Übersicht

Bauwerke

Artikel 12

14. Juni 2008Urs Steiner
Neue Zürcher Zeitung

Burkhalter Sumi Architekten

Das Architektenpaar Marianne Burkhalter und Christian Sumi wurde in erster Linie bekannt mit Wohnbauten, oft an besten Lagen. Mit der Berufung an die Accademia di architettura der Tessiner Universität in Mendrisio konzentrieren sie sich auf grundlegende programmatische Fragen: Nachhaltigkeit etwa oder die Erforschung der Agglomeration.

Das Architektenpaar Marianne Burkhalter und Christian Sumi wurde in erster Linie bekannt mit Wohnbauten, oft an besten Lagen. Mit der Berufung an die Accademia di architettura der Tessiner Universität in Mendrisio konzentrieren sie sich auf grundlegende programmatische Fragen: Nachhaltigkeit etwa oder die Erforschung der Agglomeration.

Widerstand ist zwecklos. Oder vielmehr nicht mehr nötig. «Le Corbusier und Frank Lloyd Wright hatten ästhetischen Widerstand gegen das Establishment geleistet», sagt Christian Sumi. Die Avantgardisten schwatzten ihren Auftraggebern gewagte Architekturexperimente auf, mit denen die betuchten Kunden dann in der besseren Gesellschaft punkten konnten. Heute gehört es zum guten Ton, sich von einem bekannten Baukünstler eine edle Bleibe entwerfen zu lassen – zum Beispiel von den Zürcher Autoren-Architekten Marianne Burkhalter und Christian Sumi. Die Kunden sind informiert über die Trends in der Architektur, über die Brands in Design und Kunst. Sie wissen genau, was sie wollen. «Schönheit und Lifestyle haben die Baukultur durchdrungen», konstatiert Sumi.

Raue Orte – viele Fragen

Schwieriger wird es für Architekten am Stadtrand oder im gesichtslosen Siedlungsbrei der Agglomerationen. «Ein rauerer Ort fordert uns heraus», erklärt Marianne Burkhalter. Die neusten Projekte des Architekturbüros Burkhalter Sumi zusammen mit ihrem Partner Yves Schihin befassen sich mit vielschichtigen Themen: Bürohäuser und ein Hotel in Opfikon, eine Überbauung beim Bahnhof Giesshübel oder ein Hotelturm für das Andermatt-Resort von Samih Sawiris.

Marianne Burkhalter und Christian Sumi sind Architekten mit einem historischen Bewusstsein. Ihr Interesse reicht von Gottfried Semper, dessen Ausstellung zum hundertsten Geburtstag sie gestaltet haben, bis zu zeitgenössischer Szenografie im Fall eines Pavillons, den sie für die Expo 02 in Yverdon-les-Bains entwarfen. Sie sind fasziniert von der brutalistischen Architektur der Smithsons, deren Begeisterung für den Citroën DS sie teilen. DS-Besitzer Christian Sumi hat sogar ein Buch über die Wechselwirkung von Alison Smithsons Auto und ihrer Architekturauffassung herausgegeben: «AS in DS».

Das Büro von Burkhalter Sumi mit rund zwanzig Mitarbeitern befindet sich an idyllischer Lage in der Zürcher Altstadt, während die beiden privat in einem klassisch modernen Gebäude aus dem Büro Haefeli Moser Steiger wohnen. Stilsicherheit, historisches Bewusstsein und intellektuelle Herausforderungen haben die Karriere von Burkhalter Sumi von Anfang an geprägt. Fasziniert von der Formensprache des Holzbaus, experimentierten sie in den achtziger Jahren mit dessen Anwendungsmöglichkeiten in der zeitgenössischen Architektur und machten sich mit neuen Interpretationen traditioneller Konstruktionen einen Namen. Inzwischen beschäftigen sich die Architekten, die mit einem Kindergartenpavillon in Lustenau und einer Forsthütte in Turbenthal begannen, mit Städteplanung oder Bürowolkenkratzern in China. Von der Villa und vom Mehrfamilienhaus über das Hotel bis zur Altersresidenz deklinierten sie die verschiedenen Variationen des Wohnbaus durch.

