Editorial

«Unterwegs sein kann schön sein, doch ­unterwegs sein zu müssen kann sehr hart sein.» Der Satz eines professionellen Bergführers trifft auf viele Fort­bewegungsarten zu. In einem überfüllten Zug wird sich kaum ein angenehmes Reisegefühl einstellen. Es braucht also mehr Raum, «mehr Luft nach oben», um das Reisen erträglicher zu machen.

Mehr Raum bekommen zumindest schon einmal die Züge selbst auf der Strecke Lausanne–Brig. 130 Infrastrukturprojekte mit Gesamtkosten von 500 Millionen Franken werden realisiert, um auf der Simplonstrecke bis Brig ab 2018 Doppelstockzüge fahren zu lassen.

Die zukünftige Kapazitätsvergrösserung ist gegenwärtig mit allerlei Hindernissen für die Ausführenden verbunden – finden die Bau­arbeiten doch meist während laufenden Bahn­betriebs statt. Bei der Profilerweiterung des zweigleisigen Tunnels Saint-Maurice ging es ­daher auf der Baustelle recht eng zu – räumlich wie zeitlich.

Grösstenteils konnte nur am halben Querschnitt gearbeitet werden. Die neue Stahlkonstruktion der Brücke Massongex hatte zwar nach oben genügend Luft, ihre Widerlager wurden jedoch in einer beengten Baugrube erstellt, während über den Köpfen der Arbeiter der Zugverkehr auf vier Behelfsbrücken weiterlief.
Vielerlei Unbequemlichkeiten also, um das zukünftige Unterwegssein angenehmer zu machen.

Peter Seitz

Inhalt

AKTUELL
07 WETTBEWERBE
Die Geschichte der Geschichte

10 PANORAMA
Zerstört geglaubte Dokumente gerettet

15 VITRINE
Neues aus der Baubranche | Bau Energie Messe

18 SIA
Öffentlicher Raum im Umbruch | Swiss Squares App für Winterthur | Technik,
die begeistert | Brücke in die Praxis | Kennzahlenerhebung abgeschlossen | Bürokosten im Blick

22 VERANSTALTUNGEN

THEMA
24 MEHR LUFT NACH OBEN AUF DER SIMPLONSTRECKE

24 BLEIBENDE WEICHEN, WEICHENDER FELS
Peter Seitz
Aufgrund des fort­laufenden Bahnbetriebs ging es bei der Vergrösserung des Tunnels Saint-Maurice VS räumlich und zeitlich eng zu.

29 STAHL UND VERBUND VERBINDEN UFER
Peter Seitz
Die längste stählerne Eisenbahnbrücke der Schweiz überspannt die Rhone und behebt eine Engstelle für den Güterverkehr.

AUSKLANG
33 STELLENINSERATE

37 IMPRESSUM

38 UNVORHERGESEHENES

Bleibende Weichen, weichender Fels

Die Profilerweiterung des SBB-Tunnels von Saint-Maurice VS erfolgte sprichwörtlich «vom Scheitel bis zur Sohle». Weil der Bahnverkehr aufrechterhalten werden musste und die topografische Situation hohe Ansprüche stellte, waren von den Ausführenden eine ausgeklügelte Logistik und extreme Zeitdisziplin gefordert.

Das obere Stockwerk des Wallis wird ab 2018 mit einer Doppelstockzugverbindung an den tiefen Genfersee angebunden. Möglich macht diesen Anschluss des Oberwallis der Ausbau der Eisenbahnlinie Lausanne–Brig. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistet die Erweiterung des 489 m langen, 1859 in Betrieb genommenen zweigleisigen Tunnels Saint-Maurice auf das Lichtraumprofil EBV 2/S2.

Durch den bestehenden Tunnel fahren täglich über 240 Züge. Dies entspricht in Spitzenzeiten bis zu 15 pro Stunde. Da eine sinnvolle Alternativroute nicht existiert, musste der Grossteil der Arbeiten bei laufendem Betrieb eines Gleises ausgeführt werden. Für die Vergrösserung der Röhre stand folglich nur ein halber Querschnitt zur Verfügung. Dies führte nicht nur zu einem äusserst beschränkten Arbeitsraum, sondern erhöhte auch den Bauaufwand. Galt es doch, das befahrene Gleis von der Baustelle mittels einer Schutzwand abzutrennen.

