Editorial
Seit der Ölkrise der 1970er-Jahre wird Windkraft in Europa und den USA als valable Energiequelle in Betracht gezogen. In den 1980er-Jahren gelang es in Dänemark und Kalifornien, zehn Jahre später auch in Deutschland, Windenergie in grösserem Massstab kommerziell erfolgreich zu nutzen. Gemäss aktuellen Schätzungen können bis 30 % des Elektrizitätsbedarfs von Deutschland mit Windkraft gedeckt werden.
In der weitgehend auf Wasserkraft und Kernenergie basierenden Schweizer Elektrizitätsversorgung hat die Stromerzeugung aus Windkraft bisher ein Schattendasein gefristet. Dies wird sich auf Grund der topografischen und meteorologischen Gegebenheiten in den nächsten Jahren nicht grundlegend ändern. Ein gewisses Potenzial ist aber, insbesondere im Jura, in den Westschweizer Alpen und im Gotthardgebiet, vorhanden und bereits erfasst. Einzelne Anlagen sind gegenwärtig in Betrieb oder im Bau, diverse weitere Projekte sind in der Planungs- und Bewilligungsphase.
In der dicht besiedelten und touristisch intensiv genutzten Landschaft der Schweiz ist es bei technischen Anlagen dieser Grössenordnung unvermeidlich, dass die Interessen der Energieproduzenten mit den Zielen des Landschaftsschutzes kollidieren. Intakte Landschaften sind nicht zuletzt ein grundlegender touristischer Rohstoff: Die Frage, ob und in welchem Ausmass eine Landschaft durch Windkraftanlagen als Erholungsraum entwertet wird, ist deshalb von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung.
Wie der Beitrag «Windenergie vor Augen» zeigt, kann diese Frage nicht allein anhand rationaler Kriterien entschieden werden. Die Diskussion der Landschaftsverträglichkeit von Windkraftanlagen aus landschaftsplanerischer Sicht ergibt einerseits praktische Massnahmen zur Reduktion der subjektiven Auswirkungen derartiger Anlagen.
Anderseits werden daraus entwickelte politische und ökonomische Modelle für den Ausgleich der divergierenden Interessen und Bedürfnisse vorgeschlagen.
Analog den Niederschlags- und Abflussmessungen bei der Planung eines Wasserkraftwerks sind Windmessungen die Planungsgrundlagen für ein Windkraftwerk. Die auf Seite 22 vorgestellte Messmethode vereinfacht die Gewinnung von Winddaten.
Die Ausgangslage für das Windkraftprojekt bei Cottbus (D) ist der aktuellen Schweizer Situation mit erhaltenen Landschaften entgegengesetzt: Eine durch früheren Tagbau bereits zerstörte, unbewohnte Landschaft in Deutschland soll jetzt für die Windenergiegewinnung genutzt werden. Dieses Konzept weist in Ländern mit ausgedehnten Industriebrachen ein grosses Potenzial für die Erstellung von Grossanlagen auf, da nicht mit Widerstand aus Landschaftsschutzkreisen zu rechnen ist. In der Schweiz wird die Zukunft der Windkraft hingegen geprägt sein vom in jedem Einzelfall auszuhandelnden Ausgleich zwischen Landschaftsschutz und Energiebedarf.
Aldo Rota
Inhalt
05 WETTBEWERBE
Solarsiedlung in Freising (D)
10 MAGAZIN
Interview: «Ingenieur ist ein dynamischer Beruf» | Schildkröten im Wind | Kurzmeldungen
16 WINDENERGIE VOR AUGEN
Joachim Wartner, Nico Lehmann
Windkraftanlagen sorgen für kontroverse Diskussionen. Landschaftspflegerische Massnahmen können auch Landschaftsarchitekten teilweise nur aus subjektiver Sicht empfehlen.
22 LASER FÜR WINDMESSUNGEN
Claudia Scheil
Ein neues Gerät, das auf Lidar-Technik basiert, soll den Aufwand für Windmessungen an potenziellen Standorten von Windkraftanlagen reduzieren.
23 WIND STATT BRAUNKOHLE
Jörg Zinner
Industriell geprägte Landschaften bieten sich für Windkraftanlagen an: Die bestehende Anlage auf dem Tagbaugebiet in der Nähe von Cottbus wird erweitert.
