Editorial

«[...] das Winterzimmer [...] wo wir dank dem die ganze Nacht hindurch unterhaltenen Kaminfeuer in einem grossen Mantel aus warmer, rauchiger Luft schlafen, durch den der Schein frisch aufflammender Scheite dringt, in einer Art von ungreifbarem Alkoven, von warmer Höhle, die sich im Inneren des Zimmers auftut, einer heissen Zone mit veränderlichen thermischen Konturen, durchzogen von Luftzügen, die uns das Gesicht erfrischen und aus den Ecken kommen, von Stellen nahe dem Fenster oder fern vom Feuer, die sich schon abgekühlt haben; [...].»

Marcel Prousts Beschreibung der klimatischen Atmosphäre evoziert auch die Stimmung, die in dem Raum der Kindheit herrschte. Die Höhle vermittelt ein Gefühl des vor der Unbill der Natur Geschütztseins. Damals wurde im Haus geheizt, und ausserhalb herrschte die natürliche Temperatur. Heute erwärmen wir auch die Umgebung, die Erdatmosphäre, sodass Peter Sloterdjik konstatiert, der ganze Planet sei ein Innenraum geworden – ebenso künstlich wie jener. Der Architekt Philippe Rahm will den Prozess umkehren, den Innenraum natürlicher machen als die Umgebung.

Im Brandfall einen Wirbelsturm zu verursachen ist eine Extremform dieser Idee («Rettender Wirbelsturm»). Mittels Luftströmungssimulationen wird bei der Planung der Haustechnik die Natur in gewisser Weise nachgeahmt («Haustechnik beeinflusst Architektur»). Das Ziel von Philippe Rahm ist es, Temperatur, Licht, Feuchtigkeit als «Baustoffe» zu verwenden. Er konzipiert Räume so, dass sie zu meteorologischen Atmosphären, zu fühlbaren Wetterkarten mutieren. Ihre Bewohner sollen sich zwischen verschiedenen Klimazonen bewegen, zwischen «Kontinenten» migrieren («Form und Funktion folgen dem Klima»). Das klingt wie die Renaissance des Garten Eden. Doch unsere Körper dem Einfluss unsichtbarer Elemente auszusetzen, die fremdgesteuert werden können, birgt auch Gefahren. Ákos Moravánszky («Meteorologische Architektur») hat sie an einem Vortrag Rahms an der ETH Zürich benannt: Die Dichotomie zwischen hedonistisch und medizinisch, zwischen der Freiheit des Garten Eden und der totalen Kontrolle über unsere Körper evoziert die Parabel von Dr. Jekyll und Mr. Hyde.
Rahel Hartmann Schweizer

Inhalt

05 WETTBEWERBE
Klanghaus Toggenburg

08 PERSÖNLICH
Rolf Schneider: «Tanz ist ein biomechanischer Prozess»

10 MAGAZIN
Viele Träume und einige Fragen | Poesie des Baugespanns | Die Krise macht Sinn

18 METEOROLOGISCHE ARCHITEKTUR
Ákos Moravánszky Wegen der Klimaerwärmung bauen Architekten meteorologische Atmosphären: Umwelt nicht mehr nur zum Betrachten, sondern zum Einatmen.

21 RETTENDER WIRBELSTURM
Rüdiger Detzer Für das Mercedes-Benz -Museum in Stuttgart entwickelten die Ingenieure ein Entrauchungskonzept, das im Brandfall einen Wirbelsturm erzeugt.

24 HAUSTECHNIK BEEINFLUSST ARCHITEKTUR
Kurt Hildebrand Eine thermische und strömungstechnische Gebäudesimulation erlaubt, das «Verhalten» eines Gebäudes vorausschauend zu beurteilen.

26 FORM UND FUNKTION FOLGEN DEM KLIMA
Rahel Hartmann Schweizer Philippe Rahm proklamiert die meteorologische Architektur. Mit den «Materialien» Temperatur, Licht und Feuch-tigkeit kreiert er Atmosphären.

