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07. September 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Lernen von der Hütte

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

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07. September 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Lernen von der Hütte

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

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Seethalerhütte

06. Juli 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Schwimmbad Altheim: Auch ohne Attraktionen attraktiv

Das öffentliche Freibad ist eine bedrohte Art. Sein Überleben hängt auch von architektonischer Gestaltung ab. Ein Beispiel ist das renovierte Schwimmbad Altheim.

Das öffentliche Freibad ist eine bedrohte Art. Sein Überleben hängt auch von architektonischer Gestaltung ab. Ein Beispiel ist das renovierte Schwimmbad Altheim.

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Schwimmbad Altheim

04. Mai 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

„Es braucht Experimente“

Das zehnte „Superstadt“-Symposium an der Kunstuniversität Linz ist der Zukunft der Stadt gewidmet. Zum runden Jubiläum der international ausgerichteten Veranstaltung für Stadtforschung und -entwicklung rückt Kuratorin Sabine Pollak den Austragungsort selbst in den Fokus. Ob Linz „super“ ist, bespricht sie mit OÖNachrichten-Architekturkritiker Tobias Hagleitner.

Das zehnte „Superstadt“-Symposium an der Kunstuniversität Linz ist der Zukunft der Stadt gewidmet. Zum runden Jubiläum der international ausgerichteten Veranstaltung für Stadtforschung und -entwicklung rückt Kuratorin Sabine Pollak den Austragungsort selbst in den Fokus. Ob Linz „super“ ist, bespricht sie mit OÖNachrichten-Architekturkritiker Tobias Hagleitner.

OÖNachrichten: Die Linzer Stadtentwicklung gerät derzeit immer wieder in die Kritik. Wie sehen Sie den planerischen Umgang mit der Stadt?

Sabine Pollak: Stadtplanung ist eine sehr komplexe Aufgabe. Es gibt kein Rezept, wie es richtig geht. Linz ist prinzipiell eine offene und vielfältige Stadt. Die Buntheit an Bauformen, die Durchmischung von dichten und leeren Flecken, von niedriger und hoher Bebauung – diese Vielfalt mag ich, und die sollte beibehalten werden. Aber es fehlt auch an vielem. Es gibt für die Randbereiche der Stadt keine sinnvollen Strategien. Es gibt ein massives Verkehrsproblem, das in vergleichbaren Städten viel entschiedener angegangen wird. Es fehlt an zeitgemäßen, urbanen Wohnformen.

Wie würden denn „urbane Wohnformen“ aussehen? Woran denken Sie?

Junge Leute tun sich zum Beispiel zusammen, gründen eine Genossenschaft und entwickeln in diesem Rahmen ganz andere Formen zu wohnen, zu arbeiten und zusammenzuleben. Solche Projekte wirken immer auch positiv ins Umfeld, da entstehen neue Dinge rundherum. Es wäre toll, wenn die Stadt das erkennen und Grundstücke zur Verfügung stellen würde, um alternative Konzepte ausprobieren zu können. Es braucht Experimente. Im geförderten Wohnbau, wie er derzeit durch das Land Oberösterreich reglementiert ist, geht leider gar nichts. Das ist eine Katastrophe für die Wohnbauentwicklung einer Stadt wie Linz.

Sie sind seit zehn Jahren in Linz tätig, Ihr Lebensmittelpunkt ist Wien. Ist Linz vielleicht doch zu klein, um mit dem Angebot einer Großstadt mitzuhalten?

Die Größe ist nicht entscheidend, wenn man sieht, was sich am Wohnsektor in vergleichbar großen Städten in Deutschland oder der Schweiz tut. Da gibt es eine Fülle an alternativen Angeboten, Baugruppenprojekte, neue Finanzierungsmodelle etc. Dasselbe gilt für den Arbeitsraum. Mit der Tabakfabrik gibt es ein positives Linzer Beispiel. Da ist sicher noch zu wenig los. Aber es ist ein Punkt in der Stadt, der das grundsätzlich leisten kann. Linz hat einige solcher Punkte zu bieten, die sehr spannend und städtisch werden können. Davon brauchen wir mehr, die vorhandenen müssen wir stärken.

Ein Themenblock des Symposiums ist dem öffentlichen Raum gewidmet. Worum geht es da?

Wir wollen vor allem die Rolle der Kunst im öffentlichen Raum diskutieren. Die erste „Superstadt“ war im Kulturhauptstadtjahr 2009. Das hat Linz verändert. Der Höhenrausch ist nicht mehr wegzudenken, die Museen gehen gut. Aber es gibt vieles auch nicht. Die Stadt wird kaum noch mit künstlerischen Interventionen bespielt, von denen wichtige Impulse für die Stadtentwicklung ausgehen könnten. Da hat Linz vom „Ausnahmejahr“ wenig gelernt. Stattdessen ist der öffentliche Raum kontrollierter geworden.

„Superstadt“ beschäftigt sich diesmal auch mit der Donau. Welche Bedeutung hat der Strom für Linz?

Wir setzen uns an der Kunstuniversität seit einiger Zeit mit der Verbindung von Stadt und Wasser auseinander, mit den vielen Möglichkeiten, die der Freiraum der Donau für Linz bietet. Das ist speziell für die wachsende Industrie- und Kulturstadt, so nah an diesem großen Fluss zu sein, mit dem Schiffsverkehr direkt am Hauptplatz. Damit sollten wir uns stadtplanerisch viel mehr auseinandersetzen: einerseits die wertvollen Naturräume erhalten und noch besser zugänglich machen, andererseits vorausschauend überlegen, wo und wie die Uferräume bebaut werden können, wie sich die Stadt künftig mit der Donau entwickeln kann.

OÖNachrichten, Sa., 2019.05.04

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Bauwerke

Artikel 12

20. September 2014Alexander Zens
OÖNachrichten

Österreich verliert an Boden: „Langfristig großer Schaden“

OÖNachrichten: Zehntausende Hektar Gewerbe- und Industrieflächen in Oberösterreich liegen brach. Dennoch gibt es immer neue Widmungen. Woran liegt das?

Hagleitner:...

OÖNachrichten: Zehntausende Hektar Gewerbe- und Industrieflächen in Oberösterreich liegen brach. Dennoch gibt es immer neue Widmungen. Woran liegt das?

Hagleitner:...

OÖNachrichten: Zehntausende Hektar Gewerbe- und Industrieflächen in Oberösterreich liegen brach. Dennoch gibt es immer neue Widmungen. Woran liegt das?

Hagleitner: Erstens weil es wirtschaftlich interessant und Grund zu billig ist. Gewidmetes Bauland wird gehortet. Das führt zu Verknappung. Zweitens gibt es festgefahrene Planungsmodelle: Ein Neubau ist einfacher zu konzipieren als die Umnutzung eines brachliegenden Areals. Drittens gehen Verkehr und Widmungen oft Hand in Hand. Grundstücke sind vergoldet, ehe die Umfahrungsstraße errichtet wird.

Ist das gut für den Wirtschaftsstandort oder schlecht wegen Zersiedelung und teurer Infrastruktur?

Aus Sicht des einzelnen Investors oder Eigentümers ist es kurzfristig gut. Aber gesamtwirtschaftlich und langfristig entsteht großer Schaden. Zum Standort gehören auch Aspekte wie Lebensraumqualität.

Wie kann man das ändern?

Wir brauchen einen Bewusstseinswandel. Seit den 1950er-Jahren gab es Entballung, jetzt ist Zeit für Verdichtung. Das bedeutet nicht Käfighaltung oder Übereinanderstapeln etwa von Wohnungen, sondern intelligentes Nutzen vorhandener räumlicher Strukturen.

Generell werden in Österreich täglich 22 Hektar Boden verbaut und versiegelt. Freut das die Architekten wegen der Bautätigkeit?

Nein, die Zahlen müssen jeden alarmieren. Architekten, Bauunternehmer, Politiker, Investoren sind Menschen, die auf ihre Ressourcen achtgeben sollten. Leider herrscht der Massenbau vor. Nicht nur Fläche liegt brach, sondern auch geistiges Kapital der Architekten.

Wie soll man den Verbrauch landwirtschaftlicher Böden senken?

Es muss rentabel sein, Böden zu bewirtschaften. Regionale Nahrungsmittel müssen einen Wert haben. Außerdem braucht es höhere Steuern auf Widmungsgewinne. Und Einfamilienhäuser sollten weniger stark gefördert werden: Die Folgen eines Neubaus bei Energie, Raumordnung und Infrastruktur müssen berücksichtigt werden.

Derzeit wird auf Landesebene eine Raumordnungsnovelle verhandelt. Was erwarten Sie sich davon?

Dass Mängel behoben werden und der Flächenverbrauch sinkt. Ein Gesetz ist aber nicht alles. In Österreich gäbe es eines der strengsten Gesetze für den Einzelhandel, doch es scheitert an der Umsetzung. Bestehende Siedlungskerne sollten weiter entwickelt werden.

Presseschau 12

07. September 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Lernen von der Hütte

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

Hinweis: Leider können Sie den vollständigen Artikel nicht in nextroom lesen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, diesen im „Oberösterreichische Nachrichten“ Archiv abzurufen. Vollständigen Artikel anssehen

07. September 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Lernen von der Hütte

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

Ein Gruß von der Seethalerhütte am Fuß des Hohen Dachsteins, der höchsten und südlichsten Architekturneuigkeit des Landes in der Gemeinde Obertraun.

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Seethalerhütte

06. Juli 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Schwimmbad Altheim: Auch ohne Attraktionen attraktiv

Das öffentliche Freibad ist eine bedrohte Art. Sein Überleben hängt auch von architektonischer Gestaltung ab. Ein Beispiel ist das renovierte Schwimmbad Altheim.

Das öffentliche Freibad ist eine bedrohte Art. Sein Überleben hängt auch von architektonischer Gestaltung ab. Ein Beispiel ist das renovierte Schwimmbad Altheim.

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Schwimmbad Altheim

04. Mai 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

„Es braucht Experimente“

Das zehnte „Superstadt“-Symposium an der Kunstuniversität Linz ist der Zukunft der Stadt gewidmet. Zum runden Jubiläum der international ausgerichteten Veranstaltung für Stadtforschung und -entwicklung rückt Kuratorin Sabine Pollak den Austragungsort selbst in den Fokus. Ob Linz „super“ ist, bespricht sie mit OÖNachrichten-Architekturkritiker Tobias Hagleitner.

Das zehnte „Superstadt“-Symposium an der Kunstuniversität Linz ist der Zukunft der Stadt gewidmet. Zum runden Jubiläum der international ausgerichteten Veranstaltung für Stadtforschung und -entwicklung rückt Kuratorin Sabine Pollak den Austragungsort selbst in den Fokus. Ob Linz „super“ ist, bespricht sie mit OÖNachrichten-Architekturkritiker Tobias Hagleitner.

OÖNachrichten: Die Linzer Stadtentwicklung gerät derzeit immer wieder in die Kritik. Wie sehen Sie den planerischen Umgang mit der Stadt?

Sabine Pollak: Stadtplanung ist eine sehr komplexe Aufgabe. Es gibt kein Rezept, wie es richtig geht. Linz ist prinzipiell eine offene und vielfältige Stadt. Die Buntheit an Bauformen, die Durchmischung von dichten und leeren Flecken, von niedriger und hoher Bebauung – diese Vielfalt mag ich, und die sollte beibehalten werden. Aber es fehlt auch an vielem. Es gibt für die Randbereiche der Stadt keine sinnvollen Strategien. Es gibt ein massives Verkehrsproblem, das in vergleichbaren Städten viel entschiedener angegangen wird. Es fehlt an zeitgemäßen, urbanen Wohnformen.

Wie würden denn „urbane Wohnformen“ aussehen? Woran denken Sie?

Junge Leute tun sich zum Beispiel zusammen, gründen eine Genossenschaft und entwickeln in diesem Rahmen ganz andere Formen zu wohnen, zu arbeiten und zusammenzuleben. Solche Projekte wirken immer auch positiv ins Umfeld, da entstehen neue Dinge rundherum. Es wäre toll, wenn die Stadt das erkennen und Grundstücke zur Verfügung stellen würde, um alternative Konzepte ausprobieren zu können. Es braucht Experimente. Im geförderten Wohnbau, wie er derzeit durch das Land Oberösterreich reglementiert ist, geht leider gar nichts. Das ist eine Katastrophe für die Wohnbauentwicklung einer Stadt wie Linz.

Sie sind seit zehn Jahren in Linz tätig, Ihr Lebensmittelpunkt ist Wien. Ist Linz vielleicht doch zu klein, um mit dem Angebot einer Großstadt mitzuhalten?

Die Größe ist nicht entscheidend, wenn man sieht, was sich am Wohnsektor in vergleichbar großen Städten in Deutschland oder der Schweiz tut. Da gibt es eine Fülle an alternativen Angeboten, Baugruppenprojekte, neue Finanzierungsmodelle etc. Dasselbe gilt für den Arbeitsraum. Mit der Tabakfabrik gibt es ein positives Linzer Beispiel. Da ist sicher noch zu wenig los. Aber es ist ein Punkt in der Stadt, der das grundsätzlich leisten kann. Linz hat einige solcher Punkte zu bieten, die sehr spannend und städtisch werden können. Davon brauchen wir mehr, die vorhandenen müssen wir stärken.

Ein Themenblock des Symposiums ist dem öffentlichen Raum gewidmet. Worum geht es da?

Wir wollen vor allem die Rolle der Kunst im öffentlichen Raum diskutieren. Die erste „Superstadt“ war im Kulturhauptstadtjahr 2009. Das hat Linz verändert. Der Höhenrausch ist nicht mehr wegzudenken, die Museen gehen gut. Aber es gibt vieles auch nicht. Die Stadt wird kaum noch mit künstlerischen Interventionen bespielt, von denen wichtige Impulse für die Stadtentwicklung ausgehen könnten. Da hat Linz vom „Ausnahmejahr“ wenig gelernt. Stattdessen ist der öffentliche Raum kontrollierter geworden.

„Superstadt“ beschäftigt sich diesmal auch mit der Donau. Welche Bedeutung hat der Strom für Linz?

Wir setzen uns an der Kunstuniversität seit einiger Zeit mit der Verbindung von Stadt und Wasser auseinander, mit den vielen Möglichkeiten, die der Freiraum der Donau für Linz bietet. Das ist speziell für die wachsende Industrie- und Kulturstadt, so nah an diesem großen Fluss zu sein, mit dem Schiffsverkehr direkt am Hauptplatz. Damit sollten wir uns stadtplanerisch viel mehr auseinandersetzen: einerseits die wertvollen Naturräume erhalten und noch besser zugänglich machen, andererseits vorausschauend überlegen, wo und wie die Uferräume bebaut werden können, wie sich die Stadt künftig mit der Donau entwickeln kann.

OÖNachrichten, Sa., 2019.05.04

09. März 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Gebraucht, gemocht und gut genutzt

Architekturpreis Daidalos: Für den Sonderpreis „Bewährte Bauten“ wurden drei Objekte nominiert, die in jahrelanger Nutzung ihre Qualität bewiesen haben.

Architekturpreis Daidalos: Für den Sonderpreis „Bewährte Bauten“ wurden drei Objekte nominiert, die in jahrelanger Nutzung ihre Qualität bewiesen haben.

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verknüpfte Auszeichnungen
OÖN Daidalos-Architekturpreis 2019

02. März 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Schule, Brücke und innovatives Amt

Architekturpreis Daidalos: In der „technischen“ Disziplin für besonders raffinierte Bauten wurden Projekte in Hallstatt, Steyr und Kirchdorf nominiert

Architekturpreis Daidalos: In der „technischen“ Disziplin für besonders raffinierte Bauten wurden Projekte in Hallstatt, Steyr und Kirchdorf nominiert

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verknüpfte Auszeichnungen
OÖN Daidalos-Architekturpreis 2019

23. Februar 2019Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Altes, Neues und Exzentrisches

Architekturpreis Daidalos: In der Kategorie für Sanieren und Erweitern nominierte die Jury ein Wohnhaus, ein Pfarrheim und einen Kindergarten.

Architekturpreis Daidalos: In der Kategorie für Sanieren und Erweitern nominierte die Jury ein Wohnhaus, ein Pfarrheim und einen Kindergarten.

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verknüpfte Auszeichnungen
OÖN Daidalos-Architekturpreis 2019

15. Dezember 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Bauten auf Bewährungsprobe

Architekturpreis Daidalos: „Bewährte Bauten“ ist der Sonderpreis für Architektur, die den Langzeittest bestanden hat und die gut und gern genutzt wird.

Architekturpreis Daidalos: „Bewährte Bauten“ ist der Sonderpreis für Architektur, die den Langzeittest bestanden hat und die gut und gern genutzt wird.

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24. November 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Wer Neues wagt, gewinnt

Architekturpreis Daidalos: Neue Produkte und Verfahren schaffen Mehrwert, wenn sie sinnvoll angewandt werden. Dafür gibt es die Kategorie „Innovative Lösung“.

Architekturpreis Daidalos: Neue Produkte und Verfahren schaffen Mehrwert, wenn sie sinnvoll angewandt werden. Dafür gibt es die Kategorie „Innovative Lösung“.

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10. November 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Es geht um die Substanz

Architekturpreis Daidalos: Bauen verbraucht Energie, Rohstoffe, Boden. Die Kategorie „Wertvolle Substanz“ widmet sich dem kostbaren Vorrat an Gebautem.

Architekturpreis Daidalos: Bauen verbraucht Energie, Rohstoffe, Boden. Die Kategorie „Wertvolle Substanz“ widmet sich dem kostbaren Vorrat an Gebautem.

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15. September 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Laufsteg in die Innenstadt

Mit dem Auto heran, zu Fuß hinein. Das ist das Konzept der neuen Parkgarage mit Brücke in die Innenstadt. Die Idee verdient Beachtung.

Mit dem Auto heran, zu Fuß hinein. Das ist das Konzept der neuen Parkgarage mit Brücke in die Innenstadt. Die Idee verdient Beachtung.

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Ennssteg Steyr

11. August 2018Tobias Hagleitner
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Karl Odorizzi: „Garstige Eingriffe“

Mit Schrecken beobachtet der Architekt, wie mit den von ihm geplanten Bauten umgegangen wird. Architektur werde ausgelöscht, sagt er.

Mit Schrecken beobachtet der Architekt, wie mit den von ihm geplanten Bauten umgegangen wird. Architektur werde ausgelöscht, sagt er.

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23. Juni 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Das wird Schule machen

Die neue Volksschule in Wallern könnte Prototyp für neue Standards in Sachen Schulbau sein für den Bezirk und für das Land.

Die neue Volksschule in Wallern könnte Prototyp für neue Standards in Sachen Schulbau sein für den Bezirk und für das Land.

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Volksschule Wallern

19. Mai 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Familiäres Ensemble

Zwei Verandahäuser für drei Generationen: Eine Geschichte vom gekonnten Umgang miteinander und mit den Bedingungen des Ortes.

Zwei Verandahäuser für drei Generationen: Eine Geschichte vom gekonnten Umgang miteinander und mit den Bedingungen des Ortes.

Initiiert hat das Projekt eigentlich das jüngste Familienmitglied. Wäre die kleine Tochter nicht gewesen, wären die jungen Eltern vielleicht nicht so oft aus Wien zu Oma und Opa nach Schärding auf Besuch gefahren und womöglich gar nicht auf die Idee gekommen, sich dauerhaft dort niederzulassen.

So aber wurde der Entschluss gefasst, das Metropolenleben aufzugeben und gemeinsam mit den (Groß-)Eltern das Projekt „Mehrgenerationen-Wohnen“ am ländlichen Rand des Städtchens zu wagen.

Das Bestandsobjekt wäre groß genug für alle gewesen. Aber der Zustand des einfachen Bauernhauses hätte eine so aufwändige Sanierung erforderlich gemacht, dass Überlegungen in diese Richtung schnell verworfen waren.

Also Neubau. „Wir haben uns wirklich viele Architekturbüros angeschaut“, erzählt Bauherrin Johanna Tschaikner. Sogar in Vorarlberg wurde recherchiert. Mit Tom Lechner alias LP architektur wurde schließlich im Salzburgischen ein Partner für das Vorhaben gefunden, der auch der älteren Generation zusagte und deren anfängliche Skepsis gegenüber Architekten schnell verfliegen ließ: „Da hat die Chemie gepasst.“

Gartenpavillons

Gemeinsam mit der kleinen Baugruppe entwickelte das Büro ein schlichtes Konzept aus zwei flachen Baukörpern, die auf die unterschiedlichen Wünsche der Familien, auf die Topografie und die umgebende Vegetation sensibel eingehen. Das Holzhaus für die Jungen nimmt in etwa die Stelle des ursprünglichen Gebäudes ein und hat ein Sockelgeschoß aus Beton untergeschoben, das sich talseitig zum unmittelbar anschließenden Wald öffnet.

Der Quader für die Eltern wurde im rechten Winkel dazu an die nördliche Grundgrenze positioniert. Das erhaltene Wirtschaftsgebäude nehmen die beiden „Pavillons“ in ihre Mitte. So ausgewogen arrangiert, ergibt sich insgesamt ein idyllisches Ensemble um den gemeinsamen Gartenhof. Bemerkenswert ist das vertrauensvolle Miteinander, das sich im Lauf der Umsetzung zwischen Bauherrschaft und Architekt, aber auch mit den Handwerksbetrieben entwickelt hat. So lag die gesamte Firmenrecherche, Ausschreibung und Kostenkontrolle bei der jungen Bauherrin und auch die Bauaufsicht übernahmen aufgrund der Distanz zwischen Architekt und Baustelle weitgehend die Auftraggeber – mit der „Rat-auf-Draht-Methode“, wie unbeschwert erklärt wird. Fragen und Probleme wurden via Telefon in Wort und Bild vermittelt, der technische Leiter im Architekturbüro half und koordinierte aus der Ferne.

Möglich ist so ein Prozedere sicher nur, wenn die Handwerker mit Begeisterung dabei sind, ihr ganzes Know-how einbringen, umgekehrt aber auch die Professionalität der Planer und die Ansprüche der Bauherrschaft respektieren. „Und das hat super funktioniert“, erklärt die Bauherrschaft, die für das Projekt fast ausschließlich Betriebe aus nächster Nähe engagierte.
Geistesverwandte

Die beiden Häuser sind keine fotogenen Prachtkisten. Um Repräsentation ging es hier nicht. Die eigentliche Qualität erschließt sich im Gebrauch, im Wohnen. Ein lebendiges, gelebtes Verständnis von Schönheit und gutem Design, das sich im unterschiedlichen Inneren der verwandten Bauten beweist. Sehr authentisch und hier wie dort äußerst wohnlich und behaglich wurde je nach Geschmack, Bedürfnissen und Gewohnheiten ausgestattet und ein eigener, passender Stil gefunden. In beiden Fällen aber überzeugt das Gespür für die natürlichen Qualitäten der Materialien und der Mut, sie so zu zeigen, wie sie sind. „Das beeindruckt mich an dieser Architektur“, sagt Bauherr Vincent Tschaikner, „wenn du vorher gut überlegst, wie es sein soll, musst du nichts verstecken, nichts aufstemmen, nichts verputzen. Wenn die Wand steht, dann ist sie fertig. Das ist cool, das ist ein sinniger Gedanke. Nichts ist hier versteckt.“ „Na ja!“, entgegnet seine Frau verschmitzt und klopft auf das sägeraue Holz, „die Dämmung schon“.

OÖNachrichten, Sa., 2018.05.19



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Doppelhaus Trausner

28. April 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Zwanzig Bauherren sei Dank

Das Pfarrheim der katholischen Pfarre St. Stephanus in Sierning wurde mit dem Neubau mitten ins Ortszentrum gerückt, ganz nah an die Kirche.

Das Pfarrheim der katholischen Pfarre St. Stephanus in Sierning wurde mit dem Neubau mitten ins Ortszentrum gerückt, ganz nah an die Kirche.

Pfarrer Karl Sperker fand erst im zweiten Bildungsweg zur geistlichen Berufung. Vorher arbeitete er als Techniker und Projektleiter am Bau. Das biografische Fundament lässt sich noch ahnen, wenn der Kirchenmann mit Kenntnis und Begeisterung von der Entstehung des neuen Pfarrheims erzählt. Zu Recht ist auch etwas Stolz dabei. Denn die Pfarre hat es sich nicht leicht gemacht.

Mit dem neuen Haus wollte man den unterschiedlichsten Interessengruppen entgegenkommen. Es sollte nicht nur der Pfarrgemeinde intern dienen, sondern sich der Bevölkerung von Sierning insgesamt öffnen und einen Beitrag zur Lebendigkeit mitten im Ortskern leisten.

Räumliche Nähe

Der Bauausschuss der Pfarre, das Baureferat der Diözese, das Denkmalamt und viele engagierte Gemeindemitglieder waren in Vorbereitung, Entwicklung und Planung involviert. Die wichtigen Fragen, was das künftige Pfarrheim eigentlich können muss, welche Funktionen es für wen erfüllen soll, wurden leidenschaftlich debattiert.

Einmal ausverhandelt, gingen die Beteiligten mit einem umso solideren Raumprogramm in Phase zwei. Architekturbüros wurden zum Hearing geladen, mit der Architektenkammer wurde darauf ein geladener Wettbewerb akkordiert, den Architekt Klaus Landerl, Linzer „Filialist“ des Architekturbüros ARKADE, gewann.

Anstelle eines abgerissenen Bestands fügt sich der Neubau in das attraktive Sierninger Kernensemble aus Kirche, Gemeindeamt, Schloss und Wirtshaus. Die expressive Geste (asymmetrische Grundform, weit und spitz auskragende Dächer, Freitreppe), mit der die Kirche „umarmt“ wird, wirkt auf den ersten Blick als formale Übertreibung.

ie erweist sich aber insgesamt als wirksam, mit den beengten Verhältnissen am Bauplatz räumlich umzugehen. Äußerst nah rückt das großflächig verglaste Objekt an die Kirche aus Steyrtaler Konglomerat heran. Das in Teilen über tausend Jahre alte Baudenkmal wird zum integralen Teil des Raumerlebnisses im Pfarrsaal. Die Farbe der Metallfassade, der verwendete Stein, bewusst gesetzte Blickachsen und auch die künstlerische Glasarbeit an der Nordostfassade bringen Ort, Kirche und Pfarrheim in Dialog – ohne Anbiederung, selbstbewusst, aber mit Respekt.

Gelebte Baukultur

Auf den Bauplatz so passgenau zugeschnitten wie auf die Bedürfnisse der Gemeinde bietet das Haus im oberen Geschoß flexible Trennmöglichkeiten für kleine wie große Veranstaltungen (bis zu 160 Sitzplätze). Zusammen mit dem natürlich belichteten Untergeschoß ergibt sich für kirchliche wie weltliche, für Erwachsene wie Jugendliche Nutzungen der passende Rahmen.

Von „gefühlt zwanzig Bauherren“ spricht Architekt Klaus Landerl und verhehlt nicht, dass basisdemokratisches Vorgehen alle Beteiligten sehr fordert. Bis in die Bauphase wurde Mitsprache gewährt. Die entscheidende Rolle des Architekten war es, die vielfältigen Wünsche in ein bauliches Ganzes zu bringen, und zwar so, dass sich in der Architektur am Ende nicht ein schwacher Kompromiss, sondern die Überzeugungskraft des Konsenses zeigt.

Tatsächlich gibt das Haus seiner gemeinschaftsbildenden, öffentlichen Funktion eine passende Form. Es zeigt sich rundum offen, einladend, ohne „Rückseite“. Es ist ein Ort der Zusammenkunft mitten im Dorf. Und das ist nicht nur frommer Wunsch, sondern gelebte Wirklichkeit. Denn, glaubt man Pfarrer Sperker, und das sei dem Mann Gottes zugestanden, so steht die Gemeinde heute geschlossen hinter „ihrem“ Bauwerk. Das ist der eigentlich wertvollste Lohn all der Mühen im Entstehungsprozess.

Das kirchliche Vorbild sollte deshalb zu denken geben, insbesondere den weltlichen Teilen der Macht, also all jenen, die öffentliche Mittel verwalten, verplanen und verbauen und dabei dennoch glauben, auf Beteiligungsverfahren und ordentliche Wettbewerbe verzichten zu können.

