Editorial

Die Farbgebung prägt das Erscheinungsbild eines Gebäudes entscheidend, zumal Farbe immer auch ein Ausdruck von Individualität ist – ob gelungen oder nicht, liegt im Auge des Betrachters.
Leider lässt sich auch mit keiner noch so ambitionierten Farbgebung über banale Architektur hinwegtäuschen, vielmehr ist ein durchdachtes Farb- und Materialkonzept idealerweise grundlegender Bestandteil eines gelungenen Entwurfs. Dies zeigte sich auch bei der Projektschau für diese Ausgabe. Ein eindeutiger Farbtrend war dabei zwar nicht auszumachen, aber egal ob monochrom oder vielfarbig, ob zart oder kräftig, der Mut zur Farbe wird in aller Regel nur dann belohnt, wenn dem komplexen Thema bereits ab einem frühen Planungsstadium die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt wurde. | Anke Geldmacher

Insel der Farben

(SUBTITLE) Wohn- und Gewerbeblock Saint-Urbain in Straßburg (F)

Nahe der Innenstadt ist unter Federführung des Architekturbüros LAN ein ganzer Straßenblock neu errichtet worden. Einheit und Vielfalt halten sich die Waage: Während ein gemeinsames Fassadenraster die acht Baukörper trotz ihrer teils unterschiedlichen Nutzungen gestalterisch zusammenfasst, sorgen verschiedene Farben für eine Differenzierung.

Im Januar 2021 trat eine Gebietsreform in Frankreich in Kraft, bei der unter anderem. die Région Grand Est geschaffen wurde. In dieser Region ist Straßburg mit fast 300.000 Einwohnern in der Kernstadt und 760.000 im Umfeld, der aire urbaine, deutlich die größte Stadt. Und sie wächst weiter, weil die gesamte Region als Zentrum europäischer Institutionen – Europarat, Europäisches Parlament, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte und mehr – an Bedeutung gewinnt und Straßburg als »Hauptstadt Europas« anzusehen ist. Zu ihr gehören 15 Stadtteile, so auch Neudorf im Südosten des Zentrums auf halber Strecke nach Kehl. 2011 startete in Straßburg das epochale Projekt »deux rives«: Auf 250 ha sollen unter anderem 9.000 Wohnungen entstehen, wobei das Gebiet zwischen Straßburgs Zentrum und Kehl umstrukturiert wird. Planerisch weitsichtig ging dem Transformationsprozess eine Veränderung der Infrastruktur voraus, indem neue Straßenbahnlinien angelegt wurden, etwa nach und durch Neudorf, seit 2017 sogar über die Grenze und den Rhein nach Kehl. Dem ÖPNV wird in Frankreich eine weit höhere Bedeutung beigemessen als in Deutschland. Und weil Straßburg zu den fahrradfreundlichsten Städten Frankreichs gehört, kamen dabei auch die Drahteselwege nicht zu kurz.

In Neudorf liegt nun eine Art urbane Insel, eine île urbain auf dem Ilot ZD6, das nach dem benachbarten Friedhof »Saint-Urbain« benannt ist. Im Westen vom Parc de l’Étoile, im Osten vom Friedhof, im Süden von der Avenue Jean Jaurès und im Norden von der Avenue du Rhin begrenzt, kann man bei Saint-Urbain tatsächlich von einer isolierten Lage sprechen. Immerhin ist der Verkehr so diszipliniert, dass man fußläufig die Umgebung erreicht, ohne in Unterführungen verbannt zu werden. Mit acht unterschiedlich hohen Baukörpern ist Saint-Urbain nun sehr dicht, funktional sehr gemischt und sehr farbig bebaut worden.