33 SIA
Nachhaltige Raumplanung? | Neuer Rahmenlehrplan Bauplanung | Andreas Flury: «Fachkompetenz allein genügt nicht» | Ingenieurtage 2010 | Aktuelle Kurse SIA-Form

39 PRODUKTE

45 IMPRESSUM

46 VERANSTALTUNGEN

Meteorologische Architektur

Unter dem Eindruck der Klimaerwärmung schaffen Architekten künstliche Natur-Inszenierungen. Sie signalisieren eine Abkehr vom Erschaffen von Bildern und Erfüllen von Funktionen und plädieren stattdessen für das Bauen von meteorologischen Atmosphären. Umwelt wird nicht mehr nur als betrachtet, sondern auch als eingeatmet gedacht. Das visuell Wahrnehmbare wird unterlaufen vom Fühlen unsichtbarer Ingredienzien.

Der Publikumserfolg von immersiven künstlichen Umwelten – wie Peter Zumthors Thermenbad in Vals, Diller Scofidios blur building (bekannt als «die Wolke») an der Expo.02 in Yverdon-les-Bains, Olafur Eliassons Weather Project in der Londoner Tate Modern (2003) oder Philippe Rahms Beitrag Digestible Gulf Stream zur Architekturbiennale in Venedig (2008) – zeigt die wachsende Empfindlichkeit für künstliche Natur-Inszenierungen, für Atmosphären als Ergebnis von diffusen, den Körper umgebenden Arrangements.

In der psychologischen Ästhetik des 19. Jahrhunderts bezeichnete der Begriff Einfühlung die Projektion der Gefühle des betrachtenden Subjektes ins Kunstwerk, eine Art Beseelung der Objekte der Wirklichkeit, Sympathie zwischen Betrachter und Kunstobjekt. Wir können jenen kollektiven Projektionsakt, mit dem die Gesellschaft auf Artefakte wie die genannten atmosphärischen Räume reagiert, als soziale Einfühlung bezeichen. Diese soziale Einfühlung hat ihre Wurzel in der politischen und kulturellen Sphäre der Zeit: Ein Grund für die Popularität der Atmosphären liegt bestimmt im Suchtpotenzial, das immer perfektere 3-D-Projektionen und virtuelle Räume freisetzen.

Blasen, Globen, Schäume

Der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk vermutet allerdings einen tieferen Zusammenhang zwischen dem neuen Bewusstsein für die Atmosphäre und der Kondition des «In-der- Welt-Seins» im technischen Zeitalter.[1] Die Philosophen, behauptet Sloterdijk, waren bisher mit Objekten und Subjekten beschäftigt und haben kaum bemerkt, dass wir uns im Inneren von atmosphärischen Blasen, Globen und Schäumen befinden. Erst seit der ökologischen und Bankenkrise ist uns diese Kondition bewusst geworden: Wir sind Teilnehmer in einem kollektiven Experiment von globalen Dimensionen, dessen Ursachen, Zusammenhänge und die vorgeschlagenen Lösungsansätze uns nicht klar sind. In der Architekturgeschichte erscheinen Visionen von atmosphärisch-meteorologischen «Blasen» als Antworten auf Situation, die als bedrohlich wahrgenommen werden; so etwa Richard Buckminster Fullers Vorschlag für eine gigantische Kuppel über Manhattan (um 1960), gedacht als Schutz gegen radioaktive Bestrahlung im Falle eines Atomkrieges (Abb. 2).

Die Verbindung der Ästhetik der Atmosphären mit einem neuen Umweltbewusstsein – wo Umwelt nicht nur als betrachtet, sondern auch als eingeatmet gedacht ist – erscheint so einleuchtend, dass wir uns kaum Gedanken über ihre Anfänge machen. Indem vor allem die sinnliche Erfahrung der Atmosphären hervorgehoben wird, erscheinen diese als eine Alternative zum Verständnis der Architektur als Sprache, was noch ein allgemein akzeptierter Grundsatz in den Architekturdiskussionen der sogenannten Postmoderne war.

