Details

Adresse
Schwarzenbergplatz, 1010 Wien, Österreich
Architektur
Alfredo Arribas
Bauherrschaft
Stadt Wien
Maßnahme
Umbau
Wettbewerb
1998
Ausführung
2002 - 2004

Presseschau

19. Juni 2004Christian Kühn
Spectrum

Wem das reicht

Das Problem besteht nicht in der mittelmäßigen Dekoration, sondern in den vielen Fragen, die hier nicht gestellt wurden: der neu gestaltete Schwarzenbergplatz eine erste Bilanz zwei Wochen nach der Eröffnung.

Das Problem besteht nicht in der mittelmäßigen Dekoration, sondern in den vielen Fragen, die hier nicht gestellt wurden: der neu gestaltete Schwarzenbergplatz eine erste Bilanz zwei Wochen nach der Eröffnung.

Der Schwarzenbergplatz ist den Wienern im Grunde nie aufgefallen. Er ist ein Platz ohne feste Grenze, der an der Ringstraße beginnt und 400 Meter weiter zu beiden Seiten des Hochstrahlbrunnens verschwindet. Auf halbem Weg verliert er sich beinahe in der quer zur Platzachse laufenden Lothringerstraße, die ihn an Breite um ein gutes Stück übertrifft. Für einen großen Wiener Platz ist es nichts Ungewöhnliches, keine Kontur zu haben. Auch vom Karlsplatz und vom Heldenplatz wissen wir ja nur vage, wo sie sind, aber nicht, wo sie beginnen oder enden.

In seiner ursprünglichen, von Heinrich von Ferstel 1863 geplanten Anlage war der Schwarzenbergplatz allerdings ein gut proportionierter, um das Reiterstandbild des Fürsten Carl Philipp zu Schwarzenberg herum angelegter urbaner Raum, der stadtauswärts vom damals noch offen fließenden Wienfluss begrenzt wurde. Erst mit der Einwölbung des Flusses verlor der Platz seine Proportion und wurde zu einer breiten Straße, die sich stadtauswärts aufweitet. In der allgemeinen Wahrnehmung war der Schwarzenbergplatz seit Jahrzehnten nichts anderes als ein Verkehrsknoten, den inzwischen täglich über 60.000 Autos passieren. Seine legendären Bodenwellen sind Autofahrern noch bestens in Erinnerung. 1997 wurde der Verkehrsplaner Werner Rosinak von der Stadt mit einem neuen Verkehrskonzept beauftragt, das vorschlug, die den Platz vor dem Hochstrahlbrunnen querende Straße aufzulassen. Eine Verkehrsinsel, die dem Wiener Stadtgartenamt für schrullige Inszenierungen wie Blumenuhren und Stadtäcker gedient hatte, konnte so gewissermaßen ans Festland - den Platz um den Hochstrahlbrunnen - angebunden werden.

Auf der Basis dieses Konzepts wurden vier Architektenteams zu einem Wettbewerb für die Platzgestaltung eingeladen, den der Spanier Alfredo Arribas gewann. Sein Plan sah vor, den rechteckigen Teil des Platzes um das Reitstandbild durch schlanke, dicht gestellte Laternenpfähle zu markieren. Bei Nacht sollte eine Lichtinszenierung den Platz völlig verwandeln. In Arribas' eigener Architektenpoesie: „Am Tag scheint der Platz unverändert - abgestufte Grauschattierungen verschmelzen Fassaden und Boden. Bei Nacht verwandelt sich die Symmetrie der Gebäude in Leuchtspuren. Funkelnde Laternenpfähle akzentuieren den dunkelgrauen Asphalt, ein Lichtstrahl vereint die fragmentierten Bodenbeläge. Strahlend rote Lichter zwischen den Schienen heben die Gleise hervor und warnen vor ankommenden Straßenbahnzügen; fluoreszierend grüne Lichter betonen und markieren die Übergänge.“

Seit kurzem kann man besichtigen, was aus Arribas' Konzept geworden ist. Am positivsten fallen sicher die Änderungen unmittelbar um den Hochstrahlbrunnen und das dahinter liegende Denkmal der Soldaten der Sowjetarmee auf. Die dichten Büsche, die bisher den Blick versperrten, wurden entfernt, die Bäume in Form gebracht. Die neu entstandene „Landzunge“ in der Hauptachse wurde nicht begrünt, sondern mit einem befestigten Boden versehen, in den Lichtstreifen eingelassen sind, die den Platz von unten beleuchten.

