In der Sowjetunion genossen die Raumfahrt und die mit ihr verbundene Raketentechnik oberste Priorität. Denn mit dem Start des ersten künstlichen Erdsatelliten Sputnik im Jahr 1957 und mehr noch mit dem ersten bemannten Raumflug durch Juri Gagarin vier Jahre später erreichte der Kalte Krieg eine neue Stufe: Es begann ein Wettstreit beider politischer Systeme um die Vorherrschaft im Weltraum, galt doch die Raumfahrt als Maßstab für gesellschaftliche Leistungsfähigkeit und Fortschrittlichkeit.

Doch neben den militärischen und politischen Aspekten stand auch der bis in die Antike zurückreichende Traum der Menschheit von der Überwindung der räumlichen Grenzen, der Eroberung des Himmels. Diese Sehnsucht schien nun Wirklichkeit zu werden. Die beispiellose Weltraumbegeisterung der kosmischen Ära zeigt sich auch im futuristischen Formenvokabular der sowjetischen Baukunst, in den Utopien der sogenannten Papierarchitekten – und in den Bauten für die sowjetische Raumfahrt in Baikonur, Kaluga oder den geschlossenen Städten bei Moskau.

Die Autoren haben einst als geheim eingestufte Materialien zur Raumfahrtarchitektur recherchiert, darunter den Plan der ersten jemals konzipierten Weltraumstadt, sowie erstmals autorisierte Zeitzeugenberichte gesammelt: Zu Wort kommen nicht nur Akteure der sowjetischen Raumfahrt, sondern auch Architekten wie etwa Viktor Asse, der Planer des bis zum Zerfall der Sowjetunion geheimen Sternenstädtchens, und Galina Balaschowa, die Innenarchitektin sowjetischer Raumkapseln.

ISBN
978-3-86922-219-6
Beiträge von
Sergej Krikaljow (Vorwort) und Ansgar Oswald, Maryna Demydovets und weiteren Autoren
Sprache
deutsch
Publikationsdatum
2013
Umfang
412 Seiten, 366 Abbildungen
Format
Hardcover, 230 × 300 mm

Presseschau
15. Mai 2013Andres Herzog
TagesAnzeiger

Architektur für die russische Raumfahrt

Zwischen Freilichtmuseum und Science-Fiction: Ein Bildband zeigt, wie das Thema Raumfahrt in der Sowjetunion eine ganze Architektengeneration geprägt hat.

Juri Gagarin flog am 12. April 1961 als erster Mensch in den Weltraum. Doch kaum jemand weiss, wie die Städte aussehen, in denen die sowjetischen Raumfahrer, Techniker und Ingenieure teilweise bis heute mit ihren Familien leben, für den Einsatz trainierten und die Raumfahrt probten.

In der Sowjetunion besass die Raumfahrt oberste Priorität. «Das Thema hat eine ganze Architektengeneration geprägt», sagt Philipp Meuser, Herausgeber des soeben erschienenen Buches «Architektur für die russische Raumfahrt». Ansgar Oswald und Maryna Demydowets behandeln darin ausführlich Architektur, Innenarchitektur und das Design im Kontext der sowjetischen Raumfahrt. Vom Konstruktivismus zur Kosmonautik versammelt es Pläne, Projekte und Bauten aus der frühen Sowjetunion bis heute. Die Autoren sind weit gereist, um den Status quo dieser im Westen bis heute weitgehend unbekannten Orte in Text und grossformatigen Bildern aufzuzeichnen.

Das Sternenstädtchen Swjosdny Gorodok

Dabei werden die Bauten und Projekte für die russische Kosmonautik auch in den Architekturkontext des 20. Jahrhunderts eingebettet. Bei den Recherchen sind die Autoren auch auf die Pläne für eine Weltraumstadt gestossen: Es geht um das Sternenstädtchen (Swjosdny Gorodok) bei Moskau. Dort werden die Kosmonauten bis heute ausgebildet. Viele wohnen auch dort.

«In der Raumfahrt mögen die USA technisch die Nase vorne gehabt haben. In der Architektur, die die Kosmonautik heroisiert hat, war es die Sowjetunion», ist Philipp Meuser überzeugt. Die Raumfahrt habe auch die Architektur in der Sowjetunion generell beeinflusst: Das Thema Kosmonautik beziehungsweise Überwindung der Gravitation sei ein zentrales Thema der sowjetischen Architektur der Siebziger- und Achtzigerjahre gewesen.

TagesAnzeiger, Mi., 2013.05.15

[ «Architektur für die russische Raumfahrt. Vom Konstruktivismus zur Kosmonautik: Pläne, Projekte und Bauten», DOM Publishers, 230 × 300 mm, 400 Seiten, über 400 Abbildungen, zirka 100 Franken. ]

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