Zur Installation dieser Trennwand und für andere diverse Arbeiten, die eine zeitweise Stilllegung der Strecke unumgänglich machten, konnte zumindest an 240 Nächten von 2013 bis 2016 während fünf Stunden der Zugverkehr im Tunnel eingestellt werden. Für Intensiv­einsätze war dies an zwei zusätzlichen Wochenenden für jeweils 53 Stunden möglich, ansonsten blieb die Strecke stets eingleisig befahrbar.

Der erste Intensiveinsatz sah den Abbruch der 34 m langen Tagbaustrecke des Tunnels auf der Seite von Saint-Maurice vor. Beim zweiten wurde im Bereich einer Weichenanlage am Portal Saint-Maurice die Tunneldecke mit einer einzigen Sprengung entfernt. Gemessen an der Anzahl der gleichzeitig gezündeten Ladungen stellte diese Detonation mit 1492 Sprenglöchern die bedeutendste der Schweiz dar. Die Festlegung der beiden Wochenenden erfolgte über ein Jahr vor dem jeweiligen Intensiveinsatz, bedurfte es doch einer Neuorganisa­tion des gesamten Personenverkehrs durch die SBB und aufgrund der zeitlichen Beschränktheit enormer Vorbereitungsarbeiten seitens der Unternehmung.

Die bahnbetrieblichen Randbedingungen wurden noch durch zwei topografische ergänzt.

Unverrückbare Höhenlagen

Am südlichen Tunnelportal schliesst der Bahnhof Saint-Maurice an. Seine Höhenlage und eine in den ­Tunnel hineinreichende Weichenanlage, die für die Zugverteilung auf die Gleise des Bahnhofs nötig ist, gaben die Höhenkote der Schienenlage in diesem Abschnitt vor. Eine Erweiterung durch eine Sohlabtiefung war daher am Südende des Tunnels ausgeschlossen. Im nördlichen Tunnelabschnitt hingegen konnte die Firstkote des Tunnels nicht verändert werden, da das Fort Cindey, eine Befestigungsanlage aus dem Inventar nationaler Militärdenkmäler, unmittelbar über dem Stollen gelegen ist.

Die Lösung dieses topografischen Gegensatzes lag in der Anordnung eines variablen, in Richtung Bex abfallenden Profils. Dies führte auf der Seite von Saint-Maurice zu einem Abtrag der Tunneldecke, während auf Bexer Seite die Tunnelsohle abgesenkt wurde. Die insgesamt aufwendige Art der Profilerweiterung – Arbeiten am halben Querschnitt, verschiedene Profile, Sprengarbeiten und anschliessende Wiederinbetriebnahme des Tunnels unter extremen Zeitdruck – konnte letztendlich gewählt werden, da es sich beim anstehenden Fels um einen Valanginien-Kalk handelt, ein insgesamt massives und sehr widerstandsfähiges Gestein. Die allgemeine Ausrichtung der Bänke verläuft subhorizontal mit einer leichten Neigung zum Bexer Tunnelportal hin. Hier, im nördlichen, auf 150 m Länge mit einer Bruchsteinmauerung versehenen Abschnitt der Röhre stehen auch Wasserzuflüsse an, die den Einbau einer Dichtungsschicht erforderlich machten.

Wand schützt und nützt

Zur Abtrennung des Bahnbetriebs von der Baustelle musste eine Schutzwand in Profilmitte erstellt werden, die nicht nur als Sicherheitsbarriere fungierte, sondern auch unterschiedliche Funktionen während des Bauablaufs wahrnahm. Beim Ausbruch auf der Seite der Rhone, der zuerst vollzogen wurde (Phase 1), diente die Wand als Bohlwand (Berliner Verbau) zur Abstützung des bergseitig gelegenen und weiterhin befahrenen Gleises. Vor den Bauarbeiten am bergseitigen Gleis (Phase 2) erfolgte eine Anpassung der Schutzwand an der Tunnelkalotte.

Die Anbringung einer geneigten Stütze ermöglichte die Abstützung und den Ausbruch im Firstbereich des Tunnels. Die Wand setzte sich aus Stahlprofilen mit dazwischen liegendem Drahtgeflecht zusammen. Gebohrte Löcher dienten als Fundation der Profile, oben wurden die Profile mit Swellex-Ankern und Spritzbeton befestigt. Ein akustisches und optisches Warnsystem für Züge sowie ein System zum Stoppen des Zugverkehrs bei einem Unfall ergänzten die Schutzwand in Bezug auf die Bahnsicherheit.

