Editorial

Warschau ist in den letzten Jahren in Architektenkreisen in Verruf ge­raten. Als der Schweizer Christian Kerez 2007 den internationalen Wettbewerb für ein Museum für moderne Kunst gewann, liess die Abwehrhaltung der dortigen Akteure tief in protektionistische Abgründe blicken. Am Ende einer medialen
Verleumdungskampagne und undurchsichtiger politischer Manöver kündigte die Stadt 2012 schliesslich den Vertrag mit Kerez.

Dennoch gibt es aus Warschau auch Positives zu vermelden, wenn es um Architektur für zeit­genössische Kunst geht. In diesem Heft stellen wir zwei kürzlich fertiggestellte Gebäude vor, beide von Architekturbüros mit Sitz in Basel entworfen und beide mit Sorgfalt in sensible Umgebungen eingefügt.

Der Umbau, den Roger Diener für eine Stiftung samt Galerie in der Warschauer Innenstadt ­realisiert hat, leistet einen feinfühligen Beitrag zur Frage von Rekonstruktion versus Neuinter­pre­tation – keine einfache Aufgabe in einer Stadt, die bis heute schwer ­traumatisiert ist vom Verlust ihrer baulichen Vergangenheit. Im Gegensatz zum historisch vielschichtigen Zentrum scheint der Vorort Wesoła aus ­einem wilden Durchein­ander von Zeiten und Bauten zu bestehen. Hier hat Piotr Brzoza ein Künstleratelier geschaffen, das sich zum ­Kristallisationspunkt einer neuen räum­lichen Ordnung entwickeln könnte.

Hubertus Adam, der Direktor des Schweizer ­Architekturmuseums, hat beide Bauten besucht – und berichtet für TEC21.

Judit Solt

Inhalt

AKTUELL
08 WETTBEWERBE
Raffinierter Einfeldträger

10 PANORAMA
Wie viel Wasser brauchen wir morgen? | Licht der Zukunft?

12 VITRINE
Gute Innenraumbeleuchtung

13 GENOSSENSCHAFT VS. BAUGRUPPE
Entscheidungen zu Ordnungen | Norm SIA 199 und Merkblatt SIA 2001 zur Publikation freigegeben | Baukultur in nationaler Kulturpolitik verankert

17 VERANSTALTUNGEN

18 OFFENE WUNDEN UND FEINE BRÜCHE
Hubertus Adam
Umbauten sind in Warschau heikel. Dennoch gelang es Diener & Diener, einen überzeugenden architektonischen Beitrag zum Thema Transformation zu leisten.


23 EINGEPASST, NICHT ANGEPASST
Hubertus Adam
Der in Basel tätige Architekt Piotr Brzoza hat für den Künstler Paweł Althamer ein Atelier entworfen, das im planlos bebauten Warschauer Vorort Wesoła qualitätsvolle Räume schafft.

AUSKLANG
27 STELLENINSERATE

37 IMPRESSUM

38 UNVORHERGESEHENES

Offene Wunden und feine Brüche

Umbauten sind in Warschau heikel. Im Zweiten Weltkrieg haben die deutschen Besatzer die Innenstadt systematisch zerstört; die Rekonstruktion des historischen Erbes und die politische Agenda der UdSSR prägten den Wiederaufbau. Dennoch gelang es Diener & Diener, einen überzeugenden architektonischen Beitrag zum Thema Transformation zu leisten.

Die Galerie Foksal, 1966 gegründet und nach der gleichnamigen Strasse in der Innenstadt von Warschau benannt, galt als die wichtigste Avantgardegalerie im sozialistischen Polen. Von Künstlern und Kunstkritikern ins Leben gerufen, behielt sie ein von staatlichen Doktrinen weitgehend unabhängiges Profil. Sie knüpfte – auch personell – an die konstruktivistische Tradition der Vorkriegszeit an, verstand es aber überdies, renommierte Vertreter der westlichen Kunstszene einzuladen und damit den internationalen Austausch zu befördern. Das Ende des Sozialismus führte zur inhaltlichen wie wirtschaftlichen Neuorientierung; die Gründung der Foksal Gallery Foundation FGF im Jahr 1997 war verbunden mit der Hoffnung, das Unternehmen finanziell abzusichern. Relativ bald indes trennten sich die Wege: Die Galerie Foksal wird als staatliche Institution weitergeführt, während die FGF als private Stiftung ein eigenes Ausstellungsprogramm umsetzt (vgl. «Foksal Gallery Foundation»).