Auf einer Nutzungsfläche von über 21.500 m² fanden hier 178 Wohnungen, ein Hotel, einige Büroflächen und in den EGs Handel und Gastronomie Platz. Die Heterogenität des Raumprogramms packten die Architekten ungeachtet funktionaler Besonderheiten in die acht einander ähnelnden Baukörper, sodass die Nutzungsvielfalt in den gerasterten Fassaden mit weitgehend gleichformatigen Fenstern kaum zu erkennen ist. Büros und Hotelzimmer, kleine und große Wohnungen mit und ohne Loggien sind einer stadtrelevanten Ordnung unterworfen, die in Frankreich eine lange Tradition hat, aus Baron Haussmanns Paris ins globale Bewusstsein gelangte und auch in Straßburgs Zentrum faktisch präsent ist. Allerdings ist das Terrain Saint-Urbain nicht als geschlossene Blockrandbebauung konzipiert, sondern in die erwähnten acht Baukörper unterschiedlicher Höhe gegliedert. Sie lassen als Ensemble eher an ein kleines Manhattan denken. Ein intimer Hofbereich entsteht immerhin dadurch, dass auf EG-Niveau eine Garage Platz gefunden hat, deren Dach als quartiersinterne, halbprivate Fläche begrünt ist und eine Aufenthaltsqualität aufweist, die ausschließlich den Bewohnern vorbehalten bleibt.

Farbe stiftet Identität

Die Fassaden signalisieren durch ihre Gleichförmigkeit eine Art Gleichheit der dahinter liegenden Räume – die aber nur im Sinne einer Zusammengehörigkeit interpretiert werden soll. Zu dieser gleichförmigen Ordnung gehören traditionell die vertrauten, bodentiefen Fenster an den Straßenfassaden, die nun eins der beiden Gestaltungsmotive des Ilot ZD6 bilden, die Dominanz der Farbe das andere. Die konsequente Farbgebung intensiviert die skulpturale Wirkung der unterschiedlich dimensionierten Gebäude und beschert reizvolle Durchblicke und Lichtverhältnisse. Die Farben verleihen den Baukörpern im Einzelnen und dem Ensemble in der Gesamtwirkung auch ein bemerkenswertes Maß an Identität.

Die Gebäudefarben, so die Architekten, korrespondieren im Sinne Josef Albers’ miteinander. Josef Albers (1888-1976), der einflussreiche Lehrer am Weimarer Bauhaus, war 1933 in die USA geflohen und hatte dort an der Kunsthochschule Black Mountain College unterrichtet; zu seinen Schülern gehörten Robert Rauschenberg, Donald Judd und Cy Twombly. Berühmtheit erlangten Albers’ Experimente mit der farbig zauberhaften »Homage to the Square« aus den frühen 1950er Jahren und das 1963 erschienene Buch »Interaction of Color«: Auf derart intensive Farbwirkungen rekurrieren auch die Architekten hier bei ihrem Straßburger Projekt. Ihre Farbauswahl bezieht sich auf Nuancen aus der Nachbarschaft – etwa mit dem Braun des Hotels auf die gegenüberliegende Cité de la Musique et de la Danse oder mit einem hellen Blau auf das Eingangsgebäude zum Friedhof. Außergewöhnlich ist, wie radikal die Farbgebung die Architektur dominiert. Wandflächen, Türen, Fensterrahmen und -sprossen, Loggiengeländer – jegliche Materialität verschwindet hinter der hervorstechenden Farbe, auch wenn es leichte Unterschiede in den Tonwerten etwa zwischen Holzbeize (Keim) und Fassadenfarben (RAL) gibt. Die Anpassung an die jeweilige Baukörperfarbe geht sogar so weit, dass Stühle eines Bistros im Außenbereich die Farbe seines Hauses haben und sich der Ton auch ins Innere hineinzieht: Foyerwände, Briefkästen und Geländer entsprechen den jeweiligen Gebäudefarben. In den EGs wird ohnehin keine Farbvielfalt geduldet; die Wandflächen für Restaurant- oder Ladennamen sind klein und nur dezent bestückt. Leuchtreklame und Markenpräsenz bleiben tabu. Das ist per se angenehm und tut der Urbanität des Ensembles keinen Abbruch.