28 SIA
Fachtagung zu Einstellhallen | Wahlen in Kommissionen | Aktuelles aus dem Gerichtssaal
33 PRODUKTE
37 IMPRESSUM
38 VERANSTALTUNGEN
Windenergie vor Augen
Sind Windkraftanlagen landschaftsverträglich? Darüber gehen die Meinungen in der Schweiz oder auch in Teilen Süddeutschlands weit auseinander. Für die Vereinigung zur Förderung der Windenergie in der Schweiz (Suisse éole) ist jede Anlage ein Aushängeschild. Für die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) können Windpärke negative Auswirkungen auf Raum und Umwelt mit sich bringen. Eine objektive Antwort kann meist nicht ausformuliert werden. Auch rationale landschaftspflegerische Massnahmen zur Aufwertung des Landschaftsbildes sind letztlich subjektiv geprägt.
Menschliche Aktivitäten wirken auf die Landschaft ein, prägen und verändern sie. Dass sie sogar das Besondere und Schützenswerte ausmachen können – wie die vielfältigen Landschaftsbilder der traditionellen Kulturlandschaften beweisen –, ist seit Jahrzehnten unbestritten und wird bei Landschaftsschutzbestrebungen berücksichtigt. Zu den schützenswerten Objekten gehören auch alte Windmühlen. Sie sind heute in vielen Ländern touristische Attraktionen als Zeugnis der Nutzung der Windenergie. Dass sie in der Schweiz weitgehend fehlen, gibt einen Hinweis auf die naturräumliche klimatische Situation: Die Windverhältnisse waren für die Nutzung als Energiequelle nicht ideal. Hier dominiert von alters her das Wasser. Die hohen Niederschlagsmengen und die topografischen Verhältnisse machten das Wasser in der Schweiz zum bedeutendsten Energielieferanten – mit weitreichenden Folgen für den Naturhaushalt und die Landschaft, wie die vielen durch Stauhaltungen irreversibel veränderten Flusslandschaften zeigen. Doch die Nutzung des Wassers zur Stromgewinnung ist politisch gewollt und erreicht eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.
Sichtexponierte Standorte für Windkraftanlagen
Die technische Entwicklung und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen machen heute die Windenergienutzung auch in der Schweiz zum Thema. Sie wird damit zum Gegenstand der Raumplanung und rückt auch ins Blickfeld der Landschaftsplanung. Das vom Bund bereits 2004 vorgelegte Konzept Windenergie Schweiz[1] weist 110 Standorte aus, von denen 28 als prioritär bezeichnet werden. Die Übersichtskarte dieser prioritären Standorte zeigt die räumliche Verteilung in der Schweiz (Bild 2): Schwerpunkte sind die Jura-Höhen im Westen, aber auch hochalpine Gebiete. Ins Zentrum der landschaftsplanerischen Betrachtung rücken somit das mittlere und das höhere Bergland. Die zu errichtenden Anlagen sind meist an gegenüber der Umgebung deutlich erhöhten Standorten geplant, die wind- und damit auch sichtexponiert sind. Damit stellt sich die Aufgabe des Landschaftsplaners anders als bei Anlagen in weiten, ebenen bis hügeligen Landschaften wie in der norddeutschen Tiefebene oder in Dänemark.
Um eine Baute landschaftsverträglich zu erstellen, bestehen im Rahmen einer landschaftspflegerischen Begleitplanung (LBP, vgl. TEC21 5 / 2008) grundsätzlich zwei Handlungsbereiche: die Wahl eines optimalen Standortes sowie die Dimensionierung und Gestaltung des Bauwerks und seines Umfeldes. Bei einer Windkraftanlage gibt es mit Ausnahme der Farbgebung kaum noch Gestaltungsmöglichkeiten, da sich die schlanken Betonsäulen gegenüber Gittermasten und anderen Konstruktionen durchgesetzt haben. Die Auswahl des Standortes ist die einzige Möglichkeit, die potenziellen Auswirkungen in den Bereichen der Ökologie und des Landschaftsbildes zu beeinflussen. Daher ist der LBP auf allen Planungsstufen ein grosses Gewicht beizumessen – sowohl bei der Ausweisung von Vorranggebieten in kantonalen Richtplänen als auch bei den nachfolgenden Verfahren der Nutzungsplanung und / oder dem Baubewilligungsverfahren.
Raumplanerische Weichenstellungen durch Vorranggebiete
Neben dem unverbindlichen Bundeskonzept werden zurzeit in vielen Kantonen weitere geeignete Standorte für die Windenergienutzung ermittelt, um diese in der kantonalen Richtplanung zu verankern. Die Planungsstrategie setzt sich zusammen aus einer Positivplanung zur Ermittlung der windgünstigen Gebiete und aus einer Negativplanung, in der Tabu- und Konfliktflächen in Bezug auf die Windkraftanlagenutzung bezeichnet werden. Die fehlende verbindliche Vorgabe des Bundes für die zu berücksichtigenden Kriterien bei der Standortevaluation führt aber zu einer uneinheitlichen Praxis in den Kantonen.