Nach Aussage der Stadt soll diese Fläche nur ausnahmsweise, und nicht - wie etwa vor dem Rathaus - kontinuierlich für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung stehen. Stadtbewohner und Touristen werden sich hier wohl fühlen und im Sommer den leichten Nebel des Hochstrahlbrunnens genießen - solange sie nicht auf Details achten. Denn Arribas hat sich zwar bemüht, Elemente wie Randsteine und Begrenzungsmauern mit mehr Liebe zu behandeln als sonst in Wien üblich. Die Ausführung bleibt aber stellenweise deutlich hinter der Ambition zurück, etwa dort, wo eine gekurvte Mauer aus identischen geraden Elementen zusammengesetzt ist und dicke Mörtelfugen die entstehenden Probleme „lösen“ sollen. So geht ein Häuselbauer vor, dem das Geld ausgegangen ist. Eine Großstadt sollte sich ein anderes Niveau leisten können.

Ähnliches gilt auch für die Lichtinszenierung. Arribas' Konzept ist auf ein Minimum reduziert. Kein Licht, das sich je nach Verkehrslage ändert, keine Haltestellen, die sich rot verfärben, bevor eine Straßenbahn einfährt. Die im Boden eingelassenen Lichterketten sind zwar programmierbar, blitzen aber eher eintönig vor sich hin. Und aus den schlanken Masten rund um das Reiterstandbild sind plumpe Rohre geworden, die vor allem in der Ansicht von vorne eine unangenehme Wirkung entfalten.

Die Beleuchtungskörper an diesen Masten sind zusätzlich über eine Seilabspannung gehalten, wodurch das Drahtgewirr über der Straße unnötig vermehrt wird. Jede Peitschenlampe aus den 1950er Jahren hat mehr Eleganz. Gescheitert ist Arribas' Lichtkonzept vor allem am hinhaltenden Widerstand der Wiener Linien gegen größere Lichtspektakel und an allgemeinen Bedenken in Hinblick auf die Verkehrssicherheit. Ursprünglich war eine diffusere Allgemeinbeleuchtung vorgesehen, um die Lichteffekte deutlicher hervortreten zu lassen. Der Schilder- und Ampelwald, der im Zuge der Neugestaltung noch leicht gewachsen ist, hat nur indirekt mit der Verkehrssicherheit zu tun. Er wächst im selben Maß, in dem Autofahrer nach einem Strafmandat die Behörden erfolgreich wegen mangelnder Beschilderung verklagen.

Insgesamt ist der neue Schwarzenbergplatz weder besonders geglückt noch besonders verunglückt. „It works“, sagte der Architekt bei der Eröffnung auf die Frage, ob er mit dem Ergebnis zufrieden sei. Wem das reicht, wird sich an die neue Gestaltung gewöhnen. Das eigentliche Problem besteht aber nicht in der mittelmäßigen Dekoration, sondern in den vielen Fragen, die hier gar nicht gestellt wurden. Was ist mit der „Kulturmeile“, die sich quer zum Platz an der Lothringerstraße vom Musikverein und vom historischen Museum bis zum Akademietheater und zum Konzerthaus entwickeln könnte? Wie sieht überhaupt das Nutzungskonzept für den Bereich um den Hochstrahlbrunnen aus? Ist es sinnvoll, die Verkehrsplanung vor der Platzgestaltung abzuschließen, statt interdisziplinär eine Lösung zu entwickeln? Und was ist mit der Geschichte des Platzes, die Arribas der „poetischen“ Idee opfert, die graue Tagesaktualität gegen einen nächtlichen Lichterzauber auszuspielen?

