nicht viel übrig geblieben von den rund 75 Meter hohen Gasometern. Immerhin bilden sie eine kreisrunde, weithin sichtbare Kulisse am Südostrand von Wien, die von den Architekten zu füllen war. Doch damit nicht genug der urbanen Lebenszeichen: Coop Himmelblau haben zusätzlich noch an der Nordseite eines Gasometers ihre geknickte und gewölbte Wohn- und Bürowand angedockt, die reichlich pathetisch verkündet, dass sich die Architektur nicht nur den Zwängen eines der europaweit grössten Sanierungsfälle unterwirft. Diese Zwänge sind beachtlich, wenn man sich den Umgang der Architekten mit der Kreisform anschaut. Insgesamt darf man den Bewohnern, vor allem in den unteren Etagen, möglichst viele Sonnentage wünschen, denn die Belichtung reicht bei trübem Wetter schlichtweg nicht aus.

Jean Nouvel hat in seinem Gasometer das zentrale Belichtungsproblem zu lösen versucht, indem er den betonierten Wohnungskranz ganz stringent in Segmente aufteilt. Ihre mit Blech verkleideten Trennwände lassen Raum frei und verstärken den Lichteinfall ein wenig. Coop Himmelblau führt einen trompetenförmigen Trichter in den Innenhof des Gasometers ein, damit die Wohnungen nicht ganz im Dunkeln bleiben. Manfred Wehdorn versucht mit Terrassen den Anschein mediterraner Grosszügigkeit zu erzeugen. Wilhelm Holzbauer schliesslich ordnet die Wohnungen windmühlenartig um einen Erschliessungskern an, so dass die Bewohner Aussicht auf die denkmalgeschützte Gasometerfassade haben. Die Architekten hatten eigentlich wenig Chancen, Wohnwerte aus den Zylindern zu zaubern. Die Ergebnisse sind unbefriedigend, die Wohnungsgrundrisse streckenweise skurril, und vom Raumerlebnis der Innenhöfe kann im besten Fall noch bei Jean Nouvel gesprochen werden. Eine Kongruenz zwischen der Gliederung der Gasometerfassaden und den Wohnungen wurde nicht hergestellt. Zusammen gesehen stellen die alten Gasometer und die neue Architektur allerdings ein bildwirksames Ensemble dar. Ein «Wahrzeichen» für den desolaten Bezirk Simmering also, das - besonders von der Stadtautobahn aus betrachtet - wieder an die autistischen Avantgarde-Skizzen der sechziger Jahre erinnert.

Nun ja, Wien ist eben anders, und die Überlagerung verschiedener Schichten von Vergangenheit lässt sich hier besonders gut vermarkten. Auch wenn die alten Ziegelsteinkreise mit ihren Betonfüllungen nur bescheidenen Wohnwert bieten, sind sie bereits nahezu vollständig verkauft oder vermietet. Die Ausblicke der Wohnungen auf die Innenhöfe können wohl kaum der Grund für die Nachfrage sein. Viel eher ist es der immaterielle Mehrwert, den sich die Bewohner erkauft haben. Prestige, Chic, Label und Individualität werden mit den «City-Klassikern» (so der Werbeprospekt) am Stadtrand assoziiert. Und damit können die Gasometer punkten, während gewöhnliche Wohnungen an der Peripherie zum Teil leer stehen. Die Gasometer sind aber mehr als nur aufgemotzte Stadtrandbehausungen. Erstmals haben private Bauträger und die öffentliche Hand annähernd zeitgleich die Infrastrukturen für ein neues Stadtviertel bereitgestellt. Bei dieser Leistung darf man nach vergeblichen zehn Jahren «Wohnbauoffensive» allerdings nicht ausser acht lassen, dass die Gasometer schon bald von einer dichten Packung Bürobauten umgeben sein werden und dass die Investoren mit ihrem Verwertungsdenken Überhand gewonnen haben. Es werden also wieder Stadtspiele an der Peripherie aufgeführt, nur diesmal ergänzt durch einen hohen Anteil an Entertainment.

Neue Zürcher Zeitung, Mi., 2001.07.25



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Gasometer Simmering - Neubau und Revitalisierung

06. Juli 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Wiener Wohnberg, Grazer Ufo und Villacher Zwischenräume

Visionen des Zusammenlebens im Rahmen von «Europan 6»

Visionen des Zusammenlebens im Rahmen von «Europan 6»

Junge Architekten bringen ihre Ideen ein, die Städte oder auch private Bauträger die Grundstücke - das ist eine Grundidee von «Europan».Zum sechsten Mal wurden nun nationale Wettbewerbe für Architekten unter 40 in insgesamt 67 europäischen Städten entschieden. Besondere Aufmerksamkeit erheischten diesmal die Beiträge aus Österreich. Hier haben sich die Städte Wien, Graz und Villach beteiligt, um das Nachdenken über die Zukunft des Wohnens zu unterstützen. «Zwischenorte - Architektur im Prozess zur urbanen Erneuerung» lautete das Europan-Thema. Nicht mehr ausschliesslich Wohnkonzepte für morgen waren gefragt. Vielmehr war es heuer erstmals möglich, auch die Mischformen des Zusammenlebens neu zu überdenken. Und das ist auch richtig so, weil monofunktionale Kohabitationen eigentlich der Vergangenheit angehören sollten. Neu ist bei «Europan 6» zudem, dass nun intensiver der Versuch unternommen wird, die Siegerprojekte auch tatsächlich zu realisieren. Die Chancen stehen dafür gerade in Wien recht gut, wo nicht die Gemeinde das Grundstück zur Verfügung stellt, sondern das ambitionierte Bauunternehmen Mischek. Die Firma will mit Unterstützung des neuen Planungsstadtrates RudolfSchicker das Projekt der erstrangierten Architekten Anna Popelka und Georg Poduschka im südöstlichen Stadtteil Simmering ausführen.

Auf gut Wienerisch gesagt, ist das gewählte Grundstück nur eine «Gegend» - kaum städtische Verdichtung, ziellos hingestreute Wohnbauten und die üblichen Gewerbebetriebe. Popelka & Poduschka implantieren diesem fragmentarisch- urbanen Gebiet eine geballte Ladung Architektur, die in mehrfacher Hinsicht die Sachkundigkeit ihrer Urheber artikuliert. Statt der landläufigen Blockrandbebauungen konstruieren sie eine Raumhülle, deren Begrenzung nicht nur die Bauordnung, sondern - viel elementarer - der Sonnenlichteinfall gegenüber den angrenzenden Häusern bildet. Diese Spielregeln, um maximale Volumina zu erreichen, klingen zwar simpel, in der Umsetzung stellen sie aber eine massive Herausforderung dar. Das vorläufige Ergebnis zeigt nun einen «Wohnberg» - mit Büros und Geschäften -, wie wir ihn ähnlich aus den sechziger Jahren kennen, erschlossen von einer zentralen Halle. Die Unbefangenheit der jungen Architekten gegenüber einem in Misskredit geratenen Bautyp macht sich jedoch bezahlt. Die bauliche Hülle mit aussen liegenden Terrassenwohnungen eröffnet im Dialog mit der Halle genügend Möglichkeiten, um «spezielle Räume» zu schneidern.Keine Rede also mehr von «Nutzungsneutralität», die Architekten arbeiten mit dem gesamtenklassischen Instrumentarium der Volumen, Hohlräume und Blickverbindungen.

Dem Revival der «Wohnberge» in Wien folgt die Grazer Wiederfindung der «fliegenden Untertassen». Wie Ufos haben die Laibacher Architekten Rok Okman, Spela Rogel und Josip Konstantinovic ihre spiralförmigen Baukörper auf der «Gstättn» einparken lassen. Und trotzdem sind keine autistischen Baukörper dabei herausgekommen, sondern ein witziges Netzwerk aus Abgeschiedenheit und Öffentlichkeit, das eine neue Stadtlandschaft generiert. Weniger spektakulär erscheint das von den Berliner Wettbewerbsteilnehmern Zeynep Ayse Hicsasmaz, Thorsten Bunk und Jahn Monner eingereichte Siegerprojekt für Villach. Sie definieren ein Regelwerk der Zwischenräume, eine Grammatik, welche die Massstäblichkeit und Positionierung der Baukörper bestimmt. Als mikrourbane Parallele zur Landschaft finden sich die Berge, Flüsse und Seen der Umgebung abstrahiert im Durchströmen der Siedlungswege und in der Höhenstaffelung der Bauten wieder. Das Nachdenken über die Möglichkeiten des Zusammenlebens hat sich mit «Europan 6» für die drei Städte gelohnt. Gerade im eher theoriefeindlichen Klima Österreichs sind die Aufforderungen zum Vertrauen in die Kompetenz der Architekten umso wesentlicher, als die tradierten Strickmuster der Bebauung von Seiten der Bewohner deutlich wahrnehmbar in Frage gestellt werden.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2001.07.06

04. Mai 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

„Vienna goes international“

Neue Hochhäuser für die Donaumetropole

Neue Hochhäuser für die Donaumetropole

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sah sich Wien aus seiner Randlage plötzlich ins Zentrum Europas verschoben. Der neu erwachte Optimismus führte zur Planung und Realisierung mehrerer Hochhäuser. Diese städtebauliche Amerikanisierung der Donaumetropole kulminiert nun im «Twin Tower» von Massimiliano Fuksas.

Wie kein anderer Gebäudetyp illustriert das Hochhaus Wiens Wirtschafts- und Architekturgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach dem «Hurra wir leben noch» folgte in den fünfziger Jahren ein «Wir sind wieder wer», und die Wiener Städtische Versicherung beauftragte Erich Boltenstern mit dem Bau eines Hochhauses am Donaukanal. Doch die Wirtschaftswunder-Euphorie währte nicht lange. Wien blieb bis in die achtziger Jahre am Rande Westeuropas. Lediglich Johann Stabers geschwungene Y-Türme der Uno-City demonstrierten Bruno Kreiskys Weitblick. Der Architekt Hugo Potyka empfahl damals in einer Studie für die Wiener Stadtplanung sogar den Verzicht auf Hochhäuser. Dann fiel der Eiserne Vorhang, Wien sah sich als «Drehscheibe Mitteleuropas», und Coop Himmelblau entwarfen für die Stadtplanung das «Wiener Hochhaus». Dieses war mit 130 Metern nicht wirklich hoch und für bestimmte Standorte vorgesehen, an die sich später jedoch keiner halten sollte.


Ein Doppelturm von Fuksas

Dem Katzenjammer der abgesagten Expo 1995 folgte in Sachen Hochhaus eine Vollbremsung. Doch dann stieg auf dem Ex-Expogelände ein erster Versuchsballon. Dieser steht wie seine Nachfolger für die Probleme, die Wiens Altmeister und Altavantgardisten mit dem Typus Hochhaus in funktioneller Hinsicht haben. Da Wilhelm Holzbauers 1993 geplanter und 1997 fertiggestellter «Andromeda-Turm» in erster Linie Investoren anlocken soll, stört das Verhältnis zwischen opulenter Erschliessungs- und geringer Nutzfläche nicht wirklich. Holzbauer entwarf ein solides, im Grundriss elliptisches Türmchen mit auskragenden Glas-Erkern, das sich brav in die Kulisse der Uno-City-Türme einfügt. Mehr Mut zur Selbständigkeit bewiesen wenig später Coop Himmelblau mit einem skulpturalen, ebenfalls an der städtischen Ausfallachse nach Norden gelegenen Wohnturm. Mit seiner schräg verlaufenden Stahl-Glas-Konstruktion wirkt der Bau gestenreich. Doch ist er in der Ausführung ebenso banal wie seine Wohnungsgrundrisse. Was für die Hochhäuser von Holzbauer und Coop Himmelblau zutrifft, gilt auch für den im Stadtbild auffälligsten Turm - den «Millennium Tower» von Boris Podrecca und Gustav Peichl am Donauufer: Dieser ist aus der Ferne formal in Ordnung, im Grundriss allerdings problematisch. Denn auf zwei sich überschneidenden Kreisen - Carlo Scarpas Tomba Brion lässt grüssen - kann man kaum sinnvolle Büroräume einrichten.

Fast möchte man meinen, ein international renommierter Architekt habe den Wienern zeigen müssen, wie ein stimmiges Hochhaus zu planen sei. Der Italiener Massimiliano Fuksas hat 1995 für Grossinvestoren nahe der südlichen Ausfallachse Triesterstrasse zwei «Twin Tower» genannte Bürotürme entworfen, die elegant mit Wiens baukünstlerischen Attitüden und skulpturalen Ambitionen aufräumen. Die beiden 138 und 127 Meter hohen Baukörper über der trapezförmigen, zweigeschossigen Sockelzone mit Entrée und Entertainment-Center sind in ihrer materiellen Erscheinung auf ein Minimum reduziert. Aus der Untersicht betrachtet, verläuft die Stahl-Glas-Konstruktion mit ihrem orthogonalen Netzwerk ins Unendliche des Himmels. Die Büros selbst verwandeln sich aus dem Blickwinkel der Autofahrer in Vitrinen, lassen das Tageslicht zum Generator von Reflexionen, Schichtungen und Illusionen werden.

Mies van der Rohe, aber auch Italiens Futuristen hätten ihre Freude an diesem Doppelturm gehabt. Die im Winkel von 59 Grad zueinander stehenden Baukörper wachsen bei Annäherung und Entfernung zum geschlossenen Ganzen zusammen, um sich dann wieder - je nach Richtung und Distanz - in Einzeltürme aufzuteilen. Ein dreidimensionales Kaleidoskop wurde da am Wienerberg geschaffen, welches allein durch die räumliche Disposition unterschiedliche Bilder erzeugt. Dieser Effekt funktioniert bei jedem Wetter: Bei schlechtem Licht oder in der Nacht wird die Transparenz der Büroetagen aufgewogen durch das Patchwork der erleuchteten Büros. Die einzelnen Etagen sind zwar mit neutralen Spezialgläsern vor der Wärme geschützt, vor der Lichteinstrahlung allerdings nicht. Die Folgen einer solchen maximalen Transparenz lassen sich leicht vorhersagen.


Fensterrecht gegen Transparenz

Aus funktioneller Notwendigkeit und mentalem Schutzbedürfnis wird man die Fenster verkleben. Das ist zwar nicht im Sinn des Architekten, aber ein Fensterrecht hat hier eben jeder, und das nicht erst seit Friedensreich Hundertwasser. Die mögliche und wahrscheinliche Konterkarierung der planerischen Intention deutet indirekt an, was sich bei einer Betrachtung von Fuksas' Architektur unmittelbar aufdrängt: Ist der Meister ein Testamentsvollstrecker der Moderne? Die Frage lässt sich unterschiedlich beantworten. Fuksas reagiert in seltener Harmonie mit seiner Architektur auf den abstrakten, weil für anonyme Mieter bestimmten Raumbedarf der Investoren. Und diesen Bedarf hat schon Le Corbusier auf den Punkt gebracht, lange bevor sich Bürohaus-Developer darüber im Klaren waren. Mehr ist Fuksas zum zentralen Thema des Arbeitsplatzes nicht eingefallen. Er setzt auf die perfekte Formulierung dieses abstrakten, ökonomisch bedingten Raumerfordernisses. Die Flächen können, wie üblich, gemäss den Vorgaben des Rasters unterteilt werden, womit der Part des Architekten in diesem Planungsbereich endet.

Es hängt also von den Mietern ab, wie sie mit dem transparenten Gebilde umgehen. Fuksas und sein Team (Projektleitung: Ralf Bock) haben allerdings nicht nur die Wünsche der Investoren ausgeführt. Die durchlaufenden Betonpfeiler des Tragwerks strukturieren die vertikale Einheit der Bürotürme, der Geschäftslokale im Sockel und des unterirdischen Entertainment-Centers. Hier in der Sockelzone wird - im Gegensatz zu den Büroflächen - die Raumfolge in das Regelwerk des Rasters eingeschrieben, erfolgt der Befreiungsakt gegen das Prinzip des Orthogonalen. Hier ist Fuksas wieder, wie man ihn von früheren Bauten her kennt: gebärdenreich, expressiv, auf die Spannung zwischen den Raumelementen bedacht. In die zweigeschossige Sockelzone wurde symbolisch der «fliegende Teppich» eingezogen. Eine nahezu schwebende Zwischenebene für die Verbindung der Etagen und die Liftzugänge. Von hier aus öffnet sich der Blick über dreieckige Sichtfenster auf die Türme, in die Tiefe des Entertainment-Centers und auf die Umgebung. Einem Schnittmuster ähnlich sind die von Fuksas gebildeten Erschliessungsflächen, die in einem unruhigen Zusammenspiel von geschlossenen Wänden und Öffnungen gerade noch die Orientierung ermöglichen.


Eine neue Skyline

Wie unter einem Stroboskop blitzen die einzelnen Raumsituationen auf, suchend nach einer grösseren Ordnung, die Fuksas in seiner Unruhe letztlich entgleitet. Zur Ruhe kommt das Gelände neben dem «Twin Tower» in naher Zukunft ebenfalls nicht. Nach einem zum Schlechteren abgeänderten Bebauungsplan von Fuksas werden vier Wohnhochhäuser und niedrigere Geschossbauten im - verkehrstechnischen - Chaos der Wiener Südeinfahrt errichtet. Zusammen formen sie dann eine Skyline, die in ihrer Staffelung der Höhen an dieser Stadtkante eine «Welle» in den Himmel schreiben soll. Doch damit sind die Wiener Hochhausambitionen noch nicht erschöpft. In der City wurde gerade Hans Holleins «Media Tower» am Donaukanal mit der publikumswirksamen Schrägstellung der oberen Etagen vollendet (NZZ 10. 4. 01). Noch höher hinaus will das Versicherungsunternehmen Uniqa ebenfalls am Kanal. Heinz Neumann hat ein Gebäude entworfen, das sich spiralförmig über die Gründerzeitbauten hinaufwindet. «Vienna goes international» - nach den ersten tastenden Schritten in Sachen Hochhausbau entschloss sich die Stadtverwaltung sogar, den Abriss eines Altbaus, des Kaipalastes von Ignaz Reiser, am Donaukanal zu genehmigen (NZZ 21. 2. 01). Dieter Henke und Marta Schreieck konnten sich mit ihrem Projekt im geladenen Wettbewerb der Zürich-Kosmos-Versicherung durchsetzen.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2001.05.04



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Vienna Twin Tower

10. April 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Ambivalente Architektur

Hans Holleins Media Tower in Wien

Hans Holleins Media Tower in Wien

Wiens Zentrum liegt nicht an der Donau, sondern am Donaukanal, der die Grenze zwischen der Innenstadt und dem angrenzenden 2. Bezirk markiert. Diese Trennlinie der Quartiere ist nicht nur eine topographische; zwischen den beiden Bezirken verläuft auch eine soziale Schranke. Entsprechend war auch die Schauseite am Kanal von der Innenstadt hinüber zum 2. Bezirk von schlichten, nach dem Weltkrieg verunstalteten Gründerzeithäusern geprägt. Aber immerhin blieb eine durchgehend ruhige Bebauungshöhe eingehalten, die erst von den Verwaltungsbauten der sechziger und siebziger Jahre durchbrochen wurde.

Architekt Georg Lippert hatte 1959 mit dem Haus der Bundesländer-Versicherung ein zeitgeistiges, zart ausschwingendes Gebäude entworfen, das den Eingang zum 2. Bezirk markierte. Das stimmte noch bis vor kurzem. Denn zurzeit wird unmittelbar angrenzend an der Taborstrasse der neue Media Tower von Hans Hollein bezogen, der ziemlich rabiat mit dem alten Lippert-Bau konkurriert und ihn quasi als Dominante zu verdrängen sucht.

Hollein hatte den Auftrag für den Media Tower mit seinem gebärdenreichen Projekt schon 1994 in einem Wettbewerb, an dem auch Jean Nouvel, Adolf Krischanitz und Heinz Neumann beteiligt waren, für sich entscheiden können. Die Intention Holleins, mit der vorgegebenen Höhenlinie zu brechen, wurde vom Auftraggeber, der Generali-Versicherung, und von der Stadtverwaltung honoriert. Österreichs Stararchitekt placierte auf dem schmalen Grundstück zwei unterschiedlich hohe Türme, wobei der höhere ausserdem um drei Grad aus der Vertikalen geschwenkt wurde. Diese minimale Abweichung, dieses Auskragen verleiht dem Turm mit seiner hermetisch abschliessenden Spiegelverglasung und dem Info-Screen eine Signifikanz, die mehr als nur eine vordergründige Assoziation mit Pisa erweckt. Die konstruktiv aufwendige Schräglage verleiht dem 80 Meter hohen Turm aus der frontalen Sicht von der Innenstadt her das Flair des Solitären. Die künstlerisch generierte Abweichung vom Orthogonalen in der Grossform, welche als subjektiver Gestus für den urbanen Kontext überzeugt, findet sich konsequent geplant immer wieder im gesamten Objekt.

Das Ausgreifen in den Raum, um die zweidimensionale Stadtansicht des Gebäudes in eine mehrschichtige Ecklösung zu verwandeln, wird von der in den oberen Etagen angehängten Box eines Besprechungsraumes unterstützt. Zu ebener Erde wiederholt die Kleinform der mehrgeschossigen Stahl-Glas-Konstruktion wie eine transparente Plakatwand die Idee von der Konstitution einer neuen Ecksituation am Eingang zum 2. Bezirk. Allerdings ereignet sich gerade in der Eingangssituation des Guten zu viel. Das Entrée selbst mutiert letztlich zum kleinen Hinterbühneneingang vor der grossen Inszenierung des Meisters. Holleins Solitär aus zwei Türmen - ein Widerspruch nur im Sprachlichen - basiert in seiner skulpturalen Konfiguration auf der Vorstellung vom Schürfen oder Graben aus dem übergeordneten Volumen, um einen ambivalenten Raum zu schaffen. Während der höhere Turm als Landmark für alle Sichtachsen der Stadt verantwortlich ist, erweist Hollein mit dem um 24 Meter niedrigeren Baukörper seine Reverenz gegenüber der Innenstadt, die zusätzlich durch die aufgesetzte Kleinarchitektur eines Konferenzsaales akzentuiert wird.

Diese Dualität aus Skulpturalem und Orthogonalem setzt sich innen fort. Im kleineren, orthogonal angelegten Turm löst Hollein die sture Stapelung von Etagen auf. Eine mehrgeschossige Halle mit ihren schrägen Betonsäulen und gekurvten Decken bringt Spannung und auch die für Hollein charakteristische Atmosphäre des Höhlenartigen in einen sogenannten Zweckbau ein, der sich in Sachen Büroorganisation nicht wesentlich von simpleren Bauten unterscheidet. Hollein versucht eben mit den Möglichkeiten der Architektur, Wahrnehmungen zu verändern, Abläufe zu irritieren und sich mit utilitaristischen Arbeitskonzepten zu konfrontieren. Auch im höheren Turm möchte er dieses Ziel erreichen. Dort ist selbst im Inneren die minimale Schrägstellung der Betonstützen erlebbar. Sie verschieben das plane Rahmenwerk für die wohl beste Aussicht auf Wien um eine Nuance, damit die plane Frontalität der Betrachtung auch von den Benutzern hinterfragt wird. Das Experiment Holleins mit der dreidimensionalen Wahrnehmung hat sich insgesamt für Wien gelohnt. In ihrer Komplexität demonstrieren die beiden Türme, was mit dieser Architektur in der Stadt erreicht werden kann, wenn der Auftraggeber bereit ist, auch entsprechende Budgets aufzubringen.

Neue Zürcher Zeitung, Di., 2001.04.10



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Generali Media Tower

14. März 2001Gert Walden
Der Standard

Wohnen und Werken im selben Haus

Das Thema „Arbeiten und Wohnen“ unter einem Dach ist ein Dauerbrenner aktueller Architektur. Adolf Krischanitz hat dazu sein Statement abgegeben. Es ist in seiner scheinbaren Gewöhnlichkeit äußerst ungewöhnlich.

Das Thema „Arbeiten und Wohnen“ unter einem Dach ist ein Dauerbrenner aktueller Architektur. Adolf Krischanitz hat dazu sein Statement abgegeben. Es ist in seiner scheinbaren Gewöhnlichkeit äußerst ungewöhnlich.

München - Auf den ersten Blick ist alles klar. Der Wiener Architekt mit Professur in Berlin hat ein Gebäude entworfen, an dessen Ecken ablesbar die Büroflächen untergebracht sind. Im erhöhten Mittelteil wären dann die Wohnungen untergebracht. Der Konjunktiv ist das einzige, was an der scheinbar so funktionalistisch ablesbaren Fassade stimmt.

Krischanitz hat nämlich das Haus für zwei Investoren vertikal in zwei Hälften geteilt, wie der Grundriss zeigt. Die Organisation der Flächen erklärt aber noch mehr. Wohnen und Arbeiten sind nämlich nicht abgetrennt, wie sie die Fassadenansicht dem Betrachter zunächst glauben macht. Wohnen ist im überhöhten Teil ebenso möglich wie in den Eckrisaliten.

Der Architekt verzichtet damit bewusst auf die übliche funktionelle Trennung und die daraus abgeleitete baukünstlerisch-visuelle Definition. Im Stadthaus nahe der Münchner Bavaria können sich die künftigen Bewohner selbst aussuchen, in welcher Konfiguration ihr Arbeiten oder ihr Wohnen stattfinden soll. Allein das Erdgeschoß ist den Geschäftsflächen vorbehalten.


Höhle und Zelt

Mit dem Anbieten dieser Wahlmöglichkeit trifft Krischanitz genau den Kern der grundsätzlichen Einstellung von Menschen gegenüber dem Raum. Die einen schätzen die Transparenz, die anderen lieben die Höhle. An dieser elementaren Kontraposition hat sich seit ihrer ersten Beschreibung durch Gottfried Semper im 19. Jahrhundert, und natürlich auch schon davor, kaum etwas geändert. Die Flexibilität, wie sie Krischanitz entwickelt hat, schafft einen Schwebezustand in der Gebäudenutzung, die dafür einen um so stärkeren architektonischen Rahmen erhält.

Die dreiflügelige Anlage mit ihrem historischen Gestus und ihren, der Industriearchitektur entlehnten, Details ist in ihrer Aussage ähnlich hybrid, wie die funktionale Überlagerung. Irgendwie passt eine solche verinnerlicht barocke Haltung zur Landeshauptstadt von Bayern. Weniger passend sind die räumlichen Kompromisse, die aus der grundsätzlich interessanten Schichtung von Wohnen und Werken entstehen. Die Gangflächen etwa sind nicht belichtet, während die Ausrichtung des Hauses nur wenig von der Nord-Süd-Orientierung profitiert.

Auf jeden Fall von Vorteil ist das Haus für die Investoren, die ihren Nutzen aus der gemischten Nutzung ziehen werden.

Der Standard, Mi., 2001.03.14



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Theresienhöhe / Alte Messe

14. Februar 2001Gert Walden
Der Standard

Im Freien und doch zu Hause

Die Nachbarn bauen Minivillen mit Minifenstern und Riesendächern. Rita Reisinger und Johannes Scheurecker zeigen, dass es anders und besser geht.

Die Nachbarn bauen Minivillen mit Minifenstern und Riesendächern. Rita Reisinger und Johannes Scheurecker zeigen, dass es anders und besser geht.

Schärding - „Wollen Sie da eine Garage bauen“, unkten die Anrainer eines engagierten Auftraggebers. Der Vergleich zwischen gebauter Massenware und Architekturqualität macht allerdings sicher: statt winziger Fenster im Schießschartenformat großzügige Glasflächen, statt leerer Walmdächer ein Flachdach mit einem voll ausgebauten Geschoß, statt Miniaturvillen ein Haus, das offen und sinnvoll geplant ist.

Die beiden jungen Architekten Rita Reisinger und Johannes Scheurecker haben sich nicht an die schlechten Konventionen gehalten, sondern den Bewohnern des Hauses nahe Schärding neue Wohnerlebnisse geschaffen. Das Ergebnis ist eine jener „Kisten“, wie sie zurzeit en vogue sind, und die sich dennoch in Raumkonzeption und Detail von der Architektenkonfektion abhebt. Zunächst einmal „schwebt“ - getrennt durch ein Glasband - das obere Stockwerk über dem Parterre. Fein, leicht, auskragend schiebt sich die Etage in die Landschaft hinein, während das Haus mit seiner hakenförmigen Einfassungsmauer den Anspruch der Architektur auf den Bauort erhebt.

Während das obere Stockwerk mit seinen kabinenförmig angelegten Zimmern den Privaträumen vorbehalten ist, öffnet sich das Wohnzimmer zur Natur, lediglich geschützt durch eine zarte Stahl/Glaskonstruktion, die als Filter das Raumerlebnis zwischen innen und außen verstärkt. Durchblick war das zentrale Thema beim Entwurf.

Ein geringfügiger Niveauunterschied wurde genützt, um den Essplatz wie eine Kommandobrücke zu konfigurieren: mit Sicht über das Wohnzimmer ins Freie und über die Küche und dem schmalen Fensterband wieder hinaus in die Umgebung. Das Sonnenlicht fließt wie eine sanfte Welle durch das Haus, macht die Oberflächenstruktur von Holz, Putz und Beton zum sensiblen Dreiklang der Materialwirkungen. Doch die Lichtregie ist damit noch nicht erschöpft. Als starke Vertikale bringt das offene Stiegenhaus wieder Helligkeit, akzentuiert „nur“ mithilfe der Öffnungen ein Koordinatensystem aus Länge, Breite und Höhe, um auch im Inneren ein Gefühl für den besonderen Ort zu bringen.

