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Bauwerke

Artikel 12

01. April 2005J. Christoph Bürkle
Neue Zürcher Zeitung

Konzeptionelle Strategien

Hinter dem altgriechischen Begriff für «neuen Raum», Novaron, verbirgt sich eine Gruppe junger Architekten um den «front man» Jesko Hutter, der schon seit...

Hinter dem altgriechischen Begriff für «neuen Raum», Novaron, verbirgt sich eine Gruppe junger Architekten um den «front man» Jesko Hutter, der schon seit...

Hinter dem altgriechischen Begriff für «neuen Raum», Novaron, verbirgt sich eine Gruppe junger Architekten um den «front man» Jesko Hutter, der schon seit einiger Zeit mit unkonventionellen Bauten und einer klaren Formensprache architektonische Präsenz im St. Galler Rheintal und in Vorarlberg markiert. Zusammen mit Hanspeter Eicher und Martin Gepp operiert Hutter von Diepoldsau aus. Die drei Architekten, die zurzeit mit zwanzig Mitarbeitern an vierzig Projekten arbeiten, haben seit der Bürogründung 1993 nahezu einhundert Bauten realisiert. Ein ungewöhnlicher Erfolgsausweis für Architekten um die vierzig. Ein Blick auf die ebenso spektakulären wie überzeugenden Arbeiten räumt schnell alle Zweifel an deren Qualität aus der Welt.

Bauen für den Zeitgeist

Vor vier Jahren fusionierte das Büro Eicher Hutter mit der Tochterfirma Novaron und machte den Firmennamen zum Programm. Die Entwicklung neuer Räume, ihre Visualisierung und Realisierung stehen im Zentrum des Arbeitsprozesses, der einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen ebenso umfasst wie experimentelle Materialwahl, hohe ästhetische Ansprüche und eine klare Formensprache. Ziel von Novaron ist es, den entstehenden Bedürfnissen einer sich im Umbruch befindenden Gesellschaft durch grösstmögliche Flexibilität zu genügen. Wie das zu verstehen ist, lässt sich an dem Cube-Hotel-System ablesen, das Novaron zusammen mit der Mountain Entertainment Company entwickelt hat. «The Cube 1» wurde 2004 mit 156 Zimmern und 646 Betten im Kärntner Nassfeld eröffnet. Das Cube-System wendet sich gezielt an die junge Generation der Skate- und Snowboardfahrer, bei denen Design und Lifestyle eine grosse Rolle spielen.

Das Hotel besteht aus zwei nahezu identisch aufgebauten quadratischen Blöcken, die im Untergeschoss über eine grosse Diskothek miteinander verbunden sind. Die Fassaden des Skelettbaus sind mit durchscheinenden Polycarbon-Platten verkleidet und verleihen so dem Haus eine trendige Corporate Identity. Das Innere bietet mit seiner farbigen, aber minimalistischen Ausstattung ein eher städtisches Ambiente, das sich dezidiert von jeder alpenländischen Scheinidylle absetzt. Die Zimmer der viergeschossigen Bauten sind um ein zentrales Atrium angeordnet und über Rampen erschlossen, so dass sie von den Skatern gleichsam rollend verlassen werden können. Im Erdgeschoss befinden sich Restaurant, Bar, Lounge und Rezeption; ein übersichtliches Raumgefüge, das eine spartanische und dennoch zeitgemässe Atmosphäre vermittelt. Mit offenem Kamin, Videowänden und Plüschmöbeln im Gemeinschaftsbereich, mit Sauna, Dampfbad und Eisgrotte im Keller und mit kargen Einzel- oder Mehrbettzimmern, aber auch mit Computerplätzen und geplanten Kooperationen mit Musiksendern wie MTV wird hier die Fun-Generation touristisch angesprochen. Die Stärke des Konzeptes liegt in der Eindeutigkeit der architektonischen Sprache, mit der Novaron den neuen Hoteltypus entwickelt hat, der zwischen Jugendherberge und Sporthotel oszilliert. Häuser mit diesem Lebens- und Feriengefühl will die Entertainment Company an zehn Standorten in Österreich, Deutschland, Frankreich und der Schweiz in den nächsten Jahren umsetzen.