Bauen am halben Querschnitt

Die Vergrösserung des Profils auf der Talseite, Phase 1 genannt, setzte sich aus folgenden Arbeiten im Zeitraum vom 2. September 2013 bis 22. März 2015 zusammen:

Montage der Schutzwand zwischen den Gleisen bei unterbrochenem Zugverkehr
Schliessung des bergseitigen Gleises und Entfernen von Gleis und Schotter talseitig
Ausführung eines Längsträgers mit Zugankern im Bereich der Bruchsteinmauerung (bestehende Tunnel­decke)
Vergrösserung des Querschnitts mit auf Baggern montierten Felsbrechern (ca. 20 m³/lfm)
Kanalisierung der Wasserzuflüsse und Einbringen einer Abdichtung im wasserführenden Bereich (auf ca. 150 m Länge)
Einbringung der Abstützung, die lokal aus Bolzen und 15 cm faserverstärktem Spritzbeton besteht
Ausführung des Randwegs, Verlegen der Drainage, Betonieren der Sohlenplatte
Anpassung der Schutzwand für die Arbeiten am bergseitigen Gleis (Phase 2)
Einbringen von Schotter, provisorisches Verlegen des neuen Gleises und der Oberleitung
Inbetriebnahme des talseitigen Gleises

Die bergseitige Querschnitterweiterung während der Phase 2 wurde vom 22. März 2015 bis 5. April 2016 vorgenommen. Innerhalb dieser Phase fand auch der zweite Intensiveinsatz mit der Sprengung im Bereich der Weichenanlage statt. Neben weiteren Anpassungen der Schutzwand und deren letztendlichen Entfernung entsprachen die Arbeitsschritte denen der Phase 1. Die Logistik der Arbeiten zeitgleich während des Bahnbetriebs wurde von jener des Intensiveinsatzes im Weichenabschnitt von Saint-Maurice noch übertroffen.
Intensiveinsatz mit Sprengung

Innerhalb der 53 Stunden, die am ausgewählten Wochenende zur Verfügung standen, mussten folgende Arbeiten erfolgreich umgesetzt werden:

Zu Beginn, am Freitag, den 6. November 2015 um 22:40 Uhr, mussten die Demontage der Fahrleitung und das Einbringen der Schutzvorrichtungen für die Gleise und bahntechnischen Anlagen erfolgen. Gleichzeitig erfolgte die Bereitstellung der letzten Sprengladungen. Das Anzeichnen und Bohren der Sprenglöcher sowie teilweise das Anbringen der Ladungen konnten bereits im Vorfeld des Intensiveinsatzes abgeschlossen werden.

Nach 3.3 Sekunden – nur so lang dauerte die Sprengung – transportierten Dumper und Muldenkipper das auf einer Länge von 76 m angefallene Gestein mit einer Kubatur von 1200 m³ über beide Seiten des Tunnels ab. 90 Glasfaseranker wurden zur Sicherung des Gewölbes gebohrt und gesetzt, bevor 196 m³ Spritzbeton mit einer Stärke von 15 cm aufgebracht wurden. Nach dem Entfernen der Schutzvorrichtungen der Gleis­anlage, der Montage der Oberleitung und verschiedenen Sicherheitskontrollen vor der Inbetriebnahme des Gleises konnte der Intensiveinsatz Sonntagnacht beendet werden.

Zwischen 5. April und 2. Mai 2016 erfolgte zum Abschluss der Arbeiten die Phase 3. Talseitig musste das Gleis noch auf sein definitives Niveau verlegt werden. Nach Fertigstellung des Randwegs und der Montage der endgültigen Fahrleitung konnten beide Gleise letztendlich in Betrieb genommen werden.


Anmerkung:
Vorliegender Artikel beruht auf der Veröffentlichung «Agrandissement du tunnel CFF de Saint-Maurice» der Autoren Cathie Hansmann, Alain Dériaz, Olivier Tappy, Xavier von Mandach, erschienen in Tracés 09/2016.

TEC21, Fr., 2016.10.07

07. Oktober 2016 Peter Seitz

Stahl und Verbund verbinden Ufer

Beinahe könnte man von Saint-Maurice aus durch den vergrösserten Tunnel zum nächsten imposanten Bauwerk der SBB sehen. Die neue Eisenbahnbrücke Massongex fällt aber aus vielen Blickwinkeln ins Auge.