OÖNachrichten, Sa., 2018.04.28



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Pfarrheim Sierning

31. März 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

„Wir brauchen innovative Freiräume“

Landschaftsarchitektin Karin Standler fordert einen professionelleren Umgang mit Grün- und Freiräumen. Es brauche Planung und politischen Willen.

Landschaftsarchitektin Karin Standler fordert einen professionelleren Umgang mit Grün- und Freiräumen. Es brauche Planung und politischen Willen.

OÖNachrichten: Linz kann sich über 50 Prozent Grünanteil freuen. Es gibt Parks und Gärten im gesamten Stadtgebiet. Kritik ist da wohl ‚Jammern auf hohem Niveau’?

Standler: Quantität allein ist nicht entscheidend. Vor allem geht es um Qualität. Gute Grün- und Freiräume machen eine Stadt oder Gemeinde erst richtig lebenswert. Linz hat sicherlich eine gute Ausgangslage. Die Frage ist, wie mit dieser Ressource langfristig umgegangen wird. Linz wächst, es wird gebaut und verdichtet. Da fehlt es an programmatischer Entwicklung und Kontrolle seitens der Stadtplanung, um auch künftig ausreichend Durchgrünung und geeignete Freiräume für alle Stadtteile gewährleisten zu können. Auf den Punkt gebracht: Wie viel Versiegelung wollen wir noch ohne Ausgleichsmaßnahmen?

Welche Instrumente wären dafür notwendig?

Wer hohe Freiraumqualitäten einfordern will, muss zuerst verbindliche Kriterien definieren. Es bräuchte passende Strukturen in der Stadtverwaltung, um das dann auch durchzusetzen und zu überprüfen. Das ist eine Schnittstellenfrage, weil das Thema in unterschiedliche Zuständigkeiten fällt: Die räumliche Einbettung betrifft die Stadtplanung, Pflege und Erhaltung das Gartenamt, sobald es um die konkrete Ausgestaltung geht, tangiert es den Sozialbereich, Umwelt- und Naturschutzanliegen kommen dazu. Es braucht die proaktive Zusammenarbeit verschiedener Abteilungen und Personen, vor allem aber die Einbindung geeigneter Fachleute, die evaluieren, was sich bewährt hat oder wo es Handlungsbedarf gibt, die beraten, was in Pflege und Planung nachhaltig verbessert werden kann.

Sie haben positive Beispiele von Parkanlagen aus aller Welt gesammelt. Was könnten oberösterreichische Städte oder auch kleinere Gemeinden davon lernen?

Die Freiräume sind sehr unterschiedlich. Eine Gemeinsamkeit ist aber, dass sie sich aktiv den Herausforderungen der Zeit stellen und zugleich die Ansprüche des jeweiligen Umfelds ernstnehmen. Wie schaut ein klimawirksamer Park aus? Wie lässt sich ein guter Kommunikationsort herstellen? Was bedeutet naturnahe Gestaltung in der Stadt? Diese Dinge sind übertragbar. Ein wichtiger gemeinsamer Ansatzpunkt ist auch das Bedürfnis nach Natur. Das ist ein Herzensanliegen der Bevölkerung, das zeitgenössisch interpretiert und innovativ umgesetzt werden kann.

Gibt es eine tolle Idee, die sich 1:1 übernehmen ließe? Einen konkreten Vorschlag?

Es geht nicht darum, Dinge zu kopieren. Aber es gibt natürlich Städte, denen es bei vergleichbaren Voraussetzungen gelingt, eine interessante Vielfalt für Mensch und Natur zu schaffen. Dazu braucht es einen Mix an unterschiedlichen Freiräumen und die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Typologien. Gestaltung ist so vielseitig! Aber diese Kultur der Gestaltung muss eben etabliert werden. Und das beginnt schon im Privaten: Rollrasengärten mit Thujenhecken, in denen kein Schneeglöckerl mehr aufkommt – das tut meiner Seele weh! Es ist an der Zeit, Gartenkultur wieder zu beleben und zu stärken. Die Gemeinden könnten mit gutem Beispiel vorangehen.

Das kostet Geld. In Zeiten der Sparpolitik nicht gerade populär…

Ja klar, die Frage ist, welche Parkanlagen werden wir uns in Zukunft noch leisten können. Verbesserung bedeutet nicht unbedingt Verteuerung. Im Gegenteil. Wer mit der Vegetation vor Ort arbeitet, wer stadt- und raumbezogen denkt und professionell plant, kann gegenüber herkömmlichen Pflegekonzepten sogar Geld einsparen. Schließlich geht es darum, dass wir durch Grün- und Freiräume Impulse für Stadtentwicklung setzen. Gelungene Freiraumgestaltung stärkt das Stadtleben, wirkt ins Stadtbild und wird zum Träger einer Stadtkultur.

OÖNachrichten, Sa., 2018.03.31

07. März 2018Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Eine Ausnahmeerscheinung

Eigenheim muss nicht sein – das Land ist schon genug zersiedelt. Wenn, dann bitte kompakt, ökologisch und mit Sinn für die Umgebung.

Eigenheim muss nicht sein – das Land ist schon genug zersiedelt. Wenn, dann bitte kompakt, ökologisch und mit Sinn für die Umgebung.

Der Bauplatz liegt an einem sanft geneigten Osthang am Rand einer Einfamilienhaussiedlung, die hier, auf halbem Weg zwischen den Ortskernen von Windischgarsten und Roßleithen, seit gut zwanzig Jahren langsam aber kontinuierlich bergwärts wächst.

Verständlich, dass in dieser Lage gern gebaut wird. Das Panorama in die Bergwelt der Pyhrn-Priel-Region und hinunter ins Windischgarstener Becken ist phänomenal, hinterm Haus schließen Wiesen und Wälder an. Wer Sinn für dieses sensible Umfeld hat, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Es gilt, räumliche Qualitäten zu erhalten und zu nutzen, die zugleich mit dem neuen Haus ein weiteres Stück zurückgedrängt werden.
Reduziertes Repertoire

Das nötige Feingefühl für dieses Dilemma war beim „Haus mit Giebel“ gegeben. Und zwar von Seiten der Planenden genauso wie von der Bauherrschaft. Die junge Familie wünschte sich ein Haus, das sich in die Umgebung fügt, das die Natur und die Aussicht wirksam in den Wohnraum holt. Sie wollte ruhiges, aufgeräumtes Design in Holz, Beton und Glas. Das waren Qualitätsansprüche, die Sandra Gnigler und Gunar Wilhelm alias mia2/ARCHITEKTUR mit Freude aufgriffen.

Mit einer bewusst reduzierten Auswahl an Materialien und Formen entwarfen sie ein Haus, das schlicht ist und komplex zugleich. Schlicht in der Art, wie es dasteht in seiner klaren, wohlproportionierten Struktur aus Sockel, Erdgeschoß und Dach. Komplex in der räumlichen Vielfalt, die es bietet. „Wir mögen keine Sackgassengrundrisse“, erklärt Sandra Gnigler: „Wir versuchen, den Raum als Kontinuum zu fassen.“ Und das ist gelungen. Es ist ein Haus der gut gestalteten Übergänge – hausintern von Raum zu Raum, aber auch von innen nach außen.

Raffinierte Räume

Hangseitig verschwindet das Erdgeschoß gut einen halben Meter tief im Gelände, sodass der Wohnraum wie ein Gefäß vom Sockel und der anschließenden Wiese umfangen wird. Talwärts, vier Stufen nach oben, entfalten sich Essbereich und Küche mit viel Luftraum bis hinauf zum First. Noch luftiger lässt es sich im Sommer einrichten, wenn die großen Fenster übers Eck zur Gänze aufgeschoben werden.

Das leicht erhöhte „Zwischenpodest“ der Wohnküche verdankt sich dem darunterliegenden kleinen Keller für Lager und Haustechnik. Die versetzte Geschoßigkeit macht sich die topografischen Eigenheiten des Grundstücks ideal zunutze. Die leicht erhabene Position, die sich so ergibt, bietet beste Sichtverhältnisse, über die Nachbarschaft hinweg, hinaus in die Bergkulisse.

Formal und organisatorisch raffiniert, ist das Haus auch ökologisch vorbildlich. Das Volumen wurde kompakt gehalten, der Flächenverbrauch bestmöglich beschränkt. Es wurde konsequent aus Holz errichtet und natürlich gedämmt. Bemerkenswert ist zudem der hohe Anteil an Eigenleistung. Beim Betonieren des Kellers, bei der Fassade aus geflämmten Brettern am Giebeldreieck oder der Inneneinrichtung beteiligte sich die Bauherrschaft mit etlichen Arbeitsstunden.

Das Haus strahlt das aus. Es ist spürbar, dass es etwas zu tun hat mit den Leuten, die es für sich errichtet haben und mit der Landschaft, in der es steht. Das macht eine sympathische Aura. Und darin unterscheidet es sich so angenehm von den vielen Häusern, die blind Vorbilder von anderswo kopieren oder gleich laut Katalog geliefert werden. Im Preis zeigt sich letztlich, dass dieses individuelle, maßgeschneiderte Planen und Bauen nichts mit überteuertem Luxus zu tun haben muss, wenn die Architekten ihr Handwerk beherrschen.

Und das tun die beiden: Anlässlich der Heinrich-Gleißner-Preisverleihung an die Welser Architekten Luger&Maul vor wenigen Wochen wurde auf deren Vorschlag der Förderpreis an Sandra Gnigler und Gunar Wilhelm vergeben.

In ihren Arbeiten zeige sich „hohes Engagement für gute zeitgemäße Architektur ohne Hang zum modisch-spektakulären, wohl aber zum handwerklich richtigen und gestalterisch überlegten Bauen“, so Luger&Maul in ihrer Begründung.

OÖNachrichten, Mi., 2018.03.07



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Haus mit Giebel

23. Dezember 2017Tobias Hagleitner
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Etwas Wärme in der Kälte

Diakonie Linz: Menschen ohne feste Bleibe haben kaum geschützte Rückzugsorte. Es ist eine Frage der Baukultur, solche Räume zu schaffen und gut zu gestalten.

Diakonie Linz: Menschen ohne feste Bleibe haben kaum geschützte Rückzugsorte. Es ist eine Frage der Baukultur, solche Räume zu schaffen und gut zu gestalten.

Das Of(f)‘nstüberl der Linzer Diakonie liegt in der Starhembergstraße. Es ist ein unauffälliges Häuschen, etwas kleiner und älter als die üppiger dekorierten Nachbarhäuser aus der Gründerzeit.

Fertiggestellt im Jahr 1864, entstand es bereits in dem schachbrettartigen Straßenraster, das zwei Jahre vorher von einer offenbar langfristig und strategisch planenden Stadtregierung angelegt worden war, um südöstlich des Zentrums ein neues Wohnquartier, das sogenannte Neustadtviertel, zu errichten.

Häuser wie dieses, die nicht denkmalgeschützt, weder wichtig noch besonders sind, werden normalerweise früher oder später abgerissen, um profitablerem Volumen Platz zu machen. In manchen Fällen ist das richtig, weil eine lebendige Stadt Veränderung braucht. Aber nicht immer und nicht überall.
Raum kultivieren

In Linz wäre es angebracht, Baugeschichte mehr zu schätzen, zusammenhängende Ensembles im Stadtgefüge zu erkennen und auch einfache Bauten als Kulturgüter wahrzunehmen und zu erhalten. Sie sind wichtig für ein bisschen Charme und Identität in einer Stadt, die stellenweise mit Härte und Gesichtslosigkeit zu kämpfen hat. Baukultur, also kultiviertes Bauen, bedeutet manchmal eben auch, nicht zu bauen, weil im Bestand Werte liegen – gesellschaftliche, historische, ästhetische –, die mit Geld nicht zu bemessen sind. Für eine solche Kultur der baulichen Wertschätzung ist das Of(f)‘nstüberl vorbildhaft.

Seit 1997 betreibt die Evangelische Stadt-Diakonie am Standort ein Tageszentrum, einen geschützten, warmen Raum ohne Konsumzwang für alle Menschen, denen das fehlt. Um die 15.000 Besuche von mehr als 1000 Personen werden im Jahr gezählt. Nach knapp zwei Jahrzehnten dieser intensiven Nutzung gab es baulichen Handlungsbedarf, um die bestmögliche Betreuung der Gäste weiter gewährleisten zu können.

Gemeinsam mit den Nutzern konnte Architekt Martin Urmann Hauseigentümer wie Fördergeber überzeugen, dass ein Umbau des Bestands mehr Sinn macht als Abriss und Neubau. Städtebaulich betrachtet konnte so eines der ältesten Häuser im Viertel erhalten werden. Innenhof und Straßenzug profitieren von der geringeren Traufhöhe dieses nur zweistöckigen Objekts. Solche „Lücken“ im Blockrand schaffen Licht und Sicht und werten damit das gesamte Viertel auf. In sozialer Perspektive wurde ein „Stammplatz“ für jene Menschen bewahrt und verbessert, die einen solchen Ort der Wohnlichkeit und Vertrautheit am meisten missen.

Menschen respektieren

Herr R. ist einer von ihnen. Während der Öffnungszeiten von 8 bis 12 Uhr vormittags wird das Of(f)‘nstüberl für ihn zum Zuhause. Er nimmt Platz in dem schmalen, gemütlichen Wintergarten, der seit der Renovierung als heller Übergangsraum zwischen drinnen und draußen gern genutzt wird. „Wir sind froh“, sagt er, „dass es so einen Ort gibt.“ Hier trifft er Bekannte, unterhält sich, kann Wärme tanken, bekommt Beratung. Manchmal hilft er im Garten oder beim Wäschemachen.

An diesem kalten Tag ist viel los, obwohl schon bald Mittag ist. Fast alle Tische sind belegt. Der Aufenthaltsraum im Erdgeschoß wurde von Zwischenwänden befreit und zieht sich nun als großer offener Raum komplett barrierefrei von der Straßenseite bis zum Gartenhof.

„Die Infrastruktur hat sich mit dem Umbau sehr verbessert“, sagt Sozialarbeiter Alex. „Unsere Gäste können ihre Wäsche waschen, sich duschen. Oben gibt es Ruheräume mit Liegen. Es ist weniger beengt, die Leute haben Platz und verteilen sich besser. Das vermeidet auch Reibereien.“ Viele der Gäste halfen bei der Renovierung mit, von Abbrucharbeiten bis zur Möblierung. Das war Teil des umsichtigen Konzepts: Begrenzt vorhandenem Budget und beschränktem Raumangebot begegnete Architekt Urmann mit einer Strategie der Einfachheit, die mit wenigen, punktgenauen Eingriffen bauliche Aufwertung und betriebliche Optimierung schafft. Das Haus erfüllt den Bedarf uneitel, zweckmäßig und robust, aber mit ästhetischem und atmosphärischem Anspruch.

OÖNachrichten, Sa., 2017.12.23



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Of(f)'n Stüberl Linz

25. November 2017Tobias Hagleitner
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Reinhard Seiß: „Das ist zu wenig!“

Stadtplaner Reinhard Seiß kritisiert die mangelnde Planungskultur im Land. Die Hochhauspolitik in Linz hält der Oberösterreicher für verantwortungslos

Stadtplaner Reinhard Seiß kritisiert die mangelnde Planungskultur im Land. Die Hochhauspolitik in Linz hält der Oberösterreicher für verantwortungslos

OÖNachrichten: Der geplante Bruckner-Tower oder das Weinturm-Hochhaus werden in Linz derzeit heiß diskutiert. Hochhäuser polarisieren. Sind Sie pro oder contra?

Reinhard Seiß: Das Problem sind nicht Hochhäuser an sich, sondern ihr unreflektierter Einsatz. Es ist erschütternd, mit welcher Oberflächlichkeit Projekte oft argumentiert, ja schöngeredet werden. Gebäude mit 80, 100, 120 Metern haben einen großen Wirkungsradius. Da wäre ein vertiefter Diskussionsprozess vonnöten. Doch wird so getan, als gingen Hochhäuser nur jene etwas an, die sie planen, bauen und genehmigen. Das mag bei Projekten von ortsüblicher Dimension funktionieren, aber nicht bei Höhen, die den bestehenden Bebauungsplan um ein Vielfaches sprengen.

Die genannten Projekte zeigen immerhin architektonischen Anspruch…

Nur, weil etwas in zeitgenössischem Gewand daherkommt, heißt das nicht, dass es gut ist. Architektur muss mehr sein als Form und Oberfläche. Zu sagen, ein Gebäude sei schön, ist bei Hochhäusern zu wenig, vor allem wenn diese Behauptung von den Planern und Betreibern selbst stammt. Die meisten Türme in Österreich sind architektonisch banal und zeigen bloß die serielle Vervielfältigung ein und desselben Geschoßes. Da bieten historische Bauten auf vier Geschoßen mehr Differenziertheit. Aber es geht um mehr: Wie nachhaltig sind diese Hochhäuser beispielsweise? Wie teuer kommt ihre Sanierung oder Umnutzung? Es ist sicher zu wenig, das geforderte Raumprogramm des Investors zu erfüllen, insbesondere, wenn Architektur gesellschaftspolitische Verantwortung für sich reklamiert.

Da ist auch die Verantwortung der Stadt angesprochen, der Politik, die solche Projekte genehmigt?

Natürlich! Vor allem die Planungspolitik ist in der Pflicht. Ein Hochhaus hat vielfältige Auswirkungen auf das Umfeld. Da geht es um die Struktur des Viertels, um Verkehrsfragen, um Beschattung, um Windturbulenzen und nicht zuletzt um das Stadtbild, die Silhouette. Jahrhundertelang war Städtebau auch akribische Stadtkomposition. Heute meinen Kommunalpolitiker selbstüberschätzend, über Stadtgestalt autonom entscheiden zu können.

Als Raumplaner kritisieren Sie Bodenverbrauch und Zersiedelung. Hochhäuser wären doch ein Gegenmittel?

Als Stadtregion betrachtet – und so müssen wir Städte heute betrachten – braucht Linz für sein Wachstum keine Hochhäuser. Linz leidet nicht unter Baulandknappheit wie etwa Innsbruck, sondern unter fehlender Flächeneffizienz. Was wir in Gewerbegebieten, Fachmarktzentren und bei Supermärkten allein für Parkplätze an Boden vergeuden oder für freistehende Einfamilienhäuser verbrauchen. Das Argument des Wachstumsdrucks ist unzulässig, solange im Umkreis von 15 Kilometer um den Linzer Dom auch nur eine einzige Einfamilienhausparzelle zur Bebauung ansteht und verdichtete Flachbauten weiterhin bloß Ausnahmeerscheinungen sind.

Können Hochhäuser als private Investments nicht auch Impulsgeber für die Stadtentwicklung sein?

Immobilienprojekte sind keine Gefälligkeit von Investoren, sondern eine attraktive Anlageform. Und Hochhäuser sind nur eine sehr eitle Spielart davon. Dabei vergisst die Politik: Jede Hochhauswidmung widerspricht dem Gleichheitsprinzip. Ein einzelner Grundeigentümer wird mit einer Vervielfachung des Grundstückswerts gegenüber allen anderen, die dieses Recht nicht bekommen, begünstigt. Bei frei finanzierten Wohn- oder Bürobauten müsste dieser Mehrwert adäquat abgegolten werden. In München oder in Basel und anderen Schweizer Städten wird das bei Großprojekten konsequent betrieben. Selbst in US-Städten zahlen Begünstigte sowohl an die Anrainer als auch an die Allgemeinheit. Dass man sich hierzulande wehrt, auf diese Weise Gerechtigkeit zu schaffen, sagt viel über unsere Politik.

OÖNachrichten, Sa., 2017.11.25

04. November 2017Tobias Hagleitner
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Vierkanter als Thinktanker

Die Form überrascht, der Inhalt noch mehr: Das neue Hauptquartier und Kundenzentrum der Miba-Gruppe in Laakirchen.

Die Form überrascht, der Inhalt noch mehr: Das neue Hauptquartier und Kundenzentrum der Miba-Gruppe in Laakirchen.

Von der Zukunft der Arbeit wird viel geredet. Lieblingswörter sind „Digitalisierung“, „Innovation“ oder „lebenslanges Lernen“. Ein konkretes Bild davon wird den Reden selten beigefügt.

Stattdessen mehren sich die Fragezeichen. Wie sieht sie nun aus, die Arbeitswelt von morgen? Welche Architektur ist nötig, um den Wandel hinzukriegen? Solche Fragen beschäftigten wohl auch die Unternehmensleitung der Miba, als die Erweiterung des Firmensitzes um eine neue Hauptverwaltung anstand.

Das künftige Gebäude sollte Technologie-, Lern- und Kundenzentrum für die Industrie-Gruppe sein. Gewünscht war ein Ort, der Kreativität und Kommunikation zulässt, an dem neue Ideen entwickelt werden können. Der unternehmensinterne Prozess führte zum Wettbewerb.

Alte Bauform

Das Architekturbüro Delugan Meissl überzeugte mit einer für den Zweck unkonventionellen und doch vertrauten Bauform und setzte das Raumprogramm in der traditionellen Gestalt eines Vierkanthofs um. Das lässt sich einerseits symbolisch begründen – Stichworte sind „regionale Identität“ oder „historische Verwurzelung“ –, andererseits gibt es funktionale Argumente für die Typologie.

Die geschlossene Form um einen Innenhof macht immer dann Sinn, wenn unterschiedliche Arbeitsbereiche aus Gründen der Effizienz unter einem Dach vereint und vernetzt werden sollen, wenn innere Verbindung und Durchlässigkeit gewünscht sind bei gleichzeitiger Abgrenzung nach außen.

Das war in der Geschichte bei Burgen, Klöstern oder bäuerlichen Betrieben so. Für Verwaltungsbauten galt das hingegen kaum. Ein Büro war eine eindeutig abgrenzbare Funktion innerhalb des Unternehmens, organisiert in containerartigen Zimmern mit Sessel, Tisch und Ladenschrank, aufgefädelt an langen Gängen, gestapelt in öden Kisten. Das Miba Forum bricht mit unsinnig gewordenen Konventionen und organisiert die Arbeit in einem Bürogebäude neu. Die Vierkant-Form bietet dafür gute Voraussetzungen.

Delugan Meissl nutzte sie optimal. Die Erschließungsflächen des Erdgeschoßes sind als breite „Wandelhalle“ konzipiert, die um den Hof von gut 30 mal 15 Metern Länge läuft. Von hier öffnen sich die Konferenz- und Meetingbereiche in unterschiedlicher Durchlässigkeit. Die geschlossenen Wandflächen sind mit einer hochwertig gestalteten Ausstellung zu Produkten und Geschichte des Unternehmens bespielt. Ansonsten gewähren Verglasungen und Öffnungen Einblick ins unmittelbare Geschehen: Gearbeitet wird im stilvoll kaffeebraunen Ambiente der Cafeteria, an den langen Tischen der Besprechungsräume, im großen Veranstaltungssaal und unter den Bäumen im Hof. „Arbeit“ bedeutet in diesem Bereich des Hauses vor allem miteinander reden, ins Gespräch kommen, sich austauschen. Und das funktioniert sichtbar gut.

Neue Arbeitswelt

Das Obergeschoß ruht als Holzkonstruktion auf dem Stahlbeton-Massivbau darunter. Das schlanke Tragwerk aus Buchen-Furnierschichtholz spannt ein mehrfach geneigtes und geknicktes Dach auf, unter dem sich die Bürolandschaft entfaltet. Angestammte Arbeitsplätze gibt es hier nicht. Gearbeitet wird, wo es beliebt bzw. wo ein Platz frei ist. Es wirkt aber gerade nicht wie ein „Großraum-büro“.

Das liegt an den gut gesetzten Raumzellen für Besprechungen, den Aufenthaltsnischen und Möblierungen für Schließfächer und Archiv. Für Abwechslung und Atmosphäre sorgt nicht zuletzt die komplexe Dachform, die mit ihrem Ableger bis in den Hofbereich eine unnötig expressive Zuspitzung erhielt.

Eine Portion zu viel Pathos hat auch das verwinkelte Wegesystem durch den kleinen Park abbekommen. Die noch zart bewachsene „Streuobstwiese“ ist aber insgesamt ein stimmiges Verbindungselement – zwischen den Gebäuden des Firmenensembles, zwischen dem historischen Bild von einem Vierkanthof und seiner modernen Interpretation.

OÖNachrichten, Sa., 2017.11.04



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MIBA Forum Laakirchen

16. September 2017Tobias Hagleitner
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Der Ortskern muss nicht sterben

Haslach an der Mühl: Wo niemand wohnt und keiner arbeitet, ist bald Leblosigkeit und Verfall. Ganze Orte sind in Gefahr. Doch es gibt Gegenmittel.

Haslach an der Mühl: Wo niemand wohnt und keiner arbeitet, ist bald Leblosigkeit und Verfall. Ganze Orte sind in Gefahr. Doch es gibt Gegenmittel.

Gleich die erste der zwanzig „Baukulturellen Leitlinien des Bundes“, die im August vom Ministerrat beschlossen wurden, ist den Ortskernen gewidmet. Sie sollen unter dem Motto „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ als lebenswerte Kulturlandschaft erhalten werden.

Es bleibt abzuwarten, wie ernst der Bund die Vorsätze nimmt und noch mehr, ob sich Länder und Gemeinden von dem Dokument, das mit breiter Beteiligung von Fachleuten erarbeitet wurde, begeistern lassen. Projekte, die schon „auf Linie“ sind und den Weg weisen könnten, gibt es jedenfalls. Ein Beispiel ist die prämierte Baukulturgemeinde Haslach.

Gestärkte Identität

Haslach hat etwas von dem Charme, der sonst italienischen Städten nachgesagt wird: vom Maßstab her wie ein Dorf, vom Gefühl her wie eine Stadt. Es gibt Vielfalt auf kleinstem Raum. Es gibt Arkadenhöfe, Gassen, Plätze. Es gibt Läden und Cafés, Museen, Handwerk, Industrie und sogar ein Kino. Dass sich Haslach so präsentiert, ist nicht selbstverständlich.

Das hat mit bewussten Entscheidungen und vorausschauender Planung zu tun. Mit Menschen, die in Vereinen, in der Wirtschaft oder Politik den Wert der Gemeinde erkennen und den Mut haben, in die Zukunft zu investieren – nicht nur Geld! Vor allem braucht es gute Ideen, Engagement und kontinuierliche Überzeugungsarbeit.

Eine Person, die daran großen Anteil hat, ist Architekt Josef Schütz. Wenn der gebürtige Haslacher sich und seine Arbeit vorstellt, beginnt er ganz von vorn, mit seinem Architekturdiplom im Jahr 1985: „Sterbender Ortskern mit trügerischer Identität“. Dass er den biografischen Bogen so weit aufspannt, ist keineswegs Nostalgie. Es ist der schlüssige Startpunkt einer unablässigen beruflichen Auseinandersetzung mit seiner Heimatgemeinde, mit der Baukultur vor Ort. Eine wichtige Etappe war etwa die Sanierung des Hauses am Marktplatz, wo Schütz seit Mitte der 1990er-Jahre sein Architekturbüro betreibt. Im Jahrzehnt darauf folgte die Revitalisierung des Vonwiller-Areals. Es wurde in einem nächsten Schritt um das „Textile Zentrum“ erweitert. So unterschiedlich diese und weitere Projekte im Ort bislang waren, verwandt sind sie in der Vielseitigkeit ihrer Nutzung.

Außerdem im Respekt für das historische Gefüge und dem Anspruch, Mehrwert für das öffentliche Leben zu schaffen.

Lebendiger Ortskern

Eines der jüngeren Projekte ist das Haus in der Windgasse in unmittelbarer Nachbarschaft zum „Alten Turm“. Anstelle eines Altbestands, der sich in die ortstypisch sehr schmale und lange Baulücke „geklemmt“ hatte, wurde ein Massivbau aus vorgefertigten Elementen hochgezogen. Von außen ist es simple, zeitgenössische Architektur, in ihrer inneren Logik aber knüpft sie an Bewährtes an.

Der lokalen Bautradition folgen etwa die Lage der Stiege, der Lichthof oder das sogenannte Durchhaus. Letzteres verbindet die Straße mit dem lauschigen Gartenhof, wo sich im rückwärtigen Bereich ein einfacher Holzbau als Infrastruktur für kleine Veranstaltungen an die Ringmauer schmiegt.