Meteorologische Aspekte als neue Paradigmen der Architektur

In Statements von jungen Architekturschaffenden finden wir heute denn auch radikalere Forderungen nach einer nicht semantisch aufgeladenen Architektur. Philippe Rahm stellt in seinem Manifest «Meteorological Architecture» fest: «The tools of architecture must become invisible and light, producing places like free, open landscapes, a new geography, different kinds of meteorology; renewing the idea of form and use between sensation and phenomenon, between the neurological and the meteorological, between the physiological and the atmospheric. These become spaces with no meaning, no narrative; interpretable spaces in which margins disappear, structures dissolve, and limits vanish. It is no longer a case of building images and functions, but of opening climates and interpretations; working on space, on the air and its movements, on the phenomena of conduction, perspiration, convection as transitory, and fluctuating meteorological conditions that become the new paradigms of contemporary architecture.»[2]

Philippe Rahm provoziert, indem er Architektur zur Meteorologie erklärt. Er will, dass wir die Defizite unserer obsessiven Suche nach Bedeutung zeigen, wenn diese Suche nur in der Sphäre des visuell Wahrnehmbaren geführt wird. Zugleich macht er auf Manipulierbarkeit des Körpers und der Wahrnehmung durch unsichtbare Ingredienzien (Temperatur, chemische Substanzen, Hormone) aufmerksam.

Zwischen Hedonismus und Asepsis

Viele Philosophen der Aufklärung haben versucht, moralische Qualitäten des Menschen durch die Einflüsse des lokalen Klimas zu erklären. Das tropische Klima, zentral für Rahms Projekte, bedeutete damals nicht nur paradiesische Fruchtbarkeit, sondern war als Ursache eines dekadenten Hedonismus gesehen. Rahm verwendet die laboratoriumartige Atmosphäre seiner künstlichen Tropen als das Technologisch-Erhabene, als eine zweite Natur. Seine Werke legen es nahe, dass er diese Tropen als Räume konstruiert, wo die Grenzen des hedonistischen Einsatzes von Atmosphären erkenntlich werden, wo die künstliche bläuliche Dämmerung gleichzeitig Erinnerungen an den künstlichen Sonnenschein eines Solariums und die fluoreszente Beleuchtung eines Autopsiesaals hervorruft, wie in der ersten Szene von Matteo Garrones Film «Gomorrha».

Atmosphäre und Klima sind primär naturbezogene Kategorien, tragen jedoch andere, soziale und kulturelle Bedeutungen. Deshalb scheint die Ästhetik der Atmosphären dazu geeignet zu sein, den Boden für einen verantwortungsvolleren Einsatz von Ressourcen vorzubereiten. Dies ist keinesfalls mit der Inszenierung eines angenehmen Wellness-Ambiente gleichzusetzen, sondern verlangt nach einem Verständnis der Atmosphären als eine Kondition der Unvorhersagbarkeit und des Experimentierens, als Aufforderung, mit den Konditionen unseres Lebens zu experimentieren, anstatt alles von den Architekten und Ingenieuren zu erwarten, ohne etwas an unserer Lebensweise zu ändern. Die diffuse Leere («blur») im Kern dieser Werke sollte die Gesellschaft auffordern, den modernen ökonomischen Steigerungsimperativ durch neue Modelle zu ersetzen und nicht auf rein technische Lösungen zu warten, die uns immer dickere Dämmschichten, effizientere Motoren und nebenbei kunstvolle atmosphärische Inszenierungen schenkt.

[ Prof. Dr. Ákos Moravánszky, Titularprofessor für Architekturtheorie an der ETHZ ]

TEC21, Fr., 2010.10.15

Anmerkungen:
[1] Peter Sloterdijk, Sphären (Frankfurt am Main: Suhrkamp, Bd. I. 1998, Bd. II. 1999, Bd. III. 2004), und ders., Luftbeben (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2002)
[2] Philippe Rahm, Meteorological Architecture, manuscript

15. Oktober 2010 Ákos Moravánszky

Rettender Wirbelsturm

Die Ausstellungsbereiche im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart von UN Studio sind durch ein Atrium und Rampen offen miteinander verbunden. Für diese Architektur entwickelten die Ingenieure von Imtech ein aussergewöhnliches Entrauchungskonzept: Ein Tornado aus 28 Tonnen Luft entraucht die Ausstellungsebenen, zieht den Brandrauch durch das Atrium nach oben und führt den Luftstrom über einen Ventilator ins Freie ab.

