Editorial

Hochparterre ist ein Heft am Puls der Zeit. Die Redaktoren sitzen am Tisch, betrachten die Welt, machen sich einen Reim und setzen Themen. In dieser Ausgabe beispielsweise Urs Honegger. Er sitzt seit kurzem als Redaktor für Design im Verlag und setzt mit seiner Titelgeschichte zwei Themen. Zum einen Werte im Design – Nachhaltigkeit und Gedächtnis. Zum andern legt er mit seiner Reportage über die Pfannenfirma Kuhn Rikon und den Metallbauer Ernst Schweizer dar, wie das Design aus der Schweiz geprägt ist von kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) und welche ökonomische Zuversicht die KMUs gewinnen, wenn sie sich um ihr Design mit Bedacht kümmern.

Wie ein massiv gebautes Gedächtnis einen Entwurf prägt, wissen auch die Architekten von EM2N. Sie sollen aus der Industriebrache im Toni-Areal in Zürich eine Hochschule der Künste bauen. Auf den Seiten 28 und 29 berichtet Caspar Schärer, welche Hürden dem Projekt noch bevorstehen. Alles andere in hochparterre.wettbewerbe 4/2006:
--› Wohnüberbauung Notkersegg Wiesen in St.Gallen
--› Wohnüberbauung Baufelder 10 und 16-18 in Brünnen, Bern
--› Siedlung Sihlbogen, Zürich-Leimbach
--› Umnutzung und Erweiterung Toni Molkerei, Zürich
--› Sulzerareal Winterthur Stadt, Entwicklung Bereich 2

Auf www.hochparterre.ch kann man gratis und franko in ‹International› lesen, was in Architektur und Design weltweit verhandelt und realisiert wird. Das neuste Kapitel der Publikation heisst ‹Dubai›. Grosse Beachtung findet aber die Heimat unter der Rubrik ‹Zürich›. Dort läuft eine Internet-Debatte zu ‹Mapping Switzerland2›, der Ausstellung im Seedamm Kulturzentum Pfäffikon SZ, welche die Geschichte der schweizerischen Landesplanung präsentiert. Hochparterre lieferte dazu den Katalog ‹Schweizer Zukünfte›. Er kann auf www.hochparterre.ch bestellt werden. GA

Inhalt

06 Funde
09 Stadtwanderer: Hüsliforschung
11 Jakobsnotizen: Hotels bauen in Davos
13 Estermann: Stadt und Land zum Dritten

Titelgeschichte
16 Kuhn und Schweizer: Metallbau macht Dampf

Brennpunkte
28 Wettbewerb Toni-Areal: Das im Glas
30 ‹Kantönligeist›: 26 Mal Denkmalpflege
32 Junge Architekturbüros: Planen ja, bauen nein
38 Energie-Contracting: Wärme und Strom im Abo
40 ‹Modus› in St.Gallen: Spinnen, Weben und Gestalten
44 Architekten machen Möbel: Schnell umsetzbar
46 MFH in Steinhausen: Mit Holz in die Höhe
52 Umbau Ladenzentrum: Ende gut, Lochergut

Leute
58 Am Förder- und Leistungspreis der HGK Zürich

Bücher
60 Lehrbücher über Wettbewerbe und von Otl Aicher, ein Designkatalog, über Max Bill, Macht und Jugendherbergen

Fin de Chantier
62 Einfamilienhäuser in Eschenz und Stadel, Wohnen im ehemaligen Stall im Wallis und im Tessin, Kunsthaus in Wien, Schulzahn-klinik und Riesen-WG in Zürich, ein Pfarreiheim, ein Pfarrhaus und ein Gemeinschaftsgrab