Knapp 23 m über den Rädern der Eisenbahn wölben sich die beiden Bögen der neuen SBB-Brücke Massongex in den Himmel und verbinden das südliche walliserische Ufer der Rhone mit dem nördlichen auf Waadtländer Seite. Der Neubau, der mit einer Spannweite von 125.80 m als längste stählerne Eisenbahnbrücke der Schweiz gilt, ersetzt zwei bestehende, eingleisige Stahlbrücken aus dem Jahr 1903 und 1923, die dem Güterverkehr nicht mehr gewachsen waren. Die oberstrom gelegene Brücke war für die schwerste Zugkategorie (D4) nicht mehr zugelassen. Zugleich bargen die alten Bauwerke mit einer Spannweite von je 70 m und je beidseitig vorgelagerten 10-m-Brücken zum Eisenbahndamm hin wenig Spielraum bezüglich zukünftiger flussbaulicher Massnahmen der 3. Rhonekorrektion (vgl. TEC21 10/2012).

Da die flussabwärts gelegene, bestehende Brücke noch besser intakt war, galt es, diese zuletzt ausser Betrieb zu setzen und den Eisenbahnverkehr auf der Simplonstrecke bis zum Einsatz der neuen Brücke über sie abzuwickeln. Folglich musste das Einschieben der neuen Brücke stromabwärts geschehen und ein Installationsplatz oberstrom der alten Brücken gefunden werden. Da auf der Bexer Seite Hochspannungsfrei­leitungen zu nah am Waadtländer Ufer verliefen, blieb nur, die Stahlkonstruktion linksufrig auf der walliserischen Seite zu erstellen.

Lager im, am und unterm Strom

Das Stahltragwerk wurde auf Pfahljochen erstellt. Erst der Bau von je einem Vorschublager beidseits der Rhone und zweier provisorischer Pfeiler auf einer vorgeschütteten Plattform im Fluss machten den späteren Vorschub der Brücke möglich. Um die provisorischen Pfeiler zu erreichen, die 68 m vom linksufrigen Vorschublager an der gegenüberliegenden Flussseite entfernt lagen, musste die Stahlkonstruktion mit einem 30 m langen Vorbauschnabel ausgestattet werden.

Die im Fluss geschüttete Plattform, deren Sicherung mit Spundwänden erfolgte, hatte aufgrund der Fliessquerschnittseinengung auch Folgen für den Uferschutz. Am gegenüberliegenden Ufer wurden im Vorfeld auf einer Länge von 70 m Uferschutzmassnahmen vorgenommen, um Erosionen aufgrund Strömungsumlagerungen zu vermeiden.

Die beiden Vorschublager an den Ufern sind auf acht 20 m langen Bohrpfählen fundiert, deren Durchmesser 1.50 m beträgt. Die Pressen bei der Montage der definitiven Auflager werden ebenfalls an diesen Lagern angesetzt.

Endgültig ruhen wird die Brücke auf vier Kalottenlagern, die in Querrichtung frei beweglich und in Längsrichtung am linksufrigen Widerlager aus Stahlbeton arretiert sind. Die Fundation am linken Ufer besteht aus drei Reihen mit je fünf Bohrpfählen, deren Durchmesser 1.50 m bei einer Länge von 27 m beträgt. Zur Aufnahme horizontaler Lasten insbesondere aus seismischen Aktivitäten sind die äusseren Pfähle um 5.7° geneigt. Für die Fundierung des rechtsufrigen Widerlagers reichten zwei Reihen mit je fünf Pfählen von 20 m Länge aus, da dort das Auflager in Längsrichtung beweglich angeordnet ist. Für den Bau der Widerlager wurden in den bestehenden Eisenbahndämmen beiderseits der Rhone zwei Baugruben ausgehoben. Vier provisorische Brücken überspannen zur Aufrechterhaltung des Bahnverkehrs die Gleise. Die Spannweiten dieser Behelfsbrücken von 17.50 m gaben auch die maximale Grösse der Baugruben vor.

Als Tragsystem der neuen Brücke wurde ein Langerscher Balken (Bow-String) gewählt, der auch als Stabbogenbrücke bekannt ist. Die Bögen sind mit den Trägern der Fahrbahn verankert, sodass die Fahrbahn als Zugband wirkt. Die Fahrbahnträger nehmen somit die horizontalen Auflagerreaktionen der Bögen auf, und die Lager der Brücke erhalten aus ihrem Eigengewicht nur vertikale Lasten. Gleichzeitig ist die Fahrbahn mittels Hängern mit den Bögen verbunden, sodass Letztere axialen Druckbeanspruchungen ausgesetzt sind.