Vorbildlich im Sinn der Ortsentwicklung ist dieses Projekt, weil es sich nicht nur um die Wohnlichkeit im Inneren sorgt, sondern die Lebensqualität für die Gemeinde, ihre Bewohner und Gäste mit im Blick hat. Das Haus sucht die Öffentlichkeit. Objekt und Ort haben etwas miteinander zu tun. Gerade am Land ist außerdem wichtig, dass die Architektur gegenwärtige Lebensmodelle zulässt.

Offene, flexible Grundrisse mit intelligenter Erschließung bieten Wohnraum für Single bis Familie, erlauben die Nutzung als Atelier, Büro oder Werkstatt und deren Kombination. So kommen Wohnen und Arbeiten, Privates und Öffentliches in harmonisches Zusammenspiel. Der größte Vorteil der Nutzungsoffenheit: Was immer die künftigen Ansprüche sein werden, das Bauwerk wird sich leicht daran anpassen können. Das ist die Fitness, die „nachhaltige“ Dorfhäuser brauchen. Um sterbende Ortskerne am Leben zu halten, braucht es von solchen aber noch viel mehr.

OÖNachrichten, Sa., 2017.09.16



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Haus Windgasse

05. August 2017Tobias Hagleitner
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Die Zukunft am Stadtrand

Stadtentwicklung ist keine Frage von öffentlich oder privat. Gut gemacht muss sie sein – Lernen vom Beispiel Stadtwohnpark.

Stadtentwicklung ist keine Frage von öffentlich oder privat. Gut gemacht muss sie sein – Lernen vom Beispiel Stadtwohnpark.

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Stadtwohnpark Maria Theresia Straße

15. Juli 2017Tobias Hagleitner
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Franz Riepl: „Baut angemessen!“

Architekt Franz Riepl aus Sarleinsbach stört, wie oberösterreichische Kommunen bauen. Auf der Baustelle des Gemeindeamts Wilhering macht er seinem Ärger Luft.

Architekt Franz Riepl aus Sarleinsbach stört, wie oberösterreichische Kommunen bauen. Auf der Baustelle des Gemeindeamts Wilhering macht er seinem Ärger Luft.

OÖNachrichten: Sie haben Amtshäuser der vergangenen Jahre fast lückenlos im ganzen Land dokumentiert. Was beschäftigt Sie so sehr daran, dass Sie sich die Arbeit antun?

Riepl: Mich stört vor allem deren Unangemessenheit. Es interessiert offenbar nicht mehr, was zu einem Ort passt und stimmig ist. Vorbilder von irgendwo werden übernommen, die nichts mit der Region zu tun haben. Da überraschen mich die Gegensätze: Jeder rennt im Trachtenjanker herum und muss bio essen, aber wenn gebaut wird, reicht der letzte Schmarren von der Stange. Ursprünglichkeit und Echtheit sind en vogue – beim Kochen. Beim Bauen interessiert man sich nur für den besten Preis und die einfachste Montage.

Was konkret finden Sie denn am Neubau des Gemeindeamts hier in Wilhering problematisch?

Das alte Amtshaus in Wilhering-Ufer ist ein ganz normales Haus. Ein ordentliches, einfaches Gemeindeamt. Warum braucht es jetzt eine höchst komplizierte Verschränkung einander widersprechender Bauteile in unterschiedlichen Materialien? Zwei zusammengeschusterte Körper, die sich nicht richtig verschneiden! Es gelingt nicht mehr, ein einheitliches Haus zu gestalten.

Sie denken, dass das früher besser gelungen ist. Was war so anders als heute?

Rathäuser aus dem 19. Jahrhundert werden bis heute erhalten und genutzt. Warum? Sie bleiben im Maßstab. Sie waren in ihrer Struktur verwandt mit dem Ort. Früher ist ein Amtshaus integriert worden – wenn nicht in den Ort, dann in die Landschaft, zum Beispiel mit Bäumen. Hier ist nichts als Asphalt vorgesehen. Wir haben ein Gemeindeamt ohne Beziehung zum Ort. Und warum ein Flachbau? Riesige Fladen von Amtshäusern werden gebaut. Das braucht zu viel Grund und ergibt Proportionen, mit denen nicht ortsgerecht gearbeitet werden kann. Ein einfaches Haus wie ein Gemeindeamt käme mit einem viel flächensparsameren Körper aus.

Das Land Oberösterreich zeigt sich aber stolz auf „seine“ Baukultur. Was läuft da schief?

Was Politiker in Sonntagsreden vertreten und was sie fördern, stimmt nicht überein. Es gibt wohl – oft nur halbherzig durchgeführt – einen Wettbewerb, gewissermaßen als Leitbild. Aber dann wird von Bauträgern übernommen. Die wollen nicht Architektur entwickeln, sondern Bauten realisieren, oft ohne Mitwirkung des Architekten, ohne Verständnis. Das ist ein Bruch. Schlimm ist, dass die öffentliche Hand dieses Prozedere vormacht. Sie müsste Vorbild sein.

Und wie könnte das gelingen? Was wäre vorbildhaft aus Ihrer Sicht?

Man darf die Gemeinden nicht alleinlassen. Das Geld wird zwar zur Verfügung gestellt, aber Qualität braucht auch Betreuung. Es braucht Leute in Land und Gemeinden, die sich kümmern, die eine Haltung haben und das einfordern. Das müssen gar nicht immer Fachleute sein. Viele in der Verwaltung wissen zwar, dass die öffentliche Bauentwicklung im Land nicht gut ist. Aber sie halten sich zurück. Widerspruch ist offenbar nicht gewünscht. Es wird viel zu stur nach übergeordneten Leitbildern gearbeitet. Nur weil an einem Ort etwas tauglich ist, muss das nicht überall richtig sein. Da wird zu schemenhaft gedacht und am Ende hat das Gebäude mit der Örtlichkeit und dem tatsächlichen Bedarf einer Gemeinde nichts zu tun.

Sie reden von Unangemessenheit. Was zeichnet denn das Angemessene aus?

Was im Bauen angemessen ist, wird nur über Zahlen beurteilt und nicht über das „Feeling“. Aber Lebensglück gibt es nur übers „Feeling“, über Atmosphären. Das ist entscheidend beim Bauen. Darum denke ich, sollte man etwas vorsichtiger und bedächtiger vorgehen. Und man sollte sich auch erlauben, kritischer darüber nachzudenken.

OÖNachrichten, Sa., 2017.07.15



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Riepl Franz

03. Juli 2017Tobias Hagleitner
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Standardmenü in Holz

Immer höher, immer öfter, immer mehr geht mit Holz. Aber geht auch geförderter Wohnbau? Ja. Wenn alle wollen. Zu sehen am Neubau im Dragonerquartier Wels.

Immer höher, immer öfter, immer mehr geht mit Holz. Aber geht auch geförderter Wohnbau? Ja. Wenn alle wollen. Zu sehen am Neubau im Dragonerquartier Wels.

Im modernen Holzbau überschlagen sich die Superlative. Der beliebte Wettbewerb ums höchste Haus erfährt soeben eine Neuauflage in Holz. Das macht Furore, bringt Investoren Geld und lässt sich gut vermarkten.

Aber einmal beiseite mit der Euphorie: Wie alltagstauglich ist der Holzbau wirklich? Was kostet der Spaß? Und warum Holz, wenn sich Ziegel und Beton bewähren? Das sind Fragen, die Bauträger und Politik umtreiben, wenn der umjubelte Baustoff im geförderten Wohnbau zur Sprache kommt.

Den ersteren geht es – hoffentlich nicht nur – ums Geschäft, den letzteren – hoffentlich nur – um die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung. Den Architekten liegt im besten Fall die gestalterische Qualität der Häuser am Herzen, die Würde und Schönheit des Lebensraums.

Daraus folgen recht unterschiedliche Ideen von einem „guten“ Pilotprojekt in Holz. Dass trotzdem eine Art Konsens möglich ist, lassen Land und Stadt Wels als fördernde wie genehmigende Instanzen, die WAG als Bauherrschaft und die Welser Architekten Luger & Maul im Dragoner-Quartier erkennen.

„Hartnäckig dranbleiben, Bereitschaft zum Gespräch und gegenseitiges Vertrauen“, erklärt Max Luger positiv bilanzierend die günstige Konstellation der Beteiligten. Das gute Klima hat eine Vorgeschichte. Seit die WAG vor knapp 20 Jahren das Areal vom Bund übernommen hat, begleiten Luger & Maul die Entwicklung. Die Kaserne, 1858 für die k. u. k. Dragoner errichtet, mit drei Höfen und insgesamt 300 Metern Länge ein imposantes Baudenkmal, galt es zu beleben, was ab 2006 nach den Plänen der Architekten nach und nach geschah.

Erst entstanden 30 Wohnungen im Westhof, dann wurde betreutes Wohnen eingerichtet, später kamen Gewerbenutzungen hinzu. All das mit Sinn für die Substanz und Blick auf das Gesamte.

Ein spannender Prozess

Mit den zwei Neubauten, dreigeschoßige Holzriegel, die sich im Westen auf beachtliche sechs Etagen stapeln, wurde das Areal nun stadtauswärts gefasst. In ihre Mitte nehmen sie das ehemalige Pferdehospiz, einen kleineren, ebenfalls denkmalgeschützten Ergänzungsbau mit künftig weiteren sieben Wohnungen. Der bislang größte Holz-Wohnbau im Land war ein Pilotprojekt. Planer und ausführender Holzbaubetrieb hatten den Nachweis zu erbringen, dass ein mehrgeschoßiger Holzwohnbau mit hinterlüfteter Fassade mit den eng definierten Förderkriterien des Landes vereinbar sei.

Es brauchte ein Bauwerk, das dem favorisierten Standard-Massivbau mit Kunststofffenstern und Vollwärmeschutz kostenmäßig das Wasser reichen kann. Das wurde geschafft, als Bonus die bekannten Holz-Vorteile dazu: kürzere Bauzeit, bessere Ökobilanz, wohliges Wohngefühl.

Vom Beispiel lernen

Die Kuben in silbergrauer Tannenschalung strahlen solide Harmlosigkeit aus. Es gibt keinen architektonischen Übermut, keinen Firlefanz. Aber es gibt gestalterischen Willen und Ideale außer dem Profit. Das zeigt sich an wohnlichen Grundrissen, überlegten Außenraum-Beziehungen und im Bemühen um stimmige Details.

Pilotprojekte sind zum Lernen da. Was kann also gelernt werden? Wenn künftig mehr geförderter Wohnbau entstehen soll, der nicht nur benutzt, sondern auch langfristig gemocht wird, dann braucht es Verhandlungsbereitschaft wie bei diesem Projekt.

Denn seien es die Ansprüche von Architekten, Auftraggebern oder Behörden – alle haben einen gewissen Ermessensspielraum, können mit pragmatischer Umsicht und wohlwollender Logik Kompromisse finden.

Wer lernen will, muss fragen: Warum sind Allgemeinflächen so knapp bemessen? Muss jedes Detail reglementiert sein? Ist alles überflüssig, was über das Nötigste hinausgeht? Und für wen wird das Geld eigentlich eingespart? Und außerdem: Wie wäre es, im Land einen Standardkatalog der Schönheit als Förderbedingung zu erarbeiten?

OÖNachrichten, Mo., 2017.07.03



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Holzwohnbauten im Dragoner-Quartier

03. Juni 2017Tobias Hagleitner
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Abweisende Typen

Bauten sind Persönlichkeiten. In Summe ergeben sie das Wesen einer Stadt. Achtung, vor zu viel Unfreundlichkeit.

Bauten sind Persönlichkeiten. In Summe ergeben sie das Wesen einer Stadt. Achtung, vor zu viel Unfreundlichkeit.

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11. März 2017Tobias Hagleitner
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Die besten Reparaturen

Daidalos: Eine 30er-Jahre-Villa in Linz, ein Dreiseithof bei Kematen und die ehemaligen Pferdeställe im Steyrer Schloss Lamberg wurden nominiert.

Daidalos: Eine 30er-Jahre-Villa in Linz, ein Dreiseithof bei Kematen und die ehemaligen Pferdeställe im Steyrer Schloss Lamberg wurden nominiert.

Rund 70 Projekte wurden beim oberösterreichischen Architekturpreis Daidalos eingereicht. Eine Mehrheit der Projekte bewarb sich um den Sonderpreis „Gelungene Reparatur“. Eingereicht werden konnten Revitalisierungen, Sanierungen, Ergänzungs- und Erweiterungsbauten.

Die architektonischen Updates sollten Altbestand auf sinnvolle, ökonomisch und ökologisch intelligente Weise erneuern. Das rege Interesse zeigt, wie wichtig die Hinwendung des Bau- und Förderwesens zum Erhalt des vorhandenen Raums wäre.

In Hinblick auf die Klimaziele ist es meist sinnvoller, vorhandene Masse zu optimieren und weiter zu nutzen, statt mit großem Energie- und Rohstoffaufwand neu zu bauen. Die emotionale Komponente kommt hinzu: Alte Häuser, bestehende Straßenzüge, historische Städte werden geliebt. Sie erzählen Geschichte, sind mit Erinnerungen und Erlebnissen verbunden, sie sind ein Teil von uns.

Feingefühl für diese Qualitäten, die es im Neubau so nicht gibt, zeigte sich besonders anhand zahlreicher Höfe, die für Wohnen oder Gewerbe adaptiert wurden, oder bei Gebäuden, die mitten in Dorf und in der Stadt ihren angestammten Platz haben und durch einen Umbau zu neuem Leben erweckt wurden.

Folgende Objekte wurden für den Sonderpreis nominiert:

Ambiente halten: Hoch über Enns- und Steyrfluss prägt Schloss Lamberg das Stadtbild von Steyr. Im Südwesttrakt der Anlage labten sich einst die Pferde an der Tränke. Seit der Sanierung durch Hertl.Architekten finden in den Räumlichkeiten Hochzeiten und Feste statt. In enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt entstanden zwei elegante Speisesäle und eine Bar mit Cateringküche. Sie genügen modernsten Ansprüchen und erhalten doch das barocke Ambiente in der 300 Jahre alten Raumhülle.

OÖNachrichten, Sa., 2017.03.11



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OÖN Daidalos-Architekturpreis 2017

04. März 2017Tobias Hagleitner
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Die besten Freiräume

Architekturpreis Daidalos: Die Jury nominierte ein Kunstprojekt auf dem Eferdinger Stadtplatz, einen Ortsplatz mit Flugdach und eine Lokalbahnstation im Innviertel.

Architekturpreis Daidalos: Die Jury nominierte ein Kunstprojekt auf dem Eferdinger Stadtplatz, einen Ortsplatz mit Flugdach und eine Lokalbahnstation im Innviertel.

Rund 70 Projekte wurden beim oberösterreichischen Architekturpreis Daidalos eingereicht. In der Kategorie „Freundlicher Freiraum“ waren Maßnahmen im Ortskern und Außenraumgestaltungen gefragt, aber auch Bauten, die ein Ensemble oder einen Straßenzug aufwerten und damit zur positiven Entfaltung der Gemeinde beitragen.

Dass sich nur ein Fünftel aller Beiträge um den Preis in dieser Sparte bewarb, unterstreicht ein Problem: Fachlich versierte Freiraumplanung ist zu wenig gefragt. Es fehlen Geld und Engagement, um öffentlichen Raum anspruchsvoll zu gestalten. Die Dominanz des Autoverkehrs tut ein Übriges. Restflächen ohne Qualität bestimmen das Bild in der Stadt und auf dem Land.

Dass durchaus Potenzial vorhanden wäre, zeigte sich bei den Einreichungen. Es gab Beispiele für Freiraumplanung im privaten wie öffentlichen Wohnbau und kommunale Bauten, die interessante Plätze oder Zentren bilden. Vor allem von jüngeren Teilnehmern wurden die sozialen Aspekte im öffentlichen Raum in den Vordergrund gerückt: Landschaft und Stadt gemeinsam gestalten, bearbeiten, verändern – das war das Motto dieser Projekte. Im Folgenden präsentieren wir die drei Nominierten.

Dach als Dorfmitte

Die Innviertler Gemeinde Handenberg liegt auf einem Hügel, der von Kirche und Friedhof markant besetzt ist. Nach einem Abbruch sollte der Ortsplatz neu gestaltet werden. Heidl Architekten und Landschaftsarchitektin Barbara Bacher gewannen den von Bürgerschaft und Gemeinde sorgfältig vorbereiteten Wettbewerb.

Sitzgelegenheiten und die frei auskragende Betonkonstruktion des Flugdachs wurden mit Teich, Friedhof und Nachbarhäusern zu einer attraktiven Ortsmitte arrangiert. Sorgsam konzipierte Weg- und Blickachsen schaffen neue Aufenthaltsqualität. Der Straßenverkehr konnte verlangsamt werden.

Mit dem weit auskragenden Dach, aus einem Guss betoniert, ist eine architektonisch hochwertig gearbeitete Nutz-Skulptur entstanden. Sie schützt 80 Quadratmeter Platzfläche vor Sonne und Regen und dient als Treffpunkt und Begegnungszone. Vorbildlich findet die Jury besonders den transparenten Planungsprozess mit 1:1-Umsetzung des Wettbewerbs.
Haltestelle als Platz

Durch die Verlängerung der Salzburger Lokalbahn erhielt Ostermiething im äußersten Westen Oberösterreichs vor zwei Jahren direkten Anschluss ans Schienennetz. Das bot eine einmalige Chance für den Ausbau der örtlichen Infrastruktur. Architekt Udo Heinrich wusste sie zu nutzen.

Der Bahnsteig, die eigentliche Kernfunktion, ist nur ein Teil des vielschichtig überlegten Gesamtentwurfs, bei dem Details so genau formuliert sind wie die landschaftliche Einbettung, innere Abläufe so sehr wie die äußere Erscheinung. Warteraum, WC, Bäcker-Kiosk, Personal- und Technikraum sind als kleine Hauskuben ausgebildet. Sie tragen die dünne, durchgehende Dachplatte. Dazwischen ergeben sich attraktive Aufenthaltsbereiche.

Eine große Ausnehmung in der Decke lässt eine Platane hindurchwachsen. Sie schützt den „Sommerwarteraum“ darunter. Inmitten der Unordnung aus Gewerbe- und Wohnbebauung bildet der Bahnhof in seiner gestalterischen Präzision einen Ruhepol. Er kann zum Kristallisationspunkt einer vernünftigen städtebaulichen Entwicklung in den wenig definierten Randlagen der Gemeinde werden.

Kunst als Impuls

Das Alltägliche neu entdecken und damit ungewohnte Perspektiven auf die Stadt zu eröffnen, war das Ziel von collective ika, Margit Greinöcker und Architekt Christoph Weidinger. Im Rahmen des Festivals der Regionen in Eferding 2013 holte das Team Versatzstücke aus dem Umland, um ihnen auf dem Stadtplatz eine neue Funktion zu geben. Ein Silo wurde zum Aussichtsturm, ein Stadel zur Bühne, unter dem Folientunnel fanden Bar und Infopunkt des Festivals Platz. Für kurze Zeit wurde der Verkehr zurückgedrängt, ein lebendig genutzter Stadtraum entfaltete sich, es wurde gefeiert und diskutiert.

Die Intervention ermöglichte nach Ansicht der Jury ein Erlebnis von Stadt, wie sie im Idealfall sein könnte. Auf diese Weise lieferte die temporäre Maßnahme Impulse, Materialien und Ideen für die weitere Entwicklung.

Daidalos 2017

Der oberösterreichische Architekturpreis Daidalos wird heuer zum dritten Mal von den OÖNachrichten und ihren Partnern vergeben – in den Kategorien „Mutiges Experiment“ (Bauwerke) und „Freundlicher Freiraum“ (Ortsentwicklung). Sonderpreis: „Gelungene Reparatur“ (Sanierung). Die Gala findet am 23. März in der Tabakfabrik Linz statt. Dann wird man wissen, welche drei Projekte gewonnen haben.

OÖNachrichten, Sa., 2017.03.04



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OÖN Daidalos-Architekturpreis 2017

25. Februar 2017Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Die besten Experimente

Architekturpreis Daidalos: Die Jury nominierte ein strohgedämmtes Haus in den Bäumen, ein Bauwerk ganz aus Holz und ein Industrieareal mitten in der Stadt.

Architekturpreis Daidalos: Die Jury nominierte ein strohgedämmtes Haus in den Bäumen, ein Bauwerk ganz aus Holz und ein Industrieareal mitten in der Stadt.

Rund 70 Projekte wurden beim oberösterreichischen Architekturpreis Daidalos eingereicht. In der Kategorie „Mutiges Experiment“ waren Gebäude gefragt, die wie ein Versuch in der Wissenschaft sind: Bauten, die neue Kenntnisse liefern, eine Theorie oder ein Produkt erproben, Baukultur voranbringen.

Gut ein Viertel der Projekte wollte nach diesen Kriterien beurteilt werden. Das Spektrum reichte von Produktionsbetrieben über Wohn- und Bildungsbauten bis hin zu Shops oder Interventionen im Privatbereich. Der Wunschtraum der Jury, gänzlich neue Ansätze der Planung oder innovative Wohnmodelle kennenzulernen, erfüllte sich nicht.

Bereitschaft zum Experiment und Unerschrockenheit zeigten sich dennoch in raffinierten Konstruktionen, ökologischen Gebäudekonzepten oder in der Konsequenz, mit der architektonische Ideen über Jahre verfolgt und ausgebaut werden.

Nicht jedes der Projekte zeichnete sich durch besonderen „Mut“ im engeren Sinn aus. Gemeinsam ist ihnen aber das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bauherrschaft und Architekt. Das ist Grundbedingung für Architektur. Nur so können gute und manchmal hervorragende Bauten entstehen.

Im Folgenden präsentieren wir die drei Nominierten der Kategorie „Mutiges Experiment“.

Auffällig war die hohe Beteiligung junger Teams, die auf hohem Niveau arbeiten und deshalb auch in allen drei Sparten Nominierungen ergatterten. Eines davon ist das Architekturbüro mia2/ARCHITEKTUR, dessen „Baumhaus“ in Steyr nominiert ist.

Rund 70 Projekte wurden beim oberösterreichischen Architekturpreis Daidalos eingereicht. In der Kategorie „Mutiges Experiment“ waren Gebäude gefragt, die wie ein Versuch in der Wissenschaft sind: Bauten, die neue Kenntnisse liefern, eine Theorie oder ein Produkt erproben, Baukultur voranbringen.

Gut ein Viertel der Projekte wollte nach diesen Kriterien beurteilt werden. Das Spektrum reichte von Produktionsbetrieben über Wohn- und Bildungsbauten bis hin zu Shops oder Interventionen im Privatbereich. Der Wunschtraum der Jury, gänzlich neue Ansätze der Planung oder innovative Wohnmodelle kennenzulernen, erfüllte sich nicht.

Bereitschaft zum Experiment und Unerschrockenheit zeigten sich dennoch in raffinierten Konstruktionen, ökologischen Gebäudekonzepten oder in der Konsequenz, mit der architektonische Ideen über Jahre verfolgt und ausgebaut werden.

Nicht jedes der Projekte zeichnete sich durch besonderen „Mut“ im engeren Sinn aus. Gemeinsam ist ihnen aber das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Bauherrschaft und Architekt. Das ist Grundbedingung für Architektur. Nur so können gute und manchmal hervorragende Bauten entstehen.

Im Folgenden präsentieren wir die drei Nominierten der Kategorie „Mutiges Experiment“.

Auffällig war die hohe Beteiligung junger Teams, die auf hohem Niveau arbeiten und deshalb auch in allen drei Sparten Nominierungen ergatterten. Eines davon ist das Architekturbüro mia2/ARCHITEKTUR, dessen „Baumhaus“ in Steyr nominiert ist.

Das Entwickeln der städtischen Struktur, die Atmosphäre innen wie rundherum, scheinen das gemeinsame Anliegen von Geschäftsführung und Architekten zu sein. Die Backsteingebäude aus dem Jahr 1900 werden überlagert, verbunden und ergänzt von schlichten, hochenergieeffizienten Baukörpern.

Zentrale Wandbereiche und Fassaden sind mit mehr als 300 heimischen Pflanzen in üppiges Grün getaucht. Die gemeinsam mit Patrick Blanc entwickelten vertikalen Gärten gehören zu den ersten in Österreich und schaffen ein natürliches Flair und angenehme Erholungsräume inmitten der Produktions- und Verwaltungsbauten in Wels.

OÖNachrichten, Sa., 2017.02.25



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OÖN Daidalos-Architekturpreis 2017

26. November 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Mehr Freiräume schaffen

Der gemeinsame Raum entscheidet über die Qualität des öffentlichen Lebens.

Der gemeinsame Raum entscheidet über die Qualität des öffentlichen Lebens.

Wenn über Architektur geredet wird, steht meist das einzelne Objekt im Mittelpunkt, das schicke Wohnhaus, der prächtige Kulturbau, der stolze Büroturm. Dabei ist das alles halb so wichtig. Entscheidend ist der räumliche Zusammenhang.

Mit „Freundlicher Freiraum“ hebt der Daidalos deshalb jene unterschätzte und oft vernachlässigte Kategorie des Planens und Bauens hervor, die sich um den Raum dazwischen kümmert. Es geht um Projekte zur Ortskernbelebung, um Platz- oder Parkgestaltungen, die die Entwicklung eines Ortes prägen und zum Besseren verändern.

Wichtig für Groß und Klein

Gefragt sind zudem Gebäude, die interessante Außenräume schaffen, die den Straßenraum angenehmer machen oder attraktive Höfe und Gärten bilden. Mit dem Wörtchen „frei“ ist die wichtigste Qualität bereits auf den Punkt gebracht: Ein freundlicher Frei-Raum ist einer, der zulässt statt verbietet, der ermöglicht statt verhindert, ein Raum, in dem nicht jede Nutzung peinlich definiert und reguliert ist. Freiraum ist dort, wo noch Platz ist für eigene Ideen und kreatives Handeln, für ein bisschen Spaß.

Das Problem: Echte Freiräume sind vom Aussterben bedroht. Die offene Wiese, die Brachfläche, das Waldstück, die leer stehende Fabrik – vor allem Kindern und Jugendlichen fehlen diese Biotope. Gerade so, wie Öko-Nischen für seltene Tiere und Pflanzen auf künstliche Weise möglichst naturnah rekonstruiert werden, müssen die notwendigen Lebensräume für den menschlichen Nachwuchs wiederhergestellt werden. Statt Freiheit gibt es meist nur einen umzäunten Rasen, drei traurige Birken, Schaukel, Rutsche, Sandquadrat. Dabei müsste sympathischer Freiraum als Ausgleich in dichten Wohngebieten selbstverständlich sein.

Der Daidalos will positive Beispiele aus Oberösterreich bekannt machen (im Bild eins aus Vorarlberg: der Jugendplatz „Habedere!“ in Lustenau).

Nicht nur Heranwachsende brauchen guten öffentlichen Raum, um sich wohlzufühlen. Auch die Großen haben ein Recht darauf. Die Plätze einer Stadt, die Parks und Märkte, die Ortskerne der Dörfer sind gesellschaftliche Schnittstellen. Keine Social Media Plattform wird das so schnell ersetzen können. In diesen Räumen sieht man sich und tauscht sich aus, unterschiedliche Gruppen treffen aufeinander, es kommt auch zu Reibung und Konflikten.

Architektur kann und soll das nicht verhindern, aber sie kann dafür sorgen, dass Begegnung überhaupt stattfindet. Sie kann mit freundlicher Atmosphäre zum positiven Lebensgefühl beitragen. Sie kann einem Ort und seinen Bewohnern Aufgeschlossenheit und Freiheit vermitteln.

Belebende Impulse

Ob sich der öffentliche Raum freundlich und frei anfühlt, das liegt nicht zuletzt am Umgang mit dem Verkehr. Dass ein Ort zu neuem Leben erwachen kann, wenn die Autos erst einmal verbannt sind, lässt sich an vielen Beispielen hierzulande und weltweit beobachten (besonders imposant in Seoul, wo eine Stadtautobahn rückgebaut und in einen Park verwandelt wurde).

Umgekehrt gibt es gerade in Oberösterreich das Problem der Verödung von Gemeinden, die durch Umfahrungsstraßen und Fachmarktkorridore vom Handelsstrom abgeschnitten werden und dann mangels Frequenz ihren Kern und ihre historische Bedeutung verlieren. Gerade in diesen Orten und zerstreuten Siedlungen ist der bewusste Umgang mit dem öffentlichen Raum besonders wichtig. Professionelle Gestaltung kann die nötigen Impulse zur Wiederbelebung bringen.