Brände in Gebäuden stellen neben der zerstörerischen Wirkung für Sachmittel eine grosse Gefahr für Personen dar, die sich in dem Gebäude aufhalten. Aus der Statistik ist bekannt, dass 95 % der Brandtode nicht durch unmittelbare Brandeinwirkung, sondern durch Brandrauch verursacht sind, der neben hohen Russanteilen auch toxische gasförmige Bestandteile wie Kohlenstoffmonoxid und Blausäure enthält. Derartige Bestandteile können auch bei frühzeitiger Rettung zu Langzeiterkrankungen führen. Es ist deshalb wichtig, Rettungswege von Brandrauch weitgehend freizuhalten; dies gilt sowohl über den Zeitraum einer möglichen Selbstrettung als auch darüber hinaus für eine mögliche Fremdrettung durch die Feuerwehr.

Bekannte Entrauchungsprinzipien

Die Ausbreitung von Brandrauch im Gebäude unterliegt den strömungstechnischen Gesetzmässigkeiten der Raumluftströmung: Die beim Brand freigesetzte Wärmeenergie bildet den Auftriebsmechanismus für Thermikstrahlen, die massgeblich die Rauchausbreitung verursachen. Die Aufgabe des Strömungstechnikers ist es, diese Mechanismen zu nutzen und den Brandrauch aus dem Gebäude so zu entfernen, dass kontaminationsfreie Zonen geschaffen werden.

Die Entrauchung durch Nachführen unkontaminierter Zuluft und durch Schichtenströmung sind zwei bekannte Entrauchungsprinzipien. Durch die Vermischung von Brandrauch mit unkontaminierter Zuluft reduziert sich nach dem Prinzip des Verdünnens die Schadstoffkonzentration. Um hierbei tolerierbare Grenzwerte zu erreichen, sind extrem grosse Ströme unkontaminierter Luft erforderlich, die häufig nicht bereitgestellt werden können.

Die Entrauchung durch Schichtenströmung basiert auf der Tatsache, dass der durch Konvektion nach oben abströmende Brandrauch dazu tendiert, sich aufgrund seiner geringeren Dichte im oberen Raumbereich einzuschichten. Um Rückströmungen nach unten in die Aufenthaltszone des Menschen zu verhindern, muss der Brandrauch oben abgesaugt und unkontaminierte Zuluft in der Aufenthaltszone nachgeführt werden. Aufgrund der Induktionswirkung der Thermikstrahlen wird Umgebungsluft in den Brandrauchstrahl aufgenommen, sodass das Volumen dieses Strahles mit wachsender Lauflänge zunimmt. Diese Volumenzunahme ist deutlich überproportional mit der Lauflänge, sodass die Rauchfreihaltung im Aufenthaltsbereich nur dann erfolgreich sein kann, wenn der im Thermikstrahl bewegte Luftstrom bis zu einer Höhe von etwa 2.50 m durch Absaugung und Nachführen von Zuluft bereitgestellt werden kann (Abb. 7).

Problematische Geschossdurchdringungen

Um die im Raum zu bewegenden Luftströme zu begrenzen, werden häufig weitgehend abgeschottete Rauchabschnitte gebildet oder der Versuch unternommen, die Induktionswirkung der Thermikstrahlen durch Direkterfassung im Nahfeld des Brandszenarios auszuschalten. Im Gebäudeinneren angeordnete hohe Atrien mit Galeriebereichen oder auch geschossdurchdringende Öffnungen stellen für den Strömungstechniker besondere Anfor derungen dar, wenn die oberhalb des Brandgeschehens liegenden Raumbereiche raucharm verbleiben sollen. Eine derartige Aufgabe ergab sich im Mercedes-Benz Museum in Stuttgart (vgl. TEC21 21/2006). In der offenen Architektur müssen die wertvollen Gegenstände, die in verschiedenen Ausstellungsebenen angeordnet sind, ebenso vor Brandrauch geschützt werden wie die Personen, die sich in den Räumlichkeiten aufhalten (Abb. 3).