Geneigte Bögen und Stege

Das primäre Stahltragwerk besteht aus zwei um 12° nach innen geneigten Bögen mit Kastenprofil und zwei Längsträgern auf Fahrbahnebene, die die Funktion der Zugglieder übernehmen. Zur Kraftübertragung der Hänger an die Bögen ist eine mittlere dritte Wand in die Hohlkästen eingeschweisst. Die Profilhöhen der Bogenkästen verjüngen sich von 1.85 m am Kämpfer auf 1.20 m am Scheitel. Vier Querträger, die ebenfalls als Hohlkasten ausgeführt sind und beim Vorschub abgestützt werden, verbinden die beiden Bögen. Die Bogenkämpfer sind in die Längsträger eingespannt und über ein 1.10 m hohes Querprofil zur Abtragung der Kräfte in die Auflager verbunden.

Die Längsträger, deren Stege ebenfalls um 12° geneigt sind, jedoch horizontale Flansche der Stärke 120 mm aufweisen, haben eine konstante Höhe von 4 m und weisen eine Überhöhung von 200 mm auf. Im Auflagerbereich erfolgt die Einbindung der Bögen in die Längsträger über ein Kastenprofil. Auf den Obergurten sind zur Krafteinleitung der Hänger Laschen angeschweisst. Je Bogen sind 16 Hänger aus Flachstahl (60 × 300 mm) angeordnet. Um eine zu starke Biegung der äusseren Hänger beim Vorschub der Brücke zu vermeiden, werden diese durch provisorische, flexiblere ersetzt. Erst nach dem Betonieren der Bodenplatte, wenn die Stahlkonstruktion bereits über der Rhone liegt, werden die endgültigen Hänger montiert. Verwendung bei der Stahlkonstruktion fand Stahl der Sorte S355 M/ML, ein thermomechanisch gewalzter, schweissgeeigneter Feinkornbaustahl.

Über die Rhone, betoniert Richtung Genf

Der Vorschub der stählernen Brückenkonstruktion erfolgte erst vom Installationsplatz über die provi­sorischen Pfeiler im Fluss bis auf das rechtsufrige Vorschublager. In dieser Position begannen die Beto­nierarbeiten zur Erstellung des Brückentrogs. Dieser besteht aus einer Platte, deren Stärke zwischen 40 cm und 52 cm an ihrer Achse beträgt, und seitlichen, 2.20 m hohen Stahlbetonträgern mit variabler Wandstärke. Der Brückentrog ist über Kopfbolzen in Verbundbauweise mit den Längs- und Querträgern der Stahlkon­struktion verbunden.

Um das Eindringen von Wasser zwischen Trog und Stahl zu vermeiden, ist die Ober­seite des Betonträgers mit einer Neigung nach innen ausgeführt. Für die Abdichtung des Betontrogs fanden eine 5 mm starke PBD-Dichtungsbahn und eine 40 mm dicke Gussasphaltschicht Verwendung. Zur Entwässerung dieser dichten Konstruktion wurde die Oberfläche des Trogs mit mindestens 2 % Gefälle facettenartig ausgeführt, sodass anfallendes Wasser über die im Abstand von 6.80 m angeordneten Brückenabläufe direkt in die Rhone abfliessen kann.

Das Auffüllen des Trogs geschah mit einer 75  cm tiefen Schotterschicht und entlang der Schwellen mit einer Auffüllreserve mit 12 cm Höhe. So ausgestattet konnte der Einschub der Brücke bis zu ihrer endgültigen Lage beginnen. Nach dem Rückbau der provisorischen Pfeiler im Fluss wurde der Neubau bis zur oberstromigen, alten Brücke geschoben. Diese wurde unter Zuhilfenahme der neuen Brücke demontiert. Nach einem weiteren Zwischeneinschub bis zur noch bestehenden Brücke konnte ein erstes Gleis über die neue Konstruktion gelegt und somit der Eisenbahnverkehr erstmals umgelegt werden. Nach dem derzeit laufenden Abbruch der verbliebenen alten Brücke wird die neue Brücke nach einem nochmaligen Schub ihre endgültige Position erreichen.


Anmerkung:
Vorliegender Artikel beruht auf der Veröffentlichung «Un nouveau pont ferroviaire sur le Rhône» der Autoren Hugo Anacleto, Tristan Jakob, Hartmut Mühlberg, Stéphane Utz, Philippe Morel, erschienen in TRACÉS 09/2016.

TEC21, Fr., 2016.10.07

07. Oktober 2016 Peter Seitz

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