Denn weder das Reiterstandbild noch das „Russendenkmal“ sind beleuchtet, da sie sonst den Lichterketten Konkurrenz machen würden. Aber können wir sie wirklich so einfach aus dem öffentlichen Bewusstsein wegknipsen? Im Wettbewerb hatten die Architekten PAUHOF und der Künstler Hans Kupelwieser vorgeschlagen, die beiden Denkmäler von ihren Standorten zu entfernen und im vorderen Teil des Platzes einander gegenüber aufzustellen. Der Bereich um den Hochstrahlbrunnen wäre damit offen für eine völlig neue architektonische Lösung geworden. Allein die Idee hätte Diskussionen ausgelöst, die den Platz, seine Geschichte und Zukunft ins öffentliche Bewusstsein gebracht hätten, und vielleicht hätte sich am Ende eine Antwort gefunden, die einer selbstbewussten Großstadt angemessen ist. An derart grundsätzlichen Diskussionen zeigt die Wiener Stadtplanung aber schon lange kein Interesse mehr.

02. Juni 2004Gerhard Bitzan
Die Presse

„Lichtblicke“ sollen Schwarzenbergplatz retten

Der neu gestaltete Platz wird offiziell eröffnet. Spektakuläre Beleuchtung soll der Kritik Wind aus den Segeln nehmen.

Der neu gestaltete Platz wird offiziell eröffnet. Spektakuläre Beleuchtung soll der Kritik Wind aus den Segeln nehmen.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

19. Mai 2004ORF.at

Vienna Limelight

(SUBTITLE) Neben.Schau.Platz

Im Jahr 1998 ging der spanische Architekt und Designer Alfredo Arribas aus einem Wettbewerb zur Neugestaltung des Wiener Schwarzenbergplatz als Sieger hervor.

Im Jahr 1998 ging der spanische Architekt und Designer Alfredo Arribas aus einem Wettbewerb zur Neugestaltung des Wiener Schwarzenbergplatz als Sieger hervor.

Arribas, der zuvor durch die maßgebliche Gestaltung der Expo in Sevilla einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, setzt neben der Neustrukturierung der (Verkehrs-) Flächen und damit auch der Neuordnung der Verkehrsabläufe auf eine Vielzahl von Gestaltungselementen, unter denen das Licht eine besondere Bedeutung erhält . Daher auch der Projekttitel „Vienna Limelight“. Neben der Straßenbeleuchtung in Gestalt von Masten und Ständern wird es eine Effektbeleuchtung in mehreren Formen geben.

Mit Arribas' Planung des Platz-Straßen-Zwitterwesens und der Implantierung einer Gastro-Event-Kultur beim Hochstrahlbrunnen soll es zu einer Neukodierung des Ortes kommen, von der neue urbanistische Impulse erhofft wurden, hofft man bei der Planungsabteilung der Gemeinde Wien.


Geschichtsträchtiger Ort

Der Schwarzenbergplatz ist in der österreichischen Geschichte als Ort mit dem Titel des „besten Nebendarstellers“ ausgewiesen: Staatspolitisch tragende Ereignisse mit militärischem Charakter in der Monarchie, im Ständestaat, bis hin zur Errichtung des Denkmals der Roten Armee stehen neben der bis heute wirksamen Präsenz der Industrie und Zeugnissen hocharistokratischer Lebenswelten.

Abseits der „großen Erzählungen“ finden sich für das Stadtleben relevante und virulente Narrationen: Hier wurde die erste McDonalds-Filiale Österreichs eröffnet, hier ereignete sich in der Nachkriegszeit ein massenmedial aufbereiteter Lustmord statt, von hier starteten sowohl die Opernball-Demonstrationen als auch monarchistische Kundgebungen.


Diskussionswürdig

Knapp vor der Eröffnung des neu gestalteten Platzes im Juni lädt das lädt das Wien Museum als „Nachbar“ in Kooperation mit dem Architekturzentrum Wien zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Vergangenheit und Zukunft des Ortes ein.

Die Kunsthistorikerin Bernadette Reinhold, die 1999 ihre Diplomarbeit über die städtebauliche und architektonische Entwicklung dieses Platzes geschrieben hat, wird unter dem Titel „Platzdynamik. Zur Entwicklungsgeschichte des Schwarzenbergplatzes“, unterstützt durch entsprechende Bilder, einen entsprechenden Überblick geben.

Im Anschluss an Reinholds Vortrag werden Christian Kühn (Vorsitzender der Architekturstiftung Österreich), Siegfried Mattl (Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien), Boris Podrecca (Architekt, Wien, Juryvorsitz Gutachterverfahren) und Erich Petuelli (MA 19 Architektur und Stadtgestaltung) diskutieren. Die Moderation hat Wien Museum-Direktor, Wolfgang Kos, inne.