Lehre und Forschung

Im Frühling 2008 haben Burkhalter und Sumi eine neue Aufgabe übernommen, die sie abwechslungsweise während zweier Tage pro Woche beschäftigt: ein Lehrstuhl für Entwurf an der Accademia di architettura der Università della Svizzera italiana in Mendrisio. Nach diversen Gastprofessuren – Marianne Burkhalter an der SCI-ARC in Los Angeles und an der EPF Lausanne, Christian Sumi neben der EPF auch an der Harvard University in Cambridge – übernehmen die Eltern eines volljährigen Sohnes jetzt Verantwortung in der Lehre. Die Tessiner Universität glänzt durch ein kleines, aber prominent besetztes Professorenkollegium. Obschon die Architekturakademie noch jung ist, zeichnet sich in nächster Zeit ein Generationenwechsel der Gründerväter Botta, Galfetti, Pini und Zumthor ab.

Auch inhaltlich werden sich die Gewichte in der Ausbildung verschieben. Während die Gründer der Akademie ihren Entwurfsschwerpunkt auf eine neue Formensprache (Tendenza) und die Entwicklung des Territoriums in der Architektur legten, warten jetzt komplexere Aufgaben: Urbanisierung des Alpenraums, Nachverdichtung, Nachhaltigkeit oder die Erneuerung der Infrastrukturen sind Themen, die neben der Vermittlung von Konstruktion und Tektonik das Berufsbild der Architektur verändern werden. «Seit den achtziger Jahren drehte sich die Architekturdebatte um die Form», sagt Christian Sumi, «jetzt verlagert sie sich auf programmatische Themen.» Etwa darauf, was es heisst, «dort draussen» im urban sprawl, in der «Agglo», zu bauen.

Die Architekten wollen sich jetzt vermehrt Themen widmen, hinter denen die reine Ästhetik möglicherweise als Luxus erscheinen könnte. Gerade für Baukünstler wie Marianne Burkhalter und Christian Sumi stellt sich die Frage nach der zukünftigen Legitimierung der Profession verschärft. Was ist Qualität, und wozu dient sie? Oder wie Marianne Burkhalter es ausdrückt: «Wir haben bewiesen, dass wir Schmuckstücke bauen können, und werden es weiterhin gerne tun. Uns beschäftigen aber zunehmend jene Fragen, auf die wir selber noch keine Antwort wissen.»

Profil

1984 Bürogründung durch Marianne Burkhalter und Christian Sumi
2004 Neuer Partner Yves Schihin
2012 Neuer Partner Urs Rinklef
2020 übernehmen Yves Schihin und Urs Rinklef das Büro und führen es als Oxid Architektur weiter. Marianne Burkhalter und Christian Sumi sind weiterhin im Bereich Architektur, Theorie und Ausstellungen tätig. Sie begleiten zudem Oxid Architektur in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften.

Publikationen

Monographien

- Burkhalter Sumi recent work, 2G n° 35, Verlag Gustavo Gili, Barcelona, Herbst 2005
- Konstruktionen/Constructions: Burkhalter Sumi Architekten/Architects – Makiol Wiederkehr Holzbauingenieure/Timber Construction Engineers, Quart Verlag Luzern 2005 deutsch englisch
- Marianne Burkhalter + Christian Sumi - Sinnliche Dichte: Projekte und Studien 1999-2003; Hochparterrebeilage 11/2003
- Marianne Burkhalter + Christian Sumi, Verlag Birkhäuser, Basel, 1999, deutsche und englische Ausgabe (Birkhäuser und Princeton Press)
- Marianne Burkhalter + Christian Sumi - Die Holzbauten, Institut gta ETH Zürich, 1995; Deutsche, Englische und Flämische Ausgabe
- Marianne Burkhalter + Christian Sumi - „Baukörper“, Edition Architekturgalerie Luzern, Luzern 1991

In nextroom dokumentiert:
Gebäude finden, , Scheidegger & Spiess
Konstruktionen - Burkhalter Sumi, Makiol Wiederkehr, Heinz Wirz, Quart Verlag