Der Standard, Mi., 2001.02.14



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Einfamilienhaus

02. Februar 2001Gert Walden
Neue Zürcher Zeitung

Kristalliner Käfig für Kiefern

Ein Supermarkt von Dominique Perrault in Tirol

Ein Supermarkt von Dominique Perrault in Tirol

Das österreichische Bundesland Tirol ist für Dominique Perrault, den Architekten der viel diskutierten Bibliothèque nationale de France in Paris, so etwas wie ein Reduit. Hier hat er an Kitzbühels Bewerbung für die Olympischen Spiele mitgearbeitet, hier hat er den Wettbewerb um die Erweiterung des Innsbrucker Rathauses gewonnen - und die Aussichten auf eine Realisierung sind trotz dem eher trüben Kulturklima der Landeshauptstadt (erinnert sei an Zaha Hadids Probleme mit der Bergisel-Sprungschanze) gut. Noch besser für Perrault ist, dass im Dezember 2000 sein Supermarkt für die Firma «M-Preis» in der Unterinntaler Industriegemeinde Wattens nach nur 19 Wochen Bauzeit fertiggestellt werden konnte. Und zwar an einer urbanistisch nicht ganz einfachen Stelle: direkt gegenüber André Hellers Kristallwelten-Spektakel, der Ortsausfahrt und dem Übergang zur Agrarlandschaft.

Perraults Antwort auf diese Situation ist getragen von grosser Gelassenheit, er reagiert mit einem Solitär und erreicht dennoch die Einbindung seines Baukörpers in diese periphere Lage. Eine orthogonale Struktur, die dem Bautypus entgegenkommt, bildet die ruhige Basis für eine architektonische Geste, die gezielt den Rahmen der kommerziellen Nutzung relativiert. In den Raster des Gebäudes ist nämlich ein gewelltes Gerüst aus vertikalen Stahlträgern und Drähten eingeschrieben, die gleichsam wie ein Zaun neun Kiefern umfassen. Eine solche Einfriedung fällt ins Auge, macht aufmerksam. Aber sie verweist auf mehr: Zum einen bringen die hochalpinen Gewächse die Natur wieder symbolisch ins Tal herunter, zum anderen instrumentieren sie die visuelle Aufhebung der Grenzen zwischen innen und aussen. Diesem Implantieren eines biologisch generierten Artefakts eignet allerdings auch ein Widerspruch, ein Widerspruch, der sich in der Beziehung zwischen der Natur und ihrer zivilisatorischen Aneignung wieder findet: unmittelbar an Ort und Stelle nachvollziehbar und vom Architekten in seinem Mikrokosmos ästhetisiert.

Perraults «Käfig für Kiefern» schwingt aus, zieht sich zurück, erinnert ein wenig an das biomorphe Design der fünfziger Jahre, schafft Raum und antwortet ebenso irritierend wie formal überzeugend der orthogonalen Struktur der Verkaufshalle. Der französische Architekt äusserte selbst, dass er in Wattens «einen Kristall» bauen wollte. Dazu ist die Zeit günstig, denn die Industrie liefert dafür die geeigneten Mittel. So sind in die schmalen Profile der Metallrahmen Glasflächen mit transparenter Wärmedämmung eingefügt. Die wohlproportionierten Fassaden schimmern opak, grünlich bis weiss - je nach Witterung - und erzeugen den beabsichtigten, trendigen Entmaterialisierungseffekt. Das Spiel mit der Irritation setzt Perrault im Inneren fort. Hier ist nichts mehr vom Zarten, vom Transparenten zu spüren. Kräftige silberfarbige Fachwerkträger gliedern die 800 Quadratmeter grosse Halle, den Plafond bilden OSB-Platten mit ihren überlappenden, hellen Holzschichten, während der Boden aus schwarzen Platten den entsprechenden Kontrast liefert.

Die Halle leistet jedoch mehr, als nur den neusten Stand der Ingenieurskunst zu präsentieren. Perrault inszeniert mit einfachen Mitteln eine Abfolge im Räumlichen, die innerhalb der vorgegebenen Struktur funktioniert. Der Architekt hat nämlich die äusseren Regale parallel zu den Schmalseiten des Gebäudes positioniert, während zum Mittelpunkt hin die Verkaufsstände den beiden Längsseiten folgen. Auf diese Weise entsteht ein für Benutzer sinnvoller Kreislauf ohne Sackgassen, überschaubar, logisch und mit Blick nach aussen. Perrault bricht in Wattens mit dem vorherrschenden Typus der schlecht beleuchteten Black Boxes üblicher Verkaufslokalitäten, er inszeniert unterschiedliche Raumerlebnisse und muss dabei nicht auf die dubiosen Mittel des Event-Marketings zurückgreifen. Die Architektur allein reicht aus, um eine Bauaufgabe wieder aufzuwerten, die landläufig zur Unwirtlichkeit vorab der kleineren Gemeinden beiträgt.

Neue Zürcher Zeitung, Fr., 2001.02.02



verknüpfte Bauwerke
MPREIS

27. Januar 2001Gert Walden
Der Standard

Wiener Spezialitäten

Ungewöhnliche Bauten für besondere Mieter

Ungewöhnliche Bauten für besondere Mieter

Wien - Weltweit gelten im Bürohausbau eigentlich immer dieselben Parameter. Die Aufteilung der Flächen soll möglichst flexibel sein, die Erschließungswege minimal und die Ausstattung optimal. Damit werden im Allgemeinen die Anforderungen von Investoren und Mietern erfüllt, im Besonderen gibt es aber noch einen kleinen, feinen Markt für spezielle Büroprodukte.

Auch in Wien ist Platz in dieser Nische und der wird von einigen Developern ausgefüllt. Vielleicht am interessantesten erscheint die Adaptierung der ehemaligen Semperitwerke in der Hütteldorfer Straße 130, die in rund 18 Monaten fertig gestellt werden soll. Dort investiert die Mischek-Gruppe 120 Mio. S in ein gemischt genutztes Büro-und Wohnprojekt mit insgesamt 6700 Quadratmetern, das einmal nicht von der völligen Entkernung der denkmalgeschützten Bausubstanz ausgeht. Der beauftragte Architekt Rüdiger Lainer fängt nämlich mit der Konstruktion des dazugehörenden Neubaues die zusätzliche Belastung der Altsubstanz auf, sodass insgesamt die drei Etagen der großen Hallen des Semperit-Werkes in ihrer Großzügigkeit erhalten bleiben.

Klar ist, dass als Zielgruppe für dieses Objekt vor allem die Kreativ-Branche angesprochen wird, also Grafikbüros oder E-Commerce-Unternehmen. Die Varianten der Nutzung sehen dann auch nicht die starre Rastergliederung vor, sondern eine fließende Abfolge von bedarfsorientierten Raumteilern in unterschiedlichsten Konfigurationen. Von gekurvten Konferenz-Paravents über rechtwinklige Arbeitseinheiten und transparente Serviceboxen. Mit dieser Anordnung soll der große Raum mit überschaubaren Einheiten strukturiert werden, ohne die Dimensionen der Hallen zu verlieren. Und damit sich das Unternehmen auch rechnet, setzen die 1500 Quadratmeter Nobelwohnungen dem alten Haus eine filigrane Krone auf. Die Mietpreiserwartungen liegen im Bürobereich bei 150 S pro Quadratmeter ohne die günstigen Betriebskosten.


Industriebauten

Als Synonym für Wiens Industriezeitalter gelten zurzeit die mittlerweile prestigeträchtigen Gasometer in Simmering. Dort werden Büroräume fertig gestellt, die vom Flair der Vergangenheit und einem zeitgemäßen Nutzungskonzept leben. In zwei der vier ehemaligen Kraftwerke sind noch 5000 von 11.000 Quadratmeter an Arbeitsstätten zu haben und auch heuer noch beziehbar. Nicht nur die Räumlichkeiten zählen zu Wiens Ausnahmeerscheinungen am Büromarkt, auch die rechtliche Konstellation zählt dazu. Während ein Teil um rund 200 S pro Quadratmeter vom Developer SEG vermietet wird, können Käufer auch Eigentum ab 30.000 S erwerben.

Wer allerdings keinen Wert auf die Atmosphäre der Historie legt und etwas Repräsentatives sucht, findet dies ebenfalls am prosperierenden Wiener Büromarkt. Der Bauträger Kallco Projekt errichtet für die Erste Immo AG ein Bürohaus an der Schönbrunner Straße 108, das bei 2640 Quadratmetern Fläche pro Etage 410 Quadratmeter aufweist.

Vorzugsweise also für Klein- und Mittelbetriebe gedacht, wird das Gebäude (Architekten: Kastner/Schluder) allein schon von außen auffallen. Die Fassade wird nämlich silbrig schimmern, weil zinkbeschichtete Kupferrhomben Licht ins Dunkel des gründerzeitlichen Straßenzuges reflektieren. Mit Durchschnittsmieten von 150 S/m² fällt aber das Haus trotz extravaganter Ausstattung nicht aus dem Wiener Preisrahmen.

Der Standard, Sa., 2001.01.27

17. Januar 2001Gert Walden
Der Standard

Am besten im Westen

Staatspreis für das neue Apartmenthaus „Lechblick“ von Christian Lenz

Staatspreis für das neue Apartmenthaus „Lechblick“ von Christian Lenz

Warth - Die westösterreichische Architektur erobert sich ein Terrain zurück, aus dem sie seit der Wirtschaftswunderära verbannt war - gemeint sind, topographisch betrachtet, die Alpen, typologisch gesehen die Bauten für den Tourismus. Ein Grund für diese Veränderung liegt in der neuen Generation von Auftraggebern, die nicht mehr die Abziehbilder alpinen Bauens reproduzieren wollen und den Marketingfaktor der Architektur erkannt haben.

Nun hat auch der kleine Vorarlberger Wintersportort Warth mit dem neuen Apartmenthaus von Christian Lenz ein Beispiel für Tourismusarchitektur erhalten, das mit dem jüngsten Staatspreis für Wirtchaftsbauten ausgezeichnet worden ist. Symptomatisch für die Verbesserung der Situation sind auch die zahlreichen weiteren Nominierungen des Staatspreises, die hauptsächlich im Westen Österreichs zu finden sind.

Christian Lenz verzichtet in Warth auf das Remake der traditionellen Bauernhäuser, geht aber mit seinem Entwurf für die Dornbirner Revital Bauträger GmbH auf ihre Konzeption ein: sein Haus „Lechblick“ ist konsequent rational geplant, ohne irgendwelche alpenländischen Versatzstücke und ausnehmend praktisch in der Verwendung. Allein die extrem kurze Bauzeit von fünf Monaten für die insgesamt 14 Apartments spricht für die planerische Präzision. Das Gebäude reflektiert mit der Bauweise in Holz und Beton die Materialien der Umgebung, ist topographisch richtig positioniert und entspricht den Bestimmungen für die Vorarlberger Niedrigenergieverordnung. Gespart wurde bei der Konstruktion allerdings nicht. So sind die Fassaden aus Lärchenholz, das sich im Inneren fortsetzt, hinterlüftet, Betondecken dienen als Speichermasse und Trittschallschutz.


Klare Aussage

Die Bewohner auf Zeit kommen mit der Architektur in den Genuss eines unprätentiösen Ambientes, das voll auf die räumliche Vielfalt des Entwurfs setzt. So sind alle Wohnungen über die Trakttiefe durchgesteckt, das vorgelagerte Balkonband bietet auch Platz für den Aufenthalt in der wärmeren Jahreszeit. Es werden alle wesentlichen Wohnfunktionen erfüllt, die klare Aussage der Architektur zum Thema Tourismusbauten ist außerdem ein zeitgemäßes Statement, das planerische Vernunft über klischeehaftes Verhalten in den sensiblen Bergregionen stellt.

Der Standard, Mi., 2001.01.17



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Appartmenthaus Lechblick

20. Dezember 2000Gert Walden
Der Standard

Die große Stille im Raum

Architektur kann sehr viel, sie kann aufregen, sie kann provozieren oder auch das Gegenteil vermitteln, nämlich Stille, Kontemplation und die Konzentration auf sich selbst.

Architektur kann sehr viel, sie kann aufregen, sie kann provozieren oder auch das Gegenteil vermitteln, nämlich Stille, Kontemplation und die Konzentration auf sich selbst.

Gerhard Fischill hat in der Linzer Wohnhausanlage von Fritz Matzinger eine kleine Enklave geschaffen, die sich auf die elementare Wirkung des Raumes, des Konzepts und der Materialien, die ihn konstituieren, beschränkt. Diese Rücknahme ist aber gleichzeitig auch eine große Herausforderung. Zumindest für die Bewohner des 88 Quadratmeter großen Reihenhauses. Nicht jeder Mensch kann ohne Ablenkung leben, aber hier in Linz ist alles darauf ausgelegt, dass eben die Bewohner, über ihre zweite Hülle reflektieren und damit sich selbst in Beziehung zum Raum setzen.

Das klare Konzept des Architekten bricht mit den üblichen Wohnungsgrundrissen. Statt der einzelnen Schachtelräume gibt es hier, zwar abgegrenzte, aber auch wieder zusammenpassende Raumfolgen in den beiden Hauptgeschoßen. Die Durchlässigkeit über die gesamte Trakttiefe ist über opake, gläserne Schiebewände zwischen den Zimmern regulierbar. Ausblick und Einblick unterliegen damit der Regie der Bewohner, die allerdings vom Architekten choreographiert worden ist. Das ist eine andere als die üblichen partizipatorischen Maßnahmen. Das ist Architektur, die in ihrem Konzept den Bedürfnissen der Menschen entgegenkommt und auch für sich selbst gelten kann.

Die Emanzipation der Architektur wird unterstützt durch den Kanon der Materialien. Weiß verputzte Wände, weiß lackierte Einbaumöbel und die Brüstungen und Böden aus geölter Eiche erzeugen ein schlichtes Farbenspektrum, das die Ruhe des Konzepts noch zusätzlich fördert. Bilder an den Wänden sind hier überflüssig. Die Wände selbst sind Tableaus, welche von der umgebenden Landschaft gar nicht ablenken sollen.

Der Standard, Mi., 2000.12.20



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Reihenhaus

02. Dezember 2000Gert Walden
Der Standard

Besser als der Karl-Marx-Hof

Die neue „Miss Sargfabrik“ in Penzing bietet Begleiteinrichtungen zum Wohnen

Die neue „Miss Sargfabrik“ in Penzing bietet Begleiteinrichtungen zum Wohnen

Wien - Nach der Änderung der Wohnbauförderung sind sie in Wien schon lange aus den Großanlagen verschwunden: Begleiteinrichtungen zum Wohnen, die mehr bieten als nur den Kinderspielplatz mit der obligaten Sandkiste, wo sich Menschen außerhalb ihrer vier Wände ohne Konsumzwang treffen können.

Aber es wäre nicht Wien, wenn es nicht auch die Ausnahme gäbe. Und die heißt ganz cool: „Miss Sargfabrik“ in der Penzinger Missindorfstraße. Das ist die (bessere) Zweitauflage der „Sargfabrik“, die der „Verein für integrative Wohnformen“ ins Leben gerufen hat, als Wohnheim betreibt und damit Geld für diese Begleiteinrichtungen hat.

Dort im Bau der Architektengruppe Bkk-3 (Johann Winter, Franz Sumnitsch) gibt es, wie einstmals im Karl-Marx-Hof, eine Bibliothek und den Waschsalon.


Fast ein Café

Und weil seit den heroischen Tagen des „Roten Wien“ schon einige Zeit vergangen ist, finden sich ergänzend zum klassischen Angebot in der neuen orangefarbenen „Miss Sargfabrik“ auch Computerterminals. Doch damit hat die flotte "Miss nicht alle ihre Qualitäten ausgespielt. Die Architekten haben ein minzegrünes Ambiente geschaffen, das eigentlich einem klassischen Wiener Kaffeehaus nahe kommt.

Hier sind die Menschen nicht zu Hause und doch nicht an der frischen Luft, außerdem kommen sie in den Genuss einer Architektur mit schrägen Rampen, flachen Stiegen und witzigen Durchblicken - seltenes Beispiel für eine Baukunst, die funktional und gleichzeitig expressiv ist.

Der Standard, Sa., 2000.12.02



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29. September 2000Gert Walden
Der Standard

Die Leichtigkeit der Baukunst

Architekt Johannes Spalt feiert seinen 80. Geburtstag

Architekt Johannes Spalt feiert seinen 80. Geburtstag

Wien - Die österreichischen Architekten können bis heute von Glück reden, dass es immer wieder Persönlichkeiten gibt, die immer wieder die kulturhistorischen Bruchstellen ihrer Geschichte repariert haben. Zu ihnen zählt Johannes Spalt, der am 29. September seinen 80. Geburtstag feiert.

Als Architekt, Pädagoge und Entwerfer von Möbeln hat Spalt in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg die Tradition der österreichischen Moderne in die orientierungslosen Wirtschaftswunderjahre hinübergerettet. Ganze Studentengenerationen haben an der Akademie und dann an der Hochschule für Angewandte Kunst durch ihn erstmals von Adolf Loos, Josef Frank und Rudolph Schindler erfahren. Seine eigenen Arbeiten, wie etwa die Villa und die Fabrik für den Möbelhersteller Wittmann sowie die Kirche am Wienerberg, zeigen seine zielstrebige Auseinandersetzung mit den Mitteln der Architektur. Die Bauten sind seltene Organismen, die in der konzeptiven Reflexion der Baugeschichte dennoch raumkünstlerische Perspektiven für die Zukunft des Wohnens und Arbeitens als Inhalt vermitteln. Spalt gelingt eine Balance zwischen Geschichte und Zukunft, die seinen Entwürfen etwas Zeitloses verleiht.

Spalt ist, wie etwa seine jüngeren deutschen Kollegen Frei Ottooder Günter Benisch, ein Verfechter von materialsparenden Leichtkonstruktionen, die im Inneren eine größtmögliche Flexibilität gewährleisten. Anregungen dafür suchte er in der fernöstlichen Baukultur, aber auch in Europa. Erst kürzlich fand er Beispiele für eben diese stabil-zarten Konstruktionen dort, wo man es kaum vermuten würde - auf Fresken mit barocken Gartenarchitekturen in Böhmen.

Der Standard, Fr., 2000.09.29

27. September 2000Gert Walden
Der Standard

Der Trick mit dem Knick

„Miss Sargfabrik“ - die bessere Art, in Wien günstig zu wohnen

„Miss Sargfabrik“ - die bessere Art, in Wien günstig zu wohnen

Wien - Im Gegensatz zur Bundesregierung halten gute Architekten ihre Versprechen. Vor einem Jahr noch war die Wohnheimanlage „Miss Sargfabrik“ in Wien-Penzing das innovativste Wohnbauprojekt dieser Stadt. Nun wissen alle gelernten Architekturverständigen, dass zwischen Planung und Ausführung der leidvolle Weg der Kompromisse und Abstriche gegenüber Genossenschaften und Generalplanern liegt.

Nicht so beim Projekt der Architektenteams BKK-3 (Johann Winter, Franz Sumnitsch), das vom „Verein für integrative Lebensgestaltung“ getragen wird: „Miss Sargfabrik“ hat sich ihren jugendlichen Charme und ihre architektonische Qualität bewahrt.

Das Konzept der Architekten beruht auf einer seltenen Mischung von ökonomischer Intelligenz und architektonischer Konsequenz. Selbst beim schwierigen Typus der Gar¸conni`eren entstanden Raumsituationen, die Enge und Weite, Höhe und Tiefe der Dreidimensionalität ausspielen. Hier ist nichts mehr von der Tristesse der üblichen Wiener Wohnbauschachteln zu spüren, die ihre Benutzer auf Papa-Mamma-Bubi-Mädi-Grundrisse verteilen. Dafür sorgt auch ein wenig die orange Fassadenfarbe im grauen Gründerzeitviertel.

Das volle 3D-Erlebnis wird durch eine sinnvolle, wie einfache Idee erreicht. Die Wände zwischen den Wohnungen sind geknickt, sodass jeweils zwei unterschiedliche Raumkonfigurationen entstehen: eine mit erweiterter Wohnungsmitte, eine andere „extrovertierte“ mit größerer Öffnung zur Fassade hin. Dazu kommen noch die unterschiedlichen Raumhöhen in den einzelnen Wohnungen, sodass auch schräge Ebenen eingezogen werden können. Bei den größeren Wohnungen erhöht sich noch der räumliche Reichtum. Da gibt es auch Galerien und zwei Wohngeschoße. Aber eines verbindet alle 38 Einheiten, die von einem Clubraum, einer Bibliothek und einem Waschsalon begleitet werden.

Die Leute vom BKK-3 haben keine selbstgefälligen Kunstwerke geschaffen, sondern funktional sinnvolle Behausungen, die gleichzeitig wertvolle Architektur sind. Die architektonische „Funktionalismus“ lässt sich auch an der Fassade der Eingangsseite ablesen: Die abgetreppten Decken sind wie in einem Scherenschnitt von außen sichtbar. Von ihrer Idee sind die Baukünstler selbst überzeugt: sie haben ihr Atelier in der „Miss Sargfabrik“.

Der Standard, Mi., 2000.09.27



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26. September 2000Gert Walden
Der Standard

Ein kühler Flirt mit Palladio

Seit 1995 gibt es die „Fabbrica“ - Benettons Planungswerkstatt für die Kommunikation der Zukunft. Japans Stararchitekt Tadao Ando hat nun ein Arkadien aus Beton mit Zitaten aus der Renaissancearchitektur geschaffen.

Seit 1995 gibt es die „Fabbrica“ - Benettons Planungswerkstatt für die Kommunikation der Zukunft. Japans Stararchitekt Tadao Ando hat nun ein Arkadien aus Beton mit Zitaten aus der Renaissancearchitektur geschaffen.

Treviso - Italiens Paradeunternehmer Luciano Benetton betrachtet die „Fabbrica“ als einen „Grenzposten für die Kultur“ seines Unternehmens, der zur „ständigen Suche nach neuen Bezugskoordinaten“ dient. Für diesen Zweck war die alte Villa Pastega in Catena di Villorba bei Treviso zu klein und Tadao Ando eingeladen, die Ergänzung des Altbestandes zu entwerfen. Seit kurzem können nun dreißig Studenten aus aller Welt hier ihre Kommunikationskonzepte mit allen Mitteln der alten und neuen Medien entwickeln - interdisziplinär und konkret auf realisierbare Projekte ausgerichtet.

Für Japans Stararchitekten Tadao Ando war die Planung, welche sich wegen baubürokratischer Interventionen von 1992 bis heuer dahinzog, ein mehr als komplexer Prozess. Da gibt es die alte Villa im Stil des im Veneto omnipräsenten Architekten der Spätrenaissance, Andrea Palladio, und die Bauaufgabe für ein Kommunikationslabor des 21. Jahrhunderts. Als Ziel setzte sich Ando, wie er im Gespräch mit dem STANDARD anmerkte, „eine läuternde Beziehung zwischen Alt und Neu außerhalb der zeitlichen Dimension“ herzustellen. Es ist also nicht ganz wenig, was sich der Architekt da vorgenommen hat. Andrea Palladio war ihm Vorbild für die architektonischen Mittel, um diese Idee umzusetzen.

In postmodern-geometrischer Manier wurde die alte Villa von einer Betonsäulenreihe durchbrochen und setzt sich als überirdische Bekrönung der Neubauachse fort, die, um das Landschaftsbild zu schonen, acht Meter tief in die Erde eingegraben wurde. Dennoch entsteht in der „Fabbrica“ keine Bunkerstimmung. Ein kreisrunder Ehrenhof, der über eine Rampe erreicht wird, bringt genügend Licht in das kühle Ambiente aus Beton, Glas und Stahl.
Achse und Kreis als Zitate aus Palladios Architektur, als elementare Mittel dienen der Intention, wie Tadao Ando festhielt, „mit einfacher Geometrie komplexe Räume“ schaffen zu können. Das ist auch im Großen und Ganzen erreicht worden. Die Arbeitsplätze gruppieren sich auf verschiedenen Ebenen um den Ehrenhof, sind - nicht immer zur Freude der Studenten - sehr leicht überschaubar und von jener Flexibilität, die jedem Großraumbüro zur Ehre gereichen würde.

Und trotzdem ist die Liaison zwischen Tadao Ando und Andrea Palladio nicht wirklich schlüssig. Außerhalb der „zeitlichen Dimension“ zu arbeiten ist eine Vorstellung, die aus den ahistorischen Denkmodellen der Postmoderne resultiert und in der kulturhistorisch so geprägten Landschaft des Veneto einigermaßen bemüht wirkt. Das sprachlich und auch baulich Flüchtige der Zitate konterkariert die Beständigkeit des Mediums Architektur. Das konstruierte Arkadien wiederum steht im Widerspruch zur rasanten Veränderung gerade in den global wirksamen Kommunikationsmedien.

Die Suche Tadao Andos nach der prästabilisierten Harmonie von Alt und Neu, von Vergangenheit und Zukunft in der Architektur ist sicherlich ein heroisches Unternehmen. Es resultiert in dem Faktum, dass die Studenten hier mit einer Architektur leben müssen, deren gedachte Form insgesamt die komplexen Funktionen definiert.

Der Standard, Di., 2000.09.26

19. September 2000Gert Walden
Der Standard

Architekt van Berkel in Kapfenberg

Kapfenberg - „Wer gegen diese Verarmung unserer Existenz ist, muss Architektur wollen. Das aber ist ein politischer Akt“, schrieb Ferdinand Schuster, Lehrer...

Kapfenberg - „Wer gegen diese Verarmung unserer Existenz ist, muss Architektur wollen. Das aber ist ein politischer Akt“, schrieb Ferdinand Schuster, Lehrer...

Kapfenberg - „Wer gegen diese Verarmung unserer Existenz ist, muss Architektur wollen. Das aber ist ein politischer Akt“, schrieb Ferdinand Schuster, Lehrer mehrerer Architektengenerationen. Um das Verhältnis von Architektur und Politik geht es beim gleichnamigen Symposion, das die in Gründung befindliche Ferdinand-Schuster-Stiftung veranstaltet und STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl moderiert. Wie schwierig diese Liaison ist, davon können Architekt Ernst Beneder oder Wolfgang Krejs, engagierter Stadtbaudirektor in Krems, berichten.

Wolfdieter Dreibholz, Proponent der Stiftung, hat mitgeholfen, dem „Architekturwunder Steiermark“ auf die Beine zu helfen, er führt in das Thema ein, während Friedrich Achleitner über die Person Schusters spricht.

Internationale Perspektiven bringen Oriol Bohigas, ehemaliger Stadtbaudirektor von Barcelona und Ben van Berkel ein. Dieser zählt zu den niederländischen Jungstars, die sich für „Public Constructions“ einsetzen. Der Princeton-Professor kann unterschiedliche Produktionsbedingungen von Architektur vergleichen. Baut er doch in Innsbruck ein E-Werk, in Graz für die Musikhochschule, während seine Erasmus-Brücke in Rotterdam bereits zu den Wahrzeichen der Stadt zählt.

Der Standard, Di., 2000.09.19

15. September 2000Gert Walden
Der Standard

Tiroler Baukunst mit starker Physiognomie

Ein großer Architekt elementarer Formen: Josef Lackner, 1931-2000

Ein großer Architekt elementarer Formen: Josef Lackner, 1931-2000

Innsbruck - Eigentlich hätte Josef Lackner das Zeug zum Stararchitekten gehabt: Ein brillanter Baukünstler, pointiert-kritisch und versiert im Umgang mit Worten, hatte Lackner den Verlockung des Big Business widerstanden, sein Ziel war die bestmögliche Qualität der Architektur und sonst gar nichts. Daher blieb sein Atelier klein dimensioniert, damit die Arbeit an räumlichen Lösungen nicht den Mechanismen großer Bürostrukturen zum Opfer fiel.

Dieses konsequente „Small is beautiful“-Denken verhalf ihm zu einer Reputation, die weit über Tirol hinaus wirkte, während er mit der Professur an der Innsbrucker Baufakultät ab 1979 Generationen von Architekten beeinflusste. 1931 in Wörgl geboren, zählte Lackner neben Hans Hollein, Ottokar Uhl und Wilhelm Holzbauer zur kämpferischen Planergeneration, die den „Architekturfrühling“ der Zweiten Republik initiierten.

Nach dem Studium bei an der Akademie am Schillerplatz setzte er mit der Kirche in Neu-Arzl 1958 ein österreichisches Fanal für den progressiven Sakralbau noch vor dem Zweiten Vatikanum.

Bereits hier artikulierte Lackner, worum es ihm sein ganzes Leben in der Architektur ging: das Finden innovativer räumlicher und konstruktiver Lösungen, verbunden mit der Hinterfragung der inhaltlichen Aussage eines Gebäudes. Auch wenn er es im Gespräch ablehnte, Architektur über die Form zu definieren, so hat Lackner Räume geschaffen, die mit ihrer starken Physiognomie auf Benützer und Umgebung wirkten. Immer wiederkehrendes Module seiner Architektur waren Quadrat und Kubus, deren in sich ruhende Selbstständigkeit er mit diagonalen Erschließungen konfrontierte, sodass letztendlich spannungsvolle räumliche Situationen entstehen konnten. Sein Prinzip, elementare geometrische Formen als Grundlage des Entwurfs zu verwenden, war universell einsetzbar. Es „funktionierte“ im Bürobau, wie etwa dem Lichtstudio Bartenbach (1986) in Aldrans, oder bei seinen zahlreichen Bauten für die Kirche. Beispielgebend dafür: die beiden Sakralbauten in Wien sowie Schule und Kloster der Ursulinen (Innsbruck 1971).

Ebenso markant wie seine Architektur war Josef Lackner selbst. Er sparte nicht an beißender Kritik gegenüber offiziellen Stellen oder Berufskollegen. Raimund Abraham etwa titulierte er einmal wegen dessen Hut und Zigarre als „Kaiser von Kalifornien“. Solche Bonmots schätzt natürlich niemand, und Lackner wurde immer wieder in Tirol isoliert.

Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass er ein Architekt war, mit dem sich jeder Interessierte auseinander setzen musste. Josef Lackner ist am 13. September an den Folgen einer Operation gestorben.

Der Standard, Fr., 2000.09.15

15. September 2000Gert Walden
Der Standard

Büro jetzt!