02. April 2004Die Presse

Grau bleibt, keine Blumentröge

Betonwüste, Mastenwald, Parkplatzverlust, schlechte Erreichbarkeit für Fußgänger: Die Kritik am neuen Schwarzenbergplatz wird lauter; die Stadt wehrt sich.

Betonwüste, Mastenwald, Parkplatzverlust, schlechte Erreichbarkeit für Fußgänger: Die Kritik am neuen Schwarzenbergplatz wird lauter; die Stadt wehrt sich.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

10. Dezember 2003Jan Tabor
Falter

Ein Mann sieht rot

Die Neugestaltung des Schwarzenbergplatzes ist noch gar nicht fertig und schon ein Skandal. Jedenfalls, wenn man sie mit den Augen der „Presse“ betrachtet.

Die Neugestaltung des Schwarzenbergplatzes ist noch gar nicht fertig und schon ein Skandal. Jedenfalls, wenn man sie mit den Augen der „Presse“ betrachtet.

Wenn zwei oder drei (zum Beispiel Zeitungen oder Pressefotografen) dasselbe darstellen, dann ist es nie dasselbe, ja nicht einmal das Gleiche. Kürzlich wurden in zwei Wiener Zeitungen illustrierte Berichte über die Neugestaltung des Schwarzenbergplatzes veröffentlicht. Anlass war bloß der Abschluss der Arbeiten an den Verkehrsanlagen und den Fahrbahnen, nicht die Fertigstellung der Platzgestaltung, die erst im Sommer 2004 erfolgen soll.

Der Fotograf der Wiener Zeitung, Smutny, hat den Platz vom Hochstrahlbrunnen aus Richtung Ringstraße abgebildet, wobei seine Aufmerksamkeit offensichtlich der gesamträumlichen Wirkung und der Oberfläche galt. In seinem Bericht „Grauer Schwarzenbergplatz“ (7.11.03) stellt Florian Smutny (vermutlich identisch mit dem Fotografen Smutny) genauso lapidar, wie sein Foto ist, fest, dass die Neugestaltung die Längsausrichtung des Platzes betonen soll und dass auf die Pflanzung von Bäumen verzichtet wurde, weil es dem historischen Charakter des Platzes entspricht. Ein tadelloser Bericht. Informativ und der Wirklichkeit, also der Wahrheit, nah. Der Platz wirkt wirklich grau. Das ist angenehm.

Der Schwarzenbergplatz ist noch nicht fertig - und wird bereits von der Presse, dem Kampfblatt des österreichischen Spießbürgertums, fertiggemacht. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Hans Haider die Presse-Fotografin Michaela Seidler instruiert hat, wie sie den Schwarzenbergplatz Presse-gerecht und in Farbe aufnehmen soll - so ganz von unten gegen den Himmel, in jener Kurve und auf jener Kreuzung, in/auf der sich die Lichtmaste, die Straßenbahn-Oberleitungsseile und sonstige Verkehrszeichen zu dem gewünschten Eindruck verdichten, der in dem Bildtext folgendermaßen zusammengefasst ist: „Wiens Schwarzenbergplatz gleicht einem Bahnhof“. Alle Ampeln - neun auf einmal - sind auf Rot geschaltet, im Hintergrund - im Zentrum der Bildkomposition, das Foto ist ein Meisterstück der Manipulation - steht das ungeliebte Russenmahnmal. Hans Haider sieht rot.

„Plumpe Lichtmasten, die meisten auch zur Verspannung von Straßenbahn-Oberleitungen eingesetzt, erzürnen seit Wochen auf dem neu gestalteten Wiener Schwarzenbergplatz die Passanten.“ Haider, der bewährte Kultur-Allrounder des bürgerlichen Blattes, hat am 18. November wieder einmal als Architekturkenner zugeschlagen. Unter der Schlagzeile „Design-Desaster am Schwarzenbergplatz: Architekt nennt Wien Bananenrepublik'“ verfasste er keinen Bericht, sondern eine Mischung aus Lokalreportage vom Tatort, Adabei-Kolummne und Architekturkritik mit einem kurzen Exkurs in die Geschichte des Städtebaus sowie einem Interview mit dem spanischen Architekten Alfredo Arrabas.