Gebäudeformen und -größen sowie die Farbintensität erzeugen im flachen Straßburg einen von der Ferne erkennbaren Orientierungspunkt. Von den Straßen und Straßenbahnlinien aus betrachtet bleiben ein Ort, eine Adresse im (Bild-)Gedächtnis; eine semiotische Bedeutung der Quartiersilhouette als Signet der Stadttransformation ist nicht auszuschließen. Denn das Farbenspiel auf der île urbain findet seinesgleichen in Straßburg nicht und wird es auch kaum bekommen. Die farbige Skyline hat also das Zeug zur Landmark.

Schließlich stellt sich die Frage, ob einem die Farbe des jeweiligen Hauses, in dem man sein Zuhause oder seinen Arbeitsplatz findet, auch gefällt. Das ist schwer zu beantworten, denn Farbvorlieben gehören zu den Geschmacksfragen. Sucht man nach Namen für die Farben, lassen sich Wertungen schon nicht vermeiden: Lind-, Reseda- oder Salbeigrün? Terrakotta oder Aubergine? Lila, Flieder oder Pink? Türkis oder Mint? Im Ganzen ein Sortiment aus Bonbon-Farben? Die Wertigkeit der einzelnen Töne wird sich auch in ihrer Namensgebung im Alltag spiegeln.

db, Mo., 2022.03.07

07. März 2022 Ursula Baus

Wie man einen Regenbogen baut

(SUBTITLE) Kirchenneubau in Brünn (CZ)

Die Kirche der Seligen Maria Restituta in Brünn ist eine Skulptur aus Licht und Beton. Architekt Marek Jan Štĕpán hat sich an Vorbildern des 20. Jahrhunderts orientiert und einen ambivalent großartigen Ort geschaffen, bei dessen Anblick die Reaktion zwischen Begeisterung und Enttäuschung oszilliert.

Kaum hat man die Banalität des Außenraums hinter sich gelassen, kaum ist die gläserne, mit Holzlatten verkleidete Brandschutztür mit Panikbeschlag wie aus dem Baumarktkatalog mit einem metallischen Klick zugefallen, überfällt einen eine Mischung aus Schock und zauberhafter Überraschung. Man steht plötzlich mitten in einer Raum-Zeit-Maschine, in Millisekunden reist man nach Ronchamp zu Le Corbusiers Notre-Dame du Haut. Nackter Beton in unterschiedlichen Qualitäten und Oberflächen, mal glatt, mal rau, mit Besenstrich gekratzt oder konzentrisch in kleinen, 8 cm breiten Holzlatten geschalt, und über genau jene Fläche, die sich mit einem magischen Licht-Schatten-Spiel in 18 m Höhe über den Kirchenraum stülpt, legt sich wie ein dematerialisierter Schleier aus Licht ein kreisrunder Regenbogen in allen Farben dieser Welt.

»Schon seit Jahrhunderten beschäftigen sich die Menschen damit, wie man höhere, spirituelle Kräfte darstellen kann, und auch Umberto Eco bezeichnete die Identität Gottes einst als einen Lichtstrom, der das ganze Universum durchdringt«, sagt Architekt Marek Jan Štěpán. »Genau darum geht es in dieser Kirche. Die eigentliche Lichtquelle ist von unten betrachtet unsichtbar, und doch dringt dieses wunderbare sphärische Licht in den Innenraum und breitet sich auf der gesamten, im Durchmesser 25 m großen Kuppel aus. Das ist meine ganz persönliche Art und Weise, Spiritualität und universelle Kraft darzustellen. Es geht um Immaterialität und um eine fast uterushafte Sanftheit und Sicherheit.« Štěpán, 54 Jahre alt, selbst praktizierender Christ und Professor für sakrale Räume an der Technischen Hochschule Brünn, beschäftigt sich schon seit geraumer Zeit mit Kirchenarchitektur. Sein Portfolio umfasst katholische, evangelische und jüdische Gotteshäuser sowie zahlreiche Entwürfe für Altäre, Tabernakel und diverse liturgische Geräte. Mit besagtem Standort in Lesná, einer modernen Wohnsiedlung im Norden Brünns, die in den 60er Jahren von František Zounek und Viktor Rudiš nach dem Prinzip einer Gartenstadt errichtet wurde, hatte er schon mal während seines Diplomstudiums 1991 zu tun. Damals wurde ein öffentlicher Wettbewerb für eine Kirche und ein Glaubens- und Gemeindezentrum ausgeschrieben, den er gemeinsam mit Zdeněk Bureš gewinnen konnte. Das Gemeindezentrum von Bureš wurde realisiert, der Entwurf für die Kirche der Seligen Maria Restituta allerdings blieb in den Akten.