Die Stärke von Novaron liegt in der konzeptionellen Ausrichtung und Arbeitsweise des Büros. Wichtiger als der Entwurf ist für Hutter zunächst die Entwicklung eines tragenden Konzeptes. Das fängt mit einer klaren Bürostruktur und eindeutiger Aufgabenteilung an: Hutter ist allein für den Entwurf zuständig, während Eicher die Kostenkontrolle und Terminplanung organisiert und Gepp für Marketing und Projektabwicklung verantwortlich zeichnet. So werden ganze Projektentwicklungen angeboten, die weit über die klassische Arbeit eines Architekturbüros hinausgehen und bei denen Novaron selbst als Generalunternehmer auftritt. Auf den Erfahrungen aufbauend, die sie beim Cube-Hotel gesammelt haben, arbeiten die Architekten von Novaron gerade an einem Konzept für ein neues Stadthotel, dessen Prototyp demnächst an der Zürcher Langstrasse entstehen soll. Mit kleinen, einfachen Zimmern, aber grösseren Aufenthalts-, Wellness- und Kommunikationsbereichen werden gezielt junge Stadttouristen angesprochen, die das Reise- und Hotelerlebnis dem individuellen Komfort vorziehen. Dabei plant das Novaron-Team auch ganze Einrichtungsmodule selbst, wie es sie auch für andere Projekte entwickelt hat von «Swiss Fiber», einem Möbelsystem aus Fiberglas, bis hin zu einer kompletten Kücheneinrichtung aus Beton.

Flexible Wohnbauten

Bekannt geworden aber ist Novaron zunächst mit zahlreichen Einfamilienhäusern in der Ostschweiz und in Vorarlberg, bei denen gezielt mit Materialien, Räumen und Wohnformen experimentiert wurde. So sind immer wieder sehr spezielle Bauten entstanden. Das «Haus 1» in Dornbirn von 1993 wurde beispielsweise zum Vorbild für die späteren Loftbauten. Dabei entstand ein System, das es den Eigentümern ermöglicht, ihren Wohnraum langfristig flexibel und weitgehend nach eigenen Vorstellungen einzuteilen. Sogar den Aufbau der Fassade können sie mitbestimmen und festlegen, wo innerhalb eines Rasters Fensteröffnungen, Aussenwände und Milchglaselemente liegen sollten. Gerade fertiggestellt wurden die Mehrfamilienhäuser «Loftpark» in Altstätten. Hier entstand im idyllischen Park der Villa Hitz eine moderne Wohnanlage, bei welcher die Erstellung von kostengünstigem und grosszügigem Wohnraum im Zentrum stand. Die raumhoch befensterten Häuser präsentieren sich mit ihren hinterlüfteten Stahlblechfassaden als ein typisches Novaron-Projekt: Zwar bieten die Häuser modernste Infrastruktur mit guter Schalldämmung und veränderbaren Zimmereinteilungen, verwirren aber gezielt durch ästhetische Zäsuren. Die patinierten Stahlplatten nehmen den Alterungsprozess vorweg und inszenieren Industrieästhetik als bewohnbare Konzeptkunst - ein sinnfälliges Bild für die innovative Arbeitsweise von Novaron.

[ Novaron Eicher Hutter Gepp stellen ihre Arbeiten am Mittwoch, 13. April, um 18.30 Uhr im Architekturforum Zürich vor. ]

Profil

Die novaron-Gruppe mit Hauptsitz in Balgach im St. Galler Rheintal und einem weiteren Standort in Zürich setzt seit über zwei Jahrzehnten auf attraktive Architektur sowie Nachhaltigkeit und hochwertige Umgebungsgestaltung. Seit dem Start im Jahre 1993 konnte die novaron diverse spannende Projekte entwickeln und realisieren. Dabei deckt novaron die gesamte Wertschöpfungskette ab, d.h. sie steuert die Bereiche Planung, Realisation, Vermarktung und Bewirtschaftung aktiv.

Leitbild

In Anlehnung an das Altgriechische „neuer Raum“ stellt novaron die Entdeckung neuer Räume in das Zentrum eines Prozesses. Ein angemessener Umgang mit den vorhandenen Ressourcen, experimentelle Materialwahl, neue statische Ansätze, ein hoher Anspruch an Ästhetik und eine klare Formensprache sind grundlegende Werte für Planung und Realisierung neuer Projekte. novaron hat es sich unter anderem zum Ziel gesetzt, im Wohnbau durch ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis bezahlbare Architektur anzubieten, wovon Mieterschaft und Investoren gleichermassen profitieren.

Auszeichnungen

6. Vorarlberger Hypo-Bauherrenpreis 2010, Auszeichnung, Ulmer Areal

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