Die Ausstellungsebenen münden offen in ein im Zentrum des Gebäudes angeordnetes Atrium (Abb. 1), das neben der Gebäudeerschliessung auch zur Ableitung von Brandrauch im Falle eines Gebäudebrandes oder eines Brandgeschehens an einem der zahlreichen Ausstellungsstücke dienen sollte. Zur Überprüfung der Situation im Falle eines Brandes und zur Bewertung der Brandrauchströmung wurde eine Untersuchung an einem verkleinerten Gebäudemodell im Massstab 1:18 durchgeführt (Abb. 5). Es zeigte sich, dass thermische Ausgleichströmungen zwischen den klimatisierten Ausstellungsebenen und dem Atrium, genutzt zur Rauchabführung, ein vollständiges Verrauchen des Gebäudes hervorrufen. Begünstigt wird dies auch durch Strömungsvorgänge an den zum Atrium offenen Ausstellungsebenen. Da es weder gewünscht noch möglich war, das Gebäude in verschiedene Rauchabschnitte aufzuteilen oder Rauchschürzen anzubringen, musste ein neues Konzept gefunden werden, das den Anforderungen der Brandbehörde gerecht wurde und die Wünsche des Bauherrn erfüllen konnte: Rettungswege mussten rauchfrei gehalten und Kontamination von Ausstellungsgegenständen mit Brandrauch verhindert werden

Analogie zur Tornadoströmung

Das Entrauchungskonzept besteht darin, im Atrium einen Unterdruck aufzubauen, der verhindert, dass Brandrauch nach aussen in die Ausstellungsbereiche abströmt. Die Ingenieure entwickelten dafür eine Technik, die im Brandfall im Atrium eine Strömungsform aufbaut, die in der Natur von Tornadoströmungen bekannt ist. Sie entsteht, indem etwa 250 000 m³/h Luft aus dem Atrium abgesaugt werden und Zuluft aus den einzelnen Ausstellungsebenen gleichmässig am Rand des Atriums nachgeführt wird; dabei werden ausschliesslich die zur Belüftung der Ebenen vorgesehenen raumlufttechnischen Anlagen verwendet. In die Gebäudekerne integrierte Treibstrahldüsen, die tangential in das Atrium einblasen und nach Detektion eines Brandszenarios in Betrieb genommen werden, versetzen das Luftvolumen von etwa 28 t in eine kreisförmige Bewegung (Abb.4). Ist das Strömungsfeld geschlossen, bildet sich automatisch die gewünschte Strömungsform aus (Abb. 8). Die Stromlinien verlaufen auf logarithmischen Spiralen zu einem Kernbereich, wobei die Umfangsgeschwindigkeit kontinuierlich anwächst bis zu einem Maximum um den Kern herum.

Entsprechend dieser hohen Umfangsgeschwindigkeit entsteht ein hoher dynamischer Druck, der sich im Kern in einen statischen Unterdruck mit einem Effektivwert von mehreren Tausend Pascal umwandelt. Durch diesen Unterdruck strömt kein Brandrauch in die Ausstellungsbereiche ab. Das Druckgefälle bleibt längs der Drehachse konstant und hält die erforderliche Druckdifferenz über die gesamte Atriumshöhe von 35 m aufrecht. Der aus einer Ausstellungsebene in das Atrium eintretende Brandrauch wird in die Rotationsströmung eingemischt und ins Auge des Tornados transportiert. Im Wirbelkern zieht der Rauch zur Absaugestelle in der achten Ebene und wird dort von einem Brandrauchventilator nach aussen befördert.

Einbauten im Bodenbereich des Atriums wie Bestuhlungen und Fahrzeuge beeinflussten die Stabilität der Tornadoströmung. Sie wurden strömungstechnisch optimiert. Grundsätzlich aber konnte das gewünschte Schutzziel mit dem im Labor entwickelten Entrauchungskonzept erreicht werden – auch die Umsetzung in das Gebäude entsprach den Erwartungen, wie man mit vor Ort durchgeführten Rauchversuchen feststellte. Modelluntersuchungen im Labor lassen sich somit auch in diesem Fall auf Realbedingungen übertragen, sofern die geometrischen und physikalischen Ähnlichkeitsgesetze eingehalten werden.

[ Rüdiger Detzer, Prof. Dr.-Ing., Imtech GmbH, Hamburg ]

TEC21, Fr., 2010.10.15

15. Oktober 2010 Rüdiger Detzer



verknüpfte Bauwerke
Mercedes-Benz-Museum

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