An der Barkante
69 Mit Claudio Pagelli in Chur

Der Verlag spricht
71 Projekte, Impressum

Einen Zahn zugelegt

Wer erinnert sich gerne an die jährliche ‹Schulreise› zum Zahnarzt? Wohl kaum jemand. Die Gründe dafür liegen nicht nur beim Mark und Bein durchdringenden Surren des Bohrers, sondern auch bei der – nicht nur für Kinder –oft wenig einladenden Klinikarchitektur. Bei der Zürcher Schulzahnklinik City hat Patrick Hönig deshalb darauf geachtet, dass weiche Formen und helle Räume mit weiten Durchblicken die kleinen Patienten empfangen. Der Grundriss des sachlichen Bürohauses von Fritz Metzger aus dem Jahre 1962 ist stützenfrei, das kam dem Architekten entgegen: Er packte vier Behandlungsstationen in einzelne Holz-Glas-Boxen und reihte sie entlang der Aussenfassade auf. Ihre fein gearbeiteten Oberflächen glänzen matt und schimmern elfenbeinfarbig – so wie es Zähne bei regelmässiger Pflege tun. Entlang des Bandfensters führte ein Gang nur für Ärzte und Helfer mit einer Trennung von Sauber und Gebraucht. Für die oft als lärmige Horden einfallenden Schulklassen hat Hönig auf der gegenüberliegenden Seite einen eigenen Gang gebaut: Dunkelrote Wände, reduzierte Raumhöhe und ein hölzerner Korpus darin führen zum Reich der Zahnfee.

hochparterre, Fr., 2006.09.08

08. September 2006 Peregrin Borer



verknüpfte Bauwerke
Schulzahnklinik City

Aufgefangen im freien Fall

Das altehrwürdige Ankerhaus in Wien wurde nach dem Zweiten Weltkrieg mehr schlecht als recht umgebaut. Nun hat die Anker Versicherung das Gebäude erneut renoviert. Neben dem Einbau von 250 Arbeitsplätzen hat sie auch den kruden, mit Keramikplatten verkleideten Innenhof mit einem Glasdach überdacht. Er wird zur siebengeschossigen Haupthalle des Hauses. Um dem neuen Innenraum entsprechendes Gewicht zu verleihen, hat die Versicherung zu einem Kunst-und-Bau-Wettbewerb eingeladen. Fünf Künstler sollten mit Installationen Licht bis ins Erdgeschoss bringen. Eva Afuhs hat die Konkurrenz gewonnen. Die Direktorin des Museums Bellerive in Zürich, die auch Künstlerin ist, lässt sieben Leuchter durch den Hof nach unten purzeln – drei Barockluster-Repliken und vier aus dem Brandschadenfall der Sofiensäle in Wien. Die im freien Fall (mit fast unsichtbaren Seilen) aufgefangenen Leuchter sollen Besucher daran erinnern, dass im Leben nicht alles versicherbar ist. Damit die Lichtobjekte ihre volle Wirkung entfalten, hat Afuhs den Hintergrund entsprechend gestaltet: elfenbeinfarbige Kämmputzwände lassen das weisse Lüsterlicht leuchten, rote Stucco-Lustro-Flächen reflektieren die einzelnen Leuchten matt.

hochparterre, Fr., 2006.09.08

08. September 2006 Roderick Hönig



verknüpfte Bauwerke
Kunst und Bau Ankerhaus

Beton in Steinhausen

Rund zwei Drittel der 8000 Einwohner von Steinhausen sind Mitglieder der katholischen Kirchgemeinde. Den Ausbau ihres Pfarrhauses haben sie deshalb nie in Frage gestellt. Heftig diskutiert haben sie hingegen, ob man das alte Heim des Pfarrers aus den Siebzigerjahren abbrechen dürfe. Sie entschieden: nein. Weil die Architekten aber nur das Untergeschoss, die Tragstruktur im Erd- und Obergeschoss sowie das Treppenhaus rezyklieren konnten, sieht der Umbau trotzdem aus wie ein Neubau. BDE Architekten erweiterten die Struktur gegen den angrenzenden Dorfplatz hin, wo neu auch der Eingang liegt. Neues Zentrum des Hauses ist der Innenhof, um den herum sich Empfang, Foyer, Büros sowie der hohe Gemeinschaftsraum gruppieren. Darüber liegen zwei Wohnungen. Eingefasst haben die Architekten das Haus mit vorgefertigten und sandgestrahlten Betonplatten. Sie sind kunstvoll um die stehenden und liegenden Fenster aus dunkel eloxiertem Aluminium herummontiert. Das gekonnte Platten-Fenster-Spiel macht das Haus von aussen zur massstabslosen Architekturskulptur und verleiht den sanft eingefärbten Innenräumen einzigartige Ausblicke und Lichtspiele.

hochparterre, Fr., 2006.09.08

08. September 2006 Roderick Hönig



verknüpfte Bauwerke
Erweiterung Pfarrhaus

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