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Bauwerke

Artikel 12

06. März 2010Markus Mittringer
Der Standard

Raimund Abraham 1933-2010

Architekt Raimund Abraham, ein Befürworter des Einfachen und Sinnfälligen in der Baukunst, wirkte als Künstler, Anreger und Lehrer. Er ist 76-jährig einem Verkehrsunfall in Los Angeles zum Opfer gefallen.

Architekt Raimund Abraham, ein Befürworter des Einfachen und Sinnfälligen in der Baukunst, wirkte als Künstler, Anreger und Lehrer. Er ist 76-jährig einem Verkehrsunfall in Los Angeles zum Opfer gefallen.

Vergangenen Mittwochabend hielt Raimund Abraham am Southern California Institute of Architecture seinen letzten Vortrag: Die Verklärung der Stars unter den Architekten war einer der zentralen Punkte, die Abraham, der die Komplexität des Einfachen bedingungslos gegenüber dem Spektakulären, dem technisch gerade noch Machbaren verteidigte, dabei ein letztes Mal scharf kritisiert hat.

Ein letztes Abendessen mit Freunden und Wegbegleitern wie Eric Owen Moss und Peter Noever später war Abraham tot, mit einem Bus in Downtown L.A. kollidiert, noch an Ort und Stelle seinen Verletzungen erlegen. Raimund Abraham hat - prototypisch für sein Leben - nicht die vorgeschriebene Fahrtrichtung eingeschlagen.

Der 1933 in Lienz in Osttirol geborene Architekt war nicht im Ruhestand, hat nicht daran gedacht, das eigene Haus, an dem er seit Jahren in Mexiko baute, als Alterssitz zu nutzen.

Er hat dort umgesetzt, was seine Sache, seine Haltung war: kompromissloses Bauen, elementare Architektur, schlichte Häuser mit einer sinnstiftenden Verschränkung von internen und externen Blicken, Häuser, die skulptural erscheinen mögen, im Kern aber der Funktion verpflichtet sind - Orte, die Intimität und Öffentlichkeit versöhnen.

Verbindliche Botschaft

„Ich werde“, sagt Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrums Wien, „die Botschaft von Raimund Abraham niemals vergessen: ,Jeder Bau verletzt die Erde. Jeder Architekt hat deshalb die Verantwortung, dass diese aufgeladene Schuld der Verletzung der gegebenen Erde nur durch eine kulturelle und künstlerische Verbesserung versöhnt werden kann.'“

In Mexiko und in New York, der Stadt, in der er seit 1971 lebte, hat er weitergeplant, gezeichnet, gedacht, seine Vorlesungen (an der Cooper Union und am Pratt Institute in New York) ausgearbeitet. In Vorbereitung war etwa ein Musikerhaus auf dem ehemaligen Militärgelände bei Neuss in Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Projekts „Museumsinsel Hombroich“.

Als Raimund Abrahams Hauptwerk gilt das Austrian Cultural Forum in New York, das, so Dietmar Steiner, „nur unter schwierigsten Rahmenbedingungen verwirklicht werden konnte, aber heute als Manifest und Landmark zeitgenössischer Architektur in die globale Architekturgeschichte eingeschrieben ist“. Das Magazin Wallpaper hat Abrahams Bau, der auf nur sieben Metern Breite und - für New York - mickrigen 24 Etagen den großen Bürotürmen locker Paroli bietet, unter die fünf wichtigsten Gebäude New Yorks gereiht.

Protest gegen FP-Beteiligung

Zwei Jahre vor der Eröffnung des Hauses legte Abraham aus Protest gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ seinen österreichischen Pass nieder. 2002 wurde er amerikanischer Staatsbürger. Österreichs aktuelle Kulturministerin Claudia Schmied würdigte Abraham in einer ersten Reaktion kenntnisreich: „Diese Qualität betraf nicht nur sein architektonisches Werk, sondern auch sein öffentliches Wirken. Er ging keine Kompromisse ein, da er bedingungslos an seinen Prinzipien festhielt.“ Und diese Prinzipien vor allem auch weitergab.

Elementarteile

Abraham, der wenig gebaut hat - einige Wohn- und Geschäftshäuser in den USA, die Hypo-Bank-Filiale in seiner Heimatstadt Lienz - war ein ungemein bedeutender und einflussreicher Lehrer; hierzulande leider nur im Rahmen von Gastvorträgen bei Kollegen.

"Raimund Abraham hat der Architektur unserer Zeit von seinen ersten Recherchen der bäuerlichen „elementaren Architektur“ des Alpenraums bis zu seinen großartigen literarisch-poetischen Zeichnungen und den wenigen ihm vergönnten Bauten (Anm: bei den internationalen Wettbewerben zum Centre Pompidou und der Bastille-Oper in Paris wurde er jeweils auf den zweiten Rang gereiht) eine neue Begründung ermöglicht", sagt Dietmar Steiner stellvertretend für viele, denen Abraham weit mehr war, denn der „Schwierige“ mit dem Kulturinstitut.