»Es vergingen 25 Jahre mit weit über 30 Entwurfsvarianten vieler beteiligter Architekten, doch die Diözese von Brünn konnte sich auf keine Lösung einigen«, erinnert sich Štěpán. 2016, ein Vierteljahrhundert später, wurde daher ein zweiter Wettbewerb ausgeschrieben. Und: »Ich konnte es kaum glauben, aber den habe schon wieder ich gewonnen! Es gibt einige Analogien zu meinem Erstentwurf, vieles ist ähnlich, aber im Großen und Ganzen ist das Projekt wohl reifer und erwachsener geworden. Während ich mich als Student noch mit einer expressiven Holzkonstruktion verewigen wollte, die ein wenig an Moby Dicks Skelett erinnert, ist meine Sprache im Laufe der Jahre ruhiger und in gewisser Weise entmaterialisierter geworden. Es geht um Baustoff in seiner reinsten Form und um Licht – um viel Licht.«

Zu ebener Erde liegt glatter Granit, an den Wänden ist die archaische Sprache Štěpáns ablesbar, sei es in Form von bauüblichen Betonfertigteilen, sei es in Form von unterschiedlich behandelten Kratztexturen und Schalungsadrücken. An zwei Stellen, die einen vagen rechten Winkel markieren, ragen organische, konvex geformte Emporen in den Kirchenraum, und fast scheint es, als habe Štěpán die beiden charakteristischen Betonvordächer in Ronchamps Kapelle mit einem bildhauerischen Kunstkniff von außen nach innen gestülpt. Unter den Kratzstrukturen verbergen sich vorgespannte Balkonplatten mit einer schiffsbauartigen Unterkonstruktion aus Holzleichtbau. Da ist er also wieder, Moby Dicks Bauch. Die erste Empore dient als erweiterter Sitzbereich, falls die Messe mal mehr Besucher locken sollte, die zweite, leicht höhenversetzte Galerie gehört den Chören und Organisten. Das räumliche Angebot dürfte nicht übertrieben sein. Nach Auskunft des Architekten besuchen rund 500 bis 600 Gläubige regelmäßig die beiden Sonntagsmessen. »Zwar gibt es in Mähren bloß 4 % praktizierende Christen, und tatsächlich befinden sich in der Brünner Altstadt viele Kirchen, die oft leer stehen, aber gerade in so dicht besiedelten Wohnquartieren wie hier in Lesná ist der Bedarf an gotteshäusern meist nicht gedeckt.« Rund 20 000 Menschen leben hier, und der Blick auf die Häuser, Lokale und Geschäfte, auf die waghalsig konstruierte Schwimmhalle und auf das heterogene atmosphärische Straßenbild lässt vermuten, dass die Bewohnerschaft von Lesná eine sozial, kulturell und demografisch durchmischte ist.

So facettenreich wie das Lichtspiel an der Decke

Die Geometrie der gesamten Kuppelkonstruktion ist so gelöst, dass das Fensterband von unten unsichtbar bleibt. Vor den thermischen Fenstern – kleine, handelsübliche Kippflügel, mit denen der Raum entlüftet werden kann – befindet sich die farbgebende Fassadenebene aus 4 m hohen Verbundsicherheitsgläsern, 120 Stück an der Zahl, die mit durchgefärbten Klebe- und Verbindungsfolien ihr volles Regenbogenspektrum entfalten. Zwischen Fenster und Kuppelvolute gibt es eine schmale Galerie, die über Turm und Stahlbrücke zu Wartungs- und Reparaturzwecken der Beleuchtungsanlage erreicht werden kann. Welch Freude, dass sich diese irdischen Funktionen dem perfekt inszenierten, illusorischen Bild des Betrachters entziehen.