Thomas Chorherr, Doyen des originären Presse-Journalismus, schildert in seiner Kolumne „Merk's Wien“ unter dem Titel „Die Verschandelung der Stadt“ am 24. November seine Wahrnehmungen vom Schwarzenbergplatz. „Nein, hier soll nicht von dem Schmutz die Rede sein, in den wir allzu oft hineintreten. Auch nicht jener ist gemeint, den die gefiederten Ratten hinterlassen. Es gibt auch Schmutz, der nur optisch wahrnehmbar ist. Es gibt eine Verschandelung, die wir nur mit den Augen erfassen können - weder Hunden noch Tauben ist da Schuld zuzumessen.“ Chorherr lobt Hans Haider für all den Blödsinn, den er über den Schwarzenbergplatz geschrieben hat (er dürfte der einzige erzürnte Passant sein, den Haider kennt) und bezeichnet Holleins Flugdach vor der Albertina als „optisches Verbrechen“. Was er appetitlich begonnen hat, schließt er poetisch ab: „Es schmerzt alles dies ein Kind der Stadt'“, ruft er Anton Wildgans herbei. „Weil man glaubt, dass ein Stadtkind keine Heimat hat'. Falsch!“

In der Tat. Im Standard, der sich des Falles am 26. November unter einem Foto von Heribert Corn annimmt, dementiert Architekt Arribas „alle ihm in einer österreichischen Zeitung zugeordneten Zitate (...) Insbesondere den Satz, Wien sei eine Bananenrepublik'“. Corn lässt den Sieger in der Völkerschlacht bei Leipzig, Karl von Schwarzenberg, durch die Mastenreihen ruhig defilieren, das Russendenkmal wird in den Nebel des Hintergrundes verschoben, keine einzige auf Rot geschaltete Ampel stört die fast idyllische Gelassenheit des verdrahteten Himmels über den neu abgesteckten Platz in Corns Momentaufnahme.

Man soll nicht vergessen: Die Ringstraße ist kein Ring, sondern ein Polygon, dessen meisten Brüche dort entstanden sind, wo es galt, die wichtigen Radialstraßen mit dem Ring zu verbinden. Die Planer damals rechneten weder mit dem Straßenbahn- noch mit dem Autoverkehr. Das heißt: Diese Plätze sind zugleich die wichtigsten Kreuzungen. Sie als Plätze gelten zu lassen und dabei die Verkehrsbedingungen zu erfüllen, ist überaus schwierig. Das Draht-Firmament über derartigen Plätzen ist unvermeidbar, um nicht zu sagen: unverzichtbar - denn Straßenbahnoberleitungen gehören zum Stadtbild jeder normalen Großstadt.

Der Schwarzenbergplatz ist noch nicht fertig. Das, was bereits feststeht - die Aufteilung der Oberfläche in die einzelnen Verkehrsbereiche, Fahrbahnen, Straßenbahngleisanlagen und -stationen samt Oberleitungen sowie Gehsteige und Radwege und vor allem die Lichtmaste und die Scheinwerfer samt der Nachtbeleuchtung -, das alles lässt die Erwartung zu, dass der Umbau des Schwarzenbergplatzes zu einem seltenen Fall einer überaus gelungenen Platzgestaltung werden kann. Sowohl die Verkehrslösung - einschließlich der Verlängerung der Parkfläche vor dem Hochstrahlbrunnen - als auch die Reihung und Linienführung der Lichtmaste sind tadellose, der schwierigen Form des Platzes adäquate Lösungen.

Die dadurch entstehende Raumbildung befreit und betont die Mittelachse und die beiden Fassadenseiten. Der Platz wurde entrümpelt, vereinfacht, übersichtlich und damit für seine Benutzer begreiflich gemacht. Die Architektur des Platzes - die Form wurde vom Reiterdenkmal abgeleitet - kommt wieder zur Geltung.

18. November 2003Hans Haider
Die Presse

Design-Desaster

Mastenwald im Gründerzeitensemble: Den Unterteil bestellten die Wiener Linien, den Oberteil die MA 33.

Mastenwald im Gründerzeitensemble: Den Unterteil bestellten die Wiener Linien, den Oberteil die MA 33.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Die Presse“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

9 | 8 | 7 | 5 | 6 | 4 | 3 | 2 | 1