Die Stiftung Landschaftsschutz (SL) hat kürzlich in einem Leitfaden[2] Ausschlusskriterien vorgelegt (siehe Kasten). Darin gelten grosse Landschaftsbereiche von vornherein als Tabugebiete. Hier sind zum Beispiel die grossflächigen nationalen Schutzgebiete aus dem Bundesinventar der Landschaften nationaler Bedeutung (BLN) anzuführen. Die generelle Tabuisierung solcher Gebiete ist jedoch zu hinterfragen, vor allem wenn sie aufgrund bestehender Bauten und Anlagen (z. B. Hochspannungsleitungen, Schneesportanlagen) vorbelastet sind oder gar solche seit Unterschutzstellung hinzugetreten sind. Der Wald wird in der Kriterienliste der SL ebenfalls als Ausschlussgebiet bezeichnet. Mit dieser Vorgabe fallen zahlreiche, aufgrund des Windpotenzials geeignete und landschaftlich durchaus verträgliche Standorte weg – eine Prüfung der ästhetischen Auswirkungen auf das Landschaftsbild wird gar nie durchgeführt. Dass diese Frage fachlich kontrovers diskutiert wird, zeigt die unterschiedliche Praxis im deutschen Bundesland Hessen: In Entwürfen zu verschiedenen Regionalplänen wurde in einem Fall der Wald generell ausgeschlossen und in einem anderen nicht[3].
Aus landschaftsplanerischer Sicht sollte zumindest eine differenzierte Prüfung der Windenergiepotenzialflächen auch in grossräumigen Landschaftsschutzgebieten nationaler und kantonaler Bedeutung einschliesslich des Waldes vorgenommen werden, als hinreichende Grundlage für den Abwägungsprozess. Als methodische Grundlage sei hier auf die Checkliste zur Beurteilung von Landschaftsveränderungen[4] hingewiesen. Um die regionalen Schutz- und Nutzungsbedürfnisse zu berücksichtigen, ist die kantonale Planungshoheit für die Ausweisung von Vorranggebieten in Richtplänen die richtige Kompetenzstelle. Wichtig ist, dass zwischen den Kantonen eine Koordination stattfindet. Ein eigentlicher Sachplan Windenergie des Bundes ist aus Sicht der Landschaftsplanung nicht zwingend, aber wünschenswert.
Landschaftsverträglichkeit im Detail prüfen
Der Entwurf für die Revision der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV)[5] sieht vor, dass Anlagen zur Nutzung der Windenergie mit einer installierten Leistung von mehr als 3 MW (entspricht etwa drei Windrädern mit einer Nabenhöhe von 60 m) neu der UVP-Pflicht unterstellt werden sollen. Dies ist grundsätzlich zu begrüssen, da hierdurch die Möglichkeit besteht, den Untersuchungsstandard zur Beurteilung der Landschaftsverträglichkeit festzulegen. In der Regel ist zumindest für eine Gruppe von Windrädern eine überlagernde Nutzungszone auszuweisen.[6] In diesen Fällen besteht die Möglichkeit – das Verfahren bestimmen gemäss UVPV die Kantone –, die UVP zweistufig durchzuführen, einmal auf Ebene der Nutzungsplanung und nachfolgend begleitend zum Baugesuch. Dies schafft Planungssicherheit für die Gesuchsteller. Zudem besteht die Chance, die Einflüsse der Anlage auf die landschaftlichen und ökologischen Belange fachlich fundiert zu ermitteln und zu beurteilen (Anwendung Checkliste [4]). Voraussetzung hierfür ist allerdings – wie bei allen Veränderungsvorhaben in der Landschaft –, dass die Bewilligungsbehörden diese Grundlagen auch konsequent einfordern. Dabei darf sich der Untersuchungsrahmen, der zu Beginn des Planungsprozesses in einem Pflichtenheft festgehalten wird, nicht in jedem Fall nur auf vorhandene Inventardaten stützen, sondern muss auf den Einwirkungsraum bezogen und gegebenenfalls ergänzt werden (Schutzwürdigkeit, Einsehbarkeit Landschaft, Fauna: v. a. Vögel, Fledermäuse etc.).
Feinstandort optimieren
An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass mit ebensolcher fachlicher Sorgfalt bei nicht UVP-pflichtigen Anlagen (Einzelanlage oder Gruppe kleinerer Anlagen) zu verfahren ist. Windkraftanlagen haben eine relative Standortgebundenheit und besitzen bezüglich Wahl des Feinstandortes eine hohe Flexibilität. So kann beispielsweise auf lokale Besonderheiten durchaus Rücksicht genommen und für die Festlegung des Feinstandorts die landschaftsästhetisch zu bevorzugende Lösung berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich, frühzeitig einen Landschaftsarchitekten beizuziehen.