05. März 2010Thomas Trenkler
Der Standard

Raimund Abraham 76-jährig gestorben

Der austro-amerikanische Architekt, bekannt durch den Bau des Kulturforums in New York, starb bei einem Autounfall in L.A.

Der austro-amerikanische Architekt, bekannt durch den Bau des Kulturforums in New York, starb bei einem Autounfall in L.A.

Bereits 1984 hatte Peter Marboe, damals Leiter des Kulturinstituts in New York, einen Neubau vorgeschlagen, weil ihm eine Sanierung des alten, asbestverseuchten Hauses in der 52. Straße nicht sinnvoll erschien. Und tatsächlich wurde vom Außenministerium ein offener Wettbewerb ausgelobt. Als Sieger ging aber nicht Hans Hollein hervor, wie es erwartet worden war, sondern ein ziemlicher Nobody: Raimund Abraham.

Der Osttiroler, 1933 in Lienz geboren, hatte von 1952 bis 1958 an der TU in Graz studiert. Zwischen 1960 und 1964 arbeitete er als freischaffender Architekt in Wien, danach war er Professor an der Rhode Island School of Design in Providence. 1971 übersiedelte er nach New York, wo er als Adjunct Professor am Pratt Institute und als Gastdozent an der Cooper Union for Advancement of Science and Art tätig war.

Realisiert hatte Abraham bis 1992 nicht viel, nur ein paar Häuser. Bei den wirklich großen Wettbewerben (z.B. Centre Pompidou oder Bastille-Oper in Paris) war er immer nur Zweiter geworden. Damit hatte der gedrungene Mann mit dem mächtigen Schnurrbart und dem weißen Hut aber kein Problem: Abraham verstand sich eher als Theoretiker und beschäftigte sich vor allem mit „imaginärer Architektur“ . Diese sei, sagte er, viel besser als gebaute, wenn sie schlecht ist. Der Titel seiner Monografie, 1996 erschienen, hieß daher treffend [UN]BUILT.

Die Pläne für das in „Kulturforum“ umgetaufte Institut hingegen versprachen eine nachgerade exemplarische Architektur: Seit dem Seagram Building des Mies van der Rohe habe es kein vergleichbares Werk mehr in der Stadt gegeben, lobten die Kritiker.

Bis zur Realisierung des Miniwolkenkratzers mit der wasserfallartigen Glas-Alu-Fassade - rund 20 Stockwerke hoch bei einer Gebäudebreite von nur 7,6 Metern - brauchte es aber Jahre. Zuerst verweigerte der damalige Finanzminister Andreas Staribacher die Mittel, dann pfuschten die Baufirmen, schließlich gab es auch noch Umplanungen.

Das Haus wurde nicht, wie einst vorgesehen, als Höhepunkt des österreichischen Millenniums 1996 eröffnet. Und die Kosten explodierten von projektierten 13 auf 33 Millionen Dollar.

Im April 2002 konnte das Kulturforum schließlich feierlich eröffnet werden. Der Baukünstler war sichtlich stolz. Die Freude der Regierungsvertreter aber ein wenig getrübt: Raimund Abraham, der sich nie den Mund verbieten ließ, hatte aus Protest gegen die schwarz-blaue Regierung um die US-Staatsbürgerschaft angesucht. Er erhielt sie - kurz vor der Eröffnung. Österreicher blieb er dennoch.

Am 4. März kurz nach Mitternacht starb Abraham in Downtown Los Angeles bei einem Autounfall: er stieß mit einem Autobus zusammen. Wie das österreichische Generalkonsulat mitteilte, hatte Abraham nur wenige Stunden zuvor noch einen Vortrag am Southern California Institute of Architecture (SCI-Arc) gehalten. Dessen Direktor Eric Owen Moss beschrieb ihn in einer ersten Reaktion als „unersetzbare Kraft in der Architektur“. Das Institut veranstaltet am Freitag um 13.00 Uhr eine Zusammenkunft im Gedenken an Abraham.

05. März 2010Die Presse

Architekt Abraham bei Autounfall in USA gestorben

Bei den großen Wettbewerben wurde der austro-amerikanische Architekt Raimund Abraham oft nur Zweiter, sein Österreichisches Kulturforum in New York erlangte dafür umso mehr Lob. Er starb 76-jährig in Los Angeles.

Bei den großen Wettbewerben wurde der austro-amerikanische Architekt Raimund Abraham oft nur Zweiter, sein Österreichisches Kulturforum in New York erlangte dafür umso mehr Lob. Er starb 76-jährig in Los Angeles.

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Profil

Architekturstudium an der Technischen Universität in Graz. Lebte und arbeitete seit 1964 in den USA. Seit 1971 Professor für Architektur an der Cooper Union und am Pratt Institute in New York.

Publikationen

In the Absence of Raimund Abraham, Peter Noever, Wolf D. Prix, Hatje Cantz Verlag

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