Manchmal fehlen die Mittel, um eine Verbesserung dauerhaft herzustellen. Stattdessen wird mit einer temporären Maßnahme der erwünschte Zustand erprobt. Solche Architekturprojekte auf Zeit können ebenfalls eingereicht werden.

OÖNachrichten, Sa., 2016.11.26



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OÖN Daidalos-Architekturpreis 2017

12. November 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Mehr Mut zum Experiment

Architekturpreis Daidalos: Verantwortung und Risikomanagement gehören zum Bauen. Gute Architektur braucht aber auch ein Quantum Courage.

Architekturpreis Daidalos: Verantwortung und Risikomanagement gehören zum Bauen. Gute Architektur braucht aber auch ein Quantum Courage.

„Experiment“ in der Architektur? Futuristische Formen oder High-Tech-Wohnmaschinen kommen in den Sinn. Die Kategorie „Mutiges Experiment“ beim OÖN-Architekturpreis Daidalos meint mehr: Bauwerke, die so sind wie Experimente der Wissenschaft. Gebäude als Versuchsanordnungen, um neue Kenntnisse zu gewinnen, um eine Theorie oder ein Produkt zu erproben, um die Entwicklung von Kultur und Zivilisation zu beleben.

Wer beim Bauen experimentieren will, wird schief angesehen. Schließlich ist bekannt, wie ein Haus konstruiert werden muss, damit es nicht zusammenbricht. Es gibt Normen und Standards. Es ist erprobt, welcher Grundriss funktioniert und überhaupt, wie alles günstig und vernünftig bleibt. So denken manche. Das wäre nicht ganz falsch, wenn Zeit und Gesellschaft immer dieselben blieben. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Veränderungen gehen flott voran – sozial, ökologisch wie technologisch. Gerade beim Bauen braucht es deshalb gewagte Projekte, die ergründen, welche Lebensräume künftig möglich sind.

Was sind solche Experimente? Denken wir zuerst an die ganz „normalen“ Häuser, an Architektur zum Wohnen. Während sich Lebensformen immer mehr ausdifferenzieren, bleiben die Bauformen in überkommenen Mustern stecken. Die Wirklichkeit wird kaum berücksichtigt.

Es fehlt an attraktiven Ideen zur Verdichtung, an Wohnmodellen, die Gemeinschaft und Rückzug sinnvoll kombinieren, an Konzepten für Durchmischung der Funktionen in der Stadt. All das bräuchte es, um die ressourcenintensive Zersiedelung und die Unkultur des Einfamilienhauses einzudämmen (Beispiel im Bild: Wohnanlage Eppan in Südtirol von feld72).

Es braucht Vorzeigeprojekte

Voraussetzung ist die couragierte Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Fachplanung und Architektur. Das gilt genauso für öffentliche Bauten, für die Arbeitswelt oder Bildungseinrichtungen.

Nur in klugen Experimenten kann erprobt werden, welche architektonischen Konzepte für aktuelle Ansprüche eigentlich geeignet sind. Für einen starken Wirtschaftsstandort wie Oberösterreich sind hier Vorzeigebeispiele besonders wichtig, und es gibt sie zum Glück gelegentlich (Beispiel: Schul- und Kulturzentrum Feldkirchen von fasch&fuchs, einer der Daidalos-Preisträger vor zwei Jahren).

Ungewöhnliche Techniken

Mut zum Experiment ist auch in der Bautechnik gefragt, bei der Arbeit der Ingenieure und Fachplaner. Umweltschonende Energiekonzepte, intelligente Konstruktionsmethoden oder raffinierte Tragwerke können Bauten von herausragender Schönheit hervorbringen und ungeahnte Wege in die Zukunft erschließen. Für die Materialwahl gilt Gleiches. Dank moderner Verarbeitung könnte auf traditionelle umweltverträgliche Baustoffe zurückgegriffen werden.

Häuser aus Stroh sind denkbar (beispielsweise in Vorarlberg von Georg Bechter) oder Industriebauten aus Lehm (z. B. Ricola von Herzog & de Meuron in Laufen). Die Möglichkeiten im Holzbau sind dank steter Innovation längst nicht ausgeschöpft. Im Massivbau mit Ziegel und Beton gibt es spannende neue Systeme, die nur angewandt werden müssten. Die verantwortungslose Praxis, Sondermüll als Dämmung aufzukleben, könnte Geschichte sein. Wichtig ist bei Experimenten, vorab die richtigen Fragen zu stellen. Nur dann ergeben sich erhellende Ergebnisse.

Beim Bauen heißt das, nicht einfach zu bauen, was gewollt wird, sondern zuerst gründlich nachzudenken, was gebraucht wird. Deshalb können das Gütesiegel „Mutiges Experiment“ auch jene Projekte erhalten, denen ein besonderer Planungsprozess voranging, etwa intensive Bürgerbeteiligung, die gemeinsame Planung einer Baugruppe oder andere unkonventionelle Wege, neuen Raum zu entwickeln (mögliches Beispiel der Zukunft: kooperatives Planungsverfahren im Linzer Stadtteil Ebelsberg, derzeit in Vorbereitung).

OÖNachrichten, Sa., 2016.11.12



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OÖN Daidalos-Architekturpreis 2017

24. September 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Ein Holzbau für Insider

Mitten in Alt-Urfahr ist ein mehrgeschoßiges Wohnhaus errichtet worden. Wer es nicht von innen sieht, kommt kaum auf die Idee, dass es aus Holz ist.

Mitten in Alt-Urfahr ist ein mehrgeschoßiges Wohnhaus errichtet worden. Wer es nicht von innen sieht, kommt kaum auf die Idee, dass es aus Holz ist.

Vieles spricht für einen Holzbau mitten in der Stadt. Zum Beispiel die kurze Errichtungszeit mit wenig Schmutz, Verkehrsbehinderung und Lärm. Oder der ökologische Vorteil eines lokal vorhandenen, nachwachsenden Rohstoffs mit regionaler Wertschöpfung in den verarbeitenden Betrieben. Oder die Behaglichkeit des Materials, das bei entsprechendem Einsatz keineswegs volkstümlich oder rustikal wirken muss.

Was sind die Vorbehalte gegen Hölzernes? Brandgefährlich sei es, sagen die einen, und denken dabei an das knisternde Kaminfeuer zu Hause. Dabei ist die Tragfähigkeit von entsprechend dimensioniertem Holz im Brandfall gar nicht schlecht und vor allem genau kalkulierbar, was es gegenüber vielen Baustoffen auszeichnet. Holzkisten seien zu wenig robust und haltbar, meint manch Massivbau-Fan.

Dabei genügt ein Blick aufs Land in alte Dörfer, um zu sehen, dass das Gegenteil der Fall ist. Wir mögen Holz, sagen wieder andere, aber eine Stadt wie Linz sei schließlich gemauert und verputzt, und überlassen das Bauen mit dem Werkstoff aus dem Wald lieber hochalpinen Volksgruppen.

Holz in Linz

Die Linzer Diözese wollte für ein Mietshaus mitten in Linz trotzdem das Wagnis Holz eingehen und fand mit den x architekten ein Gegenüber, das die Herausforderung mit Freude annahm. Das 150 Jahre alte Schülerinnenheim am Bauplatz in der Rosenstraße wurde abgerissen. Die entstandene Lücke sollte mit einem ökologischen Wohnhaus aus Holz ausgefüllt werden. Ein Planungsprozess von ungewöhnlichem Aufwand nahm seinen Lauf.

Kritische Behörden wollten besonders gründlich informiert, engagierte Fachplanungsteams besonders intensiv miteinbezogen werden. Im Gestaltungsbeirat mussten die Bauwerber dreimal vorstellig werden, das Projekt diskutieren und gemäß den besprochenen Vorschlägen umformen. Holz in Linz? Erste Entwürfe, die das Haus auch deutlich danach aussehen ließen, waren dem Gremium jedenfalls zu offensiv.

Tatsächlich ist es keine leichte Frage, „in welchem Style“ ein Viertel wie Alt-Urfahr mit so vielfältiger Bebauung unterschiedlicher Zeiten weitergebaut werden soll. Warum aber Holz falscher sein soll als die aalglatten Platten-, Feinputz- und Glasfassaden, die der traurige Normalfall sind und mindestens genauso wenig mit der „steinernen“ Stadt von vor hundert Jahren zu tun haben, darf ernsthaft hinterfragt werden.

Das Haus, das gestern, Freitag, mit einer Feier offiziell eröffnet wurde, ist ein Kompromiss geworden: ein Holzbau, der nicht danach aussieht, zumindest nicht Richtung Straße. Die Konstruktion aus vorgefertigten Brettschichtwänden und -decken wurde mit Faserzementplatten mausgrau getarnt. Dabei wurde beflissen auf das gründerzeitliche Nachbarhaus geschielt. Die Bänderung der rustizierten Fassade wurde für die Anordnung und Gestaltung der Paneele übertragen.

Eine Pionierleistung

In den Wohnungen selbst zeigt sich der hölzerne Kern. Die Decken und Träger wurden sichtig belassen. Fenster und Böden sind wie die vorgehängten Balkone Richtung Garten ebenfalls aus Holz. Ein Holzhaus mit fünf Geschoßen ist Premiere in Oberösterreich. In einigen Punkten zeigt sich, dass es in der Abwicklung noch an Erfahrung fehlt. Ein Bauwerk aus Holz hat eine andere konstruktive Logik, eine andere Bauphysik und sinnliche Wirkung als etwa ein Skelettbau aus Stahlbeton. Bei künftigen Holzbauten wäre es interessant, diese Eigenarten genauer auszuloten und vor allem auch zu zeigen.

Im Fazit muss aber betont werden, dass mit dem frei finanzierten Projekt 19 Stadt-Wohnungen geschaffen wurden, die eine Lebensqualität und Umweltfreundlichkeit weit über dem Durchschnitt bieten. Das liegt nicht zuletzt an der überlegten Freiraumgestaltung mit Hochbeeten, großer Spielzone und gedecktem Sitzplatz.

OÖNachrichten, Sa., 2016.09.24



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Wohnbau Rosenstraße

06. August 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Handenberg: Ein Dach für ein Dorf

Ortskern erneuern, ist die Kunst zu erkennen, was ein Dorf im Innersten zusammenhält. Das hat mit Objekt und Raum zu tun, noch mehr aber mit Menschen.

Ortskern erneuern, ist die Kunst zu erkennen, was ein Dorf im Innersten zusammenhält. Das hat mit Objekt und Raum zu tun, noch mehr aber mit Menschen.

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25. Juni 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Vom Leben auf dem Lande

In einer Eigentumswohnung zu leben, das ist am Land bislang unüblich, wenn nicht verpönt. Eigen Haus und Grund, das ist der Wunsch. Tausend Quadratmeter...

In einer Eigentumswohnung zu leben, das ist am Land bislang unüblich, wenn nicht verpönt. Eigen Haus und Grund, das ist der Wunsch. Tausend Quadratmeter...

In einer Eigentumswohnung zu leben, das ist am Land bislang unüblich, wenn nicht verpönt. Eigen Haus und Grund, das ist der Wunsch. Tausend Quadratmeter Erdboden für eine Kleinfamilie, deren Halbwertszeit meist kürzer ist als vorgesehen, was meist schon nach wenigen Jahren weiteren Flächenbedarf zum Behausen der neuen Lebensverhältnisse nach sich zieht.

Eine Wohnung wäre in den allermeisten Fällen die bessere Idee. Dass Mehrparteienhäuser in ländlichen Regionen nicht beliebt sind, hat allerdings gute Gründe. Es fehlt schlicht am Angebot. Die seltenen Beispiele sogenannter Wohn-„Anlagen“ wirken in ihrer standardisierten Machart gerade am Land oft gedanken- und lieblos, als unpassende Fremdkörper, die nur von jenen hingenommen werden, die sich anderes nicht leisten können oder wollen.

Alternative Wohnformen

Es ist höchste Zeit, das ländliche Wohnen anders anzugehen. In Desselbrunn, unmittelbar an der Traun unweit des Kraftwerks, ist ein Ensemble entstanden, das eine Idee davon gibt, wie eine zeitgemäße Wohnkultur am Land aussehen kann. Architekt und Projektentwickler Siegfried Meinhart hat einen kleinen Dreiseithof erstanden. Das sehr einfache Gebäude wurde saniert und bietet nun Platz für vier Wohnungen.

Die wohltuende Vielfalt an räumlichen Situationen ergab sich aus dem Bestand wie von selbst. Der Architekt wusste sie zu nutzen und in moderne Grundrisse zu übertragen. So finden sich großzügige Lofträume unter dem Dach, gemütliche Fensternischen in dicken Mauern, es gibt einen praktischen geschützten Innenhof und vor allem rundum direkte Verbindungen in den Garten, dessen vielseitiger Charakter samt Baumbestand erhalten wurde.

Jede der vier Wohnungen vermittelt ein Gefühl der Eigenständigkeit und Häuslichkeit. Trotzdem ist alles platzsparend unter dem vorhandenen Dach vereint.

Im Osten des Grundstücks wurden zwei weitere Gebäude mit je zwei Wohnungen errichtet. Auch hier war das Ziel, den künftigen Eigentümern ein Wohnerlebnis anzubieten, das puncto Individualität und Unabhängigkeit dem konventionellen Eigenheim in nichts nachsteht.

Erreicht wurde das durch geschickte Positionierung und Ausrichtung des Doppelhauses. Gemeinsam mit dem Bestand ergibt sich eine angenehm vertrauliche Nachbarschaft, die mit gekonnt abgeschirmten Terrassen und Loggien zugleich ein hohes Maß an Intimität für innen wie außen bietet.

Bewusst günstig bauen

Wer Wohnraum errichtet, um damit Geld zu verdienen, muss scharf kalkulieren und ökonomisch bauen. Das gilt für kleine private Bauträger so sehr wie für die gemeinnützigen. Das „Wie“ ist entscheidend und die eigentliche Kompetenz der Architektur.

Das Projekt am Traunfall kommt mit äußerst einfacher Materialität und rationeller Bauweise aus. In keinem Punkt wurde aber auf bewusste Gestaltung verzichtet. Beispiele: Eine Standard-Türzarge aus Metall kann schön sein, so lange sie an der richtigen Stelle sitzt und hochwertige Beschläge verwendet werden. Eine Betontreppe ist nicht kalt und grau, wenn die Oberfläche behutsam behandelt wird. Wenn schon Vollwärmeschutzfassade, dann muss sie nicht mit Kunstharz totverputzt werden, es kann fast ums gleiche Geld auch ein lebendig strukturierter mineralischer Streichputz sein. Und so weiter.

Es sind Details, die in Summe einen immensen Unterschied machen. Mit architektonischer Achtsamkeit und Rücksicht auf Bestehendes ließe sich das Wohnen im Wohnbau weniger gleichförmig gestalten, ließe sich der Traum vom Eigenheim in Alleinlage nach und nach zurückzudrängen.

Ein Projekt wie dieses ist als kultureller Brückenbau zu verstehen zwischen der in den vergangenen Jahrzehnten so beliebten Wohnform Einfamilienhaus und den dichteren Bebauungen, die ab jetzt notwendig sind, um der zerstörerischen Zersiedlung der Landschaft endlich Einhalt zu gebieten.

OÖNachrichten, Sa., 2016.06.25

28. Mai 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Holzwürfel im Siedlungsteppich

Kubisch, flächig und komplett aus Holz. Ein einfaches Prinzip, das nur bei konsequenter Planung und sorgsamer Umsetzung Schönheit entfaltet.

Kubisch, flächig und komplett aus Holz. Ein einfaches Prinzip, das nur bei konsequenter Planung und sorgsamer Umsetzung Schönheit entfaltet.

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23. April 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Eine Stadt ist mehr als Shopping

Das Logo der Weberzeile in Ried im Innkreis zeigt eine Silhouette kleiner Häuser. Ein Städtchen in der Stadt, das will dieses Einkaufszentrum sein. Gelingt das?

Das Logo der Weberzeile in Ried im Innkreis zeigt eine Silhouette kleiner Häuser. Ein Städtchen in der Stadt, das will dieses Einkaufszentrum sein. Gelingt das?

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26. März 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Heimvorteil statt grüner Wiese

Ein Betrieb läuft gut, die Struktur des Bestands behindert aber die Entwicklung. Was tun? Der Installateur Thumfarth in Grünbach bei Freistadt hat Architekten konsultiert.

Ein Betrieb läuft gut, die Struktur des Bestands behindert aber die Entwicklung. Was tun? Der Installateur Thumfarth in Grünbach bei Freistadt hat Architekten konsultiert.

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12. März 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Frauen in Architektur

„Ja, ich wünsche mir mehr Architektinnen, mehr weibliche Architektur!“, schreibt die Architektin Anna Heringer am vergangenen Dienstag, Weltfrauentag, ins digitale Stammbuch.

„Ja, ich wünsche mir mehr Architektinnen, mehr weibliche Architektur!“, schreibt die Architektin Anna Heringer am vergangenen Dienstag, Weltfrauentag, ins digitale Stammbuch.

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27. Februar 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Pregarten: Voneinander lernen

Wie die Gesellschaft sein soll, so muss Schule gebaut werden – freundlich, offen und demokratisch. Das braucht die engagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Wie die Gesellschaft sein soll, so muss Schule gebaut werden – freundlich, offen und demokratisch. Das braucht die engagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten.

Architekt Christoph Karl und Bürgermeister Anton Scheuwimmer führen durch das Bildungszentrum in Pregarten. Eigentlich sind es fünf Hausteile, die entlang der Mittelerschließung wie an einer Kette aufgefädelt sind, abwechselnd nach Ost und West ins Gelände greifend. Komplett neu sind die drei nördlichen „Kettenglieder“ für Polytechnikum und Neue Mittelschule mitsamt Schulküche und Sonderräumen. Der Bestand der alten Schule, Werkstätten- und Sportbereich mit Schwimmhalle wurden umgebaut und in die Gesamtstruktur integriert.

Stadtbibliothek und Volkshochschule wurden außerdem ins Haus geholt. Die Funktionen sind für die außerschulische Öffentlichkeit gut zugänglich. Das Konzept der Öffnung entspricht dem Anspruch, mehr zu sein als Schule – es ist ein „Bildungszentrum“ für die kleine Stadt. Eine besondere Errungenschaft ist in diesem Sinn die Vereinigung von Poly und Mittelschule unter einem Dach. Das bringt praktische Nutzungsüberschneidungen und ermöglicht schulübergreifende Kooperation und Projekte mit positiver Außenwirkung. Wie ist es gelungen, so viel Unterschiedliches in ein Ganzes zu fassen? Durch viele Diskussionen, Gespräche und Überzeugungsarbeit, wie Bürgermeister und Architekt zu berichten wissen.

Schule als Marktplatz

Das braucht Zeit, erfordert die Bereitschaft, sich mit verschiedenen Ideen und neuartigen Lösungen auseinanderzusetzen. Die Architektur ist gerade nach denselben Prinzipien entstanden, wie moderne Schulbildung funktionieren soll: Wissen wird nicht mehr nur im Frontalunterricht von „oben nach unten“ vermittelt, sondern die Kinder lernen auch durch den Austausch untereinander, sollen sich mit ihren Interessen und Fähigkeiten aktiv in den Bildungsprozess einbringen. Das braucht Raum für Gespräch und Begegnung, Architektur, in der sich Forschungsgeist und Neugier entfalten können.

Das schaffen die sogenannten Cluster. Die insgesamt 24 Klassen sind um offene Gemeinschaftsflächen angelegt, wie Häuser um einen Marktplatz. So ergibt sich Freiraum zum Lernen, für Gruppenarbeit und Recherche, der auch als Konferenzraum oder für kleine Veranstaltungen dient. Mit Atrien oder Terrasse in der Mitte haben die fünf Cluster zusätzlich eine attraktive Erweiterung nach draußen. Ganz in Lärche gekleidet dient das zur Belichtung, als Pausenhof oder für den Unterricht im Freien und sorgt für Transparenz und lockere Atmosphäre.

Es geschieht nicht aus Höflichkeit, dass Architekt und Bürgermeister während ihrer Erläuterungen immer wieder die Leistung ihres Gegenübers und aller anderen Beteiligten hervorheben. Es ist sichtbar, dass hier kooperativ und mit Respekt füreinander am bestmöglichen Ergebnis gearbeitet wurde.

Am Beispiel lernen

Das betrifft nicht nur Architektenteam und Stadtgemeinde, sondern bei der Vielfalt des Projekts eine Menge unterschiedlicher Akteure, die im Entstehungsprozess involviert waren: die Beamten des Landes mit Kostenzielen und rechtlichen Rahmenbedingungen, Lehrpersonal, Schulkinder und Eltern mit pädagogischen Wünschen, die Gemeinde mit Vorstellungen für die soziale und lebensräumliche Entwicklung des Ortes, die Verantwortlichen für die Planung und Umsetzung, die all die Anliegen in ein ästhetisch, technisch wie ökonomisch erfreuliches Bauwerk zu verwandeln hatten.

Wer um 1850 Euro pro Quadratmeter Schulraum baut, der nicht komplett danebengeht, hat schon ein kleines Wunder vollbracht. Wenn es wie hier gelingt, um diese Kostenvorgabe des Landes einen außerordentlichen Schulbau zu entwickeln, verdient wirklich Anerkennung und darf als Vorbild angesehen werden. Dort und da hat der enge Finanzrahmen Kompromisse nötig gemacht. Viel davon wurde von den Architekten abgefedert.

Sie brachten mit dem Statiker ein industrielles Bausystem zur Anwendung, das eine besonders rationelle Konstruktion erlaubte, oder entwarfen eigens leistbare Möbel. Es ist ihnen gelungen, die erzwungene Einfachheit zum Stil zu machen. Am ehesten anzusehen ist der Sparstift dem Außenraum, der im Wesentlichen aus viel Asphalt und etwas Rasen besteht.

OÖNachrichten, Sa., 2016.02.27



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Bildungszentrum Pregarten

13. Februar 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Hüttengaudi, Heimatporno

Volkstümelei ist nicht nur in Musik und Politik beliebt, auch beim Bauen steht sie hoch im Kurs. Vor allem in den gebirgigen Lagen, an Loipe oder Piste, wird architektonisch gejodelt, dass sich die Altholzbalken biegen.

Volkstümelei ist nicht nur in Musik und Politik beliebt, auch beim Bauen steht sie hoch im Kurs. Vor allem in den gebirgigen Lagen, an Loipe oder Piste, wird architektonisch gejodelt, dass sich die Altholzbalken biegen.

Ein Schlagerstar braucht stramme Wadln, die Almhütte gedrechselte Tischhaxn. Ein zünftiges Ap­rès-Ski ist ohne rot-weiß-rot karierte Fensterwäsche eigentlich kaum vorstellbar. Kommt die Stimmung trotzdem nicht in Fahrt? Eine Hand voll Altholzbretter aufgeklebt, ein paar zusätzliche Fenstersprossen dort und da, das hat immer noch geholfen.

Die typische Alm-Architektur ist ein Gebastel mit Reliquien aus einer phantasierten Vergangenheit, aus dem Zeitalter der Urgemütlichkeit, das es niemals gab. Ein bisschen Heuschober, ein bisschen Tirol, ein bisschen Jäger, Förster und Bauer, und fertig ist die liabste Hütt’n. Die Wände sind dekoriert mit traurigen Dingen, die irgendwann etwas waren aber schon lang nichts mehr sind. Hölzerne Mistgabeln und Wagenräder hängen von chromblitzenden Lüftungsrohren.

Wer vorhandene Bilder kopiert, spart sich das selbstständige Denken und Gestalten. Warum nicht, wenn es doch so gemütlich ist? Die Frage ist, wie lange das Klischee noch trägt. Es ist wie mit dem Schnee: wenn der natürliche weniger wird, kann zwar der künstliche nachgeschossen werden, aber richtig glücklich macht das auf die Dauer nicht. Die Nutzung der Alpen ist längst nicht mehr urig, sondern hochmodern. Seilbahnen und Lifte schaffen Hochfrequenzbetrieb, städtische Verhältnisse herrschen bis weit über die Baumgrenze.

Wäre es nicht schön, Architektur in die Berge zu bringen, die sich dementsprechend zeitgemäß verhält? Wäre es nicht toll, die tatsächlich vorhandene Landschaft zu inszenieren, statt sich mit Phantasiekulissen im Kopf in miefige Holzbuden zurückzuziehen? Die Alpen bräuchten dringend mehr Architektur, die den Blick frei macht für das, was ist. Weniger Fenstersprossen und Karovorhang, mehr Öffnung und Weite. Auf Inspirationen aus der „guten alten Zeit“ müsste nicht verzichtet werden. Die gerade für das Bauen in Gebirsregionen seit jeher typische Ökonomie der Mittel könnte Vorbild sein oder das Gespür der Ahnen für die geeignete Platzierung im Gelände.

OÖNachrichten, Sa., 2016.02.13

30. Januar 2016Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Einfamilienhaus war einmal

Neuhofen: Qualitäten erkennen, erhalten und attraktiv nachverdichten - das wäre ein wirksames Gegengift zum Ideal vom Eigenheim. Im Kremstal steht ein Beispiel.

Neuhofen: Qualitäten erkennen, erhalten und attraktiv nachverdichten - das wäre ein wirksames Gegengift zum Ideal vom Eigenheim. Im Kremstal steht ein Beispiel.

Noch immer wird vom Häuschen im Grünen geträumt, wird es öffentlich beworben und gefördert, obwohl es durch Flächenfraß und Zersiedelung längst zur Bedrohung für die heimische Landschaft geworden ist. Wer allerdings wünscht sich nicht ein Leben mit Naturbezug, mit etwas Grün rundum, mit Individualität und Charakter? Das sind legitime Erwartungen an gutes Wohnen, die viele teilen. Dass das Einfamilienhaus allerdings die einzige Bauform wäre, die das leisten kann, ist ein schreckliches Missverständnis, das in Oberösterreich vor allem am Mangel an geglückten und zugleich leistbaren Alternativen im Bereich Wohnungsbau liegt.

Ensemble statt Solist

Architekt Reinhard Platzl hat in Neuhofen ein Wohnprojekt umgesetzt, das die Idee vom ländlichen Dasein mit städtischer Klarheit und reduziertem Raumverbrauch verbindet. Der Bestand, ein sechzig Jahre altes Wohnhaus, wurde saniert und bildet nun mit dem Neubau auf der Nordseite des Grundstücks ein Ensemble um den gemeinsamen Garten.

Das Alt-Haus wurde in der Struktur kaum verändert, lediglich die äußere Erscheinung wurde minimalistisch reduziert. Das marode Dach kam weg, der ehemalige Balkon war als Wärmebrücke stets Ursache für Schimmelbildung und wurde abgeschnitten. Weißer Kalkputz unterstreicht die Aufgeräumtheit, ohne steril zu wirken. Ein stehender Betonwinkel ergänzt das Haus im Osten um ein Stiegenhaus. So ist die getrennte Erschließung und Vermietung der Etagen möglich.

Der Neubau ist wie der Bestand zweigeschoßig: „Hier im Kerngebiet wäre sicher mehr Höhe möglich gewesen, aber ich wollte das auf die umgebende Bebauung abstimmen“, erklärt Platzl. Die Organisation in zwei getrennten, zueinander leicht versetzten Baukörpern ist von derselben Überlegung angeleitet. So wird die kleinteilige Struktur der Nachbarschaft stimmig fortgesetzt. Das offene Stiegenhaus fasst je zwei und zwei Wohneinheiten mit Leichtigkeit in ein zusammenhängendes Ganzes, ohne dem Garten die nachbarschaftlichen Sichtbeziehungen und damit die wohnliche Leichtigkeit zu nehmen. Eine Besonderheit in diesen Breiten ist das Fassadenmaterial: Obwohl es wie beim Kalkputz lokale Traditionen und Vorbilder gäbe, wird blanker Backstein selten hergezeigt. Beim Projekt „BR14“ gibt es das. Auch wenn es nur eine aufgeklebte Haut aus dünnen Klinkerriemchen ist – für einen gedämmten Ziegelmassivbau ist das mindestens so folgerichtig wie der leblose Kunstharzputz, der im Normalfall aufgekleistert wird. Klinker altert hingegen in Würde, gibt Tiefe und Lebendigkeit. Im Zusammenspiel mit der homogen weißen Fassade gegenüber macht das einen feinen Kontrast, unterstreicht das natürliche Ambiente in dem Garten mit alten Bäumen.

