In der Geschichte von Kultur, Architektur, Design und Kunst des 20. Jahrhunderts nimmt das Bauhaus eine zentrale Rolle ein. Seine Ideen verbreiteten sich weltweit, korrespondierten mit lokalen Ausprägungen der Moderne und wurden in die jeweiligen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexte übersetzt und weiterentwickelt. Als Begleitbuch zur grossen Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt in Berlin und im Zentrum Paul Klee in Bern verfolgt Bauhaus imaginista die internationale Wirkung der Bauhaus-Praxis und -Pädagogik vor dem Hintergrund der geopolitischen Veränderungen im 20. Jahrhundert.

Ausgehend von einem mehrjährigen Forschungsprojekt zeigt dieser reich illustrierte Band erstmals in diesem Umfang die Rezeptionsgeschichte des Bauhaus und dessen globale Ausstrahlung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem wechselseitigen Austausch des Bauhaus, seiner Studierenden und Lehrenden mit aussereuropäischen Entwicklungen der Moderne wie etwa in Indien, China, Russland, Brasilien und den USA.

Mit Beiträgen von Kader Attia, Elissa Auther, Suchitra Balasubrahmanyan, Regina Bittner, Gavin Butt, Helena Čapková, Beatriz Colomina und Mark Wigley, Anshuman Dasgupta, Magdalena Droste, Zvi Efrat, Fabienne Eggelhöfer, Elvira Espejo, Thomas Flierl, Bené Fonteles, Luca Frei, Hilde Heynen, Christian Hiller, Tom Holert, Yoshimasa Kaneko, Ailton Krenak, Eduard Kögel, Susanne Leeb, Mohamed Melehi, Partha Mitter, Wendelin van Oldenborgh, Marion von Osten, The Otholith Group, Adrian Rifkin, Daniel Talesnik, Paulo Tavares, Virginia Gardner Troy, Hiromitsu Umemiya, Melissa Venator, Grant Watson und Zoe Zhang

ISBN
978-3-85881-623-8
Sprache
Deutsch
Publikationsdatum
2019
Umfang
312 Seiten, 193 farbige und 13 sw Abbildungen
Format
gebunden, 24 x 30.5 cm

Presseschau
21. April 2019Martina Pfeifer Steiner
newroom

bauhaus imaginista – Das Buch zur Ausstellung

Großformat, Rot, Gelb, Weiß, die Buchstaben des Titels eingeprägt und assoziationsreich: „bauhaus imaginista Die globale Rezeption bis heute“ – man nimmt...

Großformat, Rot, Gelb, Weiß, die Buchstaben des Titels eingeprägt und assoziationsreich: „bauhaus imaginista Die globale Rezeption bis heute“ – man nimmt das Buch zur Hand und will sich darauf einlassen. Auch grafisch wird die Neugierde an keiner Stelle eingebremst: klare Gliederung, genug Weißraum, gut zu lesen, seitenfüllende Illustrationen, die Erläuterungen dazu immer naheliegend.

Und das funktioniert sehr gut als Buch, auch wenn es als nachhaltiger Katalog zum internationalen Ausstellungs- und Veranstaltungsprojekt „bauhaus imaginista“ entstanden ist. Zum 100-jährigen Gründungsjubiläum erforscht dieses Projekt die globalen Verflechtungen im Kontext der geopolitischen Veränderungen des 20. Jahrhunderts. Es ist ein Versuch, auf vielfältige Weise nachzuverfolgen, wie die gestalterischen Ideen und ganzheitlichen Kunstkonzepte des Bauhauses das alltägliche Leben innerhalb Deutschlands beeinflussten und die Ansätze, die es mit anderen Protagonisten in Europa, Asien, Nord- und Südamerika teilte.

Ausgangspunkt für vier Kapitel sind Objekte, die ideelle wie materielle Hinterlassenschaften des Bauhauses und die Themen der Gegenwart tangieren. Kapitel 1 „Corresponding With“ beginnt mit dem Bauhaus-Manifest, das Walter Gropius 1919 anlässlich der Gründung der Schule verfasste. Veröffentlicht neben dem expressionistischen Holzschnitt einer Kathedrale von Lyonel Feininger, fordert es Künstler aller Sparten auf, Handwerker für den Bau der Zukunft zu werden. „D a s E n d z i e l a l l e r b i l d n e r i s c h e n T ä t i g k e i t i s t d e r B a u ! Ihn zu schmücken war einst die vornehmste Aufgabe der bildenden Künste, sie waren unablösliche Bestandteile der großen Bestandteile der großen Baukunst. Heute stehen sie in selbstgenügsamer Eigenheit, aus der sie erst wieder erlöst werden können durch bewußtes Mit- und Ineinanderwirken aller Werkleute untereinander.“ Dieses Manifest wird in Beziehung gesetzt mit den Ansätzen der parallel entstandenen Kunst- und Designhochschulen in Asien, die sich ebenfalls mit der Gestaltung des Zusammenlebens beschäftigten.

„Learning From“ geht von einer kleinen Tuschezeichnung aus, in der Paul Klee geometrische Muster eines maghrebinischen Teppichs aufgreift und weiterentwickelt. Lernprozesse, Aneignungen und die aus ihnen resultierenden Synthesen von Objekten vormodernen Kunsthandwerks bis hin zu modernem Design werden in diesem zweiten Kapitel untersucht.

Kapitel 3 ‚Moving Away’ beginnt mit Marcel Breuers Collage „ein bauhaus-film (1926)“, der die Designgeschichte in eine unbekannte Zukunft fortschreibt. Diese Collage wurde in den Ausklappseiten der ersten von Gropius herausgegebenen Ausgabe der „bauhaus. zeitschrift für gestaltung“ 1926 veröffentlicht und persifliert quasi eine Zeitschriftenanzeige. Die filmische Collage, die eine Reihe seiner zwischen 1921 und 1925 entworfenen Stühle zeigt, wird zum Ausgangspunkt der Befragung einer modernen Haltung, die Design als Mittel zur Verbesserung des Alltags begreift.

Am Ende „Still Undead“: 1922 entwickelte der Bauhaus-Student Kurt Schwerdtfeger einen experimentellen Licht- und Schattenapparat für ein Bauhausfest. Das reflektorische Lichtspiel, das mit dieser neuartigen Apparatur und einer Gruppe von Performern erzeugt werden konnte, wurde von einem eigens arrangierten Sound begleitet, und in der Wohnung von Wassily Kadinsky uraufgeführt. Die Sinneswahrnehmungen des modernen Menschen sollten damit auf neue Weise stimuliert werden. Diese am Bauhaus entwickelten Konzepte neuer partizipativer Medienumgebungen fanden ihren Platz in der Lehre und Forschung in den Vereinigten Staaten.

„... Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei, der aus Millionen Händen der Handwerker einst gen Himmel steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens.“ So steht es im Bauhaus-Manifest 1919 von Walter Gropius. Lassen wir uns inspirieren!

newroom, So., 2019.04.21

4 | 3 | 2 | 1