Editorial

Unser Sommerheft erscheint diesmal nicht wie gewöhnlich vor dem Sommer, sondern mitten im Sommer. Das hat alle möglichen Gründe. Einer davon ist die Herausgabe des Buches Gemeinschaftliches Wohnen, selbstorganisiertes Bauen (gemeinsam mit Andrej Holm), die einiges an zusätzlicher Arbeitszeit erfordert hat. Die Publikation versammelt innovative Ansätze für die aktuellen Herausforderungen im Wohnungswesen und zeigt auf, wie Nischen innerhalb des kapitalistischen Systems genutzt werden können: von selbstorganisierten Planungsprozessen und einer nicht gewinnorientierten Bewirtschaftung bis zu grundsätzlichen Erkenntnissen zu Commons, solidarischen Ökonomien, Eigentum, Dekommodifizierung und alternativen Finanzierungsinstrumenten. Einige Exemplare bieten wir demnächst im Rahmen einer Aboaktion an. Ein anderer Grund für diese Spätsommer-Ausgabe rührt daher, dass der vorliegende Schwerpunkt um einiges umfangreicher als üblich ist. Statt rund 68 Seiten hat das Heft diesmal 108 Seiten. Diese umfassende Ausgabe verdanken wir auch unserem Koope- rationspartner FFT, dem Forum Freies Theater in Düsseldorf, das gerade ein neues Haus bezieht und sich in den nächsten Monaten intensiv mit der Pariser Commune beschäftigen wird. Mehr darüber in einem Beitrag von Kathrin Tiedemann, künst- lerischer Leiterin und und Geschäftsführerin des FFT.

Denn auch für uns ist die Pariser Commune, die sich dieses Jahr zum 150. Mal jährt, der Ausgangspunkt dieses Schwerpunkts Place Internationale. Die Commune war eine urbane Revolution, die 1871 unter schwierigsten Bedingungen unternommen wurde und nur 73 Tage gedauert hat, aber trotz der Kürze speziell für die historische Arbeiterbewegung in all ihren Ausprägungen stets eine wichtige Referenz dargestellt hat. Somit erstaunt es nicht, wie viele Interpretationen der und Behauptungen über die Commune existieren. Was damals tatsächlich passiert ist, beschreibt Klaus Ronneberger, der gemeinsam mit Jochen Becker einer der Redakteure dieses Schwerpunkts ist, in seinem Versuch einer Rekonstruktion in diesem Heft. In einem weiteren Beitrag begibt sich Ronneberger auf die Suche nach den Gespenstern der Commune in Algerien, einem Land, das im französischen Kolonialsystem eine Sonderstellung eingenommen hat und in dem es ebenfalls den Versuch gab, eine Commune zu etablieren.

Eine der bedeutendsten Figuren der Commune war die Anarchistin Louise Michel. Die Wiener Autorin Eva Geber hat 2018 den autobiografischen Roman Die Anarchistin und die Menschenfresser über sie verfasst und gibt in ihrem Beitrag für dérive Einblick in Michels Leben, Denken und Handeln zwischen Paris, Neukaledonien und den vielen Orten, die sie bei ihren Vortragsreisen besucht hatte. Die US-amerikanische Literaturwissenschaftlerin Kristin Ross wiederum ist weniger daran interessiert, penibel zu recherchieren »wie es wirklich war«. Für ihr soeben auf deutsch erschienenes Buch Luxus für alle. Die politische Gedankenwelt der Pariser Kommune war es ihr ein Anliegen, das Ereignis neu zu rahmen, sodass uns heute eine Perspektive möglich wird, »unbelastet von den Legenden und falschen Darstellungen, die sich um seine Ursprünge herum verfestigt haben«, wie sie im Interview mit dérive erzählt. Ross schlägt damit Verbindungen zu unserer aktuellen gesellschaftspolitischen Situation, ebenso wie Sabine Bitter, Helmut Weber und Michael Klein das mit einer Bildbefragung in Form eines Inserts machen, das Bilder der Pariser Commune mit solchen der Proteste in Hong Kong, dem Mai 1968, der Black Panther Party oder der Wiener Siedlerbewegung konfrontiert. Die Soziologin Hajer Ben Boubaker und der Journalist und Aktivist Mogniss H. Abdallah wurden von dem französischen Magazin Funambulist, das jüngst ebenfalls ein Schwerpunktheft zur Commune veröffentlicht hat, eingeladen, bei einem Spaziergang durch Pariser Arbeiterviertel darüber nachzudenken, was die Commune für sie und ihre Politisierung bedeutet (hat) und wie das Leben in den damals zentralen Vierteln heute gestaltet ist. Wir haben den Beitrag für unseren Schwerpunkt übersetzt.