Halb dörflich, halb urban

Neuhofen hat alle Voraussetzungen für einen beliebten Wohnstandort, der weiter wachsen kann. Es liegt gut angebunden mitten im Zentralraum, bietet zugleich Freiraumqualitäten einer ländlichen Gemeinde.

Das private Investitionsobjekt des Architekten kann für künftige Bauvorhaben hier und anderswo in mancher Hinsicht Vorbild sein: Durch Schließen von Lücken nachverdichten und damit den Ortskern stärken, durch passende Dimensionierung und sensiblen Umgang mit dem Vorhandenen Durchlässigkeit und Natürlichkeit bieten.

Für Reinhard Platzl, der aus der Nachbargemeinde stammt, war das Projekt auf dem Grundstück seines Großvaters eins der ersten in Oberösterreich. Bis 2012 war er sieben Jahre lang in China, arbeitete als Projekt- bzw. Geschäftsleiter für namhafte Büros wie Coop Himmelb(l)au oder Baumschlager Eberle. In seinem Atelier im ersten Stock des renovierten Bestandshauses hängen Bilder von Großprojekten in Shenzhen und Beijing. Die Erfahrungen im boomenden Land der Morgenröte prägen die Sichtweise des Architekten: „In Oberösterreich gibt es noch viel Potenzial“, meint Platzl, „es wird viel gebaut, aber die Qualität leidet, weil das Bewusstsein für Architektur noch weitgehend fehlt.“

OÖNachrichten, Sa., 2016.01.30

24. Dezember 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Ist ein Dach über dem Kopf genug?

In der Flüchtlingskrise fehlen gute Ideen für nachhaltig konzipierten, günstigen Wohnraum.

In der Flüchtlingskrise fehlen gute Ideen für nachhaltig konzipierten, günstigen Wohnraum.

Ob Willkommens-, Duldungs- oder Restriktionshaltung gegenüber Schutzsuchenden – langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass es mit temporärer „Unterbringung“ nicht getan ist. Es braucht längerfristige Wohnformen, richtige Lebensräume statt Containerverwahrung, wenn die humanitäre Herausforderung nicht zur tatsächlichen sozialen Krise werden soll. Hilfsorganisationen suchen nach Alternativen zu Lagerhallen und Blechkisten.

Für gründliche Konzeption und Planung fehlt allerdings bisher die Zeit. Es wird ausprobiert, neue Formen entwickeln sich in der Praxis. Eines dieser Pilotprojekte hat das Rote Kreuz Urfahr-Umgebung in Bad Leonfelden umgesetzt. Ein Areal neben der Ortsstelle wurde von einem benachbarten Betrieb günstig verpachtet, das Gelände von der Straßenmeisterei vorbereitet. Mit einem international tätigen Systemhaus-Hersteller aus Ried wurde eine Mischkonstruktion aus Holztragwerk und Panelbau entwickelt. Einige Punktfundamente tragen dabei die Holzstützen, auf denen die Balken des flachen Satteldachs ruhen. Die Wände bestehen aus ausgeschäumten Blech-Sandwich-Elementen.

„Für uns ist die Bauweise von Vorteil“, erläutert Bezirksstellenleiter Gerald Roth die Leichtbau-Methode. Wenn die Situation wieder abebbe, könnten die Häuser in Einzelteile zerlegt und für künftige Notfälle eingelagert werden. Das Argument ist nachvollziehbar. Ob jemals Ebbe eintritt, ist aber fraglich. Denn es gibt ohnehin Bedarf an günstigem Wohnraum, nicht nur in Akutsituationen, nicht nur für Flüchtlinge. Ob die Mehrzahl nun bleibt oder geht, die aktuelle Nachfrage wäre eine Chance, die Vorteile der seriellen, vorgefertigten Bauweise mit Langlebigkeit, Ökologie und ansprechender Gestaltung zu verbinden.

Interessante Holzelementbauten oder raffinierte Massivbausysteme könnten entwickelt werden, im besten Fall kombiniert mit Vorschlägen zur Erweiterung und verbesserten Ausnutzung bestehender Siedlungstrukturen: Flachbauten könnten etwa nach oben wachsen, Baulücken ausgefüllt werden.

Besichtigung vor Ort

Die 39. Baubesprechung des afo architekturforum oberösterreich führt am Freitag, 12. Februar zu den temporären Bauten in Bad Leonfelden. Treffpunkt 13.15 Uhr (afo architekturforum oberösterreich). Anmeldung erbeten: office@afo.at

Bauen für Menschen

Was in Bad Leonfelden gelungen ist, soll indessen nicht kleingeredet werden. Es wurde versucht, aus einer dringlichen Lage das Bestmögliche zu machen. Nicht nur bauliche Aspekte wurden bedacht. Der Anspruch war, einen Ort zu schaffen, der auch „sozial funktioniert“, wie Roth meint. In anderen Worten: Menschen als Menschen behausen. Das heißt, Raum für den persönlichen Rückzug zu bieten, der in einer krisenhaften Lebenssituation besonders dringend gebraucht wird. Es bedeutet zugleich, Gemeinschaft zu ermöglichen, dass die Bewohner sich treffen, einander erzählen und zuhören können.

Beides gelang durch die einfache, aber durchdachte Kreuzstruktur der Hausgrundrisse. Pro Gebäude kommen auf 170 Quadratmeter vier Familien unter. Die Privaträume von je 20 Quadratmetern sind in den Ecken angeordnet. Die Mittelerschließung mit Haupteingang wurde nicht als Flur ausgeführt, sondern ergibt mit vier Metern Breite einen passablen Gemeinschaftsraum im Zentrum. Daran schließt auf der einen Seite eine offene Küche an, auf der anderen liegen zwei Sanitärzellen.

Die Satteldachform ermöglicht gegenüber Containerbauten eine angenehme Raumhöhe, das Holz der Dachträger schafft etwas Behaglichkeit. Bei der Anordnung der Häuser wurde darauf geachtet, dass ein nachbarschaftliches Ensemble mit gemeinsamem Vorplatz entsteht. Im Südwesten wurde Humus aufgeschüttet, um im Sommer etwas Gartenbau zu ermöglichen.
Zeit für die Herbergsuche

Vorerst ist Winter. Gerald Roth hofft, dass die vier Zentimeter starken Wände die Kälte halbwegs draußen halten und die Heizkosten nicht allzu hoch sein werden. Es ist nicht nur die kälteste, es ist bekanntlich auch die stillste Zeit des Jahrs.

Das gilt auch für die Fluchtbewegungen, Neuankünfte nehmen ab. Das gibt Zeit – Zeit zum Nachdenken, zum Planen und Berechnen, ob nachhaltig gebaute, feste Wohnformen nicht für alle attraktiver und auf lange Sicht auch günstiger wären.

OÖNachrichten, Do., 2015.12.24

28. November 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Forschen, bauen und bewohnen

Bauen ist eine komplexe Angelegenheit. Verständlich, dass Bewährtes und Erprobtes wiederholt wird. Umso erfrischender, dass es zwischendurch auch Neues gibt.

Bauen ist eine komplexe Angelegenheit. Verständlich, dass Bewährtes und Erprobtes wiederholt wird. Umso erfrischender, dass es zwischendurch auch Neues gibt.

Vor einigen Jahrzehnten trugen Architekten, die etwas auf sich hielten, bei der Arbeit weiße Kittel wie Wissenschafter im Labor. Das Selbstbild der Zunft und der Dresscode haben sich geändert. Außerhalb der Unis – und selbst dort immer seltener – definiert sich die Architektur kaum mehr als forschende Disziplin. Das Verständnis als Dienstleistung setzt sich immer mehr durch. Bei feststehenden Ressourcen muss für eine bestimmte Aufgabe möglichst pragmatisch und halbwegs hübsch die passende Lösung gefunden werden. Technisch-gestalterische Innovation wird hingegen weitgehend dem „Markt“ und seinen Moden überlassen, der Baustoffindustrie, den Geräteherstellern und Normungsinstituten.

Michael Shamiyeh trägt zwar keinen Kittel, mit den Erfinder-Architekten früherer Zeiten teilt er aber die Neugier und Begeisterung für die grundsätzlichen Fragen des Bauens und Gestaltens. Als Forscher beschäftigt er sich mit Design in einem sehr weit gefassten Sinn. Aus der Perspektive der Architektur betrachtet er die Organisation kreativer Prozesse in verschiedensten Bereichen. Gebaute Objekte sind eher die Ausnahme in der Arbeit Shamiyehs, dann aber sind es aufgrund ihrer durchdachten Konzeption besonders interessante Beiträge zum Baugeschehen.

Das jüngste Projekt entstand für den Eigenbedarf, ein Wohnhaus für sich und seine Familie in einer Gartensiedlung der 1950er-Jahre in Linz-Urfahr. Es passt kaum in eine herkömmliche Kategorie. Es ist ein ökologisches Haus, hat aber nichts von der oft zwänglerischen Hermetik der Passivhaus-Kisten. Es ist durch und durch aus Holz, hat aber mit klassischem Holzbau wenig zu tun. Es ist auf den ersten Blick ein normales Einfamilienhaus, innen überrascht es allerdings mit einer Räumlichkeit, die nur entfernt an bekannte Wohnformen erinnert.

Schatulle im Kästchen

Geschoße, Wände, Decken im üblichen Sinn gibt es nicht. Das Gebäude besteht aus stehenden Kanthölzern von bis zu 13 Metern Länge, die dicht an dicht aneinandergefügt die konstruktive Grundmasse bilden. Das ist einerseits die äußere Hülle, die als klassischer Satteldachtyp exakt behördlichen Vorgaben folgt, das ist andererseits die innere Konstruktion, wo die vertikal geschichteten Hölzer einen Raum im Raum ergeben, der sich vom Foyer im Erdgeschoß vieleckig und vielgestaltig bis hinauf ins Dach windet.

Stellen Sie sich eine Schatulle vor, die quer in einem Kästchen steckt. In der Schatulle sind die Haupträume zum gemeinsamen Wohnen untergebracht. Wo die Schatulle an Außenwände und Decke des Kästchens stößt, ergeben sich große Fensteröffnungen, um Licht hereinzubringen und Blicke ins umgebende Grün des Gartens zu ermöglichen. In den Hohlräumen zwischen Schatulle und Kästchen finden sich die dienenden Funktionen wie Küche oder Bad und die Schlafzimmer. Hier gibt es nur kleine Öffnungen nach draußen, um die Räume möglichst privat und intim zu halten.

Konsequent bis ins Detail

Die Grundidee eines monolithischen Körpers aus Stäben, aus dem der Raum „herausgeschnitten“ wurde, ist deutlich nachvollziehbar. Die Stirnflächen der Kanthölzer zeigen sich an Böden und Decken. Bis ins kleinste Eck wird die feinteilige Rasterung durchgezogen. In der aus fünf unterschiedlichen Winkeln konstruierten Geometrie ist kein Zuschnitt wie der andere, kaum ein Bauteil Standard – eine planerisch wie handwerklich enorme Leistung.

Vieles zeugt vom forschenden Zugang des Architekten. Das gilt für den Holzverband, der ganz ohne Leim, nur mit horizontalen Gratleisten bewerkstelligt wurde und ohne isolierende Schicht und Synthetik auskommt. Das gilt für die Beleuchtung, die nachts dank versteckter LED-Technik ebenso wie am Tag durch die Oberlichtöffnungen fällt.

Ein weiteres von vielen Beispielen ist das rinnenlose Dach aus Keramikplatten, deren Maß exakt auf das Raster der Kanthölzer berechnet wurde, sodass sich verschnittfreie Übergänge ergeben.

OÖNachrichten, Sa., 2015.11.28

21. November 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Die perfekte Bank

„Komm, setz dich her, leg dich hin, bleib ein bisschen“, sagt die gute, die einladende Bank. Bänke, die das nicht tun, sind eine Themenverfehlung. Leider gibt es davon viel zu viele.

„Komm, setz dich her, leg dich hin, bleib ein bisschen“, sagt die gute, die einladende Bank. Bänke, die das nicht tun, sind eine Themenverfehlung. Leider gibt es davon viel zu viele.

Im Park, vor dem Haus, an der Haltestelle oder auf dem Ortsplatz – Bänke vermitteln Wohnlichkeit im öffentlichen Raum. Sie sind sozialer als der Sessel, bieten mehreren Personen einen gemeinsamen Platz. Sie sind ein Ort, um ins Gespräch zu kommen, um Aussicht zu genießen, eine städtische Szenerie zu beobachten, gut für ein Picknick, zum Rauchen oder Schmusen. Im Idealfall haben sie eine Länge, die auch Liegenden eine angenehme Ruhefläche bietet. Armlehnen, die die Bank in Einzelsitze zerteilen, sind ein ungemütlicher Unfug. Sie sind eine witzlose Verballhornung der Grundidee einer Bank.

Die Form entscheidet über den Komfort einer Bank. Die Lehne braucht ein bisschen Schwung wie die Wirbelsäule, sollte nicht zu niedrig sein. Auch die Fläche zum Sitzen muss nicht flach sein wie eine Ablage. Leichte Rundung kommt der Körperform entgegen. In der kälteren Jahreszeit sollte die Bank den Allerwertesten nicht zu viel Wärme entziehen, was stark für Holz als Material für die Sitzfläche spricht. Ein Problem ist Nässe. Laub bleibt kleben, die Feuchtigkeit hält sich dauerhaft. Unerschrockene Bank-Menschen setzen sich dann auf die Rückenlehne und nutzen die Sitzfläche als Fußablage, was dort unliebsame Schmutzlachen hinterlässt. Die perfekte Bank ist deshalb die gepflegte Bank, eine Bank, um die sich jemand kümmert, von der Laub weggeräumt wird, die hin und wieder abgewischt, auch mal nachgeschliffen und neu lackiert wird.

Wer sich die Arbeit und die damit verbundenen Kosten für die perfekte Bank sparen will, investiert in eine wartungsarme Bank. Städte und Gemeinden machen das gern. Solche Bänke bestehen zum Beispiel aus Lochblechen auf Stahlträgern. Wer im Sommer in leichten Leinenhosen auf diesen Bänken gemütlich ein Eis essen möchte, muss sich festhalten, um auf der glatten Fläche nicht abzurutschen. Im ohnehin risikoreichen Winter (entsprechende Warntafeln und Absperrungen an städtischen Steigen erinnern daran) besteht die Gefahr, mitsamt Glühweinbecher in der Hand an den blitzenden Chrommöbeln festzufrieren.

Richtig perfekt wird die Bank erst durch das Umfeld. Sie braucht Sonne im Winter und Schatten im Sommer. Nur ein ordentlicher Laubbaum in der Nähe schafft das. Sie braucht eine gute Aussicht, eine ansehnliche Landschaft rundherum, einen attraktiven Spielplatz davor oder einen geschäftigen Markt. Die perfekte Bank braucht das Gefühl von Sicherheit im Rücken und ein bisschen Abstand zu Geh- und Fahrwegen, dass sich wirkliche Erholung einstellt. Manchmal sind Bänke auf Finanzierung aus der Privatwirtschaft angewiesen. Vor allem in ländlichen Gemeinden sponsern oft Banken die Bänke. Eine Hinweistafel mit Logo gibt das bekannt. Hier gilt: Je dezenter, je lieber.

OÖNachrichten, Sa., 2015.11.21

16. November 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Grüße aus Wien: Ich mag das!

Magdas Hotel hat keinen Stern. Hier wird nicht klassifiziert, sondern gemeinsam gestaltet und gelebt. Vielfalt, Menschlichkeit und eine Menge richtig gutes Design sind der Luxus dieser Adresse nah am grünen Prater.

Magdas Hotel hat keinen Stern. Hier wird nicht klassifiziert, sondern gemeinsam gestaltet und gelebt. Vielfalt, Menschlichkeit und eine Menge richtig gutes Design sind der Luxus dieser Adresse nah am grünen Prater.

Früher war das Gebäude aus den 1960er Jahren ein Altersheim. Mit viel Engagement und Kreativität, durch Crowdfunding und Materialsponsoring wurde es vergangenen Winter in ein Hotel verwandelt. Als „social business“ der Caritas ist es ein ganz besonderer Betrieb: Etwa zwei Drittel der Angestellten sind Menschen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus, subsidiär Schutzberechtigte oder jugendliche Asylwerber, die eine Lehre machen dürfen. Neben „normalen“ Hotelgästen finden hier auch unbegleitete Minderjährige auf der Flucht eine Unterkunft.

Ein ungewöhnliches Betriebskonzept bedeutet ungewöhnliche Herausforderung für die Architektur. Das Wiener Büro AllesWirdGut hat weit mehr als eine bloße Gebäudesanierung umgesetzt. Neben der planerischen und bautechnischen Kompetenz lag es in der Verantwortung der Architektinnen, den vielschichtigen Entstehungsprozess gestalterisch zusammenzuhalten. Verschiedene Bedürfnisse und Inhalte mussten verknüpft, zahlreiche helfende Hände und Ideen koordiniert werden. Bestehendes Mobiliar und geschenkte Materialien wurden katalogisiert, neu zusammengestellt und in gebrauchsfähiges und schickes Interieur verwandelt. Mit wenig Geld ist ein Maximum an Komfort und Atmosphäre entstanden, eine ganz eigene Interpretation von Schick und Stil.

Der Begriff der Gastfreundschaft wird im magdas nicht exklusiv verstanden, sondern schließt alle ein, die hier verweilen. Die Architektur spiegelt diese Haltung wider. Sei es in der offenen Gestaltung des Loungebereichs als Salon für alle, sei es das großartig arrangierte Interieur. Verschiedenste Objekte finden in lässigen Kombinationen zusammen. Altes wird mit Neuem, Hauseigenes mit Geschenktem, Edles mit Gebrauchtem kombiniert. Ausgediente ÖBB-Ablagen werden zu Garderoben, biedere Heim-Sessel bekommen als coole Nachttische eine zweite Chance. Offenheit, Entspanntheit und Dialogbereitschaft – das sind die Qualitätskriterien dieses Hauses, seiner Räume und Objekte.

OÖNachrichten, Mo., 2015.11.16



verknüpfte Bauwerke
HOP - magdas Hotel

07. November 2015Tobias Hagleitner
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Der perfekte Zaun

Zäune sind zwischenmenschliche Gesten. Sie stehen zwischen Eigenem und Fremdem, markieren das Private im Öffentlichen. Zäune haben zwei Seiten: Errichtet werden sie von den einen, leben müssen auch die anderen damit.

Zäune sind zwischenmenschliche Gesten. Sie stehen zwischen Eigenem und Fremdem, markieren das Private im Öffentlichen. Zäune haben zwei Seiten: Errichtet werden sie von den einen, leben müssen auch die anderen damit.

Nicht erst in diesen Tagen und nicht nur an der Staatsgrenze sind Zäune eine Frage der Politik. Mit „Polis“ meinten die alten Griechen die Stadt, das Gemeinwesen. Insofern ist jeder Zaun politisch: So privat er sich von innen anfühlen mag, nach draußen ist er auf jeden Fall eine öffentliche Angelegenheit. Ob Straße oder Gehsteig, Spielplatz oder Sportplatz, Wanderweg oder Parkanlage – Der öffentliche Raum endet an den geschmiedeten Spießchen, an den Gittermaschen und Stacheldrähten der Zaunkönige dahinter. Als „Politikum“ müsste der zeitgenössische Zaun folglich mehr diskutiert werden. Ob es etwa gut zu heißen ist, dass die Landschaft zum Gehege aus beschichtetem Aluminium und glänzendem Kunststoff wird mit einer Sockelmauer aus chinesischem Granit, glatt poliert wie ein Grabstein.

Das Mittelalter ist vorbei. Wolf und Wildsau sind keine Feinde mehr, die Gesellschaft ist nicht mehr feudal sondern demokratisch organisiert. Ein Zaun ist in manchen Fällen schön und gut, aber er soll weniger als böse Barriere, mehr als freundliche Umfriedung gestaltet werden. Als architektonisches Element ist der Zaun das leichte Geschwisterchen der Wand. Er ist ein bauliches Accessoire im Übergang zwischen öffentlich und privat, ein trennendes Element unter Gleichen. Er darf leichter, lebendiger und unprätentiöser sein als die Mauer. Und manchmal ist eine natürliche Hecke aus heimischen Sträuchern die bessere Wahl.

OÖNachrichten, Sa., 2015.11.07

31. Oktober 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Baukunst zur Erinnerung

Bei Gedenkbauten sind im Unterschied zu den meisten profanen Gebäuden Würde und Feingefühl gefragt. Architektur bedeutet hier Kunst aus Materie, Form und Licht.

Bei Gedenkbauten sind im Unterschied zu den meisten profanen Gebäuden Würde und Feingefühl gefragt. Architektur bedeutet hier Kunst aus Materie, Form und Licht.

Die Zeit großer sakraler Neubauten ist vorerst vorbei. Die Kirche muss eher nachdenken, was sie mit all den leer stehenden und unternutzten Hallen und Grundstücken künftig anfangen wird. Die kollektive Andacht in konfessionellen Großbauten ist out.

Das Bedürfnis nach Räumen der Besinnung und Stille, etwa nach Orten, wo das Andenken an verstorbene Mitmenschen einen würdigen Platz hat, bleibt hingegen aktuell. Und so gibt es selbstverständlich weiterhin „sakrale“ Bautätigkeit – allerdings eher im kleinen Maßstab, nicht immer konfessionell geprägt und oft beauftragt von privaten Bauleuten.

So sind in Oberösterreich in den vergangenen Jahren einige interessante Andachtsräume und Kapellen entstanden. Die kleinen und sehr kleinen Typologien sind keine Neuerfindung unserer Zeit. Historische Anknüpfungspunkte sind bäuerliche Andachtsräume, Wegkapellen oder Marterln. Befreit vom Traditionsdruck mit all dem Pflicht-Schnörkel sind sie für die zeitgenössische Architektur eine besonders interessante Aufgabe und aufgrund der überschaubaren Größe vor allem für die Jüngsten der Branche am Anfang ihrer Laufbahn ein spannendes Betätigungsfeld. Wie kaum sonst geht es bei diesen Bauten um elementare Architektur, um die Schaffung von Atmosphäre, um Licht und Schatten, um Stimmungen und Wirkungen.

Reduktion macht ruhig

In seiner Heimatgemeinde Arbing hat Rafael Hintersteiner als junger Architekturstudent in unmittelbarer Nachbarschaft zum Friedhof 2011 die kleine Franziskuskapelle errichtet. Der stehende, oben offene Quader aus dunkel gefärbtem Beton ist einfach, dabei aber gekonnt proportioniert und achtsam detailliert.

Die Bodenplatte ist mit einer umlaufenden Fuge deutlich von den Wänden abgesetzt, in der schmalen Öffnung des Zugangs als einladende Schwelle formuliert. Innen gibt es dank Reduktion in Form und Farbe sechs Quadratmeter Ruhe von der Welt und darüber das Rechteck des offenen Himmels. In der Wand sind kleine Nischen für Kerzen. Der Beton, die edlen Metalle der beiden kleinen Glocken und das alte Holz des Jochs, an dem sie hängen, ergeben insgesamt eine edle Ästhetik friedlicher Schlichtheit – die franziskanische Idee gekonnt in die Sprache des Materials übersetzt.

In diesem Jahr wurde der „Turm der Stille“ fertiggestellt, den sich eine Familie aus dem Machland als Grab- und Andachtskapelle und Meditationsraum wünschte. „Leben und Tod sollten darin Platz finden“, meint der Gesangs- und Baukünstler Hintersteiner zu seinem zweiten Projekt.

Umgesetzt wurde das Thema des Lebenskreislaufs als Dialog zwischen Himmel und Erde. Eine kreisrunde Öffnung in der Decke, eine am Boden, ausgekleidet mit einer Schale aus gehämmertem Kupfer. Für die Mauer wurde Granit aus der Umgebung in perfekter Zyklopentechnik zu einem Zylinder geschlichtet.

Wie Rafael Hintersteiner war auch Franz Koppelstätter Architekturstudent an der Kunstuniversität Linz. Sein Studium schloss er 2010 mit der Planung und Umsetzung einer Gemeinschaftskapelle in Nonsbach ab. Bemerkenswert ist neben der formal ungewöhnlichen Gestalt des Holzbaus aus drei Lärchen vor allem der Entstehungsprozess: Sämtliche Entwurfsentscheidungen wurden von der Errichtergemeinschaft gemeinsam erarbeitet und konsensual getroffen.

Friedlich eingebettet

Im vergangenen Jahr schuf der gebürtige Innviertler einen besonderen Ort der Stille. Das Kenotaph ist der Erinnerung und dem Andenken an den Bauern im Hinterweintal gewidmet: Beim Versuch, das Vieh aus dem brennenden Stall zu retten, ist er ums Leben gekommen.

Der Betonboden des verbrannten Gebäudes wurde abgetragen und in Streifen unterschiedlicher Länge geschnitten. Die Platten wurden in der Nähe des Hofs auf einer kleinen Anhöhe übereinandergeschlichtet und zur schützenden Umfriedung verwoben.

Darüber überspannt mit etwas Abstand ein leichtes Holzdach den Raum. Umgeben von der ehemaligen Unterseite des Stalls – gefasst vom einzigen Material, das unversehrt geblieben ist – geht der Blick hinaus auf die sanfte Landschaft.

OÖNachrichten, Sa., 2015.10.31

24. Oktober 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Grüße aus Pilsen: Geht doch!

Nicht nur als Europäische Kulturhauptstadt bietet sich Pilsen zum Vergleich mit Linz an. Es gibt einen großen alten Platz im Zentrum, ein neues Theater am Rand des Geschehens und einen Campus weit draußen.

Nicht nur als Europäische Kulturhauptstadt bietet sich Pilsen zum Vergleich mit Linz an. Es gibt einen großen alten Platz im Zentrum, ein neues Theater am Rand des Geschehens und einen Campus weit draußen.

Was für das oberösterreichische Linz die voestalpine, ist für das westböhmische Pilsen Škoda. Die heurige Kulturhauptstadt in Tschechien ist genauso industriell geprägt, nur wenig kleiner und wie Linz in Sachen Architektur mit etwas Wohlwollen durchaus interessant.

Wer sich über das Linzer Musiktheater schon genug geärgert hat und sich gern weiter ärgern möchte, dem sei in Pilsen (oder: Plzen) zuerst der Besuch des neuen Stadttheaters empfohlen. Das Projekt einer portugiesisch-tschechischen Architektengemeinschaft musste offenbar rechtzeitig für die Kulturhauptstadt aus dem Boden gestampft werden. Eine Betonburg in haarsträubendem Orangeton. Den Haupteingang verstellt eine beliebige Käsefassade aus Kunststein. Rundherum nichts als Straßen, Geleise und Brachland. Ob die erhoffte Aufwertung für das Viertel mit diesem Bau zu schaffen ist, bleibt abzuwarten.

Erfreulicher ist die Umnutzung des ehemaligen Bus- und Tramdepots am Flüsschen Radbuza. Mit geringen Mitteln wurden die lichtdurchfluteten Hallen etwas renoviert und werden nun als „DEPO2015“ mit buntem Kulturprogramm bespielt. Im Hof gibt es eine Skulpturenausstellung, ein einladendes Café dient als Anziehungspunkt auch abseits des Programms. Die Offenheit und Improvisationsgabe, die diese Institution vorerst ausstrahlt, ist den Linzer postindustriellen Leerständen ebenfalls zu wünschen. Schön für Pilsen wäre es, wenn die Bespielung auch nach dem Kulturhauptstadtjahr erhalten und gefördert würde.

Ein paar Kilometer außerhalb, eingebettet zwischen Industrie und Gewerbe ist der Campus zu finden. Das neue Gebäude des mittlerweile verstorbenen Prager Architekten Jan Štípek für die Design- und Kunststudien der Ladislav-Sutnar-Uni wurde eben erst fertiggestellt. Es sieht selbst aus wie ein Gewerbebau, ganz aus Trapezblech, Stahl und Glas. Die Studierenden arbeiten in einer fabrikähnlichen Halle. Trennende Wände gibt es nicht. Die Idee ist es, gemeinsam und in engem Austausch kreativ zu sein. Das Konzept ist spannend, etwas unterkühlt und akustisch vermutlich schwer zu ertragen, wenn Hochbetrieb ist.