Gestaltungs- und Kompensationsmassnahmen
Die Errichtung einer Windkraftanlage führt aufgrund des Anlagentyps mit seiner vertikalen Ausdehnung zwangsläufig zu einer landschaftsästhetisch relevanten Veränderung. Diese wird im Rahmen einer qualifizierten LBP respektive im Umweltverträglichkeitsbericht (UVB) aufgezeigt. Unter der Annahme, dass mit der Standortwahl ökologische Konflikte und Beeinträchtigungen von Lebensräumen von vornherein ausgeschlossen werden, stellt sich in den meisten Fällen nur noch die Frage nach Kompensationsmassnahmen bezüglich Eingriff ins Landschaftsbild. Hier ergeben sich zwei Handlungsfelder: Windkraftanlagen können aufgrund ihrer Dimension in der Vertikalen nicht «versteckt» werden, gezielt angepflanzte Gehölze können aber die visuelle Wirkung der technischen Anlage beeinflussen. Entsprechend angeordnete Pflanzungen im Nahbereich oft besuchter Standorte (Strassen, Wanderwege, Aussichtslagen) verändern die Sichtachsen und lenken die Blickrichtung des Betrachters – die technische Anlage wird nicht direkt fokussiert. Bepflanzungen beleben zudem das Landschaftsbild und reduzieren die Dominanz der technischen Anlage zumindest aus der Fern- und Mitteldistanzbetrachtung (Bild 4). Für die Pflanzungen sollten die Planer auf die für den Landschaftsraum typischen Elemente zurückgreifen und, sofern vorhanden, bestehende Konzepte zur Landschaftsentwicklung aufgreifen. Diese Massnahmen sind im LBP auszuarbeiten und im Rahmen der UVP zu prüfen. Eine weitere Kompensationsmöglichkeit besteht darin, dass sich die Projektträger zugunsten der Landschaftsentwicklung innerhalb des visuellen Einwirkungsraums oder auch darüber hinaus engagieren. Dies ist denkbar in Form einer (Mit-)Finanzierung von Planungskonzepten oder indem Umsetzungen von Massnahmen aus bestehenden Konzepten unterstützt werden. Als Beispiel sei hier auf den Renaturierungsfonds im Kanton Bern verwiesen.[7] Der quantitative Umfang der zu leistenden Ausgleichsmassnahmen könnte aus der Höhe der geplanten Anlage (Nabenhöhe plus die Hälfte des Rotordurchmessers) abgeleitet werden. Die Dimension der Anlage bildet das Potenzial der Landschaftsbildveränderung näherungsweise ab. Da die Grösse der Anlage in Korrelation zur Leistung steht, ist die MW-Nennleistung als Parameter geeignet. Bei der Bemessung wäre methodisch zu berücksichtigen, dass eine Gruppe von Windrädern (mindestens drei) an sorgfältig ausgesuchten Standorten im Landschaftsbild als weniger belastend einzustufen sind als verstreut liegende Einzelanlagen (auch mit niedriger MW-Leistung). Die Festlegung der Kompensationsleistung pro MW (Ausgleichsfläche oder monetäre Grösse) müsste noch erfolgen und sollte zumindest auf kantonaler Ebene geregelt werden. Eine Gleichbehandlung der Anlagen kann so gewährleistet werden.
Anmerkungen
[1] Bundesamt für Energie; Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft; Bundesamt für Raumentwicklung: Konzept Windenergie, Grundlagen für die Standortwahl von Windparks. Bern 2004
[2] Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (www.sl-fp.ch): Leitfaden für die Planung von Windkraftwerken, Kriterienvorschlag der SL. Bern 2008
[3] Frankfurter Rundschau, 64. Jahrgang, Nr. 151, S. D5: Wind des Wechsels
[4] Maurer R., Häuptli-Schwaller E.; Koeppel H.-D. (1999): Checkliste zur Beurteilung von Landschaftsveränderungen. Arbeitshilfe zur Bewertung der Landschaft und von Veränderungsvorhaben. Grundlagen und Berichte zum Naturschutz Nr. 18. Hrsg.: Baudepartement des Kantons Aargau
[5] Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV) vom 19. Oktober 1981, Änderungsentwurf zur Vernehmlassung vom 20.12.2007; Vernehmlassungsfrist: 31. März 2008
[6] Die raumplanerischen Verfahren sind in den meisten Kantonen noch nicht abschliessend festgelegt. Hier besteht ein erheblicher Regelungsbedarf, der auch die Koordination unter den Kantonen und mit dem Bund einbezieht
[7] Mit dem 1997 vom Berner Volk angenommenen Renaturierungsfonds können Aufwertungen von Gewässern finanziell unterstützt werden. Gespeist wird der Fonds mit 10% der jährlichen Abgaben für die WasserkraftnutzungTEC21, Mo., 2008.08.04
04. August 2008 Joachim Wartner, Nico Lehmann
Laser für Windmessungen
Bevor ein windkraftprojekt realisiert werden kann, braucht es genaue windmessungen vor Ort. Die bisher eingesetzten Schalenkreuzanemometer, die an Masten befestigt werden, sind jedoch aufwendig in der Handhabung. Ein neues Fernerkundungssystem mit Laserlicht ist wesentlich praktischer bei gleicher Messgenauigkeit.