Büroräume sind mehr als nur banale Gehäuse für den Arbeitsalltag. Sie schaffen jene Atmosphäre, in der sich Kreativität entfaltet und Leistungs- fähigkeit gesteigert wird. Voraussetzung: das Engagement von Architekten und Bauherren. Ein österreichisches Kaleidoskop von Gert Walden

Büroräume sind mehr als nur banale Gehäuse für den Arbeitsalltag. Sie schaffen jene Atmosphäre, in der sich Kreativität entfaltet und Leistungs- fähigkeit gesteigert wird. Voraussetzung: das Engagement von Architekten und Bauherren. Ein österreichisches Kaleidoskop von Gert Walden

Aus der Not eine Tugend machen, zählt zu den Herausforderungen, denen sich in Österreich viele Architekten stellen müssen.

Ein sanierungsbedürftiger Bürobau aus der Wirtschaftswunder-Ära und die aktuellen Wiener Brandschutzbestimmungen waren für Elsa Prochazka Voraussetzungen, die sie zur einer eleganten architektonischen Lösung inspiriert haben. Die alten Stahlträger wurden mit feuerhemmenden „Packungen“ verkleidet, welche das Innere orchestrieren.

Mit diesen Bauelementen wird die Beleuchtung der Computerarbeitsplätze gesteuert: für ausreichende Helligkeit sorgt das Oberlicht, für genügend Schatten sorgen eben jene Gipskartonverkleidungen der Stahlträger. Das sinnvolle Spiel mit den plastischen Wandteilen erlaubt auch eine präzise Lichtführung - je nach Himmelsrichtung - in den unterschiedlichen Büroräumen.
Auftraggeber: Coca Cola,
Wien, Triester Straße 91, 1998/1999
Architektin: Elsa Prochazka, Wien Foto: Spiluttini


Die jungen Architekten Susanna Wagner und Andreas Lichtblau haben im kleinen Gleisdorf ein kleines

Bürogebäude realisiert. Und dennoch ist mit Hilfe ihres Konzepts ein großes, ein Qualitätsprodukt entstanden. Das Gebäude weist gegenüber konventionellen Häusern eine Energieersparnis von 75 Prozent auf, ohne jedoch wie eine düstere Dämmstoffbox zu erscheinen.

Im Gegenteil: mit den großflächigen Glasfassaden erhalten die Mitarbeiter Ausblick auf die angenehme Umgebung. Der flexible Grundriss bietet außerdem die Möglichkeit, große Räume, Einzelzimmer und natürlich das Chefbüro zu disponieren. Anstelle des architektonischen Purismus wird hier auch das Wertvolle des verwendeten Materials und damit die Bedeutung der Räume für die Benützer hervorgehoben. Seidig glänzende Spachtelmasse, Beton und Glas müssen nämlich kein Gegensatz sein.
Auftraggeber: Wirtschaftstreuhand KG Pilz & Rath, Gleisdorf, Steiermark 1998
Architekten: Susanna Wagner und Andreas Lichtblau, Wien Foto: Margherita Spiluttini


Ein prominenter und international renommierter Bauherr aus Vorarlberg, der die richtige Beleuchtung für Großobjekte

zum Firmenziel hat, engagierte zwei Architekten, die über das „Ländle“ und Österreich hinaus ihre Kompetenz festigen konnten.

Ziel der gemeinsamen Bemühungen: das Werk II von Zumtobel auf einen bau-und arbeitstechnisch aktuellen Stand zu bringen. Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle, die übrigens den Wiener Flughafen erweitern werden, haben eine neue Infrastruktur für die Bürotätigkeit in der alten Fabrik geschaffen, die sich nicht nur sehen, sondern auch - für die Mitarbeiter - täglich und sehr positiv erleben lässt.

Die Leistung der Architekten ist da nicht nur in der Adaption des Bestehenden begründet, sie bewirkt jene nur schwer zu beschreibende Atmosphäre, die das Denken, die schöpferische Leistung verstärkt. Gemeinsam Arbeiten bedeutet hier auch eine Reduktion der räumlichen Hierarchien. Großzügige Flächen, wenige bauliche Hemmschwellen und Transparenz, wo sie notwendig ist, unterstützen den Eindruck von Unbeschwertheit, von lockerem Umgang am Arbeitsplatz. Und trotzdem fehlt nicht eine gewisse alemannische Nüchternheit, die jede optische Aufregung tunlichst vermeidet.
Auftraggeber: Zumtobel, Dornbirn, 1998/1999
Architekten: Carlo Baumschlager und Dietmar Eberle, Lochau Foto: Günter Lazina


Viel unterschiedlicher könnten die Büroräume von Jean Nouvel in Bregenz

und dem zweiten Beispiel internationaler Büro-Baukunst in Österreich, dem Haus der Klagenfurter Hypo-Alpe-Adria nicht sein. Der Kalifornier Thom Mayne verzichtet bewusst auf die Schaffung kontemplativer Arbeitssituationen. Er setzt ganz klar, ganz dramatisch auf Raumwirkungen, denen sich die Benützer nur schwer entziehen. Hier zischen schräge Fenster vor dem Schreibtisch im Chefsekretariat in die Höhe, dort sitzen die untergeordneten Mitarbeiter, um der schönen Fassad' willen auch tagsüber im Dunklen. Klare Erkenntnis: Karrierestreben wird auch durch die Architektur gefördert.

Als Vorbild für die systematische Lösung von Problemen zeitgemäßer Arbeitsplatzgestaltung ist der Bau von Thom Mayne denkbar ungeeignet. Vielmehr ist das Haus als gebaute Aussage des Architekten zu verstehen, der hier seine „individuellen“ Räume realisieren konnte.
Auftraggeber: Hypo-Alpe-Adria-Bank, Klagenfurt 1999
Architekt: Thom Mayne, Los Angeles Foto: Walden


Am billigsten ist die gebaute Schachtel, weil sie größtes Volumen mit geringster

Außenfläche vereinigt. Aber lässt sich in einer solchen Box menschenwürdig arbeiten? Architekt Josef Lackner hat beim Büro der Jenbacher Werke gezeigt, dass es möglich ist.

Der gebaute Kubus mit vierzig Metern Seitenlänge wird durch vier Lichtzisternen ausreichend erhellt. Reflektoren und eine durchgehende Öffnung nach außen hin bilden dazu die blendfreie Gesamtbeleuchtung. Im Obergeschoss hat dazu jeder Mitarbeiter „sein“ persönliches kleines Fenster. Dem jeweiligen Bedarf entsprechend, lässt sich auch die Möblierung verändern.

So können Arbeitssituationen für Teams oder Einzelne disponiert werden. Wie bei der Beleuchtung hat Lackner bei der Materialwahl auf Unterschiede geachtet. Textilien reichen vom Boden bis an Fenster, das Holz der Möbel kontrastiert mit dem Stahl der Tragkonstruktion - behaglich und klar zugleich.
Auftraggeber: Jenbacher Werke,
Tirol 1992
Architekt: Josef Lackner, Innsbruck
Foto: Lackner


Wer diese Arbeitsräume verlässt, ist selber schuld. Im Bürohaus der Bregenzer Interunfall-Versicherung - von Frankreichs

Star-Architekten Jean Nouvel geplant - wird dem wahren Luxus gefrönt: dem puren Raum. Und der ist mehr als reichlich vorhanden. Hier kann sich auch der mittlere Angestellte wie ein Chef fühlen, weil sein Büro schlichtweg über die Dimension dafür verfügt. Gleichzeitig wird mit der Größe ein zweiter teuerer Kostenfaktor unserer Zivilisation bewältigt - die Stille. Aber die Architektur bietet mehr.

Nouvel hat eine Stadt in der Stadt entworfen. Mit Ausblicken, mit Transparenz, mit einem Vorplatz und der durchgrünten Halle, welches das Klima des Hauses optimiert. Allein die geschwungene Decke in dieser Halle vermittelt einen Erlebniswert ähnlich jenem großer technischer Bauwerke. Nouvel begnügt sich nicht nur mit einer indifferenten baulichen Transparenz am Arbeitsplatz, die das Gefühl des Verlorenseins üblicher Büropaläste entstehen lässt. Er führt eine diskrete Blick-Regie. Nach außen hin filtern blechverkleidete Blumenkisten die Wahrnehmung, während die Glasscheiben zwischen den Stahlträgern der Halle wieder größere Sichtfenster öffnen, sodass von jedem Büroraum aus der Blick durch das gesamte Gebäude geboten wird. Der individuelle Maßstab wird artikuliert, Distanzen festgelegt, Räumlichkeit geschaffen.
Auftraggeber: Interunfall-Versicherung, Bregenz 1999
Architekt: Jean Nouvel, Paris Foto: Walden

Der Standard, Fr., 2000.09.15

13. September 2000Gert Walden
Der Standard

Die zweite Haut aus Holz

Fünfhundert Projekte wurden für den Architekturpreis der Hamburger Reiners-Stiftung eingereicht. Die Vorarlberger Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller waren erfolgreich.

Fünfhundert Projekte wurden für den Architekturpreis der Hamburger Reiners-Stiftung eingereicht. Die Vorarlberger Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller waren erfolgreich.

„Bauen mit Holz - Bauen für die Zukunft“ war das Thema des Architektenpreises und die Wahrscheinlichkeit, dass gerade ein Vorarlberger Beispiel reüssieren würde, erschien nicht gerade gering. Die jungen Vorarlberger Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller siegten mit ihrem Haus im Bregenzer Wald, ein Erfolg, den sie sich mit Peter Herrle (Einfamilienhaus in Berlin) und Thomas Maurer (Haus in Langenthal/Schweiz) teilen. Eine Dokumentation von 35 der über fünfhundert Objekte wird im März 2001 im Münchner Callwey-Verlag erscheinen.

Das Haus von Dietrich/Untertrifaller (Projektleitung: Marina Hämmerle) ist in seiner Gestalt eine zeitgemäße Weiterführung der Bregenzerwälderhäuser: schlicht, praktisch und mit jener Eleganz im Detail, welche die bisherigen Arbeiten des jungen Büros auszeichnet. Typologie und Form wurden allerdings auch durch die örtlichen Baubestimmungen beeinflusst, die eine freiere Interpretation weitgehend behinderten. Mit der Lage an einem Hanggrundstück wurde beim Entwurf natürlich die Frage nach dem Panorama aufgeworfen. Aber nachdem der Bergblick den ganzen Tag über auch ziemlich anstrengend sein kann, haben sich die Architekten darauf konzentriert, nur die Schmalseite des Hauses der wirklich fantastischen Aussicht zuzuwenden. Allerdings wurde gerade wegen der „schönen Aussicht“ das Wohn- und Esszimmer samt Küche ins Obergeschoß verlegt, während der Elternschlafraum im Parterre Blickmöglichkeiten auf den angrenzenden Baumbestand bietet.


Elegante Hülle

Bei diesem Haus haben Dietrich/Untertrifaller ihr architektonisches Konzept weiter fortgesetzt. Das Objekt ist eine - trotz der Konstruktion aus Holz - feine, vibrierende Hülle, die aus dem Kontrast mit den eingeschnitten Volumina, wie Balkon, Garagentor oder Loggia, ihre eigene Plastizität erhält. Das Material für diese Außenhaut, es ist Weißtanne, hebt sich diskret von den Baustoffen der üblichen Häuser ab. Es bedingt ebenjenen Unterschied in der Wahrnehmung dieses Objekts, der notwendig ist, um die solitäre Gesamtwirkung der Architektur mit ihrer ausgewogenen Proportion und dem traditionell-markanten Satteldach zu unterstützen.

Auch im Inneren wird das zentrale Thema vom Wohnen als „der zweiten Haut“ des Menschen fortgesetzt. Sehr pragmatisch in der Grundrissgliederung, setzen die Architekten auf eine schlüssige Aussage in ihrer Arbeit, die hier Geborgenheit und Zurückhaltung verbindet.

Der Standard, Mi., 2000.09.13



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06. Juli 2000Gert Walden
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Architektur mit der Autorität des großen Baukünstlers

Innsbruck - Fünf Jahrzehnte hat Clemens Holzmeister (1886-1983) am Salzburger Festspielbezirk gearbeitet, dreißig Jahre plante er in Ankara und das Werkverzeichnis seiner Bauten umfasst mehrere Bände. Es gibt nur wenig im Leben des Tiroler Architekten mit weltweiten Verbindungen, was nicht imposant wäre, sieht man einmal von seinen klerikal-konservativen Interventionen in das Kulturleben des Ständestaates und der 2. Republik ab.

Innsbruck - Fünf Jahrzehnte hat Clemens Holzmeister (1886-1983) am Salzburger Festspielbezirk gearbeitet, dreißig Jahre plante er in Ankara und das Werkverzeichnis seiner Bauten umfasst mehrere Bände. Es gibt nur wenig im Leben des Tiroler Architekten mit weltweiten Verbindungen, was nicht imposant wäre, sieht man einmal von seinen klerikal-konservativen Interventionen in das Kulturleben des Ständestaates und der 2. Republik ab.

Sein Lebenswerk, das seit 18 Jahren erstmals wieder in der Raiffeisenbank umfassend dokumentiert wird, liest sich wie eine Erfolgsstory in Sachen Baukunst. Und als Baukünstler hat sich Holzmeister in seiner Auffassung gegenüber der Architektur und in seinem Auftreten immer verstanden. Da war er kompromisslos, da begründete er eine Autorität gegenüber den Auftraggebern, welche heute den Architekten in Österreich mehr als nur gut tun würde. Grundlage für eine solche Haltung war der Glaube an die (romantische) gestaltende Kraft des Einzelnen, barock-theatralisch, skulptural und doch getragen von dem Bewusstsein, dass seine „einzige Überlebenschance im Werk“ zu finden ist, wie Friedrich Achleitner 1982 schrieb.

War sein Selbstverständnis nach außen hin klar umrissen, so zeigt sein Werk jenen Widerspruch und jene Komplexität, die er selbst „als Architekt in der Zeitenwende“ verstanden hatte. Komplex ist seine Architektur in ihrem sensiblen Reagieren auf den jeweiligen Ort, auf die Dichte unterschiedlicher Kulturlandschaften und dem expressiven energiegeladenen Zugriff auf die Situation durch Holzmeister selbst.

Seine Arbeiten entziehen sich den architekturhistorischen Katalogisierungen, wie er selbst stets Distanz zu den Ideologien von Moderne und Nachmoderne hielt. Was allerdings nicht bedeuten soll, dass Holzmeister nicht immer wieder einen Blick auf die verschiedenen Modeströmungen geworfen hätte.


Architekt und Lehrer

Im Palais für Kemal Pascha Atatürk finden sich Bezüge zur Wiener Wohnkultur der 20er-Jahre, wiewohl die Gesamtanlage des Regierungsbezirks in Ankara von einer monumental-klassizistischen Hierarchie ist, die aus seiner immer wieder vorgetragenen Verschmelzung sakraler und profaner Positionen entstehen konnte. Holzmeisters universal-regionale Haltung prädestinierte ihn auch für eine Lehrerrolle. Aus seiner Meisterschule am Wiener Schillerplatz ging eine Generation Architekten, wie Hans Hollein, Gustav Peichl oder Wilhelm Holzbauer hervor, die als repräsentativ für die Architektur in diesem Land gelten.

[ Ausstellung „Clemens Holzmeister“, Raiffeisenlandesbank Tirol, 6020 Innsbruck, Adamgasse 5, Mo-Do 8-16 Uhr, Fr bis 15 Uhr. Bis 8. 9. ]

Der Standard, Do., 2000.07.06

31. Mai 2000Gert Walden
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Wohnen wie im Wiener Film

Die Bewohner der angrenzenden Häuser verbarrikadieren sich hinter Buchsbaumhecken, dichten Gartenzäunen und anderen Instrumenten der Sichtbehinderung. Nicht so beim neuen Haus von „pool Architektur“: die vier jungen Planer (Evelyn Wurster, Christoph Lammerhuber, Axel Linemayr, Florian Wallnöfer) haben ein Konzept entwickelt, das eine größtmögliche Transparenz des Gebäudes gewährleistet.

Die Bewohner der angrenzenden Häuser verbarrikadieren sich hinter Buchsbaumhecken, dichten Gartenzäunen und anderen Instrumenten der Sichtbehinderung. Nicht so beim neuen Haus von „pool Architektur“: die vier jungen Planer (Evelyn Wurster, Christoph Lammerhuber, Axel Linemayr, Florian Wallnöfer) haben ein Konzept entwickelt, das eine größtmögliche Transparenz des Gebäudes gewährleistet.

Trotzdem ist das Haus keine der trendigen Stahl-Glas-Holz- kisten, sondern eine bewohnbare Bauplastik, die - im Gegensatz zu den zahlreichen anderen Vertretern ihrer Spezies - sehr wohl alle notwendigen und sinnvollen Wohnfunktionen gewissenhaft erfüllt.


Raumfolgen

Die Räume sind auf die Bewohner präzise zugeschnitten. Sie sind Maßarbeit in Zeiten der konfektionierten Fertighausmentalität und nutzungsneutraler Stapelungen von Wohngeschossen. A propos Stapelung: der Raumplan von „pool Architektur“ verzichtet auf die serielle Anordnung der Etagen und integriert die Treppe als verbindendes, für das Wohnerlebnis wesentliches Element in die fließende Folge der Durchblicke vom Parterre bis zum weitläufigen Flachdach.

Dieser cinematographische Effekt beim Durchwandern wird durch die Physiognomie des Hauses verstärkt. Ab dem Betreten des Grundstückes beginnt der „Film zu laufen“. Von außen fährt das Kamera-Auge auf das Haus zu, die großen, schwer gerahmten Glasflächen des erhöhten Parterres schauen auf den Betrachter zurück. Das hat aber nichts starres, nichts von einer camera obscura. Vielmehr ist es die Wegführung auf unterschiedlichen topografischen und baulichen Niveaus, die gedanklich zur „Handkamera-Fahrt“ verleitet. Im Haus selbst ist man dann wieder Betrachter. Vom Wohnzimmer aus gleitet der Blick ins Freies, über die Terrasse hinaus bis zum Pool, denn schließlich ist es eine Frage der Architektenehre-und des -namens, dass hier ein künstliches Gewässer zu Füßen des Hauses liegt.

Und weiter geht die Kamerafahrt. Die Treppen hinaufsteigend verschwindet die Gartensicht, eröffnet sich die Perspektive auf die Straßenseite und in den untenliegenden Wohnraum. Ein Podest bietet Pause und Zeit zum Filmwechsel. Im Obergeschoss befinden sich die Privaträume. Geschickt installiert die Regie der Architekten die Sanitärräume als Lärmpuffer zwischen den Schlaf-und Arbeitszimmern. Auch hier wurde bewusst auf die orthogonale Anordnung der Wände verzichtet, um den Räumen Richtung und Orientierung nach außen hin zu verleihen. Doch es geht noch weiter. Über eine außenliegende Stahltreppe gelangt man auf das Dach. Dort schließlich wird der ganz große Rundblick geboten. Ein 360-Grad Schwenk über Wien ist die Belohnung für das Stiegensteigen.

pool Architektur ZT GmbH,
Weyringerg. 34, 1040
Wien, Tel. 01/503 82 31

Der Standard, Mi., 2000.05.31



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in spe - Einfamilienhaus

27. Mai 2000Gert Walden
Der Standard

Zwei neue Türme in Margareten

Wohnungen, Büros, ein Boarding-Haus und eine Sporthalle werden auf dem ehemaligen Maculan-Grundstück an der Wiedner Hauptstraße nahe dem Margaretengürtel errichtet.

Wohnungen, Büros, ein Boarding-Haus und eine Sporthalle werden auf dem ehemaligen Maculan-Grundstück an der Wiedner Hauptstraße nahe dem Margaretengürtel errichtet.

Für den Magistrat war es eine schon rekordverdächtige Leistung: nach nur achtzehn Monaten erfolgte die Umwidmung des 6.380 Quadratmeter großen Grundstückes an der Wiedner Hauptstraße vor, das die Mischek Bau AG aus der Maculan-Konkursmasse erworben hat. Wo noch zu Beginn der 90-er Jahre eine feste Büroburg geplant war, errichtet nun Mischek mit dem Investitionsvolumen von 500 Millionen Schilling (36,336 Mio.EURO) eine Anlage, die 186 größerenteils geförderte Wohnungen, Büros, sowie ein Boarding-Haus mit 49 Einheiten und die dringend gewünschte Sporthalle aufnimmt.

Aber es ist nicht nur die lebendige Durchmischung von Funktionen, die das neue Quartier zwischen Schusswallgasse/Wiedner Hauptstraße/Hollgasse und Gürtel interessant macht. Die Architekten Rüdiger Lainer, ARTEC (Bettina Götz, Richard Mahnal) und LSSS (Cornelia Schindler, Rudolf Szedenik) haben es verstanden, intelligente Lösungen für die Lärmbelästigung und die hohe Dichte mit 25.000 Quadratmetern Nutzfläche zu finden.


Auflockerung

Im Gegensatz zu den geschlossenen Wohnblocks der Umgebung findet im neuen Viertel eine Auflockerung und Durchlichtung der Volumina statt. Für dieses planerische Ziel wurde sogar mit der Höhenbegrenzung durch die gründerzeitlichen Traufenkante gebrochen, sodass zwei Wohnhäuser an der Wiedner Hauptstraße zu „Wiener Hochhäusern“ mit 35 und 40 Metern in der Vertikale mutierten. Diese Erhöhung des Wohnens bietet den Vorteil, Sichtverbindungen in die Tiefe des Grundstückes zu bringen, um die Baupackung transparenter zu machen.

Das zweite große Problem nach der Dichte ist die Lärmbelästigung: Architekt Rüdiger Lainer hat in seinem Bauabschnitt zwischen Schusswallgasse und Wiedner Hauptstraße eine „grüne Wand“ vorgezogen, die rasch wachsende Pflanzen und dazu noch die Laubengangerschließung für die dahinter liegenden Wohnungen aufnimmt. Zusätzlicher Bonus für die Bewohner: zwischen Laubengang und Wohnung sind Loggien eingespannt, die den Lärmschutz eindämmen und privaten Freiraum bieten.

Im Bauteil von LSSS werden die Wohnungen größerenteils zur Hofseite hin orientiert oder wo sie in Terrassen abfallen durch die „grüne Wand“ geschützt.

An der Hollgasse hat ARTEC die eingeschoßigen Wohnungen ebenfalls an die Hofseite gelegt, während die Maisonetten auch auf das begrünte Dach der halb in der Erde versenkten Sporthalle schauen. Das Boarding-Haus am Gürtel dagegen reduzieren vorgelagerte Gemeinschaftsräume den Lärm.

In allen Bereichen des neuen Quartiers haben es die Architekten mit ihren Konzepten erreicht, dass keine bewohnbaren Lärmschutzwände errichtet werden, sondern Wohnungen, die auf Grund der begleitenden Maßnahmen und der Grundrissorganisation einen Bezug zum Stadtraum herstellen.

Der Standard, Sa., 2000.05.27



verknüpfte Bauwerke
Wohn- und Geschäftsbebauung Wiedner Hauptstraße

20. Mai 2000Gert Walden
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Aus zwei Etagen einen Großraum machen

Der wahre Luxus ist der Raum, hat Hans Hollein einmal formuliert, und davon ist im Wiener Dachboden von Architekt Heinz Lutter reichlich vorhanden. Es sind nämlich zwei Geschoße, die unter einer neuen Hülle eingebaut werden konnten, sodass das menschliche Grundrecht auf den aufrechten Gang vollständig gewahrt blieb.

Der wahre Luxus ist der Raum, hat Hans Hollein einmal formuliert, und davon ist im Wiener Dachboden von Architekt Heinz Lutter reichlich vorhanden. Es sind nämlich zwei Geschoße, die unter einer neuen Hülle eingebaut werden konnten, sodass das menschliche Grundrecht auf den aufrechten Gang vollständig gewahrt blieb.

Da gibt es keine normierten Gauben, die den Dachboden zur düsteren Höhle in der obersten Etage verwandeln, sondern großzügige Fensterbänder, die ein Maximum an natürlichem Licht einbringen. Und wenn das am Abend nicht reicht, bieten Neonröhren, die geschickt in die Fensterfläche integriert sind, blendfreies, neutrales Raumlicht, um dann mit Punktlampen Akzente im Dachboden zu setzen. Die beachtliche Höhe der beiden Etagen boten dem Architekten ausreichend Möglichkeiten, damit die volle Dreidimensionalität des Raumes für das Wohnen genützt werden konnte.

Plattform

Dem Basisniveau folgend, wo die Küche von einer Schrankwand kaschiert wird, hat Lutter ein zusätzliches Podest eingerichtet, das als Wohnzimmerplattform, wie eine Insel in der Weite des Raumes wirkt. Etwas getrübt wird dieser Effekt nur durch einen megamassiven Holztisch von Leon Krier samt neuklassizistischer Sesselgarnitur, der erst später hinzugekommen ist, aber wieder entfernt werden kann. Fix montiert dagegen ist die Galerie im „ersten“ Stock des Dachraumes. Sie dient nicht nur als mögliche Bibliothek, sondern auch als Verteiler: einmal hin zum kleinen, introvertierten Arbeitszimmer, das als witzige Holzbox in die Dachhaut eingehängt ist, einmal hinaus in den Wintergarten und die großzügige Terrasse mit Blick bis hinaus zum Wienerberg.

Vielfalt

Die Größe allein allerdings macht noch keinen sinnvollen Dachboden aus. Heinz Lutter hat mit seinen Interventionen, sei es durch Möbelwände oder unterschiedliche Niveaus, aus dem Vorhandenen eine Gesamtheit gewonnen, ohne deshalb auf die Vielfalt der räumlichen Erlebnisse zu verzichten.

Der Standard, Sa., 2000.05.20



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Dachbodenausbau

17. Mai 2000Gert Walden
Der Standard

Ein Produktionsexperiment

Das Haus von Gerhard Steixner ist ein Hybridtyp - würde man im Automobilbau sagen. Es besteht aus Fertigteilen und funktioniert trotzdem nicht wie „Schönbrunn“ im Schrumpfformat

Das Haus von Gerhard Steixner ist ein Hybridtyp - würde man im Automobilbau sagen. Es besteht aus Fertigteilen und funktioniert trotzdem nicht wie „Schönbrunn“ im Schrumpfformat

Gerhard Steixner ist Schüler von Roland Rainer und trotzdem fehlen beim neuen Haus in den Weingärten Wiens die weißen Mauern von Puchenau. Denn Steixner hält sich an den Meister, der stets Produktionsexperimente an Stelle der Inszenierung formaler Versuchsreihen als Betätigungsfeld des Architekten betrachtete.

Gerhard Steixner entwickelt seit nunmehr zehn Jahren einen energetisch optimierten Hybridtyp von Einfamilienhäusern, die in Mischbauweise konzipiert sind. Der aus Beton gegossene Kern des Hauses bildet die Basis für die vorgefertigte Tragkonstruktion, die am Massivbauteil in unterschiedlichen Positionen fixiert wird. Der „harte Kern“ mit einer dunkel verkleideten Absorberwand dient außerdem noch als Speichermasse, um die niedrigtemperaturgesteuerte Heizung nur zur Abdeckung des Spitzenbedarfs betreiben zu müssen.

Dieses technische Konzept spart Kosten und Zeit. Ein knappes halbes Jahr nur dauerte die Errichtung, der Quadratmeterpreis liegt im Rahmen der besseren Fertighäuser `a la „Villa Schönbrunn“. Doch Gerhard Steixner wäre nicht Architekt, wenn er sich nur mit intelligenten Ingenieurleistungen beschäftigen oder allein den Raumkünstler spielen würde. Er verbindet eben beide Wirkungskreise.


Reichtum

Das Haus ist eine stimmige Symbiose von Wohnräumen, die in Verbindung mit den klar strukturierten Außenbereichen - von südseitigen Terrassen bis zur abgesenkten nordseitigen Piazetta steht. Es ist räumlicher Reichtum, den Steixner mit wenigen Mitteln und fern jeder Formalakrobatik entwickelt hat.

Zu den quantitativ „unbezahlbaren Gütern“ der Bewohner zählt etwa die acht Meter hohe Halle mit Südblick. Dort wurde eine zweite Eben eingezogen, um das Parterre für die Hauswirtschaft sowie die Sauna und die obere Zone als Gemeinschaftsraum zu nutzen. Nordseitig sind dann die Privatzimmer untergebracht - Refugien, die durch das Treppenhaus von der Südseite und möglichem Lärm der Mitbewohner geschützt sind.

Architekt Gerhard Steixner,
Neubaugasse 8, 1070 Wien
Tel.01/526 41 95

Der Standard, Mi., 2000.05.17

04. Mai 2000Gert Walden
Der Standard

Wie der Wassertank zu seinem Bewohner kommt

Nicht schon wieder ein Loft. Die Industrieruinen-Romantik hat ja schon selbst Spinnweben angesetzt. Doch die Kleinstwohneinheit der Wiener Architektengruppe „pool“ überzeugt durch architektonische Raffinesse, die aus dem geringen Raum ein Erlebnis macht.

Nicht schon wieder ein Loft. Die Industrieruinen-Romantik hat ja schon selbst Spinnweben angesetzt. Doch die Kleinstwohneinheit der Wiener Architektengruppe „pool“ überzeugt durch architektonische Raffinesse, die aus dem geringen Raum ein Erlebnis macht.

Wien - Das alte Industriegebäude nahe dem Gürtel hat eine neue Verwendung als Werkstätten- und Bürohaus gefunden, übrig geblieben ist da nur der winzige Raum für den Wassertank über dem obersten Stockwerk, der irgendwie schwer nutzbar schien. Schon gar nicht zum Wohnen, denn die statistische Zahl von 18 Quadratmetern Grundfläche allein vermag schon Platzängste zu schüren.

Doch die junge Wiener Architektengruppe pool (Evelyn Wurster, Axel Linemayr, Christoph Lammerhuber, Florian Wallnöfer) und der Bauherr erkannten das Potenzial, das im Wassertank lag. Und nun ist doch eine Wohnung daraus geworden. Nicht eine funktionale Schlafstätte mit Küche, WC und Dusche, sondern eine richtige Wohnung für das Zu-Hause-Sein.