Filigran gegen Stalins Traditionalismus

2001 zog die Stiftung aus den angestammten Räumen der Galerie Foksal im Zentrum von Warschau aus und bezog eine Liegenschaft in der unmittelbaren Nachbarschaft an der ulica Górskiego 1a. Das Gebäude, zuvor Domizil des Kunsthandwerkerverbands, stammt aus dem Jahr 1963 und befindet sich auf der Rückseite der Nowy S´wiat, der Neue-Welt-Strasse. Diese zählt zum Königsweg, der historisch bedeutsamen Nord- Süd-Achse, die das Schloss von Warschau mit den Parkanlagen von Lazienski und Wilanów verbindet. Nach der Zerstörung durch die deutschen Besatzer wurden auch die Häuser des Königswegs zu Beginn der 1950er-Jahre wiederaufgebaut, wobei man sich allerdings – anders als in der Altstadt – auf die Rekonstruktion des Fassadenbilds beschränkte (vgl. «Zerstörung und Wiederaufbau in Warschau», S.22).

Biegt man von der Nowy S´wiat über eine Tordurchfahrt in die ulica Górskiego ein, prägt der Neotraditionalismus der Stalin-Ära das Bild. Die arkadengesäumten Häuser an der Querstrasse Juliana Tuwima sind eine Phantasmagorie Italiens, gesehen durch die sowjetisch gefärbte Brille polnischer Architekten. Sie gehören zur Wohnbebauung Nowy S´wiat West, die von 1949 bis 1956 von Zygmund Ste?pinski errichtet wurde, und repräsentieren den sozrealistischen Wiederaufbau der Innenstadt von Warschau, der im stadtbeherrschenden Kulturpalast von 1955 seinen Höhepunkt fand, dem nach Polen verschlagenen Abkömmling der berühmten Moskauer «Sieben Schwestern».

Wenige Jahre später errichtete der Architekt Leszek Klajnert das Haus für den Kunsthandwerkerverband auf einer Eckparzelle. Programmatisch brach es mit dem Traditionalismus der Stalin-Ära: Zwischen dem rahmenden Betonskelett, das die Ecken betonte, waren die Fassaden als filigrane Metall-Glas-Struktur ausgeführt; ein Laubengang erschloss die Ateliers des ersten Obergeschosses, ein Vitrinenvorbau akzentuierte das Erdgeschoss (Abb. links unten).

Nachdem die Stiftung das Gebäude rund zehn Jahre lang genutzt hatte, sah sie sich wegen der maroden Fassade zum Handeln gezwungen. Eine Sanierung der Curtain Wall schied angesichts des schlechten Zustands aus. So gab es nur zwei Möglichkeiten: eine vollständige Rekonstruktion der bestehenden Fassade – oder die Umhüllung mit einer neuen. Die Eigentümer entschieden sich für letztere Strategie. Einerseits wollten sie ein Zeichen setzen gegen den Rekonstruktionswahn, durch den einige Gebäude der Nachkriegsmoderne zu zeitlosen Ikonen stilisiert werden, während andere hemmungslos dem Abriss zum Opfer fallen; andererseits waren die Galerieräume mit ihren vollflächigen Fassadenverglasungen schwer zu nutzen, sodass eine andere Fassadengestaltung Vorteile bot. Aufgrund der guten Kontakte nach Basel entschied man sich, Roger Diener mit dem Umbau zu betrauen, der mit dem Centre Pasquart in Biel (2000) oder der Erweiterung des Museums für Naturkunde in Berlin (2010) bewiesen hatte, wie in einem schwierigen Kontext eine Balance zwischen zeitgenössischer Intervention und historischer Referenz gefunden werden kann.