Die Frage, ob die Idee der Commune auch für aktuelle urbane Kämpfe eine Bedeutung haben kann, war für uns zentral. Zumindest von den Platzbesetzungsbewegungen vor zehn Jahren ist bekannt, dass auf Plakaten immer wieder Verweise auf die Commune – La Commune n’est pas morte – aufgetaucht sind. Wir haben die Frage an Mona Harb, Architekturprofessorin und Stadtaktivistin in Beirut, weitergegeben und sie gebeten, über die Krise und die Kämpfe in ihrer Heimatstadt Auskunft zu geben. Au Loong Yu analysiert für den Schwerpunkt den Konflikt um die Selbständigkeit Hongkongs und Raul Zelik fragt sich in seinem Beitrag Venezuela: Aufstieg und Fall der Erdöl-Commune, was in den letzten zwei Jahrzehnten zwischen Selbstverwaltung, Klientelismus, Extraktivismus und Chavismus in Venezuela tatsächlich passiert ist. Guillaume Paoli verknüpft Überlegungen zu räumlichen Veränderungen in Paris und der Verdrängung der Bevölkerungen von einst und jetzt an die Peripherie, mit dem Auftauchen von neuen Orten der Begegnung im Hinterland, die der Gelbwesten-Bewegung für ihre Aktionen dienen.

Passend zum Beitrag von Au Loong Yu ist das Kunstinsert des Fotografen Lele Saveri zu sehen, der 2014 in Hongkong die damaligen Proteste der Regenschirm-Bewegung dokumentiert hat.. Ein weiterer Fotograf, der uns Fotos zur Verfügung stellt, ist Arno Gisinger. Er hat eine Serie von Aufnahmen im militärischen Sperrgebiet von Satory, gemacht, wo 1871 tausende Kommunard:innen nach der Niederschlagung der Commune gefangen gehalten wurden. Eine dritte Serie von Bildern stammt von Sabine Bitter und Helmut Weber und zwar für Raul Zeliks Beitrag über Venezuela. Schwerpunktredakteur Jochen Becker hat zu zentralen Aspekten rund um das Schwerpunktthema – Hinterland, Wellenschlag, Barrikade, Säulensturz – kurze, verbindende Kniestücke verfasst.

Auch das 12. urbanize!-Festival in Wien steht von 6. bis 10. Oktober vor der Tür. Wenn nicht eine neue Covid-Welle unsere Pläne durchkreuzt, lädt ein umfangreiches Programm zum Thema Strategien des Wandels in die Festivalzentrale am Gelände des Wiener Nordwestbahnhofs. Alle Details dazu gibt es ab Anfang September unter www.urbanize.at. Für die Veranstaltungen wird eine Vorab-Registrierung notwendig sein, also bitte rechtzeitig das Programm durchsehen und anmelden! | Christoph Laimer

Inhalt

01-02
Editorial
Christoph Laimer

05-06
Einleitung
Christoph Laimer

07-13
Die Pariser Commune - Versuch einer historischen Rekonstruktion
Klaus Ronneberger

14
Intro: Kniestücke (DIE BÜRGERKRIEGE)
Jochen Becker

15-17
Kniestück: WELLENSCHLAG
Jochen Becker

18-23
Abräumen der Monumente - Ein Gespräch mit Kristin Ross über den langen Wellenschlag der urbanen Revolution
Jochen Becker / Kristin Ross / Christoph Laimer

24-27
Stadt, Hinterland, Flüsse
Landschaften des Aufstands (oder: die Poesie der Autobahnzufahrten)
Guillaume Paoli

28-29
Kniestück: HINTERLAND
Jochen Becker

30
Die Klubs in der Commune
Christoph Laimer

31
Satory - oder der lange Arm der Geschichte
Arno Gisinger

32-37
»Nicht die Paläste sollen brennen, sondern die verpesteten Hütten«
Eva Geber

38-44
Wo seid ihr, Kommunard:innen?
Michael Klein, Sabine Bitter und Helmut Weber