Zunächst wurde der alte Wasserbehälter entfernt, aber das Volumen ist immer noch spürbar, weil die Abschrägungen für die Auflager noch sichtbar und nutzbar sind. Die alten Ziegelwände sind jetzt weiß gefärbelt, aber nicht planiert, sondern mit allen ihren Buckeln und Dellen als etwas Altes erkennbar, das durch die Farbe Weiß trotzdem einen ruhigen, aber materialbetonten Hintergrund fürs Wohnen bildet.

Und wie kommt es, dass der Verein der Klaustrophobiker hier nicht seine Jahreshauptversammlungen abhält? Da ist einmal die durch Glastüren nahezu vollständig geöffnete Wand, wo Bewohner und Besucher den Blick auf die begehbare Terrasse und die Dächer von Wien genießen können. Das ist zum anderen das Mobiliar, welches - wie etwa der Tisch, das Bett und die Garderobe - in einem winzigen Verschlag untergebracht werden kann, ohne deshalb artistische Übungen vollbringen zu müssen. Diese Interventionen machen den Raum größer, ja lassen ihn schon großzügig erscheinen.


Präzisionsarbeit

Aber kochen und duschen will man auch noch. Die Küche steht als Skulptur - aus Metallblech geschnitten - im Raum, darüber hängt die Metallbox für den Kühlschrank. Ganz selbstverständlich, aber doch mit jener Präzision positioniert, die gute Architektenarbeit kennzeichnet. Die Dusche schließt gleich daneben an: ein ganz schlichter Brausekopf, ohne moralisch korrekten Vorhang, mit einer metallenen Tasse - das ist sie, nicht mehr und nicht weniger, aber in ihrer demonstrativen Funktionalität auch schon wieder wohlgeraten.

Der helle Putz und das Metall sind die zwei wesentlichen Materialkomponenten im Raum. Dieses Prinzip wird auch an einer überraschenden Stelle durchgezogen - nämlich im WC. Darüber schreibt man üblicherweise nicht, aber die pool-Architekten haben sich hier etwas besonders Witziges einfallen lassen. Der Fenseher ist in einer Metalltrommel eingehaust, die in der Wand zwischen Toilette und Wohnraum beweglich montiert wurde. Damit ist der „Hausherr“ in allen Lebenslagen mit der großen, weiten Welt verbunden.

Der Standard, Do., 2000.05.04



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T.O. Penthouse

12. April 2000Gert Walden
Der Standard

Das Potenzal der 60er-Jahre

Architektin Silvia Fracaro veränderte ein Penthouse von Eugen Wörle

Architektin Silvia Fracaro veränderte ein Penthouse von Eugen Wörle

Häuser aus den 50er- und 60-Jahren zählen heute schon häufig zu den Altlasten der 2. Republik. Schlechte Baumaterialien, mangelhafte Isolierungen und ungünstige Grundrisse werden noch eine ganze Generation von Planern beschäftigen, die sich in der „Kunst der Optimierung“ üben dürfen.

Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Das Wiener Wohnhaus von Eugen Wörle, der mit Max Fellerer den Nationalratssitzungsaal neu entworfen hat, ist ein Beispiel für „die guten 60er-Jahre“. Architektin Silvia Fracaro hat das Penthouse von Wörle vor kurzem optimieren können. Zurückhaltend hat sie den Grundriss verändert, neue notwendige Funktionen eingefügt und den Raum in seiner Gesamtheit nobilitiert.

Das Penthouse wird vom neuen Besitzer als Wohnung und Büro benützt, daher waren strukturelle Änderungen zur Klärung des Ambientes notwendig. An der Straßenseite mussten die Zwischenwände entfernt werden, nur der Kaminschacht dient jetzt als Trennung zwischen den beiden Arbeitszimmern, sodass die Kommunikation zwischen beiden Räumen erleichtert wird. Über das Entrée gelangt im Penthouse zur Hofseite. Silvia Fracaro hat dort ein 32 Quadratmeter großes Wohnzimmer eingerichtet. Dort wurden die Parapete entfernt, um einen ungestörten Blick auf den angrenzenden Garten zu erhalten. Innen- und Außenraum gehen ineinander über. Eine Glaswand bildet die klimatische Barriere, während ein holzverkleideter Laufsteg mit seinem vertikal gereihten Geländer eine zarte Grenze andeutet. Gleichzeitig ist es gerade dieses unspektakuläre Geländer, das noch mehr leistet: es erinnert in seiner Ausrichtung an Wörles Handläufe im Stiegenhaus, womit auch der Bezug zum ursprünglichen Bestand des Hauses hergestellt wird.


Neue Dimension

Mit ihrem Konzept brachte Fracaro allerdings etwas wesentlich Neues ein. Von der Straßen- zur Hofseite hin, konnte eine durchgehende Blickachse eröffnet werden, die den Arbeitsbereich mit dem Wohnzimmer verbindet. Damit entsteht, wie auch durch den eleganten Fußboden aus brasilianischem Merbau-Holz, eine fein gedachte Großzügigkeit, die in ihrer Formulierung sehr nobel wirkt.

Der Standard, Mi., 2000.04.12



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Penthouse - Umgestaltung

02. Februar 2000Gert Walden
Der Standard

Jenseits vom „Hüsle“ bauen

Architekten, die sich in erster Linie als Dienstleister - im positiven Sinn - verstehen, geben in Vorarlberg den Ton an. Die Bauherrschaft weiß diese formal...

Architekten, die sich in erster Linie als Dienstleister - im positiven Sinn - verstehen, geben in Vorarlberg den Ton an. Die Bauherrschaft weiß diese formal...

Architekten, die sich in erster Linie als Dienstleister - im positiven Sinn - verstehen, geben in Vorarlberg den Ton an. Die Bauherrschaft weiß diese formal ausschlaggebende Bescheidenheit - durchaus im gegenseitigen Selbstverständnis - zu schätzen. Das ist auch gut so. Allerdings sucht man doch intuitiv Sollbruchstellen im kollektiven Kulturverständnis im Wohnen. Ein Haus von Bernhard und Stefan Marte in Röthis skizziert in seiner jugendlich-tiefgründigen Art eine andere Auffassung von der Kunst des Wohnens.

Im strukturellen Konzept ist das Haus ein Spiel mit Räumen, die sich aus Offenheit und Geschlossenheit bedingen, die mit einander in Beziehung stehen und damit ein Spannungsfeld zwischen den materiell konstituierten Geometrien eröffnen. Was sich zunächst wie eine Bedienungsanleitung `a la Ludwig Mies van der Rohe liest, ist in Entwurf und Realisierung komplexer, weil eine klar formulierte Aussage zum Wohnen vorliegt. Das Haus ist in seiner Auffassung von Innen und Außen gesamtheitlich angelegt, es ist ein hortus conclusus im europäischen Sinn oder auch von fernöstlicher Gedanklichkeit getragen.

Betonierte Scheiben und Winkel bilden ein sich in den Fluchtlinien überschneidendes Rahmenwerk, das den Baukörper konzentrisch von innen nach außen definiert. Auf diese Weise entstand der autarke Solitär der Gesamtanlage mit eigenen Grünraumen, kompromisslos-selbstbezogen, wie sich nur selten ein Haus in Vorarlberg präsentiert.

Einrichten

Die eigentlichen Wohn-und Schlafräume folgen - in der jüngerer Vorarlberger Tradition - den Kabinengrundrissen der Moderne. Entlang einer Korridorschiene aufgefädelt, die visuell ins Freie verlängert wird, verbinden sie gleichzeitig die puritanische Nüchternheit der Anordnung mit der abstrakten Bildhaftigkeit großzügig ausgelegter Materialflächen - seien sie aus Beton oder Holz. Sie liefern auf 205 Quadratmeter den anspruchsvollen Hintergrund fürs Wohnen, denn sehr frei nach Mies van der Rohe „die Kiste ist groß genug, die Bewohner richten sich schon selber ein“.

Der Standard, Mi., 2000.02.02



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Haus Frick

24. Januar 2000Gert Walden
Der Standard

An den Fassaden gekratzt

Architekturjournalisten können sich glücklich schätzen, in Vorarlberg zu wohnen. Auch die Baukünstler haben sich während der vergangenen dreißig Jahren auf einer Basis etabliert, wie sie in keinem anderen Bundesland zu finden ist. Schließlich kann man heute von einer „Vorarlberger Architektur“ schreiben oder reden, die mit ihrer „Kunst der Kiste“ formalästhetisch sowohl international, wie auch bei den regionalen Baubehörden, Beachtung gefunden hat.

Architekturjournalisten können sich glücklich schätzen, in Vorarlberg zu wohnen. Auch die Baukünstler haben sich während der vergangenen dreißig Jahren auf einer Basis etabliert, wie sie in keinem anderen Bundesland zu finden ist. Schließlich kann man heute von einer „Vorarlberger Architektur“ schreiben oder reden, die mit ihrer „Kunst der Kiste“ formalästhetisch sowohl international, wie auch bei den regionalen Baubehörden, Beachtung gefunden hat.

So weit, so gut. Die erste Ausstellung des neu gegründeten Vorarlberger Architektur Institutes eröffnet aber auch andere Betrachtungsebenen, die über das gegenseitige „sich auf die Schulter klopfen“ hinausgehen. 27 Interviews von Auftraggebern, Architekten, Politikern, Kulturschaffenden und Lkw-Fahrerinnen flimmern vom Monitorenschwarm, der jeweils in kleine Environments eingebunden ist - von der Seilbahnkabine über das schindelgedeckte Ruderboot bis zum alten Enfield-Motorrad sind hier Objekte des Begehrens, der Ironie und der Begeisterung versammelt. Die Lkw-Fahrerinnen Petra Dünser und Susi Präsent haben an ihrem Interview-Monitor Boxhandschuhe aufgehängt, Symbole für den Kampf im Männerberuf, gleichzeitig kennen sie ihr Stück Glück - das Eigenheim oben am Berg.

Der Monitor von Roland Gnaiger markiert dagegen Weg und Ziel der Architektur: er steht am Ende einer Leiter. Der Architekt selbst weiß allerdings um das Problem, dorthin zu kommen. Vorarlberger Baukünstler müssen kaum um die Akzeptanz ihrer Einzelobjekte kämpfen. Aber das nächste und vielleicht noch schwierigere Ziel ist, endlich sinnvolle raumplanerische Maßnahmen im „Ländle“ zu setzen. Denn der Vorarlberger Siedlungsbrei von Bludenz bis Bregenz beträchtigt das „Glück in Vorarlberg“ maßgeblich.

Ausstellung „über das glück in vorarlberg zu wohnen“.
Vorarlberger Architektur Institut, Achstraße 1, Dornbirn. Auch als Katalog.
Bis 30. Jänner

Der Standard, Mo., 2000.01.24

19. Januar 2000Gert Walden
Der Standard

Bauen für die Unterprivilegierten

Margarete Schütte-Lihotzky zählte zu den Unbequemen in diesem Land. Sie hat sogar ihren konsequenten Weg des Nonkonformismus perfektioniert. Am 23. Jänner...

Margarete Schütte-Lihotzky zählte zu den Unbequemen in diesem Land. Sie hat sogar ihren konsequenten Weg des Nonkonformismus perfektioniert. Am 23. Jänner...

Margarete Schütte-Lihotzky zählte zu den Unbequemen in diesem Land. Sie hat sogar ihren konsequenten Weg des Nonkonformismus perfektioniert. Am 23. Jänner 1897 geboren war sie die erste Absolventin der Architekturklasse an der Wiener Kunstgewerbeschule unter Oskar Strnad. Als Architektin - nicht als Architekt, wie sie selbst stets betonte - hat sie sich Zeit ihres Lebens theoretisch und praktisch mit dem Bauen für die weniger privilegierten Schichten beschäftigt. Und als KPÖ-Aktivistin hat sie gegen alle Spielarten des Faschismus gekämpft, wobei sie im Dritten Reich nur knapp der Ermordung entgangen ist.

Mit einer solchen Haltung gegenüber dem Leben und dem Bauen war es kein Wunder, dass die gebürtige Wienerin erst spät jene Anerkennung gefunden hat, die ihr im internationalen Rahmen zustand. Erst 1993 wurde ihr im Museum für Angewandte Kunst eine erste Werkschau gewidmet und dort wurde auch die „Frankfurter Küche“ rekonstruiert, welche Schütte-Lihotzky für die Siedlungen der Main-Metropole in den 20er Jahren entworfen hatte.

Friedrich Achleitner hat Schüttes Hinwendung zum Bauen einmal als „ethischen Realismus“ bezeichnet. Realistisch war die Methode der Erfassung der Bedürfnisse der Benützer ihrer Bauten, ethisch war ihre Einstellung gegenüber dem Planungsziel. Denn die Brecht'sche Frage nach dem „Wem nützt die Architektur“ hat Schütte-Lihotzky mit ihrem Gesamtwerk klar beantwortet: den betroffenen Menschen.

Das Besondere der Architektur von Margarete Schütte-Lihotzky lag im präzisen, aber auch subjektiven Entwerfen für Menschen, getragen von einem ausgeprägten sozialem Gewissen. Damit unterschied sich Schütte von den Vertretern einer funktionalistischen Moderne, die eine Auflösung der Architektur in der Synthese aller Naturwissenschaften verfolgten. Darüber hinaus war ihr der Geltungsdrang und das Glamour-Design einiger Star-Architekten vollkommen fremd.

Der aufklärerische Glaube an die Fähigkeit des Individuums, die Welt zu verändern, hat sie ihr Leben lang begleitet und ihren Lebensweg bestimmt. Nachdem im Deutschland des aufkeimenden Faschismus das Arbeiten immer schwieriger, folgte sie dem Frankfurter Planungsstadtrat Ernst May ins Kurzzeit-Hoffnungsland der Modernen Architektur, in die Sowjetunion, wo ihre Kindergärten - eine wichtige Bauaufgabe für Schütte - durch den Krieg zerstört wurden.

1938 ging sie dann auf Anregung von Bruno Taut an die Bauakademie in Istanbul, wo sie für die illegale KPÖ tätig wird. Im Dezember 1940 reist sie nach Wien, um mit dem österreichischen Widerstand Kontakt aufzunehmen, wird aber verraten und verbringt die Jahre bis Kriegsende in einem bayrischen Gefängnis, wo sie von den Amerikanern befreit wird.

Wieder in Wien hatte sie im Klima des Kalten Krieges kaum Chancen Bauaufträge zu erhalten. Sie engagiert sich für die CIAM, jener Vereinigung der wiederstarkten Moderne, und kann dann für die KPÖ am Höchstädtplatz einen heute zerstörten Teil des Globus-Verlagshauses realisieren.

Kleine Aufträge für Kindergärten der Gemeinde Wien folgen, wobei sie ihr Pavillon-System verwirklichte. Eine letzte Miniatur ihrer architektonischen Fähigkeiten skizzierte sie in ihrer Wohnung in der Wiener Franzensgasse, die auf kleinster Fläche räumlichen und sinnlichen Reichtum ausstrahlte, den kaum ein Besucher vergessen konnte. Österreichs erste Architektin erlag fünf Tage vor ihrem 103. Geburtstag einem Herzversagen.

Der Standard, Mi., 2000.01.19



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Schütte-Lihotzky Margarete

19. Januar 2000Gert Walden
Der Standard

Ein Haus mit silbernen Segeln

Nahe dem Bodenseeufer, zwischen alten Fabriken und den üblichen Wohnhäusern, gibt es noch Idyllen. Architekt Much Untertrifaller hat in der Gemeinde Hard für ein großzügiges Einfamilienhaus die Gunst der Lage genützt.

Nahe dem Bodenseeufer, zwischen alten Fabriken und den üblichen Wohnhäusern, gibt es noch Idyllen. Architekt Much Untertrifaller hat in der Gemeinde Hard für ein großzügiges Einfamilienhaus die Gunst der Lage genützt.

Grundstücke wie jenes für das Haus in Hard zählen nicht nur in Vorarlberg zu den besonderen Raritäten. Mitten im Mischgebiet findet sich ein Bach samt Trauerweiden und Platz für ein 244 Quadratmeter großes Wohngebäude.

Architekt Much Untertrifaller, der gemeinsam mit Helmut Dietrich die Probebühne für das Bregenzer Festspielhaus entworfen hat, reagierte auf diese Situation mit einem rechteckigen Baukörper, der sich fast ausschließlich zum Südwesten und damit zum vorbeifließenden Gewässer hin orientiert. Mit einer solchen Disposition kehrt das dreigeschoßige Haus einer Fabrik den Rücken zu, sodass sich eine ungetrübte Wohnsituation ergibt. Doch das Haus, welches den mittlerweile zum Vorarlberger Standardrepertoire zählenden Holzboxen ähnlich sieht, ist in seiner Konzeption komplexer. Die drei Etagen sind nach oben hin gestaffelt, sodass sich zwischen der strikten äußeren Begrenzung durch eine Stahlkonstruktion, immer größere Terrassen öffnen, die eine räumlich interessante Schicht zwischen Innen und Außen bilden. Verstärkt wird die Wirkung dieses geschützten „Zwischenraumes“ durch die silbern schimmernden, am Stahlgerüst befestigten, Sonnensegel. Sie reflektieren bei gutem Licht die Schatten der Bäume und relativieren wie die Staffelterrassen die orthogonale Standortbestimmung des Bauwerkes. Praktischer Nutzen für die Bewohner: Sie sitzen hoch über dem Grundstück, ohne von der Straße her beobachtet zu werden. Ebenfalls unorthodox, zumindest für Vorarlberger Verhältnisse, ist die Verschränkung des Innenraumes. Der ziemlich schmale und lange Wohnraum erstreckt sich über zwei Geschoße und verfügt über eine Galerie mit angrenzenden Privatzimmern, die bei Bedarf zu einer selbstständigen Wohnung umfunktioniert werden kann. Bei aller raumkünstlerischen Ambition verlor der Architekt den praktischen Nutzen eines Hauses nicht aus dem Blickfeld.

Im Spiel zwischen nutzerbedingter Anforderung und den planerischen Entscheidungen ist der Fassadenaufbau noch bemerkenswert. Die Mauern sind aus Beton, allerdings mit Lärchenholz verkleidet. Jedem Puristen stehen bei einem solchen Mix die Haare zu Berge, aber Untertrifallers Plan geht auf: die Lärchenlatten setzen mit ihrer eigenen Materialwirkung das Haus von der Umgebung ab und verstärken das Besondere der Lage am Bach.

(gw)
Dipl.-Ing. Much Untertrifaller, Arlbergstraße 117, Bregenz, Tel.: (05574) 788 88.

Der Standard, Mi., 2000.01.19



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Haus C.

09. Oktober 1999Gert Walden
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Von der Kunst mit Würfeln, die Architektur zu entwickeln

Bernhard und Stefan Marte zählen zur jüngeren Generation der Vorarlberger Architekten, die von den günstigen Voraussetzungen, wie sie die Baukünstler geschaffen...

Bernhard und Stefan Marte zählen zur jüngeren Generation der Vorarlberger Architekten, die von den günstigen Voraussetzungen, wie sie die Baukünstler geschaffen...

Bernhard und Stefan Marte zählen zur jüngeren Generation der Vorarlberger Architekten, die von den günstigen Voraussetzungen, wie sie die Baukünstler geschaffen haben, profitieren können. Klug wie sie sind, wollen sie dennoch ihre Richtung in der Architektur finden. Beim eigenen Haus in Dafins für Stefan Marte kommt noch hinzu, dass hier eine Architektur gefordert war, die künftige Entwicklungen zumindest skizzieren sollte. Das Haus am Ortsrand spiegelt daher auch die komplexen Überlegungen der beiden Jungplaner wider.

Während im Ländle ein Architekturkonzept dominiert, das die Traditionen der Moderne - gerade bei den linearen Grundrissen - mit regionalen Produktionsbedingungen - etwa im Holzbau - verbindet, setzen die Brüder Marte auf die Geometrie: sprich den Kubus, dessen dreidimensionale Qualitäten erforscht werden. Nicht die Kunst der Kiste ist das Ziel, sondern eine Räumlichkeit, wie sie aus der Überlagerung von solitären Kuben im Zusammenhang mit der topografischen Situation erreicht wird. Aus dieser konzeptuellen Vorgabe entwickeln die beiden Architekten ein spannendes Spiel: wenn man die metallene Eingangstür hinter sich lässt, eröffnet sich ein Raumgefüge, das die Trennung zwischen den Geschossen aufhebt und Höhen und Tiefen des Hauses spürbar macht.

Unwillkürlich denkt man an Adolf Loos, wenn die Choreographie der Treppen, die Anordnung der Zimmer und die präzise Festlegung der Fensteröffnungen einem Plan folgen, der im Rahmen des quadratischen Grundrisses das Beste aus den funktionalen Anforderungen herausholt. Am Beispiel Schlafzimmer: dort ist das Fensterband tief angesetzt, um den Blick in liegender Position auf die Landschaft zu konzentrieren. Folgt der Besucher dann den Treppen wieder, erreicht er eine Plattform, die mit zwei Kuben bestückt ist. Einer nimmt die Küche mit Essplatz auf, ein anderer ist der eigentliche besonders hohe Wohnraum. Dazwischen und davor liegt die Terrasse, deren Brüstung nicht vollständig durchläuft. Sinn dieses Non-Finito: Das raumhohe Glasfenster in der Küche bezeichnet die tatsächliche Geschossebene an der Fassade und suggeriert eine Zwischenebene, die es zwar nicht gibt, aber im Hausinneren bei den Treppenpodesten immer wieder vorkommt. Zwischen beiden Kuben und der Terrasse eröffnen sich dann noch diagonale Blickachsen, welche sehr geschickt die ausschließlichkeit der Orientierung zur Landschaft hin unterbrechen. Die Architektur führt also ihr Eigenleben, deren harte Ortogonalität vorgetragen und hinterfragt wird.

Bei aller alemannischer Rationalität also, haben die beiden Architekten ein Haus entworfen, das in seiner komplexen Einfachheit doch sehr sensibel mit der österreichischen Bautradition umgeht. Denn Bauen mit Beton bedeutet nicht „schweizerisch“ zu bauen.

Der Standard, Sa., 1999.10.09



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Einfamilienhaus Marte

02. Oktober 1999Gert Walden
Der Standard

Ein Freispiel für den Architekten

Valencia leistet sich Santiago Calatravas Stadt der Künste und der Wissenschaften

Valencia leistet sich Santiago Calatravas Stadt der Künste und der Wissenschaften

Wien hat ein Problem mit dem Gürtel. In Valencia ist der größere Teil der Stadt eine Autobahn mit wuchernden Beigaben aus Wohnhäusern und Industriebauten. Diesem privatwirtschaftlichen Wildwuchs wird nun eine „Stadt“ entgegengehalten - die Stadt der Künste und der Wissenschaften als neues Zentrum nahe dem Meer.

Genauso gut könnte man das 350.000 Quadratmeter große Areal der Ciudad de las Artes y las Ciencias in „Calatrava-City“ umtaufen: Santiago Calatrava zeichnet für den größeren Teil der Bauten verantwortlich. Von ihm stammen das Museum der Wissenschaften, der Palast der Künste und das Imax-Kino, die entlang einer Verbindungsachse aufgefädelt sind. Der Entwurf für den anschließenden, kleineren ozeanografischen Park samt Unterwasser-Restaurant kommt aus dem Atelier des Altmeisters Félix Candela.

Santiago Calatrava, Jahrgang 1951, setzt wie bei seinen zahlreichen früheren Werken, die mittlerweile schon zur Grundausstattung in vielen spanischen Städten zählen, wieder voll auf die Verbindung von Architektur und Ingenieurbaukunst. Er grenzt sich auf diese Weise von den „Zweckbauten“ der Umgebung deutlich ab. Seine Konstruktionen unterwerfen sich nicht den anonymen Erfindungen der Ingenieure, vielmehr sucht er statisch sinnvolle Formen, welche Assoziationen zu den Vorbildern aus der Natur und dem menschlichen Körper erlauben. Insgesamt tritt allerdings dann eine Wirkung ein, wie sie schon seit Gaudí bekannt ist: die Konstruktion verwandelt sich zum Ornament, und bei Calatrava auf Grund der Dimension zum brillianten Stadt-Dekor. Valencia erhält also - um bei der Metapher zu bleiben - eine Perle für die derbe Austernschale des städtischen Raumes.

Das gerade fertiggestellte Imax-Kino - im Spanischen „hemisfèric“ genannt - zeigt am deutlichsten die „sprechende Architektur“: wie ein Augenlid lässt sich die Konstruktion öffnen und schließen, im Zentrum findet sich die Pupille - der Kinosaal. Und nachdem ja das Auge bekanntlich rund ist, spiegelt sich das Gebäude in einem künstlichen See, um die Gesamtform zu simulieren. Unwillkürlich denkt man bei einem solchen Effekt an Spaniens Kulturdenkmal Nr. 1, die Alhambra, wo bereits vor mehr als 500 Jahren diese Spiegelungen zur illusionistischen Vollendung von Architektur eingesetzt wurden.

Calatrava begnügt sich allerdings nicht mit der bildhaften Wirkung dieser sehr aufwendigen Konstruktion aus Stahl und Beton. Der Raum zwischen der äußeren, beweglichen Hülle und dem Kinosaal wird jetzt schon für noble Parties genützt. Smokings und bunte Kleider kontrastieren recht eindrucksvoll mit der weißen Architektur und dem Blau des umliegenden Gewässers.

Im größeren Maßstab wiederholt sich das Motiv des Schauens wieder beim Palacio de las Artes, dem Palast der Künste, am Nordende des Areals. Zwei elegante elliptische Betonfassaden sind dem eigentlichen Baukörper vorgespannt. Sie lassen Öffnungen frei, schützen aber auch die Eingangsbereiche zum Open-Air-Auditorium, dem Studio-Theater und einem größeren Theater, dessen Bühnenturm eine vertikale Mitte der Anlage betont. Allein schon der Umstand, dass hier 4.700 Menschen Platz finden, illustriert die Anstrengungen der Stadt Valencia, in die internationale Liga des Kulturbetriebes aufsteigen zu wollen.

Nicht weniger aufwendig ausgefallen ist das Museum der Wissenschaften - höhenmäßig mit 75 Metern die zweite Krone des neuen Zentrums. Während Calatrava beim Kunstpalast eine etwas papierene Plastizität artikuliert, ist die Form des Museums ausschließlich von der Konstruktion abgeleitet. Eine Reihe gewaltiger Betonträger strebt in den Himmel und wieder auf die Erde zurück. Sie verzweigen sich, um in sägezahnähnliche Lichtöffnungen zu enden, halten gleichzeitig innenliegende Galerien und die vorgelagerte Terrasse und werden an den Schmalseiten von zusätzlichen Pfeilern abgestützt. Viel mehr kann Beton wohl nicht mehr leisten, als in Calatravas baukünstlerischen Inventionen, die in ihrer Gesamtheit eine Dalí-hafte Surrealität hervorrufen. Die Vorbilder aus der Natur verwandeln sich unter der Hand des katalanischen Architekten in ein Artefakt aus subjektiver Ambition und technischen Möglichkeiten. Nicht weniger obsessiv ist das Engagement des Auftraggebers. Ein solcher Spielraum für Architektur wurde zwar international immer wieder projektiert, realisiert haben ihn aber das Land und die Stadt Valencia.

Der Standard, Sa., 1999.10.02

30. August 1999Gert Walden
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Die Strahlkraft der Technik

Wie schaut ein Rathaus für das 21. Jahrhundert aus? Londons neue Stadtregierung suchte eine Lösung des Spagats aus Sparsamkeit und demokratischer Symbolik. Die Problematik spiegelt sich in den beiden Entwürfen von Norman Foster für die „Greater London Authority“ wider.

Wie schaut ein Rathaus für das 21. Jahrhundert aus? Londons neue Stadtregierung suchte eine Lösung des Spagats aus Sparsamkeit und demokratischer Symbolik. Die Problematik spiegelt sich in den beiden Entwürfen von Norman Foster für die „Greater London Authority“ wider.

Parteipolitisch war es opportun und ideologisch leicht zu rechtfertigen. Also löste Maggie Thatcher mit neoliberalem Elan zu Beginn der 80er Jahre das „Greater London Council“ (GLC) zwecks „Entbürokratisierung“ auf, um einen der Ankerplätze der Labour Party gleich mit zu beseitigen. Das Gebäude des GLC an der Themse wurde an die Japaner verkauft und es konnte dann schon vorkommen, dass mangels Koordination Straßen gebaut wurden, die keine Fortsetzung über die Bezirksgrenzen hinaus fanden.

Nicht zuletzt das Desaster bei der Docklands-Erschließung überzeugte auch den strammsten Wirtschaftsliberalen von der Einrichtung einer übergeordneten Koordinationsstelle für das Stadtgebiet von London. Die Regierung Blair drückte ein entsprechendes Gesetz zur Etablierung der „Greater London Authority“ (GLA) samt Bürgermeister und Ratsversammlung durch. Allein das alte Rathaus war unwiederbringlich futsch, ein gebautes Zeichen für „New Labour“ angesagt. Den marktwirtschaftlichen Aspekt bei der Wahl des Standortes mussten die Nadelstreif-Sozialisten ebenfalls berücksichtigen.

Als Ort bot sich das Immobilien-Entwicklungsgebiet südwestlich der Tower Bridge an, wo kostengünstig und stadtwirksam die neue Londoner Autorität signalisiert werden kann. Auch passte der Ort in das Gesamtkonzept einer Revitalisierung der Themseufer. Wie in vielen anderen Städten sind gerade im Bereich oberhalb der Tower Bridge die Uferbereiche zu einer „Ungegend“ verkommen, die Themse selbst ist zu einem größeren Industriekanal degeneriert. Neben dem Rathaus, dessen Bau im günstigsten Fall im Spätherbst begonnen wird, ist die neue Tate Gallery des schweizerischen Architektenteams Herzog & De Meuron in Planung, wie auch eine neue Fußgängerbrücke die Themseufer verbinden soll.