Weitere Highlights? Für unerschütterliche Adolf-Loos-Fans sicherlich seine edlen Wohnungsinterieurs aus den 1920er Jahren, die als Teil des Kulturangebots zu besichtigen sind. Traditionelle Typen werden die fein erhaltenen Renaissance- und Barockfassaden in der Altstadt mögen, etwas progressivere das mutig dazwischen komponierte Kontrastprogramm aus Bauten der Moderne schätzen. Romantische und Verliebte werden an der Radbuza spazieren gehen und dicht an dicht vier Brücken in harmonischem Nebeneinander finden: je eine für Bahn, für Autos, für Fuß- und Radverkehr. Insgesamt ein Jahrhundert Ingenieurbaukunst in einem Bildausschnitt. Jede Konstruktion steht für sich, wurde aus verkehrstechnischen Anforderungen, den Gegebenheiten des Materials und nach den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit gestaltet und geformt. Prädikat: Empfehlenswert!

OÖNachrichten, Sa., 2015.10.24

17. Oktober 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Abgrenzen, Berühren oder beides zugleich?

Zwischen verschiedenen Räumen, Disziplinen oder Kulturen gibt es selten eine scharfe Grenze. Eher ist da ein mehr oder weniger breiter Übergangsbereich. Der RAND ist Thema der Herbst-Ausstellung im afo architekturforum oberösterreich.

Zwischen verschiedenen Räumen, Disziplinen oder Kulturen gibt es selten eine scharfe Grenze. Eher ist da ein mehr oder weniger breiter Übergangsbereich. Der RAND ist Thema der Herbst-Ausstellung im afo architekturforum oberösterreich.

Zwischen innen und außen, zwischen öffentlich und privat oder auch zwischen alt und neu ergeben sich Randzonen mit gemischten Verhältnissen. Das eine wirkt ins andere und umgekehrt. Für Architekturschaffende ist es wichtig, damit umzugehen. Denn wer in Abgrenzungen denkt ohne für die spannenden Phänomene im Übergangsbereich Platz zu schaffen, plant tote Räume.

Der Rand ist aber nicht nur für Gebäude und Gestaltungen selbst bedeutend. Als Disziplin mit relativ kleiner Kernkompetenz aber zahlreichen Überschneidungen zu anderen Arbeits- und Wissensgebieten ist Architektur seit jeher gewissermaßen auf den Rand spezialisiert. In ihren technischen Aufgaben vermischt sie sich mit unterschiedlichen Fachbereichen der Naturwissenschaften und Mathematik, in ihrer ästhetischen Dimension steht sie im Einflussbereich von Kunst, Kultur und Geisteswissenschaften.

In seiner ersten Ausstellung für das Haus deutet der neue Leiter des afo, Franz Koppelstätter, gemeinsam mit Dagmar Schink den Rand als Raum der Grenzüberschreitung und kritischen Auseinandersetzung. Die sehr breite und offen angelegte Konzeption soll neue Perspektiven eröffnen, der oft negativ besetzte, problematisierte „Rand“ als Bereicherung begreifbar werden. Architekturprojekte für Menschen am Rand der Gesellschaft finden da genau so Platz wie landschaftliche Interventionen an der Grenze zwischen real und virtuell. Es gibt Hörstationen, die die Peripherie des Linzer Stadtgebiets akustisch näherbringen oder einen Vorschlag, wie der Stadtraum zwischen Linz und Wels als zusammenhängende Traunmetropole neu zu denken wäre.

OÖNachrichten, Sa., 2015.10.17

10. Oktober 2015Tobias Hagleitner
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Grüße aus Vorarlberg: Den Ausweis, bitte!

Für öffentliche Bauten gibt es im Ländle den „Kommunalgebäudeausweis“. Je ökologischer ein Gebäude, umso mehr Punkte, umso mehr Förderung.

Für öffentliche Bauten gibt es im Ländle den „Kommunalgebäudeausweis“. Je ökologischer ein Gebäude, umso mehr Punkte, umso mehr Förderung.

Ob Amtshaus, Schule oder Pflegeheim, ob Kindergarten, Turnhalle oder Kultursaal – seit 2011 können Vorarlbergs Städte und Gemeinden ihre Neubau- oder Sanierungsprojekte mit dem Kommunalgebäudeausweis (kurz KGA) dokumentieren. Mit bis zu 1000 Punkten lässt sich damit die energetische und ökologische Qualität einer Baumaßnahme beurteilen. Angeregt wurde das Konzept von Land und Gemeindeverband, um den EU-Kriterien über energiesparendes öffentliches Bauen (gültig ab 2019) mit einem Fördersystem rechtzeitig entgegenzukommen. Bis zu vier Prozent steigt die Bedarfszuweisung je nach erreichter Punktezahl. Zudem kann bei gelungenen Projekten die förderbare Baukostenobergrenze angehoben werden.

Entwickelt wurde das Dokument vom Umweltverband der 96 Vorarlberger Gemeinden gemeinsam mit relevanten Fachleuten. Das Konzept ist nachhaltig und umfassend überlegt. Geringer Heizwärmebedarf und schöne Dämmwerte sind für den Ausweis weit zu wenig. Die Performance eines Gebäudes wird nach vier Kategorien bemessen.

Es beginnt mit der „Prozess- und Planungsqualität“: Sind z.B. genug Fahrradstellplätze konzipiert, wird das Tageslicht gut ausgenutzt? Unter „Energie und Versorgung“ wird der Gesamteinsatz endlicher Energieträger erhoben, auf erneuerbare Energiequellen geachtet, der Heizbedarf verzeichnet. Zum ökologischen System eines Gebäudes gehört der bewohnende Mensch: Die Kategorie „Gesundheit und Komfort“ fragt nach der thermischen Behaglichkeit in Sommer und Winter und erhebt die Qualität der Raumluft. Die vierte Ebene betrifft „Baustoffe und Konstruktion“. Es geht um die Vermeidung von „kritischen Stoffen“, insbesondere PVC in Bodenbelägen, Installationen, bei Fenstern und Türen. Positiv bewertet werden hingegen Materialien aus ökologisch optimierter Herstellung und Baustoffe und Konstruktionen mit geringem Entsorgungsaufwand.

Mittlerweile sind zahlreiche Beispiele entstanden, die zeigen, dass sich der Aufwand lohnt. Nicht nur finanziell, auch funktional, sozial und kulturell, weil nach diesen Kriterien überaus angenehme und lebenswerte Gebäude entstehen. Die Qualität der Architektur nimmt davon keinen Schaden, eher ganz im Gegenteil. Die Grußbotschaft aus West lautet daher: „Oberösterreich, diesen Ausweis bitte!“

OÖNachrichten, Sa., 2015.10.10

03. Oktober 2015Tobias Hagleitner
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Gebastelt, nicht geklotzt

Hallstatt: Der verstreute Bestand der HTL wurde strukturgerecht mit vier Ergänzungen versehen. Fein abgestimmt nach Nutzung und Umgebung ist jeder Bau ein Typ für sich.

Hallstatt: Der verstreute Bestand der HTL wurde strukturgerecht mit vier Ergänzungen versehen. Fein abgestimmt nach Nutzung und Umgebung ist jeder Bau ein Typ für sich.

Hallstatt mag für moderne Architektur ein sensibles Umfeld sein. Doch bei aller Weltkulturerbe- und Postkarten-Idylle: Ein Freiluft-Museum ist es vorerst noch nicht. Die gut 140 Jahre alte, so traditionsreiche wie moderne Ausbildungsstätte der HTL im südlichen Ortsteil Lahn ist ein kräftiger Beweis, dass die Struktur noch lebt und wächst. Die Innsbrucker riccione architekten haben die Schule mit Bauten bereichert, die sich im Bestand einpassen und trotzdem ausdrucksstark gelungen sind.

Vielseitig wie das schulische Angebot war das Raumprogramm für die dringend nötige Erweiterung, das die Bundesimmobiliengesellschaft in den vergangenen Jahren umgesetzt hat. Neben Aktualisierungen am Bestand wurde ein Haus mit neuen Klassen und Bibliothek errichtet. Am weiter südlich gelegenen Werkstättengelände entstanden ein Holzlager, ein Zubau für das Hauptgebäude und zuletzt ein Pavillon mit weiteren Praxisräumen und Kantine. Für die Bauherrschaft wie Nutzer war es ein Vorteil, dass der erfolgreiche Wettbewerbsbeitrag des Tiroler Architekturbüros schrittweise verwirklicht werden konnte. Nicht nur, weil staatsnahe Budgets in diesen Tagen knapp bemessen sind, auch weil der Betrieb mit 480 Schülern so gut aufrechterhalten werden konnte.

Begonnen wurde das Projekt mit der kompakten Kiste des Holzlagers, abgesehen von einem kleinen Betonkern ein reiner Holzbau. Der Zubau beim Werkstättengebäude schließt den Bestand zum See hin ab. Hier sind helle Räume mit toller Aussicht für Instrumentenbau- und Restaurationszweig entstanden. Die Stahl-Holz-Konstruktion überspannt einen praktischen Werkplatz im Freien. Anderes leistet der Neubau am Ortseingang. Seine Tischform lässt genügend Außenraum um das Gebäude, das mit der Bibliothek eine wichtige, sichtbare Funktion enthält. Das Obergeschoß mit vier Unterrichtsräumen über dem Betonsockel ist aus Holz. Eine kleine Brücke führt zum Altgebäude.

Vier Charakterbauten

In der letzten Bauetappe wurde ein Solitär ohne bauliche Anbindung an den Bestand realisiert, ein richtiger Pavillon. Die grüne Blecheinhausung der Leimbinder über den Hallen gibt dem Flachbau eine eigenwillige Kontur. Mit Veranda, Freitreppe und großen Verglasungen öffnet er sich zur Uferwiese. Innen bestimmen grobe Betonwände das Bild, die Leitungen sind wie überall auf Putz, die Türzargen außenbündig auf die Wand montiert.

Deutlich als Ergänzung konzipiert sind die Volumen trotzdem in sich schlüssig. Mit leichten Verbindungselementen wird Neues an Altes angedockt. Es sind keine „Zu“-Bauten, sondern Nachbarschaften, die die umgebende Dorfstruktur in ihrer Durchlässigkeit weiterstricken. Typisch für alle Häuser ist der lässig-pragmatische Umgang mit Material und Detail, der die Dinge zeigt, wie sie sind – ohne Glättung, ohne angestrengte Künstlichkeit. Dazu kommt Mut zur eigenständigen Konstruktion und Form, die für jeden Bauteil aus der jeweiligen Nutzung und dem landschaftlichen Kontext neu entwickelt wurden. Ein buntes Durcheinander ist es aber nicht. Einiges wiederholt sich und verbindet. Die hell lasierten, sägerauen Fichtenbretter der Fassaden sind ein Beispiel, oder die für Holzbauten eher ungewöhnlichen Alu-Profile der Fenster. Auch die weiß lackierten Stahlteile der Stützen, Geländer und Träger gehören zu dem unverwechselbaren Kanon. Wohl in Abgrenzung zum großen Wurf, zur allumfassend richtigen Lösung, die oft favorisiert wird, spricht Architekt Clemens Bortolotti von „Gebasteltem“. Es ist nicht Bauen nach standardisiertem System, sondern Bauen im Kleinen, ein fein abgestimmtes Reagieren mit möglichst günstigen Mitteln. Ein verstreutes Ensemble interessanter Gebäudetypen ist so entstanden, die individuell sind und doch verwandt. „Es ist fast wie eine Boygroup“, so Bortolotti schmunzelnd, „für jeden Geschmack ist etwas dabei.“

OÖNachrichten, Sa., 2015.10.03

26. September 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Die fabelhaften Fünfziger

Im Rahmen der Ausstellung „Geteilte Stadt“ bietet das Stadtmuseum Nordico eine Führung zu interessanten Linzer Bauten der 50er Jahre – Architektur, die zu Unrecht oft verkannt wird.

Im Rahmen der Ausstellung „Geteilte Stadt“ bietet das Stadtmuseum Nordico eine Führung zu interessanten Linzer Bauten der 50er Jahre – Architektur, die zu Unrecht oft verkannt wird.

Nicht alles, was das vergangene Jahrhundert an Architektur hervorgebracht hat, wird gleichermaßen geschätzt. Manchmal braucht es etwas Abstand. Die Qualitäten der sogenannten Nachkriegsmoderne, also der Architektur der Wiederaufbauphase ab 1945 werden gerade erst wieder entdeckt. In der Zwischenzeit ist vieles verloren gegangen. Teils wurden Gebäude durch unkundige Renovierungen entstellt, teils einfach abgerissen ohne Verständnis für deren kulturellen Wert. Noch in jüngster Vergangenheit gibt es traurige Beispiele dafür: der elegante Pavillonbau der „Milchbar“ im Volksgarten, der 2010 dem Musiktheater weichen musste oder das ehemalige Parkhotel (später Volkshochschule) von Artur Perotti und Gottfried Zellinger in der Coulinstraße, das im selben Jahr abgerissen wurde.

Höchste Zeit also, dass die Bauten der späten 40er und 50er Jahre mehr Wertschätzung und Interesse bekommen. Schließlich sind sie „besser als ihr Ruf“, wie Architekturkritiker Friedrich Achleitner das treffend formulierte. Es sind Gebäude, die meist unter Zeitdruck, mit knappen finanziellen Mitteln und beschränkten Material-Ressourcen errichtet wurden. Die Bedingungen waren schlecht, die Qualität der Umsetzung allerdings bestmöglich. Architekten wie Handwerker arbeiteten materialgerecht, mit solidem Bauwissen in allen Belangen. Robust konstruiert und schlicht in der Gesamterscheinung überraschen die Häuser durch Eleganz im Detail und durch fein gearbeitete, vielgestaltige Oberflächen.

Vor allem öffentliche Bauten wurden durch „Kunst am Bau“ aufgewertet, mit Reliefs, Sgraffiti, Malereien oder kunstvollen Schriften versehen. Zu verdanken ist das nicht zuletzt Architekt Fritz Fanta, der von 1938 bis 1943 und wieder von 1945 bis 1971 Leiter des Entwurfsamts in Linz war. Er setzte sich im Magistrat für die Einrichtung einer eigenen Haushaltsstelle zur künstlerischen Ausgestaltung von städtischen Bauvorhaben ein. Seine weitsichtige wie zurückhaltende Planungsarbeit prägt das Stadtbild bis heute: Etwa in der Altstadt, mit deren Sanierung er beaufragt war (mit dem malerischen Aufgang vom Tummelplatz zum Schloss), am Südbahnhofmarkt, dessen bis heute beliebte und funktionierende Anlage er konzipierte oder im Dörfl am Römerberg, wo das Egon-Hofmann-Haus nach seinen Plänen errichtet wurde – seit knapp 60 Jahren als Atelierhaus beinah unverändert in Betrieb.

OÖNachrichten, Sa., 2015.09.26

19. September 2015Tobias Hagleitner
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Flüchtlingskrise als Chance für den Wohnbau

Die Frage nach ansprechendem und leistbarem Wohnraum für Jene, die in Österreich bleiben, wird sich schon in Kürze stellen. An kompetenten Antworten müsste jetzt gearbeitet werden.

Die Frage nach ansprechendem und leistbarem Wohnraum für Jene, die in Österreich bleiben, wird sich schon in Kürze stellen. An kompetenten Antworten müsste jetzt gearbeitet werden.

Vorerst steht noch die Suche nach Notquartieren im Vordergrund. Zeltlager und andere Behelfsunterkünfte werden eingerichtet. Couragierte Personen, Organisationen und Behörden versuchen – nicht selten vergeblich – zumindest einige der vielen ungenutzten oder unternutzten Räume in öffentlicher wie privater Hand zur temporären Unterbringung der Schutzsuchenden aufzutreiben. So schwierig das sein mag, es ist nur der Anfang. Die Frage nach ansprechendem und leistbarem Wohnraum für Jene, die in Österreich bleiben, wird sich schon in Kürze stellen. An kompetenten Antworten müsste jetzt gearbeitet werden. Die aktuelle Herausforderung könnte ein Ansporn sein, ernsthafter und mutiger über günstigen Wohnbau nachzudenken als das bisher der Fall war. Es geht dabei keineswegs nur um die Flüchtlinge. Auch für die einheimische Bevölkerung fehlt vielfach das Angebot an dauerhaft leistbaren Wohnungen.

Eine Anregung aus Düsseldorf: Dort wird gerade in Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht. Flüchtlinge – darunter selbstverständlich auch Handwerker und Ingenieure – werden voraussichtlich auf einem Grundstück der Stadt ein eigenes Haus errichten können. Von Betrieben vor Ort sollen „Paten“ für die einzelnen Gewerke bereit gestellt werden. Während die Planung und Bauleitung von Architekten übernommen wird, sind Bauherrschaft und Erbauerschaft in Personalunion die Flüchtlinge selbst. Sie haben dadurch Beschäftigung und erhalten zugleich Gelegenheit ihre eigene Zukunft aktiv mitzugestalten.

Das Experiment reaktiviert die Idee des gemeinschaftlich organisierten, professionell geplanten und betreuten Selbstbaus als Strategie für günstiges Wohnen, die hierzulande beinah in Vergessenheit geraten ist. Sicherlich haben nicht alle die Zeit, das Können oder die Lust, sich in einer Baugruppe zu organisieren und beim Bauen selbst Hand anzulegen. Dennoch: Es ist eine jener interessanten Ideen, die diskutiert werden müssen, wenn die Schaffung dauerhaft günstigen und dauerhaft beliebten Wohnraums künftig ein gesellschaftliches Anliegen ist.

OÖNachrichten, Sa., 2015.09.19

12. September 2015Tobias Hagleitner
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Begegnungszonen zum Davonrennen

Nach Jahrzehnten autogerechter Stadt- und Raumplanung hat sich ein Zweiklassensystem etabliert: Die aus eigener Kraft bewegte Menschenspezies hat sich den Auto-Mobilen unterzuordnen.

Nach Jahrzehnten autogerechter Stadt- und Raumplanung hat sich ein Zweiklassensystem etabliert: Die aus eigener Kraft bewegte Menschenspezies hat sich den Auto-Mobilen unterzuordnen.

Der verlorene Anteil am Raum der Stadt wird allerdings zurückgefordert. Die Dominanz des Pkw ist bei Weitem nicht gebrochen, aber wird zumindest da und dort in Frage gestellt.

„Share Space!“ lautet dabei einer der Leitsprüche. Von Pionieren wie dem niederländischen Verkehrsplaner Hans Monderman wurden seit den 1980er Jahren unter diesem Motto Straßengestaltungen erprobt, die den Verkehrsraum wieder zum Lebensraum machen sollen: weniger Ampeln, Schilder und Barrieren, stattdessen die Wiederentdeckung sozialer Fähigkeiten. Sicherheit und Entspannung ergeben sich durch Blickbeziehung, respektvolle Begegnung und aufmerksame Kommunikation. Je nach Nation sind aus dem Appell zum „shared space“, zur gemeinschaftlich geteilten Nutzung des Raums, unterschiedliche Konzepte und Standards in der EU entstanden.

In Österreich entspricht die seit 2012 in der Straßenverkehrsordnung verankerte „Begegnungszone“ grob der Idee. Oberösterreich hat die neue Möglichkeit im Bundesländervergleich besonders fleißig implementiert. Enns, Freistadt, Lochen, Ottensheim, Wels oder Ried sind nur einige Beispiele. Linz hat sich damals gleich 27 Stück der neuartigen Verkehrsflächen verordnet und einige davon bereits umgesetzt.

Ein Gesetz und ein neues Taferl machen aber noch keine neue Stadt. Nicht immer ist die gute Idee erfreulich umgesetzt. Oft fehlt es an der passenden Gestaltung, aus der sich ein achtsameres Miteinander von sich aus ergeben würde. Wie müssten solche Straßen und Plätze ausschauen? Statt all der amtlich ausgetüftelten Regelwerke würde sich eine einfache Formel empfehlen: Plant nicht Straßen für Fahrzeuge, sondern macht städtische Landschaften, die für das erstaunlich intelligente, sinnlich begabte und agile Lebewesen Mensch geeignet sind! Das funktioniert allerdings schlecht von oben herab – Mit dem Begriff des „sharing“ war nicht nur das Teilen von Räumen gemeint, sondern auch das Beteiligt-Werden am Prozess ihrer Entstehung.

OÖNachrichten, Sa., 2015.09.12

06. September 2015Tobias Hagleitner
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Was haben wir von Le Corbusier?

Seine waghalsigen Stadtvisionen sehen aus heutiger Sicht wie Karikaturen aus, die den modernen Städtebau mit seinem nicht selten menschenvergessenen Maßstab ironisch überzeichnen.

Seine waghalsigen Stadtvisionen sehen aus heutiger Sicht wie Karikaturen aus, die den modernen Städtebau mit seinem nicht selten menschenvergessenen Maßstab ironisch überzeichnen.

Le Corbusier, der berühmte schweizerisch-französische Architekt, prägend für die Architektur des 20. Jahrhunderts wie kaum eine andere Persönlichkeit, meinte es aber ernst mit seinem „plan voisin“ für die Umgestaltung von Paris Mitte der Zwanziger Jahre: Neben dieser Megastruktur an 60-geschoßigen Wohnklötzen hätte Manhattan mit seinen großzügig angelegten Häuserblocks wie eine Spielzeugstadt ausgesehen.

Le Corbusier, der eigentlich Charles-Édouard Jeanneret hieß, hatte einen Hang zum Großen und Radikalen und war wahrscheinlich auch deshalb totalitären Regimen und faschistischen Ideen nicht abgeneigt. Zynismus war es aber wohl nicht, was ihn als Architekturschaffenden antrieb. Er dachte über die Herausforderungen seiner Zeit nach, war begeistert von den technischen Möglichkeiten, von einer wenige Jahre zuvor noch ungeahnten Mobilität. Er versuchte mit seinen Entwürfen, den Neuigkeiten einen passenden Raum zu geben, sie weiter zu denken und ohne Kompromisse an einer andersartigen Zukunft zu arbeiten.

Vergangenen Donnerstag vor 50 Jahren, am 27. August 1965, ist der Architekt nach einem schaffensreichen Leben mit 78 Jahren verstorben. Hinterlassen hat er nicht nur utopische Stadtkonzepte, die bis heute für Streit sorgen und zum Teil, wie im indischen Chandigarh, auch umgesetzt wurden. Es gibt auch eine große Zahl an Wohnhäusern und anderen Bauten zu besichtigen. Viele davon waren bahnbrechend und definierten das mit, was noch heute in der Architektur als „modern“ gilt. Eins seiner beeindruckendsten Werke, die Wallfahrtskirche von Ronchamp in Frankreich, feiert ebenfalls ein Jubiläum: Seit 60 Jahren fasziniert diese skulpturale Beton-Kapelle Fachpublikum wie Laien. Wer Gelegenheit hat, sie zu besuchen, kann ganz unmittelbar erleben, warum der nicht unumstrittene Jubilar für die Architekturgeschichte so bedeutsam ist.

OÖNachrichten, So., 2015.09.06

08. August 2015Tobias Hagleitner
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Ist das der Beginn einer Wende?

So wie wir derzeit bauen, schaden wir uns selbst, findet Baubiologe Alfred Ruhdorfer. Er hat in Sarleinsbach ein Musterhaus errichtet, um zu zeigen, wie es anders geht.

So wie wir derzeit bauen, schaden wir uns selbst, findet Baubiologe Alfred Ruhdorfer. Er hat in Sarleinsbach ein Musterhaus errichtet, um zu zeigen, wie es anders geht.

Der Haselhof liegt versteckt hinter einer Hügelkuppe südlich von Sarleinsbach. Rundherum ist viel Natur, die sich am Grundstück in ungewöhnlicher Vielfalt zeigt. Kein Wunder, sind doch vitale Wälder, Wiesen und Äcker für Alfred Ruhdorfer die Ressourcen der Zukunft. Baumaterialien aus „nachwachsenden Rohstoffen“ bieten schadstofffreie Wohnumgebung, sind komplett kreislauffähig und außerdem ohne lange Transportwege direkt vor Ort zu beschaffen. Es muss kaum erklärt werden, warum das gegenüber derzeit gängigen Baustoffen ein großer Gewinn für Mensch und Umwelt wäre.

Nur darüber zu reden, ist Ruhdorfer zu wenig. Sein Wunsch war es, zu erproben, wie alternatives Bauen wirklich umgesetzt werden kann. So ist ein regionales Netzwerk entstanden, das unter dem Namen „ecoforma“ Bauleute, Betriebe und Forschungseinrichtungen zusammenbringt. Das Vorhaben ist ambitioniert: das Mühlviertel zur Modellregion einer neuen Baukultur zu machen, die lokale Ideen, Arbeitskräfte und Rohstoffe nutzt, die umfassend gesund und ökologisch ist. Mit dem „Ecohaus“ ist ein prototypisches Gebäude entstanden, das erlebt und erforscht werden kann.

Auf den ersten Blick ist es ein gewöhnliches Holzhaus, ein Quader mit schindelgedecktem Zeltdach über einem durchlaufenden Fensterband. Die Gesamterscheinung tendiert ins Brave. Halten wir uns aber an die These, dass es in diesem Fall vor allem auf die „inneren Werte“ ankommt. Das Haus soll beweisen, dass das Bauen mit natürlichen Baustoffen aus der Region nicht nur umweltfreundlich ist, sondern auch heutigen Ansprüchen an Komfort, Technik und Kosten genügt.

Außergewöhnliche Materialien

Unter dieser Voraussetzung betrachtet, erschließen sich die Qualitäten des Projekts. Es ist ein spannender Fundus an neuartigen Aufbauten und Bauteilverbindungen. Die Materialien stehen im Vordergrund und sind in ihren unterschiedlichen Wirkungen sinnlich erfahrbar. Brandschutzmittel aus den Samen der Lupine, Hanf- statt Gummimatten oder Proteinkleber aus Topfen sind nur eine illustre Auswahl aus einer ganzen Reihe innovativer Patente, die bei dem Gebäude zum Einsatz kamen. Sie absolvieren unter technischer Überwachung einen Langzeit-Gebrauchstest – Hightech zur Erkundung, wie wenig Technik für ein wohliges Raumklima nötig ist.

Ganzheitliche Baukultur

„Ecoforma“ will wachrütteln, daran erinnern, dass wir bei der Gestaltung unseres menschlichen Habitats den Gesamtzusammenhang nicht aus den Augen verlieren. Wir brauchen gesunde Luft, reines Wasser und fruchtbare Böden – das muss bei jedem Bauwerk mitbedacht werden. Eine Bauwirtschaft, die auf Ausbeutung von menschlichen wie materiellen Ressourcen fußt, wo Wertschätzung für handwerkliches Können und dauerhafte Materialien vor lauter Kostendruck keinen Platz mehr haben, gibt Anlass zur Sorge. Der ganzheitliche Ansatz ist daher zu begrüßen.

Schade, dass die Frage der Ästhetik bisher noch zu wenig beachtet wird. Natürlich könnte behauptet werden, dass die Schönheit der Dinge aus ihren „inneren“ Qualitäten sich von selbst ergibt. Wer durch das Potpourri an Raumgestaltungen, Oberflächen und Möblierungsstilen am Haselhof wandelt, muss allerdings erkennen, dass diese These auf wackeligen Beinen steht. Es ist sinnvoll und richtig, traditionell verwendete, lokal vorhandene Materialien mit heutigen Technologien und Know-how wiederzubeleben und aufzuwerten.

Das Vorhaben einer neuen „Baukultur“ wird allerdings ohne die intensive Einbindung der gestaltenden Disziplinen dem eigenen Anspruch umfassender Werthaltigkeit nicht gerecht. Etwas mehr professionelles Design, etwas engagiertere Architektur – dann könnte das tatsächlich den Beginn einer baukulturellen Wende für die Region bedeuten.

OÖNachrichten, Sa., 2015.08.08

18. Juli 2015Tobias Hagleitner
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Altersgerechtes Mittelmaß

Schärding hat ein neues „Bezirksalten- und Pflegeheim“. So bürokratisch das klingt, so ist es auch umgesetzt. Architektur ist nur mühsam errungenes Beiwerk.