45-46
Kniestück: SÄULENSTURZ
Jochen Becker

47-52
Die Gespenster der Commune in Algerien
Klaus Ronneberger

53-58
Von der Commune bis heute
Hajer Ben Boubaker / Mogniss H. Abdallah

59-63
The Historical Significance and Prospects of the Hong Kong Protests in 2019
Au Loong Yu

Kunstinsert
64-68
Lele Saveri
Hong Kong Barricades

69-71
Kniestück: BARRIKADEN
Jochen Becker

72-77
Venezuela: Aufstieg und Fall der Erdöl-Commune
Raul Zelik

78-84
Zwischen dem Kampf um's Überleben und dem Engagement für einen gesellschaftspolitischen Neuanfang
Mona Harb / Jochen Becker / Christoph Laimer

85-88
Zwischennutzung, Umzug, Umnutzung
Kathrin Tiedemann

89-90
Grenzgänger und Brückenbauer
Nachruf: Daniel Aschwanden
dérive

Besprechungen
91-100
Der ideologische Kampf um die Interpretation der Pariser Commune - Besprechung historischer Publikationen S. 91
Der lange Wellenschlag des Communalismus: Bücher zur Commune von Paris bis Algier S. 92
Louise Michel und die Frauen der Commune S. 94
Das urbane Bewusstsein der Aufständischen S. 95
Plädoyer für einen neuen städtischen Raum S. 96
Stadt als Gebrauchsform S. 97
»Das Unmögliche zu wünschen« S. 98
Eine übersehene Alternative? S. 99
Wildes Kombinieren S. 100

108
Impressum

Einleitung

Immer wieder haben wir uns in dérive in den letzten Jahren mit Aspekten der Demokratisierung der urbanen Gesellschaft auseinandergesetzt und dazu Schwerpunkte veröffentlicht. Eine Gesellschaft vor Augen, die jedem und jeder ein Leben frei von Existenzängsten und in Würde bietet, die es ermöglicht, selbstbestimmt ein individuelles Leben in Freiheit zu führen und als Teil der Gesellschaft diese kollektiv mitzugestalten. Eine Gesellschaft ohne Ausschlüsse und Abhängigkeiten, aber mit der Verantwortung jedes und jeder Einzelnen für Erreichtes einzustehen und dem gemeinsamen Auftrag, sie in einem permanenten Prozess weiterzuentwickeln. Heute den finalen Zustand einer idealen Gesellschaft zu konzipieren, ist weder möglich noch wünschenswert. Deswegen sehen wir es als Aufgabe, aktuelle Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen, ebenso wie aus dem Fokus geratene oder verdrängte Konzepte erneut zu diskutieren, wenn sie das Potenzial in sich tragen, unser Denken und Handeln zu inspirieren.

150 Jahre ist es her, seit die Stadtbevölkerung von Paris die Kommune ausgerufen hat. Wir zählen sie zu den erwähnten aus dem Fokus geratenen Ereignissen, über die heute nur Wenige genauer Bescheid wissen, woran selbst das Jubiläum trotz einiger erschienener Artikel, Publikationen und Radiosendungen nicht viel geändert hat. Die Pariser Commune war eine urbane Revolution, in der, obwohl sie für uns ein unbestritten historisches Ereignis ist, Fragen verhandelt wurden und Konstellationen gegeben waren, die tatsächlich immer noch aktuell und relevant sind.

Vorausgegangen war ihr der grundlegende Stadtumbau von Baron Haussmann unter der Ära von Napoleon III., der, begleitet von einer großen Spekulationswelle, viele Altbauquartiere im Zentrum dem Erdboden gleichmachte und Teile der Arbeiterschaft in die Peripherie verdrängte. Als Reaktion auf diese sozialräumliche Restrukturierung kam es zu heftigen Protesten von Seiten der Linken. Vorausgegangen war der Commune eine Periode der liberalisierten Versammlungsfreiheit in der Spätphase der Kaiserzeit, die eifrig genutzt wurde, um lautstark die Verhältnisse zu kritisieren, über Forderungen und politische Ideen zu diskutieren, sich zu organisieren und gemeinsame Anliegen zu erkennen. Vorausgegangen war ihr auch der Deutsch-Französische Krieg (1870/71), den Napoleon nicht zuletzt aus innenpolitischen Gründen vom Zaun gebrochen hatte. Die lange Belagerung von Paris hatte entscheidend zu einer Verschiebung der politischen Kräfteverhältnisse in der Hauptstadt beigetragen, die letztlich zur Ausrufung der Commune führte.