Nach einem Wettbewerb im Frühjahr, welchen Norman Foster gegen die ernsthafte Konkurrenz von Alsop und Störmer gewonnen hatte, begann eine heftige, aber durchaus niveauvolle Debatte um den Express-Entwurf für das neue Rathaus (sechs Wochen Planungszeit) - Bild rechts unten - des großbritischen Star-Architekten. Dieser wurde mit einer „Fechtmaske“ oder einem „Zyklopenauge“ verglichen, das sich ziemlich aggressiv der Stadt zuwendet. Solche Vergleiche treffen nicht nur aus semantischer Sicht. Die schräg versetzten Etagen des Objekts sind mit einer fast halbkreisförmigen Scheibe als signifikante Großform abgedeckt.

Fosters Erstentwurf ist ein Solitär in allen Aspekten der Architektur und den Verwendungszweck betreffend ein nahezu autistisches Statement. Seine selbstgenügsame Geometrie sollte relativiert werden durch ein Höchstmaß an transparenten Baumaterialien. Was allerdings bei einem zehnstöckigen Gebäude kaum funktionieren kann. Durch die normative Kraft des Faktischen verwandelt sich also die symbolische Aussage des Gebäudes - die Kontrolle einer demokratischen Institution von außen - in das, was die Benützer schätzen: Eine Aussichtsplattform mit bestem Panorama auf die triste Nachkriegsszenerie an den beiden Themseufern. Oder in Umdrehung der Architekten-Intention: „Big Parliament is watching you“.

Das Eindimensionale eines solchen Konzepts, das sich im zweiten Entwurf - Bilder links - gemildert fortsetzt, eröffnet mehr Fragen in Bezug auf die Symbolfähigkeit von Architektur in einer demokratischen Gesellschaft. Norman Foster setzt auf das Elementare dieses gesellschaftlichen Systems: die den meisten Menschen verständliche Perfektion der Technik und ihre formale Umsetzung durch die Geometrie. Gedankliche Sollbruchstellen sind nicht vorgesehen, der repräsentative Anspruch der Institution wird nicht hinterfragt. Hier an der Themse will Norman Foster eine ideale Heimat für den Menschen der Moderne schaffen. Und dort lassen sich alle politischen Inhalte ansiedeln. Giuseppe Terragnis Casa del Fascio in Como oder die Athener US-Botschaft von Walter Gropius sind nur zwei Beispiele, um diese Kompatibilität zu illustrieren.

Wie weit sich der britische Architekt von der 60er-Jahre-Vorstellung, den Menschen zum Handlungssubjekt der Baukunst zu machen, entfernt hat, zeigte der Erstentwurf des Solitärs. Das medial transportierte Unbehagen fand seinen Niederschlag beim Zweitentwurf, der nun zur Begutachtung bei den Planungsbehörden des Bezirks zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegt. London lässt sich das neue Rathaus etwas kosten. Trotz der nach außen hin bescheiden wirkenden, weil technizistischen Architektur kommen die 21.600 Quadratmeter auf rund 840 Mio. S (61,045 EURO). Also rund 40.000 S pro Quadratmeter.

An dem grundsätzlichen Anspruch und der baulichen Konzeption hat sich kaum etwas geändert. Die zehn Etagen des Gebäudes präsentieren sich als ein Nutzungsmix von Büroräumen, einer großen öffentlich zugänglichen Eingangshalle und den Räumen für das Stadtparlament im fünften bis siebten Stockwerk. Darüber befinden sich die Zimmer des Londoner Bürgermeisters und dann der „demokratische“ Abschluss, wie wir ihn schon vom Berliner Reichstag kennen: Ein zweigeschoßiger Raum für das Wählervolk, genannt „London's Living Room“, mit dazugehöriger Aussichtsplattform, so dass das „Amtshaus“ etwas vom Normalbürger durchlüftet wird. Schlussfolgerung aus dem Raumprogramm: seit den Tagen des liberalen Bürgertums hat sich am Nutzungskonzept für Rathäuser wenig geändert. Statt der Besuchergalerie gibt es nun den Living Room. Stilistisch wurde die geschwätzige Neugotik (Wiener Rathausmann) durch die abstrahierende Neumoderne abgelöst. Nur formal hat sich zwischen Erst- und Zweitentwurf etwas getan.

Allen durchgehenden Plattformen ist nun der nach unten ausschwingende Luftraum vorgelagert, den eine zarte Stahlkonstruktion begrenzt. Der Pragmatiker Norman Foster - im Juni vom Sir zum Lord promoviert - hat die harte Kontur des Erstentwurfs entschärft. Die Plastizität der Hülle wirkt ruhiger, weil eben nicht 1:1 aus der Geometrie abgeleitet. „Flucht nach hinten“ oder „Bauch statt Kuppel“ möchte man meinen, wenn man die schmeichelweiche Neigung des Objekts weg von der Themse betrachtet.

Nachdem also auch Norman Foster am überzogenen Anspruch einer aussagekräftigen „demokratischen“ Architektur scheitern musste, stellt sich nun die Frage, was seine Architektur zu leisten vermag. Das Gebäude ist immer noch eine signifikante städtebauliche Figur am südlichen Themseufer. Die aufgespannte Konstruktion wird - wie schon bei Fosters ITN-Headquarter - die Dramatik des atlantischen Wetterwechsels reflektieren. Und bei Nacht werden dann sanft die Lichter der Greater London Authority von der Strahlkraft der Demokratie künden. Wie weit sich das Gebäude zum Identifikationsträger für ebendieses politische System entwickelt, wird erst die Zukunft zeigen und ganz wesentlich werden vor allem die Menschen dazu beitragen, die in ihm agieren. Fosters Präsentation des Elementaren mit den Mitteln einer unbestrittenen Technik und der Geometrie bildet dafür den Hintergrund. []


Londons Rathaus in Norman Fosters zweiter Fassung:
Der Saal für die Abgeordneten (o.) wird - ähnlich wie beim Berliner Reichstag - von einem Rampengeflecht verziert.
Der „Bauch“ des durchgehenden Luftraumes schwingt
nach unten aus und ergibt eine insgesamt sanfte
Physignomie für das Gebäude.
Grafiken: Foster and Partners

Der Standard, Mo., 1999.08.30



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GLA - Headquarter

28. August 1999Gert Walden
Der Standard

Mehr Luft für einen schönen Kopf in Liesing

Wiens Stadterweiterungen aus jüngster Zeit haben nur bescheidene Qualitäten hervorgebracht. Peter Nigst konnte nun beweisen, dass sich auch an der Peripherie Architektur realisieren lässt.

Wiens Stadterweiterungen aus jüngster Zeit haben nur bescheidene Qualitäten hervorgebracht. Peter Nigst konnte nun beweisen, dass sich auch an der Peripherie Architektur realisieren lässt.

Ein formloser Einheitsbrei hat sich an den Stadträndern von Wien in den vergangenen Jahren breit gemacht. Architekten wurden zu Nothelfern einer Stadtplanung, die unter dem Schwert der Grundstückbeschaffer ihre antiquierten Wohnbauideale vom Karl-Marx-Hof auf Minimalflächen zu realisieren suchte.

An der Liesinger Steinergasse konnte einmal dieser enge Rahmen mit Hilfe eines stringenten Leitprojekts von Dieter Henke und Marta Schreieck sowie mehreren beteiligten Architekten durchbrochen werden. Hier haben Besucher und Bewohner endlich einmal Luft zum Atmen und dennoch ausreichend Platz, um sich in einem wirklich städtischen Ambiente zu bewegen. Zu den Wesenszügen einer Stadt gehört die Rangordnung der Bauten. In Liesing wurde der „Kopf“ mit dazugehörigem Bau-Körper von Peter Nigst entworfen. Er bestimmt eine Mitte inmitten der Anlage und bietet durch die Gunst des abfallenden Geländes auch ein 3-D-Erlebnis, wie es sonst nur Maisonetten oder Villen haben - nur eben durch eine prominent vorgelagerte Treppenanlage im Außenraum.

In seiner Architektursprache finden sich bei Peter Nigst Worte wie „dicht“ und „transparent“, „real“ und „abstrakt“. Über einen hohen Grad an Transparenz verfügt das Kopfgebäude - Bild links - mit seinen die Horizontale charakterisierenden Lochblechbrüstungen und großen Glasflächen. Der anschließende Bau-Körper dagegen ist im Hofbereich durch die traditionellen, schmalen Fensterachsen und die Aufzüge vertikal bestimmt, während an der Straßenseite Loggien und verputzte Mauern ein abstraktes Muster von Fläche und Tiefe entwerfen.


Wohnschichten

Die Wohnungsgrundrisse selbst sind von der Realität der Wohnbauförderung bestimmt. Immerhin schaffte es der Architekt, die einzelnen Wohnungen über die gesamte Trakttiefe zu ziehen. Schiebewände zwischen der Küche und dem anschließenden Wohnzimmer und der Loggia lassen das Gefühl für eine schichtweise Öffnung oder Schließung zum Außenraum hin aufkommen. Und dieser kann sich im Wiener Wohnbauvolumen sehen lassen.
Arch. Peter Nigst, 1190 Wien, Friedlgasse 40

Der Standard, Sa., 1999.08.28



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Wohnbau Steinergasse

22. August 1999Gert Walden
Der Standard

Mit großer Gelassenheit in steiler Hanglage

Der Architekt hat keine Bildschirmästhetik in gebauten Kisten verpackt, noch die Organe des menschlichen Körper als Vorbild für die Form gewählt. Rudolf...

Der Architekt hat keine Bildschirmästhetik in gebauten Kisten verpackt, noch die Organe des menschlichen Körper als Vorbild für die Form gewählt. Rudolf...

Der Architekt hat keine Bildschirmästhetik in gebauten Kisten verpackt, noch die Organe des menschlichen Körper als Vorbild für die Form gewählt. Rudolf Rollwagen hat eine Villa gebaut. Nicht mehr und sicherlich nicht weniger.

Aus Sicht der medialen Verwertbarkeit ist diese Villa an einem steilen Wiener Hanggrundstück nur wenig spektakulär. Sie zeichnet sich durch architektonische Qualitäten aus, die mittlerweile in die Gefahr geraten, im Depot der menschlichen Sensorik zu landen: Großzügigkeit, Gelassenheit und Stille.

Rollwagen bedient sich der traditionellen Typologie der Villa, verzichtet auf modische Materialien und verlässt sich auf die Wirkung der Raumdimensionen, die sich auf 208 Quadratmetern Wohnnutzfläche entsprechend realisieren lassen. Und das ist das Angenehme an diesem Haus. Es zeigt in wohltuender Zurückhaltung, worin sich Architektur elementar vom Bauen unterscheidet.


Standbilder

Die Räume sind eben nicht nur Luft zwischen den sechs Wänden eines Kubus, sondern präzise Folien für die Entfaltung der Bewohner. Da stimmen die Proportionen, da sind Ausblicke, wo sie notwendig sind. Oder cineastisch formuliert: Der Architekt hat Standbilder der Beziehung zwischen Innen und Außen geschaffen, nicht Laufbilder für eine oft überspannte Bewegungsdramaturgie.

Das Auf und Ab der Treppen genügt, um zu signalisieren, dass man sich auf einem Hanggrundstück befindet. Und die neugeschaffene ebene Fläche für das Haus genügt, um als Plattform über den Dächern von Wien zu dienen. Es wurden weder die Figuren von „Flieger“ oder „Höhle“ bemüht, wenn es darum ging, das Besondere des Ortes herauszuarbeiten.

Rollwagen knüpft offensichtlich formal an die gute Wiener Moderne der 20er Jahre an, nimmt sich allerdings gegenüber den Vorbildern noch mehr zurück, vermeidet es jedoch ins Simpli- zistische abzugleiten. Dafür ist die Kongruenz zwischen Raumprogramm und Raumvolumen zu gut getroffen. Weniger vorteilhaft sind die Dimensionen der Details. Die Fensterprofile oder die Durchmesser der Geländer hätten ruhig zarter ausfallen können. Schließlich zeigt sich auch im Finish die Hand des Architekten.

Arch. Dipl. Ing. Rudolf Rollwagen Sieveringer Straße 36, 1190 Wien

Der Standard, So., 1999.08.22



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Villa in Hanglage

10. Juli 1999Gert Walden
Der Standard

Wo sich jetzt die Westbahn mit der Architektur trifft

Am Freitag wurde die neue Österreichzentrale des deutschen Montageunternehmens Würth in Böheimkirchen eröffnet. Das Kulturverständnis des Bauherren ist bemerkenswert. Die Architektur ebenfalls.

Am Freitag wurde die neue Österreichzentrale des deutschen Montageunternehmens Würth in Böheimkirchen eröffnet. Das Kulturverständnis des Bauherren ist bemerkenswert. Die Architektur ebenfalls.

Böheimkirchen - Unternehmer, die den besonderen Wert von Architektur für ihren Betrieb und vor allem für ihre Mitarbeiter erkennen sind hierzulande eine langsam wachsende Minderheit.

Reinhold Würth erklärte bei der Eröffnung der österreichischen Zentrale seines Großkonzerns, daß es mit Architektur gelinge, seine Mitarbeiter „optimistischer und leistungsbereiter“ zu machen.

Und von der Kostenseite aus betrachtet ist die neue Gebäudegruppe mit Lager, Logistik- und Bürozentrum nicht signifikant teuerer als die üblichen Blechkisten, die Österreichs Städte und Landschaften verunzieren. Der Quadratmeter Nutzfläche in allen Objekttypen kommt auf rund 15.000 S, das Gesamtinvestitionsvolumen beträgt rund 285 Mio. S.


Neues Zeichen

Architekt Ernst Huss (Mitarbeit am Vorentwurf: Mascha+Seethaler) hat aus den drei Gebäuden ein Ensemble geschaffen, das gerade in der „leeren“ Landschaft einen neuen räumlichen Zusammenhang konstituiert. Einen Kontext, der auf die Anforderungen der Mitarbeiter zugeschnitten ist und gleichzeitig wie ein Signet zwischen der Autobahn und der Westbahnstrecke steht. Wenn nun auch die Architektur, wie es der Tessiner Luigi Snozzi einmal formuliert hat, Landschaft zerstört, so ist es hier im großen Rahmen mit Vernunft geschehen. Der Übergang von Bürohaus zum Lager- und Logistikzentrum etwa bildet einen eigenen Platz, der vom „Besprechungsobjekt“ in Form eines Ufo-ähnlichen Gebäudes beherrscht wird. Sichtverbindungen zwischen kopf- und Handarbeitern sind möglich, ohne eine überanstrengte Transparenz des Baulichen zu bemühen. Trotz der Verwendung zeitgemäßer Materialien ist nämlich das Ensemble in seiner zeichenhaften Wirkung und der damit verbundenen Architekturhaltung durchaus traditionell.

Bekannte Bilder

Das „Auffalten“ des Bürohauses ist ebenso schon bekannt, wie das 60er-Jahre-Remake eines Ufos auf Stelzen. Auch der Einsatz von Siebdruckgläsern im Stiegenbereich, die Klarsichtaufzüge und die offenen Büros bescheren wie die plakative Gestik der Gesamtanlage ein Déja-vue-Erlebnis. Aber im Zusammenhang betrachtet ist die neue Österreich-Zentrale von Würth ein Ort, wo es sich angenehm arbeiten läßt. Die Intentionen des engagierten Bauherren wurden erfüllt.

Der Standard, Sa., 1999.07.10



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Österreich-Zentrale Würth

10. Juli 1999Gert Walden
Der Standard

Die Alternative zur Schrumpfvilla

In den Kleingartensiedlungen Wiens bietet sich ein Kaleidoskop der Baukultur, das seinesgleichen sucht. Da stehen die perfekten Konstruktionen der 20er Jahre neben den ersten Fertigteilhäuschen und den jüngeren Mini-Kopien bürgerlicher Villen, die das Mißverständnis von Industrieprodukten als Imitation des Handwerklichen illustrieren. Dazwischen wachsen die Pflänzchen neuer Baukultur - nach dem Motto: Raum läßt sich überall optimieren.

In den Kleingartensiedlungen Wiens bietet sich ein Kaleidoskop der Baukultur, das seinesgleichen sucht. Da stehen die perfekten Konstruktionen der 20er Jahre neben den ersten Fertigteilhäuschen und den jüngeren Mini-Kopien bürgerlicher Villen, die das Mißverständnis von Industrieprodukten als Imitation des Handwerklichen illustrieren. Dazwischen wachsen die Pflänzchen neuer Baukultur - nach dem Motto: Raum läßt sich überall optimieren.

Architekt Wolfgang Semler hat dafür ein Beispiel in Penzing realisiert. Neben der präzisen Konstruktion, den großzügigen Aufteilungen der Wohnflächen, die diese Zimmerverschachtelungen vermeidet, liegen bei diesem Haus auch Werte im Inneren versteckt. Während viele Siedlungshäuser ausschließlich in Leichtbauweise gefertigt werden, hat sich der Architekt für eine Mischung aus Betonsteinen und Holz - entschieden. Die Vorteile liegen auf der Hand. Im Sommer dünsten die Bewohner von Leichtbauhäusern bei 38 Krügerln im Schatten, weil schlichtweg die Speichermasse fehlt. Beton hat die Eigenschaft, Wärme tagsüber dem Innenraum zu entziehen, was dem Raumklima gut tut.

Daher umfassen beim Haus in Penzing U-förmig Wände aus Betonsteinen die Wohnräume , während Verschalung, Decken und das flachgeneigte Pultdach aus Lärchenholz hergestellt sind.

Das Holz ist unbehandelt und erhält mit der Zeit eine besonders schöne silbrige Oberfläche. Zur Gartenseite öffnet sich das Haus, die relativ niedrige Raumhöhe hilft aber mit, daß sich das Innere nicht zu sehr aufheizt. Und auf Grund der Bauordnung sowie dem Wunsch des Auftraggebers wurde der Keller unter der Terrasse zur Gänze für sogenannte Nebenräume - mit ausreichend Licht von oben - genützt. Hier läßt es sich arbeiten oder Gäste beherbergen. Kurz gesagt: der Architekt hat die Bauaufgabe nach klaren rationalen Vorstellungen konsequent verwirklicht, die einem zeitgemäßen Verständnis vom Wohnen entgegenkommen.

Mag.arch. Ulrich Semler, Wien 5., Franzensgasse 21

Der Standard, Sa., 1999.07.10



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Kleingartenhaus

09. Juni 1999Gert Walden
Der Standard

Im engen Rahmen des Möglichen

Das alte Vorurteil, daß Architekten teuer bauen und in der Abwicklung zeitraubend seien, wurde mit dem geförderten Wohnbau vom Büro Meissl-Delugan an der Gundäckerstraße nahe dem Kurzentrum Oberlaa widerlegt.

Das alte Vorurteil, daß Architekten teuer bauen und in der Abwicklung zeitraubend seien, wurde mit dem geförderten Wohnbau vom Büro Meissl-Delugan an der Gundäckerstraße nahe dem Kurzentrum Oberlaa widerlegt.

Als wirtschaftliches Ergebnis nach einem Bauträgerwettbewerb im Jahr 1995 resultierten Baukosten von 10.780 S (783,4EURO) pro Quadratmeter. Die Bruttomieten für die insgesamt 9.495 Quadratmeter Nutzfläche, vom Bauträger Domizil errichtet, kamen auf jeweils 60 S. Viel mehr an Sparmaßnahmen ist bei dem hohen Standard, bedingt durch die österreichischen Baubestimmungen, nicht mehr erreichbar.

Auch die Architekten trieben ihre Kunst der Reduktion auf die Spitze. Minimiert wurde die Detailausführung, die Architektur auf das Elementare eingeschränkt. Am Beispiel Gundäckerstraße ist zu sehen, daß eine solche Vorgangsweise funktionieren kann. Denn die Planer haben die städtebaulichen Vorgaben zum Guten verändert und mit einer sinnvollen Wohnungsorganisation im engen Rahmen des Möglichen kombiniert. Architektur wird bei einem solchen Sparefroh-Unternehmen auf einen harten Prüfstand gestellt.

Die Gefahr einer weiteren Schematisierung lauert quasi am Computer des Architekten, wenn die Kosten zum alleinigen Prinzip des Wohnens erhoben werden und dann das Minimale ins Banale rutscht. In der Gundäckerstraße haben Delugan-Meissl also die Kunst des Möglichen realisiert. Die Anlage ist eine intelligente Neuinterpretation des abgedroschenen Wiener Wohnhof-Prinzips, dessen funktionale Schwächen mit zunehmend dichterer Bebauung sich noch deutlicher zeigen.

Die beiden Architekten haben nämlich die Blockrandbebauung in einzelne Zeilen und Solitäre aufgelöst, sodaß die optimale Belichtung gewährleistet wird und die Wegführung innerhalb der Anlage kaum besser sein könnte. Es ist gerade diese Durchlässigkeit, die über das Funktionale hinaus der Anlage eine besondere Charakteristik verleiht. Der Wanderer zwischen den Zeilen wird zum Flaneur, auch ein bißchen zum Voyeur, der den Rhythmus der Wegführung genießen kann. Ein solches Erlebnis zählt im Wiener Wohnbau der Gegenwart zu den ganz besonders seltenen. Den Bewohnern sind im Low-Budget-Wohnbau alle elementaren Werte gesichert. Die Einheiten erstrecken sich jeweils über die gesamte Tiefe des Baukörpers. Loggien garantieren windgeschützte Privatheit im Freien. Die „falschen Maisonetten“, die vom Laubengang über einen innenliegende Treppe erreicht werden, bieten zusätzlichen Platz für den meist dringend notwendigen Stauraum.

Prinzipiell sind in den B-und C-Wohnungen mit 65 und 80 Quadratmetern Fläche die Funktionen Wohnen-Kochen und Schlafen streng axial getrennt. Die 60 Zentimeter tiefen Versteifungen aus Beton für die Fertigteilelemente können sinnvoll als Bücherregale der Ablagen verwendet werden, während im Luftraum der „falschen Maisonetten“ ein Balkon zusätzlich montierbar ist. Bereits beweglich installiert sind die kunstharzgebunden Sonnenschutzblenden. Diese und die Loggienbrüstung aus dem selben braunen Material bilden vor dem Bau ein Filter von Transparenz und Geschlossenheit, das eine Ahnung vom Geschehen hinter der Verkleidung transportieren.

Der Standard, Mi., 1999.06.09



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Thermensiedlung Oberlaa - Bauteil Delugan-Meissl

05. Juni 1999Gert Walden
Der Standard

AR/WO X - Formel für Büros vor der Haustür

Die geförderten Wohnungen in Wien werden immer kleiner, die steuerliche Entlastung für den Arbeitsplatz zu Hause schwindet. Einen Ausweg bietet das Projekt „AR/WO X“ in Wien-Favoriten an. Dort entsteht eine Wohnanlage im bunten Förderungsmix mit selbständigen Bürotrakten, vielfältigen Geschäftslokalen und anspruchsvoller Architektur.

Die geförderten Wohnungen in Wien werden immer kleiner, die steuerliche Entlastung für den Arbeitsplatz zu Hause schwindet. Einen Ausweg bietet das Projekt „AR/WO X“ in Wien-Favoriten an. Dort entsteht eine Wohnanlage im bunten Förderungsmix mit selbständigen Bürotrakten, vielfältigen Geschäftslokalen und anspruchsvoller Architektur.

Über Jahrzehnte hinweg hat die Gemeinde umweltschädigende Betriebsstätten aus der Stadt hinausgeekelt. Jetzt wo, viele Bezirke Gefahr laufen, sich in reine Schlafsiedlungen zu verwandeln, werden neuen Maßnahmen der Sicherung von „sauberer“ Wertschöpfung gesetzt. Unter dem Marketingtitel „AR/WO X“ ist nun ein Pilotprojekt im 10. Bezirk an der Fernkorngasse baugenehmigt, das durch die Vielschichtigkeit des Konzepts beeindruckt.

Zunächst die Finanzierung des Projekts, das vom Österreichischen Sieldungswerk und der Mischek-Gruppe getragen wird: das 350-Millionen-Schilling-Vorhaben (25,436 Mio.EURO) gewährt über alle in Wien möglichen Förderungsschienen Zugang zu den Büros und Wohnungen in Miete oder Eigentum, weil die Subventionspolitik der Bundeshauptstadt seit Hans Mayr dies in beiden Fällen möglich macht. Auch freifinanzierte Wohn- und Arbeitsstätten sind erhältlich. Die Wohnungstypen selbst sind mit den Maisonetten und Geschoßwohnungen auf rund 12.000 Quadratmeter Nutzflächen ebenfalls gemischt. Die Büros kommen auf 3.210 Quadratmeter, knapp gefolgt von den Geschäftsflächen mit 3.070 Quadratmetern.

Doch das Projekt der Architekten Hanno Ganahl, Walter Ifsits und Werner Larch ist mehr als nur eine Fortsetzung der Gewerbehof-Idee, wie sie in den 80er Jahren verfolgt wurde. Mit der Option, die Büroflächen als Gründerzentrum zu verwenden - der Erfolg ist österreichweit bestätigt - könnte auch Arbeit für die Anrainer abfallen.

Die zweite Möglichkeit besteht in der unmittelbaren, kleinteiligeren Nutzung der Arbeitsstätten für die Bewohner der neuen Anlage, die voraussichtlich 2001 fertiggestellt sein wird. Damit könnte dem Dilemma der immer kleiner werdenden geförderten Wohnungen und der schwindenden steuerlichen Entlastung begegnet werden. Denn das Büro vor der Haustür ist sicherlich die ideale Möglichkeit einer sinnvollen Trennung zwischen zu kleinen Wohn- und Arbeitsräumen.


Lüftung im Bezirk

Damit ist aber die Effizienz der Planung noch nicht vollständig beschrieben. Bauträger und Architekten bringen nicht nur eine Durchmischung der Lebenswelten in diesen monofunktionalen Bezirk. Sie durchlüften ihn in physischer und psychischer Hinsicht. Die traditionelle, hermetische Blockrandbebauung, wie sie für Favoriten typisch ist, wird mit den zwei parallelen Zeilen aufgebrochen. Die gesamte Anlage ist als Passage in mehreren Schichten nutzbar und wenn die Geschäftslokale sowie die Büros funktionieren, entsteht ein lange in Wien vermißtes multifunktionales Ambiente, das eine offene Stadt in der Stadt bildet.


In der Diagonale

Diese Idee der Interaktion wird von den Architekten in der Disposition der Flächen mit äußerster Konsequenz umgesetzt. Um den Preis einer ungünstigeren Belichtung für einen Wohntrakt ist nämlich ein Büroriegel westseitig über Stege angedockt. Die diagonale Anlage von Büros und Wohnungen sowie der Sicht-und Rufkontakt für beide Arten von Nutzflächen zum Hof hin bleibt damit gewahrt.

Die rigide Zeilenbauweise der alten Moderne wird in dieser neumodernen Architektur gezielt hinterfragt, um ein städtisches Leben mit allen seinen Facetten und einem Mittelpunkt - dem ansteigenden Hof - anzustreben. Dazu zählt auch das Erlebnis zahlreicher Bepflanzung und kleiner, überschaubarer Bereiche, welches sich von der monotonen Wahrnehmung der „Plattenseen“ und dem sozialen „Abstandsgrün“ der Bauten aus den fünfziger bis siebziger Jahre deutlich unterscheidet.

Die Wohnungen selbst sind wie die gesamte Anlage von einer planerischen Strenge, die ohne jede postmodernen Kapriolen auskommen. Knappe Schlafzimmer und großzügige Aufenthaltsräume mit durchgehenden Loggien kennzeichnen die Geschoßwohnungen, während die Maisonetten die Dreidimensionalität der eigenen vier Wände auf elementar-reduzierte Weise vermitteln.

Die Fassadenarchitektur zu den Straßen und zum Hof hin sind auf der Höhe der Zeit. Ihre Instrumentierung lebt aus subtilen rhythmischenVerschiebungen der Fensterbänder und den Andeutungen von Ecksituationen, während die horizontale Gliederung ein altes Wiener Gründerzeitthema wiederholt. Die große städtebauliche Geste ist nicht Angelegenheit der Architekten. Vielmehr wissen sie um die Vorteile unterschiedlicher Bauepochen bescheid und versuchen daraus ein Ganzes zu gewinnen.

Der Standard, Sa., 1999.06.05



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AR/WO X

02. Juni 1999Gert Walden
Der Standard

Dresdener Residenz am Zwinger

Ein weiterer Erfolg für österreichische Architekten in Deutschland: Heinz Tesar plant das „Haus am Zwinger“ - ein nobles Büro- und Geschäftshaus der TrizecHahn-Gruppe.

Ein weiterer Erfolg für österreichische Architekten in Deutschland: Heinz Tesar plant das „Haus am Zwinger“ - ein nobles Büro- und Geschäftshaus der TrizecHahn-Gruppe.

Nach dem Sieg 1993 im Wettbewerb für ein Bürohaus an der Südseite des Palais Taschenberg - heute Hotel Kempinski - hat sich Architekt Heinz Tesar in Geduld üben müssen. Nutzungs-und Investorenwechsel haben dazu geführt, daß das prominente Bauvorhaben gegenüber der festlichen Architektur des Zwingers erst jetzt in die Endrunde geht. Über einen Generalunternehmer wird nun TrizecHahn Europe das Projekt im November 1999 fertigstellen. Die Lage des Hauses könnte besser nicht sein, die Herausforderung an den Planer im städtebaulichen Torso von Dresden kaum größer.