Anders sieht es leider aus, sobald man den Innenraum verlassen hat. Im Anschluss an Štěpáns Neubau der Seligen Maria Restituta – benannt zu Ehren der Ordensschwester und Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime, die 1943 hingerichtet und 1998 seliggesprochen wurde – befindet sich das bestehende Gemeindezentrum von Zdeněk Bureš, das im Zuge der Kirchenbauarbeiten lediglich in einem unauffälligen Grauton überstrichen wurde. Errichtet wurde die kreisrunde Kirche daneben auf einem rechteckigen Betonpodest, in dessen Mitte kleine Bäumchen gepflanzt wurden. Darunter befindet sich eine Tiefgarage mit rund 40 Stellplätzen und mechanischer Belüftung. Flankiert wird der mit Granit verkleidete Vorplatz schließlich von einem 31 m hohen Glockenturm mit dreieckigem Grundriss. Die Wendeltreppe im Innern des Turms dient in den unteren Metern als Garagenzugang und im oberirdischen Bereich als Erschließung der Fenstergalerie und des 16-teiligen Glockenspiels.

Und leider, spätestens hier, kippt die Euphorie über dieses sinnliche, spirituelle, mit wenig Budget und viel Leidenschaft gestaltete Projekt ins Gegenteil. Die euklidische Mengenlehre aus kreisrundem Zylinder, rechteckiger Garagenschachtel und dreieckigem Turm, die banale Kombination aus weißer Putzfassade, buntem Glasband und gelb-roter Glockenloggia am höchsten Punkt des Turms entwickelt an dieser Stelle des Gebäudes banale, ja fast naive Momente pseudo-postmoderner Gestaltungslehre. Marek Jan Štěpáns Erläuterungstext zum Konzept und zur architektonischen und religiösen Bedeutung des Kreises als perfekter, ganzheitlicher, formvollendeter Körper macht die Sache auch nicht besser. Verstärkt wird das kindliche Erscheinungsbild durch ein zum Teil technisch bedingtes Kunstprojekt an der Kirchenaußenwand. Um auf klassische Dehnungsfugen zu verzichten, legte der Künstler Petr Kvíčala ein amorphes, sich immer wieder überschneidendes Liniengeflecht über die gesamte Vollwärmedämmsystemfassade. Die linearen Mulden dienen der 3 cm dicken Putzschicht bei Temperaturschwankungen als Dehn- und Sollbruchstelle. Dazwischen schweben hieroglyphenartige, ebenfalls in den Putz hineingekratzte Piktogramme, die Aufschluss über das Leben und die Vorlieben der Ordensfrau Maria Restituta Kafka geben sollen: Sonnen, Kerzen, ‧Fische, Weintrauben, Blumen, Bücher und sogar ein Glas Bier, das über dem Eingang zu entdecken ist. Man ist hin- und hergerissen zwischen Schmunzeln und Schnaufen. Eigentlich schade.

Seinen Frieden schließen kann man mit diesem Bauwerk erst wieder aus der Entfernung. Wenn man den Ort verlassen und sich in die Straßenbahn gesetzt hat, ragt über den Baumkronen von Lesná – in einer fast schon wieder Le-Corbusier-haften Weise – der Kirchturm der Seligen Maria Restituta empor. Die zwei gelben und roten, weit in die Ferne hinausleuchtenden Glockenloggien ganz oben sind ein schöner, sympathischer städtebaulicher Orientierungspunkt. Und so bleibt der letzte Eindruck eines Hauses, das im sehr Kleinen und sehr Großen überzeugt – und dazwischen Abbild eines einst klerikal-kommunistischen Dilemmas ist, in dem die Bautypologie Kirche jahrzehntelang architektonischen Entwicklungsstillstand erleiden musste. Das Projekt in drei Worten: Himmel, Hölle, Himmel.

db, Mo., 2022.03.07

07. März 2022 Wojciech Czaja

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