Neue Curtain Wall mit Betonelementen

Da sich die Tragstruktur des Hauses als intakt erwies, liess sie sich problemlos für die Installation einer neuen Fassade verwenden. Diese besteht aus geschosshohen Betonelementen (vgl. Abb. links oben und S.?21). Sie übergreift die von der Stiftung genutzten Obergeschosse, während das Erdgeschoss, in dem ein Coiffeur etabliert ist, nicht berührt wurde. Die Abmessungen der einzelnen Elemente reagieren auf die Tragstruktur des Gebäudes: An der Längsseite folgen pro Geschoss auf ein schmales Element vor dem Treppenhaus zwei breite; die Stirnseite weist auf jedem Geschoss lediglich ein breites Element auf. So ergeben sich insgesamt zwölf Elemente: neun breite, die die Galerieräume umgeben, und drei schmale im Bereich des Treppenhauses.

Die Elemente aus grauem ultrahochfestem Beton basieren auf dem Gedanken des Rahmens. In sieben der zwölf Elemente sind Fenster eingelassen: Doppelfenster in den breiten, Einzelfenster in den schmalen. Die übrigen Elemente sind geschlossen, doch wird das Rahmenthema aufgegriffen, wobei die gerahmten Flächen entweder vor- oder zurückspringen. Durch den Wechsel von offenen und geschlossenen Flächen entstehen auf den drei vom Grundriss her identischen Flächen unterschiedlich gerichtete Räume mit unterschiedlicher Belichtung und unterschiedlichen Ausblicken. Die Verwaltungsbereiche im 1. OG werden von Norden her belichtet, die Ausstellungsebene im 2. OG orientiert sich lediglich nach Osten, während die Ausstellungsebene im 3. OG mit Fenstern auf der Nord- und Ostseite maximal geöffnet ist. Darüber ist eine von der abschliessenden Attika eingefasste Dachterrasse entstanden, für die das Treppenhaus aus der Entstehungszeit – samt Terrazzo und Handlauf – bruchlos fortgeführt wurde. Im Innern sind die Räume ertüchtigt worden: Die Heizung ist neu im Anhydritboden verlegt, weisse Wände und Decken samt integrierten, linear angeordneten FL-Röhren wirken unprätentiös und dem Zweck des Gebäudes angemessen.

Individualität, Differenzierung und historisches Bewusstsein

Auch wenn die Eliminierung der historischen Fassade in Warschau kontrovers diskutiert wird: Hier ist ein Umbau entstanden, der einlöst, was Luigi Snozzi in seinem bekannten Diktum gefordert hat: dass, wenn man zerstöre, man es mit Verstand tun solle. In einer städtebaulichen Umgebung, die von Rekonstruktionen historischer Gebäude, vom sozialrealistischen Traditionalismus, von Zeugen des Spätmodernismus der 1960er- und 1970er-Jahre und von neuerer Investorenarchitektur der postsozialistischen Ära bestimmt wird, hat Roger Diener ein kluges Umbauprojekt realisiert.

Es nutzt die Struktur des Ursprungsbaus von 1963 und lässt sie kenntlich werden; überdies erweist es mit seinen präfabrizierten Betonelementen dem Plattenbau vergangener Jahrzehnte seine Reverenz.

Gewiss kann man einwenden, die einstige Leichtigkeit der Fassade sei nun einer gewissen Monumentalität gewichen, die durch die Massivität der Betonplatten evoziert wird. Doch diese Veränderung ist plausibel, weil hier bewusst nicht auf Rekonstruktion oder Nachempfindung gesetzt wird, sondern auf eine Weiterentwicklung. Und der Eindruck des Monumentalen relativiert sich, wenn man genauer hinsieht:

Zielte der herkömmliche Plattenbau auf Modularität und Typisierung, so zeigt er sich hier individualisiert. Nicht nur dadurch, dass die Rahmenfüllungen unterschiedlich ausgebildet sind; es zeigt sich auch, dass die Elemente differierende Formate haben. Nicht zuletzt als Resultat des Grundrisses, der kein Rechteck, sondern ein leichtes Parallelogramm bildet, stossen die Elemente unterschiedlich aneinander: Fugen sind leicht versetzt, und an der Ecke entsteht ein von Geschoss zu Geschoss sich veränderndes Gefüge. Durch diese Irritation wird die Massivität der Platten subtil ihrer Monumentalität beraubt, wird das Statische optisch dynamisiert.