Tesar hat einen 170 Meter langen, 15 Meter tiefen und 18,5 Meter hohen Baukörper an der Südseite des Palais Taschenberg plaziert, womit der Straßenraum der „Kleinen Brüder Gasse“ wieder entstehen konnte. Gleichzeitig wird ein neuer Platz gegenüber der angrenzenden 50er-Jahre-Wohnbebauung geschaffen, der mit seiner Bepflanzung ein „Stadtwäldchen“ konstituieren soll. Das neue Gebäude selbst ist jedoch kein hermetischer Riegel zwischen Palais und Wohnbauten. Dafür sorgen drei Durchgänge im Haus. Den Kopf des Baukörpers bildet ein für Tesar zum Markenzeichen gewordener Haken, der gegenüber dem Südpavillon des Zwingers ausschwingt. Eine stadträumliche Geste also, die den Ort präzisiert und eine gewisse Dynamik einbringt.

Tesars Architektur ist von seiner Auffassung der Beziehung zwischen dem Bau und dem menschlichen Köper geprägt. Daher hat auch das Dresdner Haus einen „Kopf“, einen Rumpf und eine „Endung“, die von den Wohnbauten umfaßt wird.


Die Farben Grau

Diese grundsätzliche Haltung wird überlagert von den Schichten der konservativen Fassadengliederung sowie der nuancierten Farb- und Materialwahl. Die Simplizität eines baulichen Statements wird so vermieden und komplexe Ebenen der räumlichen und materiellen Wahrnehmungen werden erzielt, die Tesar mit einer bewährten Systematik behandelt. Ein Beispiel: Die Fassaden gliedern im 5-Meter-Abstand konische Pilaster aus Stahl, die sich lichtgrau vom dunkleren Hintergrund abheben und ein Gesims tragen. Ins Innere des „Hauses am Zwinger“ - so der Marketingtitel - verweisen dann die basaltgrauen Fensterrahmungen, deren Proportionen im Verhältnis 1:3 die Raumhöhen zur Geltung bringen. Über dem durchgehenden Gesims schließlich folgt eine Zone mit zweigeschoßigen, exklusiven Büroeinheiten, die, in einem abgetönten Weiß gehalten, eine renaissancehafte Auflösung des Baukörpers nach oben hin ankündigen.

Tesars anthropomorphe Klassik reflektiert also die barocke Architektur ebenso wie den monumentalen Klassizismus der 50er Jahre, nur eben in einer subjektiven, klar erkennbaren Auslegung.

Der Standard, Mi., 1999.06.02



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Haus am Zwinger

01. Juni 1999Gert Walden
Der Standard

Zukunft des Loos-Preises noch im Ungewissen

Zumindest heuer wird der Adolf-Loos-Architektur-Preis der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich Wien definitiv nicht vergeben. Die Zukunft der renommiertesten österreichischen Architektenehrung - immerhin mit 200.000 S dotiert - liegt derzeit noch im Ungewissen.

Zumindest heuer wird der Adolf-Loos-Architektur-Preis der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich Wien definitiv nicht vergeben. Die Zukunft der renommiertesten österreichischen Architektenehrung - immerhin mit 200.000 S dotiert - liegt derzeit noch im Ungewissen.

Von der Raiffeisenbank war bisher nur zu hören, daß durch die Fusion der Landesbanken Niederösterreich und Wien neue Nutzungsaktivitäten für das bankeneigene Loos-Haus am Michaelerplatz vorbereitet würden. Außerdem sei die Marketingabteilung an der Arbeit, ein neues Kulturkonzept zu entwickeln. Bis Monatsende Juni werde das Programm für die Aktivitäten der Landesbank im Loos-Haus fixiert. Schwerpunkt dieser kulturellen Aktivitäten soll immerhin - trotz der überraschenden diesjährigen Absage - das Thema Architektur bleiben.

Für die Qualität der Auswahl hat die Siegerliste des Loos-Preises seit 1992 gesprochen. Wobei allerdings die Einschränkung auf Projekte, die in Wien gebaut wurden, als Standortbestimmung nützlich war, aber auf Kritik stieß. Bis dato als letzter hat ihn 1998 Helmut Richter für das Restaurant Kiang am Rochusmarkt erhalten.

Der Standard, Di., 1999.06.01

26. Mai 1999Gert Walden
Der Standard

Wohnen an der Donau - Arbeiten an der Themse

Wien ist eine Stadt zum Wohnen. In der City of London - Herzstück der britischen Hauptstadt - werden 70 Prozent des umbauten Raumes für Büros genützt. Die CD-ROMs der jeweiligen Planungs- ämter zeigen den Unterschied zwischen beiden Städten.

Wien ist eine Stadt zum Wohnen. In der City of London - Herzstück der britischen Hauptstadt - werden 70 Prozent des umbauten Raumes für Büros genützt. Die CD-ROMs der jeweiligen Planungs- ämter zeigen den Unterschied zwischen beiden Städten.

Die Magistratsabteilung 18 im Wiener Rathaus hat eine silberne Scheibe aufgelegt und die Corporation of London - quasi ein Bezirksamt für die Londoner City - hat auch den Sprung zur Digitalisierung ihrer Planungs- und Entwicklungsanliegen getan.

Allein die Unterschiede in technischer Aufbereitung und inhaltlicher Zielsetzung könnten größer kaum sein. Während in Wien öffentliche Bauten - wie etwa Schulen - und vor allem der geförderte Wohnbau im Mittelpunkt steht, kennt man an der Themse praktisch nur ein Thema: Bürobauten für Banken sowie den Finanzierungs-und Versicherungssektor.

Sollte sich ein Investor mit Hilfe der CD-ROM „Aktuelle Planungen und Projekte in Wien“ über den Dienstleistungssektor informieren wollen, dann kommt er nur über die Schaltfläche „Infrastruktur/spezielle Nutzungen“ ans Ziel, wo sich Angaben über Büro-, Hotel- und Einkaufszentren verstecken.

Wesentlich mehr zu bieten hat das Wiener Rathaus in Sachen Wohnbau. Dabei kann man sich den Bezirk auswählen und nachschauen, ob sich etwas in Sachen Wohnen tut. Für all jene, die sich eine neue Bleibe suchen, ist daher die CD-ROM ein nützlicher Einstieg, vor allem ist zur Zeit die Situation ja so, daß man sich wieder die (geförderte) Wohnung aussuchen kann.

Der Weg am Internet unter http://wien.at führt bei näherem Interesse nicht vorbei. Denn die CD-ROM verweigert Angaben über den jeweiligen Bauträger. Immerhin hält der Magistrat im besten Beamtendeutsch Auskünfte über die Wahrscheinlichkeit einer Realisierung von Projekten bereit, wenn es heißt „Projekt, das aufgrund derzeit noch bestehender Unwägbarkeiten vorerst zurückgestellt wird“. Neben potentiellen Wohnungssuchenden ist die Wiener CD-ROM auch für Architekten interessant. Technisch sehr aufwendig, aber einfach zu bedienen, lassen sich nämlich sehr detaillierte Ausschnitte der einzelnen Bezirke ausdrucken. Das Umfeld eines möglichen Projektstandortes wird kartographisch beschrieben, was für Planungsvorhaben hilfreich ist.

Deutlich weniger Spielraum hat da die Corporation of London. Ihre CD-ROM liest sich wie der Research-Bericht eines internationalen Immobilienberaters. Vorrangig Büroprojekte werden vorgestellt, genaue Statistiken über die Büromarktentwicklung geliefert und der fromme Wunsch nach mehr Erholungsraum in der teuren Quadratmeile am Tower geäußert. Für ausländische Investoren ist interessant, daß von 1154 Baueinreichungen 59 Prozent innerhalb von acht Wochen genehmigt wurden. Davon kann man in Wien nur Träumen. (gw)

Bezugsquellen: MA 18 Referat Öffentlichkeitsarbeit, 1082 Wien, Tel.01/4000/88721 (ab Juli 100 S erhältlich).
Corporation of London, PO Box 270, London EC2P2EJ, UK

Der Standard, Mi., 1999.05.26

14. Mai 1999Gert Walden
Der Standard

Pure Provokation, letzte Konsequenz

Der Kindergarten im Prater in dunkel gefärbeltem Beton, die Basaltfassaden am Museum Moderner Kunst im Messepalast haben eines gemeinsam: sie erzeugen...

Der Kindergarten im Prater in dunkel gefärbeltem Beton, die Basaltfassaden am Museum Moderner Kunst im Messepalast haben eines gemeinsam: sie erzeugen...

Der Kindergarten im Prater in dunkel gefärbeltem Beton, die Basaltfassaden am Museum Moderner Kunst im Messepalast haben eines gemeinsam: sie erzeugen Irritation, sie machen ganz klar bewußt, daß die kulturellen Zuweisungen für Farbe in der Architektur erst durch den einmal vollzogenen Bruch das Augenmerk auf die Baukunst lenkt. Hunderte Kilometer banalster Wiener Wohnbau können lange nicht so provozieren, wie die Nicht-Farbe Schwarz. Dabei sind die Assoziationen mit Tod und Trauer nicht die einzigen, auch wenn diese in unserem Kulturkreis überwiegen.

Adolf Krischanitz hat bisher zwei „schwarze“ Bauten realisiert. Den genannten Kindergarten für die jüdische Kultusgemeinde im Prater und einen Wohnturm - siehe Bild - in Salzburg. Beim Kindergarten, so Krischanitz, sei die kulturelle Provokation überhaupt nicht das vorrangige Argument für die Wahl der dunklen Pigmente gewesen. Krischanitz wollte vielmehr nach einer intensiven Phase des Bunten in seinen Bauten, die Nicht-Farbe einsetzen, um den Kindern die Freiheit bei der Wahl ihrer Farbigkeit zu lassen. Und ganz nebenbei wurde das Ideal der weißen Moderne in den Köpfen der Erwachsenen konterkariert.

Beim Wohnturm in Salzburg dagegen - mit seinen dunklen Fronten und weißen Fensterrahmen - versuchte Krischanitz in Sachen Farbe auf den Punkt zu kommen. Hier wird, wie in der traditionellen Fotografie, ein Negativ/Positiv-Effekt einkalkuliert, der den Weg der Farbe vom Dekorativen zum Emblematischen zu Ende führt.

Der andere „schwarze“ Architekt in Österreich - Laurids Ortner - argumentiert soziologisch für das Dunkle seiner Museumsfassaden: In Zeiten von High-Tech und Dekonstruktivismus sei ein Kontrapunkt des Massiven und der Intensität wieder gefragt. Beide Architekten attestieren dem Dunklen die Fähigkeit, das Samtige und Sammelnde in die Bauten einzubringen. Das Positiv also zum scheinbar Negativen der Nicht-Farbe.

Der Standard, Fr., 1999.05.14

12. Mai 1999Gert Walden
Der Standard

„Miss Sargfabrik“

Der erste Bauteil auf dem Areal der alten Penzinger Sargfabrik war ein Erfolg. Nun zeigen Johann Winter und Franz Sumnitsch im Folgeprojekt, daß das Konzept gegen die geförderte Wohnbau-Tristesse noch besser werden kann.

Der erste Bauteil auf dem Areal der alten Penzinger Sargfabrik war ein Erfolg. Nun zeigen Johann Winter und Franz Sumnitsch im Folgeprojekt, daß das Konzept gegen die geförderte Wohnbau-Tristesse noch besser werden kann.

Wien - Wer von den öden Wiener Wohnbaukisten der vergangenen Jahre genug hatte, übersiedelte in die Penzinger „Sargfabrik“. Der Erfolg des Projekts, das vom Verein für integrative Lebensgestaltung getragen und vom Baukünstlerkollektiv geplant wurde, findet nun eine Fortsetzung - unter dem Marketingtitel „Miss Sargfabrik“.

Die Architekten Johann Winter und Franz Sumnitsch sowie der Verein haben in mehrfacher Hinsicht dazugelernt. Zunächst einmal wurden im neuen Bauabschnitt an der Missindorfstraße der Anteil der Gar¸conni`eren auf die Hälfte der insgesamt 40 geförderten Wohneinheiten erhöht.

Neu aber auch in der planerischen Konsequenz des ersten Teils der „Sargfabrik“ ist die räumliche Organisation besonders im Bereich der Kleinwohnungen. Die Gar¸conni`ere als Synonym für eine minimale Wohnschachtel gilt in der „Miss Sargfabrik“ nicht. Winter und Sumnitsch haben es geschafft, daß auch die Kleinwohnungen zwischen 35 und 50 Quadratmeter ein 3D-Erlebnis bieten.


Folgenreicher Knick

Die Idee ist so einfach, wie sinnvoll. Statt der üblichen, platten Trennwände haben die Mauern zwischen den Gar¸conni`eren einen Knick. Auf diese Weise entstehen zwei unterschiedliche Raumkonfigurationen: es gibt da die introvertierte Variante, die eine erweiterte Wohnungsmitte umfaßt und eine extrovertierte Konstellation, wo die Öffnung zu den Fassaden hin dominiert. Außerdem ist durch die unterschiedlichen Raumhöhen innerhalb der Wohnungen das Einziehen einer schrägen Ebene möglich geworden, sodaß auch innerhalb der Gar¸conni`eren Enge und Weite in der Vertikalen spürbar sind. „Höhle oder Zelt“ - beide archetypischen Spielarten der Behausung nach Gottfried Semper sind also möglich, und sie wurden auch von den „Wohnungswerbern“ angenommen, was übrigens beim Ansuchen um Wohnbauförderung durchaus nützlich war, weil bereits auf Vorvermietungen hingewiesen werden konnte.

Bei den größeren Einheiten zwischen 70 und 120 Quadratmeter ist das Wohnen auf verschiedenen Ebenen noch ausgefeilter. Sogar drei Triplexwohnungen mit Option auf einen eigenen Arbeitsraum sind vorgesehen. Die Wohnungsstruktur ist nicht nur im Inneren wahrnehmbar, an der Schmalseite der Fassade läßt sich der Schnitt durch die Wohnungen ablesen. Struktur und Funktionsgliederung wurden damit zum Emblem für das Bauvorhaben.


Leben in Gemeinschaft

„Integratives Wohnen“ bedeutet aber in der „Miss Sargfabrik“ auch: ein Clubraum für Jugendliche, Platz für Teleworker, eine Gemeinschaftsküche und Bar, sowie Bibliothek und ein kleiner Waschsalon. Für diese wichtigen Einrichtungen sind immerhin rund 260 Quadratmeter Flächen vorgesehen, während die Wohnnutzfläche 2850 Quadratmeter ausmacht. Die künftigen Bewohner werden am 1. Mai 2000 einziehen.

Der Standard, Mi., 1999.05.12



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Miss Sargfabrik

08. Mai 1999Gert Walden
Der Standard

Ein Erfolg der Produktion

Das Produktionsexperiment, hat Roland Rainer einmal klargestellt, sei in der Architektur wichtiger als das Formexperiment. Die Siedlung „Gartenheim“ in Wien-Essling ist das bisher jüngste Beispiel aus der Hand des Doyens der österreichischen Baukunst.

Das Produktionsexperiment, hat Roland Rainer einmal klargestellt, sei in der Architektur wichtiger als das Formexperiment. Die Siedlung „Gartenheim“ in Wien-Essling ist das bisher jüngste Beispiel aus der Hand des Doyens der österreichischen Baukunst.

Dort, wo Wien in die transdanubische Tiefeben ausläuft, wurden vom Österreichischen Siedlungswerk 79 „Mietwohnungen“ errichtet, wie es im Jargon der, übrigens sehr knapp bemessenen, Förderungsbestimmungen heißt.

Für 73,4 Schilling Miete (inkl. Betriebskosten) und einem Eigenmittelanteil von 6600 Schilling wurden in Essling 50 zweigeschoßige und 2 dreigeschoßige Reihenhäuser, sowie 11 Maisonetten, 10 Garconnieren und 6 Atriumhäuser den Bewohnern zur Verfügung gestellt. Dazu noch ein Gemeinschaftshaus samt öffentlichem Platz, 77 Tiefgaragenparkplätze und vor allem jeweils ein privater Grünbereich pro „Wohnung“.

Die Koproduktion von Siedlungswerk und Roland Rainer kann sich - auch bautechnisch - sehen lassen und widerlegt das Vorurteil vom „teueren Architekten“. Denn Roland Rainer hat mit seiner Planung jenen wohnlich Mehrwert realisiert, der nur zum Teil in die Nutzwertrechnungen der Bauträger einfließen kann.

Dazu zählt zunächst die Qualität des Außenraumes: Ein Hauptweg führt durch die autofreie Siedlung und öffnet sich zum zentralen Platz. Die privaten Grünbereiche dagegen sind von außen nicht einsehbar. Lärmbelästigungen durch Nachbarn werden mit 30 Zentimeter-Ziegelwänden abgeschottet. Die Innenräume beweisen die Meisterschaft Roland Rainers in Sachen Behausungsfragen. Da wird kein Zentimeter verschenkt, da fehlen die bemühten künstlerischen Schnörksel: ein Haus ist ein Haus - nicht mehr, aber sicherlich nicht weniger. Im Raumprogramm sind die wichtigen Kriterien - ausreichend Platz, präzise Schwellenbereiche und Sichtverbindungen - für ein vernünftiges Zusammenleben erfüllt.

Wie überhaupt Roland Rainer sich in der Typologie an den anonymen Einfamilienhäusern der Gegend orientiert hat. Die Siedlung strahlt insgesamt eine entspannte Ruhe und Klarheit aus, welche häufig den gebauten Kapriolen der Wiener Stadterweiterungsgebiete abhanden gekommen ist.

Der Standard, Sa., 1999.05.08



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Siedlung „Gartenheim“

03. Mai 1999Gert Walden
Der Standard

Baukunst wie ein offenes Buch

„Pages“ von Zvi Hecker an der Hochschule für angewandte Kunst

„Pages“ von Zvi Hecker an der Hochschule für angewandte Kunst

Wien - Die Studierenden der drei Meisterklassen für Architektur präsentieren gemeinsam mit Zvi Hecker dessen Bauten und Projekte aus den 90ern. Und wo Architekten eine Ausstellung machen, muß auch Architektur entstehen. Diesmal wurde die Aula der Angewandten - von Karl Schwanzer entworfen - einer temporären Veränderung unterzogen, die es in sich hat.

Schräg gestellte Holzwände durchschneiden das orthogonale System der Aula bis über die Eingangstür hinaus und dienen dabei der Projektpräsentation mit Fotos, Zeichnungen und Modellen. Ein „Hecker auf Zeit“ also, der die Entwurfsideen des Gastprofessors an der Angewandten hervorkehrt. Gleichzeitig entsteht eine konkrete Intervention, die mit einfachen Mitteln Karl Schwanzers puristisches Regelwerk in Frage stellt.

Hecker - in Polen 1931 geboren und 1950 nach Israel emigriert - ist ein prononcierter Antimodernist, der sich konsequent der mittlerweile in die Jahre gekommenen Wiederentdeckung der symbolischen Form, der Poesie des Räumlichen und der Sinnlichkeit des Gebauten verschrieben hat.

Immer wieder ist es das aufgeschlagene Buch mit seinen einzelnen Seiten - „Pages“ heißt auch die Schau - das in seine Architektur wörtlich im Sinn von faktisch übersetzt wird. Die einzelnen Gebäudeteile strahlen in die Umgebung aus, sie finden sich in einer oft imaginären Mitte und sind über gewundene Wege miteinander verbunden. So erleben die Schüler der Heinz-Galinski-Schule in Berlin die Weite und Enge, die Höhen und Tiefen des Räumlichen auf substantielle, weil konkret gebaute Weise.

Auch beim städtebaulichen Entwurf „Berliner Berge“ für eine der diffus-öden Siedlungsgewürm bemüht Hecker die Metaphorik der Natur, um konkrete räumliche Maßnahmen zu ergreifen. Neue Platzwände werden geschaffen, neue Beziehungen zwischen den Dingen, nämlich den Wohnungsscheiben, entstehen und überspitzen als Bauten auch das Vorhandene in der Vertikalen.

Zvi Hecker konfrontiert sein Konzept des Bildhaften und Elementaren gerade bei den Projekten in Deutschland mit der Geschichte und Gegenwart des jüdischen Lebens. Und hier wirken seine Entwürfe erstaunlich frisch, selbstbewußt und unbelastet, wenn man etwa an die gedankenschwere Architektur des jüngeren Daniel Libeskind denkt.

Der Standard, Mo., 1999.05.03

24. Februar 1999Gert Walden
Der Standard

Aktuelles aus dem Land der großen Planer

Viktor Klima wollte nur eine Ausstellung der „zehn besten Bauten Österreichs“. Doch die Kuratoren haben mehr daraus gemacht. Sie umkreisen Architektur mit den Medien Fotografie, Text, Plan, Video und CD-ROM.

Viktor Klima wollte nur eine Ausstellung der „zehn besten Bauten Österreichs“. Doch die Kuratoren haben mehr daraus gemacht. Sie umkreisen Architektur mit den Medien Fotografie, Text, Plan, Video und CD-ROM.

Wien - Das Kunstkanzleramt hat bezahlt, die Wiener Städtische Versicherung den Ausstellungsraum offeriert und finanzielle Beiträge zum Katalog und der begleitenden CD-ROM geleistet.

Die Kuratoren Otto Kapfinger, Walter Zschokke und Bettina Schlorhaufer haben eine polymediale Leistungsschau österreichischer Baukunst zusammengestellt. Es wurde keine Hitparade im Sinn eines „Architektenstadls“ daraus, sondern ein selektiver Querschnitt mit 50 Objekten zur thematischen Kompetenz der heimischen Architekten im Spiegel unterschiedlicher Medien wie Fotografie, Text, Video, Zeichnung und CD-ROM. Plakativ bleibt das Konzept dabei ohnehin, weil der relativierende Maßstab des alltäglichen Bauwahnsinns in diesem Lande fehlt. Es fehlen aber auch und das signifikant die „großen Namen“ der abgehobenen Architekten-Society. Vielmehr ist es die Generation der 40- bis 50jährigen, die unmittelbar, hartnäckig und kämpferisch im österreichischen Baugeschehen zu bestehen haben und denen hier ein Forum geboten wird.

Daher wird ein Spektrum von Bauaufgaben der vergangenen fünf Jahre anhand der ausgewählten Beispiele illustriert: von der kleinsten Einheit, dem Wohnhaus, über die Siedlung, die Bildungseinrichtungen, die Arbeitsstätten, die Orte der Kultur bis hin zur Versorgung. Trotz aller Diskussionen über eine Krise der Architektur, die - ihren ökonomischen Hintergrund betreffend - sicherlich sehr notwendig sind, zeigt die Ausstellung auch den hohen und vielfältigen Qualitätsstandard der Planer in diesem kleinen Land: Das mußte nur einmal geschrieben, gefilmt, fotografiert und digitalisiert werden.


Gegen den Kommerz

Was allerdings auch offensichtlich ist: Die wirklich großen Bauaufgaben, wie etwa die des Bundes oder der privaten Investoren bleiben meist den kommerziellen Generalunternehmern vorbehalten. Erste „Einbrüche“ zeigen sich lediglich bei der Tiroler Supermarktkette M-Preis (Filialen von Wolfgang Pöschl u.a.) oder bei der Bundesimmobiliengesellschaft (ReSoWi-Graz von Günther Domenig/ Hermann Eisenköck). Erstmals in Österreich werden im Ringturm die Möglichkeiten der unterschiedlichen Medien bei der Architekturdarstellung präsentiert. Die mittlerweile schon fetischhafte Repräsentationsfähigkeit des Standbildes konfrontiert sich hier mit den Videofilmen des Teams ZONE, die komplexer und benutzerbezogen eine Zukunft in der Architekturvermittlung anreißen. Und dem „Großvermittler“ - den Massenmedien - ist eine eigene Schauwand gewidmet.

Sie zeigt sehr klar, daß die „städtischen“ Tageszeitungen in Österreich dem übrigen deutschsprachigen Raum in der Quantität der Publikationen ziemlich voraus sind. Wem das Lesen über Architektur nicht genügt, der kann schließlich noch auf die eigens produzierte CD-ROM von Althaler und Oblasser zurückgreifen: Sie ist die erste „Scheibe“ über zeitgenössische Architektur in Österreich und in ihrer Mischung von Standbild, Video, Plänen und Texten als Unterrichtsmittel für Schulen mehr als tauglich, weil hier Information und Animation des Spieltriebes perfekt verbunden werden. Bis 16.4.

Der Standard, Mi., 1999.02.24

20. Februar 1999Gert Walden
Der Standard

Essl bleibt weiterhin Essl

Klosterneuburg - Österreichische Kunst seit der Nachkriegszeit bleibt weiterhin Schwerpunkt der Sammlertätigkeit des Ehepaares Karlheinz und Agnes Essl....

Klosterneuburg - Österreichische Kunst seit der Nachkriegszeit bleibt weiterhin Schwerpunkt der Sammlertätigkeit des Ehepaares Karlheinz und Agnes Essl....

Klosterneuburg - Österreichische Kunst seit der Nachkriegszeit bleibt weiterhin Schwerpunkt der Sammlertätigkeit des Ehepaares Karlheinz und Agnes Essl. Doch im Rahmen der „Europäisierung“, so Karlheinz Essl anläßlich der Vorstellung des Rohbaues für das künftige Ausstellungshaus der Privatstiftung, würde Kunst „internationaler“ akquiriert werden.

Gemeint ist die Erweiterung der Kollektion von bisher 4.000 Objekten mit Arbeiten europäischer Künstler, die sich bisher ein wertgesichertes Renommée geschaffen haben. Preisbedingt werden allerdings mehr Arbeiten von weniger Künstlern erworben werden. Der Spielraum für Experimentelles sei, so Karlheinz Essl, vor allem den jungen österreichischen Künstlern vorbehalten.

Eröffnet wird das neue Museum von Architekt Heinz Tesar voraussichtlich mit einer Ausstellung der sammlerischen Schwerpunkte, die der Direktor des Amsterdamer Stedelijk Museums, Rudi Fuchs, betreuen wird.

Neben Fuchs sind im künstlerisch-wissenschaftlichen Beirat vertreten: Peter Baum (Neue Galerie Linz), Laszlo Beke (Kunsthalle Budapest), Markus Brüderlin (Fondation Beyeler, Basel), Fabrice Hergott (freier Kurator), Wieland Schmied (Akademie der Schönen Künste, München), Uwe M. Schneede (Kunsthalle Hamburg) und Harald Szeemann (Kunsthaus Zürich). Geschäftsführende Kuratorin ist Gabriele Bösch. Die Kuratoren werden ihre Erfahrungen bei den Ausstellungen einbringen. Karlheinz Essl ließ jedoch keinen Zweifel darüber aufkommen, daß er nach wie vor maßgeblich über Ankaufstätigkeit - ein Budget wurde nicht genannt - entscheiden wird.

Neben der musealen Präsentation der größten österreichischen Privatsammlung im neuen Tesar-Haus werden Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst - näheres wurde nicht bekanntgegeben - in den Schauräumen mit insgesamt 3.200 Quadratmetern Fläche organisiert. Außerdem soll durch die Integration eines Musikstudios für den Komponisten Karlheinz Essl jun. der Kontakt zur neuen Musik nicht zu kurz kommen. Das Ausstellungsprogramm im nahen Schömer-Haus wird fortgesetzt.

Der Standard, Sa., 1999.02.20



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Museum Sammlung Essl

20. November 1998Gert Walden
Der Standard

Im Raum der schwarzen Moderne

Der neue „Guess Club“ provoziert ein Frage-Antwortspiel seiner Besucher

Der neue „Guess Club“ provoziert ein Frage-Antwortspiel seiner Besucher

Roland Rainer wurde einmal gefragt, warum seine Bauten nicht farbig seien. Die Antwort des Doyens der österreichischen Moderne war klar: „Es sind doch alle Farben da - weiß und schwarz“.

Die Rangordnung von Weiß und Schwarz haben Markus und Kinayeh Geiswinkler beim Bar-Restaurant „Guess Club“ in der Wiener Kaunitzgasse umgedreht. Die Besucher können sich kaum ihrer persönlichen Stellungnahme zur (Nicht-)farbe Schwarz entziehen: existenzialistisch, cool, gruftig - Bedeutungssuche und Kommunikation werden provoziert. Konkret kommunizieren im „Guess Club“ - im Gegensatz zur Rainerschen Abstraktion des Farbspektrums - die dunklen Teile der Wände, des Bodens und der Bar mit den anteilig geringeren, aber hell leuchtenden Elementen über die Reflexionsebenen der Metallverkleidungen. Und bei genauerem Hinsehen ist dann doch eine Palette von Farben da, die über die Brechung des Lichts geschaffen wird: der „Guess Club“ - ein Musterbeispiel also für die Bedeutung von Licht für die Farbe. Verstärkt wird hier auch noch die Präsenz des Immateriellen durch die geradlinige Internet-Theke gegenüber der gekurvten Bar. Das Fenster in den virtuellen Raum funktioniert zwar hier, wie überall, als Kontaktmöglichkeit über den tatsächlichen Ort hinaus.

Doch das Fenster in den städtischen Raum nimmt im „Guess Club“ eine prominentere Position ein. Es zieht sich über die zwei Etagen, verbindet Bar und Restaurant und ist von außen ein Rahmen für die selbstdarstellerischen Fähigkeiten des vorzugsweise schwarz gewandeten Publikums. Der Dialog von Verkleidung der Wände mit der selbständigen Form - dem Bar-Körper im Zentrum - ist ein weiteres wesentliches Thema im Umgang mit der vorhandenen Bausubstanz. Unwillkürlich wird man an Helmut Richters Restaurant am Landstraßer Rochusmarkt erinnert.


Bewegungslinien

Doch der neue „Guess Club“ ist in seiner Strukturierung ruhiger ausgefallen. Während Richter die Trennfugen der Deckenplatten aus dem Innenraum hinausführt, haben Geiswinkler und Geiswinkler diese Schlitze in der Bar-Etage annähernd parallel zur Außenwand verlaufen lassen: ein kleiner, in seiner Wirkung aber für das Lokal sehr wesentlicher Unterschied, weil die Dynamik dieser Bewegungslinien deutlich gebremst und damit der Raum auch als ruhige Bühne des ohnehin jungen, agilen Publikums charakterisiert wird. Die dunkle Hülle trägt natürlich viel zu dieser architektonisch-gastronomischen Formulierung von Seriosität bei. Die Blitzlichter an den Metallflächen, die glatten Materialqualitäten und die Leuchtpunkte - über Glasfaserkabel generiert - sorgen dennoch für eine mehr als ausreichende Dramatik auf dem Hintergrund der plakativen Schwärze.