Veranstaltungen

Ausstellungen Burkhalter Sumi Architekten

- Burkhalter Sumi Architekten: Sinnliche Dichte - Projekte und Studien, 1999-2003, Architekturforum 2003/04
- „Burkhalter und Sumi“, ETH Zürich 1995 als Wanderausstellung gezeigt in:
„Kulturzentrum de Singel“ Antwerpen, Architekturzentrum Wien, EPF Lausanne, Fachhochschule Trier, „Arc en reve centre d’Architecture“ Bordeaux
- „Baukörper“ Architektur Galerie 1991 in Luzern und Architektur Galerie Bonnier 1992 in Genf

Ausstellungen thematisch

- Gruppenausstellung „AUF NACH CHINA“, Architektur Forum Zürich 2005
- Gartenstadt verdichten am Beispiel Schwamendingen, Amt für Städtebau der Stadt Zürich, 2001
- Arbeitsmodelle: Von El Lissitzky bis Rem Koolhaas, Architekturmuseum Basel 2000

Auszeichnungen

Preise und Auszeichnungen

- Minergiepreis Hochhaus Werd 2004
- Architekturpreis der Reiners Stiftung 2003/04: Umbau I Anbau EFH Glärnischstrasse, Küsnacht)
- Auszeichnung guter Bauten im Kanton Zürich 2003: Wohnüberbauung Wehrenbachhalde, Zürich)
- Minergie 1998, Auszeichnung des Bundes: Sanierung der Wohnsiedlung Dettenbühl, Wettswil
- Thüringer Architekturpreis 1998: Hotel Dorint, Weimar
- Internationaler Architekturpreis „Bauen in den Alpen 1995“: Forstwerkhof Turbenthal
- Schweizer Fernsehen „10 vor 10“/Hochparterre - Beste Architektur 1995: Hotel Zürichberg, Zürich
- Schweizer Fernsehen „10 vor 10“/Hochparterre - Beste Architektur 1992: KV Schule, Laufenburg

In nextroom dokumentiert:
Constructive Alps 2017, Nominierung, Ateliers für Gastkünstler im Kunstdepot Göschenen

Wettbewerbe

Erste Preise:
2006 Arealentwicklung SZU Giesshübel, Zürich
2004 Planung Seewen, Kanton Schwyz
2004 Sanierung/Umbau Bai Yu Center, Beijing (in ARGE mit Hässig und Partner, Zürich)
2004 Bürogebäude Brauerei Eichhof, Luzern
2002 Restaurant Werd, Zürich
2002 Restaurant/Theatersaal Rigiblick, Zürich
2002 Seniorenresidenz „Multengut“, Muri
2001 Zentrumsüberbauung Bahnhof Frauenfeld, Frauenfeld
2001 Wohnüberbauung „Sunnige Hof“, Zürich
2000 Dienstleistungszentrum „ Cher“, Opfikon
2000 Wohnüberbauung „Rösslimatt“, Sattel
1998 Wohnüberbauung Wehrenbachhalde, Zürich
1998 Quartierzentrum Schwamendingen, Zürich
1995 Sanierung + Aufstockung EMPA, Dübendorf
1995 Wohnüberbauung in Herrliberg, Zürich
1995 Wohnüberbauung am Ringelberg in Erfurt, Deutschland (mit Daniela Däumler, Regina Böhm und Tobias Haag)
1995 Hotel Dorint in Weimar, Deutschland
1995 Fassadensanierung Siedlung Dettenbühl, Wettswil
1994/95 Überbauung Bernhardwies, St. Gallen
1992 Kompostieranlage Werdhölzli, Zürich
1989 KV-Schulhaus und Genossenschaftswohnungen, Laufenburg
1989 Sanierung und Erweiterung Hotel Zürichberg (Zürcher Frauenverein), Zürich
1989 Kindergarten Hasenfeld in Lustenau, Österreich
1987 Wohnbauwettbewerb Kastnerareal, Thüringen (Vorarlberg/Österreich)
1986 Plastik und Skulpturen – Ausstellung in Biel, mit Chr. Haerle und M. Schaedler, Auftrag zur Ausführung

7 | 6 | 5 | 4 | 3 | 2 | 1