Schärding hat ein neues „Bezirksalten- und Pflegeheim“. So bürokratisch das klingt, so ist es auch umgesetzt. Architektur ist nur mühsam errungenes Beiwerk.

Das Grundrezept für ein Altersheim in Oberösterreich: Man erhebe den Bedarf, nehme einen genossenschaftlichen Bauträger, leite aus der Pflegeheimverordnung das Raumprogramm ab, ergänze um Normen aus dem Baugesetz sowie Förderrichtlinien und passiere das Ganze durch einen Architekturwettbewerb. Das mag relativ kostengünstig sein und sich nach statistischen Kriterien bewähren. Eine besonders originelle Antwort, wie das Dasein der Betreuungs- und Pflegebedürftigen aussehen könnte, kommt dabei nicht heraus.

Richtige Antworten

Sicherlich wurde in Schärding einiges richtig gemacht. Ein ordentlich durchgeführter Wettbewerb ist immer noch nicht selbstverständlich und deshalb erwähnenswert. Mit Gärtner + Neururer erhielten zudem Architekten den Zuschlag, die schon mehrfach gezeigt haben, dass sie das Bauen von Alten- und Pflegeheimen gut beherrschen und dem engen Korsett an Vorgaben einiges an Qualität abtrotzen. Von diesem Know-how profitiert das Gebäude: Zwei Trakte wurden abgestuft ins Grundstück gesetzt, sodass hinten ausreichend Gartenfläche bleibt und sich nach vorne der Straßenraum vor dem Haus erweitert. Die Gänge enden mit großen Glasflächen zur Belichtung und Aussicht. Brüstungen und Fensterbänke wurden in der Höhe den besonderen Bedürfnissen angepasst.

Die Einzelzimmer sind gut eingeteilt und ermöglichen angemessene Privatsphäre. Das Kontingent an halb öffentlichen Flächen für das soziale Leben der Bewohnerschaft wurde geschickt umgesetzt, pro Wohngruppe wurden nach dem Modell der Hausgemeinschaft je eine helle Wohnküche, Aufenthaltsbereich und Loggia eingerichtet.

Der Bau erfüllt den definierten Zweck ordentlich, pragmatisch und – je nach Farbgeschmack – auch ganz ansehnlich. Dennoch: Architektur, also gesteigerte Lebensqualität durch den einfallsreichen Umgang mit Raum und Material, kommt deutlich zu kurz. Es fehlt an wohnlicher Atmosphäre, an Verweilräumen, die Geborgenheit vermitteln, an räumlicher Abwechslung. Abgesehen von den individuellen Zimmern stellt sich kaum das Gefühl ein, angekommen zu sein, kaum eine Allgemeinfläche, die sich nicht ein bisschen wie ein Gang anfühlt. Es mangelt aufgrund der Lage an Verbindung mit der Stadt und dem Geschehen in ihr.

Falsche Fragen

Den Architekten ist das kaum anzulasten. Ihre Kompetenz kam erst ins Spiel, als wesentliche Entscheidungen bereits getroffen waren. Wenn die relevante Berufsgruppe im Rahmen eines Wettbewerbs gerufen wird, ist die spannende Frage, wie und wo geeigneter Wohnraum für die Ältesten in einer übermäßig alternden Gesellschaft eigentlich realisiert werden soll, bereits irrelevant. Gefragt wird nur noch nach der besten Lösung für ein isoliertes Teilproblem: Wie bauen wir zum festgelegten Preis ein Heim mit 90 Betten, mit genauen Flächenangaben pro Bewohner, fixen Gangbreiten und definierter Parkplatzmenge so, dass es am Ende nicht ausschaut wie ein Käfig?

Die Menschen werden älter, damit gibt es auch mehr Pflegebedürftige. Das ist eine Herausforderung, die in nächster Zukunft keinesfalls abnehmen wird. Umso mehr müssten alternative Konzepte erprobt werden, wie qualitätsvolles Wohnen für diese immer größer und anspruchsvoller werdende Gruppe gewährleistet und gestaltet werden kann. Architektur könnte helfen, adäquate Antworten zu finden. Dafür müsste allerdings der Rahmen geschaffen werden, in dem das Wissen der Disziplin tatsächlich zum Tragen kommt.

Mit den Fördermitteln, die reichlich in Projekte dieser Art fließen, hätte die Politik ein Instrument in der Hand, mit dem sich nicht nur „Bezirksalten- und Pflegeheime“ produzieren ließen, sondern auch neue Ideen, Raumnutzungen, Gebäudetypen.

OÖNachrichten, Sa., 2015.07.18

20. Juni 2015Tobias Hagleitner
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Stadtdiskurs statt Hochhausdebatte

Wem schadet, wem nützt es? Die weise Gewichtung verschiedener Interessen müsste jedem Bauprojekt vorangehen. Je höher das Haus, umso größer die Verantwortung.

Wem schadet, wem nützt es? Die weise Gewichtung verschiedener Interessen müsste jedem Bauprojekt vorangehen. Je höher das Haus, umso größer die Verantwortung.

Ihre gebirgshafte Präsenz beeindruckt, sie bieten Orientierung, das Panorama lockt. Für das Kapital sind sie interessant: Bis zu einer gewissen Höhe ermöglichen Hochhäuser die ökonomisch optimierte Ausnutzung wertvoller Stadtfläche. Es ist nicht wahr, dass sie zum dauerhaften Aufenthalt für Menschen nicht geeignet wären, zu Vereinsamung, Krankheit und Entfremdung führen, wie Kritiker behaupten. Da müsste das säuberlich umzäunte Einfamilienhaus am Land mindestens so verdächtig sein. Hochhäuser sind nicht das Problem. Hinterfragt werden müssen die Umstände ihrer Entstehung: Wo wird gebaut? Ist städtebauliche Integrität gegeben? Wer profitiert vom Turmhaus? Was hat die Allgemeinheit davon? Genügt die Architektur höchsten Ansprüchen? Die besondere Größe der Bauform erfordert die besonders gründliche Klärung und transparente Vermittlung dieser Fragen.

Bei den „Towers“, die jüngst in Linz emporschossen, blieb das aus. Sie zeigen, wie es nicht sein soll. Das Bahnhofsviertel wurde bestenfalls aus der Vogelperspektive durchgedacht. Unten ist eine Erdgeschoßzone entstanden, die mit zeitgemäßer Urbanität nichts zu tun hat. Verflochten vom Straßen- und Parkplatzgewirr am Boden zeigen die Bauklötze ansonsten keinerlei Zusammenhang. Wer sich zu Fuß vom Wissensturm über Kärntnerstraße und Bahnhof-„Platz“ in den Eingangsschlurf des Finanzamts durchkämpft, weiß, wovon die Rede ist.

Zweifelhafte Ikonen

Hochhäuser gelten seit jeher als Verkörperung von Fortschritt und Moderne, als Beweise wirtschaftlicher wie sozialer Dynamik einer Stadt. Waren die ersten Häuser dieser Art im Linz der 50er-Jahre Wahrzeichen des Wiederaufbaus, scheinen sie heute Metropolenglanz für die Mittelstadt zu versprechen, ein Stückchen Welt für die Provinz.

Wenn in Krisenzeiten die symbolischen Qualitäten ins Wanken geraten, wird mit Sachzwängen argumentiert: Das Wachstum der Stadt erfordere höhere „Dichte“, Hochhäuser seien nötig, um den Standort für Investments attraktiv zu halten oder bedeutende Unternehmen verlangten nach Flächen im Büroturm. Kommunale Planungsgremien und Gestaltungsbeiräte stimmen die bekannten Hochhaus-Mantras an von städtebaulich wichtigen „Dominanten“ und identitätsstiftenden „Torsituationen“. Nichts davon ist ganz falsch. Wesentlich ist allerdings: All die Argumente führen nicht zwingend zu Hochhäusern, zumal wir in Linz ohnehin von Schrumpferln unter der 100-Meter-Marke sprechen.

Es ist nicht New York, nicht Dubai oder Guangzhou. Die Stadt kann sich auf anderem Weg Geltung, Bildwirksamkeit und Mehrwert schaffen. Mehr Kreativität beim Planen und Bauen ist gefragt. Statt 15 Geschoße auf einen Diskonter am Bulgariplatz zu packen, könnten all die Supermarkt-Flachbauten dieser Stadt um zwei bis fünf Geschoße wachsen.

Statt marktverzerrenden Büroraum hochzuziehen, braucht es Erhebungen zum tatsächlichen Leerstand von Büro- und Wohnflächen und Konzepte zur verbesserten Raumauslastung. Es müsste darüber nachgedacht werden, wie im inneren Stadtgebiet durch maßvoll höheres Bauen attraktiv nachverdichtet werden kann und welche baurechtlichen Rahmenbedingungen dafür notwendig sind.

Hochhaus mit Konzept

Wenn schon Hochhaus, dann bitte gut: durchmischte Nutzung, der Sockel freundlich und durchlässig, öffentlich zugänglich. Und warum nicht aus heimischem Holz gebaut (wie 2012 in Vorarlberg oder demnächst in der Wiener Seestadt Aspern)? Für die künftige Umsetzung von Hochhausprojekten braucht es ein verbindliches stadtübergreifendes Konzept, das festlegt, wo unter welchen Bedingungen ein solches Bauwerk entstehen darf und welche Gegenleistungen von den Investoren aus den erwirtschafteten Mehrgewinnen für die Öffentlichkeit erbracht werden müssen. Von München könnte sich Linz das Konzept der sozialgerechten Bodennutzung abschauen, vorbildliche Richtlinien für die Planung und Beurteilung von Hochhausprojekten hat sich die Stadt Zürich verordnet.

OÖNachrichten, Sa., 2015.06.20

16. Mai 2015Tobias Hagleitner
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Luftorgel im Grünen am Berg

Standorte für die neue Bruckner-Privatuni hätte es auch in der Kernstadt gegeben. Nun steht sie auf der grünen Wiese. Die Architektur weiß damit umzugehen.

Standorte für die neue Bruckner-Privatuni hätte es auch in der Kernstadt gegeben. Nun steht sie auf der grünen Wiese. Die Architektur weiß damit umzugehen.

So privat hätte es auch für eine „Privatuniversität“ nicht sein müssen: Der Öffentlichkeit leicht entrückt, auf den Hagen-Gründen am Fuß des Pöstlingbergs, sahen die Location Scouts des Landes den passenden Bauplatz der neuen Ausbildungsstätte für Musik, Schauspiel und Tanz. Eine Uni im Park ist es nun – das, was in Amerika einst mit „Campus“ gemeint war. Das hat keineswegs nur Nachteile, vor allem wenn es gelingt, die landschaftlichen Vorzüge herauszuarbeiten und der Atmosphäre im Gebäude anzueignen. Das schafft der Entwurf des Linzer Architekturbuero 1, der sich im offenen Wettbewerb unter fast 50 Beiträgen durchsetzen konnte, ausgezeichnet.

Alles ist im Fluss

Während das Haus zur Hagenstraße seinen Baukörper in konischem Schliff und voller Höhe eher hermetisch präsentiert, zeigt es sich hangseitig räumlich differenziert. Wie ein Arm umfängt es die Gartenebene, die so zur geschützten Open-Air-Aula wird. Eine Freitreppe verbindet die Terrasse im ersten Stock mit dem Naturraum. Sie kann Bühne und Tribüne für Vorstellungen werden oder als Gartenhörsaal dienen. Die alten Bäume runden das Ensemble ab.

Natur bestimmt als Metapher auch den Innenraum des Passivhauses: Die Foyer- und Erschließungsflächen werden von Architekt Matthias Seyfert als „Fluss“ bezeichnet. Er mäandriert vom Haupteingang an der Hagenstraße südlich zur gläsernen Parkfassade, um sich dann talwärts quer durch das Gebäude Richtung Stadt zu bewegen. Ein Oberlichtband im Dach begleitet die Bewegung und bringt Helligkeit in die Erschließungswege der beiden oberen Stockwerke und bis ins Erdgeschoß.

Harfe, Akkordeon, Luftorgel?

Das beachtliche Raumprogramm wird von sanft gekurvten Wänden behaust. Dazwischen gibt es Licht, Luft und viel Fläche für die Kommunikation und gemeinsamen Aktivitäten einer Uni. Ein dunkler Korridor findet sich in dem organischen Gefüge nicht. Zahlreiche Sichtverbindungen in die innenliegenden Volumen und ins Freie ergeben jederzeit beste Orientierung. Das ist für ein Gebäude dieser Größenordnung ein besonderer Vorzug.

Das wichtige Thema der Akustik wurde neben der technischen Relevanz auch bildlich aufgefasst. Die Lamellen an der Fassade sollen an ein Instrument erinnern. Wenn die Alu-Teile für die vorgeschlagene Assoziation mit einer Harfe auch etwas klobig geraten sind – die „Musikalität“ der Bauform wirkt sich jedenfalls positiv aus: Die schiefen Außenwände helfen das Flatterecho in den Übungsräumen zu vermeiden.

Zur klanglichen Optimierung des großen Konzertsaals ließen sich die Architekten ein Wandpanel aus gewelltem Gipskarton einfallen, was einiger Modellversuche und technischer Tricks der Professionisten bedurfte. Die gestalterische Ambition aller an der Planung und Umsetzung Beteiligten wird in einzigartigen Details wie diesem deutlich. Das zeichnet den Bau in vielen Punkten aus und macht ihn zur unverwechselbaren architektonischen Errungenschaft.

Schade, dass der Ehrgeiz offenbar nicht alle Bereiche erfasst hat. Im Südosten zeigt das Gebäude Schwachstellen. Nicht nur, dass für die Gestaltung des Außenraums bei dieser Panoramaseite Richtung Stadt offenbar das Geld ausging und der benachbarte Obstgarten aus unerfindlichen Gründen nicht zugänglich gemacht wurde.

Bedauerlich ist vor allem, wie hier mit vorgestellten Betonwänden ein Zugeständnis an den Bebauungsplan gebastelt wurde. Der sieht für das gesamte Grundstück maximal drei Geschoße vor und erforderte deshalb in diesem tiefer liegenden Bereich das teilweise Eingraben. Die Planenden, das Land als Bauherrschaft und die Stadt Linz als zuständige Baubehörde hätten sich hier eingehender miteinander beschäftigen und eine ansprechendere Lösung zulassen müssen. Ähnliches gilt für die Blitzschutzanlage am Dach: dass dieser dominante Himmelszaun die einzige Möglichkeit sein soll, geltenden Bestimmungen gerecht zu werden, darf hinterfragt werden.

OÖNachrichten, Sa., 2015.05.16



verknüpfte Bauwerke
Anton Bruckner Privatuniversität - Neubau

18. April 2015Tobias Hagleitner
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Mehr braucht es nicht zum Glück

Wohnhaus in Gramastetten: Eine Portion Pragmatismus, etwas Sparsamkeit, Gespür für schlichte Schönheit und Achtsamkeit im Umgang mit der Landschaft.

Wohnhaus in Gramastetten: Eine Portion Pragmatismus, etwas Sparsamkeit, Gespür für schlichte Schönheit und Achtsamkeit im Umgang mit der Landschaft.

Es ist nicht nötig, nach Vorarlberg oder bis nach Skandinavien zu pilgern, um Architektur mit diesen Qualitäten zu bestaunen. Seltene Kostproben davon gibt es auch in Oberösterreich. Denkmalartig erinnern sie daran, dass Ökonomie der Mittel und lebensbejahende Ästhetik kein Widerspruch sein müssen. Gerade die jüngste Architekten-Generation zeigt das Know-how und die richtige Haltung dafür. Die engagierten, meist kleinen Büros sind aber aufgrund mangelnder Nachfrage und Wettbewerbsmöglichkeiten häufig auf private Klein- und Kleinstaufträge beschränkt und bleiben vorerst oft unter der Wahrnehmungsschwelle.

Mit dem zarten Architektenalter von 34 Jahren ist Dietmar Hammerschmid eines dieser Nachwuchstalente. Er ist das „h“ im jungen Grazer Team „hpsa“ (Hammerschmid, Pachl, Seebacher Architekten) und stammt aus Oberösterreich. In Gramastetten betreibt er eine kleine Außenstelle des Büros. Für diesen Standort neben Graz und Salzburg wollten sich der Architekt und seine Partnerin den passenden Wohnraum schaffen. Von ihren Eltern wurde der Grund zur Verfügung gestellt. Die in den 1970er-Jahren übliche Großzügigkeit der Grundstücke macht es möglich, dass in der Ecke des Gartens neben dem Schwimmteich noch genügend Platz für ein zweites Häuschen ist.
Vier Kosten-Schrauben

Der finanzielle Aufwand sollte minimal bleiben: „Als erstes haben wir an der Quadratmeter-Schraube gedreht“, lächelt Hammerschmid unbekümmert, „wir haben uns gefragt: Was ist das Minimum?“ Eine zweite Schraube betraf den Umgang mit der Landschaft: „Möglichst wenig Erdbewegung, möglichst wenig Beton.“

Auf vier Punktfundamenten wurde ein Ständerbau aus Stahl in die bestehende Gartenlandschaft gestellt und damit eine über Teich und Zufahrt schwebende Tragfläche für die Holzkiste geschaffen. Dritte Kosten-Schraube: Ab Fertigstellung des Unterbaus wurde mit Ausnahme von Dach und Verglasung alles in Eigenleistung erledigt. Das gesamte Holz kam bereits abgelängt auf die Baustelle und wurde dann mit Freunden und Familie in nur drei Tagen zur fertigen Grundstruktur zusammengefügt. Vierte Stellschraube: Haustechnik auf das Minimum reduzieren. Der Holzofen versorgt über eingefräste Kupferrohre im Speichermantel zwei lehmverputzte Wandheizungen mit Warmwasser. Ansonsten: Fenster zum Lüften, ordentliche Verschattung außen, Strom und Wasser kommen vom Haupthaus, fertig.

Ein von oben belichteter Sanitärkern unterteilt das Volumen in einen Schlafbereich hinten und den großen Wohnraum mit Küche vorne. Der nötige Stauraum findet hinter einer schlichten Kastenfront Platz. Sie wurde wie Boden und Decke aus Birkensperrholz gefertigt. Im Bad- und Küchenblock kamen Eternit und Ortbeton zum Einsatz. Außen wurde landschaftliche Einbettung angestrebt. Der Fassadenschirm aus sägerauem Fichtenholz wurde mit schwarzer Schlammfarbe abgedeckt und dadurch wirksam zurückgenommen.

„Von uns ist das als Übergangslösung gedacht. Wir wissen einfach noch nicht, wie sich die Dinge genau entwickeln werden“, sagt Dietmar Hammerschmid und spricht eine allgemein gültige Tatsache an, die von vielen Häuslbauern verdrängt wird. Diese Leichtigkeit in der Grundhaltung zu einem Haus ist dem Gebäude nicht nur anzusehen, sie bestimmt auch das planerische Konzept: „Es ist statisch so ausgelegt, dass es mit dem Tieflader abtransportiert und dann zum Beispiel zum Büro an einem anderen Standort werden kann.“ Theoretisch könnte eine weitere Box seitlich angegliedert oder oben aufgesetzt werden. Oder aber die elterliche Nachbarschaft begeistert sich einst dafür als Auszugshaus. Möglich wär’s.

OÖNachrichten, Sa., 2015.04.18



verknüpfte Bauwerke
Haus am Teich

21. März 2015Tobias Hagleitner
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Wohnform zwischen Stadt und Land

Architektin Marie-Theres Süßner hat einen Supermarkt in eine Wohnanlage verwandelt. Ein Konzept wie aus der Großstadt, das dem ländlichen Raum genauso gut steht.

Architektin Marie-Theres Süßner hat einen Supermarkt in eine Wohnanlage verwandelt. Ein Konzept wie aus der Großstadt, das dem ländlichen Raum genauso gut steht.

Schwanenstadt ist schon dem Namen und auch dem Rang nach eine Stadt. Einen Steinwurf vom Stadtplatz entfernt beginnt dennoch unübersehbar das „Land“ mit der hierzulande üblichen Streumischung aus Ackerland, Gewerbeflächen und Häuserteppich.

Trotz dynamischer Bevölkerungsentwicklung der Region ist die Grundstruktur noch immer auszumachen: Die ovalförmige Verdichtung mit dem langgezogenen Stadtplatz in der Mitte liegt wie ein kompaktes Samenkorn im umgebenden Ackerland. Diese Typologie macht den typischen Charakter von „Schwauna“ aus.

Umso erfreulicher, wenn nicht nur draußen auf der Wiese neu gebaut, sondern wie im Fall der Wohnanlage „Loft 393“ auch in der bestehenden Struktur in Zentrumsnähe nachverdichtet wird. Als die Architektin Marie-Theres Süßner das Grundstück mit dem leerstehenden Supermarkt aus den 1980er-Jahren und einem benachbarten Lokal zu bearbeiten begann, gab es Überlegungen, das Ganze abzureißen und ein neues Wohnprojekt auf dem Areal zu errichten. „Im Gespräch mit den Behörden wurde dann klar, dass die bestehende Substanz einen großen Vorteil hat“, erinnert sich Süßner an den Anfang des Projekts: „In diesen Baugrenzen mit eher geringen Abständen zu den umliegenden Gründen wäre ein künftiges Bauwerk nicht mehr möglich gewesen.“
Vorhandenes als Qualität

Zudem hätte eine komplett neue Wohnanlage eine ganze Menge mehr gekostet. So wurde der Bestand nicht weiter als Altlast gesehen, sondern zum Möglichkeitsraum für das Neue umgedeutet.

Es sind auf den ersten Blick nicht die besten Bedingungen für attraktives Wohnen: Im Westen, auf der ehemaligen Zugangsseite für die Kundschaft des Lebensmittelmarkts, liegt ein ausgedehnter Parkplatz. Die Fläche wirkt ein bisschen wie der vernachlässigte Hinterhof des adretten Stadtkerns.

Auf der anderen Seite ist „ländlicher Raum“, nicht unbedingt als Idyll, sondern intensiv bewirtschaftete Ackerfläche.

Süßner verstand die Schnittstelle zwischen den zwei Landschaften dennoch als Reiz und versuchte das vormals hermetische Volumen der Halle etwas aufzulösen und mit der Umgebung zu verschränken. Das konstruktive Grundgerüst des Betonbaus wurde dabei komplett erhalten, die neue Fassade lediglich in den bestehenden Öffnungen ein Stück nach innen gerückt.

So sind nun kleine Wohnhöfe entstanden, die jeder Wohnung einen intimen Außenraum geben. Der Hauptzugang wurde auf die Ostseite verlegt. Eine schmale Gasse zwischen den beiden Bestandsgebäuden erschließt zur Linken das renovierte Geschäftslokal mit Wohnung im Obergeschoß, rechts im ehemaligen Supermarkt sind barrierefrei sieben neue Wohneinheiten erreichbar. Der Hallenbau wurde mit einem Mittelgang längs geteilt. Vier Einheiten schauen nach Westen Richtung Stadt, drei nach Osten hinaus aufs Feld.

Loft kommt von Luft

Im Innenausbau wurde ganz nach dem Motto „Loft“ auf den besonderen Charakter eines umgenutzten Lagerraums mit dem luftigen Flair von fast vier Metern Raumhöhe geachtet. Die Einrichtung ist beschränkt auf das Wesentliche, funktional und einfach.

Abgesehen vom kompakt gehaltenen mittigen Sanitärkern stellen sich den Nutzenden keine Massivwand, keine Tür und keine Zwischendecke in den Weg. Schiebewände aus lichtdurchlässigen Stegplatten schirmen die einzelnen Raumzonen flexibel voneinander ab. Nach außen zeigt das Projekt ein etwas hartes Gesicht.

Dass eine gewisse Abgrenzung zum Parkplatz notwendig und gewünscht ist, leuchtet ein. Dass die Abschottung in Form und Material so rigid ausgefallen ist, schadet dem Gesamteindruck – wenn auch die jungen Kirschbäume in den Wohnhöfen vor allem in der warmen Saison bald mehr Natürlichkeit und Weichheit bewirken werden.

Insgesamt ist das Projekt als gelungener Versuch hervorzuheben, das Wohnen auf dem Land in eine alternative Richtung neu zu denken. Ein oberösterreichisches Pionierprojekt, wenn es darum geht, leer gefallene Gewerbeflächen einer Wohnnutzung zuzuführen.

OÖNachrichten, Sa., 2015.03.21

28. Februar 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Grün ist die Farbe der Hoffnung

Man kann nur hoffen, dass mehr Wohnbauten wie das Stadtterrassenhaus in Urfahr entstehen, Häuser, die der Freude am Stadtleben zu neuer Form verhelfen.

Man kann nur hoffen, dass mehr Wohnbauten wie das Stadtterrassenhaus in Urfahr entstehen, Häuser, die der Freude am Stadtleben zu neuer Form verhelfen.

Noch ist es nicht ganz fertig. Der grüne Bewuchs aus wildem Wein wird die Fassade erst komplettieren. Schon jetzt allerdings fällt das Gebäude angenehm aus dem Rahmen der üblichen, nicht selten üblen Wohnprojekte, die das Bild bestimmen: Eine Investorenburg folgt da der nächsten, wohnbaugenossenschaftliches Einerlei türmt sich allerorten. Das im Vorjahr fertiggestellte Stadtterrassenhaus von Kleboth Lindinger Dollnig Architekten in Urfahr ist eine der seltenen Ausnahmen: ein attraktives Stadthaus auf der Höhe der Zeit.

Andreas Kleboth steht vor einem Regal mit etlichen Entwurfmodellen zum Projekt, Volumenstudien aus Holz und Styropor: "Uns ist wichtig, dass Gebäude sich zum Raum der Straße ‚weich’ verhalten", meint der Architekt, „das bewirkt eine ganz andere Offenheit städtischer Räume und letztlich auch der Menschen, die sich darin bewegen.“ Das Bemühen um einen stimmigen Ausdruck, die Suche nach der passenden Form im Gefüge, die bestmögliche Verwebung von innen und außen ließ das Team den Baukörper stets überarbeiten und weiter entwickeln. Eine derart ernsthafte Auseinandersetzung mit architektonischen Grundfragen ist keine Selbstverständlichkeit und kostet viel Zeit und Energie.

Geglückter Kraftakt

Das ehrgeizige Vorhaben für das Wohn- und Bürohaus in der Ferihumerstraße – anfangs als Architekturbüro und Projektentwickler in Personalunion betrieben – wurde denn auch zu einem Jahre dauernden Kraftakt mit viel Herzblut und hohem Risiko. Hervorzuheben ist die positive Rolle, die der Gestaltungsbeirat für die Genese des Projekts gespielt hat. Das Potenzial der Entwürfe wurde erkannt und die wesentlichen Züge in die zu erstellenden Bebauungspläne einbezogen. Die Bauhöhe wurde um zwei Geschoße angehoben, um der stadträumlich richtigen Geste den nötigen Entfaltungsraum zu geben.

Unerschrocken und mit freundlicher Offenheit begegnet die Sockelzone des Gebäudes der stark frequentierten Straße. Darüber treppt das Haus scherenschnittartig zurück und erobert Stück für Stück den Luftraum und differenzierte Blicke in die Stadt, hofseitig um nichts weniger komplex. Im Inneren ergibt die Verjüngung nach oben Wohnungen unterschiedlichsten Zuschnitts. Die Attraktionen beschränken sich nicht auf eine „Penthouse-Etage“. Es gibt Wohnungen mit Atrien in der Mitte, Maisonetten, intime Appartements zum Hof oder Panorama-Lofts in Richtung Stadt.

Vielfalt braucht die Stadt

Die Vielschichtigkeit ist nicht einfach eine Zier. Deutlich unterschiedene Wohnungsformen erhöhen die Chance, verschiedene Lebensmodelle und unterschiedliche Altersgruppen unter einem Dach zu haben – das ergibt Vielfalt und das braucht die Stadt.

Es ist erfrischend zu sehen, was sich mit Hingabe und Hartnäckigkeit aus der Aufgabe städtischen Wohnens machen lässt. Das gilt für den frei finanzierten Wohnungsbau. Es ließe sich aber auch auf die öffentlichen Projekte übertragen, selbst im sozialen Wohnungsbau wäre vergleichbar Erquickendes möglich. Die derzeitige Fixierung auf eine sehr kurzfristig und oberflächlich gedachte Baukostenreduktion müsste dafür aufgegeben werden. Es kommt ohnehin nichts als zynischer Existenz-Minimalismus dabei heraus.