Der Standard, Fr., 1998.11.20



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Guess Club - Bar und Restaurant

13. Oktober 1998Gert Walden
Der Standard

Die Planungsopfer der Ruhmeshallen

Der Ausstellungsort im Ringturm der Wiener Städtischen Versicherung könnte für den Ausstellungszweck kein besserer Illustrator sein.

Der Ausstellungsort im Ringturm der Wiener Städtischen Versicherung könnte für den Ausstellungszweck kein besserer Illustrator sein.

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02. Oktober 1998Gert Walden
Der Standard

Neues Wohnen im Turm an der alten Donau

Nun hat also das digitalisierte Klingelbrett nach dem Studium der Gebrauchsanleitung seine Schuldigkeit getan und die Türen zum lichten Turmfoyer öffnen sich. Vorbei am Conci`erge, der im dezenten Grau in nichts mehr an den „Hausmasta“ vindobonensischer Prägung erinnert, führt der Weg zum spartanischen Liftgehäuse. Die Spannung steigt bis zum siebten Stock, denn nun wird sich zeigen, wie eine Familie im Hochhaus des Architektenteams Coop Himmeblau (Wolf D. Prix, Helmut Swiczinsky) wohnt.

Nun hat also das digitalisierte Klingelbrett nach dem Studium der Gebrauchsanleitung seine Schuldigkeit getan und die Türen zum lichten Turmfoyer öffnen sich. Vorbei am Conci`erge, der im dezenten Grau in nichts mehr an den „Hausmasta“ vindobonensischer Prägung erinnert, führt der Weg zum spartanischen Liftgehäuse. Die Spannung steigt bis zum siebten Stock, denn nun wird sich zeigen, wie eine Familie im Hochhaus des Architektenteams Coop Himmeblau (Wolf D. Prix, Helmut Swiczinsky) wohnt.

Die Überraschung bleibt nicht aus: Keine krummen Wände, keine künstlerischen Spielereien und keine offensichtlichen Nutzlosigkeiten. Gleich im Entrée weiß der Besucher, wie es weitergeht, wo also die ganz privaten und gemeinschaftlichen Räume sind, damit jede mögliche Peinlichkeit verhindert ist.

Das große Wohnzimmer, die anliegende Küche und das Arbeitszimmer bilden zusammen ein Forum der Öffentlichkeit, lassen sich aber auch nach Belieben wieder durch Schiebetüren wieder abtrennen. Kurz gesagt, dieser Bereich ist sinnvoll organisiert, wie es jedem auffällt, der selbst gerade die „Einrichterei“ hinter sich gebracht hat. Große neutrale Wandflächen bieten ausreichend Platz für Bücherregale oder Bilder, aber auch die Proportionen - auch in der Höhe - stimmen und die präzise gesetzten Fenster vermitteln sofort, daß hier Wohnen im 7. Stock über der Erd' stattfindet.


Saubere Trennung

Der Schlafbereich und die Sanitäre sind vom Rest der Räume sauber getrennt und von lapidarer Einfachheit. Was allerdings dem Gründerzeitverwöhnten fehlt, ist ein Kreislauf durch die gesamte Wohnung. Für ausreichende Entschädigung sorgt allerdings die windsicher verglaste Loggia, welche nicht nur das Äolische im 7. Stock zum Ausdruck bringt, sondern auch so groß dimensioniert ist, daß sie mehr zur Lebensqualität beiträgt, als die üblichen Klopfbalkone.

Der Standard, Fr., 1998.10.02



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Wohnturm

30. September 1998Gert Walden
Der Standard

Loos-Preis: Restaurant für eine Großstadt

Im dritten Anlauf hat es Architekt und TU-Professor Helmut Richter nun doch geschafft: Für das Restaurant Kiang erhielt er den diesjährigen Adolf-Loos-Architekturpreis der Raiffeisenlandesbank Wien/NÖ und damit verbunden 200.000 S.

Im dritten Anlauf hat es Architekt und TU-Professor Helmut Richter nun doch geschafft: Für das Restaurant Kiang erhielt er den diesjährigen Adolf-Loos-Architekturpreis der Raiffeisenlandesbank Wien/NÖ und damit verbunden 200.000 S.

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Restaurant Kiang III

29. August 1998Gert Walden
Der Standard

Ankereinrichtung mit Signalwirkung

Wiens Zukunftsstadtrat Bernhard Görg will ein Bilbao auf der Donauplatte

Wiens Zukunftsstadtrat Bernhard Görg will ein Bilbao auf der Donauplatte

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28. August 1998Gert Walden
Der Standard

Verwandlung der Schachtel zum Pavillon

Die großen Ansprüche der „alten“ modernen Architektur haben hierzulande die besten Chancen, im kleinen Maßstab doch noch erfüllt zu werden.

Die großen Ansprüche der „alten“ modernen Architektur haben hierzulande die besten Chancen, im kleinen Maßstab doch noch erfüllt zu werden.

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19. Juni 1998Gert Walden
Der Standard

„Das hat man jetzt so“: Sentimentale Österreich-Reise zu den „Häuselbauern“

Jägerzaun, Gartenzwerg und Hollywood-Schaukel: Das Architektur Zentrum Wien lockt seine Kundschaft in die Ausstellung „Wir Häuslbauer. Bauen in Österreich“.

Jägerzaun, Gartenzwerg und Hollywood-Schaukel: Das Architektur Zentrum Wien lockt seine Kundschaft in die Ausstellung „Wir Häuslbauer. Bauen in Österreich“.

Wie weiland Hänsel und Gretel werden die Besucher im Architektur Zentrum Wien behandelt. Statt Lebkuchen gibt es allerdings Sentimentales: Da sind sie wieder - die Hollywood-Schaukel der Kindheit und der gelbe Mega-Gartenzwerg hinter dem so herrlich naturbelassene Jägerzaun in den eigens für die Schau konstruierten Vorgärten des Museumquartiers. Und selbstverständlich gehen wir (fast) alle auf den Leim der Ausstellungsmacher, weil wir wieder einmal im staatlich subventionierten Kulturbetrieb dem bedenkenlosen Sentiment huldigen können: Also schaukeln, auf dem Rasen spazieren und mit gemischten Gefühlen die Gartenzwerge begutachten. Wobei nicht ganz klar ist, wer mehr zu lachen hat - die Kunststoffmasse oder der Besucher.

Es ist ja eigentlich ziemlich gemein, was das Architektur Zentrum mit den armen, gebildeten Besuchern macht: Ein Köder der verklärenden Kindheitserinnerung wird ausgeworfen und (ganz gern) geschluckt. Ausstellungsbesucher und die Objekte der Betrachtung - Österreichs Häuslbauer - haben etwas gemeinsam: Sie reagieren auf Lockstoffe. Entweder auf die sentimentalen der Erinnerung oder die illusionären von der Freiheit in den eigenen vier Wänden. Auf jeden Fall gehen die Geschäfte der Anbieter gut. Bei der Eröffnung stauten sich die Menschen zwischen den Heraklithwänden der Ausstellungsräume, wie sich im täglichen Geldverkehr die Häuslbauerzinsen bei den Banken ansammeln. Schließlich haben sich die Österreicher mit 976.000 Exemplaren ihre Wunschwohnform realisiert.

Vor Beginn der Ausstellung ist die urbane Spezies der Architekten, Theoretiker, Raumplaner und Historiker in die längst nicht mehr freie Wildbahn der Häuslbauer-Gegenden gezogen und hat die meist noch ländlich gestimmten Objekte ihres Interesses mit der Videokamera studiert.

Das Ergebnis relativiert die heile Welt der Fertighausanbieter und Finanzierungsinstitute. Denn eines kommt ganz klar in den Gesprächen zum Ausdruck: Häuslbauen bedeutet Blut, Schweiß und Tränen. Sei es, man legt selbst Hand an oder tilgt die Zinsen, was zur Folge hat, daß die erhoffte größere Wohnfläche teilweise als „Fremdenzimmer“ über Jahre vermietet werden muß. Ergo, die nächsten Generationen haben - noch vor der Erfindung von Schengen-Land - sich wieder ein „Häusl“ als Grenzfestung der selbstgebastelten Identität errichtet. Und damit sind wir schon bei einer Stilgeschichte des alltäglichen Bauens. In den fünf Einzelkojen der Ausstellung werden die vergangenen fünfzig Produktionsjahre aufgerollt. Von der Ära des frühen Resopal über das mittlere Eternit bis zur späten Hochwärmedämmung läßt sich das Prosperieren der Wirtschaft und der reproduzierten Konsumklischees verfolgen. Was also von Bregenz bis Bruck an der Leitha entsteht, ist ein Spiegelbild zwanghaft-harmonisierender Ortsbildkommissionen, dem jeweiligen Angebot der Fachmärkte und jener unbegreifbaren Konvention, die sich in dem einen verbindlichen Satz ausdrückt: „Das hat man jetzt so“.

Zur Zeit „hat“ man allenthalben Krüppelwalmdächer, Kachelöfen, zwei Garagen, zwei Gehälter und einen wesentlichen Bruch in der „Häuslbauer“-Tradition. Das selbstgefertigte Eigenheim wird abgelöst vom Haus als Verbrauchsgut, das ebenso rasch die Wohnbedürfnisse befriedigt, wie Banken und Bausparkassen ihre Darlehen herausrücken. Die Villa im Westentaschenformat hat ihre Tücken nicht nur für ihre Benützer. Fast eine Million Häuser bedeutet eine ernstzunehmende ökologische und raumplanerische Belastung. Gerade dieser wesentliche, weil jeden Menschen hierzulande betreffende Aspekt, wird in der Ausstellung kaum angesprochen. Mit einem an Karl Marx erinnernden linearen Geschichtsdenken wird der Weg Österreichs in das kommende Jahrtausend vorgezeichnet. Bauen bedeutet künftig die reale Reproduktion der aus ökonomischen Interessen geschaffenen Klischees, wie sie Walt Disney und etwas ästhetisch überhöht die Postmodernen zu basteln wußten. Die Apotheose des Gemütlichkeit, der Sentimentalität und Zersiedelung läßt sich also nicht mehr aufhalten.

Dietmar Steiner legt im Katalogbuch noch ein Schäufelchen verbalen Mörtels nach. Alle jene, die sich gegen die Bauflut stemmen, werden schlichtweg als akademische Zivilversager apostrophiert. Vor allem die Architekten würden sich den „wahren“ Bedürfnissen der großen Masse verschließen. Denn der Direktor des Architektur Zentrums weiß, wie das Österreich des 21. Jahrhunderts aussehen wird. Das Land wird dann nur noch ein „dicht besiedeltes Land mit naturbedingten Restflächen“ innerhalb des europäischen Landschaftsgarten sein. Ein solches Negativ-Konstrukt, das allein eine normative Kraft des Faktischen vorwegnimmt, erinnert an das skurril-bedrohliche Horrorszenario der Touristenkultur im vierten Teil der Alpensaga von Felix Mitterer. Während aber der Tiroler Regisseur noch die Option der Veränderbarkeit für die Zukunft offen läßt, übt sich Steiner in Resignation, die in ihrer überspitzten Formulierung auch noch der Stronach-Kugel in Ebreichsdorf das Wort sprechen könnte. Als Ausgangspunkt für eine vollkommen veränderte Diskussionsebene, wie sie Steiner in der Pressekonferenz anläßlich der Eröffnung gefordert hat, eignet sich sein Zynismus kaum.

Schließlich ist die „Häuslbauer“-Kultur nicht erst in den vergangenen fünfzig Jahren entstanden, sondern auch ein Produkt der konservativen Lebensvorstellungen seit der Industrialisierung, das die Bevölkerung an den Besitz binden wollte. Allein schon die absehbare Überschuldung der heutigen Häuslbauergeneration wird künftig diese Wunschwohnform in Frage stellen und ihre mechanistische Expansion relativieren, weil heute bereits das Eigenheim nicht mehr innerhalb einer Generation abbezahlt werden kann. Auch das teilweise Versagen der Architekten, wie es Steiner zu Recht kritisiert, bedarf einer genaueren und breiter angelegten Betrachtungsweise. Denn der Bilder-Versorgungsapparat politischer und ökonomischer Provenienz ist ohne Zweifel mächtiger als das Häuflein der österreichischen Architekten.

Die Vorarlberger Bauschule, einzelne - und zu wenige - Politiker sowie die durchaus vorhandene Suche nach architektonischen Alternativen von Seiten der „Häuslbauer“ verweisen auf ein mögliches Umdenken bis 3. August.

Der Standard, Fr., 1998.06.19

04. Juni 1998Gert Walden
Der Standard

Formen und Dimensionen

Mit Frank O. Gehry wurde am Dienstag in Wien ein Star der internationalen Architektur mit dem neuen Friedrich-Kiesler-Preis ausgezeichnet. Der STANDARD sprach mit dem kalifornischen Preisträger und wollte zunächst wissen, welche Beziehung er zum Werk Kieslers habe.

Mit Frank O. Gehry wurde am Dienstag in Wien ein Star der internationalen Architektur mit dem neuen Friedrich-Kiesler-Preis ausgezeichnet. Der STANDARD sprach mit dem kalifornischen Preisträger und wollte zunächst wissen, welche Beziehung er zum Werk Kieslers habe.

Gehry: Kieslers Werk und Philosophie waren mir bekannt. Aber unsere Generation wurde früh mit Le Corbusier und Frank Lloyd Wright bombardiert. Als ich vom Preis hörte, habe ich mir die Bücher über ihn wieder angeschaut. Im Gegensatz zur Moderne hat er eine humanistische und keine technologische Vision entwickelt. Das führt uns wieder zum Natürlichen. Ich glaube, ich hätte ihm wirklich mehr Aufmerksamkeit schenken sollen.

Standard: Das Guggenheim-Museum in Bilbao – Ihr opus magnum, wie es gestern Hans Hollein nannte – wird oft als große Plastik betrachtet. Sehen Sie eine Trennlinie zwischen Architektur und Kunst?

Gehry: Nein, grundsätzlich nicht. Ich wurde von Galeristen gebeten, Skulpturen zu machen. Als ich fragte, welche Skulpturen, antworteten sie, eben solche Formen, wie sie im Atelier stehen. Aber schließlich kann ich einfach keine Skulpturen machen. Ich mache Kunst mit meinen Gebäuden. Ich mache Räume für Menschen. Ich lebe also mit einer Trennlinie zwischen Kunst und Architektur, selbst wenn ich nicht an sie glaube. Meine Aufgabe ist es, mit Formen, Dimensionen und Maßstäben zu arbeiten. Skulpturen jedoch haben keine Fenster. Daher würde das den puristischen Sinn, etwa von Richard Serra, doch sehr stören. Es gibt zwar viele Künstler, auch in Österreich, die Bauten entwerfen, aber meist mit wenig Erfolg

STANDARD: Ihre Architektur wird als dekonstruktivistisch bezeichnet, welche Bedeutung hat die Konstruktion für Sie?

Gehry: Ich weiß nicht, was der Begriff mit meiner Arbeit zu tun hat. Er trifft wohl eher auf Eisenman oder Derrida zu. Die Konstruktion ist wichtig, wir reden nur zuwenig darüber, obwohl sie uns die Freiheit beim Planen gibt. Doch eine symbolische Bedeutung, wie in der Moderne, hat die orthogonale Konstruktion für mich nicht. Ich denke an Räume, den Kontext und die Emotion eines Gebäudes, die ich in der Darstellung von Bewegungen ausgedrückt sehe.

STANDARD: Gibt es Unterschiede zwischen europäischer und amerikanischer Kultur?

Gehry: Die Menschen in Europa sind besser gebildet. Vor allem Politiker haben mehr Verständnis für Architektur, während mich amerikanische Politiker lediglich als komische Figur betrachten.

STANDARD: Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen den Menschen, die mit Ihrer Architektur leben, und dem Ausdruck persönlicher Gefühle durch Ihre Architektur?

Gehry: Wichtiger als das persönliche Statement in der Architektur ist die Beziehung zu den Menschen. Es gibt da eigentlich keinen Widerspruch, wenn man die Menschen liebt und das Beste für sie zu machen versucht.

STANDARD: Würden Sie sozialen Wohnbau planen?

Gehry: In Frankfurt habe ich sozialen Wohnbau realisiert. Ich würde gerne mehr machen, weil ich dann die Verwendung der Gelder besser steuern würde. In Frankfurt war es schwierig, Räume zu schaffen, die den introvertierten europäischen Vorstellungen entsprechen.

STANDARD: Haben Sie eine planerische Vision, die Sie gerne verwirklichen würden?

Gehry: Ich würde gerne Gebäudegruppen mit anderen Architekten entwickeln, weil damit der Maßstab von Großprojekten relativiert wird. Viele Planer haben übersehen, daß Demokratie sehr chaotische Städteräume mit sich bringt. Daher liebe ich und suche ich das Zusammenwirken unterschiedlicher geistiger Haltungen.

Der Standard, Do., 1998.06.04

13. Mai 1998Gert Walden
Der Standard

Die Architektur als Zeichen unternehmerischer Kompetenz

Unternehmenskultur – begleitet vom kostenlosen Zusatznutzen des Prestigegewinns – bewies kürzlich die bayerische Glas-und Stahlfirma Seele in Gersthofen bei Augsburg.

Unternehmenskultur – begleitet vom kostenlosen Zusatznutzen des Prestigegewinns – bewies kürzlich die bayerische Glas-und Stahlfirma Seele in Gersthofen bei Augsburg.

Für das neue Bürogebäude mit 900 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche wurde ein zweistufiger, EU-weiter Wettbewerb ausgeschrieben. Im Mittelpunkt der Ideensuche stand dabei ein optimales Architekturkonzept, weniger eine ausschließlich bauwirtschaftlich argumentierte Bürohausabwicklung.

Die österreichisch dominierte Jury (u.a. Manfred Kovatsch, Dietmar Eberle, Ernst Gieselbrecht) vergab kürzlich den ersten Preis an das junge Wiener Architekturatelier Günter Katherl und Martin Haller. Der Entwurf von Katherl/Haller vermittelt eine leicht verständliche, „sprechende“ Architektur, die gleichzeitig den „state of the arts“ im gegenwärtigen Bürobau einbringt.

Zwischen alten und neuen Betriebshallen positioniert, wird das Gebäude hoch über die anliegenden Objekte aufragen und damit eine Landmarke für die Gegend bilden. Die Architektur kündet von der Unternehmensdynamik im High-Tech-Bereich.

Transparente und lichtdichte Hüllen umgeben das Innere. Sie präsentieren in unterschiedlicher Stofflichkeit also eine expressiv-textile Skulptur, die mit ihrer gekrümmt angelegten Konstruktionsführung auf die Unendliche des Raumes verweist und gleichzeitig als „Stadtmöbel“ auf Stelzen – noch in der Spätfolge postmoderner Architekturkonzeptionen – agiert.

Die unterschiedlichen Materialien für diese segelähnliche Verpackung des Objekts lassen sich in der Verschränkung von Architektur und dem Funktionsablauf im Bürobetrieb begründen. Die beplankte Stahlgitterkonstruktion der Südfassade dient als schubfestes Element, sie bietet in der offenen Bürostruktur einen notwendigen optischen Rückhalt, der im Gegensatz zur allgegenwärtigen Transparenz jenes Maß an visueller Intimität bringt, das Büro_be_nützer benötigen. In die gekrümmte Stahl- und Glashülle eingeschrieben, ist ein ortogonal angelegter Bürokern, dessen Regelgeschoße in der Vierteilung Sekretariat – Lift – Sanitäreinheiten – Arbeitsräume gegliedert sind.

Die mögliche Veränderung der Arbeitszimmer ist ebenso strukturell in der Architektur angelegt wie die besondere Qualität des einzelnen Arbeitsplatzes. Zwischen Hülle und Kern entsteht nämlich ein eigener Raum, der die vertikale und horizontale Dimension des Gebäudes auslotet. Auf diese Weise wird eine individuelle Ortsbestimmung möglich – eine Qualität, die gerade im konventionellen Bürobau fehlt, und eigentlich der Arbeitsatmosphäre mehr als zuträglich ist.

Wie weit die Transparenz im täglichen Gebrauch des Hauses von Martin Haller und Günter Katherl als kommunikationsfördernd oder disziplinierend auswirkt, hängt schließlich vom Unternehmen ab. Die beiden Architekten haben die Bühne geschaffen, das Stück müssen die Beteiligten dann selbst spielen.

Der Standard, Mi., 1998.05.13



verknüpfte Akteure
Caramel

05. Dezember 1997Gert Walden
Der Standard

Raumkunst statt Bauhaus

Der Altösterreicher Friedrich Kiesler war mehr als nur ein Baukünstler. Er hat die Betrachtung des Raumes revolutioniert.

Der Altösterreicher Friedrich Kiesler war mehr als nur ein Baukünstler. Er hat die Betrachtung des Raumes revolutioniert.

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03. Dezember 1997Gert Walden
Der Standard

Meisterwerk der Moderne von privatem Unternehmen gerettet

Immobilien-Developer, die Verantwortung gegenüber der gebauten Umwelt und der kulturellen Vergangenheit zeigen, zählen zu den ganz seltenen Beispielen...

Immobilien-Developer, die Verantwortung gegenüber der gebauten Umwelt und der kulturellen Vergangenheit zeigen, zählen zu den ganz seltenen Beispielen...

Immobilien-Developer, die Verantwortung gegenüber der gebauten Umwelt und der kulturellen Vergangenheit zeigen, zählen zu den ganz seltenen Beispielen des freien Unternehmertums. Die Wiener „Stadterneuerungs-und Eigentumswohnungs-Ges.m.b.H. (SEG) erfüllt diesen Auftrag: Sie hat das denkmalgeschützte Arbeitsamt von Ernst Anton Plischke in Liesing aus dem Jahr 1930 für 7,5 Mio.S von der Bundesimmobiliengesellschaft erworben und vom Plischke-Schüler Hermann Czech um einen Betrag von rund 16 Mio.S restaurieren lassen.

Ganz ohne finanzielle Hilfe der Gemeinde Wien ist aber die Rettung des Arbeitsamtes auch nicht möglich, weil sonst die SEG über 40.000 S für den Quadratmeter Bruttogeschoßfläche (insgesamt: 501 Quadratmeter) zahlen hätte müssen. Außerdem mildert die Wohnbauwidmung des Restgrundstücks den finanziellen Mehraufwand. Wohnungen nach den Plänen des Architekturbüros Groh&Partner werden dort errichtet werden. Ernst Anton Plischkes Arbeitsamt, das im Erdgeschoß künftig eine Büroeinheit mit 335 Quadratmetern und zwei Wohnungen mit jeweils 66,5 und 99 Quadratmetern aufnehmen soll, zählt zu den wenigen Beispielen der Moderne im Wien der Zwischenkriegszeit. Es wurde als einziges österreichisches Gebäude in Alberto Sartoris’ Standardwerk „Gli elementi dell’ architettura funzionale“ 1935 publiziert. Das NS-Regime in seiner Aggression gegen die Moderne hat dann das Arbeitsamt weitgehend verändert, die 2.Republik ließ das Haus verfallen.

Der sorgfältigen Arbeit Hermann Czechs und dem beträchtlichen finanziellen Aufwand der SEG ist es nun zu verdanken, daß dieses Meisterwerk von Plischke wieder in seiner ursprünglichen Konzeption wahrnehmbar wird. Und da gibt es einige Überraschungen, die wieder beweisen, daß die Rezeption von Architektur durch das fotografische Bild gegenüber dem tatsächlichen Augenschein verfremden kann, weil wichtige Momente ausgeblendet oder überbetont werden.

Der hohe Abstraktionsgrad, wie ihn die historischen Aufnahmen – Bild links oben – vermitteln, wird beim restaurierten Gebäude konfrontiert mit der Materialwirkung der Faserzementplatten an der Straßenfassade und den blauen Fensterrahmen im gesamten Haus. Besonders im berühmten Treppenhaus, das mit seiner Transparenz als Synonym für die Öffnung der staatlichen Institutionen gelten sollte, ist der Dialog von Material und Konstruktion deutlich. Ebenfall neu müssen die Proportionen der Innenräume gesehen werden. Im Gegensatz zu den alten Fotografien sind die Verhältnisse zwischen Höhe, Breite und Länge etwas gedrückter, was aber der Wirkung der mit Glasplatten kassettierten und von oben belichteten Decke im Zentralraum des Hauses keinen Abbruch tut.

Für einen künftigen Büronutzer des Erdgeschoßes hat Hermann Czech zusätzlich rotgerahmte, tiefe Fenster in die pavillonähnlich anliegenden Räume eingefügt. Diese notwendige Intervention steht zwar für sich selbst, unterstreicht aber gleichzeitig die nun freigestellten Trägerelemente der Stahlskelettbauweise, die Ernst Anton Plischke hier verwendet hat, um eine möglichst große Transparenz des Hauses zu erreichen.

Der Standard, Mi., 1997.12.03



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Arbeitsamt Liesing

26. November 1997Gert Walden
Der Standard

Ein neuer Leuchtturm am Donaukankal

Wien - An der Ecke Hollandstraße und Obere Donaustraße soll ab Frühjahr 1998 ein 23 Meter hoher Turm aus Stahl und Glas den neuen Eingangsbereich der Raiffeisenlandesbank Wien/Niederösterreich signalisieren.

Wien - An der Ecke Hollandstraße und Obere Donaustraße soll ab Frühjahr 1998 ein 23 Meter hoher Turm aus Stahl und Glas den neuen Eingangsbereich der Raiffeisenlandesbank Wien/Niederösterreich signalisieren.

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Eingangsturm Raiffeisenlandesbank

08. Oktober 1997Gert Walden
Der Standard

Sachliche Eleganz für Bregenzer Eigentum

Vorarlberger sind ja als konservativ bekannt, und Bauträger für Wohnungseigentum sind das im besonderen. In Bregenz haben die Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller den Gegenbeweis angetreten.

Vorarlberger sind ja als konservativ bekannt, und Bauträger für Wohnungseigentum sind das im besonderen. In Bregenz haben die Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller den Gegenbeweis angetreten.

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Wohnanlage ´Schillerstrasse´

07. Oktober 1997Gert Walden
Der Standard

Von der Romanik zur Gegenwart

500 Bauten im Wiener Architekturführer von August Sarnitz

500 Bauten im Wiener Architekturführer von August Sarnitz

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03. Oktober 1997Gert Walden
Der Standard

Adolf-Loos-Preis für Schulbau in Simmering

Zum zweiten Mal – nach der Anerkennung für die Brücke über den Wienfluß in Hütteldorf – konnte das Architektenteam Dieter Henke und Marta Schreieck den Adolf-Loos-Architekturpreis der Raiffeisenlandesbank Wien-Niederösterreich gewinnen.

Zum zweiten Mal – nach der Anerkennung für die Brücke über den Wienfluß in Hütteldorf – konnte das Architektenteam Dieter Henke und Marta Schreieck den Adolf-Loos-Architekturpreis der Raiffeisenlandesbank Wien-Niederösterreich gewinnen.

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Volks- und Hauptschule Leberberg

01. Oktober 1997Gert Walden
Der Standard

Räumlicher Reichtum für Leser

Die neue Niederösterreichische Landesbibliothek von Paul Katzberger und Karin Bily

Die neue Niederösterreichische Landesbibliothek von Paul Katzberger und Karin Bily

Mit 88 Bänden der Ständischen Büchersammlung hat 1813 alles angefangen, heute verfügt die Niederösterreichische Landesbibliothek über mehr als 200.000 Bücher sowie 100.000 Bilder und Landkarten. Nach 400 Schließtagen wurde am Montag der Neubau im St. Pöltener Regierungsviertel eröffnet.

Die Bibliothek wurde inhaltlich neu strukturiert. Bisher eine landeskundliche Spezialsammlung, erhebt sie nun den Anspruch einer Universalbibliothek, deren Bestände erstmals unter den größeren Wissensspeichern Österreichs über Online-Kataloge abruf- und bestellbar ist. Die Benützerfreundlichkeit stand auch an erster Stelle der Prioritätenliste der Architekten Paul Katzberger und Karin Bily.

Nach außen hin ein ruhig-dominanter Baublock mit der Bildhaftigkeit der italienischen pittura metafisica, eröffnet die Bibliothek ganz im wienerisch-britischen Sinn von Adolf Loos ihren visuellen Reichtum. Über der Arbeitsebene der Angestellten finden die Benützer einen 430 Quadratmeter großen Lesesaal, wo 30.000 Bände frei zugänglich sind, und zwei Räume für die Karten- und Bildersammlungen. Wesentlich zur Architektur und Atmosphäre der Bibliothek trägt die Lichtführung bei. Verschieden große Glaskuben bringen das natürliche Licht in die Räume, wo es über Aluminiumpaneele, die gleichzeitig optimalen Schallschutz bieten, von der Eicheholztäfelung reflektiert wird, sodaß es einen ausgewogen, milden Charakter erhält.

Der geschoßhohe Glaskubus im Lesesaal trägt auch wesentlich zur Strukturierung dieses Raumes bei. Er teilt nämlich den Saal in zwei Bereiche: einen für das konzentrierte Arbeiten und einen mit etwas lockerer Klubcharakteristik - samt grüner Lederfauteuils und Sofas.

Das gesamtheitliche Konzept in Konstruktion, Farbgebung und Materialwahl wird hier allein durchbrochen. Das warme und dunkle Grün der Sitzgelegenheiten verträgt sich als dritte Farbkomponente nur schlecht mit dem kühlen Glanz der Aluminumverkleidung, die in den übrigen Bereichen nur mit dem Kolorit des Eichenholzes kontrastiert.

Der Standard, Mi., 1997.10.01



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NÖ Landesbibliothek und NÖ Landesarchiv

01. Oktober 1997Gert Walden
Der Standard

Die Eleganz der Einsiedelei an der Bregenzer Peripherie

Der Weg zur Entwurfsfindung war radikal und kann eigentlich nur grundsätzlich bejaht oder völlig abgelehnt werden. Während sich viele Architekten gerade...