Die Abweichung von der Regel mag man als Intervention in der Stadt programmatisch verstehen. Kaum eine europäische Stadt ist derart von Gegensätzen urbanistischer Strategien der Nachkriegsdekaden geprägt wie Warschau. Die Foksal Gallery Foundation bildet ein städtebauliches Scharnier an einer Strassenachse, die zentral auf den Kulturpalast im Westen zuläuft. Im Bewusstsein von Fragment und Bruch ist ein Umbau entstanden, der die Heterogenität der urbanen Textur auf intelligente Weise sichtbar macht.

TEC21, Fr., 2015.07.10

10. Juli 2015 Hubertus Adam

Eingepasst, nicht angepasst

Der in Basel tätige Architekt Piotr Brzoza hat für den polnischen Künstler Paweł Althamer ein Atelier entworfen, das im planlos bebauten Warschauer Vorort Wesoła ein qualitätsvolles Raumgefüge schafft. So massgeschneidert der Bau wirkt, so einfach sind die Materialien.

Wesola, ganz im Osten von Warschau: Die Innenstadt ist eine halbe Stunde entfernt, zuletzt biegt das Taxi auf eine nicht asphaltierte Strasse ein. Verstreute Häuser, über die Jahre erweitert, mehr Hütten als Einfamilienhäuser; Schuppen, Wiesen, Lagerplätze, dazwischen scharren Hühner im Sand. Das Tor an der ulica Slowicza 9 ist abgeschlossen, aber um die Ecke, so gibt man mir aus der Ferne mit Zeichen zu verstehen, findet sich noch ein Seiteneingang. Von dort aus betrete ich das Grundstück, auf dem seit einiger Zeit der Künstler Pawel Althamer arbeitet. Unter einem mit einer Plane bedeckten Gestell, Verschlag eher denn Garage, steht der goldene Tourbus, den Althamer und seine Mitarbeiter für ihre Kunstaktionen nutzen.

Von der Kunststoff- zur Kunstwerkstatt

Althamer, 1967 geboren und an der Akademie der Schönen Künste in Warschau als Bildhauer ausgebildet, ist der zurzeit wohl bekannteste und international erfolgreichste Künstler Polens. Massgeblichen Einfluss auf ihn hatte sein Akademielehrer Grzegorz Kowalski, der sich selbst auf die Theorie der «offenen Form» des visionären Künstlers und Architekten Oskar Hansen beruft. Auch Althamer geht nicht von einem festen Werkbegriff aus, sondern versteht seine Kunst als Prozess, in den die Rezipienten und Nutzer einbezogen werden. So arbeitet er immer wieder mit einer Gruppe geistig und körperlich behinderter Menschen zusammen, die mit ihm Konzepte entwickeln; bekannt wurde er aber insbesondere durch das seit 2008 bestehende Projekt «Common Task», an dem eine Gruppe von Freunden und Anwohnern aus dem Warschauer Arbeiterstadtteil Bródno beteiligt sind, in dem Althamer lebt. In goldfarbener Kleidung, wie Wesen von einem anderen Stern, bildet das Team eine Gruppenskulptur und nutzt den Tourbus oder ein ebenso golden gestrichenes Flugzeug für seine internationalen Auftritte.

Da Althamer also nicht nur mit wenigen Assistenten, sondern zum Teil auch mit vielen weiteren Beteiligten zusammenarbeitet, bedurfte es eines grossen Ateliers. Die Entscheidung für den Vorort Wesola fiel, weil sein Vater hier seit mehreren Jahrzehnten das kleine Unternehmen «Almech» (von «Althamer Mechanics») führt. Der Maschinenbauingenieur begann zu Beginn der 1980er-Jahre auf dem Gelände mit der Produktion von Plastikflaschen, später stellte er Anschlussrohre für den Sanitärbereich her und entwickelte Maschinen für die Produktion von Kunststoffteilen. Altershalber hat er sich inzwischen aus dem Geschäft zurückgezogen, und so ist die Tatsache, dass sein Sohn nun ebenfalls auf dem Gelände arbeitet, nicht zuletzt von dem Wunsch beseelt, einen Ort, der mit dem Vater sterben würde, zu neuem Leben zu erwecken. Zum Teil bezieht Althamer auch die Firma seines Vaters in seine Kunstprojekte ein. So wurden Maschinen und Mitarbeiter anlässlich der Ausstellung «Almech» (2011/12) in der Deutschen Guggenheim Berlin nach Deutschland verfrachtet, wo Besucher und Freunde Polyethylenfiguren anfertigten.

