Das Leben des Kunsthistorikers Georg Dehio (1850–1932), der einem großen kunstinteressierten Publikum vor allem durch das »Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler« bekannt ist, wird in dieser Biographie erstmals umfassend dargestellt. Peter Betthausen verfolgt die Lebensstationen, die den jungen Dehio von seiner baltischen Heimatstadt Reval (Tallinn) zunächst zum Geschichtsstudium nach Göttingen und zu Beginn seiner Universitätslaufbahn nach München führten. Auf spannende Weise erschließt der Autor Dehios Entwicklung vom Historiker zum Kunsthistoriker, sein Wirken an den Universitäten Königsberg und Straßburg, seine Forschungen zur europäischen Sakralarchitektur des Mittelalters wie auch zur deutschen Architektur und Kunst. Als Vorreiter der Denkmalpflege formulierte Dehio grundlegende Überlegungen zum Umgang mit den baulichen Überresten der Geschichte. Die Darstellung seiner Reisen, seiner Haltung zu brisanten Fragen des Zeitgeschehens, aber auch Einblicke in sein privates Leben zeichnen ein facettenreiches Bild dieses berühmten Gelehrten.

ISBN
3-422-06399-4
Publikationsdatum
2004
Umfang
464 S., 39 schwarzweißen Abbildungen
Format
Leinen, 14,5 x 21,5 cm

Presseschau
11. Dezember 2004Jürgen Tietz
Neue Zürcher Zeitung

Architekturhistorische Fakten

Wer sich mit deutscher Architekturgeschichte befasst, der kommt am «Dehio» nicht vorbei. Dieses «Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler», aufgeteilt nach...

Wer sich mit deutscher Architekturgeschichte befasst, der kommt am «Dehio» nicht vorbei. Dieses «Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler», aufgeteilt nach Regionen und regelmässig überarbeitet, bildet seit bald einem Jahrhundert die Eintrittskarte in die Welt der Denkmale. Doch während der «Dehio» noch heute zum Standardrepertoire nicht nur der Kunsthistoriker gehört, ist Georg Dehio selbst nur noch wenigen bekannt. Umso verdienstvoller ist Peter Betthausens ausführliche Biografie über den 1850 in Reval geborenen Kunsthistoriker. Nach dem Geschichtsstudium bei Peter Waitz in Göttingen wandte sich Dehio den künstlerischen Zeugnissen der Geschichte zu. Als Hochschullehrer war er zunächst in Königsberg tätig, später dann - bis zu seiner Ausweisung 1919 - in Strassburg. Seine bis heute ungebrochene Bedeutung aber verdankt Dehio den architekturgeschichtlichen Standardwerken. Allen voran der «Christlichen Baukunst des Abendlandes», die er gemeinsam mit Gustav von Bezold zwischen 1884 und 1901 veröffentlichte. Später folgte eine Geschichte der deutschen Kunst und das «Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler». Der Untertitel von Betthausens Dehio-Biografie lautet «Ein deutscher Kunsthistoriker». Und tatsächlich muss Dehios umfangreiches Werk vor dem Hintergrund der Zeit- und Forschungsgeschichte gesehen werden. Das entspricht aber auch Dehios eigenem Blickwinkel, der «möglichst dicht am konkreten Faktum» (Betthausen) blieb. Für ihn konnten «kunst- und kulturgeschichtliche Vorgänge nicht losgelöst von den gesellschaftlichen» gesehen werden. Eine Haltung, deren Modernität noch heute beeindruckt. Mit seinem Aufsatz «Was wird aus dem Heidelberger Schloss werden?» stellte Dehio schon 1901 die entscheidenden Weichen für die Entwicklung der Denkmalpflege in Deutschland. Dehios Kernforderung «Konservieren nicht Restaurieren» hat angesichts der aktuellen Diskussionen um Rekonstruktionen und um die Ästhetisierung der Denkmalpflege nichts an Aktualität eingebüsst. Auch mit einem zweiten Anliegen ist Dehio heute so aktuell wie vor hundert Jahren, als er verständlich geschriebene kunstwissenschaftliche Texte forderte, die über eine literarische Qualität verfügen. Betthausens Dehio-Biografie wird diesem hohen Anspruch gerecht.

[ Peter Betthausen: Georg Dehio. Ein deutscher Kunsthistoriker. Deutscher Kunstverlag, München 2004. 464 S., Fr. 77.-. ]

Neue Zürcher Zeitung, Sa., 2004.12.11

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