Der Weg zur Entwurfsfindung war radikal und kann eigentlich nur grundsätzlich bejaht oder völlig abgelehnt werden. Während sich viele Architekten gerade...

Der Weg zur Entwurfsfindung war radikal und kann eigentlich nur grundsätzlich bejaht oder völlig abgelehnt werden. Während sich viele Architekten gerade in den viel zu dichten Neubaugebieten bemühen, irgendwie eine positive Beziehung der Architektur zur Umgebung herzustellen, haben die jungen Bregenzer Architekten Karl Schwärzler und Theo Lang das Wohnumfeld als visuelles Beziehungsgefüge für die Bewohner ihrer Atriumwohnungen schlichtweg ignoriert. Es ist also die jeweils subjektive Einstellung zum Verhältnis Öffentlichkeit und Privatheit, die mit dieser Wohnhausanlage zur Diskussion gestellt wird, aber als mögliche Lösung konsequent durchdacht ist.


Gegen die Konfektion

Im Wohnpark Eragasse, zwischen Architekturkonfektionen, wie sie sich von Bregenz bis Eisenstadt finden, steht ihr nahezu fensterloser Hausblock. Acht zweigeschoßige Atriumwohnungen mit 82 Quadratmeter Grundfläche und 45 Quadratmeter Freifläche sind dort ebenso wie vier Dreizimmerwohnungen mit 67 Quadratmetern und zehn Quadratmeter Terrasse untergebracht. Blickbeziehungen gibt es also nur innerhalb des eigenen Wohnbereiches, die optische Perspektive ist der Himmel.

Der Zugang von außen erfolgt über Autoabstellplätze, die von den auskragenden Obergeschoßen überdacht werden. Auch hier wieder ein architektonischer Realismus, der die Tatsächlichkeit des Automobils in die Planung ganz klar integriert.

In der Gestalt ist die Anlage eine sublime Mischung zwischen der Darstellung der Scheibenbauweise und der plastischen Gesamtheit des Ensembles, deren Statik gerade durch die Pkw-Überdachungen relativiert wird.

Die Holzverkleidung verstärkt den solitären Charakter der Gebäudeeinheit. Einmal durch das Material, welches in der Gegend nicht üblich ist, und zum anderen durch die horizontale Gliederung, die gegenüber der Höhenentwicklung der umliegenden Objekte die Längsrichtungen betont. Das Konzept der Atriumhäuser ist seit Roland Rainer zwar nicht neu, aber die jungen Architekten haben gerade mit der Proportionierung ihrer Anlage ein beachtenswertes Maß an Eleganz erreicht.

Der Standard, Mi., 1997.10.01



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Wohnhausanlage Bregenz

25. September 1997Gert Walden
Der Standard

Architektur im Hohen Haus

Politiker-Konsens herrschte im Presseklub Concordia bei der Vorstellung der Architekturtage97 � einer österreichweiten Veranstaltungsreihe, um auf die Präsenz zeitgemäßer Architektur und die Absenz der Politikerverantwortlichkeit hinzuweisen.

Politiker-Konsens herrschte im Presseklub Concordia bei der Vorstellung der Architekturtage97 � einer österreichweiten Veranstaltungsreihe, um auf die Präsenz zeitgemäßer Architektur und die Absenz der Politikerverantwortlichkeit hinzuweisen.

Wien � Im Hohen Haus hat am Dienstag abend der Auftakt zu den Architekturtagen 97 der Bundeskammer der Architekten und Ingenieure stattgefunden. Das Verhältnis zwischen Architektur und Politik stand am Programm des Vortrages von Friedrich Achleitner und den Diskusssionen zwischen den fünf Parteienvertretern des parlamentarischen Kulturausschusses sowie des zahlreichen Publikums. Die Gespräche dieses Abends in der Praxis gezeigt, was Achleitner in seiner Rede schon vorweg genommen hat: Die Politiker � zumindest auf Bundesebene � entfernen sich zunehmend aus der Verantwortlichkeit und Zuständigkeit in Sachen Architektur.

Zwar wird die Bereitschaft zur Konfrontation mit der Problematik (Josef Cap, SPÖ) signalisiert, auch gute Ratschläge für ein Lobbying der Architekten (Madeleine Petrovic, Grüne) erteilt und der hohe Anspruch auf den Gestaltungswillen (Heide Schmidt, Liberale) erhoben. Aber auch die wohlwollend gemeinten juridischen Ratschläge (Michael Krüger, FPÖ) und der Appell an die missionarischen Aufgaben der Architekten (Franz Morak, ÖVP) haben nicht darüber hinwegtäuschen können, daß nach 52Jahren der zweiten Republik ein Fehlen der Sachkompetenz von politischer Seite deutlich bemerkbar ist. Die Diskussion (Moderator: Gerfried Sperl) hinterließ den Eindruck, daß jetzt erst � wo die Baubudgettöpfe leer sind � allmählich erkannt wird, daß Architektur eine Partnerschaft der Bundespolitiker über die kurze Betrachtungszeit der Legislaturperioden hinaus braucht.

Das logische Angebot des Kunsthistorikers Dieter Bogner in der Publikumsdiskussion �Nachhilfeunterricht� zu erteilen, wurde positiv von Heide Schmidt und Franz Morak angenommen, von Josef Cap als überflüssige �Postgraduate Studium� abgetan.

Jedenfalls wäre es durchaus angebracht, den Politikern jenes Rüstzeug zu verschaffen, das sie befähigt, die Aufbereitung eines positiven Klimas für eine Architektur zu unterstützen, die sich nicht in der Reproduktion der alten (Bau)Klischees erschöpft, sondern die Wahrnehmung der soziokulturellen Situation erweitert.

Der Standard, Do., 1997.09.25

25. September 1997Gert Walden
Der Standard

Das Futteral für die feine Kost

Architektin Franziska Ullman plant ein besonderes Lebensmittelgeschäft

Architektin Franziska Ullman plant ein besonderes Lebensmittelgeschäft

Die kalten Neonlichter der internationalen Schnellfutterversorger glänzen mittlerweile unbarmherzig auch im historischen Ambiente der Inneren Stadt, doch der regionale kulinarisch-architektonische Widerstand regt sich.

In der Herrengasse 15 wird am 30. September „Kecks Feine Kost“ des PR-Agenturbesitzers Edi Keck eröffnet - ein Geschäft, das als Nahversorger den Speiseplan der hungernden Werktätigen bereichern wird. Hier gibt es dann auf 92 Quadratmeter Lebensmittel zum Mitnehmen oder den klassischen Stehimbiß auf hohem Niveau. Die Qualität des Angebots entspricht jener der Architektur. Franziska Ullmann, die schon das Café in der Gloriette konzipiert hat, übt sich wieder in der schwierigen und auch sehr Wienerischen Kunst, ein Futteral für ein rudimentär vorhandenes Ambiente zu schaffen. Die Kunden werden das Geschäft über ein Portal betreten, wo eine eingelassenen Vitrine die Tragstruktur sichtbar macht und die Rundbogenfenster wieder an den historischen Bestand erinnern. In Inneren folgen ein querliegender Verkaufsraum und zwei Räume in der Tiefe des Hauses für Warenpräsentation, Stehimbißtische und Lagerung. Die Innenarchitektur nobilitiert diese Funktionsfolge. Die Mauern sind ganz in dunklem Rot gehalten, sodaß die Regale aus hellem Birkensperrholz und Plexiglas, die Pulte aus Nirosta und Strukturglas kostbar aufleuchten können.

Doch Dunkelheit allein soll nicht den Raumeindruck dominieren. Eine Stahlwand mit Mattglasscheiben im abschließenden Raum läßt das Licht vom Innenhof durchschimmern, womit die Eindimensionalität der Raumhülle relativiert wird.

Der Standard, Do., 1997.09.25



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Keck's Feine Kost

24. September 1997Gert Walden
Der Standard

Architekturtage '97 für Politikerverantwortung

Politiker-Konsens herrschte im Presseklub Concordia bei der Vorstellung der Architekturtage97 - einer österreichweiten Veranstaltungsreihe, um auf die...

Politiker-Konsens herrschte im Presseklub Concordia bei der Vorstellung der Architekturtage97 - einer österreichweiten Veranstaltungsreihe, um auf die...

Politiker-Konsens herrschte im Presseklub Concordia bei der Vorstellung der Architekturtage97 - einer österreichweiten Veranstaltungsreihe, um auf die Präsenz zeitgemäßer Architektur und die Absenz der Politikerverantwortlichkeit hinzuweisen. Die Pressekonferenz des Veranstalters, der Bundeskammer der Architekten und Ingenieure, war ein Auftakt für die Eröffnungsveranstaltung am Dienstag abend im Parlament.

Heide Schmidt, Vorsitzende des parlamentarischen Kulturausschusses, forderte im Presseklub von ihren Berufskolleginnen und -kollegen, Rahmenbedingungen für die Akzeptanz von Architektur in der Bevölkerung zu schaffen. Nationalratspräsident Heinz Fischer kritisierte die zögerliche Realisierung des Museumsquartiers und die Verschwendung geistiger Leistung durch die öffentliche Hand. Der Architekturhistoriker Friedrich Achleitner kritisierte das mangelnde Verantwortungsbewußtsein der Politiker gerade auf Bundesebene. Wiens Architektenkammerpräsident Peter Scheifinger vermißte überhaupt die deklarierte Zuständigkeit für Architektur im Rahmen der Regierung, womit der Staat ein schlechtes Vorbild für private Auftraggeber biete.

Mit Ausnahme von Vorarlberg und Burgenland finden während der Architekturtage 97 unter dem unverbindlichen Motto „Architektur ist überall“ in allen Bundesländern Veranstaltungen und Ausstellungen statt. Monografisch-historisch sind die Ausstellungen „Carl Appel“ (Wien) und „Rudolf Schwarz“ (Linz), intermedial das Symposium „Architektur und Musik“ in Linz (14.-15.11). Die Länderkammer Tirol und Vorarlberg bezahlt einen Wettbewerb für eine Betreuungsstelle von Obdachlosen in Innsbruck, um auf die soziale Verantwortlichkeit des Berufsstandes hinzuweisen.

Der Standard, Mi., 1997.09.24

24. September 1997Gert Walden
Der Standard

Bauexperiment im Wohnungseigentum

Berlin � Wo sich einstmals die DDR-Prominenz im Sperrbezirk Pankow ansiedelte, werden nun � kontradiktorisch zum Ancien Régime � Wohnungen im Eigentum...

Berlin � Wo sich einstmals die DDR-Prominenz im Sperrbezirk Pankow ansiedelte, werden nun � kontradiktorisch zum Ancien Régime � Wohnungen im Eigentum...

Berlin � Wo sich einstmals die DDR-Prominenz im Sperrbezirk Pankow ansiedelte, werden nun � kontradiktorisch zum Ancien Régime � Wohnungen im Eigentum entstehen. Und diese sollen von �Vertretern einer konsequent modernen Auffassung in Städtebau und Architektur� geplant werden. So sieht es zumindest der Beirat der Stadt Berlin für die �Bauaustellung Berlin 1999� vor.

Privates Eigentum statt geförderter Mietwohnungen ist auch ein Hinweis auf die schwache finanzielle Situation der Kommune, die nun ihre vierte �Bauausstellung� nach 1931, 1957 und 1984 ausrichtet.

Idealziel ist es mit privaten Investoren rund 600 bis 700 Häuser im nordöstlichen Gebiet der Hauptstadt zu errichten, die beteiligten Architekten wurden direkt beauftragt.

Darunter befinden sich die Österreicher Helmut Richter und das Team Florian Riegler und Roger Riewe, wobei allerdings die beiden letztgenannten noch an Umsetzungsschwierigkeiten mit ihrem Investor zu kämpfen haben.

Da Projekt von Helmut Richter für den Investor �Upmeier Wohnungsbau� in Bucholz-West dagegen ist schon weiter fortgeschritten. Helmut Richter verwendet, im Gegensatz zum �Steinernen Berlin� der Innenstadt, Stahl als wesentliches konstruktives Material für seine zwei- bis dreigeschoßigen Einzelhäuser, die in Reihe aufgestellt werden sollen.

Das Tragwerk bietet tischähnliche Ebenen, die möglichst flexibel in der Organisation des Grundrisses sind und außerdem kostenmäßig den Erwartungen des Investors entgegenkommen. Mit rund 12.000 S pro Quadrat- meter Netto ließe sich auch von den nicht gerade

mit Reichtum gesegneten Ostberlinern Eigentum bilden. Die Architektur Helmut Richters bietet innerhalb der ökonomischen Grenzen ein Maximum an räumlichen Reichtum. Die einzelnen Ebenen sind nur durch Stützen unterteilt, sodaß sich entlang der gekoppelten Erschließungs-und Sanitärzone, geschlossene Zimmer und auch ein mehrgeschoßiger Innenhof realisieren läßt. Nachträglich kann auch das dritte Stockwerk ausgebaut werden.

Die Flexibilität der Architektur bedeutet aber nicht, daß Helmut Richter eine der zur Zeit so beliebten �Schachteln� konstruiert hätte, die architektonische Reduktion mit Einfallslosigkeit gleichsetzen. Dagegen spricht nicht nur die Vielfalt der Raumsituationen mit ihren visuellen Beziehungen, sondern auch das Gestalthafte der Architektur, wie sie die Bauten Richters immer wieder auszeichnet.

Auch in Berlin � Wiens Bauordnung würde diese �Stahlhäuser� ohenhin nicht erlauben � wird Richters Architektur einer optimierten Konstruktion als Experiment verstanden, doch die Bereitschaft rund 60 Objekte zu errichten, ist vorhanden.

Der Standard, Mi., 1997.09.24

19. September 1997Gert Walden
Der Standard

Holzbaukunst in Rekordzeit realisiert

Vorfabrikation und Niedrigstenergie für Wohnhausanlage

Vorfabrikation und Niedrigstenergie für Wohnhausanlage

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12. September 1997Gert Walden
Der Standard

Urbanität in Bewegung

Verkehr, Dienstleistung und Konsum – das Architektur Zentrum Wien zeigt die Produktion neuer Stadtbaumuster

Verkehr, Dienstleistung und Konsum – das Architektur Zentrum Wien zeigt die Produktion neuer Stadtbaumuster

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11. September 1997Gert Walden
Der Standard

„Fenster mit Aussicht auf Türen zur Bauwelt im Cyberspace“

Adressen suchen, Prospekte sammeln, Gespräche führen und viel Zeit verschwenden – die übliche Vorgangsweise, um die hoffentlich richtige Wahl von Fenstern und Türen treffen zu können, läßt sich deutlich abkürzen.

Adressen suchen, Prospekte sammeln, Gespräche führen und viel Zeit verschwenden – die übliche Vorgangsweise, um die hoffentlich richtige Wahl von Fenstern und Türen treffen zu können, läßt sich deutlich abkürzen.

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05. September 1997Gert Walden
Der Standard

Bauen an besseren Lebensbedingungen

Der als postmoderner „Poet der Architektur“ gewürdigte italienische Architekt Aldo Rossi starb am Donnerstag 66jährig in einem Mailänder Krankenhaus an den Folgen eines Autounfalls.

Der als postmoderner „Poet der Architektur“ gewürdigte italienische Architekt Aldo Rossi starb am Donnerstag 66jährig in einem Mailänder Krankenhaus an den Folgen eines Autounfalls.

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25. Juli 1997Gert Walden
Der Standard

Lob der einfachen Wahrheit

Ursprünglich sollte es ein Museum regionaler Kunst werden, künftig soll es als ein Ort internationaler Gegenwartskunst und der jüngsten Kunstgeschichte fungieren. Mit der Schau _James Turrel – Lichträume (Bericht folgt) wird heute das Kunsthaus Bregenz, bestehend aus Verwaltungs- und Ausstellungsgebäude, eröffnet.

Ursprünglich sollte es ein Museum regionaler Kunst werden, künftig soll es als ein Ort internationaler Gegenwartskunst und der jüngsten Kunstgeschichte fungieren. Mit der Schau _James Turrel – Lichträume (Bericht folgt) wird heute das Kunsthaus Bregenz, bestehend aus Verwaltungs- und Ausstellungsgebäude, eröffnet.

Die Gesamtkosten werden auf 285 Millionen Schilling geschätzt, wofür 3.880 Quadratmeter Nutzfläche errichtet werden konnten. Der Schweizer Architekt Peter Zumthor hat mit seiner städtebaulichen Disposition der beiden Gebäude Einbindung und Autonomie im Kontext zwischen Kornmarkttheater und Bodenseeufer erreicht. Das niedrigere Verwaltungsgebäude nimmt die Höhen der umliegenden Häuser auf, der freistehende Turm des Ausstellungsgebäudes signalisiert Bedeutsamkeit durch Fernsichtwirkung, beide begrenzen einen offenen Platz als Forum für das Kunstpublikum.

Zwar ist die Form des Turmes auch mit Grundflächenersparnis argumentierbar, doch wollte Zumthor damit mehr: Das Haus ist ein Ort für Kunstwerke und Menschen. Die Ruhe des Raumes und die kontemplative Haltung gegenüber der Kunst werden als Aussagen einer Architektur formuliert, die über die elementare Wechselwirkung zwischen Licht und Materie entstehen. Zumthors Baukunst ist kompromißlos und dominant zugleich. Die Ausstellungsräume in den drei Obergeschoßen werden jeweils von drei L-förmigen Betonscheiben begrenzt, welche die Treppenaufgänge und Aufzüge verdecken, um die Ausschließlichkeit der räumlichen Wahrnehmung nicht zu stören. Natur- und Kunstlicht werden ausschließlich über die Geschoßzwischendecken eingeleitet, womit der Blick ins Freie versperrt wird.

Kunst und Baukunst stehen also im Mittelpunkt der Betrachtung und in einem Licht, das auf eine Weise gedämpft ist, daß der Maximalkontrast zwischen Hell und Dunkel kaum entstehen kann, was auf die Dauer recht ermüdend ist. Wie auch die perfektionierte Eindimensionalität, das Hierarchische der Räume sich von der Komplexität des tatsächlichen Lebens deutlich abgrenzt. Hier werden noch die einfachen Wahrheiten von Materie, Proportionen und Lichtwirkungen hochgehalten, auch an der Fassade mit ihrer semitransparenten Haut aus geätzten Glasschindeln.

Wer sich auf das Spiel einläßt – und die Künstler müssen das wohl – wird allerdings belohnt. Die außenliegende Glasschindelfassade – eine tragende Konstruktion vor der eigentlichen Gebäudehülle – reflektiert ähnlich wie bei Norman Fosters ITN-Gebäude in London die klimatischen Veränderungen, läßt aber zugleich Bewegungen im Inneren des Turmes erkennen. Die Modulation des Lichts als Verbindungselement zwischen Innen und Außen, ohne deshalb ausgewiesene Baustrukturen bemühen zu müssen, zählt sicherlich zu den bemerkenswertesten Aspekten dieser Architektur. Wie auch die bewußte Verschleierung technischer Aspekte zugunsten einer sehr hohen Materialpräsenz in einer Konsequenz zu Ende gedacht wurde, die in ihrer Haltung gegenüber dem Pragmatismus der gegenwärtigen österreichischen Architektur, weniger in ihrer „Kopierfähigkeit“ beeindruckt.

Der Standard, Fr., 1997.07.25



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Kunsthaus Bregenz

24. Juli 1997Gert Walden
Der Standard

Norman Fosters neue Benutzeroberfläche für Londons Zentrum

Großbritanniens Hauptstadt rüstet sich nicht nur mit zahlreichen Neubauten für die Jahrtausendwende.

Großbritanniens Hauptstadt rüstet sich nicht nur mit zahlreichen Neubauten für die Jahrtausendwende.

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30. April 1997Gert Walden
Der Standard

Bilder der Konstruktion

Das MAK zeigt Gerald Zugmanns Architekturbilder und Pflanzenfotografien

Das MAK zeigt Gerald Zugmanns Architekturbilder und Pflanzenfotografien

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24. April 1997Gert Walden
Der Standard

Pritzker-Preis an Sverre Fehn

Für Überraschung sorgten die Juroren des wichtigsten internationalen Architekturpreises: Der Pritzker-Preis, gestiftet von der amerikanischen Hyatt-Foundation, wurde heuer dem norwegischen Architekten Sverre Fehn verliehen. Der 72jährige zählt nämlich nicht zur Riege der Star-Architekten, die sich am Spiel der medialen Verwertung beteiligen.

Für Überraschung sorgten die Juroren des wichtigsten internationalen Architekturpreises: Der Pritzker-Preis, gestiftet von der amerikanischen Hyatt-Foundation, wurde heuer dem norwegischen Architekten Sverre Fehn verliehen. Der 72jährige zählt nämlich nicht zur Riege der Star-Architekten, die sich am Spiel der medialen Verwertung beteiligen.

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16. April 1997Gert Walden
Der Standard

Wohnen und Arbeiten im Juwel der Moderne

Jahrelang verfiel das Arbeitsamt in Liesing unter den Händen des Wirtschaftsministeriums. Einer Privatinitiative ist es nun zu verdanken, daß dieses seltene Beispiel der Moderne in Österreich gerettet wird.

Jahrelang verfiel das Arbeitsamt in Liesing unter den Händen des Wirtschaftsministeriums. Einer Privatinitiative ist es nun zu verdanken, daß dieses seltene Beispiel der Moderne in Österreich gerettet wird.

Die Wiener „Stadterneuerungs- und Eigentumsges.m.b.H.“ (SEG) konnte das Gebäude von Ernst Anton Plischke (1903-1992) aus dem Fundus der Bundesimmobiliengesellschaft für 7,5 Mio.S ersteigern und läßt es von Architekt Hermann Czech mit dem beträchtlichen Aufwand von 16 Mio. S restaurieren. Dafür entstehen eine Büroeinheit mit 335 Quadratmetern und zwei Wohnung mit je 66,5 Quadratmetern und 99 Quadratmetern Fläche.

Ökonomisch betrachtet ist das Unternehmen der SEG eine Liebhaberei, denn die Auflagen des Denkmalschutzes und die periphere Lage gestalten die Verwertung schwierig. Für alle jene, die eine kulturelle Verantwortlichkeit von Immobilien-Developern einfordern, dient das Projekt der Rettung eines Gebäudes, das die spezifischen Qualitäten der österreichischen Moderne vermittelt.

Ernst Anton Plischkes Werk muß im Rahmen der funktionalistischen Architektur gesehen werden. Der pädagogische Anspruch wird eingefordert und baulich mit einer transparenten Hülle als Synonym für Öffnung der staatlichen Behörde umgesetzt. Materielle Grundlage für diese Programmatik ist die Konstruktion in Stahlbeton-Skelettbauweise. Ihre Trägerelemente bestimmen die räumliche Disposition und sind Haltepunkte für großzügige Fensterflächen, die den funktionalen Ablauf im Haus sichtbar machen.

Aber die Architektur des Arbeitsamtes vermochte noch mehr zu leisten als die proklamierte Änderung von Arbeitsbedingungen. Die Funktion des Gebäudes transzendierte mit seinen ausgefeilten Proportionen zur reinen Form, die in ihrem bestimmten Minimalismus Bescheidenheit und Selbstbewußtsein der Architektur erklärte. Die Verbindung von Transparenz und Demokratie wurde vom NS-Regime sehr wohl verstanden und daher ein Mitschüler Plischkes beauftragt, diesen „Mißstand“ mittels einer dichten Verpackung der filigranen Konstruktionen zu ändern. Die 2.Republik ignorierte schließlich das Gebäude.

Plischkes Schüler Hermann Czech plant nun an der Restaurierung der Hauses in der Neumanngasse. Die Konstruktion wird freigelegt und erneuert, spätere Zubauten müssen abgerissen werden. Neu ist auch der Verwendungszweck. Die SEG will hier ein zusammenhängendes Büro im pavillonähnlich strukturierten Erdgeschoß anbieten. Hier wird auch der nach außen hin sichtbarste Eingriff Czechs erfolgen, denn die Fenster der ehemaligen Warteräume müssen durch tieferliegende Öffnungen ergänzt werden, um eine direkte Belichtung der neuen Arbeitsplätze zu ermöglichen. Architektonisch betrachtet erhält die abstrakte Hülle Plischkes damit stark physiognomisch wirkende Details.

Pragmatischer – auf Grund der Bauvorschriften – sind die Änderungen in der Verglasung. Im Erdgeschoß sind Isolierglasscheiben vorgesehen, im Obergeschoß kommen wieder die Einfachverglasungen für den unbeheizten Korridor. Die Präzision der Restaurierung, die im Dezember abgeschlossen wird, läßt hoffen, daß ein Meisterwerk der Moderne wiederersteht. Ein künftiger Büromieter kann mit der Umwegrentabilität für das Marketing seines Unternehmens rechnen.

Der Standard, Mi., 1997.04.16



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Arbeitsamt Liesing

09. April 1997Gert Walden
Der Standard

Das Designer-Haus von der Stange

Das Fertighaus von Philippe Starck für eine Versandfirma hat in Frankreich für Aufsehen gesorgt. Auch in Österreich hat man nun eine Marktnische für Häuser mit dem Designer-Label: Matteo Thun baut für „Griffenhaus“.

Das Fertighaus von Philippe Starck für eine Versandfirma hat in Frankreich für Aufsehen gesorgt. Auch in Österreich hat man nun eine Marktnische für Häuser mit dem Designer-Label: Matteo Thun baut für „Griffenhaus“.

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04. April 1997Gert Walden
Der Standard

Möbel für Wohnungen, Häuser für die Stadt

Helmut Dietrich bringt das Urbane ein. Möbeldesigner und ihre Produkte: Manche kennt man schon gut, andere verdienen es ebenfalls, bekannter zu werden. In einer zehnteiligen Serie stellen wir Beispiele ungewöhnlicher Leistungen vor.

Helmut Dietrich bringt das Urbane ein. Möbeldesigner und ihre Produkte: Manche kennt man schon gut, andere verdienen es ebenfalls, bekannter zu werden. In einer zehnteiligen Serie stellen wir Beispiele ungewöhnlicher Leistungen vor.

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02. April 1997Gert Walden
Der Standard

Bauen im vertikalen Raum

Als Avantgardist einer unkonventionellen Architektur hat Peter Cook das Thema des vertikalen Raumes gewählt. Die Umkehrung der Statik war Herausforderung für seine Studenten, der Planungsort – Hongkong – eine interessante Stadt. Die Arbeiten des Workshops sind in der Buchhandlung Minerva bis 6. April ausgestellt.

Als Avantgardist einer unkonventionellen Architektur hat Peter Cook das Thema des vertikalen Raumes gewählt. Die Umkehrung der Statik war Herausforderung für seine Studenten, der Planungsort – Hongkong – eine interessante Stadt. Die Arbeiten des Workshops sind in der Buchhandlung Minerva bis 6. April ausgestellt.

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19. März 1997Gert Walden
Der Standard

Östlicher Geist - westliche Form

Eine Reise in das „japanische“ 20.Jahrhundert bietet die Akademie am Schillerplatz. Die Ausstellung präsentiert mit Fotos, Plänen und Modellen drei Generationen japanischer Architekten.

Eine Reise in das „japanische“ 20.Jahrhundert bietet die Akademie am Schillerplatz. Die Ausstellung präsentiert mit Fotos, Plänen und Modellen drei Generationen japanischer Architekten.

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11. März 1997Gert Walden
Der Standard

Hermann Hertzberger und der soziale Raum

Das Sozialministerium in Den Haag, Wohnbauten in Deutschland und zahlreichen holländischen Schulen von Hermann Hertzberger haben etwas gemeinsam: Das Interesse des Architekten am „sozialen Raum“.

Das Sozialministerium in Den Haag, Wohnbauten in Deutschland und zahlreichen holländischen Schulen von Hermann Hertzberger haben etwas gemeinsam: Das Interesse des Architekten am „sozialen Raum“.

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28. Februar 1997Gert Walden
Der Standard

Ein Kopfbau für die Beamtenstadt

Die niederösterreichische Landeshauptstadt hat ein neues Wahrzeichen. Das Festspielhaus von Architekt Klaus Kada läßt keinen Zweifel offen, wer die Hauptrolle im Kulturbezirk spielt.

Die niederösterreichische Landeshauptstadt hat ein neues Wahrzeichen. Das Festspielhaus von Architekt Klaus Kada läßt keinen Zweifel offen, wer die Hauptrolle im Kulturbezirk spielt.

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Festspielhaus

15. Januar 1997Gert Walden
Der Standard

Neues Raumbild der Kulturen

Die üblichen Gaststätten mit chinesischer Küche scheinen ohne Lampions und goldenen Drachen nicht auszukommen. Im Restaurant Kiang am Wiener Rochusmarkt forciert Architekt Helmut Richter dagegen die Synthese von Transparenz und Dynamik der Form.

Die üblichen Gaststätten mit chinesischer Küche scheinen ohne Lampions und goldenen Drachen nicht auszukommen. Im Restaurant Kiang am Wiener Rochusmarkt forciert Architekt Helmut Richter dagegen die Synthese von Transparenz und Dynamik der Form.

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Restaurant Kiang III

Profil

Studium der Kunstgeschichte und Geschichte in Innsbruck und Graz, seit 1984 Architekturjournalist, von 1990 bis 2001 Architektur- und Immobilienjournalist für eine Wiener Tageszeitung, von 2001 bis 2006 Pressereferent des Österreichischen Verbandes der Immobilientreuhänder, seit April 2007 Textautor für die Baumschlager Eberle Gruppe. Ab März 2010 zuständig für die Pressebetreuung der Baumschlager Eberle Gruppe. Seit März 2015 Pressereferent von RLP Rüdiger Lainer + Partner.

Publikationen

Gert Walden (Hg.) Annäherungen / Approaches, Springer, Wien 2010
Gert Walden (Hg.), Bauten Bilder Perspektiven, Eigenverlag RLP, Wien 2017

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