Über Andrzej Przywara von der Foksal Gallery Foundation, in der Althamer immer wieder ausstellt (vgl. «Offene Wunden und feine Brüche», S.?18), gelangte er an den aus Polen stammenden und in Basel tätigen Architekten Piotr Brzoza, der vor einigen Jahren ebenfalls in einem Warschauer Vorort zusammen mit Marcin Kwietowicz ein vielbeachtetes Atelier- und Wohnhaus für die Künstlerin Monika Sosnowska errichtet hat. Auch dort ging es um die Intervention in einem dispersen Gefüge bestehender Bauten, doch die Anforderungen waren aufgrund fast konträrer künstlerischer Haltungen andere: Während Sosnowska als Konzeptkünstlerin weitgehend an Schreibtisch und Computer arbeitet, bedurfte es für den praktisch tätigen und mit wechselnden Teams arbeitenden Althamer eines Gebäudes, das als offene Werkstatt fungieren kann.

Mikrourbanistischer Eingriff

Der Neubau auf dem Gelände schliesst als winkelförmiges Volumen an die bestehende Produktionswerkstatt des Vaters an, sodass sich in der Mitte eine hofartige Situation ergibt. Diese wird zum Nukleus für einen Mikrourbanismus, der innerhalb des heterogenen Baubestands ein Zentrum schafft und auch einen Ansatzpunkt für eine spätere bauliche Erweiterung auf der Ostseite des Grundstücks – Althamer hat eine Parzelle hinzuerworben – darstellen könnte.

Die eigentliche Herausforderung für Brzoza bestand in der Positionierung und Proportionierung des Volumens auf einem eng begrenzten Baufeld. Auf der geschlossenen Westseite stösst es direkt an die Grundstücksgrenze, wobei in der Nordwestecke ein kleiner ummauerter, fast japanisch anmutender Hof für den Vater entstanden ist. Im Süden ist ein Abstand von 3 m zum Nachbargrundstück eingehalten worden; 4 m hätten es baurechtlich sein müssen, wenn Fenster vorhanden wären. Doch da die Fassade vollflächig aus transluzenten Polycarbonatelementen besteht, gilt sie als geschlossene Wand.

Die Polycarbonatplatten dienen primär der Stimmung des Innern. Dieses ist als Stahlkonstruktion erstellt, die mit zwei gegenläufigen Pultdächern versehen ist – Formen, wie sie für die Schuppen der Umgebung typisch sind. Das westliche Pultdach setzt sich im nördlichen Annex fort, der an das Werkstattgebäude anschliesst; das östliche und längere steigt so an, dass im Innern eine Empore integriert werden konnte. Von dieser aus überblickt man den grosszügigen Atelierraum, der sich über ein grosses verglastes Schiebetor zum Hof hin öffnet.

In der zweiten Ebene ist ein privaterer Rückzugsort in der Höhe entstanden, von wo aus man durch ein rahmenlos wirkendes, aufschiebbares Fenster in den Garten blicken kann. Den intimsten Bereich bildet indes die von hier aus betretbare polygonale Kapsel, die als goldener Meteorit an der Hoffassade hängt. Innen textil ausgekleidet und damit trotz der Öffnung zur Empore schallgedämmt, wurde sie von Brzozas polnischem Projektpartner Marcin Garbacki vom Warschauer Büro Projekt Praga entworfen, das sich insbesondere mit Galeriebauten auf dem in Konversion befindlichen Industrieareal Soho einen Namen gemacht hat.

Mit einfachen Materialien – Mauerwerk, Betonboden, Stahl, Polycarbonatplatten –, aber perfekten Details hat Brzoza ein überzeugendes Atelierhaus realisiert, das gleichwohl wie massgeschneidert wirkt: eingepasst in die Situation und zugeschnitten auf die Bedürfnisse des Künstlers.

TEC21, Fr., 2015.07.10

10. Juli 2015 Hubertus Adam

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