Die Commune hatte große, beeindruckende Pläne, die kurze Dauer von nur 73 Tagen und die äußerst schwierige Situation durch die Belagerung und die Angriffe durch die Versailler Armee (siehe Ronneberger in diesem Heft) machten es allerdings fast unmöglich, diese auch nur ansatzweise umzusetzen. In einem Manifest formulierte der Rat der Commune sein Selbstverständnis und seine Vorstellungen: »Die Anerkennung und Festigung der Republik, der einzigen Regierungsform, die mit der gesetzmäßigen und freien Entwicklung der Gesellschaft vereinbar ist; die auf alle Gemeinden Frankreichs ausgedehnte unbedingte Selbstverwaltung der Kommune, jeder die Unverletzlichkeit ihrer Rechte und jedem Franzosen die volle Entfaltung seiner Fähigkeiten und Anlagen als Mensch, Bürger und Arbeiter sichernd. [...] Das Ende der alten gouvernementalen und klerikalen Welt, des Militarismus, der Bürokratie, der Ausbeutung des Börsenwuchers, der Monopole, der Privilegien, [...] (zit. nach Bruhat et al. 1971, S. 164). Manche Maßnahmen konnten rasch umgesetzt werden: so wurde ein zeitweiliger Mieterlass verkündet, um die Kriegslast gerechter zu verteilen, leerstehende Wohnungen wurden an vom Krieg Ausgebombte vergeben. Fälligkeitstermine für Schulden wurden verlängert, die Rückgabe verpfändeter Güter angeordnet und das Bildungswesen von der Kirche getrennt.

Interessant an der Commune ist, wie Roger V. Gould (1995) in seiner Untersuchung Insurgent Identities detailliert herausarbeitet, dass tatsächlich die Identität als Urban Community in Opposition zum Staat und zur Kirche für die Ausbildung der Commune entscheidend war und weniger beispielsweise die Forderung nach einem Recht auf Arbeit, das bei früheren Aufständen im Vordergrund stand. Auf den Barrikaden standen und in den Klubs diskutierten nicht nur Arbeiter und Arbeiterinnen, sondern die Bewohner:innen der angrenzenden Nachbarschaften, egal ob Arbeiterin, Künstler oder Kleinunternehmer, wobei unbestritten die Arbeiterklasse die große Mehrheit der Kommunard:innen ausmachte.

Nicht nur in Paris, sondern auch in anderen Städten wie Lyon oder Marseille gab es kurze Phasen einer Commune. Diese konnten sich jedoch nur in geringem Ausmaß auf kollektive Massenaktionen stützen und Regierungssoldaten hatten – im Gegensatz zu Paris – wenig Mühe, die Aufständischen zur Aufgabe zu bewegen oder zurückzudrängen (Gould 1995, S. 192). Neben der Begeisterung in mehreren Städten für die Commune gab es jedoch genauso den fanatischen Klassenhass, der sich in einer unbeschreiblichen Feindseligkeit äußerte und schlussendlich dazu führte, dass durch die Versailler Armee in einem als blutige Woche in die Geschichte eingegangenem Gemetzel, je nach Schätzung 20.000 bis 30.000 Kommunard:innen getötet wurden. Dass damit auch erreicht werden sollte, die Erinnerung an die Commune auszuradieren, war vielen Kommunard:innen bewusst, weswegen unmittelbar nach ihrem Ende ein eifriges Niederschreiben von Erinnerungen und Analysen begann. Karl Marx veröffentlichte bereits wenige Tage nach Ende der Commune seinen Text Der Bürgerkrieg in Frankreich, in dem er noch begeistert schrieb, die Commune sei »die endlich entdeckte politische Form, unter der die ökonomische Befreiung der Arbeit sich vollziehen konnte« (Marx & Engels 1973, S. 342).

Ganz im Gegensatz zur Französischen Revolution spielt die Commune in Frankreich bis heute eine untergeordnete Rolle. Abgesehen vom 100-Jahr-Jubiläum, das 1971 in zeitlicher Nähe zu 1968 stattfand und das Wissen über die Commune auch aufgrund etlicher Publikationen verbreitete, ist sie heute fast wieder vergessen und weder Teil des Schulunterrichts noch des Alltagswissens.