Die Kreativität und das Engagement aller Beteiligten – von der Politik und Beamtenschaft bis hin zur Planungs- und Bauzunft – müssten sich um die Verbesserung der Rahmenbedingungen bemühen, sodass wieder mehr „Architektur“ zum Wohnen entsteht, die diesen Namen auch verdient hat . Bis es allerdings so weit ist, wird die Fassade des neuen Hauses in der Ferihumerstraße vermutlich schon üppig zugewachsen sein.

OÖNachrichten, Sa., 2015.02.28



verknüpfte Bauwerke
Stadtterrassenhaus

31. Januar 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Ankommen statt Umsteigen

Der Zug hält. Nichts „Hässliches“ stört mehr den Blick. Ein normaler Bahnhof. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich: Was ist mit dem Ort dahinter?

Der Zug hält. Nichts „Hässliches“ stört mehr den Blick. Ein normaler Bahnhof. Die Aufmerksamkeit verschiebt sich: Was ist mit dem Ort dahinter?

Von der „hässlichsten“ Haltestelle des Landes war in Umfragen stets die Rede. Keine Spur mehr. Nach dem Umbau herrschen in Attnang-Puchheim bahnhofsoffensive Sauberkeit und Klarheit.

Von den schnittigen grauen Flugdächern über die gläsernen Aufzüge bis zum Granitboden gibt es vorerst wenig Überraschendes. Das könnte auch der Bahnsteig von Feldkirch, St. Pölten oder Linz sein. Kein Einwand! Ein Bahnhof ist ein Bahnhof, und was funktioniert, muss nicht täglich neu erfunden werden. Die aktuelle Design-Linie der ÖBB ist etwas grau und hart, aber die Dinge erfüllen ihren Zweck, wirken gut detailliert, robust und langlebig – hässlich keineswegs.

Wir begeben uns ins unterirdische Kernstück des Gebäudes. „Früher war das ein Fluchtbahnhof“, erinnert ÖBB-Projektleiter Franz Hujber drastisch an die dunkle Unterführung von einst. Gemeinsam mit dem Wiener Architekturbüro Skyline ist es nun gelungen, bei relativ engen Raumverhältnissen ein natürlich belichtetes Aufnahmegebäude unter Terrain zu entwickeln, das freundlich und geräumig wirkt.

Hier finden sich Reisecenter, WC-Anlagen, Sitzbereiche und Backladen. Der oberirdische Bauteil, der Reisende von der Park-&-ride-Zone an der Bundesstraße aufnimmt und den „Hausbahnsteig“ bedient, zeigt konzeptionelle Lücken, die wohl bei der Übertragung des Vorbilds Linz entstanden sind. Hier gibt es zwei Geschoße hoch viel Glas um nichts. Die „Riesen-Laterne“ ist sicher eine Möglichkeit, ein sichtbares Zeichen in den Straßenraum zu setzen und zugleich Licht nach unten zu bringen. Dennoch: Es ginge auch subtiler.

Der Schienenknoten ins Salzkammergut und Richtung Ried hat bis zu 8000 Fahrgäste pro Tag aufzunehmen. Klar: Eine leistungsfähigere Verkehrseinrichtung war längst überfällig. Für die Stadt ist ein Bahnhof aber längst nicht nur ein Bahnhof. Gerade Attnang-Puchheim ist besonders eng mit der Entwicklung der Bahn verbunden.
„Brückenkopf“ ins Zentrum

„Ein neues Gesicht“, wie Bürgermeister Peter Groiß das ausdrückt, war schon viele Jahre lang der Wunsch. Dabei ging es nicht nur um ein schöneres Image nach außen, sondern zugleich darum, positive Identifikation mit dieser wichtigen Infrastruktur wiederzuerlangen – um ein Stück Identität.

Für das „Gesicht“ in Richtung Stadt war das ortsansässige Architekturbüro Gilhofer verantwortlich. Das Paar hatte einen Wettbewerb zur Gestaltung des unmittelbar anschließenden Busterminals für sich entscheiden können. In der Materialisierung noch ganz „ÖBB“ ergibt sich mit dem Bau als stadtseitigem Haupteingang diesseits der B1 eine Geste Richtung Marktstraße und Rathausplatz, die bisher nicht vorhanden war – ein „Brückenkopf“ ins Zentrum.

Es ist eine Aufforderung, von diesem erneuerten Rückgrat aus mit weiteren stadträumlichen Akzenten anzusetzen. Ein anziehendes Platzgefüge kann hier entstehen, das wie von selbst vom Bahnhof in den Stadtkern leitet.

Die Errichtung des Terminals erfolgte zeitgleich und in enger Abstimmung mit dem Bahnhofsprojekt. Für die Stadt hervorragend: Die neue Bahnstation ist barrierefrei direkt ins Wegesystem integriert, ob zu Fuß, mit Auto, Rad oder per Bus. Die Warteinseln mit ihrer aufgeräumten Organisation von Service-, Aufenthalts- und Leitfunktion sind vorbildlich. Wünschenswert, wenn dies nach der „Bahnhofsoffensive“ der ÖBB der Beginn einer „Busoffensive“ von Land und Gemeinden wäre.


Daten und Fakten

Objekt: Bahnhof Attnang-Puchheim
Bauherrschaft: Österreichische Bundesbahnen
Architektur: Skyline Architekten, Wien
Baubeginn: Herbst 2010
Fertigstellung: Herbst 2014
Gesamtkosten: rund 44 Millionen Euro
Maßnahmen: Neubau Bahnhofsgebäude, Umbau von Gleisanlagen, Errichtung Personendurchgang zum Dr.-Karl-Renner-Platz, Adaptierung Personendurchgang inkl. Errichtung Liftanlagen und Rolltreppen, Errichtung von zwei neuen Inselbahnsteigen

Objekt: Busterminal
Bauherrschaft: Land Oberösterreich und Stadtgemeinde Attnang-Puchheim
Architektur: Büro Gilhofer, Attnang-Puchheim
Gesamtkosten: 4,8 Millionen Euro
Maßnahmen: getrennte Bushaltestellen, Warteinseln, Geschäftsflächen, Fahrradabstellanlage

OÖNachrichten, Sa., 2015.01.31

03. Januar 2015Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Vom kultivierten Umgang mit dem Raum

Entgegenkommend im Gebrauch, umfassend im Anspruch an Kultiviertheit und Schönheit: Friedrich Goffitzers Werk ist zeitlos. Mehr Beachtung würde gut tun.

Entgegenkommend im Gebrauch, umfassend im Anspruch an Kultiviertheit und Schönheit: Friedrich Goffitzers Werk ist zeitlos. Mehr Beachtung würde gut tun.

Er war Designer, Bühnenbildner, Architekt. Fritz Goffitzer, der 2010 im Alter von 83 Jahren verstorben ist, war ein wahrer Universalist der Gestaltung. Sein vielseitiges Werk reicht vom stapelbaren Bierglas über Orgeln bis zum Löschfahrzeug. Er plante Ausstellungspavillons, Firmengebäude und Wohnhäuser. Forschend widmete er sich der Harmonie- und Proportionslehre oder barrierefreiem Design.

In der Architekturgeschichte des Landes nimmt er nicht nur durch seine Bauten eine hervorragende Stellung ein. Goffitzer hat auch als Lehrender gewirkt und geprägt. Über zwanzig Jahre war er Professor der Meisterklasse für Innenarchitektur, kurzzeitig auch Rektor an der damaligen Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz.

Es sind nicht einfach Gebäude, die Goffitzer hinterlassen hat, eher Kompositionen. Ob Autohaus, Villa oder Synagoge – sie zeugen von künstlerischer Energie, handwerklicher Versiertheit und Sinn für Form und Material. Es sind menschenfreundliche, wohlproportionierte Räume, die eine moderne, wohltuend optimistische Idee von gesellschaftlicher Freiheit und Selbstbestimmtheit ausstrahlen.

Knapp ein halbes Jahrhundert nach Fertigstellung einiger seiner wichtigsten Werke inspiriert diese Haltung: Gute Architektur wurde als Errungenschaft einer technisch, sozial wie künstlerisch hoch entwickelten Kultur verstanden, gepflegt und verfeinert. Das hiesige Bauwesen dieser Tage könnte sich das zum Vorbild nehmen und die heutigen Ansprüche nachjustieren.

Die Synagoge für die Israelitische Kultusgemeinde von 1968 in der Linzer Bethlehemstraße gilt als Hauptwerk und ist dennoch kaum beachtet. Dabei ist das Gebäude nicht nur im Oeuvre Goffitzers herausragend, es ist für die Architekturlandschaft in Oberösterreich von höchstem Stellenwert.

Besonders deutlich wird bei dem Bethaus das szenografische Talent des Architekten. Mit der Bewegung durch den Raum ergibt sich ein feiner dramaturgischer Bogen. Das räumliche Arrangement berücksichtigt Geschwindigkeit und Rhythmus der Annäherung, bedenkt Pausen und Wendepunkte, den ruhevollen Moment des Ankommens. Niveausprünge, Materialwechsel, Lichtveränderungen verbinden sich zum zusammenhängenden Raumerleben.

Die Gestalt des Raums

Im Fall der Synagoge sind das tiefe Ruhe und Geborgenheit. Das verdankt sich unter anderem auch den Fresken von Fritz Fröhlich – nur ein Beispiel gelungener Kooperation des Architekten mit Kunstschaffenden. „Architektur“, schrieb Goffitzer in einer Publikation, „ist mehr als nur ein Gestalten von Räumen. Sie ist die Lehre von der Gestalt des Raums“.

Was wie ein Wortspiel klingt, muss als präzise Abgrenzung zum bloßen Bauen gelesen werden. „Architektur“ bedeutet also, die Wirkung der „Raumgestalt“ auf Leib und Psyche des Menschen zu studieren und ernst zu nehmen, Räumlichkeit nach diesen Erkenntnissen zu entwickeln. Die Bauten Goffitzers sind tatsächlich nie einfache Container oder Kisten. Sie sind körperlich gedacht, oft plastisch überarbeitet.
Wohl proportioniert

Der Raum ist dreidimensional durchformt, nicht eine Grundrisszeichnung mit Wänden und Decke. Wie die Glieder eines Menschen sind die Einzelteile eines Baus und Gebäude mit der Umgebung in einem Maßzusammenhang. Es gibt Verhältnisse und Beziehungen zwischen oben und unten, innen und außen, sowie Kommunikation zwischen den Teilen und Rhythmik.

Dass Fritz Goffitzer das nicht nur bei sakralen Räumen und edlen Wohnhäusern umzusetzen wusste, zeigt sich gut an dem Autohaus mit knapp 12.000 Quadratmetern Werkstatt- und Verkaufsflächen, das er Mitte der 1960er-Jahre im Linzer Hafenviertel errichtete. Selten verbreiten Gebäude von dieser Größe und Funktion so viel Leichtigkeit, Offenheit und Charme. Die Besichtigung dieses Objekts sei insbesondere all jenen ans Herz gelegt, die im Hafen künftig „Großes“ planen.

OÖNachrichten, Sa., 2015.01.03

13. Dezember 2014Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Kommet, ihr Hütten!

Ein Zwölftel des Jahres beherrscht Christkindl-Themenarchitektur Straße, Park und Platz. Eine vorweihnachtliche Betrachtung zur Verstandelung unserer Städte.

Ein Zwölftel des Jahres beherrscht Christkindl-Themenarchitektur Straße, Park und Platz. Eine vorweihnachtliche Betrachtung zur Verstandelung unserer Städte.

Alle Jahre wieder: mit Leuchtmitteln und Tannenreisig behangene Stromkabel und blecherne Blasengel in der Luft, auf dem Boden eine unübersehbare Zahl von Standln und Hütten der diversen Adventmärkte. Ihre Architektur schöpft aus dem reichen Formenschatz an religiösen Motiven, volkstümlichen Traditionen und der Erzählwelt des Marketings, die sich um das Weihnachtsfest angereichert haben.

Temporäre Hüttensiedlungen breiten sich in der Standlhauptstadt Linz genau so aus wie auf dem Welser Stadtplatz. Sie sind in der „Christkindl-Region“ Steyr zu finden, aber auch in Freistadt, Gmunden oder Ried. Manche lieben, andere hassen sie.

Fakt ist, dass die Weihnachtsmärkte so viele Menschen an die städtische Frischluft locken, wie das selten sonst der Fall ist. Trotz Nebel und Kälte ist die Stadt belebt, Jung und Alt verabreden sich im „öffentlichen Raum“, es wird flaniert und verhandelt, es herrscht herzerwärmendes Gedränge. Es wäre zu einfach, die belebende Wirkung alleine Punsch und Glühmost zuzuschreiben. Was ist das räumlich-ästhetische Erfolgsgeheimnis der Christkindl-Architektur? Was haben diese inszenierten Räume, das die „echte“ Stadt nicht hat?

Das sonst so harte Licht ist in glitzerndes Leuchten verwandelt, über dem Pflaster der Straße das weiche Stroh. Die Stadt hat in den Hintergrund zu treten, lediglich barocke Schauseiten dürfen zart illuminiert als Kulisse herhalten.
Die Verniedlichung der Stadt

Der Rest der urbanen Wirklichkeit wird in diesen Wochen ausgeblendet, zur Schneekugel verkleinert oder zur naiven Malerei verniedlicht. Die Verdörflichung des Städtischen ist Teil des christkindlichen Raumprogramms. Bei allem Verständnis für das Bedürfnis nach mehr Überschaubarkeit und „menschlicherem“ Maßstab: Die oberösterreichischen Städte haben hochwertige Altstadt-Räume.

Würden die bestehenden – teils leerstehenden – Läden und Lokale mit einigen ergänzenden Angeboten auf der Straße räumlich geschickt verwoben, wären diese Qualitäten ohne Scheinwelt zu haben. Weihnachtsmärkte dieser Art wären eine Gelegenheit, die Augen zu öffnen für das Liebliche und Liebenswürdige an der tatsächlich vorhandenen, „echten“ Stadt.

Harmlose Heimatlichkeit, Nostalgie und Gemütlichkeit sind essentiell im Christkindlgeschäft. Und welches Material ist derart heimelig? Selbstverständlich Holz. Die gemütliche Hütte ist aus Holz (nebenbei: die Hütten auf dem Linzer Hauptplatz bestehen unter der Oberfläche aus 35 Tonnen Stahl).

Das Vorbild Berghütte wird bis gegen Unkenntlichkeit pervertiert und kommt im Durchschnitt irgendwo zwischen Schlepplifthäuschen und alpenländischer Schneekrippe zu liegen. Verbindendes Erkennungsmerkmal sind die Holzverschalung in möglichst rustikaler Verarbeitungsweise und verschnörkelte Giebelgesimse als Zier. Schade nur, dass dieses für die Stimmung so wichtige „Holz“ fast ausschließlich in geschändeter Form zu finden ist, dick lackiert und überall dort verschlagartig aufgeschraubt, wo es gerade passend scheint.

Das hochwertige Material, aus dem Jahrhunderte überdauernde Möbel, Wohnbauten und Industriehallen errichtet werden, hat damit nichts zu tun. Der Christkindlmarkt wäre idealer Ort der Vermittlung dieses Baustoffs – konstruktiv, in seiner Wirkung am gebauten Objekt, nicht zum sinnentleerten Dekor degradiert.
Stadt mit allen Sinnen

Es liegt nicht nur an Form und Material. Die besondere Anziehungskraft geht vom sinnlichen Angebot der Weihnachtsstädte aus: verlockende Klänge und Düfte, die Sichtbarkeit menschlichen Schaffens, der Reiz einer Wärmequelle mitten in der Kälte, Schauen und Gesehenwerden, das zwischenmenschliche Drängen und Beieinandersein.

All das, was die „normale“ Stadt oft zurückdrängt und versteckt, ist hier erlebbar. Die Standlstadt hat mehr Sinnlichkeit zu bieten. „Etwas mehr Sinnlichkeit“ – das gehört auf den Wunschzettel an die richtige Stadt.

OÖNachrichten, Sa., 2014.12.13

15. November 2014Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Kommunale Baukultur in Serie

Braucht ein Zweckbau Architektur? Sechs Abfallsammelzentren im Bezirk Grieskirchen zeigen: Öffentliche Baukultur endet nicht bei Theatern und Museen.

Braucht ein Zweckbau Architektur? Sechs Abfallsammelzentren im Bezirk Grieskirchen zeigen: Öffentliche Baukultur endet nicht bei Theatern und Museen.

Der Umgang mit Altstoffen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Recycling ist nicht nur ökologische Pflichtübung für alle, sondern ein öffentlich-rechtliches Geschäftsfeld geworden, das nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktioniert.

Im Bezirksabfallverband (BAV) Grieskirchen wurde rechtzeitig erkannt, dass sich mit dem neuen gesellschaftlichen Verständnis auch die Anforderungen für die räumliche Gestaltung der Abfallentsorgung gewandelt haben. Wie Nahversorgungseinrichtungen sollten Sammelzentren künftig nicht „versteckt“, sondern an der Kundschaft orientiert, leicht zugänglich und ansprechend gestaltet sein.

Gebäude mit optimierten Abläufen waren gewünscht, deren Erscheinungsbild und Herstellungsweise zugleich das zugrundeliegende Thema eines ökologisch nachhaltigeren Umgangs mit Ressourcen nachvollziehbar machen sollten. Diese Denkweise ergab sich nicht von selbst. Voraussetzungen waren die Überzeugungsarbeit vorausschauender Entscheidungsträger in Verband und Gemeinde und die Bereitschaft, sich im Ideenfindungsprozess von Anfang an professionell beraten und begleiten zu lassen.

Mittel der Wahl: Wettbewerb

Auf das komplexe Anforderungsprofil aus gesellschaftlichen, funktionalen und ästhetischen Ansprüchen kann nur im Rahmen eines Wettbewerbs eine erfreuliche Antwort gefunden werden. Das kompetitive Verfahren erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen hervorragenden Entwurf. Sein Wert liegt aber auch darin, dass die Bauherrschaft aus der Zusammenschau hochwertiger Ideen die eigentlichen Bedürfnisse und Anforderungen schärfen und folglich mit umso präziseren Kriterien ein Projekt prämieren und umsetzen kann.

Zehn oberösterreichische Architekturbüros wurden um Vorschläge für das Pionierprojekt der Grieskirchner Geschäftszentrale des BAV mit integrierter Sammelstelle gebeten.

Den Zuschlag bekam Architekt Wolf Grossruck, der heute auf insgesamt sechs Projekte zurückblickt, die er mit seinem Team auf der Grundlage des prämierten Beitrags in den vergangenen fünf Jahren verwirklicht hat.

Dabei sind nicht etwa ein Prototyp und fünf Kopien entstanden. Das Grundmodell wurde in steter Weiterentwicklung für die jeweiligen Standorte angepasst und moduliert. Möglich war das, weil die Planungen über den gesamten Zeitraum in der Hand des Architekten blieben. Selbst die Grundstückssuche wurde mit ihm koordiniert, um die Anlagen behutsam in die Landschaft einzupassen (Konzept war beispielsweise, für die vertiefte Position der Trennmulden jeweils natürliche Geländeneigungen zu nutzen).

Lokale Betriebe engagiert

Die Gestaltung wurde aus der Zielsetzung bestmöglicher Gebräuchlichkeit entwickelt. Das meint mehr als die Optimierung von Arbeitsabläufen im jeweiligen Objekt und hat wenig mit der missverständlichen Zauberformel „Form folgt Funktion“ zu tun. Es ging eher darum, die Bauaufgabe „Abfallsammelzentrum“ möglichst ganzheitlich zu erfassen und daraus einen zeitgemäßen Typus zu kreieren.

Das beginnt bei der sensiblen Standortwahl im örtlichen Kontext und endet bei Details, wie etwa der Entscheidung für automatische Glasschiebetüren, die ein kundenfreundliches Entrée wie im Supermarkt ermöglichen. Nicht nur die Planung wurde jeweils maßgeschneidert, auch die bauliche Umsetzung erfolgte ortsspezifisch durch lokale Betriebe.

„Wir haben den Holzbau so konzipiert, dass auch kleinere, ortsansässige Zimmerer mitbieten konnten“, erläutert Grossruck. Die Vergabe vor Ort war neben der Wert-schöpfung auch ein wichtiger Faktor für die lokale Wertschätzung der Anlagen. „Internationale Delegationen staunen oft, wie toll das bei uns funktioniert“, freut sich Rudolf Pichler vom BAV über die gute Nutzungsfrequenz, die nicht zuletzt wegen der gelungenen Architektur in den vergangenen Jahren stark gestiegen sei.

OÖNachrichten, Sa., 2014.11.15



verknüpfte Bauwerke
Altstoffsammelzentrum und Bezirksabfallverband Grieskirchen

18. Oktober 2014Tobias Hagleitner
OÖNachrichten

Goldstück, Wolke, weißer Riese

Lichtenberg: Verstreute Schlafsiedlung über der Nebelgrenze? Das war einmal. Lichtenberg hat jetzt einen Ortskern.

Lichtenberg: Verstreute Schlafsiedlung über der Nebelgrenze? Das war einmal. Lichtenberg hat jetzt einen Ortskern.

Jetzt gibt es eine Mitte!“, zeigt sich Bürgermeisterin Daniela Durstberger erleichtert und blickt nicht ohne Stolz über den neuen Platz. Nebenan genießen Ausflügler aus Linz Kaffee und Kuchen, vor dem Turnsaal unterhält sich ein Grüppchen Schüler, unter der Pergola sitzt ein junger Mann mit Laptop auf den Knien.

Die Szenerie wirkt ungewohnt, noch etwas unnatürlich. Neben dem neuen Haus für die Gemeinde mit Café, Bücherei und Bankfiliale ist eine freie Fläche für das öffentliche Leben entstanden, die in vielfältiger Art genutzt, bespielt, belebt werden will. Lichtenberg ist jung. Erst ab den 1950er Jahren entstanden mit dem regen Zuzug von Wohnbevölkerung nach und nach ein eigenes Gemeindeamt, die Volksschule, ein Pfarrheim ohne Kirche, Freizeitanlagen, Infrastruktur. Zunehmend sei der Wunsch nach einem Ortskern da gewesen, erläutern die Architekten Christian Stummer und Andreas Fiereder (alias Two in a Box) die Vorgeschichte.

Bereits 2008 hatten sie Gelegenheit, die Entwicklung in einem Masterplan vorzuzeichnen. Bei aller Jugend der Gemeinde war die Standortwahl für einen Platz von den Gegebenheiten eingeschränkt: als Ersatz für das Pfarrheim hatte die Diözese eben erst ein neues Seelsorgezentrum mit Kirchenraum konzipiert und damit den räumlichen Schwerpunkt für die Gemeinde festgelegt. Der Ortsplatz sollte auf dem Geviert entstehen, das von Kirche im Süden, Turnsaal im Westen sowie der Straße im Osten und Norden definiert war.

Mit der Ausgangslage wurde raffiniert umgegangen. Die belebte Straßensituation konnte durch eine Vorrangänderung etwas entschärft werden. Durch die Positionierung der neuen Baukörper ist es gelungen, alle Gebäude um den Platz einzubeziehen und einen attraktiven Außenraum zu schaffen. Das verdient Anerkennung, denn weder Turnsaal noch Pfarrkomplex, schon gar nicht der neue Wohnbau der Lawog sind für sich genommen dem angenehmen Gesamteindruck zuträglich.

Dass es geglückt ist, verdankt sich der selbstbewussten, zugleich dienenden Haltung des Amtsgebäudes. Es bietet dem Platz den nötigen Rückhalt und bleibt doch eigenständiges Einzelobjekt. Der „goldene“ Fassadenschirm – eigentlich metallisch erdfarben – ist Teil dieser Strategie und sollte nicht als Überheblichkeit verstanden werden. Im Inneren verdeutlicht sich das. Zugänge sind leicht ersichtlich, Wege selbsterklärend. Der Platz erfährt mit dem hellen Atrium eine Fortführung, die quer durch das Gebäude weiterleitet.

Auf einen Blick lassen sich die unterschiedlichen Nutzungen ausmachen: oben Verwaltung und Bürgersaal, straßenseitig die Bank, zum Platz das Café, nordwärts Bücherei und Bürgerservice. Materialien und Oberflächen sind sachlich, etwas kühl, aber angenehm.

Dass der gemeinsame Raum zwischen den Gebäuden, das Öffentliche, allen Beteiligten ein echtes Anliegen war, zeigt sich in der Qualität der „Kunst am Bau“. Hervorgegangen aus einem Wettbewerb der Diözese ist der „Wolkenteppich“ des Kollektivs Kompott ein spannender Versuch, dem Ort und seiner neuen Mitte eine Identität anzubieten – nicht als Festlegung, sondern als subtiles Zeichen: Es erschließt sich nicht auf den ersten Blick, sondern wird erst durch Gespräche, Bilder und Geschichten zu seiner eigentlichen, ortstypischen Bedeutung finden.

OÖNachrichten, Sa., 2014.10.18

Profil

Tobias Hagleitner (*1981, Bregenz) hat 2008 an der Kunstuniversität Linz im Fach Architektur diplomiert und 2018 promoviert. Seit 2007 freischaffend in den Bereichen Baukunst, Gestaltung und Architekturkommunikation. Als Architekturkritiker schrieb er u. a. für die OÖNachrichten, in Vorarlberg für die vom vai Vorarlberger Architektur Institut kuratierte Reihe zur Baukultur „Leben & Wohnen“ in den VN. Er ist freier Mitarbeiter und Kurator im afo architekturforum oberösterreich (2020/21 interimistischer Leiter) und Redakteur für die nextroom-Sammlungstätigkeiten von afo und vai.

Lehrtätigkeit

seit 2012 Lehraufträge zu Raum, Architektur und Kunst im öffentlichen Raum an Kunstuniversität Linz und KU Linz

Veranstaltungen

11/2023–04/2024 Stadtlabor, Nordico Stadtmuseum Linz (Gestaltung und Kuratierung gemeinsam mit Klaudia Kreslehner)
09/2023–09/2030 Linz Blick, Dauerausstellung Nordico Stadtmuseum Linz (Gastkurator)
04/2023–09/2023 schee schiach Ep. 1 & 2, afo architekturforum oberösterreich (Co-Kurator)
11/2021–02/2022 Kühne, Schulte, Gegenwart. Soziale Stadtbausteine der Zwischenkriegszeit in aktueller Perspektive, afo architekturforum oberösterreich (Konzept und Gestaltung)
11/2020–03/2021 Das gewisse Etwas. Über die Begeisterung für Architektur in fünfundsechzig Dingen, afo architekturforum oberösterreich (Konzept und Gestaltung)
05/2021–09/2021 Sehnsuchtsort Schule, afo architekturforum oberösterreich (Kurator mit Teresa König und Uschi Reiter)
01/2020–07/2020 Egon Hofmann–Linz. Künstler Industrieller Kosmopolit, NORDICO Stadtmuseum Linz (Ausstellungsgestaltung mit Margit Greinöcker)
03/2019–08/2019 Es zog mich durch die Bilder. Kubin@nextcomic-Festival, Landesgalerie des OÖ Landesmuseums (Ausstellungsgestaltung)
03/2017–04/2017 Erfahrene Landschaft II, Architektur Haus Kärnten (Kurator, Konzept und Gestaltung)
05/2016–07/2016 Erfahrene Landschaft I, afo architekturforum oberösterreich (Kurator, Konzept und Gestaltung)
09/2013–02/2014 Kunterbunt. „Klasse Kunst“ zum Thema Farbe, Landesgalerie Linz (Ausstellungsgestaltung mit Margit Greinöcker)
04/2013–06/2013 Innenansicht Suedost. Vorarlberg, vai Vorarlberger Architektur Institut (Co-Kurator und Gestaltung mit Azra Akšamija, Margit Greinöcker et al.)
07/2012–08/2012 Innenansicht Suedost. Linz, afo architekturforum oberösterreich (Co-Kurator und Gestaltung mit Azra Akšamija, Margit Greinöcker et al.)

Auszeichnungen

2022 Forschungspreis Architektur der zt: Bundeskammer
2013 START Stipendium „Architektur und Design“ des bmukk
2011 Schütte-Lihotzky-Projektstipendium
2008 Kunstpreis der Diözese Linz
2008 Talentförderungsprämie Land Oberösterreich

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