Der Erfolg eines Windkraftprojektes hängt im Wesentlichen von einer zuverlässigen meteorologischen Analyse des Standorts ab, denn nur mit deren Hilfe kann die Windkraftanlage korrekt dimensioniert, eine genaue Ertragsprognose erstellt und folglich ein solides Finanzierungsmodell konzipiert werden. Geeignete meteorologische Daten für einen bestimmten Standort sind meist nicht vorhanden, wenn nicht in unmittelbarer Nähe bereits Windkraftanlagen existieren. Deshalb erfassen Planer an Ort Windrichtung und -geschwindigkeit über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten. Das geschieht in der Regel mit Schalenkreuzanemometern, die an Masten befestigt sind. Der Einsatz dieser Masten bedingt allerdings oft einen hohen Aufwand: Die Mastsegmente und die Messtechnik müssen transportiert und vor Ort mit Kranen aufgebaut werden. Bodenanker für die Abspannung der Masten müssen installiert und eine Baugenehmigung muss beschafft werden. Seit 2004 steht ein Fernsondierungsverfahren für Windmessungen vom Boden aus als Alternative zu den unhandlichen Mess-Masten zur Verfügung. Das sogenannte ZephIRSystem, benannt nach dem griechischen Gott des Westwindes, basiert auf Lidar-Technik (Light detection and ranging): Mit einem optischen Fernerkennungssystem, das die Eigenschaften von reflektiertem Laserlicht misst, erhalten die Benutzer Informationen über weit entfernte Objekte. Es wurde bisher hauptsächlich für Strömungsmessungen in der militärischen Luftfahrt eingesetzt. Da Lidar im Gegensatz zu Radar auch auf kleinste Partikel hoch sensibel reagiert, war eine Anwendung in der atmosphärischen Forschung und der Windmessung zwar denkbar, doch war die Technik lange zu teuer und zu komplex für die Anwendung in zivilen Bereichen. Das Rüstungs- und Forschungslabor QinetiQ begann deshalb im Jahr 2001 in enger Zusammenarbeit mit dem dänischen Forschungslabor RISØ die Entwicklung eines kostengünstigen und anwendungsfreundlichen Lidar-Geräts für die speziellen Anforderungen der Windenergieindustrie. Seit 2004 wird das Gerät vertrieben[1].
Messung bis in 150 Meter Höhe
Das Gerät misst die Dopplerverschiebung des an Luftpartikeln (Aerosole, Staub, Wassertröpfchen) gebrochenen Lichts und kann so Geschwindigkeit und Richtung von Luftströmungen vom Boden aus auf fünf frei wählbaren Ebenen bis in Höhen von 150 m ermitteln. Es kann das Windverhalten quantifizieren und somit Informationen über Turbulenzen und Windscherkräfte liefern. Es funktioniert bei Tag und Nacht, bei klarer Luft genauso wie bei bedecktem Himmel und zwischen Temperaturen von –25 °C bis 40 °C. Gegenüber herkömmlichen Instrumenten zeigt ZephIR eine hohe Messübereinstimmung, und die vergleichsweise niedrigen Kosten für Kauf oder Miete des Messgerätes machen die Anwendung dieser Technik sowohl für kleine als auch für grosse Projekte finanziell interessant. Mehr und mehr Windkraftprojekte werden zudem in schwer zugänglichen Regionen entstehen, wo nur leicht zu installierende und wartungsarme Technik von Nutzen ist, denn auch für die Windindustrie ist die Reduktion von Planungszeit und Entwicklungskosten massgebend.
Anmerkungen
[1] Vertrieb durch die schottische Firma Natural Power Ltd.TEC21, Mo., 2008.08.04
04. August 2008 Claudia Scheil