Ein hohes Interesse und die entsprechende Aufmerksamkeit gab es von Anfang an vor allem in der historischen Arbeiterbewegung. Auch in Wien wurden die Jahrestage regelmäßig gefeiert. Karl Renner schwang sich in einem Artikel, der am Neujahrstag 1922 auf Seite 1 der Arbeiterzeitung erschienen ist, auf, auch das Rote Wien mit nachdrücklichem Verweis auf die Pariser Commune als Kommune zu bezeichnen: »Ein großes Erbe, eine gewaltige Neuschöpfung, ein kostbares Kleinod der Zukunft ist die Republik und Kommune Wien, Arbeiter von Wien, sie ist in eure Hand gegeben – bewahret, behütet sie denen die nach euch kommen, als teuerstes Vermächtnis!« (Arbeiter-Zeitung, 1.1.1922, S. 2). Auch wenn man das Rote Wien keineswegs direkt mit der Commune vergleichen kann, gibt es doch Parallelen, was die äußeren Umstände anbelangt. Eine Kriegsniederlage, das Ende eines politischen absolutistischen Systems, der fanatische Hass von Seiten des Bürgertums und schlussendlich die militärische Niederschlagung.

Unser Schwerpunkt trägt den Titel Place Internationale und bezieht sich damit auf die Umbenennung des Place Vendôme nach dem Sturz der Vendôme-Säule (siehe Becker in diesem Heft, S. 47–48) während der Commune. Die Commune verstand sich von Anfang an als universell und grenzte sich vom Nationalismus ab. Bereits am zweiten Tag nach ihrer Proklamation wurden alle Ausländer:innen aufgenommen. Die »Fahne der Commune ist die Weltrepublik« (zit. nach Ross 2021, S. 32) war in der Zeitung der Commune zu lesen. Ähnlich wie später im spanischen Bürgerkrieg beteiligten sich Internationalist:innen auf Seiten der Commune an ihrer Verteidigung. Die Kolonial- und Kriegspolitik Frankreichs wurde in den Klubs der Commune regelmäßig scharf kritisiert.

Nach der Niederschlagung der Commune mussten viele Kommunard:innen ins Exil gehen. Sie nahmen ihre Ideen dorthin mit, aber auch ihre Schriften verbreiteten sich und so gab und gibt es immer wieder urbane Kämpfe und Aufstände, die sich auf die Commune beziehen oder selbst Commune nennen – der lange Wellenschlag der Revolution. So rief die chinesische KP beispielsweise 1927 in Guangzhou eine Commune aus (Chak 2021), fünfzig Jahre später passierte das gleiche in Shanghai. Bei den Platzbewegungen 2011 waren immer wieder Plakate mit dem Slogan La Commune n’est pas morte zu sehen und auch heute stößt das Interesse am luxe communal (Luxus für alle) und der Selbstverwaltung wieder auf verstärktes Interesse, wie sich am Engagement für Commons zeigt.


[Literatur:
Bruhat, Jean; Dautry, Jean & Tersen, Emile (1971): Die Pariser Kommune von 1871. Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften.
Chak, Tings (2021): Guangzhou 1927: The Paris Commune of the East. In: The Funambulist 34, S. 20–23.
Gould, Roger V. (1995): Insurgent Identitites – Class, Community, and Protest in Paris from 1848 to the Commune. Chicago: The University of Chicago Press.
Hofmann, Julia & Lichtenberger, Hanna (2011): Von der Commune in die Stadtteile. In: Perspektiven – Magazin für linke Theorie und Praxis, Heft 14. Verfügbar unter:
http://www.workerscontrol.net/de/system/files/docs/Von%20der%20Commune%20in%20die%20Stadtteile.pdf (Stand 21.07.2021).
Marx, Karl & Engels, Friedrich (1973) [1871]: Der Bürgerkrieg in Frankreich. In: Marx Engels Werke, Band 17, S. 342. Berlin: (Karl) Dietz Verlag.
Ross, Kristin (2021): Luxus für alle – Die politische Gedankenwelt der Pariser Commune. Berlin: Matthes & Seitz.]

dérive, Mo., 2021.09.13

13. September 2021 Christoph Laimer

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